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Full text of "Magazin für Allgemeine Natur- und Thier-Geschichte"

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OINAE 


€ 











\ - 


Magazin 
Pe ce. 


allgemeine Notur - und Thier 
4 Gerichte 


herausgegeben 
von 


C. 5. A. Miller D. 





Gunst. 
Mit Kupfern. 


F 





Goͤttingen und Leipzig, 
bey Johann Daniel Gotthelf Brofe, ’ 
1796 : * 





Inhal— t. 
ID, Etwas vom via A 


III, Etwas über eitige Beobachten⸗ 


—— 
7 


gen, den Inſtinkt und befons - 


» ders die Sebensart der Amei⸗ 
fen betreffend, — 


‚IV. Ar. Chaptal, Abhandlung von 
‘ den ——— ⸗ 


N, Ueber bie Lebensdauer gewiſſer 
Inſekten, vom Hrn Riboud, 


V1.: Ar. Brouffonet; über bie 
Schuppen verſchiedener Fi⸗ 
ſche ꝛc. ⸗ 3 


VII. Des Hru. Grafen von B., 
Staroſten von Pohlen, Ve⸗ 
merkungen uͤber die Tarantel. 


VIIL. Weber bie Schuppen verſchie⸗ 
dener Fiſche ꝛc. vom Hrm. 
Brouſſonet. (Fortfeßung). 


IX. Hr. de Ya Coudreniere über 


die Abweichungen der Natur. 


305 


312 


412 


423 


x, Ueber 


DUB. hK 


X Ueber ven Mammouth, Won 
- Hrn de la Coudreniere. 


XI. Hr. Poiret, über einige Ins - 
feften der Barbarey D 





Kup⸗ 


EN N 


R Magazin. ” 
für 








allgemeine Natur⸗ und Thier⸗ 
Geſchichte 


! 


herausgegeben 


von 
x 


©. 3. 9, Miller D. 





Erfies bis viertes Stuͤck. 
UN 





Göttingen und Leipzig, 
bey Sohann Daniel Gotthelf Brofe 1790, 





- 
S 


Re 





Vorbericht. 


Se Wiſſenſchaft überhaupf muß um 
defto mehr gewinnen, je mehr ih» 
re Ziveige unter verfebiedene Beobachter | 
vertheilt und felbft auch diefe fo vielfach zer⸗ 
ſtuͤckt werden, daß jedem Auge ein nur hoͤchſt 
Feines Feld für feine Bemühungen zurück 
bleibt. Kine ſolche Vereinzelung ift der 
| ein⸗ 


Dorberi ht 3 
einzige eg, auf dem manihren wahren 
Reichthum aufdeckt, ihre Lücken allgemach 
ausfült, ihre Wahrheiten befruchtet, und 
nur eine Menge einzelner Beobachtungen 
bilden ein Geſetz und beſtaͤtigen es. 


Beobachtung iſt alſo das erſte Mit: 
tel zur Vervollkommnung der Kenntniſſe. 
Da ſie ſich aber, ſo rein und unverdaͤchtig 
jede Empirie auch immer ausſiehet, allein 
auf vorherempfangene Ideen gruͤndet, und 
ſelbſt ſolche Ideen zu einer ausgebreiteten 
Beobachtung nothwendig ſind, weil der 
Berfiand ſonſt nicht weis, wonach er ſu⸗ 
chen ſoll; fo iſt auch jede Berichtigung die⸗ 
fer Ideen hoͤchſt wichtig; und hierzu ift der 
einzige Weg: Gelehrſamkeit. Aber das 
her in neue, unbekannte Zander fich zu 

| wa⸗ 


Vorbericht: 


wagen, nicht Muth genug fühlt: der bee 
te wenigftens Die Fahrzeuge Aus, die taͤg⸗ 
er dahin abgehen. 


in Und ich hoffe denn do, dies Der 
! dienſt zu haben. Wenn ſich daher auch nur 

ſelten neue Entdeckungen in dieſer Zeitſchrift 
finden laſſen ſollten, wenn das Genie hier 
auch nur ſparſam Funken verſtreuete, fo fol 


doch der Fleiß diefe an anderen Orten uf 


fangen und weiter beleben. Zufammenges 
ftellte, verglichene Nahrheiten, und Nies 
fultate find auch nicht arm an Berdienft; 
und ic) bin genugfam genug, mich dann 
ſchon zu freuen, wenn ic) die Aufmerkfams 
keit eines Forfchers der Natur auf eine Lücke 
in ihrer Befchreibung hinziehen und an ir⸗ 
gend einer Entdeckung eine unfehuldige Vers 


anlafjung feyn follte. 
Wer 


* 


3 — a a u 9 
Zweytes Stud. 


1. Hr. Müller über den Bandwurm 
verfehiedener Thiere so» 113 


U, Hr. P. Boddaert * den zum 
thieriſchen Leben noͤthigen Theis 
Yen ꝛc. GBeſchluß) . 146 


"IM. Naturgefhichte des Blfom 
Nebſt Zufäßen des Herausg. 186 


iv. Anzeiger für das ıfle und 2te 
Srtuͤck. J ⸗ 203 


e £ 
— mei 





Drittes und viertes Stuͤck. 


Hr. Job Baſter fiber die Beklei⸗ 

Pa ie Thierhaut im allges 
meinen, befonders aber über 
die Schuppen der Fiſchgat⸗ 
tungen. Kipa ⸗ 


—Zweyte Abhandlung von der 
Bekleidung der Thierhaut, von 
J. Baſter. ⸗ 4.255 


U. Eis 


233 


ü Der Schafal. 


(von Bäldenftäds und Berthout van Berchem *,) 


\ 


$ Yie erften Menfchen, noch wenig an Zahl, 

lebten mwahrfcheinlich alle in einer Höhle 
beyfammen; und in diefem Zuftande war folglich 
das Cameel, der Efel und das Pferd ihnen noch) 
unnuͤtz. Ihre Nachkommen unterjochten zuerft 


dieſe Thiergattungen, um ſich derfelben bey ven 


Keifen zu bedienen, welche weitere, Verbreitung 
des Menfchengefchlechtes immer unvermeidlicher 
machte. Auch) Fonntendiefe erften Menfchen, bey 
ihrer herumfchweifenden febensart, bey dem Ge- 
nuße der Früchte, der Pflanzen - Wurzeln und 
Blaͤtter ſich mehrere Johrhunderte hindurch mit 
dem Ochſen und Büffel ** behelfen, die ihren 
zu ihren Arbeiten und zum Ackerbaue fchlechterdingg 
nothwendig waren; fie fonnten des Schweines noch 
s * ent⸗ 


Die Anmerkungen des H. Berthout van 
Berchem find in dies Zeichen [J eingefchloffen, 
* [(Büldenftädr nennt den Büffel bubalus; 
da doch Hr. Büffon bewiefen hat, daß der bu- 
„.balus der Alten eher zum Gazelfengefchlechte zu 
- „rechnen fey. (Antilope bubalus,) S. Buffon, 
T. XI, p. p. 104. — A pP: 51.0.9] - 


2. REN: 


entbehren, das ihre Nachkommenſchaft, die mehr 
lecker, als fie, mit vegetabilifcher Koſt ſich nicht 
begnuͤgte, lange Zeit nachher unter ihre Hausthie⸗ 
ve aufnahm. Die Katze unterjochte der Menſch 
hoͤchſt wahrfcheinlich dann erft, da er ſchon in 
Häufern lebte, mancherley Hausgeräthe befaß, 
und ſich Vorraͤthe aller Art zu fammeln verftandz; 
er nahm. kann, um diefe für die Maͤuſe zu fir 
ern, ihren bicterfien Feind in feine Wohnungen 
"auf Aber Schaafe und Siegen, deren Fell 
er zu feiner Bedefung, und deren Milch er zu 
feinee Nahrung brauchte; der Hund, ein Schuß 
für ihn und fine Heerden, waren die älteften und er⸗ 
ften aller Thiere, welche der Menſch zu zähmen 
verſuchte. Hiervon überzeugt uns nichenur die Le⸗ 
bensart unferer erfien Aeltern, fondern aud) die 
Verſchiedenheit in der Bildung, die fi ige un- 
ter diefen Thieren findet. Denn es fcheine ein 
Gefeg der Natur zu feyn, daß die Anzahl der 
Varietäten unter den Thieren, mit der Zeit, feie - 
der ſie haͤuslich find, immer in einem genauen 
Verhaͤltniße ſtehe. — Daß aber die Geftale des 
Hundes mannigfaltiger abweicht, als die der Zie⸗ 
ge und des Schaafes, davon ſcheint der Grund 
allein darin zu liegen, daß er öfter und mehr Jun⸗ 
ge zugleich wirft, als diefe; ein Umftand, der die 
Generationen beträchtlich vervielfältigt. Ueberdem 
. ward ber Hund, als ein ungertrennlic)er Gefährte 
vom Menfchen, mit ihm in alle Klimas der Erde 
zerſtreuet, und erfuhr mie ihm ihre Einflüße, da 
bins 


U 0 — — 3 
Hingegen nicht unter einem jeben Himmels ſtriche 
die Ziege und das Schaaf ausdauren. Hierzu 
fommt noch, daß die Nahrung des Hundes mars 
nigfaltiger ift, als die ibrige, die fich nur auf wer 
nige Abwechfelungen einſchraͤnkt daß der Menfh 
die Vermiſchung der Hunde willführlich einrichter, 
ihrer Vermehrung Gränzen feßt, fie mehrerer Thei« 
le, 3. DB. des Schwanzes, der Ohren, u. f. 
w. beraubt, und ihre Mißgeburten, und Bas 
ftarde forepflanzt. Dies alles fällt bey dem Schaafe 
und der Ziege weg. — Alle diefe Umſtaͤnde fchei» 
nen zufammengewürft zu haben, um die Menge 
von Varietäten zu bilden, die man jeßt unter den 
aunen bemerft. * 


Man kann es alseinen fihern Grunbfag a Alte 
nehmen, daß die Thiere, welche am längften Haus⸗ 
thiere find, in den Gegenden der Erbe einheis 
miſcſch gewefen ſeyn müflen , weldye den erften Mens 
ſchen zum Auffenthalt dienten. Und da heilige und 
Profan- Gefchichre darin einig find, daß Klein« 
afien und die angränzenden $änder vorzüglid) unter 
Diefe Gegenden gehören, welche zuerft bevoͤlkert wa⸗ 
ren, fo müffen dieſe Landſchaften auch das Vaterland 
ber älteften Hausthiere fern; da ſich uͤberdem 
ſchon aus der Analogie ergiebt, daß der Schöpfer, 
den Aufenthalt diefer a ‚ fo gut, wie ben der 
uͤbri⸗ 
* [Ueber die I Aus ein anderſetzung der 
Urſachen von den Varietaͤten des Hundes. © 
ben Artik. Chien, in Buffon, Hift, nat, m 


73 a0 

übrigen wierfüffigen, in die Graͤnzen gemwiffer Laͤn⸗ 
der eingefchloffen baden müffe. Da es nun fehr 
wrhrfcheinlich iſt, Daß die erften Menfchen nicht 
-in Ebenen fendern in gebürgichten Gegenden , 
entweder rur in natürlichen Höhlen oder 
in ondern bequemen leicht zu beuenden Woh— 
nungen fich aufhielten, fo folge daraus, daß auch 
‘ die Thiere, welche von ihnen zuerft unterjoche 
wurden, eher auf den Gebürgen, als in ven 
Ebenen wohnen, und ihnen mebr zur Hand feyn 
muſten. 


In den gebuͤrgichten Gegenden von Klein⸗ 
aſien muͤſſen wir daher die urſpruͤnglichen Racen 
der zahlnoſen Verſchiedenheiten des Schaafes der 

Ziege, und des Hundes aufſuchen. 


&. v. Büffon * hat mit feinem gewoͤhn⸗ 
lichen Scharffinne bewiefen, daß das Schaaf 
im urſpruͤnglichen wilden Zuftande das Thier 
mar, welches fih in den bergichten, weniger hos 
ben Geg-nten Kleincfiens und den Laͤndern fin» 
def, die unter demſelben Dimmelsftriche fih nach 
Morgen und Abend zu erftrecken, das den Alten 

unter, den Mahmen mulmon oder mufimon be» 
kannt war, und das die Franzoſen noch itzt 
mouflon nennen. Dies ſetzt meinem Beduͤn⸗ 
‚Kunnad) die Vergleichung der Hörner außer Br 
. el, 


* Hiftoire nat, Tom, XI. Artif, Mouflon, 


* 


ie a A 
fel, fo fehr der Ritter Linne, ter dies Thier 
u ammon nennt, aud) anderer Meynung ift, 


Weniger gluͤckich war dieſer berühmte Nas 
turferfcher * “in der Beftimniung der wi den tes 
ge. Denn er behauptet, daß der Steinbod und 
die Ge. fe aus einem Geſchlechte wären, daß 
von jenen die männliche Ziege, von diefem die 
weibliche abftamme, und aus ihr r Bereini, gung 
unfere Hausziege entfproffen wäre. 


Aber obaleich der Steinkof Anh die Gem⸗ 
fe, mie der Mouflon in den Gebürgen Aſiens 
wohnen, fo hat doch dieſe Meynung nicht den 
mindeften Schein von Wahrſcheinlichkeit vor fich. 
Denn es lält fid) gar Fein hinreichender Grund ans | 
geben, warum dieſe Thiere, weſche beyde in den 
Alpen, beyde unter einem Himmelsftridy und in 
einem Sande leben, itzt nun zu einer fo auffollen« 
den Verſchiedenheit entartet feyn follten, in der 
fie ung jetzt, und nicht einmahl jeßt erft, fondern 
feit mehreren Sgahrhunderten ſchon, vorfommen. 
Selbft ſchon aus der verfchiedenen Lebensart des 
Steinboces und der Gemfe (wenn man aud) nicht 
einmahl auf die anderen noch Üiberzeugenderen Bes 
weiſe Rückficht nehmen wollte ) läft ſich mit der 
groͤſten Wahrſcheinlichkeit auf eine urfprüng« 
liche. Werfchiedenheit der Gattungen fchließen, 
a3 4 und 


* Hiftoire nat, Tom, XII, Artik. Bouquetin. 


6 U 0 XkJ : 


fhließen, und fiher das Urtheil fällen, daß fie 
eben fo gewiß immer getrennt bleiben, und fich 
nie werden vereinigen laflen. 


[ch dencke eben fo, wie H. Büldenftädr, _ 
daß die Gemſe und der Steinbock zwey ganz ver- 
fihiedene Gattungen ausmachen, aber id) glaube 
die Gründe unferfuchen zu\müffen, die H. v. 
Büffon für feine Meynung beybringt. Er fin- 
det, 1) daß der männliche Steinbof und der 
Gensbot in Abſicht auf Wuchs und Hörner wuͤrk⸗ 
lih von einander abweichen; aber er behauptet, 
Daß die Hörner von den Weibchen diefer Thiere 
klein, und einander fehr ähnlich wären. Da die 
Hörner des weiblichen Steinbockes defannt genug 
find, 2) fo bin ich im Stande zu verfihern, daß 
fie fehr von denen der weiblichen Gemfe abweichen ; 
fie find würffich zwar fehr Flein, aber fie gleichen 
den Hörnern tes Hirfches außerordentlich, und 
haben, wie diefe, eine Longitudinalkante. Die 
Aehnlichkeit in der Bildung und Lebensart, wels 
che H. v. Buͤffon, als einen neuen Grund fuͤr 
ſeine Meynung beybringt, ſcheint mir ſehr wenig zu 
beweiſen; denn ob ſie einander gleich in mehreren 
Theilen der koͤrperlichen Bildung aͤhnlich ſind, 

zeich⸗ 


1) Ebendaſ. Tom, XI. pag. 137- 

2) S. meine Abhandl. über die Naturgefchich- 
te des Steinbocks im eten Bande des Recueil 
de la Soc, des Scienc, phyfiqu, de Laufanne, 


Ic EZ * 
zeichnen ſie doch die Loͤcher hinter den Hoͤrnern, 
die ſich im ganzen großen Gewmſengeſchlechte fin— 

den, 3) die Art von Augenwinkel (Larmiers), 
4) tie Haut, welche ſich mie dem Hufe ver— 

einige, die Borflen vorn unter den Knien, 5) 
und roch andere unbeträchtlichere Verſchiedenhei⸗ 

ten hinlaͤuglich von einander aus. Und was die 

Lebensart betrift, ift es denn wohl etwas unnas 

tuͤrliches, daß Thiere, die geſpaltene Klauen has 

ben und mwiederfäuen, die auf denfelben Gebuͤrgen 

wohnen, und die ſich auf einerley “Art nähren, 

ähnliche Lebensart führen? Und Fönnte man fie 

deshalb nicht für unterfchiedene Gefchlechter hal, 
ten? — Außerdem ift ihre Lebensart verfchieden 
genug, tie ich in meiner Abhandlung gezeigt 
‚ babe. Der Steinbof und die Gemfe werden 
off in einer nur geringen Entfernung von ben 
Ziegen und Schaafen, die ſich oft bis in ihre 
Wohnungen verfteigen,, (eine Thatſache, die fid) 
auf fichere Nachrichten gründer) ohne doß man _ 
es je bemerfe haben füllte, daß Steinboͤcke und 
Gemſen jufammengeweidet, oder Daß ärgend eis 
ne Gemeinschaft unter ihnen ſtatt gefunden hätte; 
denn Verbindung im natürlichen Zuſtande iſt eis 
ner der ftärfjten Beweiſe für die Geichheit der 
44 Gate 


3) Die angef. Abhandlung. ur 

4) Pallas Spec. Zoolog. Fafc, T. p, 6, 

5) Ebendaf, Faſe. XI. p. 42, wo man 
noch mehrege, andere Verfchiebenheitem angege,. 
ben findet, 


8 "U 0 


Gattung 6), Auch fälle die Brunſtzeit der 
Gemfe in den November und Dezember, und 
die des Steinbocks in den Sjanuar 7). Und die» 
fe Verfchiedenheit mache einen ver wefentlicyften 
AUnterfchiede zwiſchen diefen Thieren und den 
‚Grund aus, warum fie, füh im natürlichen Zu» 
“Stande nie vermifchen. Hieraus denk' ich ergiebt 
* fich deutlich genug , daß der Steinboc und bie 
Gemfe zwey verschiedene Gattungen bilden, ob 
hie gleich nahe verwandt feyn mögen. 


Weoeann man num bie Aehnlichkeiten betrach⸗ 
tet, womit die Gemſe mit der. Gazelle theils durch 
die Borſten am Knie, durch die Hörner, wel—⸗ 
he Ringe: und  Songieudinaffanten haben, 
theils durch die Art von Augenwinkel, und ihr‘ 
unbärfiges Kinn verbunden ift, fo wird man mir 
gern zugefteben, daß fie die Schaftirung zwi« 
hen Gazellen and Ziegen zu machen fcheinen, 
ob man fie gleich nicht, wie Pallas 8), unter 
die Gazellen verfeßen darf. Und der. Gedanke 
Büffons, daß ver Steinbod, der Hausbock, 
und die Gemfe von einer Gattung wäre, beren 

Weibchen ee ſich glichen, wenn Auch. die 
: Männs 
6) ©, Oeuvr«de Mr. de Buffon, — und, 
Abhandl. Sur la diftindion des efpeces im ten 
Tom, des Recneil de la Societe de Laufanne. 
7) Mem ſur le Bouquetin, 
8) Spec, Zoolog, Fafc, I, p. t. 


I ia er — 


Männchen variirten 9) hält doch, fo ſcharfſin⸗ 
nig er auc) fonft feyn mag, Feine genauere Prüs 
fung aus; nicht bloß deswegen, weil man den 
obenangeführten Gründen nach ſchlechterdings 
den Eteindof von der Gemfe rennen muß, 
fondern , weil auch die Gründe, worauf H. v. 
Buͤffon feine Theorie bauer, noch manchen Wis 
derfprüchen unterworfen zu ſeyn ſcheinen. Er fagt: 
es ſey eine Sache der Erfahrung, daß es Arten 
in der Natur gebe, deren Weibchen zweyen Mäns 
nern zugleich dienen Fönne, wie das Scharf, das 
fid) mit dem Bode und dem Widder vermifche, 
— Aber diefe Thiere, als Hausthiere, Eönnen 
unmöglich als Beyſpiele aufgeſtellt werden, weil 
die Hauͤslichkeit, wie ich anderwaͤrts bewieſen has 
be, die Arten einander naͤhert, und alſo hier 
Vermiſchungen ſtatt finden koͤnnen, die es nie 
im Stande der Natur ſeyn werden. Und 
ich zweifele, daß man auch nur ein einziges Yen: 
fpiel der Art von wilden Thieren wird aufftel» 
len fönnen. Warum will man übrigens voraus» 
ſetzen, daß die Männchen nur ſchwache Weibchen, 
und die Weibchen nichts als ftarfe Männchen 
hätten. Dies kann allein bey unterjochten und 
nicht bey wilden Thieren ſtatt finden; am aller- 
wenigften aber bey Steinböcen, von denen die ° 
Männchen mirmehreren Weibchen und die Weib- 
hen mit mehreren Männchen fich begatten, v, B.] 
. 45 6 


9) Buffon , Tom, XI, p. 44. 


v 


‚ gehen, fondern, wie die Figur zeige, ſich bloß 


mehr gleicht, als der Steinbod. 


10 0 ke 


Ich würde ohne Bedenfen mit H. Pennant 
* den Steinbod für den Vater aller der Varietaͤ—⸗ 


ten unferer Hausziege annehmen, nenn ich nicht 


in den niedrigeren Gebürgen, die zwifchen dem 
Fafpifchen und ſchwarzen Meereliegen, ein anderes 


wildes Thier angetroffen hätte, das in feinem 


Aeußern und im ganzen Baue ber Hausziege weit 


Der Palan oder die Hirſchziege (capri- 


- cerva) wovon Kämpfer ** fpricht, und welches 


Dinne die Bezoarziege nennt, ift das Thier, 
Das ich für die wilde Ziege halte, fo Frhr Buͤf—⸗ 
fon und Pennart euc) anderer Meynung find. 
Sie bringen das Thier des Kämpfer in dag Gas 
zellen » oder Antilopen- geſchlecht; aber die Figur 
des Kämpfer, weldye Pafan berittelt ift, beflä- 
tige meinen Gedanken, und man ſieht doch, menn 


fie gleich fehr übel gerathen iſt, daß fie nicht auf 


die Gazelle, fondern auf bie Ziege pafler, in Nücks 
ficht auf ihre koͤrperliche Bildung, ihre bärfiges 
Kinn, ihre längeren, zurückliegenden, Fnotigten, 
oder nach Kämpfer mit fehr merflichen Ningen 
verfehenen Hörner, woraufiene nichtgenz herum⸗ 


vorn 
* &, Pennant Synopf. of Quadrupeds p. 
» 23. — [3m der Gefchichte der vierfüffigen hält 
' Pennant den Pafan für den Stammpater ber 
Ziegen, d. 3.] \ 
€* Amoenit, exotic. pag. 398. 


a oe 11 


vorne erheben. Alſo ſind dieſe Hoͤrner unendlich 
von denen unterſchieden, die H. v. Buͤffon uns 
‚ter dem Nahmen des Palan hat vorſtellen laſ— 
fen Er - 


Ueberdem auch felbft die Natur des Stein⸗ 
boces und des Kämpferfchen Pafän aiebt uns eis 
nen neuen Beweis für den Sag: daß die Haus- 
ziege nicht vom erftern, fondern vom letztern Dies 
fer Thiere herfomme. Der Steinbod fcheint nur 
in unbewohnten Gegenden einheimifch zu ſeyn; 
er wohnt auf den hödhften Alpengipfeln, und 
Klippen, die ewiger Schnee bedeckt; er findet 
bier Pflanzen zur Nahrung, die in Feiner andern 
Gegend wachſen, und dies ift ihm fo unumgaͤng—⸗ 
lich nothwendig, daß e8 eben fo unmöglich fcheinf, 
ihn unter den verfc)iedenen Himmelsſtrichen der 
Erde häuslic) zu machen, wovon einige fo ſehr 
von feinem. vaterländifchen Klima abweichen, 
als den Elephant, und das Naßhorn. — Der, 
» Dafan hingegen vermeider die hohen Alpen; er 
ſucht die gebürgichten Gegenden Kleinafiensg,, 
welche im Winter mit Schnee bedeckt und des« 
wegen fehr Falt find, die im Sommer von der 
Sonuenhige brennen und zuweilen ausgedörrer, 
zuweilen mit Regenwaffer uͤberſchwemmt find; wo 

nicht 


‚ *®) Tom, XII. pl. 33. — Pallas Spec. 
Zool, Fafc. XII. p. 43. nennt diefe Ziege ca- 
pra aegagrus, und iſt auch ber Meynung, daß 
dies der Pafan des Kämpfer fey. 


12 a - er 

"nicht n wenig Pflanzen wachſe +, die man ſonſt auch 
überall finder; alſo muß er olle Klima’s, wie ver 
mouflon ertragen, ſich uͤberall ausbreiten, und 
ſich vermehren koͤnnen, wie dieſer. Was ic) bis 
itzt hierüber gefagt habe, mag hinreichend ſeyn, 
und ich ſpreche in der Folge bey der Gelchichte 
eines. anderen bie ißt oc) undefannten Tyicres, 
melches zwiſchen den Mouflon und dem Steinbock 
inder Mitte ftehet, und in den Alpendes Kaufafus ' 
wohnet, hiervon weitloͤuftiger. 


[Wenn ich auch dem H. Guͤldenſtaͤdt zůge⸗ 
ben muß, daß der Paſan des Kaͤmpfer einer 
von den wilden Staͤmmen unſerer Hausziege iſt, 
ſo kann ich doch darin unmoͤglich mit ihm über 
einftimmen,, daß der’ Steirbocf von einer ver 
fhiedenen Gattung ſeyn ſolte; ich glaube viel 
mehr mit H. v. Büffen, daß er den Haupfs 
ſtamm ausmacht, weil er die gröft>, die ftark 
- ste und mit inem Worte die Huptgattung 
ſes Geſchlechts ausmacht. Hier find die Grüns 
de für unfere Meynung: 


Der Steinbock und ver ‚gemeine Bock find 
fih in Abſicht ihrer Fiaur fehr ahnlich; ihr aro- 
ftes Unterfcheit ungszeichen ift die Dicke, die Hös | 
be und Geftalt der Hörner. Denn bie Hörner 
des Steinbocks find fehr groß und dick, mit zwey 
in der Sänge und mehreren in die Queere ge— 
henden Riden; ; und großen — Kno⸗ 

cm ; 


U 0758 213 
ten; und hie des qemrinen Bockes haben nur eis 
nen in die Laͤnge gehenden Ruͤcken, find meit Fleis 
ner, und haben anftatt ber Knoten nur Erhaben» 
heiten. Aber weiß man nicht, daß es feinen 
veränderlicheren Charakter giebt, als der, den 
man von den Hörnern. hernimmt. — Gelbft 
bey freyen Thieren, und alſo noch weit mehr bey 

denen, auf welche die mächtige und immer würds 
ame Häuslichfeit Einfluß han Es ift. gar niche 
unmöglich , daß diefe Verfihiedenheit in den Hoͤr⸗ 
nern des gemeinen Bockes Würfung ‚einer durch 

lange Eflaverey bemürften Edhwähe iſt, weil 
das Weibchin des Steinbodes, das weit ſchwaͤ⸗ 
cher und. kleiner, als fein Männchen ift, Hoͤrner 
hat, die mit denen der gemeinen Ziege und des , 
Bockes ziemlid) genau uͤbereinkommen. Was 
diefe Mey ung noch vorzüg/ich zu begünftigen 
fcheirt, ift, daß der junge noch ſchwache Erein« 
bock noch nicht ten aurzeichnenden in die Laͤnge 
gehenden Nücken an. den Hörnern hat. ı) ein 
Unmſtand, der diefe denen des gemeinen Bockes 
fehr ähnlich macht. Die HaußlichFrit kann ſehr 
feiche die Urfach aller der Worfchisdenheiten feyn, - 
die fich zwifchen dem gemeinen nnd dem St:in. 
bo. finden, wenn man befonders noch bemerfe, 
was Zimmermann fehr fcharffinnig anführe 2), 
daß dies Thier bey feinem Herabfteigen von den 
hohen Alpen in die Thäler und Ebenen eine fei- 
ne 


1) Meine Abhandl. fur le Bonquetin, 
2) Spec, Zoolog, geograph, pag, 117. 


14 oe 


ne aromatifhe Nahrung miteiner gröbern unb, eine 
reine $uft miteiner "unftbeladenen vergaufchte. Aufa 
ſerdem, denck ich, beweiſt die außerordentliche Aehn⸗ 
lichkeit zwiſchen dem weiblichen Steinbocke und der 
Hausziege, daß dieſe bey den Thiere in eine Gat⸗ 
tung gehoͤren. 


Der Steinbock, den ich in Aigle 3) geſehen 
habe, der von einer Ziege geſaͤugt, und in einem 
warmen Thale erzogen war, iſt ein Beweis gegen 
des 5 Güldenftädts Satz, daß dies Thier uns 
ter feinem anderen, als feinem eigenen Himmels» 
ſtriche einheimiſch werden koͤnne. 


Und eine Unterſuchung der LEbensart des 
Steinbocks zeist uns eine neue Aehnlichkeit mit 
der Zirge, Seine Gefelliafeit und Sanftmuth 
4) würden ihn bald hauflich machen fönnen; er 
bat die wichtige Miene des Bockes und die unruhjia 
e Neugierde der Ziege. Und es würde Fein Zwei⸗ 
Fe mehr übrig bleiben, daß diefe beyden Geſchlech⸗ 
fer eigentlich nur eins ausmadhten, wenn man bes 
weifen koͤnnte, daß fie fi) vermifchten, wenn der 
Steinbock im Stande der Frenheit ift. Aber fo 
viel Grund ich aud) dies anzunehmen habe, fo 
muß ich doch geftehen, daß es mir noch bis jeßt 
an ficheren Beweiſen fehle. Und das, mas dieſe 
Bermifchungen immer alßerfk felten macht, ift dee 
Me 

3) Meine ob. erw, Abhandl, 

4) Ebendai, 


0 Be 15 


Umftond, daß wenn die Brunftzeit des Steinbodes, 
der Januar, eintritt, die Ziegen ſchon in die 
Edenen und Thaͤler hinabgeftiegen find. Zum 
wenigften ift indeß dag gewiß, daß der Steinbod 
ſich ſehr leichte mie der Ziege vermiſcht, wenn er 
abgefondert lebt. Der von Aigle, deffen ic) ſchon 
einmahl erwähnt habe, vermifchtefich mit mehre» 
von Ziegen und zwar in einem Stande der Frey⸗ 
beit, weil er in den benachbarten Gebürgen mit 
einer Heerbevon diefen Thieren weidere. Ich habe 
zwey Eleine Ziegenvon einer und noch) eine dritte 5) 
s von 


5) Dieſe dritte Ziege hab ich in einemAlter von 
einem Jahre gefehen. Ihre Mutter war weis. Man 
hatte dieſe fo lange eingefchloffen, bis daß fie der 
Steinbodim November 1783 befprungen hatte, 


und fchloß fie wieder ein, bis daß fiein der Mitte: 


des Aprils 1784 warf, Diefe junge Ziege war 
männlichen Gefchlehts, und glic dem Water 
an Geftalt und Farbe; das Vordertheil ihres 
Kopfes. war, wie bey jenem, etwas gewoͤlbt; 
die Stirne fehr hoch; den ganzen Rücken ent- 
fang lief eine ſchwarze, am Halfe eine Queers 
fireife undeine andere an den Seiten; das Bartz 
haar war mwolligt und das am Körper piel rau⸗ 
ber, und gelb mit braun vermifcht; der Bauch 
weiß; überhaupt hatte fie alle Farben ihres Va— 
ters. 

Dieſer kleine Bock hatte mehr Staͤrke, Mun— 
terkeit, und mehr Kraft, als ſonſt einer von die: 


> 


fem Alter gewöhnlidy hat: aber die Geftalt ſei⸗ 


ner Hörner näherte ſich mehr dev eines gemeis 
nen, 


\ 


* 


' 


16 . 2 c 
von einer andern Ziege geſehen, welche man ihm 
auf der Weide vorgefuͤhrt und die er ſogleich be— 
ſprungen hatte. Det Unterſchied in der Brunfte 
zeit des Steinbocks und des gemeinen ift bey dies 
fen Thieren richt ſehr weſentlich, weil man weiß, 
daß Haͤußlichkeit einen großen Einfluß auf die 
Veränderung diefer Zeit hat, und fie fonft auch 
bey dem aröften Theile der Thiere mit gefpaltes 
nen Klauen von der mehr oder weniger über« 
- flüffigen Menge ihrer Nahrungsmittel abhängt. 
Daher der Steinbod in Aigle öfter, als der 
wilde Steinbock befprang, und die Brunſtzeit der 
freyen Thiere weit fpäter fällt, als die von denen, 
die mir dem Verlufte ihrer Freyheit den geringen 
Vortheil einer größeren Menge und eines nahrs 
bafteren Futters erfauft haben. Alles vereinigt 
fih), ung zu beweifen, daß der Steinbock der 
Stammvater der Hausziegen iſt. 


Noch wollen wir einmahl Kaͤmpfers Paſan 
unterſuchen, der das nehmliche Thier iſt, mit dem 
der juͤngere Gmelin uns naͤher bekannt gemacht 
bat, und das Pallas capra) aegagrus van. 

ie⸗ 


nen, als der eines Steinbockes; ſie hatten nur 
einen ſcharfen Ruͤcken, einen Knoten an der 
Wurzel und Runzeln, aber dieſe waren groͤßer 
und dicker, vorzuͤglich an der Wurzel, als bie 

2 Bene Bockes in dieſem Alter gemöhnlich 
ind, 


R U 0 * 17 


Dieſer giebt davon eine Beſchreibung 6) und 

man fiehet deutlich, da er dem Steinbod, in Abs 
ſicht der Bildung fehr ähnlich iſt, daß der Haupt⸗ 
unterſchied in den Hoͤrnern liege, der mir aber nicht 
weſentlich genug zu ſeyn fcheine 7). Warum will 
man 


6) Spec, Zoolog, Fafc, XT. p.4r—46. Sch 
will die Befchreibung der Hörner hieher ſetzen, 
tm fie mit denen bes Steinbockes vergleichen zu 
Eönnen: Cornua fufco - cinerafcentia = - fitu 

' reclinata fünt, aequaliter arcuara, parum di- 
vergentia, apieibus introrfum declinata ; forwa 
admodum comprefla, anterius caritiata, , late- 

te interiore, planiufculo, exteriore convexo, at 
fecundum carinam, a baſi ad medium longitudi- 
naliter cavato. unde carina prodit, apguſtiſſi ma; 
ad bafin angulo in frontem procurrens, dehinc 
tuberibus prominentiffimis circiter quaternis, 
erafliufeulis nodofa, totaqwe hiulca & fubla- 
eeta; contra margo cornuum, qui dorlo res 
fpieit, rotundatus,, terſus, praeter rugas cre- 
bras obfoletas, quaecornu ( praeter extremita- 
tem cohvexo compreflam laevigatam) totum 
flexuofo traftu cingunt, quarumque fingulae 
tuberibus carinae refpond:ntes, magis prae- 
ruptae, annotinas quafi vaginas interftingunt. 

27) I will damis gar nicht behaupten, dag 
ed nicht einen wefentlichen Unterfchied zwiſchen 
ben Hörnern ber wilden Thiere geben folte. Wenn 
fie glatt find, oder Ringe und Kanten haben, 
menn fie nach vorn oder mach hintenzu gebogeu 
find; und wenn ihr inneres Gewebe verfchieden 
iſt, fo betrachten wir Dies 124 als wefentliche, 

| ſpe⸗ 


18 —A 
man nicht annehmen, daß ber aegagrus ber 
einerley Gebürge mit dem Steinbock bewohnt, eine’ 
Vorietaͤt oder cine beſtaͤndige Gattung dieſes Ges 
fehlechtes fen ? — Das Beyſpiel zweyer Arten von 
Gemien, die in einem und demifelben Grbürge 8) 
leben, macht dirfen Gedanken fehr woͤhrſcheinlich. 
Uebrigens it das. Weibgen des aegagrus noch 
niche bekannt genunz denn nach) Gmelin hat ‚es 
gar feine und nad) Kaͤmpfer nur Eleine Horner, 
fo, daß man ſich allenfalls vorfiellen koͤnnte; der 
aegagrus wäre „eine Rose, die von der Vermi⸗ 
ſchung des Steinbeckes mir unferen Ziegen herſtam⸗ 
me. Und was efwas für, dieſe Meynung zu fpres 
chen fcheint, iſt der Umftand, daß ehedem ‚Die 
Steinboͤcke weit gemeiner waren, und es nichts 
unmögliches ift, daß unfere Bde, die bekanntlich 
fehr wollüftig find, ſich mit den Weibchen des 
Steinbockes, welche den weiblichen Ziegen ſehr aͤhn⸗ 
lich ſind, oder der maͤnnliche Steinbock ſich mit 
nnferen Hausziegen vermiſcht haben koͤnnte. Ends 
lich hatte die obenerwaͤhnte junge Ziege Hoͤrner, 
die ſich denen des aegagrus kuͤnftig einmahl naͤhe⸗ 
ren zu muͤſſen ſchienen; aber da ich fie nicht ganz 
aus⸗ 


ſpezifiſche Verſchiedenheiten; aber Verſchieden⸗ 
heiten halten wir nur fuͤr feht wenig wichtig, 
wenn ſie in nichts, als in dem Maaße der Groͤße und 
in der Vertheilung der Hörner, in der Anzahl 
und Dicke der Ringe, der Kanten, der Runzeln, 
u. ſ. w. beſtehen. 

— ©, meine Abhandl. fur le ee 


0 —— 19 


ausgebildet geſehen habe, ſo weiß ich nicht, ob ſie 
ihnen wuͤrklich aͤhnlich geworden find. Dies mag 
nun feyn, wie es will, fo kommt es mir doch ſehr 
wahrfcheinlicd) vor, daß dieſer acgagrus fich ſehr 
feicht mit unferen Ziegen vereinigen lieſſe, und 
ich glaube; man muß ihn bey feinen auffallenden 
Aehnlichkeiten mit diefen für die arfprüngliche Race 
derfelben annehmen, vn 


Eine dritte Gattung der wilden Ziege, wel⸗ 
he Büffon Capricornis 9) nennt und weiches ſohr 
wohl diejenige feyn Fann, von der Hr., Güldenftäde 
unten fpricht, und die ſich auf dem Kaufafus fine 
Det, ſcheint mir auch eine Varietaͤt oder eine Rage 
des urfprünglichen Steinbocksgeſchlechtes zu feyn. 


Es ſcheint doch, als wenn bon. ben vier be⸗ 
kannten wilden Ziegenarten; dem Steinbock, dem 
aegagrus, dem Capricornis und der Gemſe, die 
Teztere eine bencchbarte Gattung ausmachte, mol- 
che die Ziegen mitden Gazellen verdände ; Daß aber 
die drey erften nur eine einfache Gattung bilden, und 
"Die freyen Stämme unferer Hausziegen find. Und 
da die &emfe, wie es H. v. Büffon als eine Tharz 
ſache behauptet 10), ſich * ber Ziege vermiſcht, 

2 ſo 


9) Buffon Hift. nat. Tom. XII. p. 195. — 
Man kennt von dem Capricorne, nur dad Geripe 


pe und die Hörner. 


40)'&,’Supl, Tom, WI, p. 45. und 49, ſ. 
Hitt, nat, 


20 | a 0 


fo glaub ich, diefem allen zu folge, mas ic) eben 
daruͤber gefagt habe, daß diefe wier Thiere, durch 
die Banden der Sclaveren einander aenähert, ſich 
dermifcht, und mit Beyhülfe der anderen Umſtaͤn⸗ 
de, welche auf Hausthiere würfen, die verfchiedes 
nen Varietaͤten unferer Ziegen gebildet haben 11). 
Was mid) aber an der Vermiſchung der Gemſen⸗ 
art zmeifeln läft, iftder Umftand, daß Feine Varie—⸗ 
tät unferes ganzen Ziegengefchlechtes ihre Hörner 
bat. v. ®. ] 


Sch Fomme zum dritten alten Hausthiere, 
au dem Hunde; und ich habe ſchon oben bewieſen, 
daß man ihn, wie das Schaaf und Ziege wild in 
Kleinaſien und den benadybarten Gegenden fuc)en 
möffe. In diefen Gegenden finden ſich vier wilde 
Thiere, die mit dem Hunde mehr oder weniger 
Aehnlichfeit haben: die Hyaͤne, der Wolf, der 
Suche und der goldgelbe Wolf (lupus aureus 
des Kämpfer) oder der Schakal der Türken und 
Franzofen. Mehrere Schriftfteller haben einen 
oder den andern von ihnen fürden wilden Hund er⸗ 
klaͤrt; aber ich hoffe deutlich zu machen, daß dies 
weder die Hyäne noch. der. Wolf, noch der Fuchs, 
fondern einzig. und allein der Schafal iſt. 


T— [Ehe 
ır) H.Pıllas glaubt auch, (Spec. Zoolog. 


Fafc, XI.) daß dieſe wilden Thiere durch ihre 
Vermiſchung die Hausziege gebildet hätten, 


U 0 21 
[ Ehe man ſich in dieſe Unterſuchung einlaͤſt, 

will ich erſt die Hauptmeynungen der Naturſorſcher 

uͤber die Tiere, dieden Hunden · mehr ober nr 

‚ahnlich find, auseinander zufeßen verfuchen. Nach 
ben 5. v. Buͤffon find der Wolf, der Hund, 
der Schafal, der Adive, der Iſatis und der Fuchs 
fo verwandte Geſchlechter daß fie nureine Fami⸗ 

lie ausmachen. Der Schakal ſteht nach ihm zwi⸗ 
hen dem Wolfe und dem Hunde, und der Syfatis 

‚zwilhen dem Hunde und dem Fuchſe in der Mit 
„te: aber cr ift zu der Meynung geneigt, daß der 
Schakol und Der Adive zwey verichiedene Gattun⸗ 
‚gen wären. 1) Er hält den Fuchs nicht für die 
Stammgattung des Hundes. — Jimmermann 
„hingegen glaubt, daß der Adive und der Schafal 
einerley fey, und daß die Hunde haͤuslich gewordene 
Woͤlfe find. 2) — 5 Pallas glaubt endlich 
. „wie Güldenftädt, daß unfere Hunde urfprünglich 
som Schafal abftammten; ernimme aber zugleich 
an, daß feine Wermifchung mit dem Wolfe, dem 

Fuchſe, und der Hnäne die verfchiedenen Rasen 

gebildet babe. 3) v. B.] 


0. Mach der Befhreibung der Hyoͤne * fchein 
es ganz offenbahr zu ſeyn, daß dies Thier in Ab 
33 ſich 

1) Buffon Tom. XIV. 

2) Spec. Zoolog. geograph. p. 83 ⸗461. 
3) Bemerkungen über die Bildung der Gebuͤr⸗ 
‘Kr Note von ber ©. 320, —Spec, Zaolog. 4 
. 3.n0t, 
* Buffon Tom, IX; 


En EL Sr, 


ſicht der Bildung des Blinddarms (intel. coec.) 

der Drüfen am Hintern, der Ruthe, undder Zaͤh⸗ 

ne vom Hunde außerordentlich abweicht, Eben 

ſo weſent ich it es. von ihm durch die Anzahl. der 

Zehen unterfcyieden, Alles Umftände, die esfaft 
unmoͤglich machen, daß die Varietäten der Hunde 
von der Hyaͤne abflammen könnten, 


Der Wolf formt miedem Hunde in Rüde 
ſicht feiner Grftalt, der Zahl feiner Theile und feis 
nes Betragens überein, ein Umftand, der tie 
charakteriſtiſchen Unterfchiede zwiſchen dieſen Thies 
ren anzugeben ſehr ſchwer macht. Demohnerachtet 
kann man doch aus mehreren Gruͤnden den Wolf 
nicht fuͤr den wilden Hund anſehen. Sein Vater⸗ 
land iſt nicht die Gegend, woman ein altes Haus⸗ 
tbier ſuchen muß Er ſcheint kalt n $ändern eigens 
thuͤmlich zu ſeyn; kaum findet man ihn in Kleine 
afien, und garnicht in miträglihen Gegenden, — 
Auch fein Wuchs miderfpricht Diefer Meynung; 
denn aller Wahrfchein'ichFeit nach muͤſte dag Thier, 
von dem die Varietäten der Hunde abflammten, 
von einer Größe feyn, welche zwifchen dert er gröften 
‘und Fleinften Hunde in der Mitte fände; aber 
Die gröften Hunde haben alle höchftens nur die 
Größe des Wolfes, und man finder feinen noch 
einmabl fo groß, aber Benipiele genug von 
vier mahl Fleinern, als der Wolf, Er weicht auf) 
weſentlich vom Hunde, ſowohl in — der 
Form 


Y 


ae 


Form des Blinddarmes * als des, Verhaͤltnißes 
feiner Eingeweide ab. DieSänge des Huͤſtendarms 
(itei) beym Wolfe verhält ſich zu der feines Koͤr⸗ 
pers, vom aͤuſerſten Ende feiner Schnautze on bie 
zum Anfang des Schwanzes gerechnet; wie 
4: 15 bey dem Schäferhunde: wie 453: 1; 
die Sänge des Blinddarmes beym Wolfe zur $äns 
ge des Nüftendarmes; wie tr: 16 3: beym Schaͤ⸗ 
ferhunde: wie 13 29; die Sänge des Grimm «und 
Maft» Darmes (inteftin, coec. und, red) zum 
Hüftenbarm veym Wolfe; wier: 7 3; beym Hun« 
be; wier! 5 4; 


⸗ 


Die Erfahrungen Buffons beſtaͤtigen meine 
Meynung noch vollends, denn ſie erweiſen, deß 
der Wolf nicht bloß Die Verwiſchung mit dem 
"Hunde ſcheue, fondern daß ſie beyde ſelbſt ſchon 
eine große Antipatbir gegen einander äußern, wenn 
fie bloß beyſammen find. Doch ift dies natürlich 


nicht. ohne feine Ausnahmen; denn der berühmte 


Dennant verſichert: er habe einen Baftırd von 
einem Wolfe und einer, Hündin gefehen *.Es 


iſt nur Schade, d-f er uns nichts davon ſagt, ob 


dieſer Baſtard fruchtbar geweſen ſey, oder nicht? 


[Man hat ſeit der Zeit mehrere andere Bey⸗ 
fpiele von nen Vermiſchungen sifchen dem 
B 4 Hun⸗ 


* ©, die Figur des Blindbarmes beym Mol: 
fe, Bufon Hift. Nat. Tom. VII. tab. 2. 
* ennant Synopſ. of Quadrup. p. 144, | 


24 A 0 


Hunde und dem Wolfe 1) gehabt; aber, wie ich 
ſchon an einem anderen Orte beiwiefen habe, dies 
äft noch Fein Beweiß für die Identitaͤt ver Gattung, 
weil es offerbahr nur Würfungender Hauslichkeit 
find, der Gelegenheit und des Bedürfniffes, aber 
nicht ihrer ſich naͤhernden Natur, 


Ein? der weſentlichſten Werfchiehenheiten 
zroifchen dam Wolfe und tem Hunde liegt in ih⸗ 
rem Naturelle. Und die von Z:üffon und Bo— 
marre 2) beygebrachten Bey piele lehren, 
daß die Wölfe ihre Wildheit, wenn fie aud) in ° 
der Jugeod eine: Theil davo zu verliehren ſchei⸗ 
nen , Doch wieder im Alter annehmen. Der Hund 
zitert bey dor Annäherung des Wolfes, und 
ſelbſt der ftärfite von ihnen, der Schäferhund, 
ſcheuet einen Kampf mit ihm, Die Wölfe kom⸗ 
men nie hrerdenmeis, wie die verwilderten Hunne, 
zum wenigſten nicht eher, als bis fie ausgehun. 
gert find, und dann fann man es eher für eine 
frigerifche als für eine fein»liche Verbindung ans 
ſehen. _ Der vermilderte Hund ift würflich graus 
fam; er lebt won Raub und Beute, aber er ges 

wöhnt 

1) Zimmermann loe, cit. p. 84. — Buffon 

Hif. vat T. III fup, x 
2) 5. d, oben angef, Mem, fur la diſtinction 
des efneces, i 


.3) Hifoire nsturelle de Loop, T. VII. — 
Ditionaire de Bomare, Artif, Loup. 


0 ie 25 


wöhne fich nach) und nach 4), da hingegen ver 
Wott fehtechterdings Feiner Erziehung fähig ift. 
Zimmermann fagt zwar; daß man fie indem 
mitternächtlichen Amerifa, wie die Hunde, zum 
bervachen gebrauche 5); aber ich muß geſtehen; 
die ganze Cache ift für mich nod) fehr zweifele 
haft, denn fie ſtuͤtzt fich auf niemand⸗s Anfıhen weis 
‚fer , und iſt wichtig genug, um zur Beftätioung 
noch mehrer'r Zeugniffe zu bedürfen. Go lange 
alfo feine überzeugenderen Beweile davon beyge⸗ 
bracht werden, nehm’ ich mir Die Freyheit, es für 
einen Irthum zu halten, 


Mirlleicht Hat er die Woͤlfe mit den milde 
"gewordenen Hunden verwechſelt, die in ver That 
fehr leicht ſich zähmen laſſen. — Wis aber die 
gezäpmten Wölfe bettift, ‘von denen Chardin 
fpricht, und die man in Perfien antreffen fell‘, fo 
find fie gar nicht, wie biefer Schriftſteller glaubt, 
ein Beilpiel, daß diefe Thiere zu Hausthieren 
erden fönnen, meil man nur nach einer Menge 
von Verfuchen und Bemühungen dahingefommen 
iſt, ihnen diefe Art der Erziehung zu aeben, Les 
brigens fann man vachſehen, was Buͤffon von 
biefer Erzi bung fagt. "Man bedient fich”, ſagt 
er”, im Drient, und befonders in Perſien der 
Wölfe zu Schaufpielen für das Wolf; man rich. 
* D5_ | tet 


4) Hift. nat. Tom, V. pag, 19r, 
5) Spec, Zool, geograph, pag. 87. 


\ 


26 U 0 xJ 


ter ſie von Jugend auf zu einem Tanze ober viel 
mehr einem Kampfjpiele. mit einer großen Ans 

zahl von Jeuten ab" — — "Ein wohl abge⸗ 
en Wolf”, fagt Ehardin” wird wohl mit 
fünfhundere Thalern bezahle”. Schon die Größe 


‚diefer Summe ſcheint ‚mir. ein Beweiß für die 
‚Schwierigkeit der Abrichtung zu feyn. v. D.] 


Der Suche haf mehrere von den Charak— 
teren, die wir am wilden Hunde voruusiesen, 
als der Wolf. Sein Vaterlano ift von der Art, 
daß er den erſten Menſchen weit eher befanne 
und bey ihnen häuslidy werden konnte. Seine 
Größe hält zwifchen der der großen und kleinen 
Hunde» varietäten das Mittel, und in Ddiefer Hin⸗ 
ſicht würde man dieſe allerdings von ihm ablei⸗ 
‚sen koͤnnen; aber in Ruͤckſicht des Boues ver 
Theile unterſcheidet er ſich vom Hunde nal, we⸗ 
fſeitlicher, als der Wolf, 


Das Hear des — iſt unendlich wei⸗ 


er, als das des Haushundes, einig’ fehr mes 


nige Racen ausgenommen; ein Umftand, ver 
die Abftammung des Hundes von ihm aarz uns 
wahrfcheinlid macht, weil es wohl eine Würs 
ckung der Haußlichfeit ift, daß die Hrare fanfter, a⸗ 
ber nicht, Daß fie haͤrter werden. Schon a priori 
laͤſt ſich dies denken, aber die Erf brungen an 
der Ziege, dem Schadfe,; und mehrern anderen 
Thieren haben es ungleich mehr noch beftätige. 
Stellt 


* 


— —— 27 
Stellt man ſich die Geſtalt des wilden Hun⸗ 
des vor, ſo wird man mir gern eingeſtehen, daß 


ſeine Schnaue zwiſchen der ganz fpigigen und 


der ganz flumpfen des Haushundes das Mittel 
halten müffe; aber die Schnauße des Fuchſes 
‚hält niche nur nicht das Mittel ‚fonvern- g.bört 
‚unter Die allerſpizigſten. Exhon. allein —** 
Charakter muͤſte uns abhalten, ihn zum Stamm⸗ 
vater der Hunde zu machen. 


! Der Fuchs weicht auch in Abfiche der er 


des Blinddarmes weit mehr vom Hunde, als 


‚der Wolf ab, wie dies die fünfte Tafel in Buffon 

„Hit, nat. T. VII ganz d-urlich ausweiſt, und 
entfernt fich in Abſicht des Verhaͤltnißes der Eins 
geweide ganz von ihm. Denn nad) Daub ntong 
‚Beobachtungen verhält fid) Die aͤnge des Hüften» 
darmes zu der.des Körpers, „von der Ep: Ge der 
‚Schnauze bis zum Anfong des Schwanges ges 
‚rechnet, beym Fuchſe: wie 3%: 1,; beym Hunde: 
‚wiegi: I, und die Laͤnge bes re und Mate 
Darmes zu der des Hüftendarines bey j Ienem wie 
1: 6, und bey Vin; wie 1; 5 


Endlich) find bie Scneitesäfne, die fich 
beym Wolfe und Hunde ähnlic) find, beym Fuch⸗ 


fe und Hunde" gar fehr verfchieden, Die oberm 


‚frid weder in drey, noch die untern in zwey Lap⸗ 
pen’ getheilt, ſondern ſie ſind ganz und ohne alle 
Suse Dogleid Büffon über biefen ine 


Ber S 


28 i A 0 * 
ter des Fuchfes nichts fagt, fo hab ich es doch 


bey allen Thieren der Art, die ich habe beobachten 
5 Fönnen, ‚ beftätigt gefunden, 


Wenn auch ben dem erften Anblicke ber Fuchs 
mit dem Kunde eine auffallende Aehmlichkeit zu 
haben feheine, fd kann ihn in Ruͤckſicht des eben 
‘angegebenen Mrterfheidungszeichens doch Feiner 
mehr für den wilden Hund halten. Auch die 
Verſuche des berühmten Grafen von Büffon über 
Die Vermifchung des Zuchfes weiche im VIT. Theile 
fe N. ©. Artikel: Fuchs, und im V, Theile Ars 
tifel: Hund, angeführt find, müffen jeden bes 
wegen, auf die Meynung, daß fie von einem 
Gefhlechte wären, Verzicht zn hun. 


(Man Hat zwar im Herzogthum mRealen 
burg es dahin gebracht, eine Huͤndin mit einem 
männlichen Fuchſe fih wermifchen zu laſſen 1); 
aber dies ift doc) nichts weiter, als Wuͤrkung 
der Gelegenheit und des Bedürfniffes, und’ be- 
weift nichts für ‚die Identitaͤt des Sehe— 
v. B.). 


Nach der Auseinanderſetzung der ſpezifiſchen 
Verſchiedenheiten zwiſchen dem Wolfe, Fuchſe 
und dem Hunde iſt mir nichts mehr uͤbrig, als 
zu beweiſen, daß jede dieſer fpezififchen Verſchie⸗ 
Renpeiten bey der Bergleihung des uns 

und 


3) Zimmerman, Spec, Zool, geogr, J 473° 


no 29 


und des Hundes wegfale, und alles sich im Ge⸗ 
gentheil vereinige, jenen für den Stammvater 
der Hunde-zu erklären, 


Das Vaterland des Schafals, Kleinafien. 
und die angränzenden $änder ift gerade das Ba« 
terland der urälteften Haus: Thiere , und von det 
‚Urt, daß er. den erften Menfchen leicht befannt 
‚werden mufte.  Aufferdem beftimmt ihn der In⸗ 
ftinfe,, eher fich in gebuͤrgigten Gegenden aufs 
gu Balten, als in den flächeren und auf der Ebene, 
und es wird daher wahrfcheinlih, daß unſere 
erften. Eltern, welche auch Gebürge bewohnten, 
ihn weit früher als den. Fuchs, unterjochten, der 
niedrige den Gebürgs» gegenden zum. Aufenhalt 
vorziehet. ws 


Die Dreiſtigkeit bes Schakals iſt ſo groß, 
daß er nicht blos bewohnte Oerter befucht, wie 
der Wolf und der Fuchs, fondern daß er, wie 
fie nicht thun, den Keifenden fowohl bey Tage 
als bey Nacht, wenn fie "unter Zelten fchlafen, 
ſich nähert, und felbft, daß er fie lange Zeit bes 
gleitet. Dies hab ic) mit meiner eigenen Er. 
fahrung, und mit der von allen Keifenden beitä« 
‚tigt. gefunden; fo daß dies Thier fich ſelbſt wider 
den Willen des Menfchen in feine Gefelfchaft ein. 
"drängte, und in der Folge aus einem natürlicyen 
Inſtinkte den herumziehenden Völkern‘ immer 
nad) folgte, Aus diefen Gründen har es bee ur 
—346 ** Wahre 


| a 
30 Ba a 
MahrfcheinlichFeie fir fih, de ber Schakal der 


Hilde Hund fey, als a Dies der Wolf ober der 
Fuchs wäre, 


Die Größe des Schakals ſteht zwiſchen der 
Groͤß der groͤſten und Der der Fieinften Hundes 
varietaͤten gerade in der Mitte. ein Haar ift 


beit härter als g:wöhnlich das Haar diefer Ihies 


reift, esift weder fo lang nody fo furz, als das 
bey den verfchiedenen Hundegefchlechtern ; endlich 
+ hält feine Schnanze das Mittel zwifchen der gang 
Mumpfen und fpigigen; vier Eirenfchaften, die uns 
noch ein Beweiß mehr dazu zu ſeyn fcheinen, daß 

eher von ihm die Hunde abſtammen, als von 
dem Fuchſe und Wolfe. 


1... Der Schafal naͤhert fi) auch dem Hunde 
in Ruͤckſicht der Schneidezähne, die ihn vom 
Fuchſe entfernen, und durch die Form des 
Slinddarmes, in welchem der Hund vom Fuch— 
feund Wolfe abweicht. Auch das Verhältniß der 
Eingeweide macht dem. Hunde den Schakal aͤhn. 
licher als den N und Fuchs. 


Der Hüftendarm mit der fänge des Coͤrpers 
verglichen, iſt länger beym Wolfe als beym Fuch⸗ 
ſe, aber noch laͤnger bey dem Schäfer» Hunde, 
‚als. bey. dem Woife; und bey dem Schakal haͤlt 

er daflelbe, felbft noch ein etwas gröfferes Moaß 
oe bey dem Hunde, Denn es verhält fich zur 
ange 


u *4 


“ Sänge des Coͤrpers: wie 5: 1. Der Blinddarm 
zum Hüftindarme: mie 17 315 und der Serie 
zum Maftdarme wie 13 57. / 


Unter allen Hunden iſt ihm der Hirtenhund 
am aͤhnlichſten nach dem Zeugniſſe von Pallas. 
Er ſagt: Vidi illum vivum Londiniet nuper € 
Perfia allatum, a non folum habitu et for« 
ma tota, canicis villaticis gracilioribus et 
proceris, quales calmuci vu!go alunt , fimil« 
limum, fed et inclinationibus atque moribus 
cani familiari fimilimum effe, non fine admi- 
ratione obfervavi. Spec. Zool. faſc. XI. 


Oder der Hirtenhund ift der, welcher ſich 
der urfprünglichen und wilden Gattung: am meis 
ften nabert, wie Büffon fehr deutlich hewieſen 
hat, auch vereinigen ſich Geſtalt und aͤuſſere Kann⸗ 
zeichen, um die Identitaͤt dieſer ——— au 
bemeifenv. B.) 


Der Shafal ift in Ruͤckſicht feines Bor 
fragens dem Hunde noch weit ähnlicher , als in 
Ruͤckſicht feiner Geſtalt: Wenn er jung gefangen 
iſt, wird er leicht zahm, und wenn er fparfam 
gefüctert wird, ſehr einfchmeichelnd; er ift gern 
bey den Menfchen; er wedelt mit dem’ Schwarze 

um fein Vergnügen auszudruͤcken; er kriecht wie 
ber Hund; er rollt fid auf dem Ruͤken umher 
“ mit einem veranügten Gefnurre;-er. fennt feinen 
Heren vollfommen ; hört auf feinen Nahmen;;. er 

fpringe 


39 A 0 * 

fpringt auf den Tiſch, wenn man ihn lockt, 
ſchlaͤft zuſammengekugelt, und fehlappt fein Gez 
traͤnck; er harnt von der Seite, fein Abgang iſt 
hatt. Er lebt mit den Hunden friedlich zuf'me 
men, nnd fie beriechen ſich am Hintern; der Ges 
ruch, den die Drüfen am Hintern won fic) geben, 
iſt nicht fo übel, als ihn Dümon macht, noch fo 
muffus» ahnlich, als ondere glauben; er ift 
fhmäder, als der vom Fuchſe, und nie viel 
ſtaͤrker, als der, welchen der Hund bey einem 
ausbredyenden Ungewitter von ſich giebt. 


(Alles, was bier Hr. Guldenſtaͤdt ſagt 
woerde noch durc das Zeugniß des Hr. Pallas 
beftätigt, der in Sonden einen.aus Perſien gebruch« 
ten Schakal fah; Er fagt, daß erfehr leicht zahım 
werde und feine Spurvon Unrreueund Graufam« 
keit, fo wie der Fuchs und Wolf an ſich blis 
cken läfle; er fuche die Hunde auf, und fpiele mit 
ihnen; er fchmeichele, wie fie mit dem Schwanze, 
und er liebedas Streicheln auf den Rüden. Hr. 
Dallas zweifelt fogar nicht Daran, daß er fic) mit 
dem Hunde begatten würde 1). 

Mas 


x) Homini etiam faculime adfuescit, nun- 
quam uti lupus et vulpes cicurati, infidi animi 
 figna edenslufufque cruentas: canes non fu- 
git, fed ardenter adpetit, cum iisque celludit, 
ut plane mullum fit dubium, cum iisdem ge- 
'nerstarum ſi teutetut experimentum, bir 
eill» 


x A⸗ 33 


Was den Geruch beerift, den die Drüfen . 
om Hincernt von ſich geben, fo glaube ich, baß hie: 
bierin det Grund liege: warum fie fi) Hinten be= 
riechen; bekanntlich ift er zur Brunſtzeit am ſtaͤrk⸗ 
ſten, und vielleicht der von dem Weibchen ganz 
von dem des Mänden verſchieden. —— * 


dDer Verſuch einen mannuichen Schakal 

mie einer Hündin zu vermifchen, verunglückte 
mir, ‚denn der Schakal ftarb an der Ermüdung 
durch Die lange ‚Reife von. Aftrafan bis, Peters⸗ 
burg und an einer Entzündung der Eingeweide 
"woran vielleicht die unterdruͤckte unmerkliche Auges 

Dünflung in einem zu Falten Klima Gelegenheit 


gegeben hatte) eher, als daß eins oder das andere Kae 


diefer Thiere zur Begattung reif wurde) und bie 
Brunſtʒeit erreicht Härte. Doch Senseifen medrere 
Zeugniße, daß der Schakal fehr Teiche, mit dem 
- Hunde zeuge, und Büffon verfichert dies in feinen 
Buche von der Entartung ber Thiere, (Tom. 
DOW 7 


Fe Die Shhakais ommen i in den Wintermöna« 
‚ten, felten in andern, in Brunft; fig laufen Dann 
Die ganze Nacht truppweis herum, und geben fläge. 
liche Töne von fich. F Geſchrey gleicht in 
Tha 


defiderit caninae Similliman habet, homini 

caudo eodem Mmodo abblanditur, et in deor- 

füum provolvi atque manibus demulceri amatı 
. spec, Zoo], fafc, XI, p, 3, not, 


34 er ? 


That gar nicht dem 'Gebelle der Hunde; aber 
man fann ficher annehmen, daß das. Gebell der 
Hunde nur eine Folge ihrer Haͤuslichkeit ift, weil 
er nur aus Zuneigung zu feinem Herrn. belt, 
und zur Warnung für bevorftehende Gefahr ; und 
daher belle der Schafal nicht, weil ihm die Ur» 
fachen zu diefer Modifikation der Stimme fehlen; 
daher blafjen die Eleinen Hunde, welche beftän- 
dig um den Mienfchen find, weit mehr als die gro» 
fen, welche weniger in feiner Geſelſchaft find, und 
böchft felten bellen. Zuletzt verfichern uns die 
Berichte der Neifenden, daß die Hunde unter 
dem heiffen Erdgürtel und in den nördlichen Ges 
genden ganz ftill find, und gar nicht bellen, (weil 
fie wenig in die Gefelfchaft des Menfchen fommen,). 
aber fie heulen, und nur dann, wenn fie det Hun⸗ 
‚ ger oder die Siebe in Bervegung fezt. Alſo ift das 
Bellen fein Hinderniß, welches uns abhalten koͤnn⸗ 
te, den Schakal für den wilden Hund zu halten. 


[Außerdem bellt der Hund, der dem Schas 
kal am ähnlichiten ift, der Schäferhund am mes 
nigften, Und was noch um fo mehr beweift, 
wie groß der Einfluß ift, den die Häuslichfeit 
auf die Stimme der Thiere hat, ift der Ums 
ftand, daß, das Gefchrey bes gezähmten Scha« 
fals, den Dallas zu Sondon fah, dem Gebelle des 
Hundes fehr glich, 

(Ipfe quoque ejulatus ejus cum latratu 
eanum ejulabundo magnam, habet analo- 

giam) 


ET 


giam) * Außerdem hab ich bemerfe, daß die 
Hunde in der Brunſtzeit, wie die Schafals 
heulen. Noch eine — mehr zwiſchen dieſen 
Thieren. Be. 


| Derschakal ift weit weniger gefährlich fig 
die Menfchen und Heerden, als der Wolf; er ift 
as kaum mehr, als der Fuchs, und id) habe gefe- 
ben, daß er ſelbſt weit weniger mild ift, als 
Buͤfſon ihn macht. Woͤrklich iſt er ein Fleiſch⸗ 
freſſer; er toͤdtet die kleinen Kraͤuter⸗freſſenden 
Thiere, er friſt Aeſer, und ſelbſt Leichen von Men⸗ 
ſchen; verſchlingt fehr gierig die Sachen von Le⸗ 
der; liebt gleich dem Hunde die Tauben, und 
man hat ihn in der Gefangenfchaft, ein Yahr ' 
und noch darüber faft ‚gang mit Mehlſpeiſen 
und Brodte unterhalten. Er iſt aber weniger 
gierig, als Wolf und Fuchs, vielleicht aus dem 
Grunde, daß ſeine Inteſtinen weiter ſind. 


¶Dieſe Erklärung gründet ſich auf die Bes 
merkung, daß die fleifchfreffenden Thiere, die gies 
riger, als die pflangenfreffegden find, weit Fürzere 
Gedärme haben, und hieraus fliejt Die artige Be« 
merkung, daß die von den fleifchfreffenden Thiee 
‚ven, welche die längften  Gedärme — die 
weniger gierigen find, 


Auch das verraͤth den alten Urſprung des 
Hundes, daß er fo Ba an — Geſchmack ge⸗ 
winnt, 


Spec. Zoolog. = pag: 4; net. 


j 


46 EN o Be: 


winnt, und ſich fo gern an den ftinfenden Gäne 


| fefuß (chenopodium vulvaria L.) das feines 
‚unerträglichen Geruchs wegen fo fehr in Ruf iſt, here 
umwaͤlzt. Hierzu füge ich nod) das was der Heraus⸗ 


geber vonder Gefchichte der Entdeckungen (2. Th. 
©. 242.) nach dem jüngern Gmelin von dein 


. Beiragen des Schafalsfagt:”der Schakal ift ein 


fieiſchfreſſendes Thier, ex liebt wie der Fuchs 
„die Früchte, und wird in Herbfte ſehr fer. Die 
Schakals verbergen fi) den Tag über in Wäls 
„bern, die in Der Nähe von Gebürgen liegen; fie 
„verlaffen bey einbrechender Nacht dieſe Zufluchts⸗ 
„örter, und befuchen die Schlöffer, Städre, Dür« 
„fer, und Meyerhöfe, Sie fommen nur in Ber 
„gleitung anderer ihras Geſchlechtes. Wenn fieauf 
Pluͤnderung ausgehen, fo Eriechen fie niedergebücke 
ſtrecken den Kopf lang vorweg, um etwäs für 
„ihren Hunger auszufpähen, Sobald fie etwas 
„auf der Spur haben, laufen fie aufferordentlic) 
fehnell, und übertreffen den Wolf an Geſchwin⸗ 


bigteit. | 
Auf den Meyereyen wird alles Geflügel 
„Ihrer natürlichen Raubſucht zur Beute. Finden 
„fie eine Thüre oder Den Eingang in ein Zelt ofa 
„fen, fo find fie dreift genug, Stiefel, Schube, kurz 
„alles was fie finden, zu fehlen, und fort zu fchlep- 
„pen. Die Töne welche ſie bey Mache ausſtoſſen, 
„find fürchterlich unerträglich, und ein ſcheußliches 
„Geheul, mit. einen Hunde ähnlichen Gebelle un« 

termiſcht. 
zur 


J 


} \ J 


a a N 


05 Allem Unfcheine nach hat Kämpfer ganz 
recht, wenn er behauptet, daß wenn einer von 
„ihnen zu heulen anfängt, alle ; die ihn zu hörem 
‚im Stande find, im Chorus” mit ihm einftim- 
„men; zum wenigften hör: man ficher immer eis 
„ne große Menge aufeinmahlheulen. Uebrigens 
„it in diefem ganzen Sande (Sallian in Perfien) 
„kein einziges Benfpiel aufzuweifen daß fie irgend 
„einmahl Menſchen, entweder ein Kind oder einen 
„Erwachfenen angegriffen. hätten, — ” Man 
erfennt in dieſer Befchreibung ganz offenbahr die 
Eitten der verwilterten Hunde in Amerifa v. B.) 


Die Gabe des Hundes, mit dem Schwan⸗ 
ze zu wedeln, ſcheint mir kein weſentliches Zeichen 
deſſelben, fotibern Wärfung feiner Haͤuslichkeit zu 
ſeyn; er traͤgt ſeinen Schwanz nur erhoben, wenn 
er vergnuͤgt iſt; fo bald er etwas fuͤrchtet, klemmt 
a ihn zwiſchen die Beine ein; alle Varicaͤten 
des Hundes fragen ihn nicht gleich hoch, und alle 
bie, welche, wie der Hirtenhund *, aufaerichtete 
Ohren haben, tragen den Schwanz gerade aus⸗ 
geftreckt, und nicht gekruͤmmet, wie der Schafal **. 
Mebrigens giebts Feinen Theil, der ſo fehr bey den 
Haus⸗ thieren variirt, als der Schwanz , wie 

€ 3 aus 

* Buffon. T. V. p.28. 

er Dies it nicht — gegruͤndet, denn 

man bemerckt, daß alle Wolfs- und Fuchs— 
hunde, die aufgerichtete Ohren haben, auch aus 
Gewohnheit den Schwanz in bie Höhe tragen, 


aa ie 


aus dem DBenfpiele des Schaafes, und dem 
des Hundes fichtbar wird, und aus dieſem Grun⸗ 
ve ſcheint mir dieſer Unterfchied zwifchen dem 
Schakal und dem Hunde nicht fpezififch zu ſeyn. 
- Sch finde alfo feine wefntlihe Werfchieden« 
beiten zmwifchen diefen Thieren, ob fie gleich Buͤf⸗ 
fon findet. *** Das Verhältniß und der Bau fo 
wohl der äußeren als inneren Theile, als auch das _ 
Daſeyn aller Kennzeichen, die nothwendig einem wil« 
den Hunde zukommen muͤſſen, werden jedermann uͤ⸗ 
berzeugend beweiſen, daß der Schakal der wilde 
Hund iſt, und von ihm alle Verſchiedenheiten 
dieſer Thiere abſtammen. 
Auch Hr. Pallas glaubt, daß der Scha⸗ 
kal der Vater der Hunde ſey, aber er glaubt zu⸗ 
gleich, wie ich angefuͤhrt habe, daß die Ver—⸗ 
Milchung des Wolfes, Fuchſes, der Hyäne und 
des Schakals zur Bildung der verfchiedenen Nas 
sen unferer Haushunde Gelegenheit gegeben habe; 
ich geftehe, daß mir dies nicht fo wahrfcheinlic) 
vorfommt, als die Bermifchung der wilden Ziegen, 
von der ich eben gefprochert habe, weil jene nicht 
zahm werden, weil man Fein Sand fennet, wo 
fie Hausthiere wären und weil die Sänge der Knecht⸗ 
{haft , die Mifhung der Racen und der Einfluß 
der verfchiedenen Himmelftreiche, unter dem die 
- Hunde wohnen, Urfachen find, die zureichend genug 
ſeyn fönnen, die große Anzahl ihrer Varietäten zu 
- erflären. v. DB, ] Er : 
Ich 


### Buffon, Artikel Chien. u, Tom, IX.P. 17x 


Ao BR. 


Ich halte mit Büffon für fehr wahrſcheinlich 
das der Thos des Ariſtoteles das nehmliche Thier, 
als unſer Schakal ſey, weil es bey dem Plinius 
(lib, 8. cap. 34.) heiſt: Thöes, luporum ge- 

nus, procerius longitudine, brevitate cru- 
. ‚rum diffimile, velox faltu, venatu vivens, 
innocuum domini. Uber id) Fann nicht be— 
flimmen, ob das Partberthier ‘des Ariftoreles 
- ein gleich) bedeutender Ausdruck mit Thöes ift; 
ich wage nicht einmahl auszumachen, ob ünfer 
Schakal Adive oder Adil in Arabien, deel in der 
Barbaren, Iaqueparel in Bengalen, Zenlie oder 
Kenlieam Borgebürge der guten Hofnung, meb- 


bia in Aehiopien und Nom in Madura, wie | 


Fifen meynt, bezeichnen, 


Alle Nachrichten, die uns Krifloteles und bie 
Reiſenden von den verfchieden Thieren geben, find 
nur kurz und zu unvollſtaͤndig, als daß ſich dar⸗ 


aus ein beſtimmter Schluß ziehen lieſſe; aber 


das kann id) als gewiß verſichern, daß der Nah⸗ 


me Tulki, den Hr. von Buͤffon (welcher ſich 


auf Olearius beruft ) unter die Synonymen des 
Schakals gefeßt hat, * in der aſiatiſchen Türz 
Bey dem Zuchfe und nicht dem Schakal gegeben 
‚werde, welches die Beſchreibung des Dlearius 
-felbft beweift , weil er dem Thiere ſchwarze Oh⸗ 
een zu fchreibt; immer ein Kennzeichen des Fuch⸗ 
ſes, da der Schafal nut braune hate Außerdem 
“ Buffon Hift, nat. Tom, XIII, 


u 


@ Ic a 4 


üft es ungezweiffelt richtig, daß der Iakal, den Boſ⸗ 
mann in Guinea ſahe und den auch Hr. Buͤf⸗ 
fon für einen Schakal Hält, ein ganz verſchiede— 
nes Thier ift, mit dem ung Pennannt bekannter 
gemacht und dem er den Nahmen gefleckte Hyaͤn 
(Hyaena ‚maculata) gegeben hat Nach 
Simmermann, 1) Schreber, 3) und —— 
3) iſt der Adive eine Varietaͤt des Schakals. 
Statt dem Zenlie und Kenlie kennt man eine 
andere Gattung unter dem Nahmen, canis me: 
omelas, wovon man.eine Abbildung i im — 
ber findet. 4) v 3.1.3 


Die Reiſenden tauſchen ſich ſehr leicht, wenn 
es ihnen an Kentniſſen in der Mäturgefhichte feh⸗ 
Vet, oder fie die zur Unterſuchung der Thiere 
gehörige Geduld nicht haben, Keifende, diefich an 
dem Nahmen begnügen, welche die Einwohner 
ben Tieren geben, werden z. B. fleif und feſt 
verſichern, daß es in der polnifchen und ruſſiſchen 
Ukraine hin und wieder an der Donau Schakals 
gebe, weil das Thier, weiches die Einwohner 
Tfchakal nennen, fi) da fehr häufig finder. 
Aber der forgfältigere Beobachter wird bald finden; 
daß der Tichakal in ber Miramıe daſſelbe Thier ; 

melches 

*%* Penn. Synopf, of. Quadr, p. 162. j 

ı) Spec. Zool. geogr. p. 361. 
25 Saügethiere III. 364 
3) Hift. regn. anim, p. 571. 

4) Sauͤgethiere III. p. 37% Zafı99 ° 


0 A 0 
welches im übrigen Nußland und Polen den flar 


viſchen Nahmen Welk bat, und au der geräßnli 


che Wolf ift. 


JJedermann weiß, wie ſehr Die falſchen 
Nachrichten der Reiſenden die Geſchichte des groͤ⸗ 
ſten Theiles der Thiere verdunkelt haben, und wie 
viel. Mühe fie den aufgeflärteren Naturforfehern 


machen, das Wahre aus dem Wuſte abgeſchmak⸗ 


J 


ter Erzählungen herauszufinden. Es waͤre außer» 
ordentlich) zu wuͤnſchen, daß man fie in den Stand 
ſetzen koͤnnte, der Thiergefihichte nuͤtzlich zu wer⸗ 
den, ohne tiefere Grund- Vorkentniſſe dazu noͤ⸗ 


ehig, zu haben; dies würde die Fortfchritte in dies 


ter Miffenfehaft fehr vergrößeren‘, und den Nas 


‚ furforfchern ihre Arbeiten-erleichtern, Zum Theil 


qus dieſer Abſicht hab ich nach den Grundſaͤhen 
des Lamark, die in ſeiner Flore Francoiſe ange⸗ 
geben ſind, eine Unterſuchung der vierfuͤſſigen 
Thiere angeſtellt benen ich eine kurze Beſchrei⸗ 
hung nad) der Ordnung ihrer Aehnlichkeiten, und 
fehr gu£ gevatheite Kupfer Hinzu gefüge habe, Da 
vermittelſt dieſes Werks die Neifenden I) jedes 
Thier kennen lernen, oder ſich uͤberzeugen koͤnnen, 
ob es unbekannt (ey; 2) ſich mit feinen Sitten 
und damit bekannt machen Eönnen, in wie weit 
es die Naturſorſcher kennen, und 3) welchen 
Pla; es in der Reihe feiner. Aehnlichkeiten ein⸗ 
nimme, worin es mit andern vierfuͤßigen Thieren 
übereinfommt oder wodurch es verſchieden Ai 


Er 


ie y 


42 ao Me 

fo ſieht man leicht, daß durch Dies einfahe Mit 
tel e8 einem aufmerffamen Beobadıter leicht wird, 
über Sitten und Geftalt der Thiere neue Des 
merfungen zu machen, ‚und über ihre Gefchlechr 
ter mehr Sicht zu verbreiten. Dies Were, mel 
ches weit mehr Thiere euthalten wird, als Buͤf⸗ 
fon befchrieben hat, wird bald öffentlich durch 
den Druck befannt gemacht werden d. Bd. ] / 


Gewiß giebts auffer dem Wolfe und dem 
Fuchſe nody andere Thiere, die dem Schakal 
mehr oder minder ahnlich find; wie z. B. ber 
Maris, ein in Sibirien einheimifches Thier, 
deffen Befehreibung man in den Nov, comment, 
Petrop, Tom V. und in III Tom. ber Hif, 
nat, de Mr. Büffon antrift; und der Cor- 
ac, der in den Feldern des Hrients am kaſpiſchen 
Meere fehr gemein ift, und von dem fich. eine Ber 
fhreibung in der XII. Edit. des Sinne findet. 
Man müfte nun wiflen, ob die obenangeführten 
Nahmen einem von diefen Thieren gehören, oder 
ob fie verfchledenen Gefchlechtern zukommen. Dies 
felbe Frage lieffe fic) auch in Abfiche der amer kani⸗ 
ſchen Thiere Gofchir oder Gelque oder Alco aufs 
werfen. Uber fie läßt fich auf feine Are beſtimmt 
beantworten, ehe nicht die Zoologen diefe Thiere 
unter fich verglichen haben. 


Be > ! 
Alles was ſich nad) einer genaueren Unterfit« 


Kung hierüber beftimmtes fagen läft, ift, N 
—9 ies 


eo” 


Dies Thier, welches die wilde Racçe unferer 
Hunde macht, in ganz Perfien, und der afiatis 
ſchen Türfey einheimifch ift; daß es fic) felten in 
den Ebenen, aber deſto häufiger in Gebürgs » ges 
genden, endlich gar nicht nach Norden hin jenfeits 
des Kaukaſus finder. “Die Tartaren, QTürfen, 
Dersier, und die Nuffen aus dem Gebiete von 
Aftrafan nennen es gemeiniglich Schakal, verän- 
dern den Vokal a in i und e und fprechen den An⸗ 
fangsbuchftaben entweder fanfter oder härter aus, 
wie das Sch, vder das Sateinifche S, oder auch 
wie das franzöfifche J; aber fo viel ich weiß, nies 
mahls wie das Deurfche oder $Sateinifche J. daher 
man in der teutfchen Leberfegung der Büffonfchen 


Naturgeſchichte das Thier fehr übel jakal genannt ' 
hat, das im franzöfifchen richtig Jakal oder Cha- -· 


kal heift. Ich behalte diefen Nahmen bey, der 
algemeiner.üblich, richtiger und beftinnmter, als der 
des gelben Wolfes, lupus aureus oder 
chryleusift. Denn man kann weder den Scha⸗ 
kal noch den Hund fuͤr einen durch das Klima 
entarteten Wolf anſehen. Alle drey: der Wolf, 
ber Fuchs und der Schakal, finden ſich ſehr haͤu⸗ 
fig in Georgien, und doch haben ſich die Unterz 
ſcheidungs⸗ Fenntzeichen immer erhalten, und man 
Fennt in Georgien den Schafal unter vem Nah⸗ 
men:Pucca, den Wolf; Gmeli, und den Fuchs: 


Mela, 


Nach den vorhergegangenen kritiſchen Unter: 
| ſuchun⸗ 


44 KELLER = 


fuchungen über den Schafal, und dem was ung 
Bye * und Gmelin =* davon gefagt ha» 
ben, ift es ſichtbar, daß uns der Schakal, wenn 
man die wenig genauen Nachrichten anderer Rei⸗ 
fenden von diefem Thiere ausnimt, noch {ehr uns 
befanne ift. Ich will hier eine genaue Befchreis 
bung diefes Thieres geben, wie fie die Zoologen, 
vorzüglih Lime, * und Pennane * ſehr 
wuͤnſchten. Ich habe esoft in Georgien gefehen 
und hab es zergliedert. Die Naturforfcher werden 
aus meiner Beſchreibung die Aehnlichkeiten und 
Verſchiedenheiten veflelben mif feinen Nachbah⸗ 

ren. fehen, und es unter jeden Nahmen daraus 
erkennen koͤnnen. 


Beſchreibung des Schakal. 


(Sch habe mie Hr. Berchem bie Abbildung 
Beffelben aus Schrebers Säugethiere genommen, 
weil fie mir ungleich deutlicher fchien, als die i in den 
Petersburger Commentarien. ) 


Der. 


* Amoenit, exot. pag. 412. 
* Reifen 3. B. ©. 80, 
*S. Sytt. wir edit XII; Tom p- 66. def- 
sriptio genuina deficit, 

S. Synopf. of quadr, p 159 Itis Aran- 
ge. that an animal fo common in the Levant, 
fchould neverhaveblen brought overtote deferi-. 
bedby any modern Naturalifte, The Belbchpktang 
yet remaia very obfeure, 


! 





hing, 





— LERETRE 


— ao eo, 
Der Schafat ift kaum etivas länger, als ber 


Fuchs, und im übrigen feines Coͤrpers und feiner 


Phyſtonomie hätt er das Mittel zwiſchen Wolf 
und Fuchs. Nie hab ic) ihn drey und einen Hals 
ben Fuß langgefehen, wie ihn Gmelin (a a. 
0.) angiebt; ‚doch will ich feiner Behauptung 
nicht widerfprechen, Alle die, welche ich zw 


meſſen Gelegenheit hatte, waren in gerader Linie 


don dem Ende der Schnauze bis zum Anfang des 
Schwanzes zwifchen 26-'28. Parifer Zoll lang. 


Der Kopf ift Fürger, die Schnauze 
flumpfer, die Backen dicker und die Stirn her 
vorfpringender, als beym Fuchſe; der Augen 
ſtern iſt braungelb; die Naſe fteht etwas über 
die Schnauze hervor, ift nackt, ſchwarz und etwas 
Ei die Naſenloͤcher geben efwasnac auf 
fen Hinz; die Lippen find (dwarz, und ein wenig 


. f} 


ſchlaff; die Zunge weich. 
Die Maulhaare find in fehs Neihen 


Aber der Dberlippe geordnet; die obern ſtehen wei⸗ 


ter davon ab, find Fürzer und zurüfgebogen ; die 
andern find horizontal. An ver Unterlippe ſtehen 
fie weniger regelmäßig und vereinigen fih am 
den Seitenrändern derſelben; ihre Sänge ift ver 


ſchieden, nie aber größer als 3. Zoll. 


E.r hat ſieben Warzen im Geſichte: eine 

an jeder AÄugenhoͤle über die Mitte des oberen 

Augenliedes mit drey Haaren, eine unter —7*— 
Auge 





ab) 8% A 0 F 
Auge der oberen gerade gegenüber und-in einer 
$inie mit der Vereinigung der Sippen mit drey 


Haaren, eine an ber Ohr» drüfe mieten zwifchen 
dem Mundroinkel und der Defnung des Ohres mit 


| wey Haaren, endlich) eine einzelne an der Kehle, 


die mit mehreren Haaren bejegt ift. Die lan⸗ 


gen Haare auf diefen Warzen gleichen beynahe 
den Barthaaren an Größe und Farbe, find alle 
ſchwarz, fteif und hornartig, auf der einzelnen 
Warze ftehen drey oder noch mehrere Haare, die wie 
beym Fuchſe und Wolfe biegfamer und wie ab» 
genugt find. 


Die Ohren ſtehen aufgerichtet, wie beym 
Fuchſe, ſind aber kuͤrzer, ganz behaart, aͤußerlich 


weiß, inwendig braun, etwas ſchwaͤrtzlich, aber 


nie fo ſchwarz, uls dee des Fuchſes. 


Der Hals und der Cötper find dem des 
Fuchſes ähnlich; doch ift der Körper größer und 
magerer; denn der gröfte Durchmefler deſſelben 


perpendikulair, ift fieben und transverfall genommen 


fünf Zoll: 


Nur die Küffe gleichen denen des Fuchſes, 


oder find etwas höher; die Sehen find ganz bes 
haart, fo daß die Nägel kaum fichtbar find; un« 
ter jedem Fuße hater aber fünfnadte und ſchwar⸗ 
e Knoten, auf denen er geht, wovon viere den 
Zehenfpigen gegenüber fizzen, aber der ui 


3 


2 
R 


bc 4 


3zwiſchen ihnen liegt, naͤher und groͤſſer iſt. Man 
findet auch in der Verbindung des Karpus eine 
kleine Eegelförmige und ſchwarze Warze. 


Er hat 4. Zeben an den Züffen, von denen 
bie beyden mitleren etwas länger, als die an den 
Seiten find; zwiſchen ihnen allen liegen Halbe 
membranen. . j 


Die große Zebe mangelt an den Hinterfühen, 
an den Barderfüßen ift fie aber fürzer und erhabes 
ner al die andern, und liege auf der innern Seite 
des Metakarpus an den Borderfüßen; die Naͤ 
gel an allen Zehen find gleich maͤſſig ſchwarz, zu— 

ſammengedruͤckt, herabgekruͤmmt, ein wenig 
ſpiz, kurz und unbeweglich. 


DSer Schwanß iſt in in der Mitte etwas 
dick, am Ende duͤnner, ganz behaart, und geht 
kaum bis an den Knoͤchel, iſt dem des Wolfes 
ſehr aͤhnlich; aber nicht ſo ſehr dem des Fuchſes. 
Beym Saufen trägt ihn das Thier ausgeſtrecket, 
fonft hängt er herab. A 


Das Perinaͤum ift anderthalb Zul groß 
und behaart; ber Muttermund enge und behaart, 
die Klitoris fegelförmig und wird von den Scham 
lippen über drey Sinien weit bedeckt; Die Scheide f 
— viertehalb Zoll lang; die Hoden fü nd wie die 
Vorhaut zufammengejogen, ein wenig N 
Die 


au m 


23: % 0 


bie Ruthe ungleich, mit einem Knochen —— ER. 


und ganz der tes Hundes ähnlich; die Brüfte - 

ſind bey dem mänlichen Thieren gar nicht und — 

dem Weibchen, wenn ſie nicht fangen, ſehr ſchwer zu 

finden; doch hab ic) ihrer 4 bis 5. auf beyden 
eiten mehr oder weniger deutlich gezaͤhlt. 


Die Zadre find weit härter, als die Fuchs» 


haare, aber nicht fo hart, als die vom Wolfe; 


an der Schnauze fehr Furz, am übrigen Kopfe und. 
den Füßen etwas, und weit länger am Bauche 
Hoc) länger am "Rüden , wo fie über 3 Zoff 
hinausreichen; am Schwanze haben fie ſogar 4. 
Zell, 


Die Nähe ; die be Hunden) velche allent⸗ 

alben kurzbehaart find, ſehr ſichtbar werden, 

9 beh den Hundegefehlechteri, Deren Haar, ſo 
lang iſt, undeutlich und nicht zu unterſchelden. 


Die feineren Haare ſind auf dem Coͤrper 
aͤſchfarben, und um die Hälfte länger, als die 
anderen. Ich finde fie nicht fo ſchoͤn gefärbt, ala 
andern Schriftfteller fie ausgegeben haben, und 
finde gar den Goldglanz nicht darinn. Das gan⸗ 
je Thier iſt oben ſchmuzig gelb, etwas ſchwaͤt zet 
aufdem Ruͤcken, weniger ſchattirt an den Sei⸗ 
fen, und ganz unten weißgelblih. Die Füße 
find einfärbig gelb -braunz fehr Häufig, aber nicht 
ame, iſt die Verbindung des Körpers an der 
vorde⸗ 


no ve 02 


vorderen Seite mit einem braunlichen vermiſch⸗ 
ten Flecke bezeichnet. Der Schwanz hat die nehm⸗ 
ice Farbeals der Rücken; am Ende HR er ſchwarz. 


Jedes Ruͤcken Haar, hat vier Streifen; ift 
an der Grundfläche weis, dann ſchwarz, dann 
gelb „ und endlich) wieder ſchwarz. 


Die beyden erften Ringe nehmen zwey Drite 
theile der ganzen Sänge des Haares ein; aber die 
Haare des Schwanzes find blog weiß an dee 
Grundflaͤche und übrigens ſchwarz. 


Ich will die Ausmeſſung der äuferen Theile 
bierberfegen, die bey einem Thiere von großer 
Wichtigkeit ift, das fich nur von mehreren vers 
wandten Gattungen durch das Verhaͤltniß der 
Theile unterfcheibdet, und ich werde fie nad) dem 
Hr., Daubenton, ber im VII Theil ter Hil. 
nat, das Maaß des Wolfes und Fuchſes ange 
führe hat, angeben, Mein Maas ift auch parifer. 
Zoll und inien. 


Laͤnge bes Thieres von dem äufer- 

ften Ende der Schnauze bis | 

zum Anfang bes Schwanzes 27 = 9% 
Höhe vom Schulterblat bis auf 

die Spige ber vorderen Zehen 17 — 6 — 
Höhe vom Anfang der Senden, bis 

zur Spitze der intern hen 18 — — 
känge des ‚Kopfes von an Spitze 

er 


7 


| Vorderfuͤſen gemeſſen — 


50 AN 
der Schnauze bis zum Hin- 


Umfang der Schanze bey den Jia» 
fonlöchern — — 
Umfang der Schnauze in ber Ge⸗ 
gend der Augen — 
Umfeng des Mundes — 
Raum zwiſchen den Naſenloͤchern 
Raum zwiſchen der Schnanzen⸗ 
ſpitze und dem inneren Augen⸗ 
winkel —⸗ — 
Raum vom äufferen Augenwinkel 
bis zum Ohre — 
ͤnge bes Auges von einem Din 
kel zum anderen — 


terkopfe— —6 


— 


6 
6 


ir 


Raum ʒwiſchen den innern Augen. ⸗ 


winken über den Bug des 
Vorder ⸗Theiles ber Stitne 
Diefeibe Entfernung in gerader 
Unie — — — 
Umfang des Kopfes, zwiſchen den 
Augen und Ohren gemeſſen 
- gange der Ohren — — 


Entfernung der. beyden Ohren, 


von einander an der Baſis ge⸗ 
mfn — — — 
Laͤnge des Halſees — — 


Umfang des Halſie — — 


— des Koͤrpers, hinter ben 


— 


% 


ei, 0 5 
Umfang der dickſten Stelle — 15 3. 48 
_——— dor den Hinterfüßen | 13 — 4 — 
Laͤnge ber dickſten Stelle des N 
Schwanzes — — — 


Umfang des Schwarzes om —D N u 
$änge des Vorderhrineg vom EI" 
bogen bis am Tagengelenfe 5 — 
Umfang des Gelenkrke —3— 
Umfang des Metakarpus 2 
Knge vom Ellbogen bis zu den 
Kralle —— 
— — des Beines vom Knie bis 
zur Ferſe ñ⸗ — — 
Umfang der Sale. — — 
— des Metatarfus — 
Laͤnge von ber Ferſe bis zum En- 
‚de der Krallen — — 5 — 6ß — 
Sänge ber gröſten Krallen — 8 — 


Nach ber Vergleichung dieſer Beſchr/ibung 
und Ausmeſſung mit denen, die Hr. Daubenton 
(V. Tom, der Hiſt. nat.) von den Hunde varietän 
ten gegeben hat, wird es einfeuchten, daß. den. 
Schäferhund (Tom. V. p. © 28.) bie, meifte 
Aehnlichkeit mit dem Schafal hat. Man kann; 
freplich auch) nicht läugnen, daß es Hunde giebt, 
diedem Schofal noch ähnlicher find, und ich habe in 
Rußland gewöhnliche Hunde ,gefehen, mit einem 
braun gelblichen Selle, kurzen Haaren, auf gerich⸗ 
teten Ohren, und al Schnauze, die er 

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ET. 


52 0 er 


brigens in Kückjicheder Größe und anderer Kenne ° 
‚zeichen dem Scafal gleichen. vr 


Diie innern weichern Theile des Hundes, 
Wolfes, und Fuchſes find nad) ber Beobachtung 
des Hr. Daubenton nur in Küdfiche der Form. 
und der. Verhaͤltniße des Blindarms verfchieden , 
aber hierin weicht der Schakal vom Hunde nicht: 
„Im minbeften ab. 








— 
II. 
Ueber die Dankbarkeit der Hunde 
(an den Herausgeber, ) 


—Ich bin fofehr geneigt, mein Herr, unſeren 
guten Hausthieren, den Hunden, eine roͤſoniren⸗ 
de Seele zuzufchreiben, daß ich nie verfäume, 
auch die Fleinftem Erfahrungen über diefen Punkt, 
die mie in- Wege’ vorfommen , aufzufammelh, 
fie zufammenzuftellen, zu vergleichen, und auf 

mancherley Wegen zu verfuchen, wie weit ich 
wohl noch von der Bejahung meines Gedankens 
entfernt bin. Oft in truͤben Stunden, wenn 
mein guter Hund mir vor den Fuͤßen liegt, ſtill 
entweder an meinen Schmertzen Theil zu nehmen, 
oder durch Schmeicheley ſie verſcheuchen zu wollen 
ſcheint; wenn ich dann bedencke, wie viel Elen« 
den ihr Hund noch derallein uͤbergebliebene Troſt, 
she i die 


A 53 


die einzige Zuflucht, der einzige Freund iſt, wie 
freu er auch im Elend an feinen Herrn haͤngt, wie 
‚gering er fein geben ſchaͤtzt, ihm zu dienen; jo Fann 
ich mich nicht enthalten, überdie Güte des Schöp- 
fers in laute Bewunderung auszubrechen, der 
für den Menfchen allenthalben Vergnügen felbft 
in den Thieren verbreitet, der ihm allenthalben 
Sreunde verſchafft und freymillige Theilnehmer 
feines Schikſaals, allenthalben Troft und Linde— 
rung fürnicht zu vermeidende Uebel. Ich kann mic) 
dann nicht enthalten meinen guten Hund freund⸗ 
ſchaftlich indie Arme zu nehmen, und das geheis 
me Gelübde zu thun, meinen legten Biſſen nur 
für ihn zu fparen, O guter Hund, dencke id) 
dann, du haft doch wohl eine Seele, ob fie dir 
‚gleich oft einer abſpricht, der nicht die Hälfte 
Deiner Tugenden bat, und fie dir Leute verfagen, 
bey denen die Eriftenz derfelben kaum Halb fo un« 
zweifelhaft iſt. 


Sa mein Herr, alle die weifen Vernunft⸗ 
ſchluͤße des gröften Heufens ber Philofophen, find 
"bey genauerer Beleichtung oft richt foviel werth, 
‚als die , welche ich bey meinem Phylax voraufe 
ſetze; find oft fo feicht und fo fumpfigt, daß es 
ſich vorher fehen laͤſt, mie wenig fähig fie feyn 
werden ein Gebäude zu tragen. Hierbey kommt 
Ka immer nod) am, lächerlichiten vor, daß bie 
weiſten diefer Herren eine Farbentheorie bey ge» 
ſchloſſenen Augen machen; baß fie auf dem So⸗ 

D 3 pha 


FIN 


“ Er Ei 


pha Natur beobachtungen, und auf bem Studier⸗ 
mer Verſuche uͤber die Sitten der Thiere an⸗ 

Uen. Dieſe Beobachtungen dürfen durchaus 
nicht nach der Lampe riechen; fie erfordern uns 
zaͤhliche Brrfuche und Erfahrungen; fie ſetzen Ge⸗ 


dulv. ohne gleichen, ein ſcharfes Heilfehendes Aus 


ge voraus, und flüßen ſich auf bie ausgebreite« 
ſten Vorkentniße. Wer das hat, und fühlt, a⸗ 
ber nicht, wer es zu fühlen glaubt, der wage ſich 
daran und fhließe; wir Sammler wollen indes ven 
"Stoff dazu zufammenfuchen, den er. unterfuchee 
und aus dem, er derwirft, ‚behält, zufammen« 
ftellt. Ah Sure 
Einer meiner Freunde, ein Forftbebienter 
im Schwäbifchen, erzählte mir vor einiger Zeit 
eine ſehr merkwürdige Anekdote von feinem Hun— 
de, die bes Aufhebens wohl werth war, und in ei» 
nem Thieranecfdotenlerifon fiher ihren Platz 9% 
funden haben würde, | 


Es ift ein gewöhnlicher Hünerhund und ‚er 
Faufte ihn von einem berumftreifenden Sytaliener, 
der alle a 3. Fahre dahin mit Hecheln und Maus 
ſefaͤllen kam und handelte, in einem Alter von 
ohnge aͤhr anderthalb Jahren, alfo in den Jah⸗ 
ren der menſchlichen und thieriſchen Flatterhaf⸗ 
tiofett. "Sch merckte, "erzählte er mir weiter, 
eine ungewöhnliche Traurigkeit und. einen anhal⸗ 
tenben Gram na der Trennung von feinem als 


£ 


— 


1 a Br SE 55 


ter Heren an ihm, fo daß mir für fein geben ban⸗ 
ge wurde, weil er durchaus niche freffen wolte. 
Ich prophezeyete mir von dem Hunde viel gutes, 
weil die Hunde die ſchechteſten ſind welche ſich 
am leichteften gewöhnen, und ſuchte ihn auf alle 
mögliche Arr zu erhalten; ich zwang ihm Fleiſchbruͤ⸗ 
hen hinunter, und hatte das Gluͤck, daß er fo 
fange leben blieb, bis wir beſſer mit einander befanne 
wurden und er zu freffen anfieng. Ich fing noch⸗ 
der an ihn abzurichten, er lernte gut, uno iſt jetzt 
‚mein befter Yund.”, | 


9, Das folgende Jahr bemerfte id, daß er 
um bie Zeit, in ber ic) ihn gekauft hatte, eirige 

Wochen hindurch täglich auf einen, nicht weit 
son meinem Haufe entfernten Hügel lief, von dem 

‚man die Landſtraße überfehen kann, fich hinfegre, 

nad) der Gegend fah, von der fein voriger 

Herr, der Italiener gewöhnlich herkom, den 

Kopf auf die Erde legte, als ob er nach etwas 

horchte, auffprang, bellte, und fo meift den gan⸗ 

gen Tag, die Zeit ausgenommen, hinbrachte, 

in der. ich ihn mit auf die Jagd nchm. Wenn 

ich ihn abrief, kam er zwaͤr willig, doch fehlen 

er ungern wegzugehen; fo bald mir wieder nad) 

Haus kamen, lief er wieder zu feinem Hügel. 

Dies geſchah nicht nur daß erfte Jahr, fordern 

aud) bie beyhen folgenden, ohne daß ber Eina 

druck in geringften ſchwacher geworben zu ſeyn fchien, 

waͤhrend daß der Italiener noch nicht zuruͤkkam. 

D4 } Doris 


56 M⸗ 


Vorigen Herbſt als im vierten Jahre, ſeit 
bem ich ibn hatte, fieng er (chon wieder um die" 
Zeit fin voriges Spiel an. Eines Tages gieng 


mindsfte Spur hatten A beichäftigte er ſich damit, 
Maulwürfe aufzufengen, und zu verfolgen. Er 
verlief fich ben dieſer Beſchaͤ tigung oft. ziemlich 
weit, ohne daß ich mich viel um ihn bekuͤmmerte, 
weil ic wufte, daß er meine Spur wohl einige 
Meilen weit wiederfand. Doc) einige Zeit nach⸗ 


fo rührend war, das es mir, alten Weidmann, _ 
Thränen ausprefte, und gewiß einem jeden füh- 
lenden Menfchen Thränen ausgepreft haben wuͤr⸗ 
de. Ein alter Mann fand bis an die Aerme in 
einem zufammengelaufenen Pfuhl, fehon ganz er» 
matter, und ohne die Kräfte zu haben, fich here 
ausdelfen zu fönnen und hielt in der einen Hand 
den Strick eines Tomifters, ber an Ufer lag, und 
den er wahrfeheinlich herausgemworfen hatte; Mein 
Hund hatte an das andere Ende des Strices 
gefaft, und ftrengte alle feine Kräfte an, ihn her⸗ 
auszubelfen. So oft. er erfchöpfe war, und mies 
Nut, ber 


Ic a Ze > 57 
ber nachlaffen mufte, fieng er ein ängfilich Gewin. 


ſel an. Ich war von dem Anblicke fo gerührt, 
Daß ich im Anfang vergaß, dem armen Manne 
zu Hülfe zu fommen. Sobald ich aber fo nahe 
kam, daß der Hund mid) gewahr ward, erhub 
er ein geoffes Geſchrey, Fam berzugelaufen, fprang 
an mich heran, faſte mid; am Rockſchoß an und zog 
mic) hin, Es koſtete wenig Mühe, ten. Mann 
herauszubelfen, und nun fchien mein Hund gang 
außer ſich für Freude, fprang an ihn herauf und 
liebfofete ihn, Dieſer erwiederte feine Liebkoſungen 
fehr lebhaft. | 


Ich erfannte aus ber Mundart foglsich meis 
nen Mann füreinen Italiener, kehrte wieder um, 
und da es nicht fehr meit bis zu meinem Haufe 
war, famen wir bald hin; id) ließ ihn reinigen, 
und nun bat ich ihn, mir feine Schickſaale zu er⸗ 
zählen, und ob er den. Hund etwa Eenne? Er 
fagte, baß er ein Italicner ſey und hieher ges 
fommen wär, um zu handeln ; ehebem fey fein 
Sohn hieher gefommen , ber fey aber tobt, und 
er müffe deſſen ganze Familie ernähren, die Nacht 
habe er durdy den Buſch gehen wollen, ‚und fey 
in dag Jod) gefallen, ohne ſich wieder heraushel. 
fen zu fönnen, Won bem Hunde wiſſe er nichts. 
Da ich ihm aber fagte, daß ich ihr ‚von feinem 
Sohne gekauft hätte, befaın er sich und erzählte 
mir, daß es fehr wohl der Hund feyn könne, den 
er einmahl feinem Sohr ereee habe, Er haͤt⸗ 

19 | * 5 | | fe 


58 a ı Fa Bu SZ 
te ihn aus einem Bache aufgelefen, in ben er gleich 
nach der Geburt, und noch blind geworfen wär; 
aus Mitleid hast er fich feiner erbarınme, ihn ers 
wärmt und gepflegt, «bis er fehend geworben wär; 


barauf hätte er ihn ſeinem Sohne geſchenckt, und 
ſeit der Zeit nie wiederg-fehen. 


Dies iſt Die ungefünftelte Erzählung desal- 
ten Jopers und ic) degnüge mich, fie ihnen hier 
gu einem bellebeigen Gebrauche befannt zu machen 


Br ꝛx. 
sa a Are EEE U En ED 


? IH. 


Fragmente über Die Geſchichte * 
Salamanders. 


Der Salamander hat, wie aus feiner Ge⸗ 
fhichte erhellet, fihon in ältern Zeiten eine nicht 
unerhebliche Rolle in der Welt und felbft in der 
Theologie gefpielt; er war einmahleine abgefthiebes 
ne Seele‘, "oder doch zum wenigſten der Sig der⸗ 
derſelben, und wie mid) duͤnkt damahls ein unz 
gleich bequemerer, als er es jezt be) der Reproduck⸗ 
tionswuth ſeyn würde. Dieſe allein macht ihn 
jezt noch wichtig, fo wichtig, daß, wenn einmahl 
Die Zeit fonımen wird, wo man Verdienſte bes 
lohnt, wo man goldene Kitten und Ordens nicht nach 
Stand und Würden austheilt, ich hoffe, ben 
Salamander noch) über pen Floh erhoben zu fehen, 


a0 59 


den ber Menſch mit filbernen Ketten belegt und 
alſo häuslich zu machen geſucht hat, (vielleicht um 
ihn einmahl wie den Hund negen fein eigenes Ge⸗ 
ſchlecht zu gebraudyen). Mir wenigſtens komt ein 
foicher Fiohrieter mit der Kette eben fo reſpekta⸗ 
‚bel vor, als mancher menſchliche Ritter mit einem 
Orden um den Hals, und bey näherer Beleuch⸗ 
tung wird ſich nicht felten ergeben, daß jener ein 
fo ausg-breiteres Verdienſt um das Menſchenge⸗ 
ſchlecht Hat, als biefer. 


‚I Der Salamander. hat ein ungezmweifeltes 
Merbienft um den menfchlichen Verftand, und 
die gefchäftige, erfi deriſche Phantaſie hat ein fich 
immer erneuerndes Spielan ihm gefunden. Man 
bat iön wie Buchsbaum befchnitten, ohne doß er 
“ausgieng; man mird ihm naͤchſtens eine Haube 
aufſetzen und ein Parr Culsde Paris anfchnüren,, 
"und'diefen Damen welche mit unferen gepuzten 
Matronen eine auffallende Aehnlichkeit Haben wer. 
ben, follen dann die Spellanzanifcben Froͤſche 
in iii taffetnen Hoſen d die Cour ‚machen. — 
Und was nuͤtzen alle dieſe Verſchneidereyen 
Spielereyen ber Nachwelt? — 
Je nun! zum menigften haben wir Boch ein⸗ 
mahl als Geiſter die Freude, ein neues Sala⸗ 
mandergeſchlecht mit ein Paar Knorpeln weniger 
MM San, das wir, eigentlich für bie Dia 
wel 


co No 


welt zugefchnitten hatten, in den Compenbien aufe 
geführe zu fehen.; Wielleicht entfieht bey immer 
erneuerter Reproduktionswuth gar ein neues Eye \ 
£lopengefchledyt, Das manchem Donner feine 
Augen, und mandyem anderen ehrlichen Nature 
faorſcher noch etwas mehr koſten wird, 


Was ich bier von feiner Geſchichte ſagen 
will, ift der Opferrauch von mehr als ‚hundert 
Ealamandern; ; aber jeder wird finden, daß das 
meiſte noch Rauch iſt, und fürs erſte noch eben 
ſo unzuſammenhoͤngend wie dieſer bleiben wird. 


Ich bin nur froh geweſen, alte Berfuche 
Durch neue beftätigt zufeben, und fühlte mich nicht 
fharffinnig genug, viel neue feibft zu erfinden, 
wie etwa: "Unter ober Ober» Kiefer wegzufchneie | 
den und nachher mid) zu wundern, wenn die Thies 
re fterben.” - Zu befannte und oft wiederholte 
Verſuchef uͤhre ich bier nicht an, wenn ich ſie be⸗ 
Ntätige gefunden habe 


Meine Beobachtungen erfcheinen alfo, als 
Glieder zu einem Körper, ohne Folge ohne Zus 
fammenhang und beynaheohne Oronung. Viel⸗ 
leicht daß ich aus diefen Theilen bey mehrerer 
Muße einmahl ein Ganzes maghe. 


Es iſt ſehr fonderbar, daß ber Salamander 
ſich nur ſtrichweis finder , in einigen Gegenden in 


 Amgäplbarer Menge, in andern gar nicht er 
tref⸗ 


a0 61 
treffen iſt. Ich bin noch nicht im Stand’ gewe⸗ 
fen auszumachen‘, welchen Boden er liebt, doch 


vermuthe ich, daßerfich nicht gern in ganz fum« 
pfigen, moraftigen Leimboden aujhält. 


Die Haut des Salamanders ift allenthal⸗ 
ben mit Söchern und einer Menge Schleimdrüfen 
verſehen; daher er gar eigen zu behandeln ift, weil 
er fehr heftig um ſich fprißt. Aus dem Munde 
Hab ich diefen fpeichelartigen Saft nie anders, 
als nur im Todesfampfe ſchauͤmen gefehen und 
zwar doc) nur zweymahl; einmahl, ohne daß ih - 
einen befondern Grund Davon anzugeben wufte, 
und einmahl bey einem, dem ich einen halben 
Gran Brechweinſtein eingeneben hatte, und der - 
darauf unter den beftigften Zufungen und einem’ 
außerordentlichen Anfchwellen ſtarb. 


Das Haͤuten des Salamanders fcheint mir 
wuͤrcklich beynahe eine regelmäffige Auffonderung 
iu: denn bie Haͤute erfihienen öfterer und dik⸗ 
er, wenn bas Thier ftarf gefreffen hatte, Sie 
ſchlenen mir. baher überhaupt oft die Stelle der, 
- natürlichen Yusleerung zu vertreten, wovon nur 
fehr wenige und fehr felten Spuren in Glafe wa» 
ven. a einer, dem id) Jalappe eingegeben hat⸗ 
te fieng an ſich ſehr ſtark und zu wiederholten 
mablen zu halten. a 


A Eſſig und Salz ſtarben die — 
. Os 


„ 





NN R0o M 


ſoaleich; nur einer, der uͤberhaudt recht zum Maͤr⸗ 
tyrer außerfehen war, blieb eben, ward nachher 
aber aͤuſerſt elend, und da ic) ihn einmahl in bie 
Sonne frgte, um ihn, wie ich Dachte, eine rech⸗ 
te Herzſtaͤrkung zugeben, ftarber. 3 Tropfen Scheia 
dewaffer in ein ziemlid) geräumiges Glaß Waſſer 
gedoßen, tödteten das darin befindliche Thier ſo⸗ 
glei). 105 — 


Meinen Salamanhern war die Hltze uͤber⸗ 
Haupt unerträglicher, als die Kälte; fie waren 
immer unruhig im Sonnenſchein, und krochen 
dem Schatten zu. Die Jungen ftarben ſaͤmtlich in 
kurtzer Zeit, fobald ic) fie der Sonnenwaͤrme aus⸗ 
ſe ter. Auf dem Dfen überlebten fie 160, Fahrh. 
nicht. 


Kaͤlte ertrugen ſie in einem fehr hohen Gras 
be. Dreye ließ ich völlig einfrieren; einer farb 
eine Furge Zeit nach) dem Aufthauen, und zweye 
blieben feben, Jener war ein dem obenangeführe 
ten ähnlicher Huß, der allen Verſuchen trogte, und 
gab hier einen fehr ftarfen Beweiß, wie zähe das 
Leben feiner Bruͤder ift. 


Ich Hatte ihm das Herz vorher ausgeſchnit⸗ 
een, und den Bauch wieder zugenähet, um das 
Eindringen des Waffers zu verhüfen. Er übers 
ſtand demohnerachtet den Froft würdlih, und 
gab doch nachheneinige Spuren des Lebens von fh. 


Einer 


U © — 63 


Einen ließ ich in Waſſer mit hochrektifizirten 
Weingeifl gemiſcht — alſo in 70, sah —— 
er kam davon. — 


Einen andern' ſetzte ich mic feinem Glaſe in 
eine Mifchung des Eiſes mit -Salpergeifte, und 
bedekte es bis an ben Rand damit, Dieſer ftarb 
aber bey dem Berfuch>, ! 


Ob ich gleich den Salamander nicht * 
fingen hören, wie Urſinus, fo iſt er doch nicht 
ffumm, wie Blumenbach glaubt, fondern hat als 
lervings einen Ton. Einer gab in Kindesnörhen 
einen Laut von fih; eiu Beweiß dünft mich, vaß 
bier auch verbotene Aepfel zu effen gemwefen find; 
und einer, der auf dem Ofen verborrers, 
* 


Au? 


‚Die anbern ftarben als wahre Helten.  - 

Ein einzigesmahl biß mich ein Salaman⸗ 
der in den Finger, indem ic) ihm einen Regenwurm 
wegſchob, und dies geſchahe noch Dazu im Zorne, 
da ic) dadurch, daß ich ihm den Wurm immer 
wieder wegzog, wenn er Darnad) ſchnappte, ver, 
ſuchen wolte, ob er! außer der Siebe noch andere 
‚geibenfchaften hätte, Indeß war der Biß ohne 
wet Folgen. 


Er gebtert ſowohl lebendige * als auch 
in kleine durchſichtige Blaͤſgen — bie 
man. u Noch Ever nennen/fan. 


Bl 


64 Ben Wr. 
Blumenbach fa einen nach einen 5 monat. 
lichen Konzeption gebäbren; einer von meinen 


gebahr, nachdem ic) ihn einzeln 4. Monate im 
Glaſe gehabt hatte: 


Ich habe fie nie ſich begarten fehen koͤnnen; 
Von einem Salamander befam id) innerhalb 3 - 
Tagen 65 Junge, an denen die Füße kaum ſicht⸗ 
bar und Fioſſenaͤhnlich waren. Sie jagten ſich 
fehr fehnell im Waffer umher , und dies Element 
fehien ihre Wiege fennzumüffen. Sie ftarben in 
einem Slafe vonder Mutter abgefondert alle in eis 
nem Tage aus. Die, welche ich bey der Mutter ließ, 
lebten beynahe fieben Wochen ohne doch an Größe 
im geringften merklich zuzunehmien. 


Eine eben gebaͤhrende ſchnitt' ich auf, und 
Fand in ihr vier ſchon lebende Junge, ſiebzehn 
ziemlich große Eyer, und noch eine unzaͤhlbahre 
Menge Eleiner. 

Die Salamander fönnen befantlich erſtaunend 
fange Hunger ertragen und freffen ziemlich ſchwer. 
Doc) fraßen einige von meinen ganze Regenwuͤr 
mer, aber nie zerftüdkte, 


Unter der $uftpumpe über lebte Fein Sala⸗ 
mander den driften Tag, in phlogiftifcher Luft nicht 
die vierte, und in der firen nicht die dritten Stuns 
de; doch hatt ich niche Thiere genug, um on 

x hin⸗ 


ef 6 
Binlängliche Menge von Verſuchen anzuftellen. 


* 


Sch nahm mir fogar die Mühe, taͤglich eia 
ne Glocke mit dephlogiftifircer Luft zu füllen, um 
ihre Würfung auf den Salamander zu ſehen. 
Der Salamander war in der That lebhafter darin, 
fund fraß, da er vorher nichts hatte freffen wollen. 


“ i Doc) ledte er nicht länger als 12 Tage; ich 
glaube daher, daß es ihm wie einem; Sichte in der 
- dephlogiftifirten Luft gieng, er lebte ſchneller. 


9 Menn ich einen Salamander auch nur eine 
Eurze Zeit in der dephlogiftifchen Luft arhmen ließ, 
und ihn fogleich darauf oͤffnete; fand id) Das arte⸗ 
riöfe Blut immer etwas heller gefärbt, als das 
venofe; welches befanntlich bey diefen Thieren 
gewöhnlich nie, und allerhöchftens nur bey Schild« 
kroͤten der Fall ift. Doch auch hier nic)e immer, 
denn bey einer gandfchildfröte, bie ich vor “einem 
Jahre zu öffnen Gelegenheit hatte, war der Un« 
terſchied in Abficht der Roͤthe hoͤchſt unberrächtlichz 
ic) glaube fogar, daß ich ‚gar feinen wahrgenome' 
men haben würde, wenn ic) diefe Meinung nicht 


vorgefaſt haͤtte.] 
Dao ich eiamahl ſehr viele Verſuche in dem 
kleinen Zimmer in welchem meine Salamander 
ſtanden, mit dephlogiſtiſcher Luft gemacht Hatte, 
und nashherreiniges —— ſo fand fi 


das 


66 A 0, 


Das arferiöfe Blut aud) um einen großen Theil 
roͤther, als das venöfe. 


Sc, glaubte das Blut nach dem Einathmen 
ehlogiftifcher Luft beträchtlich dunkler als ges 
wöhnlich zu finden; es war indeß wenig Unter⸗ 
fhied. Doc) fam dies wahrfcheinlich daher, dag 
ich fie nicht unmittelbar in phlogiftifcher Luft öffnen 
fonnte, und das Zimmer nicht fo fehr mit phlos 
giftifieter $uft angefuͤllt war, wie bey dem obigen 
Berfuche: 


Mir fchien es, als wenn die Salamander un⸗ 
ter ber $uftpumpe ineiner ftarfen Verdünnung bes 
traͤchtlich Fleiner würden und- zufammenfchrumpfe 
ten: 


Der Geruch von dem Salamander ift fehr 
- ftark. Wenn ic) mic) in dem fleinen Raume, 
‚worin die meinigen ftanden, zu lange aufhielt, 
Eonne ic) ficher auf Uebelkeiten und Kopfichmerzen 
rechnen. Zweymahl befam ich fogar Nafenblu« 
ten. 
Gm Frühjahr mar er flärfer, und beim Weib⸗ 
eben ftärfer, als beym Männchen: EN 
Einen Salamander ſchnitt ich ein Fleckchen 
aus der Haut, und feßte ihm: dafür eins aus der 
Haut der Sumpfeydere ein. Ich wickelte es feſt, 
und nach 79. Wochen war es eingewachſen⸗ 
Wr 


Ich 


U 0 ů— 67 

Ich verfuchte fogar die Augen zwiſchen ben: 

den umzumechfeln, und feßte einer Sumpfendere 

das. Auge eines Salamanders von einer ziemlich 

gleichen Größe ein, und umgekehrt; beyde ftarben 

aber nad) ver Operation, vielleicht aus aud) ande⸗ 
ten Urfachen. / 





* IV. 
H. P. Boddaert von den zum thieriſchen 
- Leben noͤthigen Theilen bey verſchie⸗ 
denen Thieren. 


Von dem beben des thieriſchen Körpers, 
dieſer fo kuͤnſtlichen Zufammenf-gung einer Menge 
auf einander würkender Kräfte ift offenbahr die 
nächfte Urſach: das Klopfen des Hetzens, 
ünd der Schlagadern, und deren Wuͤrkung, der 

- Umlauf des Slutes. Aber diefer Blutumlauf 
fonnte unmöglich für fid) beftehen, und ohne die 
Huͤlfsmittel, die das Blue in demfelben. Gras 
de der Wärme, der Menge, der Flüͤſſigkeit erhiel- 
N 
>, Daraus entftanden die Einrichtungen der 
Vorſicht, das Blut durch das Athemholen ju 
reinigen und zu erfeifchen, dann feinen Verluͤſt 
durch) die Ernaͤhrung 5 erfegen, und dadurch 
* 2 eß 





® 


#, 


68 Mo 


es in einer Mifchung zuerhalten, in der eg fuͤr! den 
Koͤrper am zutraͤglichſten wird. 


Dieſe Verbindung von. Gefäßen, $ungen, 
und Theilen zur Ernährung, fo vollfommen ſie aud) 
an fich felbft feyn mag, bedurfte doch noch eines 
Triebrades, wodurch es in die Bewegung: gefeßt 
wurde, welche den hatafteriftifchen Unterfchied zwi⸗ 
ſchen der thieriſchen und der vegetirenden Schoͤp⸗ 
fung macht. 


Und dies war die Wuͤrkung der Nerven, 
and vorzuͤglich der Nerven des Ruͤkenmarkes. 


Ganz anders und weit einfacher noch find die 
Werkzeuge des vegetivenden, Lebens. : Die Pflans 
en ernäßren fich ganz allein vom Auffteigen der 
Feuchriofeiten, die beftändig durch. Die aufſau⸗ 
genden Wurzelgefäße erneuert werden; fie bedür« 
fen weder bes Umlaufes, noch der Nerven, und die 
Blaͤtter duͤnſten die überflüfjigen Feuchtigkeiten 
weg, während ihre unteren Seiten Luft und. Thau 
einſaugen *. Hieraus ergiebt fich der außerors 
dentliche Unterſchied zwiſchen den verwickelten 
Einrichtungen zumſ thieriſchen, und den einfa⸗ 
chen zum vegetirenden geben, 
Ele 
'*.'®=, ©, Hales Groeyende Weegkunde p. 273. 
"unter CXXIL und Bonnet Viages des Feuilles,; 
‚ Mem: T; * 


Rn. > 69 


Eines Trembleys, Ellis, Baſters, 
Donatis, Pallas nnd Linnes Entdeckungen 
ſind wir die Kenntniß der Geſchoͤpfe ſchuldig die 
zwiſchen den Thieren und Pflanzen in der Mitte 
ſtehen/ der Thierpflanzen, die von beider Natur 
etwas haben, wie ung Pallae ganz deuͤtlich ge⸗ 


zeigt hat. *R 


Betrachten wir die Reihe der Thiere von dem 
Menfchen bis auf die Pflanzenthiereherad, fo trefs 
fen wir hier im thieriſchen geben’ und den daraus 
entſtehenden Bervegungen bie auffallendften Ber 
BUN v an, 


Wie groß ift der Unterſchied niche zroifchen 
bem Leben eines vierfüffigen Thieres und dem traͤ⸗ 
gen und unthaͤtigen des Polypen, die Ellis in 
ben Schwaͤmmen gefunden hat, oder gar der 
Gattung in Schloſſers Seeſchaum (Acyonium 
Schlofleri) * in denen das thieriſche geben zu 
N fheint? — 


"Der Gebanfe des Hr. Roos ———— in 
ber That nicht ganz unwahrſcheinlich vor; daß alle die 
Heinen Thiergattungen welche Das bewaffnete Auge 

E3 N, 

( #* Elenchus Zoophyt, pag, I 
a, ‚Ebendaf. ©, 355, — 
de Mund. invif, in Amoenit, wenden, 


Vol. VIL, 


79 Ic ar ur > 


nur entdeckt, ganz aus einem marfartigen Stofs 
fe beſtehen und daß diefes bloß Mervenftoff fey. 
Daß ſie Gefuͤhl fuͤr das Licht haben, welches wir doch 
bloß für Würfung der Nerven halten, hat Trem« 
bley bey den Polypen, *** und Baker bey den 
Federbuſchpolypen **** gefehen. Sie verftecken 
fit, auch ſogleich bey der mindeften Bewegung 
des Waſſers. Alle diefe Eigenfchaften Fommen 
gleichfals den Pflanzen zu; So folge die Sonnen- 
biume (Heliotropium) der Sonne in ihrem 
$aufe; fo fchlieffen ſich verfchiedene Blumen des 
Abends und öffnen ſich wieder, mit dem Aufgang 
der Sonne, und das Zufammenziehen des: Poly⸗ 
pen hat mit den Schlieffen der Blätter bey verſchie⸗ 
denen Mimofenarten. 5. B. der Cafta pudica, 
ungemein viel ähnliches. 


Bey den verfchiedenen Gattungen der Pflans 
zen ſowohl als der Thiere ſind auch die Theile, 
welche zur Erhaltung des Lebens dienen, verſchie⸗ 
den, ob fiegleich alle zufanmen das Mark haben. 
Wenn ic) gleich den Pflanzen das Nervenſyſtem 
gänzlich abgeleugnet habe , welches fie aud) in der 
That nicht befisen, fo muß man doch allerdings 
einräumen, ‚daß fie eine Art, von Mark, welches 
mitten durch die Pflanze hindurchgehet, und m 

- Ba dur 


;#: Mem, pourferviral*Hift. des Polyp.p.ır, 
*=#e: Nuttig gebruik van het Microfcoop, 
P- 320. An: 


0 ⸗J — 


durch die Aeſte verbreitet/ haben ; So viele Folgerun⸗ 
‚gen ih aus dieſem Marke ver Pflanzen herleiten 
koͤnte, fo übergeb id) doch hier das Pflanzenleben 
ganz, weil meine Abficht jege allein dahin gehet, 
‚die Verfchiedenheiten in der zur Erhaltung des Le⸗ 
bens nothwendigen TIheilen imtbierifchen Körper 
anzuzeigen, und den Grundfaß zu beweifen, daß 
die Thiere, welche das meifte Leben d. h. mans 
_ nichfaltigere Bewegungen und Triebe haben, auch 
thätiger und bißiger find, und einen ungebundes 
nern Bau haben; daß dies ftufenweis abnimmt, 
bir endlich bey dem. einfach ten Pflangenthiere auf⸗ 
hoͤrt. 


Ich bin bey dieſer Abhandlung Sinnes Orb» 
nung gefolge und befchäftige mich zuerft mit dem 
vierfüffigen Thieren, dann mit den Vögeln, Am⸗ 
phibien, Zifchen, Juſekten Wuͤrmern ohne Schaa⸗ 
le, und endlich mit den Pflanzenthieren. Ich habe 
die Schnecken und Muſchein uͤbergangen, weil 
ihre Bewohner nackte Wuͤrmer Ian und alfe zu 
jener Klaſſe gehoͤren 


Ich Habe auch bloß die zum Leben ganz un⸗ 
umgaͤnglich nothwendigen Theile behandelt, ohne 
mich in eine weitere Unterſuchung ihres Rn 
einzulaßen. 


Diefe Theile find das Herz, die Lunge, 


die Eingeweide und das Gehirn. Das Blut 
E4 wird 


72 A ° se 


wird vom erſten in Bewegung geſetzt, vom 'zwei. 
‚ten gereinigt, von dem dritten gemacht, und das 
vierte belebt alle» die andern vreye zufammen. 


3 4 l, . 
Der Blutumfauf 


Das Herz ift der enfte und vornehmſte Theil 
der Werkzeuge. Es ift ein hehler Muffel, der 
durch ſeine Erweiterung und fein Zufammenziehen 
das Blut aufnimme und wieder fortjagt. Jedes 
Thier daher,das Schlag und Blutadern hat, ift auch 
mit einem Hertzen verfehen ; dies beftätigr fich als 
lenthalben, ſowohl bey vierfüffigen Thieren, als 
bey Bögeln, bey Fifchen, Amphibien, Juſekten 
ja fogar bey einigen Thieren in Pflanzens Theilen, 
welche dem bewafneten Auge allein fichtbar find, 
Doch Haben Trembley, Donner, Baker, 
Zllis ,-Pallas, und Baſter im ganzen zahl⸗ 
reichen Polypengeſchlecht nichts von einem Herzen 
wahrgenommen, 


Da es «eine alfgemein. bekannte Wahrheit 
iſt, daß der thierifche Cörper aus feſten und 
flüffigen auf einander würfenden Theilen beſtehet, 
und dies felbit bey Polypen ftatt findet, fo folge 
anz natuͤrlich hieraus, daß die Feuchtigkeiten 
or den Pflanzen» Thieren fo in Bewegung. gefegt; 
j wer⸗ 


a0 „2 
werben, als die Säfte in ben Pflanzen. = 


Bey mehreren Verfuchen, da ih Suͤßwa⸗ 
Ber Polppen unter das Sonnenmiftoffop brachte, 
richtete ich vorzüglich meine Aufmerkſamkeit auf 
bie herabgehenden durchfichtigen Gefäße in den Ara 
men, die ausgebreitet 35. Pariſiſche Zoll lang 
und 3 Zoff di waren; von diefen Gefäßen wa⸗ 
ten immer zwey und zwey zuſammen, einander 
gleich, und liefen aber in einer Spitze zuſammen 
das oben erwaͤhnte koͤnnte ſtatt eines neuen Beweiſes 


fuͤr die pflanzenartige Natur der Thierpflanzen, und 


den gänzlichen Mangeleines Umlaufes ihrer Feuch⸗ 
tigkeiten dienen, auch ſagt der groͤſte Zerglie⸗ 
derer, den die Welt gehabt hat; in univerſum ejus 
modi organon (cor) non videtur defiderari, 


quoties animal unum —— aueh 


aumell.* ©. 
„Das Herz ſcheint nice durdaus nötig gu 


feyn, fo ‚bald das. Thier ‚ganz ollein MB einem 


einzigen Darme befteber. „— 


Bey den Thieren, welche Herzen * = 
find fie doch nicht von einerley Bildung ſelbſt 
nicht einmahl bey den Thieren einer" und derfel« 
ben Klaſſe. So hat die weftindifche Ratte 
(cavialin) ein beynabe rundes Her; ** auch 

‘ Ez' der 
“* 5 Elem, Phyfiolog, 1. Lib, IV, pag. 
29 

* Buffon Hift, Nat, ‚Tom xvi. Pag: 22. 
undın, | 


——— A 0 


der gel + und. Die Waldmaus; bey bem 
Manlwurfe aber iſt es wie ein verlängerter Ke⸗ 
gel. +t In dem Coati. (urfus lotor) hat jede 
Kammer des Herzens _ eine Spiße, und daher 
ſcheint das Herz zwey Spitzen zu haben, * 


Bey den Thieren, welche gerade aufftehen« 
de Hörner haben, findet man nad) des Heren Daus 
benton Bemerfung im Hertzen zwey Fieine Kno⸗ 
chen, wie bepdem Ochſen, dem Hirſch, Damme 
hirſch und Keh, u. ſ w. 


"Ben den Vögeln iſt, fo tief meine Hua 
fuchungen geben Eonnten, das Herz mehrentheils 
dreyeckigt. Doc iſt man in der Zergliederung 
diefer Thierenod) erſtaunend weit zurück. 


Auch finden fich ‚bey ben Fiſchen niche we⸗ 
niger Verfchiedenheiten in Abſicht ver Form des 
Herzens, als bey den vierfüffigen Thieren; bey- 
dem Karpen ift es halbrund, halb platt. In 
der Maeraͤſche (mugil Linn) hat es die Geftale 
einer dreyeckigten Pyramide, in der Makrele 
äft es viereckigt ** und, bat nur ein PR und eine 
SER: 
In 
T Ebenb. pag. 65. 
— pag. ı22, Tab, XIII. he 4 5: 
—1 
* Ebend. Tom. XVII. nu 218. 
»* Gouan Hift. Pifc, p. 90. Teb. IV. litt, As 
== Artedi, Ichtiol, Part. U, pag: 14: $: 58. 


A 0 = 75 


In den Friechenden Amphibien, it das 
Herz ganz außerordentlich lang, wie ich de) 
einigen Schlangen bemerft habe. 


Ben den Raupen ift das Herz po lang als 
ber ‚ganze Eörper, *#* 


Ben der Seemaus (Aphrodite aculeata 
Linn) fand Hr. Dallas gar fein Herz, aber er 
feh, daß das Gefäßfnftem aus den Eingemeiden 
In einem großen Gefäße zufammen fam, und dag 

Blue aus ihm in alle Theile des Cörpers vertheilt 
wurde, daher ſo wenig hier, als in der WMeeraß⸗ 
el ein Blutumlauf flatt findet ***, Im Sees 

baafen (Laplyfia Linn ) ift das Herz ein aufges 
rolltes Haͤutchen, das unten und oben eine Defnung 
hat, aus welchem ein Gefäß vorkommt, das ſich 
nachher in Seitenaͤſte vertheilt. *****, In ber, 
othen Meerſchnecke fand Hr. Bobadfih we⸗ 
der Herz noch Sungen + fo auch Hr. Heſſenen 

nich in der Purpurſchnecke tt. fi 
sn 


### Lyonnet Traite anat. de la chen; page: 
104: Tab, IV. fig. IV. pag, 412. — Tab, Xlle. 
fig. 1. - Zwammerdam Byb. der Nat. Tom. 
1. p. 255. Tab, XV, fig. I. litt, xX - Tab, 

"XXXIV, fig. 6, 
ur Pllas Mifcell, Zool. pag. 89, Tab. 
- VI. fig. II, litt, e. 

"iet#® Bohadfch de Anim, marin, pag, 36. 
Tab. IV, fig. 17. 19. 

*+ daf. p. 92. Tab. V. 

tt Philofeph —— Vol,L, ann, 1758; 


/ 


DE SER 2 
In der Schneke ift das Herz bienförmig 


| mie einen Dhre und einer Kammer, und aus:der 
unterſten Spiße derfelben kommt die — Schlag⸗ 
aber — ttt | 


Das Herz dee —— hat die 
j Da, eines Hufeiſens oder eines A Bier 
eis, * 


: Die Schlagaber an der linken Kammer bes 
AR ift eben fo in ver Anzahl der. Aefte ver« 
chleden, die fie abgiebt; ‚bey den meiften vier. 

fülfigen Thieren iſt es'nur einer bey Aigen find. u 

ger zwey, bey noch anberen brey ** 


Su den Sifchen ift die große Shlegebe 
am Herzen enge, wird nachher weiter, und wie⸗ 
Ber enge und gehet dann in der Geſtalt eines ums 

jefehrren Regels zu ven Kiefen, und giebt eine 
weig dem Beinrande ab, welcher längft der Ba⸗ 
ſis hinlauft, und ſich in neue Zweige vertheilt, 
die ſich laͤngſt den Kiefendeckeln verbreiten und 
unter ihnen verſchwinden. Auf dem Rande eines 
jeden Kiefendeckels liegt eine Ader, die uͤber den 
knoͤchernen Rand hinlaͤuft, und ſich in einen Stamm 
er⸗ 


Hr N Byb, der Nat, pag. 119, 
Tab. I 
5 Nuttig Gebruik van het Microfcoop, bl. 
988 Plaat X], fig. 5. lie, 8. 

%* Buffon Hiftor Nat, ‚auf mehreren Tafeln, 


Uno Ei, 


vereinigt, ‚ber längft dem Ruͤckgrabe fort Täufe, 
an die Stelle ver herabgehenden Schlagadern tritt, 
und fein Blut in alle Theile des Körpers führe, 
Diefe Adern endigen ſich mit dem andern Ende, 
das in der Nähe von dem Anfang der Fnorpelich« 
ten Ränder liegt, in einen anderen Stamm, ber 
fid) in das Behaͤltniß das du Verney ergieft ***, 


Bey den fliegenden Vögeln iſt der Eins 
gang in die Hohlader mie einer Klappe geſchloßen 
welches in den andern Vögeln, die nicht fliegen 
fönnen, nicht ſtatt zu finven ſcheint, und 
in vielen Voͤgeln giebt die große Schlagader drey 
— sn F 

Bey den Schlangen liegt das Herz untet 
den fungen, und hat nach den Hrn. Robieville, 
und Salerne zwey Kammern und. zwey Ohren +5 
au) haben, nach der Unterfuchung des Hr. Mery 
== Die Landfchieldfröten zwey Kammern un® 
zwey Ohreen im Herzen, und daſſelbe hat Hr. Haſ⸗ 
ſelquiſt am Rrokodil geſehen =, ie 


Schon 


”=% Artedi Ichtyol, II, pag. 25-26, Gouan 
NHiſt. Pifc, pag. 91. Tab. XL fig, 4. Litt, c. d. 
* Valenti Amphit. Zool, pag 30, und 43. 

* Hiftnat. des Anim. Tom II, part x: pag. 17. 
*= Mem. de Y; Acad. des Sciences. | 1704. 
an, Haſſelquiſt Reifen nach Palaͤſtina. „IT, 

€ ur? A * N Aria 


78 Ic ı a Zu 2 


Schon der Nitter Linne hat es als ein. 
Kennzeichen der Kaffe angegeben, daß fie ein 
Herz mit einem Ohre und einer Kammer haben *. 


Das ganze Gefäßfnften der Raupen bes 
fteht aanz allein aus dem Herzen, und hat nichts 
von Blut>oder ſonſt Flüffigkeiten führenden Seis 
ten» Gefäßen, da alle die Seiten; gefäße, die 
man in Lyonnets unvergleichlidien Abbildun« 
gen findet, nach feiner Angabe nur Merven 
find, Eau 

Daſſelbe einfache Syſtem von einer eins 
gigen Ader ohne abgehende Aeſte hab ic) in der 
Weerſchneke des Hr. Bohadſch gefehen, auch) 
hat Swarnmerdam in den Bewürmen das 
Herz einem langen hohlen Kanal ohne Zweige *** 
gleich gefeben, fo daß ich mit Hr. Lyonnet 
jiveifelen möchte, ob die Gemürme ein Herz 
haben. | ; 

Das Räderebier, Schüppentbier ünd 
ändere Daftard » polypen haben ein Herz, 
über Feine Gefaͤße, die feibft nicht einmahl durch) 
das-Sonnenmifroffop ſichtbar werden; & 

So 


*Syſt. natur. ed XII. pag: 19. Cor uni- 
 loculare in auritum. Auch Brifſon Regn; anim; 
pag. 4- (ed Paris); 
., ##® Lyonnet Traits anatom. de la chen, pag, 
414. uf. J * 
ss Zwammerdain Byb, def Nat; Tab; XIX. 


% 


Ne 9 


So ſehen wir alfo in offen Thieren ein Sen, | 
bas aber bis auf die Pflanzenthiere ‚herab, die 
feines haben, am — immer *— 
nimt. 


Die Ampbibien, welche — Herz» Kam⸗ 
mern und zwey Ohren haben, ſind auch mit Luin⸗ 
gen verſehen; doch nach Merys, Redis und an⸗ 
derer Wahrnehmungen wird das Blut zuerſt in 
die Kammern gebracht, und die Ohren ſcheinen 
nur allein zur Aufnahme des überflüffgen be« 
flimmt zu feyn; die rechte Kammer erhält das 
Blut aus der Hohlader, die linke aus der Lungen⸗ 
Blutader, (venapulmonalis) und das Blut wird 
durch die Lungenader zum Theil durch den ganzen 
Körper verbreitet, zum Theil wieder in die rechte 
Kammer aurhefgeführet 


\ Ich ſah das Blut bey den Sifchen aus: 
der großen Schlagader zu den Kiefen gehen, und 
durch das Aderſyſtem in alle Theile des Koͤr⸗ 
pers fortgebracht werden. 


Den den Würmern ſieht man ‚einen KRöra 
per, der durch feine Bewegungen etwas ähnlis 
ches mit dem Herzen hat, ‚aber nichts, was ‚den 
Dlurgefäßen einigermaßen gliche. 


Ben einigen weichen Gewuͤrmern fin⸗ 
det man ein ſehr einfaches Herz, ohne Kams 
mern un Öbten und nur mit einem einzigen Gefäße: 


Ben 


80 Ä o S 
Bey den Seemäufen urd Taufendfüffen, 
kann man das Gefaͤßſyſten für feinen Blutsums | 
lauf halten, denn.es ift fo einfach), dag es nahe 
an die Aflangen graͤnzt. 
3 — 


I. 
Bon dem Athemhohlen. 





Ben, der Betrachtung des inneren Baues 
der vierfuͤſſigen Thiere bemerken wir, daß 
zroifchen der linfen und rechten Herzkammer das 
Lungenfaͤßſyſtem liegt ; und das Blut, welches aus 
bem rechten Ohre des Herjens kommt, wird 
durch eine Defnung in bie &ungenfchlagader ges, 
trieben, welche fich mit zwey Aeſte in die Lunge 
vertheilt. Aus det linfen Herzkammer fommen 
vier Stämme ‚ welche ſich in die Jungen verbrei⸗ 
ten... Wenn das Blut aus den Lungen wieder 
berausfommt, fo flieft es durch die vier ‚sungen 
biutadern in das linke Herzohr, dann in. die 
Unke Rammer, aus der es fic) in die Aorta oder 
in die große Schlagader ergieſt. Alſo gehe 
das Blue in feinem Umlaufe durch die Lungen, 
bie wie nun jezt näher betrachten wollen, 


Den dem Menſchen, Orang Outang * 
den 


J se Buffon Hiſt. nat, Tom. XXVIII. pas · 106. 


) 
x 


0 # sı 
den Choras oder Maimon ** (SilenusLinn.) dem 
Makako *** (cynocephalusLinn.) fiegen die 


$ungen rund herum vom Rippenfelle umgeben, 
und füllen die Höhle auf das allergenaueſte aust. 


Bey den meiften anderen Thieren beftehen die 
$ungen aus mehr als zwey Theilen, und füllen 
bey diefen nicht nur die Bruft an, fondern ihr 
unterftes Anhaͤngſel kruͤmmt fich Hinter ber. Hohl⸗ 
ader herab. 


In dem Wolfe, hunde, Suchfe, Tiger, 
Loͤwe, der Wiefel und Zibethkatze hat Hr. 
Penerus und die franzöfifchen Zergliederer fie in 
achte Stücken zertheilt gefunden. Hr. Daubenton 
. aber nur in fechs tt. . 


Behy ber Gaselle, (dorcas) dem Rich» 
born und Biber findet man fehs; beym Igel 
jehn; dem Elephant zwey: wie auch bey dem 
Dromedar,Darder, Seehund und dem Schup⸗ 
penthier. 


"+ Ghendaf. pag 248. 
“= Ebendaſ. Tom XXIX. pag. 13, Tab, 
22. 
* Haller Elem, Phyfiol. Tom. III. pag, 
129, 4 
““ Buffen Hift, nat, Tom. X, und XVIT, 
N Die 


8. F ar de, 


Die Voͤgel Haben eine Lunge mit wellen” 
fermia aus geſchnitt nen Rändern und von einem 
ſehr ſonderbaren Baue. 


Die Amp bibien, die Regren und Siree 
mit geichloffenen Kiefen ‚ haben zwey ſehr ein⸗ 
fache Kiefen. * ' 


Die eigentlichen Sifche Gab gar, feine 
Lungen, ſondern Kiefen,/ deren wunderbaren 
Bau wir nachher unter ſuchen wellen. 


Zwiſchen den Amphlbien und den Fiſchen 
ſteht die Fiſcheydexe (Sıren Lina) in der Mits 
‘te, bie Jungen und Fiefen hat, welche — 
des Körpers liegen. * 


Bey den unbedechten een fies 
gen bie Zungen auf dem Ruͤcken bey den Einges 
“ weiden, wie im Sreehasfen (Lap! yfia Linn ) 
*eoder bey dem Hintern wie in der Doris (doris 
‘Linn. ) * 


By 


* Memoir, adopt, anat. da camelon — Cha- 
zas dela Vilione, pag. 40. Tab. I, fig. e,c, — 
Sehr Il, D. Tab,. 116. hg, 2: 3. 

"= Lion, Amoen, acad. Tom, VII differt, de 
— 

ww Bohadfch deanım, marin. pag. It, Tab. 
3.4 öf 6, Litt, k. 

Ebendaf, pag. 69, Tab, 5, fig, 4, Litt, 


ATEM 


a0 MR 33 

Bey den eigentlichen Wuͤrmern giebts 

gar keinen Koͤrper, der Die Lungen ausmachte, 
ſondern offne Luftloͤcher, die ſich innen durch 


den ganzen Koͤrper verbreiten, was wir nachher 
bey ihrer Beſchreibung auseinanderſetzen wollen. 


Das Lungenſt yftem der vierfüffigen Thiere 
beſteht zuerſt in einem langen Gefäße, das vorm 
Enorpelartig » iſt, und die Luftroͤhre Heft; dieſe 
theilt ſich in zwey Aerme, von Denen jeder in ei⸗ 
nen Lappen der Lungen gehet, und ſich in unend⸗ 
lich kleine Aeſte zertheilt, die ſich in eine Art klei⸗ 
ner r Blaͤſgen endigen. 


Die Mftroͤhre beſteht aus kuorpelichten 
en welche bey vielen vierfüfligen Thieren 
hinten fleifchldje ſurd; bey den reiſſenden ift dies 
fleifchichte ſehr unbeträchelich 3.08. bey den: Loͤ⸗ 
wen, Dären, der Rage u. fe w; aber auch 
dey einigen wiederkaͤuenden. 


Ben ben Voͤgeln iſt dies Syſtem und bie. 
Form ber Lunge von der anderer Thlere ſehr ver⸗ 
fihieden. Sie unterfcheider fi nad) Maafga- 
beder Stimme und Lebensart. **** Die fun 
gen ſelbſt beſtehen aus einem fluͤffigen Stoffe, wel⸗ 

Fe cher 
“©, Collect, acad, VII. peg. 293- 296. 
Tab. XIK- Vzlentini Theatr, Zoot- Herri- 
fant Mem del’ Ac.des fc. 1753. p. 406: Tab. 
XIl.tedit Amft,) Haller Elem, —— IM. p. 24 
149 . 


34 A o M 


her an der Bruſt feſthaͤngt; das obere Enbe je. 
bes fappers hat ein ober zwey fehr meite Oef⸗ 
nungen, durch welche die Luft in ben Leib der Wös 
gel gebet, * welches vorzüglich bey dem ſuri⸗ 
namifchen Trompeter »Dogel (Plophia Linn.) 


dir Fall iſt. Beer 


Die Ampbibien haben zwey ſehr einfache 
$ungen. Bartholin fand in einer» Schlange * 
die Luftröhre aus halben Zirkeln beftehend, wie 
auch) Hr. von Haller gefunden hat. ** ch felbit 
habe dies in einer LTatrer ( Typhlus Linn.) ges 
funden; die Sunge felbft war ſchon in Faͤnniß üs 
bergegangen, und daher nichts daran zu fehen. 
Redi fand in einer zmen» Föpfigten Schlange 
zwey $uftröhren, und zwey $ungen, *** m 
Krokodille fand Hr. Haffeleuift die Luftroͤhre 
ganz knorpelicht und ſich in zwey fungeri endigen.* 


In der Schildkroͤte iſt die Luftroͤhre ganz 
knorpelicht, und laͤuft nicht gerade, ſondern 
deugt ſich vorher um, und gebt dann wieder ge⸗ 

- ra⸗ 


re Willis de anim. brut. Part. I. cap, 3- 
r⸗ois Voſmaer Befchryving. van den Trom- 
patter. - vogel, - Pailas Mifcell, Zooi, pag. 71, 
Pallas Spicileg, Zoolog. IV Tab, IL, 
* Acta Hafnief. 1677. p. 100, 
%* Haller Elem. Phyf. Tom I], pag. 145 
s#@ Collect. acad. VI. pag.465. \ 
*Haſſelquiſt Reife nach Palaͤſtina. 2. th, 


A 0 se 


trade zu den fungen fort **. Sjm Srofche find die 
Ringe der $uftröpre von hinten fleifchicht, und bie 
eh beitehen aus bloßen kleinen DBläfgen, 


‚Die Fiſcheydexe (Siren Larert. ) »* hat 
inwendig flüffige Jungen, und nach auffen als Ries 
fen —— * Kiefondeckel mit drey ae 
gen ** | 


Die fhwimmenden Ampbibien haben 
dungen und Kiefen. 


Die Neunauge hat wellfommenere Sungen - 
als bie anderen , und firben lungenaͤhnliche KRör« 
per nad) außen bin; jeber von biefen hat feine Defe 

nung nach innen, bie durch eine fchiefliegende Roͤh⸗ 
re mit der äuferen Oefnung i in Verbindung ſtehet. 
Jede funge iſt durch einen runden, rothen TOR 
von der anderen abgefondert. * 


Bey ben Roggen kommen bie auſſern kuft 
löcher mit den inneren weit größeren überein; Dies 
fe find mit eben fo vielen blaͤtterigen Körpern 
53 voer⸗ 


Colleo. atad VI. pag.. 294% 21 

1 ——— de, pulmonibus, paß. 328. Tab, 
Mu. ‚se. 1.D, E, 

en. weiß wie zweifelhaft, überhaupt noch 
‚bie Exiſtenz diefed Thieres iſt. 
AX er Amoenitas. ac.d« vol, Vill, Dik.de ‚iren. 
— Artedi defcript, Spec, ‚Pife, ‚Pag. 161, 

. 20, 


⸗ 


86 x PK 3 


verbunden A welche die Stelle der. Sungen vertre⸗ 
ten. ** Auch hat Gardon in Carolina die 
Werkzeuge bes Athemhohlens bey dem Stachel | 
bauch, Igelfiſch, Rofferfiſch und Horn⸗ 
fiſch unterſucht, und bey ihnen außerlic) Kiefen 


* 


And inzerlih Lungen gefunden, “ 


Die eigentlich fo genannten Sifche, welche 
die Fiſcheydexe mit den Amphibien verbindet, haben 
anſtatt der Lungen: Kiefen, welche an ihrer er- 
habenen Seite geblättert oder gefiedert ſind, wie 
eine Schreibfeder, und jedes Federchen beſteht 
aus zwey Platten, die mit einem Haͤutchen an den 


knochichten Rand befeſtigt ſi ind. 


ik 


Alle Bewürme haben äußerlich Sufelcher, 
di⸗ * den Raupen und Puppen ſehr ſichtbar 
doch in ihren Zuſtande der Vollkommenheit ſchwer⸗ 
ch zu finden find. Aus dieſen Luftloͤchern laufen 
Röhren innerhalb des Körpers, die aus sen 
$uffröhren kommen, welche in den Kaupen längft 
den Seiten binlaufen und in ben Kopf, die Ein« 
geweibe, und den Ruͤcken Zweige abgeben. ** 


A —— des De oͤfnet und ver⸗ 
ſchlieſt 


eEbendaſ. 
* Linn. Sy, nat, xt. in der —— 
yonnet Traite anat. Pag. 238: - 41. Tab, 
Em. IL, fig.l1,.5.0 . © 


. 
© 


Br Bo. Je 9 


ſchlieſt echtem dleſe sufsläfıen um bie Luft 
ein uͤnd auszu e;mm. Viele Gaehrie Haben es 
geleugaer, daß re — als "Puppen ath⸗ 
mern. * 


In Pen weich’n — iſt der 
Bau der Lungen, und olſo auch die Eintichtung 
zum Athenthohlen verſchieden · Im Serhaafen 
liegen die Lungen unter ven Nude, und 
ſind wenig von den Kiefen der Fiſche verſchieden. 
wer Sie ſtehen mit den Kerzen durch die vie⸗ 
dergehenten Schlag dern in Verbinturg, und 
find nach. Hr. Bohaoſch zu demſelben Gebrau⸗ 
che, als den hi REN und v Sie — 
RER u. 


ne | io % 


Im u we Srefchneche (Doris ı orgo 
Linn.)liegen die Lungen von Hirten uͤber den 
Koͤrper und das Thier iſt im Stonte, fie ging 
lich einzuziehen. * Melt Veinfacher nechlift viefer 
Bau en der Seemnaus (Aphrodite 5359 

— —— un Ki 
' ser * — Mem. Infekt, Mas x —— 
Anmerkung zu Lefler,, Theo'og, ‚des ilnlacter.,- 

Martinet, ‚de bira infect, - de Kaas Mera. 

Tom, IT. dit 7. 

\y #*# Bohadich de anim mar. Pag. 42. Tab, 
OD, fig. vr. Tab. 1, fig. 6.1. 

Dean Ebendaf, pıg, 65. Tab. V. fig, 94. 
"# Pallas; Mile, Zooh, Pabs 8. „eh, ‚Vilig, 
2 * 


it 


‚88 Ic RB So 


st. Pallas fand zwifchen einer jeden Schuppe, 
die unter dem Rücken liegen, Anfänge von Kiefen 
in der Geltalt Fleinee Kämme oder am Rande 
ausgefihnittener und in boppelte Zacken — 
Franſen. tt 


In der Meertulpe Aa Linn.) hat 
der gelehrte Dafter an den Federn einen langen 
Mund gefehen, Der wie ich glaube, zum Athem- 
hohlen dient ; Ich fand ihn fich in einen Sac en⸗ 
digen, der unter dem Kopfe lag. 


Wahrfiheinfich vertreten die Barten ber 
. Wallfifche die Stelle ber Lungen, wie ich aus 
ihrer Aehnlichfeit mit den Fiſchkiefen, und der 
$unge des Srebafen und der Seeſchneke ſchließe 


Hieraus ſehen wir, daß die Lungen ber vierfuͤſ⸗ 
ſigen Thiere aus Gefaͤßen, Blaͤtgen, und Druͤ⸗ 
fen beſteht, bey den Voͤgeln fluͤßiger, und den Am⸗ 
phibien ganz fluͤſſig ſind, ben den Fiſchen in Kiefen 
beſtehen und daß die der weichen Gewuͤrme zwiſchen 
den Fiſchen und Wuͤrmern mitten inne liegen. Die⸗ 
ſe allein haben Luftroͤbren, und die Pflanzenthie— 
re haben uͤberhaupt gar kein Lungenſyſtem, 

(Forsjeisung im folgenden Stuͤcke.) 


V, 


3 Baſter Uitfpanningen 1. Deel. Bag: * 
Tab, XII. fig. IX. Litt, B. 


vo ‚e | 89 
* 


Etwas för dad Miederfäuen und die 
Verdauungs Werkzeuge der wieder; 
Fäuenden Thiere. 


Einleitung. 


Zergliederung der Thiere verſchafte uns mehr 
Aufklärung in ver wahren Phyſiologie bes Men- 
ſchen, als-Zergliederung des menfc)lichen Körpers 
ſelbſt. "Dies koͤnnte widerſinnig ſcheinen, aber 
ein Blick in die Geſchichte der Phyſiologie wird 
ung zeigen, daß ber Satz, ben Haller bepaup» 
tete: „ Anatomes brutorum plus boni fecit in 
Phyfiologia humana, quam anatomes homi- 
nis „ nicht ohne ‚Ueberlegung niedergefchrieben 
war. Zwar fönnte man einwerfen, daß fie auch 
viele Irrthuͤmer veranlaßt habe ; aber diefe Fort » 
tan leicht durch Anatomie bes Menfchen gehoben 
werben, und fie find gegen die Vortheile gar nicht 
zu rechnen, bie wir Durch jene erlangten. — War 
es nicht Zergliederung der Thiere, die uns vie 
wahre Beſtimmung ber Jeber lehrte? die uns 
zeigte, daß in der Gallenblaſe keine eigene Galle 
abgeſchieden wuͤrde, da wir fie bey Thieren feh⸗ 
len ſahen, die bod) eine Leber und alle harten? — 
War fie “s nicht, bie uns. don der irrigen Mei 

5 nımg 


90 a 0 *e 


nung zuruͤck brachte ‚daß bie Stirnßählen zur 
Meritärkung der Stimme etwas bentrügen? — 
Waorf fie nicht bie ganze’ Lehre des Carteſius 
von dem Sitze der Seele in der Zirbeldrüfe um? — 
Sch könnte viele Seiten anfullen, wenn ich afle 
Theile nennen wollte, von denen fie uns den 
wahren Nutzen lehrte, - 


Nicht allein der Dhnfisfogie des Menfchen 
verfchaffte fievielen Nutzen, fondern fie trug aud) 
Dieleg zur richtigeren Naturhiſtorie der Thiere 
by. — ie lehrte ung, daß es feine Baſtarde 
von Ochfen und Prerdin gäbe. — Eie zeigte 
ung die Möglichkeit der großen Nelles der Vo⸗ 
ge! in "er $uft. — Sie zeigte uns bie Verbin 
Dungen der dungen mit ben Knochen. — Dur 
fie erfuhren wir, wırum «8 unmöglich feyn, daß 
der Kufut brüten fönne, wie de fürinamifchen 
Kröten Ihre Jungen auf dem Rüden ausbrüten 
konnten; und daß rie Zellen aufdem Ruͤcken feine 
Verbindung mit Der Gebaͤhrmutter hätten, 


Anatomie. ber Thiere berichtigte ferner vie⸗ 
les 6 in Anſehung der Krankheiten der Men« 
fihen, als auch der Tiere und in anderen SR ber 
Landwirthſchafft. 


Sie hat uns bie Veränderungen gelehrt, 
‚die mit unferer Erde ‚vorgegangen ſind. Wir 
finden Knochen und Zähne von Thieren, bie * 


+ 


U 0 ; a 


in anderen Zonen leben, und ſogar von gan; un- 


bekannten Thieren,bie ung eine Vorwelt vermuthen 
laffen, 


Aber nicht allein Zergfiederung tobter Thies 
reift uns zur Kenntniß der Arzneywiſſenſchafft, 
Naturhiſtorie und Landwirthſchafft nörhig, ſondern 
auch Anatomie lebender Thiere und faſt moͤgte ich 
fagen, noch noͤchiger: denn fie lehrt uns die Bes 
wegungen und Verrichtungen des thierifchen Koͤr⸗ 


"pers. Haller fage daher in der Vorrede zur, 


großen Phyfiolonie: „A cadavere motus abeft, 
omnem ergo motum in vivo animaie fpecula- 
ri oporiet: Und weiter hin fagt er: Hace cru- 
delitas (vivifectio, ad vera:n Phyfioiogiam 
plus, eontulit quam omnes.fere aline artes, 


‚ quarum confpirante opera noftra [cientia con- 


valuit., 


+ „Bey feinen Unterfuchungen muß man aber 


mie mehr Vorficht zu Werke gehen, als bey die⸗ 
fen. Meiftens war man zu voreilig und machte 
Schluͤße von Thieren und fogar von kaltbluͤtigen 


auf Menfchen, die denn zu falfchen-Behaupruns 


gen Gelegenheit gaben... Selbſt Haller wurde 
verleitet, Verſuche mit Opium an Froͤſchen vor⸗ 
zunehmen und ben Erfolg derſelben auf den Meit⸗ 
ſchen anzuwenden. Ferner muß man immer be⸗ 


denken, daß das Thier an dem man die Verſuche 


anſtellt, nicht im natürlichen, Zuſtande ft, ſon⸗ 
458 27 dern 


98 Ao 2 

dern durch Ausfpannen, Schmerzen und berglei- 
chen mehr in eine folche Angſt gefest wird , die 
nothwendig einen erftaunenden Einfluß auf bie 
Bewegungen des fhierifchen Körpers haben muß. 
Eben deswegen find auch Verſuche über Empfind: 
lichkeit der Theile des Körpers fo ſchwankend, und 
entfcheiben faft gar nichts, befonders wenn bas 
Thier vorher erft ſeht viel Schmerzen ausftehen 
mußte, die dann bas feinere Gefühl gewißer wer 
niger empfindlicher Theile Kumpfmadıten. Dann 
zumeilen giebt das Thier Zeichen des Schmerzens 
von fich, wenn es faum berührt wird, und die ber 
reizenden Urſache gar nicht angemeßen find, 
Hier fieht entweder das Ihier, daß man es bes 
rührt und glaubt ‚eben ſolche Schmerzen wieder 
ausftehen zu müffen, oder wenn es aud) nur dag 
teifefte Gefühl eines angebrachten Reizes hat, 
fo geräth es in eine folche Anaft, die Krämpfe, 
Schreyen und andere Zeichen eines großen Schmerz 
zes berworbringen ;und dies veranlaßte denn die 
siderfprechendeiten Behaupfüngen. 


Eine der wichrigften und fehrreichften Er— 
fheinung inder Defsnomie der Thiere ift wohl das 
Wiederfäuen. Schon in den aͤlteſten Schriften 
ſtoͤßt man auf Stellen, die ung zeigen, Daß man das 
Wiederkaͤuen der Thiere kannte, und es einer naͤ⸗ 
heren Unterſuchung für würdig achtere. Wieder⸗ 

kaͤuen und geſpaltene Klauen war ſchon zu or 
5 el⸗ 


* 
ee. 


Zeiten ein Zeichen der reinen und unreinen Thie— 
re: In den neueften Zeiten hielt es ein Camper 
nicht, für zu gering, ihm und der Viehfeu- 
che eine eigene Feine Schrift zu widmen und 
das, was bisher noch dunfel und fehlerhaft war, 
aufzuflären und zu berichtigen. Auch war es noth⸗ 
wendig, das Wieberfauen genauer zu unterfuchen, 
wenn man zu eiuer richtigen Kenntniß ber Urfo= 
hen und Heilung der Viehfeuche gelangen wollte, 
da uns das unterlaßene Wiederfäuen das erfte 

Zeichen giebt , daß ein Thier Frank iſt. 


Wiederkaͤuen nennen mir diejenige Hand« 
lung: Wenn das nur ganz leicht gefäuete Futter 
verſchluckt, und denn, nachdem es etwas in Mas ' 
gen verbauet ift, nad) umbeſtimmter Zeit Biſſen 
für Biffen 'wieber herauf in den Mund getrieben 
wird, um zum zmeiten mal fein zermalmet und 
dann wieder verſchluckt zu werden, wo es alsdann 
erſt eigentlich verdauet wird, 


Dies iſt blos vierfüßigen Saͤugethleren eis 
gen, und unter diefen nur foldyen, Die Graß frefe 
fen, daher fie auch, fo lange fie noch faugen nicht 
wiederkaͤuen. Meift ale Thiere,die wir zu unfe- 
rer Mahrung brauchen, Fauen wieder, denn fie 
machen auch die meiften Arten über den Erbboven 

aus, wie Düffon * richtig bemerfte. Ob man 


fie 


+ #Buffon hiftoire naturelle generali et Part. 
| da 





9 wo 

fie gleich meiſtens in wärmeren Himmelsftrichen, 
anfrife, fo finder man doch auch mehrere Arten 
in dem nördlichften Theile von Europa, wie die 
Nennthisre und Elendthiere in Lappland. 


Weber die Kennzeichen dieſer Arc Thiere ift 
viel geftritten worden. Die gemöhrlichften, bie 
man angab, warennicht genug auf Erfahrungen 


gebauet und befanden ſich bey genauerer Unter 


ſuchung mehrentheits falſch. — Sogaben 5. B. eis 
nige die gefpaltenen Klauen für ein ficheres Kenn« 


zeichen an. Aber vas Kamel hat eigentlich kei— 


ne aefpaltene Klauen und kauet das Futter doc) 
wieder. Hafen und Kaninchen haben gar feine 
Klauen, fordern Zehen; Schweine hingegen haben 


geſpaltene Klauen, und wieberfäuen nicht, — Auf 


den erftert Blick koͤnnte man verleitet werben bie 
Hörner für ein Kennzeichen zu halten, aber bey 
genauerer Prüfung fält dies auch weg. 


Andere gaben ben vielfachen Magen an: 
Aber niche alle wiederkaͤuenden Thiere haben ei« 
nen vielfahen Magen, da z. B. Kaninchen 
und Hafen nur einen einfachen haben. Andere 
Thiere, die nicht wiederfäuen, haben einen vielfa- 
chen — wie das und der 
Delphin *) 

Ans 


ER Cabiuet du Roi Tom, XII,p. 357. 
Zu diefen Fonnte man auch beynahe den Ta— 
pir 


Andere glaubten ein gewißeres Kennzeichen 


waͤren die fehlenden Schneidezaͤhne in ber oberen 


Kinnlode, da diefer die meiſten wiederfäuenern 
Thiere beraubt find, und fie baher das Graß 
nicht abbeißen, wie andern Thiere, fondern eg mit 


der ‚rauhen Zunge abreißen. Aber «Hafen und. 


Kaninchen haben ſtott einer Reihe oberer Schuti⸗ 
dezaͤhne zwei Reihen hintereinander. 


Buͤffon nahm den kleineren Blinddorm (in· 


teſtinum coecum ) für ein Kennzeichen an. - Ar 


ber ob Dies aleich ben dem Rindvieh eintrift, fo 
haben im Genentheil andere wiederfäuende Thiere 
in Anſehung ihrer Größe einen fehr langen und 
großen Blinbdarm wie z. B. Hfen und Kaninchen; 
Hunde, Fuͤchſe und dies ganze Gefehlexhe gingegen 
haben einen ſehr Heinen *. na 


Ein 


pir säblen, ber zwar nicht — Magen neben 
einander hat, aber deſſen Gedaͤrme ſich doch ſoan 
einigen Stellen erweiteren und einen ganz anderen 
inneren Bau erhalten, daß man fie fuͤglich für 
mehrere Magen halten fan, ©, Bagon memoiras 


pour fervir al’hiftorie de Cayenne et de la 


Guiane Francoife, 


= Camper glaubt daß ſich Die Berfchtedenheit 
des Kothes der Thiere, in Anfehung ber mehreren 


oder minderen Feſtigkeit, nach ber Länge bes Blinde 


darms 


N 0 95: 


* 


J 


6 Mo RS 


Ein gewiſſeres Unterſcheidungszeichen finden 
wir in dem Bau der Backenzaͤhne, in der ſchma⸗ 
leren Unterklnnlade, und in der beſonderen Ver⸗ 
bindung der unteren Kinnlade mit dem Schedel. 
Die Backenzaͤhne haben ſaͤgefoͤrmige Reifen die 
in die; Quere gehen, welches auch ſchon Peyer 
= bemerkte. Die untere Kinnlade iſt, wenn 
man fie mit der oberen vergleicht, viel fehmaler. 
— Die Gelenf» Köpfe der unteren Kinnlade 
find nicht wie bey Bloß fleifchfreßenden Thieren 
"breit, auch nicht fo wie bey dem Menfchen, die das 
Mittel zwifchen breiten und runden halten, ſon⸗ 
dern fie find ganz rund; daher auc) diefe Thiere 
die Kinnlade nac) allen Seiten bewegen fönnen, 
und fie das Futter mehr zermalmen, wie Muͤhl⸗ 
fleine das Korn, als, zerfchneiden. Diefe Zeie 
chen giebt Camper an, wo fid) aber noch einige 
jufegen lagen. So bemerfte Blumenbach, 
daß die aufere Seite ber oberen Badenzähne 
länger als die innern wäre: bey den Backenzaͤh⸗ 
nen der unteren Kinnlade aber bie innere Geite 
fänger als die äufere feyn. Dies fcheint dazu zu 

die 


darms und ber übrigen Dickendaͤrme richte. Das 
Rindvieh z B. bat nad feiner Größe kurze 
Dickedaͤrme, und daher ift der Abgang dünn. 
Dey Schafen und Hirfcgen, hingegen deren dicke 
Daͤrme fehr lang find, ift der Abgang harter und 
kuglich. 

#©.Peyeri meryeologia pag, 14: 


nom i 97 


dienen, daß das Futter nicht fo leicht zwiſchen ben 
Zaͤhnen heraus falten kann, ſondern immer wieder 
in den Zwifchenraum derfelben fälle, welches das 
Kaͤuen ungemein erleichtert. — Der Schlund 
iſt bey voiederfäuenden Thieren fehr. ftark und, 
fleiſchicht: Sie haben fein Fett, (ungvis, axungia) 
fondern Talg (Saevum,) 


Die meiften wieberfäuenden Thiere haben 
vier, oder wie man richtiger fage, drey Magen, 
da ber zweite bioß eine Verlängerung des arften 
Aft. Ich will erft eine Befchreibung diefer Max 
‚gen voranfchicken,ehe ich zur Belchreibung, des Wie⸗ 
derfäuens felbft komme. 


Den erften Magen * nennt Ariftoteles 
Koala Oder Kara neyaan "*. Bey den latei, 
niſchen Schrifftftellern fommt er unter bem Nah— 
'menrumen, magnus venter, ingluvies, aquali- 
euluspor. Die Franzofen neunen ihn: la don. 
- ble, lherbier, la pence ober la panfe. — 
Ben den Engelänbern heißt er: the Cub; Bey 
"den Staliäneren: la trippa, la pancia. — Auf 
hollaͤndiſch de pens. Auf Spanifch: bariga,vientre. 
— Wir nennen ihnden Panfen oder den Wanſt. 


= Mbbildungen findet man bey Perrault mecha- 

nique des animaux. ſ. feine Oeuvres de phyf; 

pag: 432. ſig. 2. — Peyeri Merycolog, Icon, 

J. A. A, pag. 181. — Buffon Hitt, Nat; 

Tom. 4. pl. 16. fig. 1,2, P, Camper leflen 
„.. Oyer de Vcetterfe; fig. 1. B« C. D, 

ai Ariftoteles de part, animal, Jib, cap. 14! 


Wenn 


98 A 0 
Waenn er fear ift, liegt er auf "der linken 
Seite horizontal; Wenn er aber voll ift, ſo 
nimmt er aud) einen Theil der rechten Seite ein. 
Bey erwachfenen Thieren uͤbertrift er alle übrigen 
‘an Größe: bey faugenden hingegen iſt er Eleiner, 
weil er dann mäßig if. Er wird erft durd) das 
Futter ausgedehnt, daher er aud), nachdem man 
dem Thiere verfchiedenes Sutter giebt, mehr oder 
weniger an Größe zunimmt. * 


Er gleiche von auffen einem nnförmigen Sas 
de, der durch eine Furche in zwei Hälften getheilt 
ift, in welcher die größeren Blutgefäße mit Fett 
umgeben liegen. Innerhalb wird er durch vier 
wuͤlſtige Streifen in eben fo viel Säcke getheilt **, 
Die innere Haut ift fammetartig und mir Eleinen 
Papillen befest, Die bald weiß, bald braun und 
auf den Falten entweder hellgelb oder ſchwaͤrzlich 
find. In biefem Magen fintet man das Graß 
beynahe noch ganz friſch und es hat nur wenig von 
der Verdauung gelitten. D’aubenton *** fand 
in dem erften und zweiten Magen Würmer, die 

mit 


*J. — Hift, nat, generale, Tom, 
ey Vink leffen over de herkauwing der run- 
deren on tans woedende Veeziekte,. Rotterd, 
1770. Tab. 1. fig, 3. 

** Hift, nat, er 4:P: 492, Tab, 
16. fg. 3. 


o eo | 9 


mit denen, bie Camper + zu mehreren malen. 
im den Panfen der Schaafe fabe, genau überein. 
fommen. Diesfcheinen Larven von einer Deftruss 
Art zu ſeyn, aber von welcher Gattung, fann mar 
niche beſtimmen. 


Den zweiten. Magen * nennt Ariſto⸗ 
teles nerevpwrÄos, welhes Gaza in arfı= 
neum ‚oder; . reticulum uͤberſetzte. Die 
Franzofen nennen ihn le bonnet und refeau, 
Den den Holländern kommt er unter dem Nah: 
men de hoeve oder huyve und.de trip. vor. Die 
Engländer nennen ihn: the paunch die Spanier: 
bonnetel und die Italiaͤner Ja Scuflia, Iatrippa. 
2% teutfchen heiße erdie Haube, vie Hülle, das 


Man Fönnte ihn eigentlich nur als eine Fort⸗ 
feßung des erften Magens anfehen, da er fich 
durch) nichts von dem Panfen unterfcheidet, als durch 
feinen ganz verfchiedenen inneren Bau, eine 
Sage ift mehr auf der rechten Seite nad) vorne 
und mie dem Panfen horizontal Seine äufere 

| | Ga Ges 


f Waarneemingen omtrent den Nieuwen 
Landbouw, Amft, 1763, Tom. 11. ps 303, 

* Abbildungen findet man bey Buffon Hift, 
Nat, Tom. 4. pl. 17.fig, 2, — Vink, leflen, 
over de, herkauwing, Tab,.2, fig. 4: Pet 
tault Oeuvres de phylique mechanique Tom, 
1, pl, 24. fig: Is 


100 0o 


Geſtalt iſt mehr eyrund und im uͤbrigen iſt er viel 
kleiner, wie der Panſen. Wo ſich dieſe beyden 
Mugen vereinigen, tritt der Schlund herein, von 
- dem und, drffen Fortfeßung weiter unten gehandelt 
wird. — Innerhalb finder man Eleine Abtheis 
lungen wie ‘Dienenzelien, aber von ungleicher 
Größe und Geſtaͤlt, da es bald Vierecke, bad _ 
Fünfice, bald Sechsecke und fo weiter find. Aus 
der Mitte dieſes Magens gehen einige erhabenere 
Streifen aus, bie ſich nad) den’ Enden verlaufen. 
Die ganze innere Oberfläche ſowohl innerhalb der 
3 illen ; als auch Dieerhabenen Reifen find mit Fleis 
nen Zäpfchen befegt, aus denen beftändig ein 
Soft ansgefchieden wird, der die Verdauung der 
Speiſen beforder Man findet in diefen Magen 
diefelben Speifen wie in dem erften und bemerkt 
auch nicht, daß fie hier mehr verdauet find ‚wie 
von einigen behauptet iſt und wie man es in den 
älteren Zeiten allgemein annahm. Es ift ride 
unmöglich, daß diefer Megen:den Biffen bilder, 
der tviedergefäuet werden foll und ihn: durch Zus 
ſemmenziehen in den Mund ſchickt. Dieſer Ma⸗ 
gen und der Panſen find beyde mit einer Mus⸗ 
khoaut umgeben, deren Faſern fehr nett Durchein« 
andergewebt find, welches Peyer fehr artig abge⸗ 
bildet hat. * } 

Der dritte Magen hat von den Griechen 
> er nad) 

"u #.Peveri merycologia Icon, 2. 3,5.» 


=. Zeichnungen findet man bey Enmper 
ı * am 


| A 0. 101 
nach Fabr. ab Aquapendente + Meinung , den 
NMahmen’exivos. wegen der langen Papıllan erhal⸗ 
ten, die fih cuf feiner inneren Seite befinden. 
Doch wäre id) faft geneigt zu glauben, daß jie 
eher bey diefem Nahmen auf die äufere Geſtalt ſa⸗ 
ben, die der eines in einander gefrocyenen Jaels 
ähnelt. — Im lateinijchen hat er den Nahmen 
centipellio, undechinus erhalten. Gaza nenne 
ihn omafum, weicher Nahme aber von den ältes 
ren Schriffiftellern wie 3: DB. von Plmins * 
und horaz ** für den Fettdarm gebraucht ward. 
M. Aurel. Severinus nannte ihn cun:lave 
cellulatum, welchen Nahmen man aber richtiger 
dem zweiten Magen geben könnte, als dieſem. — 
Bey den Franzoſen heißt er: le feuillet, le myre- 
feuillet, le — —— le livre, le mellier, le 
millet. Die Holländer nennen ihn de bock, de 
zouter, de mennigvald, de bybel und de 
Nlarde, — Im englischen heißt er ıhe tripe oder 
the book, im fpanifchen Plaiterio, — Im italiz 
änifchen : centopelle, — Wir nennen ihn das 
Bud, ven Pfalter, den Tauſendfach, ven 
WMannigfale oder den Saltenmagen. 


63 & 


sam a. Orte fig. 1. M. Peyer I. cit. Icon. I, 
C.p. 181, — beninneren Theil hat Vink am a, 
Drte Tab. 2, fig. 5. abgebildet. 

*Fab, ab Aquapendente de varietat, ventricul- 
f. Opera omn. anat, et phyfiol.Lipf. 1687: p. i28° 

* Plinii hift. nat, 5* 

Horatii fatyr, lib, 2, fat, 5. vexſ. 39. 


10% | oe 


E.r liegt mit dem gewoͤlbten Ruͤcken gagen 
die Leber und gleich an dem Ruͤckgrade, aber ſenk⸗ 
recht, nicht horizontal, wie die bey dem erſten. Ben 
Ochſen ifter wenig Eleiner, wie die Haube, aber . 
dicker und wegen ber Blätter ſchwerer. Bey 
Schafen und Ziegen ift er der Eleinfte, Hingegen 
bey Kamelen ift er fehr lang und übertrift den gab 
an Eröße. Won auffen gleicht er einem in einan⸗ 
der gefrochenen Igel, und man bemerkt auf der 
äufferen Seite Streifen, die in die Laͤnge geben, 
welche von den Blättern, die fich inwendig befin⸗ 
den, herruͤhren. Diefe Blätter find von verſchie⸗ 
dener Größe, welche zufammen 96 * aus machen, 
Die meiften geben 24 große, 24 mittlern und 
48 fleine an, fo daß fi) immer zwifchen einen 
mittlerer und einen großen ein Fleines Blatt be» 
findet. Diefesfand ich aber unricyeig, da ich zwi⸗ 
fchen zwei mitleren: immer ein Fleines Blatt fand, 
wie es auch Perraule ** angiebe, und alfo im 
Ganzen 24 große, 48 mittlere und 24 Fleine 
Blätter find. Diefe Blätter find halb mendför« 
mig und fißen mit ihrem gewölbten Rande an der 
Wand des Magens feſt, mit ihren ausgefchnitte« 
nen aber hangen fie in denfelden hinein. Gie find 
mit Eleinen Papillen befegt, die etwas Aehnlichkeit 

mit 


*Peyer zahlt beym Ochſen nur 88. Entweder 
ift dieß Mangel der Aufmerkfamfeit, oder ein 
Spiel der Natur. A | 

** Perrault oeuvres de phyf, T. ı, p, 435. 
DI. 14. fig: 4 


ao —— 103 


mit den Stacheln des Igels Daben, und deren 
Farbe braun, hellgelb und ſchwaͤrzlich iſt. 

Aus dieſen wird beſtaͤndig eine Fluͤßigkeit gefchie« 
den, die Verdauung befördert, . Damitaber deſto 
mehr in einen fehe engen Raum ausgeſchieden 
würde, dienen vermuthlich Die Blätter, Diefer 
Magen öffnet fi) in die Haube und in den Sub. 
Die Deffnung in die Haube ift fehr eng und häu« 
figer mit Eleinen Papillon befege. Der Uebergang 
in den vierten Magen ift fehr weit. Die Speife, 
welche fich Darin befinder, iſt ſchon mehr verdauet, 
und fiehe wie Flein gehackter Spinat aus. ya 
der Viehfeuche fand. Camper die darin enthal⸗ 
tenen Speifen hart und wie verbrannt, Wenn er 
einige Zeit liege, fo trennet fich die innere Haus 
von dem Magen und bleibe an dem Futter figen, 
welches einige faͤlſchlich für eine Folge der Vieh— 
feudye anfehen, da es auch. bey gefunden Tieren, 
g ſchieht, wenn der Magen nad) dem Tode einige 
Zeit liegt, 


Den vierten Magen * nennt Arifoteles, 
’n'vusegev. Gaza gab ihm den Nahmen aboma- 
fum uud Severin ventrieulum proprie fie dietum 
fonft Beift er auch Falifcus, Im franzöfifchen 
beißt er la caillitte und im Holländiichen de 

G 4 leb⸗ 


*Zeichnungen findet man bey Camper. a. a. 
Orte fig. 1. H. Peyer I, c. Icon. 1. D. 
Vink an, a, Orte Tab, 2, fig, 6, fig, 5. a. 


a.b, b, 


104 0 


lebbe und wegen feiner Farbe de roode deroo, 

Die? Engfänder nennen ihn the honey- tripe, 

Die Spanier Cuaiar und die Italiaͤner il quaglio, 

Syn unferer Mutteriprache nennen wir ihn den Lab, 

die Ruthe, den Fettmagen, oder bloß ben Ma. 
gen. 


Er liegt auf der rechten Seite, füllt die 
innere, ausgehoͤhlte Fläche der Leber aus, und 
wird zugleich mit dem Panfen in der marürlichen 
Sage von den Netze bedeckt. Er kommt mit 
dem Magen der Menſchen in Anfehung fei« 
ner äufferen Geſtalt am meiften überein, bat 
ungefähr die Form einer Birne und überteift, den 
Danfaı ausgenommen alle andern an Größe. 
Die innere Haut it weich, ſchleimigt und mit ei⸗ 
ner unenblihen Menge kleiner Papillen befegt,- 
aus denen fehr viel Feuchtigkeit ausgefchieden 
wird, da man oft in frifch gefchlachteren Schafen 
37 Unzen finde. Innerhalb ſind 14 bis 16 wuͤl⸗ 
ftige, ſchlappe Blätter,uwon weichen die Streifen 
bherrühren , die man auf der äufferen Seite bes 
merft. 

Diefe Blätter nehmen ihren Urfprung bey 
der Deffnung des dritten Magens, melche auch 
- dur folhe Blätter verfchloßen wird, die aber 
dicker find und die Stelle von Klappen verfehen, 
da fie Die Speifen wohl in den Sab bereinlaßen, 
aber nicht wieder in das Bud zurüf. Diefer 
Magen endiget fih in dem Pförtner, der 5 


u 0 105 
mehrere Bündel von Muskelfafern, bie fid) hier 


vereinigen; und eine Are von ame 
ausmachen , gebildet wird. 


In diefem Magen findet men * ſaugenden 
Tieren die Milch geronnen, roelches immer geſche⸗ 
ben muß, wenn fie verdauet werden fol. Dieſes 
bewirkt ver Magenfaft, der den Käfe aber auch 
nachher wieder aufloͤßt, wie ſchon Peyer * bes 
merkte, Dieſer Kaͤſe ſizt ſo ſeſt in dem Magen, 
daß man ihn nicht herauswaſchen kann. Dies 
fer Magen: wird zum Kaͤſemachen gebraucht,, 


Jetzt ift uns noch die DBefchreibung des 
Schlundes und der Forefegung deſſelben bis zum 
Buche uͤbrig 


Der Schlund ſelbſt ift fehr fleifhiche, und 

die Muskelfaſern die ihn ſchraͤg umgeben, kreu⸗ 
zen ſich an der vorderen und hinteren Seite. Er 
tritt * bey der Vereinigung des Panſen und des 
Netzes in den Magen. Sobald er hinein getre⸗ 
ten iſt, bemerkt man innerhalb zwei wülftige 
ander, die mit Eleinen Queerſtreiſen beſetzt 
65 find 


* Lac in abomafe ooyus firmiterque coagu- 
lat, et poftiterum refoluitur, Peyeri weryoo. 
log. ‚p. 146. 

“ Abbildungen find bey u.n RR 
pl. 17. fig. 2, Perrault O phyf. Tom, 1. 
pl. 13. fig. 2, Vink am a. Orte. Tab 2, fig, 
4: Tab, ı, fig, 2, ©, Camper J c. ög, 5, 





106 % 7 Ba ; 
find, und bis zum dritten Magen einen offenen 
Kanal bilden. Die Ränder, die das Anfehen von 
‚zwei Sippen haben, vereinigen fi) bey dem Ein« 
triee des Schlundes und bey der Oeffaung des 
dritten Magens fo, daß fie einem zufämmenge- 
drückten Kranze ähnlich fehen. Sie können ſich 
eben fo gut, wie die $ippen des Mundes ganz 
verfchlichen und dann laßen fie nichts durch), ſon⸗ 
dern bilden eine ordentliche Röhre * bis zum. 
dritten Magen, durch welche die genoßenen 
Epsifen gleich in diefen g-brache werden Fönnen, 
ohne erft durch den Panfen oder das Meg zu gem 
ben. Innerhalb ift dieſer Kanal mit laͤnglichten, 
erhobenen Streifen verfehen- | 


Der ganze Mechanismus des Wieherfäueng 
beruhet auf die wechſelsweiſe Verfchließung und 
Deffnung dieſer Roͤhre. Wenn die Thiere das 
Sutter etwas zermalmet haben, fo ſchlucken fie 
es hinunter, und dann fällt es durch Die offene 
Rinne in den erften Magen, denn die Rinne ift 
zu eng, als daß ſie verfchloßen bleiben und das 
grobe Futter gleich in den dritten Magen führen 
fönnte. 


— 


Der erſte Magen treibt es in kleinen Porti— 
onen indie Haube, in welcher e8 eingeweicht und 


verdauet und denn durch die Zufanmenzies 
| ‚bung 


“ fı Camper 1. c, fig, 6, 


RE Eee VL 


IK. au» Bun < ZEIEBE 107 


- hung * derfelben ein Biffen nad) dem — mit 
Schleim überzogen, wieder hinauf in den Schlund 
getrieben wird, der es dann, indem er fid) zufam» 
menzieht, in den Mund bringt. In das Bud) 
fan die Speife nicht fellen, denn die Deffnung 
in dieſem ift zu Flein, als daß fie das grobe Futter 
durchlaßen fönnte, und wird auch durch) das Zur 
fammenziehen der Haube noch mehr verengert. 
Nachdem das Gras noch einmahlrecht fein gekauet 
und mit Speichel gemiſcht iſt, wird es zum zwei⸗ 
ten Male geſchluckt, wo es aber nicht, wie das 
erſte Mal, in den Panſen faͤllt, ſondern durch die 
verſchloſſene Roͤhre * welche nichts herausfallen 
läßt, da die Speiſe jezt fluͤßiger und feinen, iſt, 
in das Buch geführe, Diefes wird noch durd) 
das Zufammenziehen der Musfelfafern , welche 
laͤngſt der Roͤhre an dm aufferen Seite fortlaufen, 

ver⸗ 


Eine andere Meinung hat der Auctor des 
a Philofophia vetus et nova der lib, 6. 
tract. 3. Diff. 1, cap. 3, ald einen Nutzen 
dee Rinne angiebt: Ut herbarum,quae nondum 
funt mafticatae, glomerati globuli gui per 
collem bovis afcendunt cum ruminat, furfum 
in os referantur: und ferner fagt er: tubum 
illum utroque margine inftar manus cuius- 
dam conceflum videri a natura, quo occlu(o 
bolos ftringi et ſurſum deferri. Aber das Gras 
ift denn noch nicht fein genug, als dag es dies 
I enge Röhre faßen, und wieder herauftreiben 
koͤnnte. 

Camper |. c, fig. 6. 


308 0. 


vermehrt, wodurch die beyden Oeffnungen näher 
an einander gebracht und der Kanal ermeiters 
wird, 


Diefer Meinung treten aber nicht alle bey. 
"Einige glauben, daß das Graf, nachdem es zum 
zweiten Mole gefchluckt ift, in die Haube falle, 
welches auc) die Meinung aller’ älteren ift. Dies 
fer Meinung tritt auch Vink bey, und wender ge 
gen die erftere ein, dafi des Furter eben fo wohl 
gleih in den dritten Mogen Fommen fönnte, 
nachdem es zum erften Male gefäuer wäre. As 
ber dann iſt es noch zu grob, als daß es durch 
disfen Kanal bis zum dritten Magen gehen kann 
Ferner frägt er, was denn hindere, daß das Fref- 
fen, wenn es zum zweiten Male gefäuet wäre, 
nicht wiederum in den erſten Magen falle. Us 

ber denn iſt es zu fein und zu flüßig, als daß es 
das Zufammenziehen der Nöhre überwinden kann 


Das es. ſelbſt durch den Reiz, ben es verur« 


facht, befoͤdert. Wann man aud) annimt, daß 


das Futter wieder in die Haube falle, fo wird es 


ja darin mit der anderen Speiſe gemifcht und 

fo wieder zum zweiten Male durch den Schlund 

hinauf getrieben. Denn das ift nicht gut anzu: 
nehmen, was Vink behauptet, daß nehmlic) 

der feinere Theil der Speife von der, Roͤhre auf- 

genommen und in den dritten Magen gebracht 

würde; das gröbere hingegen aufwärts durch 

"den 


4 





—— 109 


den Schlund getrieben würde, Denn fo genau kaun 
fid) der feinere ‚Theil nicht von dem gröberen fren« 
nen, und eg würden immer nod) viele feine Theile 
mit heraufgetrieben werden. Der Kanal ſieht 
auch einer Fortſetzung des Schlundesviel zu aͤhn⸗ 
fih, und erfläre den ganzen Mechanismus auch 
fo Teiche, als daß man gezwungen wäre 
eine andere Meinung anzunehmen , als viefe. 
Daß ſich aber. dieſer Kanal‘ nicht bey "allen 
wiederfäuenden Thieren findet, ift gar fein Ein« 
wurf, denn bey. Hafen und Kaninchen war er 
gar nicht nöthig. Wir werden: ihn aber gewiß 
bey allen Thieren finden, die vier Magen haben, 
und zugleich wiederkaͤuen. Vink meint auch wenn 
dies der Mugen der Roͤhre wäre, fo hätte man da 
viel beßer und Fürger zufommen koͤnnen, und fage 
auch, wie er es hätfeeinrichten wollen. Aber wir über« 
laßen ihm gerne fich nad) feinen-beßeren Einfihten 
einen Magen zu machen, und find menigftens vor 


jegt mit diefer Einrichtung ganz wohl zufrieden. 


In dem dritten Magen’ bleibt das Futter 
Böchft wahrfcheinlich nur fehr Furze Zeit, welches 
Eamper Meinung widerfpricht, der behauptet, 
baß die Speife recht zwiſchen die Blätter einges 
druͤckt würde und fich lange in diefen Magen aufe 
hielte. Diefer Meinung widerftreitet aber feine 
geringe Größe und die weite Deffnung in dem gab; 
welche zu nahe an der erften liegt, als daß nicht 
gleich der Biſſen, wenn er hinein gekommen und 


mit 


4 


a. 0 ar 


init dem Magenfafte vermifcht ift, nieder herausfal⸗ 
len follte. Die Speifen in diefem Magen, unters 
feheiden ſich fo merflic) von denen indem zeiten, daß 
man beym erften Anblick fehen kann, daß fie wies 
dergefäuet find und daß dieſer Unterſchied nicht 
von der Verdauung herruͤhrn, Die fie in dem Lab 
+ erlitten haben, In dem Lab wird die ganze Vers 
dauung des Magens vollendet und die Speifen 
geben dann allmahlig durch den Pförtnet in den 
Zwoͤlffingerdarm über, 
Das Gerränf der wicherfäuenden Thiere 
kann auf beyde Art in den Magen Fommen, ſo⸗— 
wohl durch den offenen Kanal in den erſten und 
zweiten Magen, als auch durch den verfchlofe 
fenen gleich in das Buch. Dies legte gefchieht, 
wenn das Thier zum erften Mate gefreßen hat, weil 
denn der Panfen noch voll ift, und das Futter, 
welches wiedergefäuet werden foll, nicht zu flüßig 
und naß feyn darf Den gleihen Weg nimt 
auch die Milch) bey Kälbern; daher auch der Pan 
jen bey diefen noch nicht ausgedehnt ift, 
Das Wiederkäuen Hat Feine beftimmte Zeit 
Auf magerer Weide und im Winter, wenn fie Heu 
freſſen wieberfäuen die Thiere fpäter und länger. 
Sm Sommer aber und auf guter Weide wiedere 
Fäuen fie nad) kuͤrzerer Zeit und: nicht fo lange, 
Zuweilen überladen fie fid) auf ferter Weide fo 
fehr, daß fie aus Volleie nicht wiederfäuen Eöns 
‚hen und der Panfen in Gefahr Ift, zu Piapkhe 
. 64 


I 


- A 0 ut, 


beſonders wenn man ihn erlaubt ihren Durſt 


zu ftillen. In diefem Falle ift Fein befferes Mike 
tel, als daß man ihnen das Freſſen mit der Hand 
wieber peraushoßle Mr 


Einige Thiere voieberfäien mit Auffohen 
welches aber eigentlid) etwas widernatuͤrliches ift, 
daher es auch Ariftoreles** und Rolumella *** 


nur bey Krankheiten zugeben, 


; Der eigentliche wahre Mugen bes Wieder. 


x kaues iſt noch von keinem recht eingeſehen und laͤßt 
ſich ſchwerlich mit Gewißheit beftimmen. Cam , 
per und Perrauit fagen: der größefte Theil dev 


wiederfäuenden Thiere iſt furchtfam, und wird 


ſehr von Raubthieren verfolgt, Es find Graß—⸗ 


u 


freffende Thiere und fie brauchen daher ‚mehr zu 


- ihrer Nahrung, weswegen fie lange Mahlzeiten 


- halten muͤſſen. Muften fie aber auf freyem Fels 
de ihre Speife gleich ganz zerfauen, fo würden fie 


hier ihren Feinden vielmehr ausgefegt feyn. A⸗ 


ber fo brauchen fie nur geſchwinde abzufreffen, 
und Fönnen Dann in ihrem Lager ihr Futtter mit 


mehrerer Ruhe uud Wohlluſt noch ein Mal kau⸗ 


en. Dies poßt auf die meiſten Thiere, aber nicht 
auf Buͤffelochſen und Steinboͤcke. 


Pey⸗ 
* f, Peyeri meryc, p. 242. 


## Ariftoteles probl. 48, fect, 10, 
### Columella de R. r, lib, 7, cap, 6, 


ee 


Weyer ſagt; das Wiederfäuen: diene dazu 
damit nicht fo viel verzehrt würde, weil durch d 
wiederhohlte Kauen das Futter, befonders, nad) 
dem es fchon etwas verdauet ift, geſchickter gema 
würde, daß mehr Nahrungsſaft aus ihm bereite 
werden’ fönnte. "Daher Fauen auch die Thier 
trockgeres Futter fpater und länger wieder, weil e 
mehr Zeit erfordert, alles nahrhafte auszuziehen 
Die Folgen davon fiehe man bey Kuͤh⸗ und Pfer- 
te» Mift deutlich. Der Pferdemift ift weniger 
verarbeitet und man findet noch Häufig ganze Koͤr⸗ 
ner datin; der Kuhmiſt ift aber mehr verdauet, und 
feiner. Hiergegen kann man einwenden, daß fehr 
große Thiere gar nicht wiederfäuen, Eleine Dinge» 
gen thuen es, die beynahe gar nichts‘ verzehren, 
ud, freßen Ochfen nich wenig, denn man findet 
zuweilen in nem Panfen einen halben Zenmer, 
und fie verzehren binnen 24, Stunden den ſechs⸗ 
ten Theil ihres eigenen Gewichts. Doc) fcheint 
mir diefe. Urfache des Wiederfäuens N das 
meiſte Gewicht zu haben. 






































I. 


\ 


Herr moller aber den Bandwurm verſciede- 


ner Thiere. 


er Ritter Linne“ behauptet, daß alle Thiere 

0. aus ber Kaffe der Würmer feinen Kopf 
hätten, und der Bandwurm daher durchaus ohne 
dergleichen ſey. Doch Haben ihn die Schnecken, 
ohne alle Eirwendung, ſowohl die ohne, als die 
mit einem Gehaͤuſe, wie auch die Naiden, die 


Nereiden und der Schleimwurm, und da 

man am oberſten Ende des Bandwurms einen 
Mund, Säugeöfnungen und eine Reihe von 
‚Haken, um ſich am den Gedaͤrmen feftzuhängen, 


| bemerft, und an den ‚anderen Ringen ſolche 
ı Werkzeuge nicht bemerkt, ſo kann men dieſem 
ſonderbaren Wurme einen Kopf wohl nicht ab⸗ 
ſprechen. Auch der Kopf iſt ber unterſcheidende 
Eharafter, nach dem die verfchiedencn Gattungen 

N; des Baubmurmes allein ſich beftimmen laſſen; 
denn bie Ringe geben allein allenfalls Kennzeie 
hen bet zwenten Ordnung. Ich habe außer 
den Bandwürmern, bie man beym Menfchen 
und bey einigen Duadrupeden wahrgenommen 
has, dergleichen bey Fiſchen und Voͤgeln 
entbesft, 


PR: Die 


214 | 0 F 


Die Bandwürmer bes Hechtes liegen 
ber Eingereide entlang und find in ber Leber 
zufammengewidelt, Der Kopf ift mit vier 
doppelten Hafen gerüftet vom einer Hufeilenform 
‚und hat am Ende eine Defnung- 


Der Kopf am Bandivurms vor der Roi- 
eaffe (Scorpii) verlängert und zieht ſich wie⸗ 
der ein; ein Umftand, ber feine Form verän« 
dert. Wenn er ausgeſtreckt ift, ſcheint er abge» 
ftugt und gehet in einem ftumpfen Winfel in die 
‚Höhe; oben barauf nimmt man eine laͤnglichte 
Defnung wahr. Wenn er fich verfürze bat, fe 


nimmt er eine runde Form an, verändert feine _ 


Spige, und bleibt in feiner tage. Obgleich der 
Kopf von biefer Gattung nicht mit Hafen bes 
wafnet ift, fo hängt er fich ded) fo feft am Zelle 
geroebe der Eingeweide, daß er fi eher In 
mehrere Stuͤcken zerreißen läßt, als daß er 
‚nachgeben ſollte. 


Derſelbe Bandwurm wohnt im Magen 
und in den Eingeweiden der Steinbutte. Die 
fer Fiſch ift oft fo vol von Würmern, daß feine 
Mabrungsmirtel Faum zur Verdauung Platz fin« 
den, und daß ſelbſt einige von dem Haufen ber 
Würmer nice Kaum genug finden fönnen, fich 
an bie Haube der Eingemeide felbit anzuhängen, 
fonvern ſich on die anderen Würmer u 

mu} 


TEIP: 


ne? Fa „ee 


— o 5 115 


müffen. Ich Habe dergleichen mit ihrem vor⸗ 

deren Ende an bie mitleren oder an ben legten 
King ihrer Nachbahren kleben gefunden. Einie 
ge hatten ſich in Knoten gefchlungen. Selbſt 
Rreger (Echinorynchi) hatten ihren ftad. 
lichten Küffel am Bandwurme befeftigt, und’ ſo⸗ 


gen ihnen Nahrungsſaft aus. 


Bey den Paͤrſchen find mir zwey Gattun⸗ 
gen von dem Bandwurme vorgefommen. Die 
Ringe ber einen waren di und beynahe wuͤrfel⸗ 
förmig. Sie hatten den Punft, ber ſonſt gewoͤhn⸗ 
lich in der Mitte des Ringes an feiner vorderen 
Seite fißt, nahe an der Artitulation, und außer 
biefem kleinen Loche ein gröfferes an einer von 
ben Seiten, das beynahe bis zum Mittelpunfte 
des Ringes durchgieng. Die daſelbſt befindfie 
de Defnung glich einer weislihten Queerlinie. 
Außerdem liefen zwey Linien, die fich_gegen die 
Seiten eines jeden Ringes bogenförmig kruͤmm⸗ 
ten, uͤber den ganzen Koͤrper des Bandwurmes, 
und fein Kopf zeichnete ſich durch vier Kuͤgel⸗ 
den aus, woran man bie zwey unteren nur mit 
Mühe erkennen Eonnte. Die Seiten der ande» 
sen Gattungen find geründee, und man bemerft 
daran weder das burchgebenbe Joh, noch auch 
bie Queerlinie. Sie bat dagegen ben einges 
druckten Punkt in der Mitte des Ringes, und am 
Kopfe bie vier Saugeöfnungen, welche mehrere 

2% andere 


‚A16 0 


andere Gattungen von —— mit ihr 
gemein haben. 


Die Bandwuͤrmer der Ente haben drey⸗ 
eckigte Ringe; der weiteſte oder hinterſte Theil der⸗ 


ſelben liegt um den vorderſten des folgenden; der 


Eindruck liege beynahe in der Artikulation, uns 
ter dem aufgehobenen Rande des vorhergehenden 
Ringer. 


Der — vom Bandwurme des Pfer- 
des ift beynahe vierecklgt, bat an jeder Seite 
eine Säugeöfnung und am Ende ein Eleines 
Loch. Dieſe Ringe find ſechsmahl breiter, als 
lang, fein gerungele und fehr dicht an einander 
"gebunden. Der Meynung eines berühmten Na⸗ 
turforſchers, Daß der Bandwurm des Pferdes 
fein anderer, als der Bandwurm mit kurzen 
Ringen im Menfchen fen, Fann ic) nicht ſeyn, 
weil es mir zu begreifen ſchwer fälle, daB kaltes 
Waſſer und Weibe ein zugefpigtes, fünf bis 
fechs Zoll langes Ende in ein ‚furges und breites 
verwandeln koͤnne. 


Der Kopf vom Bandwurme bes —* — 

iſt oval, zugerundet und zwanzig mahl fo groß 
als ein Ring an ſeinem Körper. . Zumeilen has 
Das vordere Ende noch eine andere Form. Zus 
„weilen verlängert es ſich und befomme die Ges 
ſtalt eines vereifalen Viereckes; zuweilen seper 
* 


en 


Vo 7, 


es ſich in einen abgerunderen Knopf zuſammen. 
Auch bemerkt man oft im Mittelpunfte des 
Viereckes eine Erhöhung und in derrunden Figur 
eine Fleine Defnung mit oder ohne hervorftehende . 
Raͤnder. Selten verändert ſich die eyrunde 
Form des Kopfes in eine zugefpigte’oder in vier 
Furchen und eben fo viel erhabene Strahlen. 
Der Körper war Fonverer und runder, als bey 
den anderen Bandwuͤrmern. Die Ringe waren 
fo klein und in fo großer Anzahl vorhanden, daß 
man fie feldft nicht bey Win mern von vier und 
‚ einer halben Elle lang mit bloßen Augen unter« 
fheiden konnte; mic Hülfe des Vergröfferungs, 
Slafes nahm man bey den Fleineren von zwey 
Anien ihrer mehr, als zwanzig wahr. Dieſe 
Kleinheit ver Ringe verhinderte auch die Be 
ohachtung ſowohl der Eindrücke, als auch der 
fuglichten Körperchen. Der nierfiwürdigfte 
Umftand war, daß der Körper der kleinen, wie 
bey dem Fleinen Bandwurme des Pferdes, nach 
Bintenzu .abnahm, und ſich mit einem runden 
Ringe, der fünfmahl groͤſſer als Die übrigen 
war, enbigte. Die großen waren am vorberen 
Ende Paieeo ent) verftümmelt. - — 

Ich gabe meine — am Band⸗ 
wurme weit eher gemacht, als ich bie Werke 
der Naturforſcher, welche ſie unterſucht, und die 
Reſultate dieſer Beobachtungen bekannt gemacht 

‚Tas. AIch erſtaunte ſehr varbar bie 
' 93 Beobach⸗ 


28 a 3 


Beobachtungen und Bemerfungen diefer be» 
ruͤhmten Naturkuͤndigen gerade im wefentlie 
hen fehlerhaft zu finden. Sie hatten ihn außer 
dem Orte feines Aufenthaltes, todt, verſtuͤm⸗ 
melt, oder im Augenblicke daß er fterben wollte, 
unterſucht, und ſoiglich mußten ihre Beobachtun⸗ 
gen und die daraus gezogenen Reſultate von den 
meinigen ſehr verſchieden ausfallen. Zum Ber 
weiſe dieſes reicht es hin, den Hrn. Bonnet 
anzufuͤhren, der übrigens an Genauigkeit alle 
andere uͤbertrift, „nd den Hrn. van Doeve⸗ 
ren, ber mehrere Jahre nach jenem den Band. 
wurm zum. S)auptgegenftand feiner Abhandlung 
über die Einaeweidemürmer wählte Diefer 
giebt uns nur Beobachtungen anderer und einige 
Häfonnements, bie wohl wenig Grund zu has 
ben feinen; und jener fagt, daß der Band» 
wurm der Schleie aus dem Genferfee mit dem 
des Menfchen völlig glei wäre, und fcheint 
feine andere Bandwürmer von diefen unterfischt 
zu haben, als die todten, welche ihm Hr. Her⸗ 
eb mittheilte. 


Or. Lyonnet, dieſer vortrefliche Beobach⸗ 
ter, verſprach im J 1742 fein moͤglichſtes zu 
thun, um die Eigenthuͤmlichkeiten dieſes merk. 
wuͤrdigen Wurms ausfindig zu machen, und 
Hr. Pallas faßte 1766 den Vorſatz, fein ganzes 
Leben hindurch auf dieſen Gegenftand aufmerkſam 
zu fern. Was für Fortſchritte würde dieſe * 

nicht 


U 


— 


N 0 MP 109 
niche gervonnen haben, wenn jener an der Aus⸗ 
führung feines Worfaßes nicht gebindere märe, 
und was kann man nicht von biefem Manne noch 
erwarten, der mie dem vortreflichften Beobach» 
tungsgeiſte zugleid) Geleuenheit hatte, eine 
Menge_bergleicyen In verfchiedenen Laͤndern zu 
zergliebern? — Ich habe dadurch mehrere Bes 
obachter unter meinen Freunden dahin ges 


ftimme, ihre Aufmerffamkeit auf die Eingeweir 


dewürmer zu richten, daß ic) ihnen zeigte, wie 
wenig Man mit ber wahren Theorie Ihrer Erzeu⸗ 
gung und ihrer O konomie noch befannt fey, und 
ich hoffe, mit Hülfe des Mifroffopes unſere 
vereinigten Bemühungen nicht ganz unwuͤrkſam 
zu feben. 


—Ich habe mid fchen an einem anderen 
Hree * gegen ven Nahmen der Zoopbpter: oder - 
Thierpflanzen erklärt. Dieſer Nhme ift dop⸗ 
pelfinnig, wiewohl ihn mehrere Naturforſcher 
angenonımen haben, ungegründet und eine Urs 
fache aller Irrungen des großen finne’ aller feiner 
Schüler und beynahe aller Maturforfcher und 
Aerzte in der Beſtimmung der Natur des 
Bandwurmes. Als ein Soopbyt müfte er, 
nac) Art mancher Graͤſer, an einem Ende vers 
altern unb anderen bis ins Unendliche neue Rin⸗ 
ge anfegen, und mach Art. der Corallen in jes 

dern 


% Verm, terr, et Äurviat, I, 


130 0 b 


dem Ringe ein Thierchen, mit feinen Befruch⸗ 


tungstheilen enthalten.“ Folglich kam ihm 
der Kopf durchaus nicht zu, aber Millionen von 
Maͤulern; man fezte in jeden Ring eins, und 
wenn man einen Theil an einem von ben beyden 
Enden des Wurmes fahe, der dicker und orgas 
nifirter war, fo beehrte man ihn mit dem Nah 
men bulbus oder quafiradix. Gelbft Hr. 
Bonnet, der dem Bandwurme einen thierle 
fhen Kopf gab, war doc) in Abfihr des Ger 
brauches einiger melslichten Faſern am Kopfe 
ungewiß, bie er allenfalls für Wurzelnfafern 
hielt, ohne daran zu denken, daß fie zufällig fenn 
koͤnnten. dam 


Hr. Donner hat diejenigen binlängfich 
tofderlege, die nut einen einzigen Bandwurm in 
jedem Individuo annahmen und ihn Aus einer 
Kette von Würmern zufammenfezten. Aber 
auch die Stage, die er aufwirfe: ob es mehr, 
als eine Gattung von Dandwürme gebe, 
wird fogleich beanfwortet, wenn man mit Aufs 
merkſamkeit dfejenigen, welche ſich bey verfchie- 
denen  Ihiergattungen finden, unterſucht. 

> . Man 


* Linn, Syf, pag. 1323. Taenia altera ex- 

tremitate fenefeit, ‘dam generatur ab altera 

infinite procedendo, ut radix graminie. Ani- 

malia haec, uti fertulariae, eompofita funt, 

- latente intra fingulum;articglum animaleulo- 
zum fua frofification, 


een re TE ED an nn 





0 2 m 


Man findet zuwellen ſelbſt in einem und bemſel 
ben Subjekte zwey verſchieden⸗ Arten von 
Bandwuͤrmern, und es giebt dergleichen in Men« 
fhen, in den vierfüßigen Thieren, den Vögeln 
und Fiſchen, deren Ringe und vorzuͤglich deren 
Köpfe durch ihre Verſchiedenheiten die Gattun⸗ 
gen ſehr charakteriſtiſch unterſcheiden. Ich will 
bie Gattungen beftimmen, die ich neuerlich ent · 
det habe, und kann ‚übrigens diejenigen zum 
boraus verfichern, die in ben Eingeweiden der 
Tpiere nachfuchen wollen, daß fie für ihre Mühe 
durd) neue Entdeckungen hierin gewiß einen reis 
hen Erfaß erhalten werden, 


Taenia Equi, capite 'quadrangulo,, fon: 
minibus quatuor, ofculis inconfpicuis, 
‚articulis dilatatis brevifimis. 


Taenia Percae, eapite bulboſo, ocellis 
quatuor, ofculis marginalibus, articu- 
. lis quadranguiis, 


Taenia Lucii, capite bulbofo, hamis du- 
plieatis quatuor, ofculis lateralibus, 
‚articulis depreflis. 


Faenta Scorpii, capite <arınato mutico, 
oſculis lateralibus divergentibus, artir 
culis inaequalibus, | 


5 Taenia 








ı22 A005 
Taenia Anatis, capite obtufo, ofeulis la- 
teralibus fub marginem articulorum , 
articulis fubtriangularibus. 

Taenia Salmonis, capite globofo mutabi- 
li, ofeulis articulisgue annularibus in- 
eonlpicuis, 

5 

Taenia Phocae, capite tetragono, auri- 
eülis quatuor, antire verrucoſo. 


Diefen letzteren habe ich nicht gefehen. Er 
gehöret dem Herrn Othon, Fabricius Landeja 
au. 


Die Exiſtenz des Kopfes anı Bandwurme 
iſt alfo völlig außer Zweifel gefegt; und wenn 
man am Ende des Kopfes eine Defnung, und 
dieſe öfnen und fchließen ſiehet, fo het man wohl 
ein geringes Necht, dieſe für den Mund des 
Tpieres zu halten. Wenigſtens wird der Ges 
brauch der Eindrücde in den Ningen, die man 
bis ist für eben fo viel Maͤuler gehabt, hoͤchſt 
zweifelhaft. 


Dieſe Loͤcher und die ſie umgebenden blu⸗ 
menartigen Zeichnungen haben den Naturfor⸗ 
ſchern bey der Erklaͤrung nicht wenig Muͤhe ge⸗ 
macht. Die Loͤcher waren bald ſtigmata, bald 
Maͤuler, bald Hintern, bald dies, bald er 


wo 128 


Die Blumen waren bald druſigte Koͤrperchen, 
Blaſen, Knoͤpfe; bald hielt man ſie fuͤr Rippen, 
bald für Mägen, für Milchgefaͤße, und Einge⸗ 
meide. Eine nicht vorher eingenommene Be⸗ 
obachtung und ein Mikroſkop zerfiören alle diefe 
Meynungen, und veroffenbahren, daß die Blu⸗ 
menzeichnungen nichts als Eyer oder Eyerftöde 
find, die um das Loch herum. oft in eccentri« 
fhen Linien fih angehäuft baden, und daß bie 
Söcher die Defnungen find aus denen bielEyer 
‚bervorfommen. Wenn man einige Ringe auf: 
einer Glasfcheibe unter das Viraröfferungsglas 
bringe, fo kann man die Eyer in Menge aus den 
Sichern und ben zerriffenen Stellen hervorkom⸗ 
men ſehen, vorzüglic) wenn man fie unter zwey 
Platten drückt, _ 


Die Löcher und Zyer oder fugelichten 
Körper zeigen fich nicht an allen Ringen und aud) 
nicht an demfelben Bandwurme in jedem Alter. 
Die jungen Bandwürmer, die nur einen: Theil 
von den Ringen der älteren haben, befigen fie 
nicht; felbft find bey den Älteren und längeren. 
bie Ringe, melche dern Kopfe am nächften find, 
völlig von Eyern und Söchern frey. Je mehr 
die Ringe fi) aber der Mitte des Wurmes nd» 
bern, defto eher findet man die fugelichten 
Körper oder bie Eyer auf der ganzen Oberfläche des 
Ringes zerſtreuet und die Zeichnungen der Söcher. 
Yuf ber Hälfte des Wurmes und bie zu dem 

Ende, 


124 oe 


Ende, bas dem Kopfe entgegengefehtit, hac | 


fen fic) die Körper und bilden um die oͤcher her» 
um ſehr deutlich Kraͤnze und erheben dieſen 
Theil der Haut zu einer Art von Buckel. Bey 
den alten Bandwuͤrmern, die noch keinen Theil 
ihrer vorderen Ringe verlohren haben, ſieht man 
diefe von kugelichten Koͤrpern frey, weil daſelbſt 
die Eyer ſchon aus den Loͤchern herausgegangen 
ſind. Andry hatte dieſe kugelichten Koͤrper fuͤr 
Eyer achalten; Aber Bonnet war einer entge⸗ 
gengeſetzten Meynung, weil „feine Augen dies zu 
underfcheiden allein hinreichten und fie unfer dem 
‚ Bergröfferungsglafe ‘völlig unregelmägig erichies 


nen;,, daher „hält er fie für das, was bey gror 


ben Thieren das Fert iſt, — ‚Ganz offenbahr 


bat Hr. Bonner nur den unregelmäßigen Haus 


fen von Eyern oder dir Eyerftöce gefehen; und 
niem hls die einzelnen Eyer ſelbſt; noch weit 
weniger die Ener, bie nur unter einer fehr ftar- 
Een’ Bergröfferung fichtbar werden. Außerdem 


find. Fertf uͤmpchen immer Kelle, durchſichtig, 


ſchleimigt und: von verfchiedener Größe. Die 
Kügelchen am Bandwurme find hingegen gleich 
groß, undurch ſichtig, und nur dann etwa durch · 
ſichti, wenn ſie leer ſind. 


Nach dieſer Entdeckung der unbefchreißfi- 
hen. Menge von Eyern beym Bandwurme, da 
faft alle Ringe mehr oder weniger, ihrer Entfer⸗ 
mung mom. Kopfe gemäß, damit gefüllt find, 
rd kann 





Ks 
Ic. Kr A 5 


fon man nicht mehr davon zweifeln, ‚daß fie 
nicht eyergebährend find, Ob er auch leben, 
Dig gebiehre, fih durch Theilung fortpflan« 
zen ann, u. f. w. find noch unzubeantwortende 
ragen. Bey der Borausfegung, Daß in einem 
‚jeden Menjchen nur ein einzelnes. Individuum 
leben Fönne, und daß man von demfelben Indi— 
viduo hätte wohl achthundert Ellen abgehen ges 
feben, muß mon feine Zuflucht bey der Erklaͤ⸗ 
rung zur Meproduftion nehmen. Die, neuen 
Beobachtungen über die Wiedererzeugungen 
verſchiedenee Wuͤrmer ſcheinen fie. auch beym 
‚Bendwurme wahrfcheinfich zu machen, aber ge⸗ 
‚ nauere Unterfuchungen haben erwiefen, daß es 
‚bey einem Menfchen mehrere Bandwürmer geben 
könne, und daß ber folitaire famt feiner ganzen 
‚ungebeueren Sänge nichts, als einehrliches Mähr- 
‚hen if, Man maaß die abgegangenen Stüde 
‚und nahm fie ohne Grund für Theile eines einzi⸗ 
‚gen Wurmes. 
Diieſes Dafeyn mehrerer Wuͤrmer in dem 
felben Individuo, die zahllofe Menge von Ringen, 
‚die ungeheure Anzahi von Eyern in jedem Rin⸗ 
‚ge, u f.w. machen, mie mid) bünff, die Wie 
Dererzeuqung verlohren gegangener Theile weniger 
nörbig und weniger wahrfcheinfich. Ich würde 
gr jedem Falle, ‚ehe ich unbegreifliche und auf 
as Getathewohl angenommene Keime zugäbe, 
‚geneigten, fepın, zu glauben, „daß ein oder mehr 
tete no in, bet Nähe dev Wunde ſich entwickelt 
; und 


126 A 0 M— 

und aus ihnen ſich mehrere junge Bandwuͤrmer 
nicht weit von der Mutter entwickelt hätten. 
Die obenangeführte Erfahrung von einem jun⸗ 
‚gen Bandwurme, ber ſich am bintern Ringe ei⸗ 
nes alten befeftigt hatte, fcheint diefer Hypotheſe 
nicht zuwider zu ſeyn. Da id Grund, zu 
glauben, babe, daß die Entwickelung der Rin⸗ 
ge des Bandwurmes in dem Ringe, der dem 
Kopfe am rächften ift, geſchlehet, -fo wird fie 
offenbahr trog dem Verlufte am vorderen Theile, 
bis zu der jedem Wurme beftisimten Anzahl von 
Kingen fortgefezt, und der verſtuͤnmelte Wurm 
verlängert ſich allgemach, ohne an die Stelle 
der verlohren gegangenen Theile neue anzufegen. 
Die Knoten, die ſich nur hoͤchſt feiten auf dem 
Bandwurme antreffen laffen, und wie Ar. 
Donner ment, etwas zu Gunften der Nepros 
duftion fprehen, haben einen weit einfacheren 
Urfprung. Es gefihieher zumellen, daß der 
Wurm, wenn feine fänge gegen feine Dicke zu 
unverhaͤltnißmaͤßig groß iſt, und er einen neuen 
Punkt, ſich anzuhängen, ſucht, feinen vorderen 
Theil um den mitleren wickelt, und indem er 
den vorderen durch diefen Cirfel führe, fich ver 
wickelt und einen ſolchen Knoten madıt. 


Aus demfelben Grunde glaube ich, daß ſich 
abgefonderte Stücken weder von hinten noch won 
sone wiebererzeugen. Sie behalten einige Zeit 


lang noch eine ſchwache Bewegung, und geben 
w mi 


u 


} 


Er 


mit dem Kothe aus den Gedärmen for, Sch 
hbabe oftmahls losgegangene Stücke in den Thier« 
eingemeiden bemerfe, ohne auch nur bie ſchwaͤch⸗ 

fte Spur einer Wiederergeugung wahrzunehmen. 

Welche unendlihe Menge von Bandmürmern 

würde es geben, deren Anzahl in Menſchen 

doc) nur gering iſt, wenn die losgegangenen 

iſolirten Ringe, die man Kürbisternwürmer 
(vermes cucurbitinos) nennt, und die ſich von 

dem Bandwurme leicht losmachen, die Eigen« 

thümlichkeit hatten, die inne‘ und nad) feinem 

Beyſpiele mehrere Natur forſcher ihnen geben, 

daß fie fid) in das Unendliche Hin durch neue 

Ninge ergänzen Fönnten.* Der Vorzug ber 

Reproduktionskraft, den die Vorſehung den Po. 

Ippen , Nalden, Meeranemonen, u. f. w. zuges 

ſtanden hat, ift nur auf den Umſtand allein ge⸗ 
gründet, daß fie mehreren Thieren zur Nahrung 

‚ dienen, meldyes man vom Bandwurme nicht fa« 
gan fann, bey dem ber Mangel diefer Eigen 
ſchaft zureichend durch Die Menge feiner Eyer er⸗ 
ſezt wird. Diefe unendliche Menge von Eyern, 
welche das ganze Innere ver Ringe einnehmen, 
macht es beyn he mehr, als wahrſcheinlich, daß 
der Bandwurm nicht leb⸗ndig gebähre, obgleich 
das Gebaͤhren durch Eyer oder loetus ganz allein 
barauf ankommt, ob die Eyer in oder außer der 
Gebaͤhr⸗ 


® Recrefcentes novis articulis more matris, 
absque termino, Syftem, Natur, pag, 1323, 


128... 7, 0 RR <a 


Gebäßrmuter, fih eröfnen, und obgleich das 
eine ſowohl wie das andere Bey Schildflöben, 


Diattlöufen und mehreren Infuſionsthier- 


chen gefchiebet, X 


Jeder kennt den Bandwurm, als einen 
langen, platten, weislichten Wurm, der in fels 
ner ganzen Länge aus Ningen zufammengefeßt 
iſt, die in der Mitte oder an einer Seite mit 
einem Loche bezeichnet und an einem Ende dünn 
find. Was das andere betrift, fo find die bie. 
her gemachten Beobachtungen nicht entfchesdend 
genug, ch es dick, Flein und fein it. Der 
ſchwediſche Naturforfcher, der nie das vordere 
Ende vollfommen geſehen Hat, fpricht ihm das 
Hintere ab.* Bey allen Figuren, die ich 
‚ bis ist davon gefehen babe, war —— 

Ende verſtuͤmmelt. Auf der Figur des Tulpi⸗ 
u8 läuft es in eine Epige zu, aber wie kann 
man ſich hierauf berufen, da man das andere 
mit nn Vogelkopfe gemahle ſiehet? 


Der beruͤhmte Pallas und einige andere 
Beobachter reden von einem breiten und dicken 
Ende, aber fie fagen nichts beſtimmtes darüber, 
ob dies Ende noch ganz und fein Rand unbeſchaͤ⸗ 
dige war. Hr. Sommer hat fehr mic Necht 
e) N Den 


* Generatur ab alters infinite ——— 
ch * ** 


—— 


* — 
ee 


ee ie ee a Se 


no 129 
ben Fehler Clercs aufgedeckt, der bas ſpltzigſte 
Ende für den hintern Theil des Bandwurmes 
hielt; aber er giebt hier felbft eine völlig beweis⸗ 
lofe Hypotheſe zum Belten, indem er behaupter, 
baß, wenn ber Bandwurm ſich im Körper, den 
er bewohnte, gang unb unverfehre erhalten 
fönnte, es möglic) wäre, daß das hintere Ende 
fid) fo gut, als dag vordere in einer zugefpißten 
Feden endigen koͤnne. Cr flüge dies mit feinem 
Grunde, fondern fagt nur einige Zeilen tiefer: 
die Ringe des Dandwurm’s verkleinern 
fib, wie die bey dem gröften Theil der 
Würmer, um fo mebr, ale fie ſich den 
Enden nöbern, dies ift eine Tbarfache, 
die fich auf Beobachtung gruͤndet, Und 
doc) iſt dieſe Beobachtung eben nicht genau. 
Denn. bie Ringe von ber Gattung der Wür« 
mer, die man Fadenwourm (gordius) nennt, 
haben allenthalben einerley Umfang. Der 
 Kıd.und Regenwurm verfleineren fich erft 
am Ende felbft, und die Fleinen Aſkariden und 
mehrere Gattungen bes Dandwurmes nue 
‚allein gegen das eine Ende zu. Ob ich gleich 
‚einige hunderte Bandmwürmer aus den Eingemeie - 
ben verfchiedener Thiere unterſucht habe, ſo iſt 
mit doch auch nicht ein einziger vorgekommen, 
deſſen hinterer Theil in einen duͤnnen Faden ſich 
geendigt haͤtte, ſelbſt waren im Gegentheil die 
Ringe, je naͤher ſie dem hinteren Ende kamen, 
dicker und laͤnglichter ui bie anderen, oder 

we⸗ 


N N — 
Di. | 
430 Ic RT Be 


wenigfteng mie den mictleren von gleichem Umfans 
ge; etwas, dag ganz meiner Theorie der Ente 
wicdelungsart des Bandivurmes entſpricht. 


Die kleinen Handtücher vom Pferde 
und Lachſe, deren Ringe fi) gegen des Ende 
zu verkleinern und die Herrn Bonnet unbefonnt 
waren, find hiervon eine Ausnahme, ohne ſich 
deflen ungeachtet in einen Faden zu enden, und 
bieten ung überdem nod) eine befondere Erfcheie 
‚nurg dar. Es ift möglich, Daß ver Band« 

wurn im offgsmeinen fid) in feinem Aufenchafte 
ganz erhalte; bey Duadeupeden und Filchen fine 
det man zumeilen aanze und unverfiümmelte 
Die Fleinen beym Pferde maßen ohngefähr zwey 
Zoll. Die dam Kopfe benachbarten Ringe was 
xen ſehr Flein. Bald nimmt ihre Dicke bes 
traͤchtlich zu, und dies im vierten Theile'wer .Jäne 
- ge des Wurmes; dann nehmen fie wieder allmählich 


ab, und der lezte Ri g hat nur eine halbe Linie 


im Durcchmeffer. Die Fleinen des $achfes wer⸗ 
den auch gegen das ‚hintere Ende zu kleiner; aber 
außerdem, daß der legte Ring fuͤnfmahl laͤnger, 
als die anderen ift, haben fie auch noch weniger 
Ringe, als die großen. 


Dieſe ſonderbaren Erſcheinungen geben 


uns einigen Anlaß, uͤber die Art der Zunahme 
des Bandwurmes nachzudenken, und zwar 


um fo eher, da Hr. Donner diefen v. 
n 


ri o 3% = 


Sri 


\ 


* nie — Produften, bemerkt man, 
werden die Keime der Körper oder ihr erſtet 
Geundfloff durch eine allmäpliche Entwickelung 
fihtber und ftellen bey ihrer Erſcheinung die 
ganze; Figur der Mutter mit allen ihren Glietern, 
oder nur mit einigen, oder eine von der Mutter 

völlig, verſchieben⸗ Geſtalt dar. Dies fheilt bie 

Thiere in drey Klaffen. Der Bandivurm ges 
hoͤrt zur zweyten, oder zu der Ordnung, in tele 
cher Die Subjefre nicht mit allen ihren. Glledern 

erſcheinen. Ich babe vier Ringe mit Kopf und 
Mund verfehen, gefunden. Sie entwickeln ſich 
nur hoͤchſtens mit dieſer Anzahl von Gliedern, 

und die übrigen Fommen von Zeit zu Zeit her⸗ 
por, werden fichtbar, und der Wurm verlängerte 
ſich folglich betraͤchtlich weit. Aber wie geht das 
immer Dünner werben zu? Entwideln fi) die 
Ringe allmaplig vom großen an bis zum klei⸗ 
nen, fo daß diefe die jüngeren, ‚jene die älteren 
find? daß heiſt von ven dicken Ende zum düne 
nen, wie Linne“ behauptet? Oder find im Ges 
gentheile die Fleinften auch zugleich Die älteften, 
fo daß der erſte Ring des zugefpigten Endes den 
folgenden her vortreibt, und diefer den dritten, 
und fo die übrigen, mie Hr. Dallas meynt? 
Oder find endlich, wie ar. Diumenbach 
| 3a glaubt; 


130 0 + 


glanbt, die vorderen Ninge die älteften Kürbis 
“ £ernwürmer, bie ſich zuerſt vereinigt haben, 
aber die gegenwärtig fo Klein geworden find, 
weil fie den neuen Anfömmlingen, die ſich an 
fie angehängt haben, den Nahrungsfaft, den 
fie eingefogen haben, überfaffen mußten ? Man 
bat nicht noͤthig, dieſe legte Hypotheſe zu beant⸗ 
worten. * er 


Die erfte (nehmt. die des Line‘) ift der 


wahre Bewegungsgrund, der ihn, dem Bands 
wurme den Kopf abzufprechen, beftimmt hat. 
Denn fie reimt ſich nicht mie dem Dafeyn eines 


Kopfes, der in diefem Fall erſt nad) allen Kine | 
gen hätte entitehen müffen, ein Weg, der dem 


gewöhnlichen der Natur voͤllig entgegenlaufe: 
Man bemerfe aber den Kopf bey den Bande 


würmern von jedem Alter, jo gut bey den klei⸗ 


neren mit: wenigen Ningen, als bey den gros 
Ben mit mehreren. Er ift dem Wurme durch⸗ 


‚aus nothwendig, fo bald er ſich zu entwickeln 


anfängt; denn wenn man auc nicht zugeben 
wollte, daß fid) durch ihn aller Nahrungsfaft 
in den ganzen Körper bes Bandwurmes verbreis 
te, fo kann man doc) nicht leugnen, daß die 
Würmer ſich mit diefem Ende an die Wände 
der Eingemweide befeftigen. Selbſt die Einfafe 
fung der Ringe, die ven Theil des Ringes ge» 
gen ben Kopf zu umgiebt, aber nicht den gegen 
das hintere Ende, widerlegt vollends bie Ve 

theſe 


Be ei — 


a 0.8 133 


theſe vom Wachsthume des dicken Erbes nach dem 
duͤnnen zu, das heiſt, des dem Kopfe entgegen 
geſetzten noch dieſem zu, 


"Die Huporbefe des Arm. Pallas bat 
ſchon mehr Wahrfiheinlichfeit. - Aber man kann 
fie nur nicht gue mit dem Umſtande vereinigen, 
Daß die dem Kopfe benachbarten Ringe, vie 
nad) ihm die erſtgebohrenen und älteren find, 
fi) nad) Derbältniß der Nachbarſchaft mit dies 
ſem Theile fo verkleineren, daß man fie nur 

mit Hülfe eines Vergroͤſſerungsglaſes wahrnimmt 
und daß ſie weniger vollkommen ſind, als die 
entfernteren, die man für jünger hält; und daß 
diefe, ob fie gleich nad) ihnen weit Fleiner hervor⸗ 
fommen, weit gröffer werden, und fich mit Or⸗ 
ganen und Eyern anfüllen, die in jenen nirgends 
bemerkbar find, Außerdem hab ich niche 
einen wahrgenommen, ver an dem legten und 
gröfferen Ninge einen Eleineren und jüngeren ans 
fegte; ein Umftand, der mir bey der Menge kur⸗ 
zer und langer Banbwürmer, die Id) lebendig 
und in den Eingeweiden, zu allen Jahreszeiten 
beobachtet habe, nicht gut entwifchen konnte. 
Die Erfcheinung, daß ein junger Bandwurm 
zuweilen am letzten Ringe eines großen feſthaͤngt, 
‘ worauf man ſich bier berufen hat, fage hier zu 
Gunften dieſer Hypotheſe nichts, weil er nie in 
ber Mitte des Ringes, fondern an feinem Rande 
33 - fehle 


134 Wie 


feithieng , und die folgenden Ninge weit gröfler vr 


als die vorhergehenden waren. 


Wenn wir nun biefen Wurm, Bas wun⸗ 
derbarſte Thier in der Schöpfung, bermuchten ; 
wenn wir bemerken, Daß die Ringe des mitieren 
und hinteren Theiles dicker find und vollfommes 
ner organiſirt, als Die des vorderen; daß viele 
nach Massgabe ihrer Annäherung zum zuge 
fpisten Ende, fleiner, und die Defnungen für 
die Eyer und die Namificationen ver Eyerrſtoͤcke 
unſichtbarer warden, und daß man keine Spur 
weder von einem Loche, noch von Eyern in den 
Ringen findet, die dem Kopfe am nächften. lie 
sen, fo ſcheint dies alles ein Beweis dafür 
zu feyn, daß Die vollfommenften und vom 
Kopfe entfernteften Ninge aud) die erſter zeugten 
und aͤlteſten ſind, und daß ſie fuͤr deſto juͤnger zu 
halten fird, je mehr fie ſich dem Kopfe nähern, 
und daß die Ringe folglic) nicht einer den ande» 
ren hervorbringen, fondern alle, einer nach dem 
andern, aus bern Ringe entſtehen, derdem Kopfe 
om nächiten liegt, beynahe, wie der Fall bey 
den Naiden iſt wovon eine fich. nad) Der ander 
ten aus der Articulatien, die dem Hinteren am 
nächften ift, entwicelt. * Sc) fage beymabe, 

weil 


*Ich hatte ſchon dieſe Vermuthung uͤber die 
Art des Wachsthumes an dem Bandwurme, 
ee ih einmahl den Kopf gefehen ne 
Eine 


% 


” 


a 2 Ber 


weil bie Naiden an Thiere, und die - 


Ban wuͤrmer nichts, als Ringe entwickeln. 
Ale Beobhachtungen, die ich über den Sande 
wurm mit. dem breiten Schwanze argeftellt habe, 
flimmen zu diefer Theorie ves WB ichsthumes ' fie 
ſcheinen fogar feine andere zuzuiaflen. Selbft 
der Bindwurm des Zen. Dallis mir der Blaſe 

am Hintern erzeugte nach feiner Theorie dieſe 

ihm zur Eriftenz fo nothwendige Blaſe doch 
nicht eher, als bis alle füine Ringe da waren; 
nad) der meinigen hatte er diefelbe ſchon, da ſich 
der erſte Ring entwickelte. 


Bey dem Bandwurme des Lachſes und des 
Pferdes ſcheint die Natur von dieſer Regel eine 
Ausnahme gemacht zu haben. Ich habe kleine 


von dieſen Gattungen unterſucht, deken hinteres 


Theil vollkommen ausgebildet war, und die nicht 
mehr als zwey Zoll in der Laͤnge betrugen, und 
gröffre, von 8 bis Io Zoll, deren Hintertheil 
verſtuͤnmmelt war. So wadıft der Bandwurm 
bes Pferdes nicht anders, als der gröfte Theil 
der Thiere, indem er frine Ninge auf einmahl 
entwickelt, und den Spuren ſeiner einmahl ge⸗ 

J 4 bil⸗ 


Eine Nachricht davon In meiner Hiftor. verm. 


terreftr, et fluvıat. vol. 4, part. ‚2. pag. 9. 


Quid impedit, quo minus fieri poffirin tasniae 
articulo capiti proximo, (quemadmodum in 
naide perficitur in ani articulo, 


DR, SR ge 

136 er 

bildeten Geſtalt folge. Ich ſchlleße baraus, daß 
ein alter Bandwurm des Pferdes von so oder 
mehreren Zollen. diefelbe Anzahl und daflelbe 
Verhältniß der Ninge, als die jungen habe. 
Diefe Sonderbarkeit einer doppelten Art von 
Entwickelung bey einem Wurme veffelben Ges 
ſchlechtes, Hat mic) eben nicht Wunder genom⸗ 


men, da ich daffelbe hen ben Aphroditen und 
Taufendfüßen bemerkt habe. * 


Ich muß noch etwas über den Urfprung 
bes Bandwurmes in den Eingeweiden des Mens 
ſchen und der Thiere fagen. Die Hrn. Don: 
niet und van Doeveren erfparen mir die Wies 
derhohlung deffen, mas man davon bis auf ihre 
Zeiten gefaar hat, und die Widerlegung der 
ungegründrten alten Meynungen. Diefe bes 
rühmten Schriftiteller haben, ungeachter des von 
taufend Gelehrten und Naturforſchern erhaltenen 
Beyfalles, das Raͤthſel noch nicht geföfer. Ich 
will vollkommen zufrieden ſeyn, wenn ic) es da⸗ 


bin 


In meiner Abhandlung von Würmern des 
füßen und fülsigen Waffers ©. 186 fage ich: 
der Plattwurm hat bey einer Länge von acht 
Linien foviel Ringe und Füße, als bey einer 
Fänge von zwanzig Linien, und ber indiiche 
Tauſendfuß bey einer Känge von 2, 3, 44 Zoll, 
immer 20 Füße, indeß die anderen Ringe und 
Fuͤße in den Maaße vermehren, als ihr Körper 
ſich verlängert, BR N 


— 





u ee RE. ve 137 ° 
Bin bringe, meine Mitforfcher, die jünger find, 
und einer befferen Geſundheit gewieffen, ale ic), 
zum DVerfolg einer Laufbahn aufzumuntern, wel⸗ 
che alle Mühe, darauf fortzudommen, durch 
die Entdeckung der fonderbariten Geichöpfe und . 


die Aufflarung der erffaunungsmürbigiten Oeko⸗ 
nomie, reichlich vergile. 


Alle diejenigen, welche, mie diefe beyden 
Maturforfcher, annehmen, daß der Bandwurm 
im Waffer und in den Fifchen entſtuͤnde, ſtuͤtzen 
fi) vorzüglic) auf eine Behauptung Linue‘s, 
fie im Waſſer und in einigen Fiſchen gefunben 
zu haben. Alle Aerzte und Phyſiker nahmen 
tinne s Meynung an; man erinnerte ſich Faum 
berer des Dallifiners und Hartſoeker ohne 
Spott. Ich babe anderswo bewieſen, * daß 
die Inteſtinalwuͤrmer fich nie im Waſſer finden, 
‚ und ich babe fogar im Gerzentheil bemerkt, daß 
die Eingeweidewürmer, wenn man fie ins Waſ⸗ 
fer fegt, krank werben, md in wenig Minuten 
flerben, und daß fie dazu ganz eigentlich gebile 
bet find, im Inneren ner Thiere, verzüglich 
im Magen und in den Inteſtinen zu wohnen, 
obgleich diefer ihre murmförmige Bewegung alle 
andere Wefen tödtee urıd auflöiet. Die Aſkari⸗ 
den ber Fiſche können im Waſſer einige Tage. 

Er. 35 > forte 


* Verm, terr, et fluviat, Vol, I, part, IL 
Pag. 7» 


“138 AU 0 
fortieben; aber. ihre Confiftenz ift nicht fo weich, 


fie leben auch zugieic) außerhald der Eingewei⸗ 


de in ihren Membranen und in. Löchern im 
Fleiſche ſelbſt. Dafelbft liegen fie ſpiralfoͤrmig 
und wie tobt da, und laffen ſich nur ſehr feiten 
im Inſern der Eingeweide fehen, und zumeilen 
in der Kehle ber Fiſche ſehen, mo fie fi) an das 
Wafler gewöhnen. Cie bleiben gieicdhfam am 
Tore des Waflers und der Eingeweide. 


Mein berühmter Freund Donner hat zur 
meilen die Geheininifje der Natur ausgeſpaͤhet 
und Entdeckungen vorhdergeſagt. Doch iſt die 
Vor herſagung wohl falſch, daß man eines Ta⸗ 
ges finden wuͤrde mie die Würmer. des menſch⸗ 


lichen Körpers denfelben Uriprung hätten, als 


Diejenigen, welche die Geſchwuͤlſte des Rind⸗ 
viehes bewohnten xc. Es ift fehr befannt, daß 
biefe aus Eyern hervor fommen, welche die Flie⸗ 
gen gelegt haben, wurd fie die Meramorphoien 
der Inſekten erleiden, , Jene aber, die man mit 
Inſektenlarven verwech ſelt hat, verändern nie 
ihre Geftalt und leben nie außerhalb des thierie 
fehen Körpers. Die Vorausſetzung, der Bande 
wurm der Menſchen habe feinen Urfprung von 
demjenigen, welcher die &Schleie bewohnt, ift 
eben. fo wenig gegründet, Es ift nicht ſchwer 
zu begreifen, wie fie von. den Schleien, oder, um 
de Weg zu verfürzen, arıs dem Waffer in den 
Körper des Meyſchen vum aber die ganze 

Stage 


ld un nn nn u m ul nn ln ln a DZ U ee 


oo 139 


Stage verdient weiter feine Beantwortung, weil 
fie durchaus nicht von den Schleien kommen 
Fonnen, oder vielmehr, weil fie fid) nie im WS. f- 
fer aufhalten, noch in dieſem Eiemente eben 
fonnen. Auch haben neuere Beobachtungen ere 
wiefen, daß die Bendwuͤrmer des Menfiher von, 
einer ganz anderen Gattung, als die der Fiſche 
find, und waͤhrſcheiclich auch die der Vogel 
und der meiften vierfüßisen Thiere. Dies iſt 
völlig hinreichend, alle die Grünve umiumwerten, 
welche Hr van Doeveren uf mehr als 40 
Seiten zum Erweis des Urfprungeg derfelben vom 
Waſſer und den Fliſchen aufgeftelle hat. Die 
Woͤrmer, welche Hr. van Doeverer: für kleine 
Woſſerbandwuͤrmer haͤlt, find böchft wahrſchein⸗ 
lich meine Naiden, die ihnen in Abſicht der 

platten Ringe aͤhnlich ſind. 


Aber welches iſt denn nun der Urſprung des 
Bandwurmes, und wie konnmit er in ven Koͤr⸗ 
per ders Menfchen Binein? Vielleicht durch 
Bandwurmeyer der Thiere, die mie der Luft 
oder mit ben Nahrungsmitteln in den Körper 
fommen? Man kann daran gar nicht zrorifeln , 
daß die Saamen ter Eleinen Inteſtinalwuͤrmer 
und Ir fuſionsthierchen, deren Kleinheit alle 
Einbildungskrafe überfteige, nicht in der Suft 
und allenthalben zerfireuet wären, unb baß fie 
folglich in den menſchlichen und den Thierförper 
kommen ‚könnten. Aber dann wuͤrde jeder 
PO ya Maenſch 


Me‘, A, om 


Menſch und ein jegliches Thier mit " — 
men Geſellſchaftern uͤberfuͤllt ſeyn, wenn die guͤti⸗ 
ge Vorſehung dies nicht durch uns unbefannte 
Mittel verhindert haͤtte Wenn man bie zahl. 
lofe Menge von Eyern, die ein einziger Bande 
wurm enthalt, und die Seltenheit der damie 
behafteren Porfonen betrachtet, fo wird es ſehr 
wahrfcheinlih, Laß die Eyer des Bandwurmes 
ihre Kraft zu feimen in der Luft verliehren, und 
daß nur diejenigen, welche mit ben Ausleeruns 
gen nice fortgehen, ſich unter günftigen Ums 
ftänden an den Orten, wo fie hingelegt find, 
entwickeln, oder in den Saften ver Männer 
und Weiber zirfulicen und in ihren Kindern 
feimen. Ohne die Annahme diefes Sages läßt 
fic) fonft wohl fehwerlich erklären, wie es mög« 
lich iſt, daß man fie in neugebohrnen Kindern 
findet, in dem Parenchyma der Hechrleber‘, 
in ie weichen Gehirnſubſtanz bey,den Schaafen, 
wf m. 


{ Dies führt uns auf Valifineris und 
Hartſoekers Hypotheſe, bie ſich einbildeten, 
Adam habe den Bandwurm ſchon Be und 
von {hm hätten wir ihn befommen. Hr. Bon⸗ 
net ſieht ſie fuͤr eine ſchlechtbegruͤndete Hypotheſe 
eines Naturforſchers an, den die Schwierigkeiten 
bey den anderen Hypotheſen verlegen gemacht 
hatten, und ſtrengt ſich an, fie durch die hei⸗ 
* Schrift zu entfräften, indem er klaͤrlich 
dar⸗ 





R Ao ve h 141 


darthut, daß Gott alle Thiere, felbft nicht ein« 
mahl die Würmer ausgenommen, vor der Schoͤ⸗ 
Pfung des Menfchen erfchaffen habe, und ver. 
fihere: es reime ſich gar mit" Bottes 
Weisheit und Güte nicht, den unfchuldi- 
gen Adam mit einem foldyen Thiere ver- 
feben zu haben. Ungeachtet diefer fehr fchein« 
baren Einwürfe, begünftigen neuerlich anges 
ſtellte Beobachtungen, die uns den Bandwurm 
bey vierfüßigen Ihieren, Vögeln, Meer: und 
Stußfifhen, wie bey dem Menfchen entdeckt, und 
‚dergleichen weder in den füßen Gewäflern noch 
im Meere gefunden haben, die Hypotheſe, daß 
fie wohl zu gleicher Zeit mit den Thieren ger 
ſchaffen ſeyn mögen, und vielleicht wohl gar Die 
eriten Individua diefer Thiergefchlechter bewohn- 
ten. Wenn man die heilige Schriſt mit gram« 
matifalifcher Strenge behandelt hätte, fo wuͤr⸗ 
‚de man gefunden haben, daß nur von denen 
Thieren die Rebe war, die auf der Erde 
kriechen, und wann bie Erfahrung bemeift, 
daß die Bandwuͤrmer, die in dem Inneren der 
obenbenannten Thiere wohnen, gar nicht außer 
ihren Eingeweiden ſich finden, fo kann man ſich 
nicht entbrechen,, ihre Schöpfung zugleich mit 
ihrem Wohnfige anzunehmen ‚: den erften Aus 
genblick der Eriftenz der Würmer im Waſſer 
mit dem der anderen MWafferprodufte, und 
folglich den der menfchlichen Würmer mit dem 
des Menſchen ſelbſt für gleichzeitig zu Rn 


142 U 0 8 
Was ſagt man denn von ben Sishen, 
Zöufen, Milben u. f. w., die auf Tpieren 


"wohnen. und fid) von ihnen ernähren, wenn fie 
nicht mit den Subjekten, deren Körper ihnen zum 


Aufenthalt dienen, zugleich geſchaffen find. - 


Was den lebteren Einwurf berrife, fo muß man 


fic) erinnern, „nichts Davon weiß, was mit der 


Weisheit und Güte des Schoͤpfers uͤberein⸗ 


ſtimmet. Sie urtbeilt allein nad) Ihren eigenen 


Geufationen, denn um jenes zumiffen, müßte fie 
ihr Urtheil aus ben Gedanken deshöchften Weſens 
und den Senfatioren aller miterifticenden Wefen 
zieden koͤnnen. Es leuchtet im Gegentheil ein, 
daß die Schöpfung der Weſen, felbjt im Inne—⸗ 
ven; onderer Welen, nur dazu Dient, Die goͤtt⸗ 
liche Weisheit und Güte zu erheben, die mit 


Thieren Die Derter füllte, ‚meldye.des heilfamen 


Einfluſſes der tuft und. des. Lichtes entbeh⸗ 


ven, und bie fonft Feine anderen, Gefchöpfe ent» 


halten haben würden, die jich ihres Daſeyns era 
freuen: BEN A 


Bonnet nenne mit Recht Valifineris 


Antwort auf den obenerwähnten Einwurf drolligk, 


aber ich geftehe, daß ich, nicht zu begreifen im 
Stande, wie man diefem Einwurfe beffer ber 


gegne, wenn man mit Llerc,, wie. Hr. Bon⸗ 
* e 
net, vorausſetzt, ‚Daß alle „die, Würmer, 


wieldye das Eingewe de und andere Tbeile 
üinferes Körpers anftechen, in Adam vor 
—95 





A - 143° 


feinem Falle nur in Sorm von Eyern eri. 
flirten, die nur els eine Solge feines Un- 
gehorſams ſich entwicelten. Würde Gore 
wohl Wefen gefchöffen Haben, die, im Fall der 
Fehltritt richt ſtatt gehabt hätte, wieder in ihr 
Nichts hätten zurückkehren müffen, und folglich 
den Zweck ihres Dafepns, und ihnen das Ver 
gnügen das Leben zu genießen, und ben Ruhm 
des Schoͤpfers vereitelt hätten ? 


Der ſcheinbare Wirerfpruch,; daß Gott 
im Menſchen Weſen geſchaffen haͤtte, die ihn 
krank machen, ſcheint nicht ſehr ſchwierig beyzu⸗ 
legen zu ſeyn. 
Die Erfahrung lehrt uns, daß es nur 
ſehr wenige Menfchen giebt, die Wuͤrmer ha⸗ 

ben, und noch wenigere, die dadurd) frank. 
werben; und daß die, welche fie huben, ziem⸗ 
lic) feet find. Da ich auch fehr fette Vögel und 
Borzüglic, Fifche gefunden habe, die deſſen unge« 
achtet den Magen fo mit Würmern angefüllt 
Hatten, daß die Nahrungsmittel Faum Raum 
finden Fonnten, fo Fann man hieraus wohl ben 
Schluß ziehen, daß die Schmerzen, welche bie 
Menfcben fih) zumeilen verurfachen, nur ihren 
Grund in ihrer unregelmäßigen, widernatuͤrli⸗ 
chen Lebensart haben, 


Um dem Einwurf: warum dann nicht 
ale Menfhen von Wuͤrmern kiden, 
da 


144  < N 


da doch alle von Adam berftammen, darf 
mean nur wiſſen, daß alle Individug von den 
Gattungen der vierfüßigen Thiere, Vögel und 
Fiihe fie haben, und um dieje Erfcheinung zu 
erklären, braudyt man nur auf ben Umftand 
Rücklicht zu nehmen, daß ich fehr oft Band» 
wuͤrmer in dem Flebrigten Safte nahe bey dem 
KHinteren frey ſchwimmend angetvoffen habe, der 
fich eben entfernen wollte. Daraus ziehe ich den 
pafienden Schluß, daß, menn es ſich zutraͤgt, 
daß der Bandwurm, der Familienvater oder 
Mutter iſt, im Augenblick einer Ausleerung des 
Patienten den Ort verlaͤßt, wo er mit dem 
Kopfe ſich feſtgehaͤngt hatte, er ſogleich ab⸗ 
gehet, und ſo alle Kinder und Nachkoͤmm⸗ 
linge des Patienten vom Bandwurme befreyet 
werden. 


Hier" find leinige Folgerungen, die dem, 
was man ehemahls von dieſem eritaunungsmürs 
digen Thiere hörte und fagte, gerade entgegenge 
fegt find, und die fid) aus meinen Beobachtun⸗ 
gen geradezu ergeben. f 
4 


Der Bandwurm ift ein wahres Thier; 
weder Zoophyt, noch Thierpflange, 


Er Hat einen Kopf, der felbft fehr gut or⸗ 
ganifire iſt. 


Er 


* u — — — 


Sa hat. ei einen einzigen Mund am vorderen 


Die Defnungen ü in ber Mitte der Kinge, 


- die man fonft fälfchlich für Mäuler bielt , find 


Defnungen für die Eyer. 


Das Sauber um dieſen $öchern herum, 
find Ener oder verbundene Eyerftöde, 


her Er pflanze ſich durch Ener fort, und, wie 
es ſcheint, nicht durch lebendige Junge, Teen. 


nung oder Reproduktion. 


Er waͤchſt in die Knge gemeiniglich durch 
die Entwickelung der Ringe bey dem Kopfe, 


nehmlich einer nach dem anderen, nicht einer von 
dem anderen, - 


' Die Bandwürmer ber Duadrupeden, Wös 
gel, und Fifche find fpecifiich von einander untere 
fhieden ; und es giebt mehrere Öattungen derſel⸗ 
ben in jeder Thierordnung. 


Der Solitaire oder ein einzelner Bande 


wurm ift dies ſowohl beym Menſchen, als er 


den Quadrupeden nur zufällig. 


Der Bandwurm findet fih, wie eg mir 
men, in jedem —J—— die Wuͤrmer und 


Inſeklen 


> 0 
Inſekten Hein ausgenommen, fo viel man bis 


ißzt davon weiß, aber nicht injeder Gattung diefer 
Thiergeſchlechter. 


146 


1 


Er verurſacht ſchwerlich den Thieren, die 
einfach und natürlich leben, Schmerzen und 
Kranfheiten. | !. 


Man empfängt fie weder durch das’ Ge— 
traͤnk, noch durch Fiſcheſſen, Geflügel oder 

Fleiſch der Madrupeden, noch wabrfcheinlichft 
durch Einathmen aus der Kift. 





ER ET EN LIE EERERTTLEEETER σ RETTET EEE 
B ] 


II. 


Br. P. Boddaert von den zum thieriſchen Le— 
ben nötbigen Theilen bey verfchiedenen 2 
Thieren. 


Geſchluß.) 


IT, 
Die Ernährung ‚der Thiere, 
Ni dritte zur Erhaltung des fhierifchen 
Lebens unumgänglich nothwendig iſt 
die Ernaͤhrung. hr erſtes Organ iſt ber 
Mund, 


0 — 147 


Mund; All⸗ Thiere haben ihn; nur iſt er bey 


dem Bugelthiere und einigen Geſchlechtern der 
Eingeweidewuͤrmer nicht ſichtbar. * 


"Ra. Alle 


"* Dies’ ift das erfte Organ, welches das Thier 
unferen Augen fihtbar charakteriſirt. Durch 
zahllofe Modiftfationen verändert fich die Oef— 
nung, wodurd das Geſchoͤpf fi) nährt, vom 
niedrigften Thiere bis zum Menfchen herauf, 
und fie fcheint nach Verhaͤltniß um fo mehr 
fich zu verengern, je höher die Thiere zu edeleren 
Zwecken hinaufgehen. Bey der Pflanze fcheint 
alles noch Mund-zu feyn, ‚und er ift bey ihnen 
daher weniger ausgezeichnet und charakteriſirt. 
Sobald aber das thierifche Leben anfängt, fo 
prägt fi die Defnung, wodurch es erhalten. 
- werden foll, fchon deutlicher aus, und wird 
felbft "dann ſchon vollfommen unterfcheidbar, 
wenn die anderen Theilenur noch halbgezeichnet 
find, Je mehr das Thier fih vom Debürfniß 
entfernt und Triebe und Neigungen erhält, 
defto mehr verkleinern fich alle bloß zur Nah— 
zung und Erhaltung beftimmten Theile und 
mit ihnen auch der Mund. Ich weiß nicht, ob 
die pbyfiognomenifcbe Regel, bie fetbft bey 
Menfchen mehrere oder mindere Naͤherung zum 
Thiere aus der verhaͤltnißmaͤßigen Groͤße des 
Mundes beſtimmen will, gaͤnzlich ungegruͤndet 
iſt. Soviel iſt indeß volllommen wahr, daß 
bie ſchoͤnſten, edelſten Menſchengebilde in höchs 
ſter Vollkommenheit immer einen ſehr kleinen 
Mund haben. 


# ° 
\ 


« 


*48 Ic Fr N SG 


Alle vierfüßigen Thiere haben den Mund 
am äußeriten Ende der Schaauze, und bey 
ihnen allen ſind die Kinnbacken mit Zaͤhnen ver⸗ 
ſehen; außer bey dem Ameiſenfreſſer (Myr- 
mecophaga L.) und, dem Shuppenrbiere 
(Manis). Einige haben allein Ef, und Bad» 
zähne, wie das Faulthier, oder nur Backzaͤh— 
ne, wie das Düakelthier. * Andere, wie 
das Hornvieh, haben Feine Hundeszähne, ** 


Die wiederFäuenden Quadrupeden haben 
eine Zunge, die mit härteren Warzen befegt iſt, 
wie auch der Loͤwe, der Tieger und einige Wie⸗ 
ſelarten: Bey einigen ift fie fehr glatt, bey an. 
deren fehr lang und-cplinderförmig, wie bey dem 
Ameifenfreffer und dem Schuppenthiere, 


Nach der Zunge folge die Speiferöbte; 


ein langer Canal, der vom tingförmigen Knor⸗ 
pel (Cartilago cricoider) anfängt und bis zum 
Magen hinab feige. Sie ift ganz aus häufigen 
und muffelartigen Fafern zufammengefest , und 
an allen Stellen gleihmäßig weit. Verhaͤlt- 
niß aͤßig um fehr viel weiter ift fie bey fehr ge» 
ſraͤßigen und bey ſolchen Thieren, die ſelbſt 


Kno⸗ 


* Der Elephant und das Wallroß. m. 
== Auch die Zähne verliehren, ſobald als das 


Thier etwas. vollfommener wird, von ihrer 


Michtigleit zur Erha.tung deſſelben. M. 


a ——— nn nenn ee — En 


A 0 Me 19 
Knochen hinabſchlucken. Eine muſ kelartige 


Haut bilder ſie ganz, in der die Muſkeln gerade 


oder kreuzweis laufen. Bey dem Hunde, a) 
der Katze, b) dom Tieger, c) dem Debfen, d) 
Schaafe, e) und bey dem Schaaf kameele, f) 
(Guanaco, Pacos Linn.) laufen alle: diefe 
Muſkelfaſern ſchlangenartig gegen —— und 
kreuzen fich. 

Die Speiferöbre endigt ſich im Ma⸗ 
gen. Bey allen reißenden Thieren iſt dieſer nur 
einfach; wie auch bey dem Pferde, dem Ele⸗ 
phanten, Wallroß, Haafen und bey den 
hiergefchlechtern ‚ bie an feine beffimmte Nah⸗ 
rung gebunden find, wie bey dern Ochſen, 
der Maus und dem Schweine: die wieberfäu« 
enden Duadrupeden aber haben mehrere Magen, 
und zivar ihrer viere, * wie yE.das Äameel. g) 

83 Das 


a) Morgagni Adverfaria. J. peg: 19; 
) Grew Anatomy of the Guis. Pag. 22, 
.c) Mem. Adopt. Tom. I, 
4) Grew. a. a. D. pag. 26. 
e) daſ. pag. 17. | h 
‚= PD Fenilee Journal d’obferratiönst, faites far 
„les eot&s orient. de l’Amerique merid, Tom, 
IL 
“= Doc) nur diejenigen Ruminantia, die zugleich 
geſpaltene Klauen haben, die Schaafe, Ziegen, 
Antilopeir, die Kameele, Hieſche, das Kinds 
vieh u. f. wi ©..duß ıfte St. ©, 89. m. 
8) Comment. ‚Petropol, Tom. X, pag. * 
Sb. 


150 Ua 


Das Schaaftameel h) und der Tajakui) 
haben. nur einen, © aber won einer ſo befonderen 
Einrichtung, daß ihrer bey dem erſten Anblicke 
dreye zu ſeyn ſcheinen. Darum giebt Tyfon k) 
und —— der große Hauer I) dieſe zahl an, 


Fr Mir a6 anderen Defnung ſchlieſt ber Has 
gen an den Zwoͤlffingerdarm an, der nach 
mehreren Kruͤmmungen in den Leerdarm. über 
gehet. Dieſer ift wieder an dem Huͤftendarm 
geheftet, ; oder macht vielmehr nur) einen. mit 
dieſem aus, ; 


In Rockſich der Sihen Eingemweide findet 
man, daß der Blinddarm im Bären, Coali, 
und in anderen fleifchfreffenden Thieren, deren 
' Erfremente dünne find, gänzlich fehlt. 


Alle Thiere, welche lange Hauzaͤhne ha⸗ 

ben, find zugleich mit einem ſehr langen Blind« 
darme verſehen, wie der Diber, der Haaſe, 
das 


— He Bären in ſ. Hifoire' Nat. Tom, 

XXIIL giebt dem Dromedse vier, |und dem 
Bameele ſechs Mage, 

) Fenilde a. a. 

) Buffon Hiſt. Nat Tom. XX, pag: 43, Tab, 

VII. Fig, 14.22 

*) Philofoph, Tranfalt, n. 1534 

bh Habe; Elem, Phyfolog, Tom, VL, pag. 

| 447 





Ao "ar 


das Stachelſchwein, das guineiſche Reb- 


chen, wer Aguti, die Dergmaus, bie ges 
meine Maus, das Kichhorh, und das 
Scasftameel, bey welchem letzteren er eine 
fchlangenförmige Windung macht, m); wie auch 
bey den: Thiergeſchlechtern mit geſpaltenen Klau⸗ 
en und einem Hufe; bey dem Kameele und 
x dem Elephanten aber iſt er ‚fer klein. 


Bey den Steifchfveffenden endige ber 
Grimmdarm unter der Bereinigung mit dem 
Huͤftendarme in einen Sad; wie nach Linne im 
in Banengefihlechte ber Foll iſt. 


Da, wo der Grimmdarm wild bem Burma 
fortſatze ſich vereinigt,. ‚liegen bey allen, Thieren, 
die einen Blinddarm haben 1, zwey Klaͤppen. 


Im Darmfelle finden ſich bey den blerfuͤ⸗ 
Fisen Tieren die Milchgefaͤße, welche ven 
Speifefait zu— feinem Behaͤltniſſe, und durch die 
Speiſeſaftroͤhre in die linke Swͤſſelader 
7 


Bey ben snelm- finh bie Kinnbacten 
ohne äußere Muffeln. © Sie find. aus einent 
harten, born» oder vielmehr Frodjenartiden 
Stoffe gebildet, und find eigentlich mit fäges 

84 foͤrmi⸗ 


m) ©, Bhffon in der —— 0 


12 we N 


förmigen Zähnen ausgeruͤſtet. Did meiften 
baben eine unbemwegliche Gberkinniade In⸗ 
deß bewegt ſie ſich doch bey dem bocphgey nach 
oben, bey dem Wisvogel, der Schwalbe, 
der Lerche und wahrſcheinlich cud) bey dem 
Verkehrtſchnabel (Rhynchops, Linn.). 


Bey den Raubvsoͤgeln ſind die Schnaͤbel 
unterwaͤrts gekruͤmmet, hakenfoͤrmig; im ganzen 
Eiſter geſchlechte Eeifiörmig; bey den Sumpf 
voͤgem find fie meiſt lang und wei isenförniig. 


Im Entengefchle re ift der Schnabel 


breit, mit einer Haut überzogen und mit einem 


Hafen cm Ende. 


Km Sühnernefblechte iſt der Schnabel 
erhaben, rund," und die obere Kinnfade ift ges 
wölbe, fo daß 1 Rand, über, die untere her⸗ 
vorſtehet. 


Das eier bat einen Hegefföt 
migen zugeſpitzten Schnabel. 


Nur wenige unter der großen Menge von 
Vögeln haben am Schnabel zabnartige Her⸗ 
vorragungen, unb man findet fie nur bey dem 
Pfefferfraße (Toucan. Ramphaſtos Linn.), n) 
2* dem 

m) Linnaeus Syſt. XII. pag. 156 — Briffonii 
‚Ornithologie, Tom, IV, Tab. 31 — 33; * 
2— 


* 


— Ber 





v 


Bm Hornvogel (Buceros Linn.), 0) und dem 
Trogon (Trogon Linn — 59 


Bey dem —— (Plotus Linn.); q) 
dem Sägeraucher, r) dem Slaminno, 5) und 
unter dem Hühner» und Meiſengeſchlecht fin- 
det u feine gesähnte oder eingeferbte Schna⸗ 
Dur 


"Die Zunge der Raubvögel ift gefpaften; 

bey den Papageyen ift fie ganz, ‚rund, und 
humpfi federartig bey dem Tee .ufraße: £) 
Kg Ru kurz 


D’Aubenton Planeh, enlumin, 32, 166, 262, 
269, 307. un Sl 
0) Linnaeus Syft. XII, pag, 153 — Priffon. 

Ornithologie Tom. IV. 'Tab. 45-46. — 

 D’Aubenton Planch. enlumin. 283.. Sonft wird 
auch der. bon Senegall (nalutus Linn,) Tab, 
260 ohne Zühne abgebilder, 

p) Linnaeus Sytt. XII. Bag. 167. — Briffon. 

. Ornithol. Tom, IV. Tab, Tr, 6, ı7. 

Linnaeus Syß. XII. pag. 218. — Briſſon. 
Ocnithol. Tom, VI, pag. 477. — D'Aubenton 
Planch. enl. 107. 

r) Linn. Syft. XII. pag. 207. — Briffon, Orni- 

 thol, Tab. 22 — 25. — Edward Birds, 95. 
's) Linn, Syft. XII./pag: 230. — Briſſon. Ormi- 
thol. Tom. IV, pag. 533. Tab, 47. Fig, I. — 

D’ Aubenton Planch, enſum. 63. 
2) Ihre Zunge iſt mir eine halbe Spanne lang, 
ganz dünne, kaum von der Zfeite einer Linie pa der 
ur⸗ 


—8 | Br 


| 


154 — 0 * 
kurz und ſherf bey dem Hornvogel; N Ban 


Biekheher, der Rabe und dem Pirolgefpais | 


ten; pfeilföcmig bey dem Ruckuk; fehr fang 
und rund bey dem ‚UDendehals und Specht; 
kurz, ganz und fpigig bey dem SZisvogel; 
drenecfige, ſtumpf und kurz bey dem Wiede⸗ 
bopf; fabdenförmig, unb in der Geftalt einer 
aus zwey Faden zufammengewachfenen Yiöhre 
bey dem Kolubri. Der Braſilianiſche 
Scorch hat gar keine Zunge, 


Die Ourgel ift ben einigen Voͤgelarten 
ſehr kurz und weit, wie bey der Seerabe, u) 
dem Storche, w) der Loͤffelgans. x) 


Der Magen der meiften Voͤgel ift drey« 
fach. Ders erfte ift der Kropf oder Vorma⸗ 
gen, den man bey forn-und faamenfreffenden 
Voͤ ln finder; aber auch bey folder, die nicht ale 
fein Saamen, fondern auch Würmer freffen, wie 
dos gemeine Aubn, ı das Perlhuhn, der 
Specht, die Ente, der Taucher, Reiher, 
Slammant, und Eafuar, Auch findet nn 

wie⸗ 


Wurzel, hornigt und an den Seiten nach vors 
ne zu gezaſert. 


#) Mem. des Animanx, Tom. 1 


w) Ephem. Nat.. ‚Curiof, Decas Il. ann, 2, 
‚eb\. 97. 
K) Abm, Hif, des Öis, 





u — 0 ‚ge | IB 


wiewohl nicht fo deutlich, einen Kropf bey einis 
gen Raubvoͤgeln. Andern Vögeln fehle er 
ganz, wie der Trappe, dem Straus, 
dem Ärammetsvogel, der Schwalbe, dem 
Kuckuk, Wendehals; verfchiedenen Reiher⸗ 
arten, der Gans, und den meiſten Waſſer⸗ 
voͤgeln, die Mo mit Sen und Gemwürmen 
| — BER 


Der zweyte Magen ift eine Art von Buls 
bus, der aus der Gurgel hervorfommt, eine ey⸗ 
ſoͤrmige Geftale hat, und bey den meiften mit 
Druͤſen befege iſt. Sie fcheinen einen Saft abs 
sondern zu follen, der in dem dritten Magen die 


Speifen verzehrt. Dies ift bey benden, fowohl - . 


Sasmensals Fleiſch⸗ freffenden a 
Waſſer voͤgeln der Fall. 


Der dritte Magen findet ſich bey allen 
Vögeln; nur iſt er wieder in Ruͤckſicht des 
Baues unendlich verſchieden. Bey fleiſchfreſ⸗ 
ſenden Voͤgeln iſt er wie bey den vierfuͤßigen 
Thieren, welchlicher. Derber und kompakter 
hingegen iſt er bey den anderen, denen Feine bes 
flimmte Nahrung angewi * iſt; wie auch bey 
Sumpfvoͤgeln. Bey Saamen ⸗ und Koͤrner⸗ 
freſſenden iſt er am allerſtaͤrkſten, wie dies ſchon 
Reaumurs bekannte Verſuche erweiſen. "Se 
ſtark aber auch dieſer Magen iſt, ſo kann er doch 
keine Steine, Eile, und Gerald verdauen, 

wenn 


» 


a Br 2 


wenn die Thiere dies "zumellen verfchlucfen. _ 


Man bat fie immer in Straußenmägen unver 
- fehre gefunden. - Oft trift ınan Naͤgel, Glaß, 


Knochen, Kiefel, Eifen und Meffing, Zinn 


und Bley darin, y) und dies ift nicht allein 
beym Straus der Fall, fondern auch bey dem 
Dronte (Didus Linn,),z) dem Schwane, 
der Gans, dem Tuju, Suri oder ameri« 
Earifchen Strauß: (Rhea Linn.), a) der So⸗ 
litaire des Düffon.d)* 

Auch in dem Magen einiger Raubvoͤgel 
trift man oft Steinchen an, z B. ben dem 
Falken, Adler, c) ja ſelbſt bey vierfüßigen 


Thieren, wie bey bem Serbunde, dem Wol⸗ 


fe, d) dem Schuppsnihiere und dem Rro⸗ 
kodill. e) Bir 


Suͤf⸗ 


4) Memoires pour fervir.a l’'hiftoire des Ani- 
maux, part. IL, pag: #29, 
2) Man hat neulicy das Dafeyn des Dudu oder 
Dronte bezweifeln wollen, aber nenere Nach- 


richten haben es gewiß gemacht, daß er auf 


der Inſel Sranfreich Tebt. 
a) Hift. nat. utr. Ind, pag. 84: 

5’) Buffon Hiftoire nat. des Oiſoaux. Tom, II. 
Zuer ſt hat den Solitaire Leguat beſchrieben. 
S. Voyage.de F. Leguat, Tom, I, pag. 98. 
ec). Harvaei Exerc, Gen, VII, pag. 21. _ 

‘ "d) Journal de Trevouxs Fevf. 1705: 
'"'g) Borrichii Hetmet, Aegypt. Sap. pag. 276. 


De 
Düffon hat Recht, wenn er'glaubt,; daß 
dieſe Thiere alles, was ihnen vorgeworfen wird, 
auffteffen, weil ihner- der Geſchmack, oder die 
Geſchmackpapillen, fo wie der Geruch gaͤnzlich 
feblen. 


Die Magenmuſkeln fheinen auch vorzügs 
lich zum. Ausbrechen der Speiſen nad) der 
Mahlzeit zu dienen, und die fleiſchfreſſenden 
Voͤgel geben fie wieder in der Form runter Bals 
fen von fid). f) Dies Ausfpeyen trife man felbft 
bey dem Pelifan und tem Johann von 
Gent (Baffaeus Linn.) an, g) * 


Selbft unter den Wögeln giebt es wieder« 
fäuende, 3. B. ber Dapagey. h), Der Auer⸗ 
babn füllt feinen Kropf mit, Eicheln, ftille damit 
allein feinen Hunger im Winter und verzehrt fie 
fodann kangfam. 


Bey einigen’ Vögeln ift die Milz an 


Magen Itammachfen, ‚wie dies ber Fall bey 
bem 


f) Hiftoire des Animaux, Tom, Ill, pag. 387. 
g) Crew muüfaeum pag, I1, 


*Viele von den fleifchfreffenden Bögen, wie 
Eulen ꝛc., koͤnnen doch) die Knochen und Haare 
der Heinen Thiere nicht verdauen, ' 


bh Perrauls Eflays Tom, III, pag, 213. 


158 | A 0 


dem Adler, 2) dem Sperber, k) u.a. iſt. 
Die Leber der Vögel ift mehrentheils doppelt, 
wie bey dem Adler, 2) ber Eule, m) ver 
Ente, n) und bey allen Wögein, die guter Vers 
dauungskraͤfte bedürfen. 


Die Gedärme der Vögel find gemeinig« 
lich fehr Flein; bey don Sumpfvoͤtgeln o) find 
fie etwas länger, Bey den fleifinfrefjenden 


haben fie eine ungemeine Kürze, wie bey dem - | 


Adler, dem Geyer, Salken, ver Eule, dem 
Spechte, dem Ruckuk, dem Flammant, 
’ der Köffelgans, dem Storche, dem Eider⸗ 
vogel, Caſuar und dem Strauß; p) doc) find’ 
die dünnen Gedärme bey allen Thieren immer 
länger, als die dicken, 

Auch findet man in ihren Eingemweiben, 
wie bey vierfüßigen Thieren, Druͤſen, die zu ih⸗ 
ver Defeuchtung dienen. 


Unter 


5) Mem. pour ferv, a ’Hiftoire des Animaux, 
Tom, Ill. pag. 205. sr 
k) Blafus Anatomia Animalium pag. 131, } 
I) Wopfer de Cicuta pag. 173. 

m) Ephemerid. Natur, Curiof, Dec. II. ann, 45 
obf, 34. . 

n) Blafius a. a. D. pag. 262. 

e) Marfigli Danub. Tom. VI. pag. 13. 


?) Haler Elem, Phyfiol, Tom. Vi. pas 6 


” 





Ba 0 159. 
Unter dem dicken Darme liegt bey den 
Voͤgeln ein Blinddarm vielmahl aufemnienge« 
fihlagen über den Maſtdarm. Ben der Lies 
we und dem Beiher ift er aber dod) nur eins 


fach q) 


Sm Glihmergefähte * iſt er ſehr groß. 
Auch trift derſelbe Zal ben, den Enten und 
dem Sirauße ein, bey. denen er auch mie 
einer Klappe vörfchloffen if r) In einer bes 
traͤchtlichen Sänge findet er fi; bey der Eule, 
dem Buntfpecht, dem Kranich, dem He⸗ 
ber und Pelikan, 


Der Grimmdarm ift bey den mehrften glatt, 
doch bey dem Strauße ganz voll von Zellen, 
wie bey den Bierfüßigen Thieren, uno hat auch 
bey diefem allein Bänder,’ 


Unterfucht man nun das Syſtem der Era 
nährung bey Voͤgeln, fo wird man eg weit ein» 
facher, als bey den vierfüßigen Thieren, finden, 
Da fie feinen Mund haben, fo bedürfen fie 
aud) aller dee Muffeln nicht, welche bie vierfuͤ⸗ 
ßigen Thiere zum Kauen nöthig haben, Der 
Dau des Magens jest ihn in Stand, die Speifen 

ſchnel⸗ 


4) Albin, Ois, Tom, IT, Pag. 14. — Willug- 
by Ornithologie, pag. 70. 


r) Buffon Hift, des Oifeayx Tom, I, 


+60 a o * 


ſchneller zu verzehren, als dies bey vierfuͤßigen 
Thieren geſchehen kann, damit das Gewicht der 
Gierig und unordentlich verſchluckten Speifen den 
Flug nicht beſchweren moͤchte. 


Bey den Ampbibien iſt dies Syſtem 


un noch ungleich einſacher. hr Mund hält 
zwifchen dem Schnabel der Vögel und dem 
Munde der Fiſche die Mitte; bey einigen ift 
ec mit dicken Muffeln befegt, die ihn zu einer 
erftaunenden Welte eröfnen Fönnen ; wie dies bey 
Schlangen und Krokodillen fo fihtbar iſt. 


Einige Froͤſche Fönnen ihn fo weit auffperren, 


Daß er die Augen bedeckt; doch foll er im Herbfte 
völlig gefchloffen feyn. s) R 


Der Mund der Schildkroͤten ift item 


Aufenthalte auf dem tande und im Wafler nad) 
verfchieden; da die Seefchildkräten eine Art 


von Papageyenſchnabel, und die Landſchild⸗ 


kroͤten eine ſtumpfe Schnauze haben. ) 


Mel») N Fyderen haben gewoͤhnlich eine 
ftumpfe platte Schnauze; nur muß AIR, den 
ro⸗ 


») Nieuwe Vaderl. Letteroefeningen. VI. 
Deel. 

2) Gronovius Muſ. Ichtyol. Fafe, II, pag. 85. 
= Vergl, mit Zooph, n. 72-74 


| 


| 
| 
; 





or o 168 
‘ Krokodil mie ber enlinbeifchen Senauye hier. 
von abfondern u). 


Bey einigen Schlangen ift das Maul 

fedr ftumpf, wie bey der Rlapperfchlange, 

der Doas oder Abpottsfchlange, einigen 

Nattern und Blind ſchleichen. Bey an⸗ 

dern iſt ee wieder ſpitziger, wie bey ber Deit- 

- fibenfchlange, der Linchoa, amd einigen ans 
deren. 


Der Srör, der Hai, der Äcche, bie 
Driche und der Seeteufel haben den Mund un« 
ten am $eibe zwifchen ven Luftloͤchern (Spiracula); 
die übrigen aber, die Linne“ in die Elaffe der 
Amphibien bringt, haben die Schnauze vorn 

mit zwey bloßen Rinnladen. Die Siren bat 
einen Mund wie eine Endere. * 


Die Form der Zaͤhne oder vielmehr der 
Einſchnitte in der Kinnlade iſt unendlich verſchie⸗ 
ben. Bey Fiſchen findet man fie gar nicht. 
Die oftindifchen fliegenden Drachen haben 

allein 


u) Edward in ben Philofoph. Transakt. Vol. 
XXIX. pag. 629. Tab.;rg. — Adanfon Seneg. 
" pag. 73. — Gronovius Zooph. n. 40. und Haf« 
Seiquifl Reize naar Palaeft. II. Deel. pag, 110, 
in den Anmerkungen, N. IV. Pl IV,S, 4. 


! 


168 so MB 
allein eine ausgezadte Unterfinnlabe; bey den 
Weſtind ſchen find es beyde w). Die 
Schildkroͤten haben einen ftarf gericften Kno⸗ 
chen, ver die Stelle der Zähne vertritt x). Une 
ter den Eydexen bat der Krofodill ſeht 
ſcharfe Zähne, auch ber Leguan, ber Stas 
chelfehbwanz y), und Schlofjers SEHDRMNE | 
ſche Zyder: 2). h. 


By den Schlangen Klee die Zähne - 
auch ſehr. Kinige haben gar Feine, andere, 
und unter biefen vorzüglich die, welche giftig 
find, haben zwey ſehr große Hauzahne, vie 
frumm und inwerdig hohl find, wie die Älap- 
perſchlange a). Auch findet ſich daſſelbe bey 
verſchiedenen Boas, vorzüglich bey der Run⸗ 
zelſchlange (Caecilia Linn.). Außer dieſen 
beweglichen Zaͤhnen ſind ſie noch mit kleineren 
verſehen, die ebenfalls krumm und ſcharf ſind. 


Die 


w) Houttuin —— Hiſtorie VI, Deel. 
Pag. 70 und 74. 

x) ©. meine Beobachtung der fnorpelichten 
Schildkröte pag. 16. 

y) Honreuin a. a. D. pag. O4 

2) Sıhluffers Befchiyving der Amboin, Haag- 
difch. bl. 14. 

a) Vofmaers Befchryving —* Rateyflang — 
Auch des Hrn. Leibarzt Michaelis im Goͤttin⸗ 


giſch. Magaz. 4 — I, &t, 





u 163 
Die fchwimmenden Amphibien haben 
ganze Reihen von Zähnen nad) einander. So 
fand Perrault 5) im Kochen drey Reihen; 
in einem großen Hai ihrer fechs c); und exiſtirt 
ber Fiſch, der die verſteinten fogenannten 
Schlangenzungen. (gloffopetrae) giebt, vie 
mon mit fehr viel Wahrfcheinlichfeit an⸗ 
nimmt, d) * fo findfieein Denfmahl der erftaun« 
lichen Thierarten, von denen fie herkommen. 
Aud) in dem Wagen der Prichen findet man 
‚Zähne, und alle Zifhe, die von Schaalthies 
ven leben, haben vergleichen am Gaumen e). 


Linne“s ſchwimmende Amphibien haben 
any ober mehr runde Eeilförmige Zähne, 
ga wie 


5) Mem. ponr fervir a PHiſtoire des Ani- 
auux Tom. III. pag. 147. 


e) Aldrovandus de Pifcibus, pag. 381. 


d) Fabius Colummo de Gloflopetris — Ber- 

trand Dietionaire oryltolog, Tom, I. pag. 

248. 

* Dieſe find zwar im Ganzen den Haififchzähe 

"nen ähnlich, aber fie find doch von den itzt uns 

befannten zu fehr verſchieden, als daß man dies 

fen fie zufchreiben dürfte — ©. AReifke de 

Gloffepetris Luneburgenf, ed, 2. Norimberg. 
" 3687. 8. 


e) Nourelles Obfervations er l’oßeologie, | 
paß · 23. 


* 


14 No. 


wie der Beinfiſch, Igelfiſch und Korn 
N 


Bey den eigentlichen Sifchen trift man + 
in dem Baue des Mundes und deu Sahne eis 
nen ſehr merklichen Unserfchied an. Der Ya. 
deſſen Geſtalt fehr nahe an die der Aunzele 
ſchlange (Caecilia) kommt, ähnelt ihr auch 
in Ruͤckſicht der Form des Mundes, indeß die 
Waſſerſchlangen den Nattern nahe fom« 


J 


men. Die Zaͤhne des Seewolfes find ſo 
ſcharf, daß ſie im Eiſen Spuren zuruͤcklaſſen g). 
Bey dem Soͤgefiſche läuft die Oberkinnlade 
in einen langen platten Knochen (Ruͤſſel) hinaus, 
ift aber ganz zahnios. Ben dem Schwer ds 
fifche hat die Oberkinnlade zwar an jeder Seite 
Zähne, die aber, "wenn das Thier noch jung” 
iſt, mit einem Haͤutchen bedeckt find. Der 
Spinnenfiſch (Callionymur Linn,) hat eine 
doppelte Oberlippe, und die Kinnladen rauh. 
Der Himmelſeher (Uranofcopus Linn.) hat 
eine aufgezogene Schnauze und ſehr feharfe 
Zaͤhne. 










) Linn, Syſt. XII, pag. 404, 407, d1o, 
412, 414. | | 
) Houttuin Natnurlyke Hiftorie VIl, Deel, 
Pag. 125. 
h) Pallas Spicil. Zoolog. Faſc. VIIT. pag. 29 
i) Honttuin. a, a. O. VIl. Deel, Tab, LX 
Fig. 1. e 


) ö 


Er [e) * Na! 165 


Zähne. Da Schleimfifh hat nur zwey 
" Zähne in ber Unterfinnlade, wie in den Kiefen; 
over die beyden Kinnladen mit einer Menge 


von Zähnen befest, wie die Gattorugina. 


Beym Saugefiſch finde ich fehr viele, 
kaum ſichtbare Zahne in den Kinnlaben; doch 
habe ich feine weder auf der Zunge noch auf 
dem Gaumen gefunden k), Die Dorade hat 
nach Willoughby ), in den KRinnladen, auf 
dem Gaumen und der Zunge, Zahne Dallas 


“fand bey der Seegeldorade im Libenſchen Ka⸗ 
-binet allein in den Rinnladen Zähne m). „Die 
Meerzrundel (Gobii Linn.) b:ben fämtlich 


dergleichen in den Rinnladen. Mach Dalles 
Meynung giebt es gar einige, Die ſelbſt mit 
Hundszaͤhnen verfehen find m). Auch die ſel⸗ 
gene chineſiſche Grundel, Kambek, bey weicher 
die Zähne horizontal nad) außen flehn, beftätigte 


Biss 0). _ 
a &3 Uns 


"I R) Gromvins Zooph, n. 75, 

1) Willoughhy Ichthyolog, pag. 213. 

m) Pallas Spicileg. Zooiog. Fafc. VIII. pag. 
19. Tab. III. Fig. 1. 
© n) Padas Spicil. Zool, Fafc. VIII pag. 2. — 

Gobius Schlofferi: daſ. pag. 6. — Gobius 
- Koelreuteri, 

0) Linn. Sy. XII. pag. 450. - Amoeni- 
„tat. Acad, Vol, IV. pag. 230, n. 29. Tab. II. 


Fig 2 


—— Re 


Unter den Knurrhaͤhnen oder Stein. 
pickern giebts einige mit, andere ohne Zähne. 
Die Skorpaͤna bat in ben Kinnladen, auf 
ber Zunge, dem Gaumen und in der Kehle _ 


Zähne p). - . 


Der Mund ift/bey einigen Fichfen von 
ganz befonderer Einrichtung. Einige haben eine 
lange, beinigte, hervorragende Schnauze, wie 
der ruͤſſelkspfige Alippfifcy (Chaetodon 
roftratus Linn.) aus der er fehr gefchickt mit 
Waſſertropfen feinen Feind befhieft g); der 
Seebraſſe, betruͤgeriſche Seebraffe (Spa- 
rus infidiator Lian.) hat einen langen pfeifen« 
ähnlichen Ruͤſſel, den er einziehen und vorſchie⸗ 
ben Pann r). Der Nadelfiſch, der Meſſer⸗ 
fiſch, und das Weerpferd haben einen langen 
ai der fi) vorn mit einer Klappe er—⸗ 
oͤfnet. 


Die Raupen haben mehrenthells zwey 
krumme Kinnladen, die bey einigen ihrer Gat— 
tungen ausgekerbt find und wie Scheesen wuͤr⸗ 





fen; 


p) Houttuin Nat, Hi. VII Deel, pag. 
304. 

9) Schaller iu d. Philofopk, Tranfadt, 2765. 
pag. 89. Tab. 9, 

r) Pallas Spieileg, Zoolog, Fafc, VII, pag, 
41. Tab. V. Fig, 1. 


0 167 


ken; fie geftalten ſich rach der Werfehisbenheis 


— 


bes Subjekts mannigfaltig, und ſtarke Muffeln 
heften fie an den Schaͤdel feſt ). Auch bey 
ben meiſten Raͤfetgattungen wird dies bemerk⸗ 
lich, z. B. bey dem Rammkaͤfer t) (Lucanus 
Linn; Le Cerf volant.). Unter dieſen zeich⸗ 
net der große Erdkaͤfer befonders aus. Eben⸗ 
falls aud) die Küffelfäfer, bie Linne“ Difpar 
und Anchoraco nennt u); dergleichen Echeeren, 


bemerkt man vorzüglich bey Weſpen und Slies 


gen; aber unter allen diefen ift der Ruͤſſel des 
Ameifenlöwen am mwunderbarften 'gebilbet, der 


aus zwey Frummen, hohlen, gezähnten, und 


ſcharfzugeſpitzten Scheren, die wie Saugröhren 
würfen, beſtehet w). 


84 Der 


Lyonnet Anatom de la Chenille &c. pag. 43. 
Tab. 1. Fig. 7. D. D. Tab. 11. Fig. 1. D D. 
Fig. 2. A. E. D. D. 

2) Sloane Voyage. II. Tab. 237. Fig. 6 — 
Merian, Sarin. Tab. 45. — Brown Jamsic. p. 
429. Tab, 44. Fig. 8. — D’Aubenron Planch. 
en), Tab. 64. Fig. 2. Tab. 90. Fig.ı3. — 
Drury Infeets. Tab. 36. 

u) Syft. Nat, XII, pag. 612. n. 55, 56, — 
Gronovius Zooph, n. 583. Tab, 15, Fig. 4. 


w) Reaumur Mem. des Infeetes. Tom. VI 
part. 2. pag, 106, Tab, 31. Fig. 3, 4. cc, Tab. 
33. Fig. 4 5. 


168 U Me 
Der Mund der Gewürme ift nach den 


Geſchlechtern verſchieben; denn fo iſt der des 


Spulwurms in der Geſtalt einer kleinen 


Streife x); der Regenwurm hat einen kleinen 
Schnauzenfoͤrmigen unter dem erſten Gliede ); 
der Schaafegel hat keinen Kopf, aber der Mund 
ſitzt am Halſe 2). 


Der Sprigwurm (Sipunculus Linn,) 
hat einen dünnen chlindriſchen Mund, der, wie 
bey dem betriegerifchen Braſſen, zurücziehbar, 
und mit Meinen Tuͤppelchen befegt ift a). 


Der Dlurtigehhat einen Mund mit einer 
dreyeckigten Oefnung, mit drey -fcharfen ftarfen 
Zähnen befegt 6); doch finde ich ben dem Fnotig- 
ten Blutigel einen zahnloſen, aber firablenförmig 
gerunzelten Mind, wie Dafter es außerorbente 


lid) fchön hat abbilden laſſen c). Die Schne⸗ 


cken haben einen gezähnfen Ruͤſſel, der Kiefens 
wurm 


x) Van Phelſum Hiſt. Phyſiol. Afcarid. 


9) Linmaeus Syſt. XII, pag. 1077. — Bonnet 


Infe&tolog. Tom T. \ 


z) Schäffer von Egelſchnecken. Regenfp.1753.4: 
Li 


©: 8. Fig 1 — 5, IH, 18. 

a) Bohadfeh de Animal. marin. pag. 95. Tab, 
VI BR. 306. ° 7 

5) Houttnin. a. a. O. XIV. pag. 103. 


) Bafler matuurkundige Vitfpanningen, 1 | 


Deel, pag. 94. Tab. X. Fig, 4. 





Die ine hehe im ie 


en 


0 ie 160 


wurm hat cylindriſche Aerme, und die Zaͤhnei im 
Schlunde a). 


Der Seehaaſe (Laplyſia Linn.) il eis 
nen platten felchförmigen Nüffel, unter dem 
man den Eingang in die Suftröhre  wahrs 
nimmt e). 


Die Seeſchnecke hat einen Mund, der ei⸗ 
nem runden Loche aͤhnlich iſt 5). 


Die Seemaus har Zähne im Magen g). 
Die Amphitriten (Nereides Pall. Sabellae 
Linn.) haben als Mund eine Eleine runde Deff- 
nung zwifhen den Fühlhörnern h). Die 
Meeranemone (Adinia Linn.) hat feinen . 
kreuzweis oder. dreyeckigt geöffneten Mund z). 


Diefe hat auch einen runden Küffel und 
frumme Zähne; die Tethys (Tethys Linn.) 
ift mit einem, ſchnauzenfoͤrmigen Munde ver» 
feben, 
95 Die 

4) Houttnin. a. a. D. pag. 127. 

e) Rohad/ch de Animal. marin, pag, 6. Tab. 

1. Fig. 2. litt. c, 

5 daf. pag- 67. Tab. X, Fig, gi litt: a. 

2) Pallas Mifcell, Zoolog. pag. 79. Tab, VIl. 
: bh) baf. Tab, IX, Fig. VII. Litt. c. a. 


i) Bohad/ch, Animal, Marin. PaB- ‚130. Tab, 
x, Fig. x. 4 


— 


170 oe 


Die Seeblafe hat einen am vorderen En« 
de mit äftigen Fuͤhlfaden befesten Mund k). - Der 
Steinborer (Terebella Linn.) hat den Mund 
an der unteren Seite mit einer runden Deffnung 
und zwey Kneipzangen 7). Ben der Seylläa 
(Scyllaea Linn.) ift der Mund fehr eng; bey 
der Seekage trichterförmig, hornartig und mit 
jwey Zähnen ausgerüftet m), 


Der Mund der Dualle oder Seeneffel 
(Medufa Linn.) befindet fic) an der unteren 
Seite am Mittelpunfte, wozu aud) die Beroe 
Des Srowne n) und Dafter 0) gehött,. die 
Linne“ zu den Rugelthieren rechnete. 


Bey den Seeſternen liege der Mund una 
ten, und ift oft fünfmahl gerheil. Der Sen 
igel bat einen Mund, der nad) unten liegt, und 
mit fünf fpigigen, auf eine ganz wunderbare Art 
eingerichteten Zähnen ausgerüfter iftp). > 

lle 


) Houteuin. a. a. ©. XIV, Stuck. bl, 299, 
Tab. 110. Fig. 1. 2. 

I) Vitgezogte Verhandelingen IV. bl. 234, 

Tab. 28. Fig. 17 litt. a, Fig. 18. litt. b, 

m) Lifler Conc y!. bivalv. pag. 23- 

n) Bromnenatur, Hiftory of lamaica, pag. 304. 
Tab. 43. Fig. 2. 

o)Bafler Natuurkundige Uitfpanningen II, 
Des, pag. 123, Tab. XIV. Fig. 5. litt. a. 

p) Klein Echin, pag. 123. XVUIL 





N 0 * 171 


Alle dieſe Thiere haben einen Kanal, der 
zum Magen heraublaͤuft, und bey einigen Ge⸗ 
ſchlechtern kleine Zaͤhne hat. Der Magen der 
Froͤſche und Schlangen iſt laͤnglichtrund, 
doch immer breiter, als die Speiſeroͤhre. Bon 
gleicher Geftale ift er auch bey ben meiſten Fis 
ſchen g), und nur allenfalls in fo fern abwei⸗ 
end, daß er bey einigen eyrund, bey anderen 
noch mehr gerünbet erſcheint. Bey anderen hat 
er zwey Thelle und einen Anhaͤngſel 7). 


Ben den "Serneffeln find ih keinen be 
fonderen Magen. Die Seemaus (Aphıodite 
aculeata Linn.) hat am Ende ber Epeiferöhre 
einen länglichten Magen, deſſen Oefnung zwey 
£ippen bat 5). 


Die meiften Fiſche haben eine Leber, 
und etwas ähnliches bat fich auch bey den Rreb⸗ 
fen ?), den Auftern u), den Schnechen w), 

den 
Haller Elem. Phyfiol. Tom, VI. pag. 109, 

7) Gouan Hi. Pifc. pag. 80. $. 55. j 

s) Pallar Mifeell, Zoolog. pag. 99. Fig, 8, 

Tab: VII. ‘ 

», Willis Anim, brut, pag. 10, Tab. 3. Fig, * 

Mem. de l'Acad. 1700, 


u) Ebendaf. Tab, 2. Fig. 2, 
*) Lifler Synopf, Conchyl, pag, 73, 7 75 


" 


ige, R o | 
den Wiufchelarten x), der Seekatze y), und 


bey dem Erdwurm 2), gefunden. 


Die Daͤrme der Amphibien fird an 
allen Stellen gleich dick, wie id) Dies bey der 
grünen Eydexe (Lacerta agilis), bey der 
Natter und dem Froſche zu mehreren Maps 
len gefeben habe. A | 


Bey den Sifchen find die Eingeweide cylin« 
driſch und allenthalden gleichmäßig ausgedehnt; 
man müfte dann bie Appendices;Pylori für eis 


- gene Därme anfeben wollen. 


Bey einigen haben fie nur zwey Bieguns 
gen am Pylorus und andem Hinteren; ben andes 
ven nur eine, z. B. bey dem Drachien, 
Lachs, dar Schleibe, dem Stoͤr und dem 
Kochen. Von noch weit einfaherem Baue 
finden fie fi) bey der Seekatze a) und dem 
Goldfiſche 5), ben denen die Jänge der Därme 
nicht über die des Körpers hinausgehet. ur 

| i 


x) Haller Elementa Phyſiol. Tom. VI. pag. 


454. 
y) Zwammerdam Byb, der Natuur, bl, 888, 


889: 
2) Malpigh. de Glandul. conglob, 


#) Zwammerdam daf. 


4) Ad, Holm, Tom, |VI, pag. 399, 


A0 173 


iſt auch ci dem Aale, der Driche, und dem 


Nadelfiſche der Fall, 


Die meiften Sifche find auch mit einer 
Harnblaſe verſehen. 


Bey den Suß waſſerſchuecken hot der 
Darm dia Dicke von einer Schreibfeder, und 


zertheilt fid) in verſchiedene Eleinere, vie ſich wohl 


auf neunzehn bis zwanzig Paar belaufen. Die 
blinden Daͤrme endigen fid) in einen länglichten, 
mit Mufteln umgebenen Sad rc). Der Ser 
baje hat einen Swölffingerdarm, der viele 
Kruͤmmungen mad)t, und dann in ben Maſt. 
darm gehet d). 


Die zitternde Seeblaſe (Holothuria 
tremulans Lion,) hat einen cylindriſchen Darm 
von beträchtliche Länge, ber bis zum Hinteren 


gehet e). 


Bey den Raupen hat Lyonnet dicke und 
dünne Gedaͤrme bemarft f). 


— Bey 


.e) Pallas Mifcell, Zool, pag. 87. Tab. VII. 
Fig, 10. dddd, 

d — de animal, marin, pag. 2:. Tab, 3. 
Fig: 3 
o) bafpage gg. 

f) Lyonnst Trait. anat, 3 Mi Chen, pag, 
472, 47% Tab. 13. Fig!%uy2 BE, FrGi H. |, 





174 0 — — 


Bey den Floͤhen, Muͤcken, uf. m. 
Habe ich dicke und dünne Gedaͤrme, felbft mie 
einer wurmförmigen Bewegung entdeckt; man 
findet fie in Sliegeng) und dem Uferaas 
gleihfalls. j | | 


Die Polypen find, wenn man fo fagen will, . 
eigentlich ganz Magen, weil fie ihre Nahrung 
ganz verſchlucken, und fie nur wie eine Scheibe 
umſchließen h). 


Diefe Veranftaltung zur Nutrition, bie 
bey allen Thieren fich vorfindet, ift am vollfom« 
menften bey den vierfüßigen Ibieren; dann 
etwas minder vollfommen bey den Dögeln, die 
ohne Harndlafe find, feftgefege. 


Bey den Ampbibien, die fchon mit einer 
Harnblaſe verſehen find, findet fein Unterfchied 
zwiſchen dicken und dünnen Gedärmen ſtatt. 
Die der Fiſche find fehr Elein, und kuͤrzer, als 
ihr Körper. 


Ben den Gewürmen findet fi nur ein Ka» 
nal, oder ganz und gar feiner. 


Bey 


£) Zwammerdam Byb. der Natuur, Tab, 
XV, Fig 4. 


b) Pallas Berzeichn. d. Pflanz, 34 





0 m 175 


Benhy den Inſekten find die Daͤrme volle 
fommener gebauet; auch baden fie bier mehr 
‚sebensfraft, als bey den Fiſchen, Amphi⸗ 
bien, und Gewuͤrmen. 


Die Thierpflanzen haben gar Feine Eine 
geweide. 


IV. 


Von dem Gehbirne und dem Ruͤckenmarke. 


- Hır bie Theile, deren ich oben erwähnt habe, 
ſind niche im Stande, eine Bewegung zu. 
bewürfen, und es ift durchaus unleugbar, daß 
biefe allein von den Ylerven herfomme; fo 
ſchwierig es auch feyn mag, auszumachen, mie 
Diefe würfen. Ale Nerven entfpringen aus dem 
Gehirne; und es giebt daher nur wenige Thier« 
arten, bie ganz ohne Gehirn (ind. 


Der Menſch, und alle bie Thiere, bie 
nahe neben ihm fiehen, haben bas fe Ge 
irn. 





160° oe. ne 
bien. * Bey einem ausgewachfenen Menfchen 
wiegt es wohl an fünf Pfund z).; 


In ber Affenart, die man unter dem 
Nahmen Drang» Utang Fennt, fand Hr. D'Au⸗ 
benton ein Gehirn von 11 Unzen 7 Gran an 
Gewicht k); und man fand es ben der Meer⸗ 
katze größer, als ben dem Suchfe /). 


Bey 


* Nach Hr. Soͤmmerings Bemerkung, richtet 
fich die Klugheit der Thiere in fo fern nach) dem - 
Behirne, Nücenmarfe und den Nerven, daß 

die Größe der beyden erſtern gegen die Dicke der 
legtern im umgekehrten Verhaͤltniſſe mit den 
Geiftesfräften ftehet, und die Thiere folglich um fo 
mehr Berftand haben, je feiner ihre Nerven find, 
und je geöffer ihr Gehirn iſt. Die alte Meynung 
von dem Verbältnifje ded Verftandegreichthums 

zur bloßen Größe des Gehirnes fand nirgends 
Veſtaͤtigung, aber allenthalben Widerlegung; 
denn der feine, kluge Elephant erhielt verhaͤlrniß⸗ 
mäßig ein nur jo Tleines Gehirn; und wenn 
DeAubentons Bemerkung, daß die groͤſten 

Thiere nur das kleinſte Gehirn hätten, allent⸗ 
halben fic) beftätigt fände, -müfte man nur bey 
Heinen Thieren Derftandeskräfre fuchen. Auch 
verhält es fich eben jo mit der fpesififen 

"Schwere. m, 

i) Haller Phyfiol, IV. pag. 10. $ 5. 

4) Buffon Hifk-Nat, Tom. XXVII. pag. 107, 

) Wwislis de cerebro, pag. 188. 





sg 0 Be 197 


4 


Bey ben wiederfäuenden Thieren, dea 


ren Sclafmuffeln von einer beträchelichen 
Größe find, finder fi) das Gehirn verhältniß« 
mäßig ungleich Eleiner, als bey dem Löwen m), 
dem Därenn), dem Wolf 0) und den 
Suchesp), Bey den chunde betrug das Ges 
» wicht deffelben nur 25 Drachmen, obgleich fein 
ganzer Körper 62 Pfund od: Alſo ein Ver⸗ 

haͤſtniß von 1: 305. 


Bey gras freſſenden Thieren variirt dies 


Verhaͤltniß, nachdem dieſe Thiere mehr oben 
weniger fert find. In einem hundert und funf⸗ 
zig pfündigen Ochfen fand man zwey Pfund 
Gehirn. Das des Eiephanten ift fehr. flein, 
ben einer von 5000 Pfunden hatte nur 17 Pfund 
Gehirn g). 


Bey bir Vergleichung der treflichen Bercch« 
nungen des Hrn. D Aubentonb wird. man fehr 
leicht 


m) Memoires pour fervir a l’Hiftoire des 
Animaux. 

n) Commerc. Litter, Nor, 1734. 38. Woche,» 
er Memoires de Montpellier a, 1746. pasg · 


3 Buffon Hiſt. nat, Tom. XIV, pag. 1234 

ed, 8. 

9 Blancaard Jaareg. Hoofdß, VI. 99...):, 
‘ 1 M « ! 


f 


U 


178 R © * 


leicht bemerken daß die groͤß? en Thiere immer 
das fleinfte Gehirn haben; denn bey einer Feld⸗ 


maus, die 472 Gran oder 7 Dramen 3 


Skrupel und 12 Grat wog, wog das ae 


‚10; Gran. 


Das Gehirn der Vögel und Fiſche will 
ic übergeben, da das Verhaͤltniß vom Arm 
von SDaller auf das genauefte angrgeben ilt r). _ 


Bey den Ampbibien findet man das Ge⸗ 
hien beynahe dem der Fiſche aͤhnlich. 
Zwam nerdam hat audy bey den Mufebeln 
ein Gehirn gefunden 5), und — im dp 


floh t). 


Auch 6 y den Pewürmen findet # 6 ein 
Gehirn. In den Raupen macht es ungefähr 
den funfzigften Theil des Kopfes aus u), und‘ 
verbreicet ſich nachher knotenweis durch den gan 
zen Körper. 


Aus 


r) Hollandfche Maatſchappy. X. Deel, 2 
Stuck. pag. 287. u. f. 

5) Zwamimerdam Byb: der Natuur. Tab, IV. 
Fig. 6. 
:) Schäffer vom Wafferfloh. ©. 39... / { 
u) Lyonner Trait. anat, pag. 96. Tab, 18. 

‚Fig. 4. litt, a, 


Mo 179. 
Aus dem Eleinen Bebirne kommt biy allen 
Thieren das verlängerte Mark, das bey ben 
' Dusdrupeden, . Vögeln und Fiſchen die 
Wirbel hinabgehet, und durch Dxfrungen in 
denſelben feine Nerven herausſchickt. Worziglich 
onfchaulih macht ung Dies der Bau der: Be. 
würme.  Waipigbi fand dieſe Einrichtung 
bey dem Seidenwurmev), Swammerdam 
in einer Aaups w), in der Diene, den: Ufer— 
aas, dem Nashornkaͤfer, in einer Raub. 
fliege (Afilus Linn.), in einer Arobbe, in 
einer Laus, u. ſ. w. Hr. Hedi fand vaffelbe 
in einem, Dlutigel x). Bohadſch fand die 
Merven des NRücdenmarfes in tem Seehaa⸗— 
fen, mit Knoten um die Eingeweide gefchlune 
gny) 70° HR Ben 


Bey den Meerquallen, bey ber Elio 2), 
ober Thalia a) des Hrn. Browne, hab ich gig 
ein Gehirn ill sorige fönnen; diewohl 

2 R die 


v) Malpigh: de Pomb. pag. 20. Tab, 6. 
mw) Zwammerdım pag. 453. Tab. 28. Fig. 3, 
— de Geek Inſect. Tom, I. pag. 13. Tab I, 
‚Fig. 9, 10, 
x)’ Redi Anim, Viv. Tab, he Journ. de 
fc. 1697. n. 28. 
y) Böhadf:b de Anim. Marin. pag. 9. Tab, 
Il. Fig. 7. 
2) Bromne Jam. pag. 386, Tab, 43. Fig: 8. 
‘a) daf, pag. 384. Tab. 43. Fig. 3. 


180 | oe 


die Clio, ober ber Sluͤgelwurm, i in * Zach⸗ 
nungen immer mit Augen abgebildet wird. 
Eben fo wenig iſt es bey den Polypen und den 
anderen Thierpflanzen ſichtbar, ob cs gleich 
ohne Zweifel vorhanden fyn mag, wie zum res) - 
nigften die: Erfcheinungen hoͤchſt wahrfcheintich 
machen, daß fie ihren Raub bemerken und ihn 
ergreifen, daß fie das Licht‘ ſuchen, — 


Sobald ein Thier Gehirn und ein verlaͤn⸗ 
gertes Mark erhielt, bekam es auch Nerven, 
ohne deren Vermittelung durchaus keine Bewe⸗ 
gung denkbar iſt. 


Geht man nur allein den angefuͤhrten Er« 
ſcheinungen nach), die uns der Blutumlauf, das 
Athemhohlen, und die Nutrition darbieten, und 
vergleicht man fie unter einander, fo hat man 
alle. Hofnung, Spuren ausfindig zu machen, die 
den Gang ver Natur bezeichnen. * 


* oe 
* Die- Bildung des Herzens fcheint das Mite 
tel zu feyn, wodurch die Natur die Rangord— 
nung unter den Erdweſen beſtimmte, und e3 
iſt Faum glaublic) und zu begreifen, wie Diefer, 
- unbeträchtlich fcheinende Umſtand Thiere Anz 
derte und fogar ganze Klaſſen von A 
fchied,. ei 
Gt, 


— ıgı 


ESo haben die Cuadrupeden ein Herz 
- mit zwey Herzohren, zwey Herzfammern, und 
warmes Blut; die Dönel ebendas, Biy den 
Amphibien wird der Umlauf fehon einfacher, 
- da das Blut aus der $ungenader in die, rechte 
>. Herzeammer gehet. Die Fiſche Haben nur Ein 
Herzohr und nur Eine Herzkammer. Bey den 
Inſekten hat das Herz mehrentheils gar feine 
Ohren, und bey den Gewuͤrmen ift es entweder 
von einem aͤußerſt einfachen Baue, ober zuweilen 
fehlet es ganz. 


Derſelbe Fall iſt bey dem Syſteme des 
Athemhohlens, DaB eine ganz andere Ein« 
richtung bey den Quadrupeden, als bey den 
Poͤgeln hat, mo die sungen flüffig find, und 
9 denen die Luftroͤhre zum Bauche herab⸗ 
gehet. 


M3 LT RN; 


3. Thiere mit zwey Herzkammern und Höhlen 
%, erhielten warmes Blut, und damit einen 
unermeßlich großen Beytrag zu eier Ieben- 
digeren Exiſtenz. So vierfüßtge Thiere und 
Voͤgel. * 
2. Thiere mit Einer Herzkammer und Höhle, 
wie die Amphibien und Fiſche, behielten ihr 
Blut zwar roth, aber es ward kalt. 
3. Thiere mit Einer Herzkammer und. Feiner 
Herzhoͤhle, wie die Inſekten und Wuͤrmer, 
belamen kaltes und weißes Blut, 1, 


182 ae 


Da den Amphibien das Zwergfell fehle, 
fo fird die Lungen auch weit länger, und man. 
Fann deshalb durch die Lftroͤhre einen Froſch 
völlig aufblafen, Die Sifche haben gar feine 
unge. Den Würmern liegen fie auf dem 
Ruͤcken, oder am Hinteren, oder fehlen ihnen 
ebenfalls ganz. ; 


Die wiedertäuenden Thiere haben meh 
rere Magen; wie auch die Dögel. Bey den 
Amphibien ift dr Magen nur ein Forkſatz ter 
Speiſeroͤhre und des Zwöiffingerdarmes. 


Bey ven Fiſchen ift der Magen nur eine 
fach, und nur mit einer Menge Anhängfel ver« 
feben. Die Bewärme haben verſchiedene, die 
Tinfekten nur einen Magen, der den ganzen 
Körper entlang läuft, aber doch fo zart und 
durchſichtig ift, daß die Speifen in demfelben von 
außen fichtbar werden. 


Keinem Thiere mit. Nerven fehle das 
Gehirn und. das verlängerte Mark, aus 
denen die Merven immer ihren Urfprung 
nehmen. 


Odb nun gleich zum geben der Blutumlauf, 
das Athemhohlen und endlich die Nutrition 
ſchlechterdings erforderlich find, fo iſt es boch 

nur 


ad < 


—— 


nur an das Nervenſyſtem gebunden, und haͤngt 
beſonders vom verlängerten Marke ab. 


2) Hefiept mar Merfchen am &hen, beren 

Blutumlauf einige Zeit ftille geſt nden hot, und 
ein Benfpiel davon fird Ertrunfere "und Er— 
ſtickte, die man nachher wieder zu fich felbft 
brachte. Kin Froſch lebe noch wenn ihm das 
Herz ausgeſchnitten iſt Ja man bar ſelbſt 
bey Menſchen ähnliche Fälle. - Ein fpanifcber _ 
Soldat fprad) noch einige Worte, nachdem ihm 
das Herz war B), und ein anderer 
beiete noch) c). 


Die Nutrition kann 44 ‚lie aänztich 
bey Menfchen und Thieren ohne Gefahr für Das 


seben aufhören. Ein Maͤdchen geneß vom 6, 


December 1734 bis zum 30 Junii 1735 nichts d), 
und. ein anderes fiebenjähriges oß in 4 ohren 
nichts +). Ein anderes Kind lebte a Jahre 
. ohne Rue f )». und eine ‚grau nehm 50 

M 4 ' Sabre 


b) a Cofla Hift, Natural. Ind, Lib. V, DE. 
243. 
e) Bacon Hift, Vit. et Mort. pag. 390% . 


4) Platners Briefe eined Arztes, II. Th. 


2 
e) Hiſt. de l'Acad. des Scienc, a, 1736. 
f) van der Monde Journal de Medecine, 


ENT REN ER a ——— 
/ 

4 7, U .0 * 
Jahre lang nichts zu ſich, als nur zuweilen ein 
wenig Mild) 8): 


: Die Rlapperfchlange: fan ſehe lange 
ohne Nahrung zubringen; einige beynahe einen 
Monat h) , andere felbft 9 Monate. 


Was die Nothwendigkeit des Athemhoh⸗ 
lens betrift, ſo trift man oft genug Menſchen 
an, die man für todt hielt, bey denen man nichts 
mehr von diefer Verrichtung bemerkte, und die 

doch noch fortlebten. \ 


Auch ift in der That das Befirn fo noth⸗ 
wendig nicht, daß ein Thier ohne daſſelbe niche 
fortleben Fönnte ; denn dieſe Möglichkeit beweifen 
die Wun en im Gehirne, bey denen ein Theil 
feiner Subftanz verlohren gieng, Ein Ochs 


. mit einem verjteinerten Gehirne lebte lange Zeit z), 


und Redi nahm einer Schildfröte das Gehirn 
aus dem Kopfe, die demohnerachtet nod) einige 
Tage fortlevte k). 


A 


‚Wird 


g) Edinburger Verfuche. 1. Theil. 
- bh) Vofmaer Befchtyring. der Ratelflang‘ — 
Michaelis a. a. O. 
) Collect. acad, Vol, IIE pag. 7. * 
k) Redi de Anim. viv. — Mehrere folder 


Beyfpiele führt Blumenbach (Spec. Phyf, Com- 


par 


s 





RE NO ARE. 185 
Wird aber das Ruͤckenmark vernichter, 
ſo geht Das Leben unwiederbringlich verlohren, 
wie dies beym Halsbrechen und Verletzung des 
Ruͤckgrades augenſcheinlich ſichtbar wird. Bey 
alien Thieren hat das Leben daher feinen Gig 
im verlaͤngerten Marke, indeß das Athem⸗ 
boblen, die Nutrition und der Blutum⸗ 
lauf zur Erhaltung und Fortdauer des thieriſchen 
Körpers dienen. 





NS a II, 


par. pag. 22.) an. Der Rumpf einer Schilde 
fröte bewegte fi) ohne Kopf noch 11=14 Tage 
"nachher (Guldenitsedt theor, vir. c, h, primi- 
tiv, pag. 74). Ueberhaupt fcheint die Reisbarz 
keit zuzunehnten, wenn bie Empfindlichkeit, die 
‚von einer feinen Zartheit det Nerven und einem 
großen Gehirne abhängt, allmaͤhlig erftirbt, 
Die Watur verteilte die Lebenskraft in Die 
Glieder, da ſie die zur Erhaltung der Organi— 
fation nothwendigen Bewegungen bey ganz 
Heinen Gehirnen oft nicht von dieſem abhängig 
machen fonnte; darum ſcheint auch Empfindlich- 
keit und Reizbarkeit in fofern einerley Urfprunges 
zu feyn, daß gleichfam allen. organifirten 
Wefen ein gleiches Maas von diefer Kraft zu- 
gemeffen zu feyn fcheint, daß, wenn. fie in die 
Glieder verbreitet ward, fie im Gehirne fehlte, 
und ‚wenn die Theile nur wenig erhielten, fie 
ſich im Senforio ‘gänzlich anfammelte, ſich laͤu— 
terte, und endlich zur Vernunft ward, M. 


186 A 0 
x | II; ö 
Klaturgefchichte des Bifon. 


D« Biſon iſt eine Nace bes wilden Ochfen, 
Die ihre zottigee Mähne om Nakin unt an 
den Schultern und ein anſehnlicher Buckel von 
allen übrigen hinlaͤnglich abſondert. — Der 
amerifanifche Ochſe ift am Kopfe und an den 
Schultern mit langen Zotten eines vörblichen 
Wellhaares bedeckt, das Über die Augen und 
Hörner fo ſtark herablaͤllt, daß nur tie Spiben 
von ven leßteren fichtbar bleiben. Um Kinne 
und Die Wammen herab, hängt ein großer 
Sixich zottigter Haare, die übrige Oberfläche 
des Körpers iſt während des Sommers n’ ft, 
im Winter aber durdyaus mit Haaren beffeider. 
Die Kuh, welche Eleiner ift, bat den zottigten 
Strich von Hıaren nicht, der dem Stiere ein jo 
furchtbares Anfeben giebt. — Dies hier 
waͤchſt zu einem beträchtlichen Umfange heran, 
und bekoͤmmt zuweilen ein Gewicht von 1600 
bis 2400 Pfund. ein Zell allein ift fo ſchwer, 
doß es der ſtaͤrkſt Mann che vom Boden aufs 
heben Ffanr, Der Bifon und ver Aueroche in 
Europa find ſicher von einer Gattung, und allein 
darin verſchieden, daß der erſtere weniger zottigt 
iſt, ein härteres, weniger wolligtes Haar und 
ein ftärferes Hintertheil hat. Beyde Geſchlech⸗ 
ter haben einen Muſkuegeruch. 

| Den 


I 
/ 











lt u 


he SE » Mn BZ 


























































































































DER IBISAMOCHSE 





gr VE nd. RESE 





* — 


A ⸗ — 187 
Droen Bifon fand man — in mehreren 
Theilen der alten Welt; obgleich unter ſehr ver⸗ 
fericdenen Benennungen ; denn Ar iſtotelrs 
nannte ihn binalus; — —— urus; — 
Plinius: bifon; — und Oppian: * "pifton. — 
Zu ihrer Zeit traf man ihn in Medien und it 
Daeonia, einer mazedonifehen Provinz, auf ta 
pen und in den großen Harzweidern an, bi 
fin) von Deurfchland aus bis nad) Sarmitic: 
erſtreckten. Neuerlich fand‘ man eine weiße 


Röce: deffelden in den ſchottiſchen Gebürgen ein · 
heimiſch, die aber bald in ihrem milden Zuſtan -· 


de ausgerotfet wurden; von denen man aber 
noch ziemlich wilde Abfommliage in den Parks 
von Drumlanrig im fünlihen Schottlaud und 


vor Thilligham » Caſtle i in sl berlnd 


a mtriſt. 


Jetzt wird er im Kae Ziſtande nur 
an. ſehr wenigen Orten gefunden, ucd, ſoviel 
man weis, nur in den litehauifchen Wäldern, ** 

im 


® Oppian Cyneget. 11. lin, 160. 
Auch betätigt Die Mebereinftimmung diefer 


Synonymen Hr. Pennant in einer Yen. Sims. 


mecmann mitgetheilten Nachricht. Zimmer: 
manns geogr. Geſch. Theil ll. ©. 84.) 

. ## Zu Srodno in Polen traf Ar, Bernoulli 

eine Biſonskuh an, bie, ob fie gleich nur erft 


Z 


188 ! SA ° Be 


im Farpathifchen Gehürge, und in ir um ben 
— herum, einheimifch. AN 


Es 


16 Monate alt war, doch die Groͤße eines be⸗ | 
rraͤchtlichen Ochſen hatte. Der Bart biefer 
Kuh, der Tonft bey einigen bis zur Erde herab- 
hängt, mar noch nicht lang. Die Haare auf 
dem Rüden hatzen einen eigenen Mufkusgeruch. 
Dieſe Kuh wollie in der Brunjtzeit keinen zahmen 
Stier zulaffen. ©, Bernoulli Reifen durch Bran⸗ 
denb;, Theil VL. S. 40, Diefer Muffusgeruch 
Scheint, wenn Pallss VBermuthungen richtig 
jind, eine ehemalige Vermifchung des Muffuss 
schfen mit dem Bifon wahrſcheinuch zu madjen, 
Da dieſer Biſamgeruch diefenr nicht eigenthuͤm⸗ 
Ich angehört, und eine Ausdehnung des Mufs 
kusochſen bis hieher fo fehr viel nicht gegen fi ſich 
hat, wenn ſein ehemaliger Aufenthalt i in Si⸗ 
birien durch ausgegrabene Schädel am Obi— 
Fluſſe, die ihm zuzukommen ſchienen, beſtaͤtigt 
werden kann. (S. Pallas Brief an Pennant, 
„amd Novi Commentarii Perropol. Tamı XVIII, 
pag. 501.) 
Da die zuerft in der Unftruth und hernach 
pPaͤter in der Saale ausgegrabenen Hörner 
gan; offenbar und aller Verſuche ungeachtet, 
womit man es hat erweifen wollen, (9. reut⸗ 
ſcher Merk.) kein Elfenbein, und fie auch 
noc) nicht ald Hörner von dem urfpränglichen 
Auerochfen beſtaͤtigt find, fo ließe ſich wohl 
annehn nen, daß ſie dem Biſon zugehoͤrten, der 
in aͤlteren Zeiten aus dem groͤßen Harzwalde 
bis da herab ſich verbreitete, 


— 





189 


€ iſt ſehr ſchwierig/ die Art rin: 
‚wie urfprünglich .diefe Thiere aus der.alten in 
die neue. Welt  Üübergiengen. Wahrſcheinlich 
gieng diefe War derung vom nördlichen Alien 
aus, das bermuthlic) in ben älteften Zeiten mit 
Thieren dieſer Art überfüllt war,. ob ihre Gate 
tungen itzt gleich bier vollig erlofchen find. 
Wahrſcheinlich hieng zu der Zeit das fefte Sand 
der alten und neuen Welt bey dem kleinen Ca« 
nale zwifchen Tchuefi-noß, und den gegenüber« 
liegenden WBorgebürgen Amerikas zufammen; 
und ‚die verfchiedenen Inſeln an dieſem Vorges 
bürge mit den etwas entfernteren alautifchen oder. 
neuen Fuchsinfeln, die. bis nahe an Amerifa 
fortgehen, find hoͤchſt wahrſcheinlich die Frage 
. mente von. dem Landſtuͤcke, welches die beyden 
. Erdiheile verband, und wurden durch die gras. 
en Erderfcjütterungen, welche Aften von Ame⸗ 
rika frennten, zu Inſeln. E⸗ auf eine ähnlia 
he Art ward allen Bermuthungen nad) Spanien 
von Afrika, England von-Franfreih, Island 
von Grönland, und eriebergen von Lappland 
getrennt. * y 


Daß fie von Afen aus nach Umerifa übers 
giengen, hat eine ungleich gröffere Wahrfchein« 
lichkeit, als daß fie fid) 'von der europäifchen 
Seite aus in die neue Welt hr a etwas, 


S. erſte Aumerkung. 


| 


190 AU 0 ,# 


das nicht allein durch die fehmale Straße zwifchen 
den bey den Erdtheilen, die zur Annahmen einer ches 
maligen Verbindung weit mehr berechtigen, ſon⸗ 
dern auch durch die Gewißheit mehr Scheinbarfeit 


gewinnt, zu ber wir in Ruͤckſicht eines: ehemali« 


gn Aufenthalts aller diefer Thiere in Sibirien 
gelangr find. Die Hirnfchädel, mit den noch 
daran befeftigten Hörnern, die man bafelöft 
nicht allein an den Ufern des Jlga, der in den’ 
Lna⸗Fluß fälle, fordern ſelbſt an denen des 
Aaadyr, dem öftlichften aller ſibiriſchen Strö- 
me, und Der fich nortwärts von Kamſchatka in 


dieſe Straße ergießt, foffil gefunden hat, find 


von einer Größe, die alles befannte der Art 
üdertrift.*_ Aehnliche Schädel und: Hörner 
fand man bey Dirfchau in ‚Polen, von gleich 
algantifcher Größe. Hr. Pennant haͤlt fie für 
U:berbieibfel eines unferem itzigen Bifon ähnlichen 
Geſchlechtes, und weicht hierin folglid) vom 


vr. 


* 


* Indeß macht ihren langen Aufenthalt und 
den in einer Anzahl der Umſtand noch ſehr zwei— 
felhaft, daß fich Fein Grund abfeben laͤßt, 

“warum fie die fibirifehen Wuͤſten, einen Ort, 
“worin fie. ganz ungeftört leben fonnten, ver— 
laffen haben, da ſich Fein einziges Exemplar 
bafelbfi findet. War die Kälte daran ſchuld, 
und zogen fie einen gemäßigten Himmelsſtrich— 
dieſem ficheren Aufenthalte vor, fo wird Ihr 
Uebergang, fowohl aus Europa nad) Amerika, 
als umgekehrt, völlig dunkel, 3. 


7 
- 


f — 191 


i Hin. Pallas ab, ber fie fuͤr Hörner von Buͤffeln * 
‚hält, die aber rach P-nnants Bemerkung länger, 
gerader und eckigt find. * 


In Amerifa finden fich diefe Thiere ſichs⸗ 
hundert Meilen weſtwaͤrts von wer Hudfonsbay, 
und dies iſt ihr noͤrdlichſter Wohnplatz dann trift 
man fiz in großen. Heerden in dem Striche von 
Cibole 33° der Breite etwas noröwärts von Ca⸗ 
Iformien, und aud in der Provinz Mimera in 
Neumexiko an. Suͤdlicher herab verſchwindet 
dieſe Gattung. Sie bewohnen Cada, weft: 
wäris nach den Seen zu; in groͤſſerer Menge die 
reichen, fruchtbaren Gegenden-von Mißifippi, 
und an den großen Flüffen, die vom weltlichen, 
Theile von Oberlouiſiana fi) in ihn ergießen, 

‚ Hier fieht man fie in unzählbaren Heerben, mit 
Hirſchen und Neben vermifht, Morgens und 
Abends weiden. Fir die ſchwuͤle Hige verber- 
gen fie fic) in den Schatten des duͤnnen Scil« 
feg, das an Amerikas Flüffen waͤchſt — Sie 
find auß /rorbentlich ſcheu und fürchten Die 
Menfhen, aber wenn fie verwunder find, 
ß 


’ 


. 

*Pallas glaubt, und zwar mit guten Gruͤn⸗ 

ben, daß der europaͤiſche Urus vom amerifas 

“  nifchen‘ abfiamme, und in Amerika‘ bie ur⸗ 
ſpruͤngliche Race deſſelben zuerft gemefenfen« } 


M. 


192. on 


ſo verfolgen fie ihren Feind, und werden hoͤchſt 
gefaͤhrlich. m 


Die Jagd diefer Thiere mache eine fieba 

lingsbeſchaͤftigung der Indianer aus, und wird 
auf eine Doppelte Arc angeſtellt. Zuerſt ſchießt 
man fie; nur muß dann der Jager forgfaltig ges 
gen den Wind gehen, denn ihr Geruch ift äus 
gerft fein, und fie fliehen, fobald fie ihre Ver⸗ 
folger witteren, in der gröften. Eile davon. 
Er zielt nad) ihren Schultern, um fie fogleich 
zu fällen, und nicht erft durch eine leichte Wun— 
de zu reizen. . Wenn er nur dafür ſorgt, daß 
ber Wind den Thieren niche auͤnſtig iff, fo Fann 
er Ihnen unbemerkt fehr nahe fommen, da das 
Haar, welches über die Augen berabhängt, . fie 

am Sehen hindert, — 


‚ Die andere Are fie zu jagen, erfordert eine 
große Menge von Menfchen, Die ſich vertheilen 
und einen weiten Kreis bilden; jeder Haufe ſetzt 
das trockne Gras der Haide, worin die Thiere 
weiden, in Brand; die Thiere, welche das 
Feuer außerordentlich ſcheuen, und ſich damt 
von allen Seiten umringt ſehen, ziehen ſich alle 
möählig bis zum Mittelpunfte des Kreifes zu⸗ 
fammen. Die Jäger fließen fie ein und tödren 
fie in Haufen zufammengepreßt ohne die mindes 
fie Gefahr. Man behaupter, eine jede folche Erpes 
bition koſte 1500 «2000 ſolcher Thiere das nr 

er 


x 


Er vr! ae 
— * 
— 


av 193 
— Der Sagdgrund ift genau’ eingerheilt, das 
‚mit die verfchiedenen Haufen ſich nicht begegnen 
und in ihren Operationen flören. Jeder von 
den Fägern, der die Vorſchriften übertrite,, fo 
wie alle die, welche von ihrem Poften gehen, 
und die Thiere aus dem. Kreife entwilchen Taffen, 
verfallen in Strafe, werden ausgekleidet, ihrer 
Waffen beraubt (die größte Strafe für einen 
Wilden) oder ihre Hütten werden zerftört, 


So wenig dieſe Thiere auch fuͤr den Men⸗ 


ſchen geſichert ſind, ſo vertheidigen ſie ſich doch 


mit einer außerordentlichen Verſchlagenheit und 
großem Muthe gegen bie Angriffe der Wölfe. 
Sobald fie die Annäherung eines Haufen von 
diefen räuberifchen Thieren beinerfen, fo läuft 
die Heerde fogleich in einen Kreis zufammen ; 
die ſchwaͤchſten ziehen ſich in die Mitte deffelben 
zurück, die ftarkiten ſtellen fic) an ver Außenfeite, 
und ihren Feinden eine undurchdringliche Reihe 
von Hörnern entgegen. Werden fie aber zer⸗ 
ſtreuet uͤberraſcht, und müffen fie fliehen, fo bleis 
ben gewiß ganze Haufen der ſchwaͤchſten diefen’ 
Raubthieren zur Beute. — 


Man benutzt dieſe Thiere verſchiedentlich. 
Man macht Pulverhoͤrner aus ihren Hoͤrnern. 
Ihre Haut iſt von — Werthe, und in aͤlte⸗ 

ren 


\ 


a ra 5 


‚von Zeiten * machten ‚die Indianer ihre beften - 
Schilder daraus. Durch Zubereitung erhalten 
fie einen hoben Grad der Vortreflichkeit. Die 
Sfndianer bereiten fie mit den Haaren und beflei» 
fid) damit. Die Europäer in fouifianz-gebraus 
chen fie als Bettdecken, und finden fte leicht, 
warn und weich. hr Fleiſch macht einen ver . 
trächtlichen NMahrungsertifel aus, und man hält 
den Budel auf dem Ruͤcken, der aus ‚einer, 
fleiſchichten Subftanz befteht, für einen fehr leckern 
Biſſen. _ Die Thiere werden außerordentlich 
feift und befommen eine folcye Menge Talg, daß 
ein einziges Thier oft 150 Pfund davon giebt, 
und dies alfo ein fehr wichtiger Haudeiszweig 
wird. Dieſe zu feiften Thiere werden gewoͤhn⸗ 
lich den Wolfen zur Beute, denn ihrer Unbe— 
bülflichfeie wegen koͤnnen fie ſich nicht bey der 
Heerde erhalten. ° Man fpinnt ihr Haar oder 
ihte Wolle und mache Kieider, Hanrfchuhe, 
Strümpfe und Bänder daraus, die fehr ftarf 
"und denen vollfommen ähnlich find, die aus ter be⸗ 
ſten Schzafwolle gemacht werden. -Der General 
Pownall bat uns verfichere: man koͤnne eine 
trefliche Sabrife davon anlegen. Das Gewicht 
der Wolle von einem Thiere fteige oft bis zu 8 
Pfund heran. 


’ 


Ser 


“Bey den Milben, die noch feine Bekannt: 
{haft „mit dem Schießgewehre haben, iſt dies 
wahrfcheinlich noch der, Fall. Und felbft gegen 
dies ſchuͤtzen ſie wohl nicht wenig, 


x 


a0 — — 195 


Sehe unpolitiſch ziehen die Indianer das 
Steifch der Kühe vor; ein Grundfaß, der mit 
der Zeit der Erhaltung des ganzen Gefchlechtes 
gefährlich werden Fönnte. Sie lagen über vie. 
Ranzigkeit des. Ochfenfleifhes. Aber dü Prag 
hält dies letztere für weit zarter, und glaubt, 
man Fönne der Ranzigkeit dadurch zuvorfommen, 
daß man den Thieren, fobald fie getödtet find, 
. en abſchneidet. 


Man hat fie zu zaͤhmen und dadurch haͤus⸗ 
ic, zu machen verfucht, daß man die" Kälber 
wegnahm, und mi der gewöhnlichen Gattung 
auferzog, in der Hofnung, die Zucht zu verbefe 
fern. , Doc) entfprad) der Erfolg diefen Bemuͤ⸗ 
hungen nicht; denn ob fie geic) im Anfang auf 
‚einige Zeit, ihre Wildheit verlohren zu haben 
ſchienen, fo fing fie doch das Joch an zu drücke 
ſie zerriſſen die ſtaͤrkſten Bande, und lodten zus 
gleich) das zahme Vieh in die Kornfelder. - Man 
weiß, daß fie fid) mit den zahmen fruchtbar 
begatten; aber man weiß nichts gewiffes, ob 
ſich dadurd) die Zucht um ein großes verbeffert 
bat. Wahrfcheinlich fehlt es an Ausdauer in 
den Verfuchen, um fie. durchaus ganz haͤuslich 
zu madyen, da es bekannt iſt, daß die Bifons 
der 'alten Welt, den Stamm aller BNERIE zah⸗ 
men Ochſen ausmachen. 


Dies war bey ber erſten —— der 
N 2 neuen 


J 


‘ 


196 Sa A '® Ma Er. 


neuen Welt das einzige Thier, das mit dem 
europäifchen zahmen Viehe in einiger Werwand 
ſchaft ftand. Vor diefem Zeitpunkte hatte Ame⸗ 
rika weder Pferde noch Efel) weder Kühe noch 
Schaafe, nod) Schweine, Ziegen, nidje eins 
mahl den freuen Hund. Die Menfchen waren 
hier noh im Stande dr Natur, ihre Leiden⸗ 
haften unbezaͤhmt, ohne einen Gedanfen, die 
der thierifhen Schöpfung zu unterjoden, und 
fie ihrem Willen zu unterwerfen. Die wenigen 
Thiere, welche mit den eben erwähnten gleichen 


Arfprunges find, mögen durch Fleiß gebaͤndigt 


feyn. Dies Thier haͤtte fo nußbar, als’ die 
europäifhe Kuh, gemacht werden; der Pecari 
die Stelle des Schweines; der Fuchs und der 
Wolf die des Hundes verfreten koͤnnen; aber 
die Eingebohrnen febten allein von der Jagd, 


Weglicy mit der thietiſchen Schöpfung in einem 


ewigen Kriege und vernachläfligten die Bildung 
eines jeden Thiergeſchlechtes, das leßrere ausges 


nommen, welches fie völlig unterjochten. 


So ift auch bis itzt noch die Sage der San 
en. Denn, meder das aufmunternde Bey- 


‘fpiel der Europäer, noch die ganz auffallend 


fihtbaren Vortheile, die aus geringer Sorgfalt 


‚für das nußbare Thier, die Kuh, entftehen, find 


vermögend, den Indier nur zu einiger Aufmerkz | 

ſamkeit darauf zu bewegen, Jede Gattung von‘ 

häuslicher Arbeit verachtet er Herzlich, die ge⸗ 
ringe 


197 


ringe ausgenommen, die ihm einen hinreichen⸗ 

den Vorrath von Brod verſchaft. Jedes Wig⸗ 
wam oder Derf bar feine Maispflanzung, und 
‚hierauf flügen ſich alle feine Hofrungen, wenn 
die Jagd unglücklic) ausfallen ſollte. | 


Hausvieh ift der Ausdauer in den rauh-ften 
Klimaten fähig. * Man hält Kühe in Quick⸗ 
jock, in der Lecha Japmarf, am Circulus arcti- 
cus, Uber fie aebähren bafetbft nicht, fordern 
man. muß ihren Verluft durd) neue Einfuhr er 
fisen. Selbſt in Jsland, von dem ſchon ein 

Theil unter diefem Cirkel liege, find Heerben 
in Ueberfluß, und fie gebähren daſelbſt wie in füd« 
ficheren Gegenden. Gemeiniglich fürcert man 
fie, fo wie an anderen Orten, mit Heu; aber 

wo ein Maͤngel hieran ift, werden fie mit ber 
Fiſchgattung, die man Seewolf nennt, nenähgf, 
ut kleingsſtoßenen Hülfen und einem Riet hene 
zerſchnittenen Heues. Das Vieh liebt dieſe 
Miſchung, und, mas noch wunderbarer ift, giebt 
darnach ſehr viel Milch. Doch natürlich iſt dieſe 
ſchlecht. 


N3Kamt⸗ 


Nicht weil ihm Haͤuslichkeit dieſe Kraft gäbe, 
ſondern weil keine Thiere ſich unterjochen laſſen, 
als bloß folge, die eine beynahe gleiche Ver⸗ 
breitſamkeit ınit dem Menſchen haben. , Eine 
in der That fehr gütige Veranftaltung der Vor⸗ 

ſehung. Ai, 


- 


= 


198 0 ⸗ 


Kamtſchatka Hatte wie Amerika einen gleis 


» chen Mangel an Housthieren, einen Wolfähnlie 
chen Hund allein ausgenommen, bis die Kuffen 
neuerlich die Kuh und das Pferd einführten. 
Die Füllen und Kälber, Die man aus Morden 
in die fruchtbaren kamtſchadaliſchen Weiden, 
wo das Gras fehr hoch ift, brachte, gediehen 


fo gut, daß niemand ihnen ihren Urfprung von’ 


den elenden „Kleppern und mageren Rindern des 
Lena anſehen Fonnte. Der Ärgali, der Stamm: 
vater des zahmen Schaafes, ift in ben Gebürgen 
im höchften Ueberfluß, aber bis itzt allein noch 
ein Gegenftand ber Jagd. Die Eingebohrnen 
find noch fo ungebilter, als Evanter die erſten 
Einwohner Latiums, vor der Einführung der 
Künfte und Wiffenfchaften, befchreibt: 


Queis neque mos neque cultus erat, nec 
jungere iauros 


Aut componere opes norant, aut parcere 
parto 


$ed rami, atque afpes viclu venatus alebat. 
Virgil, Aeneid, L. VIII. 316, 


hi * 


N A 0 Be 199 


deine andere Gattung des wilden Ochſen 
— ſich in Amerika, von der die beygefuͤgte 

Abbildung des Biſamochſen (Mufk-bull) ) eine 
Vorſtellung giebt. 

Ihr Aufenthalt iſt ſehr zetich. Zuerſt 
werben fie in dem Striche zwiſchen dem Ehurs 
alfa und dem Nobbenfluß an ver weftlichen 
Küfte ver Hudſonsboy fihtbar. Zwiſchen vem 
66.72ften Grad nördl. Breite find fie ſehr 
“ zahlreich. Hr. Hearn, der in den Jahren 
1770. 71. 72. die beſchwerliche Reiſe zu den. 
Eisfen vom Fort Prince of Wales an der 
Hudſonsbay that, hat in bon hoͤheren Breiten 
mehrere Heerben an einem Tage gefehen. Sie 
lieben die feifigten, kahlen Gebirge, und beſu— 
chen nur hoͤchſt felten die bewachfenen Theile ber 
Gegend. Sie laufen fehr ſchnell, und ver« 
ſtehen  fehr gut die Felfen hinanzuklettern. 
Ihr Fleiſch ſchaneckt fehr ftark nach Biſam, und 
das Harz iſt diefes Gefchmackes wegen faum 
genießbar. Doch foll bas erfte eine fehr gefunde: 
Speife ausmachen, und die, welche es genießen, 
- wollen es zur Derbefferung ver Saͤfte fehr 
brauchbar gefunden haben. Die Indianer ftel« 
len ihnen ihres Fleiſches und ihrer Felle wegen 
rad), wovon das letztere wegen feiner Wärme 
treflich zu Decken taugt. 

Die Hörner der Stiere find an der Bafıs 
genau verbunden und beugen fich einwaͤrts 
herab, Sie beugen (ch * die Enden zu nach 

qußen 


“200. A © Be 


außen hin, bie fpigig zugehen an ſehr ſcharf 
ſind. Nahe an der Baſis haben fie 2 Fuß im 
Umkreiſe, und 2 Fuß in ber fänge, die Baus 
aung herakgemeffen. Das Gemicht eines vom 
Schedel getrennten Paares folcher Hörner bes 
frägt zuweilen 60 Pfund. — Das Haar ift 
dunfelrord , fehr fein, und fo long, daß es bis 
zum Boten herabbängt, und dem Thiere des 
Anſehen einer geftaltlofen Maſſe giebt, ohne daß 
man Kopf und Schwanz unterfcheiden fünnte, 


Die Belne und der Schwarz find fehr kurz, die 


Schultern fleigen zu einem Klumpen i in bie Höhe; 


das Thier iſt kleiner, als en Reh, aber hat 
einen dicferen Baus) und Beine, 

u Die Naſenloͤcher der Ruh find weit und 
offen. Die zwey vorderften Schneidezaͤhne find 
breit und ſcharf gefchliffen; die Dreye an jeder 
Seite flein und abgeſtumpft. Die Unter «und 
Dberlippe ift an dem vorderen Theile mit kurzen, 
weißen, und an den Seitentheilen mit blaßbrau⸗ 
nen Haaren bedeckt. Das Haar in der Mitte 
des Worderkopfes ift lang und aufgerichtet,; an 
den Wangen weich, ſehr fang herabhängend, 


und bildet mit dem vom Halfe einen langen’ 


Bart. Das Haar an dem Naden, den Sei⸗ 
ten und dem Hintertbeile hänge auf biefelbe Are 
und beynahe bis zum Boden herab. Vom Hins 


‚terfopfe bis zu den Schultern gehet ein Strich 
langer, weicher Haare, die eine aufgerichtete 


Maͤhne bilden. * ſehr alten Thieren wird 
NR 4 der 


oe. 201 
+ ber Zwifchenraum zwifchen den. Schultern zu 
einem Budel. Die Scherfel find ſehr Furz und 
mit fanften, weißlichten Haaren bededt, die um 
den Huf ſehr lang und ganz weiß find. Die 
‚ Hufe find kurz, breit und ſchwarz; die falfchen 
Hufe find nach Werhältniß fehr lang. Der 
Schwanz ift nur drey Zoll lang, ein blaſſer 
‚Stumpf mit fehr langen Haaren bedeckt und da» 
her nur wenig ſichtbar. Won diefem Schwanze 
machen fi die Eſkimaux an der norbweftlichen 
. Seite der Bay eine Kopfbedefung von eitiem, 
fürchterlichen Anfebenz denn feine Haare fallen 
ihnen nad) allen Seiten um den Kopf herum, 
und bedecken ihr Geſicht. Doch bat er zu⸗ 
gleich den Nutzen, die Muffitos abzuhalten, die 
ihnen fonft unerträglich zur Saft fallen würben. 


Der Raum zwifchen ben Hörnern berraͤgt 
neun Zoll. - Sie ftrhen genau an den Seiten 
des Kopfes, find weißlicht, 13% Zoll lang, g£ 
- an ber Baſis bi, und eben fo wie bey dem 
Etlere gekruͤmmt. Dis $änge der Ohren beträgt 
3 Zoll. Sie find gerade aufgerichtet und feharf 
zugeſpitzt; aber werben in der Mitte etwas brei- 
ter; fie find mit einem dunfelen Haare geflits 
tert, und mit einer weißen Streife begeichner. 


Die Farbe des Haares ift ſchwarz, dieſe 
Theile ausgenommen: — Bon der Bafis des 
einen Hornes bis zu der des anderen, liege ein 
Strich weißer und hellbräunlicher Haare. Die 

N 5 Mähne 


402 0 


Maͤhne iſt dunkel, mit Roch tingirt, "welches 


hald fichrbar bis zur Mitte des Ruckens fortge— 
bet, worauf ein großer runder Fieck von reinem 


Weiß ik- Die Haare find auf dieſem Flecke 
fürzer, als ſonſt wo, find nicht länger als hoͤch⸗ 


ſtens 3 Zoll, und gegen ihre Wurzel hellbraun. 
Ueberhaupt find die Haare von einer doppelten 
Urt: Ihr längftes Maas hält ı7 Zoll. Eie 
find fehr fein und glänzend, und bey einer näher 
ren Unterfuchung ſehen fie ganz flach aus. Dies 
iſt der ſchwarze Theil derfeiben,, der Das Thier 
gröfteurheils bekleidet. Der Fleck zwiſchen den 
Hörnern und der am Nacken bat feinere und 
fanftere , als Menfchenhaare, und hat fie völlig 
vund. Der weiße Fleck ift ned; feiner und näs 
here fi) der Wolle.  Zwilchen jedem Theile der 
Haare waͤchſt in großer Dienge und oft flocken⸗ 


weiß eine afchfarbigte Wolle, von einer ausneh _ 


menden Feinheit, woran fie feibjt alle andere 
europäifche übertrift, und bie, in geböriger 
Menge gefammelt, ein für Manufakturen fehr 
nugbares Produft geben würde. Hr. Jeremie 
behauptet, er babe etwas von der Wolle nad) 
Frankreich gebracht, und Strümpfe daraus ma- 
chen laffen, die an Schönheit alle feidenen 
übertroffen hätten. $ 

Hr. Pennant fagt aus: er babe eine 


Haut der Bifamfuh vom Hrn. Hearn befom« 
men, Sie war fehr dünne; ‚Die ganze Laͤnge der« 


ſel⸗ — 


s 


hc ı EB < 203 


ſelben von der Raſe bis zum Schwanze betrug 

ohngefaͤhr 6 Fuß und 4 Zoll, und die dee Kopfes 
14 Zoll. Die Schenkel waren nicht viel länger - 

els ı Fuß. | 





IV, 
3 . Anzeiger 
für das I. und IL Stüd. 
* — — 


D Anzeiger hat nicht zur Abſicht, die 
neue Meßwaare vollſtaͤndig durchzurezen⸗ 

ſiren; ein Unternehmen, das entweder bey der 
Menge rezenſirender Journale, ſobald es ſich 
auf bloße Anzeige einſchraͤnkte, vollkonmmen 
unnuͤtz, oder, wenn es ſich auf eigentliche Rezen⸗ 
ſion verbreitete, von einer: bey weitem zu großen. 
Ausdehnung für eine Zeitſchrift diefer Art ſeyn 
mrüßte. | | 
| Nur wichtigere Werke follen hier eine Auf⸗ 
nahme finden, und zwar mit der möglichft voll. 
ftändigen Auseinanderfegung ihres Inhalts, ges 
nauer 


204 a0 


Hauer fing ihres Werches/ und natuͤr⸗ 
lich auch mit eier gelegentlichen Reihe von An⸗ 
merkungen, die ſie hin und wieder erfodern oder 
veranlaffen fönnten. Durch diefe Eingsfchränfts 
beit auf nur fehr wenige Werfe, und durch dieſe 
Um ſtaͤndlichkeit, da vielleicht oft der Inhalt nur 
die zufällige Gelegenheit zu eigenen Bemerfuns 
ger feyn dürfte, werden die Kezenfionen Das 
Anfehen eigener kleiner Auffage erhalten und auch 
wehl nicht unbequem dafür gelten fönnen. Die 
firengfte Unpartheylichfeit muß nothwendig ei« 
nem Monne,! dem es das größte Vergnügen, 
neue. Wahrheiten zu finden, und die änaftlidye 
Sorgfalt ift, Serehümer anzugeben und zu bir 
-fireiten, ein Gefeß feyn, das er nie felbjt aus . 
den Augen verliehren, und feinen Mitarbeitern 
immer vengalten wird. .. Mm. 





T. 
Geſchichte der Geereifen und Entdet⸗ 


kungen im Suͤdmeere, aus den Tage⸗ 
buͤchern Sir J. Banks: Dr. Solan⸗ 
ders; Dr. J B. Forſters; Dr. G. 
Forſters; und Hrn. Anderſons. 
—Sechſter Band, a d. Engl. v. Hrn. Ge⸗ 
A Sorfter. Berlin 1787. mit 3 Chare 

son und za Kupſertafeln. 


i * 


n 


Kerr zu 205 


Kiz.nahm dieſen Theil der Cookſchen See⸗ 
reifen mit einem geheimen Vergnügen und ver 


ſtillen Erwartung in die Hand, weld)e immer 


die Hofnung zu einem näheren Aufſchluſſe über 
(große Charaktere errege. Und was fonnte diefe 
‚Hofnung wohl mehr nähren, als das eigene Tages 


"buch eines großen Mannes felbit vor fich zu ſehen, 


l 


und dadurch eben zu einem Eindringen in feine 
‚geheimeren Jeidenfchaften, und in den Geng feines 
Geiftes ein Recht zu erhalten. Go fahr aud) 
‚ wohl alle Tugebücher, und felbft bie geheimen 
‘des menfchlicyen Herzens, immer etwas entferne 
‚auf die Nachwelt angelegt find, (ein Vorwurf, 
von dem der große Haller felbft nicht völlig 


frey ſcheint) fo kann doch die trocknefte Relation 


die Züge nicht verbergen, welche jedesmahliger 


Zuſtand der Seibenfchaften und ihr Verhaͤltniß 
zu ben Begebenheiten deutlich ausprägt, 


| Dies iſt auch hier merklich genug der Fall, 
wiewohl, Cooks angebohrner Zurückhaltung ger 
maß, weniger als irgendwo, | A 


Menſchenkenntniß und ein tieferes. Einge- 
ben in die Denf- und $ebensmweife der Völker 
find das wehl, was den Leſer wahrhaft und am 
allgemeinften ergögt; und es fcheint wirflic ein 
nicht ganz ungegründeter Vorwurf für die engli- 
fchen Reifenden zu feyn, daß nur die allerwenig« 


fien von ihnen ſich die Mühe nehmen, um 


Me tie 


206 ac EB SG 


Menſchen auch außer ihrem Lande, um eine an« 
dere Verfaſſung und andere Sitten, mie die 
ihrigen, fich zu befümmern; daß fie mehr der 
eigentlichen Kunſt und den eanfteren Wiffenichaf- 
ten, als einem Zwecke ihrer Bemühungen ſich 
nähern, und um fo weiter alfo von der allgemei« 


_ 


nen Unterhaltungsgabe fic) entfernen. Studie 


ren fie den Menfchen, fo gefchiehe dies allein, 
um ihren Charafterrollen ein ftärferes Licht zu 
geben, und ihre Harlequins und Brigellas aus 
fremden Sändern, wie Boldoni aus Berga⸗ 
mo, zu hohlen, wo der harlequinſche Haſen⸗ 
fdywanz auf dem Hute noch bis itzt eine vorzüglis 
che Zierbe ausmacht. — Auch die Spfteme 
alter Zeitrechnung und Geſchichte, Die wir ven 
ihnen erhalten, find meiftens nichts, als be. 
zauberte Schlöffer, , welche Faum die Einbil- 
dungsfraft ergögen. Sie fiheinen etwas zu 
yn, und find nichts als Phantaſieen. boͤſe die 
ezauberung auf, fagt Bolingbroke, und fie 
verſchwinden, wie diefe. N 


Nach jenem Maaßſtabe ſteigt und faͤllt 


nun das unverkennbare Zeichen des Vergruͤgens, 
den eine Reiſe gewahrt: der Wunfch, dieſe Laͤn⸗ 
Der felbft zu fehen,, wovon nur fehr wenige Reiſe⸗ 
befchreiber eine völlige, und Swinburne’s Reife 
nad) Spanien befanntlich die ehrenvollſte, Aus- 
nahme machen. Und in fofern ift gewiß biefer 
Theil von Cooks Keifen für die Hälfte — 

m 


Ki 0: 5. „ 297 

kaum fo ergößend , als bie des Hrn. F. ſelbſt, 

da unter ver Hand eines wirflid fo feinen, 

wenn gleich nicht immer richtigen Beodachters, 

und unter den Blumen des Stils das Gemäploe 
* empordluͤhet. 


Indeß auch noch aus einem anderen Ge 
fi ae als ben der Ge tehrte nimmt, .be- 
trachtet, gewinnt diefe Keifebefchreibung ein 
neu:s Jutereſſe, und zwar dadurch, daß bey 
ihr Behandelung Hr. F. ſich niche fo fehr um 
die Darftellung von Cooks Geifte, als um die 
feines eigenen befümmert zu haben fcheint. 
‚Die Anserfungen zum eigentlichen Terte find 
an ſich hoͤchſt unbe etraͤchtlich, aber der Aufſatz 
über Cooks Verdionfte in dieſer Ruͤckſicht von. 
ungleich groͤſſerer Wichtigkeit. Seine Philoſo⸗ 

phie, einige nicht undeutliche Winke von frinem 
Religionsfpftem (mevon wir freylich noch weit 
deutlichere haben), find, wiewohl nicht aller 
Makel baar und ledig, doch wohl einer näher 
ren Beleuchtung wert. Der Gang feines 
Geiftes ift zwar oft fo raſch, und fein Flug fo 
hoch, daß ihm aud) ein Mir ungeübter 5 
jurufen moͤchte: 


Reſerve tousjours à ta table un morceau 
pour les pauvres. 


Und in der That macht er es oft mit ſeinen 
leſern, wie der beruͤchtigte Fi Bernard, der 
\ einen 


208 DE Mn 
einen ımbußfertigen Delinquenten- das Gebet, 
das er nicht herſagen wollte, verfchlingen ließ. 


Wis zuerſt die Ueherfegung em und für. 
fih betife, fo kann das Publifam damit volle 
kommen zufrieden feyn, da fie nur hoͤchſt felten 
en Fleckgen bat, und der ungleich größere 
Werth des ſachkundigen Ueberfegers gegen 
jede andere für fie vortheithaft entſcheiden muß. 
Unfere gewöhnlichen Ueberſetzer verjtehen leider 
nur hoͤchſt felten die Sprache; -fie wollen fie oft 
erft Dadurd) verftehen lernen, und find nur flug ge» 
nug fid) Diefe Berfuche bezahlen zu laffen. Den 
Leſern gehts dann nur zu oft, wieden Irrlaͤndern 
mit Woods Penny Münze, ber, mad) einem 
erfchlichenen Patente fie in fo ungebeurer Menge 
und folglic) fo ſchlecht ſchlug, daß Ircland einem 
Banqueroutte nahe Fam. 


Eine Gluckhenne, fage Aſmus, bie mit 
ihren Kuͤchlein in ihrer Einfalt auf dem Hofe 
herumgehet, thut, wenn der Habicht daherge⸗ 
ſchnellt kommt, ohne alle Anweiſung, und 
ohne die Abſicht, ſich Hören zu laſſen, allemahl 
unfehlbar den rechten Schrey. — Und in der 
That müßte es für das Publikum überaus ange⸗ 
nehm feyn, wenn feine Schriftfteller, bey Ans 
weifung und mit der Abfiche, ſich hören zu: 
laffen, nur allemahl unfehlbar den rechten | 
Schrey thaͤten, Es N zwar immer bie Sache 

eines: 


a: * 200 


eines” jeden braven Mattes , feine Ge anfen 
frey zu fagen. Wer das Herz nicht bar, bie 


beyden Pole des menfchlichen Lebens: Religien 


und Staatsverfaſſung mit feftem Blicke anzus 
fehen, und darüber laut zu werden, ift Fein 
Mann, fondern ‚eine Memme, Unmoͤglich 
kann dieſer Fall indeß eintreten, als his der Ha⸗ 
bicht daher geſchnellt Formmt, oder mit an⸗ 
dern Worten, bey vorkommender paſſender Ges 
legenheit. Aber dem erſten beften Anfaffe feine 
Grundfäge opfirn, ift eine Verfahrungsart, ber 
wohl ber erfte deutſche Hexameter des Huld⸗ 
reich Ellopoſcleros zur näheren Beherzigung 
nicht uͤbel bekommen wuͤrde: 


— Sagen zu hitziglich nach Ehr und ewigem 
Preiſe 


Das jagt ein oftermahlg zu u in ſpoͤttiſche 
Weiſe. 


Ich Hr. Forſtern zu gut zu kennen, 
als daß ich vorausfegte, es koͤnne ihm mit eis 
ner kahlen Anzeige feiner Auffäge oder einem 
ee: Hreiſe gedient ſeyn, und es wird 
ihm daher nichts weniger als ſchwer fallen, mic) 
in eine nähere Erörterung feiner vorgefragenen 
Grundfüge, und vorzüglich feiner 
zu ſehen. 


4 O Nach 


a 10 U 0 Be 


Nach einer Machricht von der enafifijen 

Ausgabe dieſer Neifebefhreibung und feiner 
Veberfegung, den Inſtruktionen für die Ente 
deckungsreiſe, folge ein Auffag d. H. 5. überdie 
Verdienſte Cooks, über bag, was er leiſten 
wollte, und was er geleiſtet hat, mit der Ueber⸗ 
ſchrift: Cook der Entdecker; derjenige Aufr 
faß, worauf ein großer Theil diefer Anzeige fich 
jtügt. 


Gleich im Anfang giebt er den a 
punkt an, von dem er bey tiefem Auffaße aus» 
geben will. Coofs Entvefungen jufammenzus 
faflen, ihre Graͤnzen abzuſtecken, ihren) ges - 
ſchickten Anordnungen und Verbindungen, ſo 
tie mancher ihrer wichtigen Folgen nachzuſpuͤ⸗ 
zen, und aufdie Art nicht bloß dem Seemann ' 
und Entdecker, fordern auch dem Menfchen ein 
geringes SR zu fliften; eine Richtung, 
die Hr. 3. gewiß mit fehr vieler Beſtimmt⸗ 
beit gehalten, und mit großer Kunft und * 
bis zu Ende gefuͤhrt hat. 


„Zuerſt,“ ſagt F., „verdient — vor⸗ 
laͤufige Unterſuchung, aus welchem Geſichts⸗ 
punkte der Werth der Entdeckungen uͤberhaupt 
beurthellt werden müffe; denn dies wird uns in 
der weiteren Anwendung auf Cook zum beque⸗ 
men Maasftabe dienen. Wenn nun aber der 
Mann Recht haͤtte, der eine bloß phyſiſche a 

Ye me 


Br rer art 


ftimmung des Menfchen fir die einzige wahre, 
und Wiſſenſchaft für die Quelle alles Elendes 
bielte, wäre es nicht um den Ruhm der Ent⸗ 
decker geſchehen? — Dies Paradoron fiegte über 
manche Einwendung, und man gab Blößen, 
mern man ſich gegen die datin enthaltenen Thats 
fachen ſtraͤubte. Wer könnte auch vas Entſte⸗ 
ben der Zerrüftungen won der Enttwickelung der - 
verfchiedenen Fähigkeiten leuznen? Indeß, 
fern man dieſe Unzertrennlichkeit zugiebt, fo 
Bleibt noch unermwiefen, daß die Ausbildung des 
Menſchengeſchlechtes einen anderen Gang hätte 
geben können. Der untergeichobene Begriff, 
die Perfefeibilicat als ein der Natur entgegenge ⸗ 
feßtes Extrem anzuſehen, mußte frryfich eine 
Verwirrung bes Geſichtspunktes zuwege bringen, 
die nur eine conſequentere Philoſophie mirber he⸗ 
ben kann. , Die wirt in allem, was gefchieher, 
eine Kette von DBerhältniffen gerade, welche 
nothwendig wie Urfady und Wirkung in einan« 
der greifen, und die Möglichkeit vernichten, 
daß ein Staͤubchen fi) anders bewegt Haben 
fönnte, als es gefchehen if. Wie des Unend- 
liche an das Endliche, fo iſt über alle Berriffe 
hinaus, Freyheit an Nothwendigkeit geknüpft 
und hiermit zwifchen dem inhigen Bewuſtſeyn 
des ale —2 daß feinen Handlungen 
Gedanken vorher gehen, und der ehernen Wahrs 
heit, daß Peine dee dus nichts entftehen kann, 
ini ewiger Kampf erregt.” 


93 Wer 


am a0 


Wer mir da, fagfe einer meiner Freunde, 


einen gefunden Zufammendang, und im legten 


einen reinen Gedanfen herausfindet, Phylida 
folus habeto. Meine Side ift es nun ißt, 
zu verſuchen, ob ic) diefe Phyllis verdienen 
kann. * 


u I 


ET —— Behauptungen, die ſich ſo ſehr 


zu wlderſprechen ſcheinen, loͤſen ſich bey näherer 
Beſtimmung in zwey zwar verſchiedene, doch 
nicht entgegengeſetzte Grundſaͤtze auf. 


Widerſtreit der Cultur (fo wie ſie jetzt iſt) 
mit der Natur des Menſchen, als einer phyſi⸗ 
feben Gattung, bey der alles auf die Erreichung 
eines jeden indiwsöuellen Zweckes angelegt ſeyn 
muß, iſt die Grundlage feiner Behauptungen 
in der Abhandl. über die Ungfeihh. der Mens 
ſchen u. m. a., und das, was er.da durch Erfah- 
rungen zu erweifen ſucht. In feinem Emile hin⸗ 

egen befchäftige er fich mit dem Fortgange der 


L 


ultue, in wie fern er, zur Ausbildung der Ane 


lagen der Menſchen, ‚ohne ihnen, als einer phy⸗ 
ſiſchen Gattung, zu ſchaden, möglid ware. 


So, wie num die Eultur einmahl angelegt ift 


(denn die, Unmöglichkeit, daß fie eine‘ andere 


Kıhtung hätte nehmen Fönnen, iſt nice nur | 
voͤlli unerwiefen, ‚ fondern beynahe ermwiefen un. | 
ſtatthaft) mußte nafürlich jeder Fortfchrite der | 


Menſchheit in Sittlichkeit der phyſiſchen Beſtim⸗ 


mung 





u Ben 213 
mung ſchaden, und eine Menge Miderfprüche 
und fo/glich Uebel erzeugen, die eine bequeme 
Auflöfung und Vernichtung am Ende der Laufe _ 
bahn, wovon wir wohl ſchwerlich bie Halfte er⸗ 
veicht haben, und wo, wie Kart m:pnt, bie 
vollfommenfte Kunft wieder Natur wird, te 
warten dürfen. Dieſer Worausfegung gemäß, 
wird ſich wohl jeder roillig finden lafjen, mit vem 
liebenswärdigen Piloſophen einzuftimmen , und 
nach ‚gehobener Msdeutung und Verwechſelung 
zwey ganz verſchiedener Dinge den Satz gern 
 anmebmen: dep Cultur in diefer Richtung, ale 
ein. Widerfpruc) gegen phyſiſche Beftimmung 
zwar große Uebel erzeuge, aber daß durch diefe 
Medel vielleicht Erreichung unferer ſittlichen Ber 
flimmung möglich ſey. Die Größe der ges 
ſchehenen Wirk lichkeit laͤßt ſich dey unſerem 
Mangel an Begriffen von hoͤchſter Ausbildung, 
und der doraus zu ſchließenden noch weiten Ent» 
furnung vom Ziele durchaus nicht angeben. — 
Der Ausdruck 9.5, Entwicke ung verſchie⸗ 
dener Faͤhigkeiten muͤſſe Zerruͤttungen hervor⸗ 
lringen, iſt zu unbefiimme, weil ie Faͤhnkeit 
bes Menſchen als Naturgattung ſchon angelege 
ſeyn mußte, um der Cultur empfaͤnglich zu wer⸗ 
ben, und Perfektibint konnte wohl wie als 
ein der Natur entgegengeſetztes Extrem angeſe⸗ 
hen werden, weil ihr als Natur dieſe nothwendig 
zukom nen mußte, ſondern allein dieſer Gang 
der Msbildung konnte ihr Extrem heißen, da 
—V 03 ſich 


I 


214 Pc Be > 
fid) ein anderer bequemerer, von Anfang cn 
naturgemäßer Gang zu demſelben Zwecke eben ⸗ 
falls gedenken läßt, Wie weit die Vernunft zu 
der Vermuthung berechtigt fey, daß die Kultur 
nicht umfonft, fondern zur Erreichung der hoͤch ⸗ 
ſten Sittlichkeit in diefer Nichtung angelegt fen, 
it das, was H. + nachher zu erörtern verſucht. 
Hierauf gehet dann auch jener legte Periode, ' 
‚ ber, wiewohl niche wenig ſchief und unbeſtimmt 
ausgedruckt, in der Beziehung der igigen Ent⸗ 
wicelusgen auf berechnere Anlagen der Natur 
zu flehen ſcheint. Wäre Rec. nicht alle 
Spftemriecheren ein gefchworner Feind, fowürde 
ſich auch) diefe Stelle mit den Fünftigen verbun» ⸗ 
den, an Folgerungen dieſer Art, befondersin Ruͤck⸗ 
fiht auf moſaiſche Tradition, nicht arm finden. 


’ 


„Benn alfo die Verhaͤleniſſe des Menſchen, 
fähre Hr. 8. fort, „wodurch irgend ein! Faͤhig⸗ 
Feit in ihm fich entwidelt, nicht von ihm abhän⸗ 
gig find, (wovon uns H, F. den ftrengen Ber 
weis ſchuldig geblieben ift, da feibft eine conſe⸗ 
quentere Philofophie diefe Beziehungen, und wie 
er eben gefagt harte, dieſe Werfnüpfung der 
Freyhelt an Nothwendigkeit nicht fehen Tann), 
fo iſt es auch die Entwickelung nicht; - daher ges 
hört die Yusbildung zu den beitimmtn Einrich« 
tungen der Natur, und der Contraft zwiſchen 
ſittlicher und phyfifcher Beſtimmung beruhet nur 
auf eine Abftraktion unferer Vorftetungeart. 

4 Solche 





A 0 215 
Solche durch Zufall zu entwickelnde Anlagen find 
berechnet, und daher, wie der Philofoph ber 
Menichheit bewiefen bar, ift die Beflimmung 
des Menfehen nicht chierifch, fondern Sitt⸗ 
lichkeit.“ . 


Alterdings mußten: wohl die erfien Anlas 
gen der Menfchheit beſtimmt, und auf fünftige 
Umftände, alſo zu einer Menge verfihiebener 
Entwickelungen, berechnet feyn. Aber diefe Bes 
rechnungen waren gewiß nicht auf den itzigen 
polizirten Zuſtand geftellt, fondern es waren 
Wege moͤglich, auf denen allmählige Herausars 
beitung aus dem Naturzuftande zu gewinnen , 
und voc) Lie Verftoße gegen diefen zu vermeiden 
waren. Da dem erften Menfchen mordlifche 
Freyheit ganz unbenommen bleiben mußte, weil 
er fonft zum Thiere und feine Handlungen zur 
Berdienftlofigkeit herabfanfen, fo war es nicht 
zu verhüten, daß er niche gegen alle Warnun. 
gen feines Führers, des Inſtinkte, Mittel zu 
feiner Bervollfommnung ergriff, die fie eigentlidy 
nur verfpäteten, beſonders da dieſe wahrſcheinlichſt 
nme die des Subjekts betrafen, und mithin die 
Gattung gänzlich aus den Augen ließen. Man 
‘mag bie mofaifche Tradition gar nicht, oder neh⸗ 
men, wie man will, fo wird man doc) nie ver 
meiden können, ſich einen Naturzuſtand, dieſen 
als vollfommen zweckmaͤßig und. auf Fünftige 

Revolutionen beſtimmt, und mis einer Menge 
—8 DD von 


= 


216 0 


von Trieben ausgerüftee, gefallen zu laſſen, die 
das Verhalten, in der Vermiſchung mit, unbes 
rechneten Zufällen einigerms zßen leiten fonnten. 
Diefe Revolution, fo wie fie nad) des Menfchen 
Willkuhr erfolgte, war gewiß nid)t weckmaͤßigʒ 
denn fie lief allen Warnungen ver Triebe zumis 
Der , vertrat Das bezeichnete Gleiß, und brachte 
die Eivilifation mit jenen in die Werwirrung; die 
doch wie fein, anderer ſcheinbarer Widerjprud) 
der Natur, ſo ganz offenbare Nachtheile har, 
gegen deren Esidenz min, durch Einwendungen, 
wie H. 5. ſeloſt ſagt, nur Bloͤßen geben kann, 
Mösishkeit, das Ziel zu exxeichen, blieb ung 
Dod) ınmer übrig, nur frey!ich veripäzeten wir 


uns etwas. „, Un den Wed zu fürzen, war die - 


Erſcheinung eines großen Mannes noͤthig, der 
Die vergeſſenen Vorſchriften des Naturzuſtandes 
wieder ing Gedaͤchtniß brachte, (denn alle reinen, 
Schren des Chriftenthums faufen auf Diefe doch 


ganz ſichtlich hinaus) und da werd die Möglic)« 


feic zur hoͤchſten Wahrſcheinlichkeit Soviel 


iſt ganz ſicher ausgemacht: fibeinbar find. die 


Gebredyen unferer Cultur gewiß nicht (wie Hr. 
F. ſo gern beweiſen moͤchte), dieſe Hebel wuͤrken 
nicht zur Erzeugung des Guten, und alla die 
Widerſpruͤche ſind wohl Entwickelungen berechne⸗ 
ser. Anlagen, aber nicht berechnete Erolutionen 
loͤſt; dies zeigen ung nur zu oft die Reſte alter 
linke, die bey. der. Civilifation offenbar bey, 
weitsm zu kurz Fommmen. M ai ig! 
— J 417] 


Be 


R 0 ,# we 217 
„Bewuſtſeyn,“ fährt Hr. F. fort, gehoͤrt 


zur Vernunft, zur Wahrne hmung der Berhaltniffe 
und Abfonderung der Begriffe: Bewuͤſtſeyn 


eines abſtrakten Ich wer das ausſchließende 
Geſchenk der menfhlichen Organifation. * Aus 
ibm entwiceln fi ale Erfcheinungen der fogen 
nanten Perfektibilität. Hier aber, wie aller⸗ 
waͤrts, iſt es Wirkung und Gegenwirfung, was 
die ſchlafenden Kräfte offenbahret. Drachten 


erſchuͤcternde ‚Erfahrungen der Menſchen auf 


eine «höhere Stufe dev Beſonnenheit, und 
lehrten fie. ihn, daß er nicht alles darf) was er 
Fann und will, fo führten fie ihn auch zu Begriffen 
vom Gluͤck des Saheng u. bw... 


‚Dies ift nur noch. Eine ei von H. F. 
Ppitofophie, Wollte ic) ihr, Schritt vor Schrift 
folgen, fo würd’ ich ein Buch fchreiben müffen, 
Ein jeder nur etwas gründlicher Denfer wird 
fi) hier bald den Satz beftätigen, «daß bie 
Bluͤthe des Stüs, die Periodenründung, und 
der Wortfluß für philoſophiſche Bloͤßen nur ſehr 
leichte Raeesfungen find. 


Offenboe verwechſelt hier H. F. wieder 
zweyerley, das immer nothwendig und feiner 
Natur nach getrennt‘ bleiben muß: Die empis 

riſche Apperzeption, das Bewuſtſeyn feines 
Zuftandes, ſeiner Wahrnehmungen 5 und vie 
———— Ar das Bewuſt⸗ 


5 ſeyn 


\ 
s 


ꝛis Er ER 


ſeyn feiner Identitaͤt felber, ſelbſt bey alter 
Verſchiedenheit des empirifchen Bewuſtſeyns 
— Dies empiriſche Bewuſtſeyn gehört aller: 
Bings zur Bernunft, zur Wahrnehmung der Vers 
haͤltniſſe und Abfonderung der Begriffe; aber es 
kommt auch) gang offenbar ben Thieran zu. Weber 
dem das Daſeyn der Vernunft bey Tieren iſt noch 
‚nicht im mindeften. klar widerlegt. Denn 
fommt ein Aufmerken zur bloßen Perzeption 
binzu, fo wird die Sede fid) gewiſſer Beſtim⸗ 
mungen im Objekt der Empfindungen bevuft 
und diefe gehören immer zu den entelogifchen- 
Eategorien. Sollen alſo tie Thiere feinen 
Verſtend haben, fo laße fid) gar nichtseinfehen, 
wie ihre Erkenntniß befchaffen feyn Fönnte, 
Ganz offenbahr ift es unmöglid), daß ihnen das 
Vermögen, willführlic) auf etwas zu achten, feh- 
len ſollte. Dunkelheit der Wahrnefmung nach 
eben Tategerien läßt ſich in der Thierifchen Er» 
kenntniß unmöglich annehmen. 


Hingegen die tranßendentale Apper⸗ 
jeptior, Piv niemah/en das mindefle empirifche 
Praͤdicat duldet, ohne von ihrer Neinigfeie zu 
verliehren, und bie wahrfcheinfich Hr. F. auch 
unter tem Bewuſtſeyn eines abſtrakten Ich 
verſtehet, mog wohl einen Vorzug des Mens 
ſchen als ein ihm allein aehöriges Attribut aus⸗ 
machen, bloß sus der Urfach, weil ſie auf Höhere, 
Vırftandesoperationen ſich fügt; aber — > 

pl! Pu © Dig ot 


Mo — 219 


Nothwendligkeit wegen, fie von aller Empirie rein 
zu erhalten, iſt fie bey der Entwicelung 
aller Erfcheinungen der fogenannten Per— 
“feeibilität, die, wie Hr. F feldft ſagt, zwar be⸗ 
rechnet, aber von äußeren Verhaͤltziſſen nie unab« 
bängig iſt, durchaus und vollig zum Gebrauch) 
‚untauglid). 


Auf die Einleitung folge die Analyſe von 
Cooks Verdienften, eine Machricht von feinen 
erſten Fahrten, und von allen Schwirrigfeiten 
‚und Gefahren, die er zu bekämpfen fand, Er 


trat diefe teßte- Reife, vie wir vor uns haben, ben 
12. jun. 1776 mit der Reſolution, dem Schiffe, 


worauf er feine vorigen Rifen gethan hatte, an. 
Am Vorgebuͤrge dir guten Hofnung ftieß Clerfe 
mit der Difcovery zu ihm, und nun, gieng ev 
oftwärts durch das ſuͤdindiſche Meer. "Weber 
Vandiemens, und Meufee- sand ſchiffte er dem, 
ſtillen Meere zu; wo er einige neue Inſeln ent⸗ 
deckte, und Fam zuirft, ba er Otaheiti nicht er⸗ 
reichen konnte, ohne das schen der dahin be⸗ 
flimmten Tiere aufs Spiel zu feßen, nad) den 
freundfchaftlichen Inſeln, bie er genauer untere 
ſuchte. Mit der Neife von diefem Erfeifchungs« 
punfe nach; Dtahelfi, und mit dem Aufenthalte 
dafelbft und in den übrigen Sozietätsinfeln gieng 
das Jahe 1777 zu Ende. Moch im December 
feegelte .EooE über den Aequator, und am 18 
Jan. des Ken Jahres fand er die weſtlichen 

Inſeln 


220 —0o 


Inſeln in einer neuen Gruppe, die in der Folge den 
Rahmen der Sanbdwichs-Inſeln erhielt. Dann 
eilte er zur Kuͤſte von Neualbion, Die er im 450 
zuerſt erblickte. Mach vielen Stuͤrmen fand erim 
50° einen Hafen, von den Eingebohreken Nutka ge⸗ 
nannt. So bald er wieder in See gieng, hatte er 
‚ neue Stürme, tie feine Schiffe bis zum 60° der 
Breite vom Sandeentfernt hielten. Hler aͤndert es 
feine Richtung endlich, bilder einen Buſen, und ges 
her ſtatt kKordwaͤrts, wie bisher, auf einmahl 
weſtſuͤdwaͤrts ſort. Cook folgte jeder Kruͤm⸗ 

mung der Kuͤſte. Unter vielen Bayen, die er 

entdeckte, zeichnete ſich der Prinz Wilhelms 

Sund, urd noch ein großer Buſen aus, der 

feines Entdeders Nahmen befam. Endlich 

umfchiffte er die lange Halbinfel Alaffa, und 

gieng an der Inſel Unalaſchka vor Anfen. Er. 
orfolgte nun die Kuͤſte von Amerika. - Am gten 

Sun. erreichte er die weftiiche Spitzo des ganzen 

Anterifa und nannte fie das Vorgebürge des 

Prinzen von Wales.  Gie bilder im 650 46° 
nördlicher Breite die oͤſtliche Graͤnze einer 
Merrenge, welche die alte und neue Welt ſchei⸗ 
det. Bering hatte fie zuerſt erreicht, und Darum 
nannte fie Cook Beringsſtraße. Im 71° hielt 
endlich eine Eiſmaſſe fie vom weiteren Fortfeegeln 
0b, und da nun jeder Fortichritt durch die 
Jahreszeit unthunlic ward, befchäftigte er fich 
indeg mit Berichtigung geograpbifdyer Irrthuͤ—⸗ 
mer. Ex fiel darauf, die Wintermonate mit der 


NE) Uns 


> 0 * 221 


Unrerfuchung dev Santioicheinfeln aus zufͤllen 
aber bie intereffaätefte Entdeckung i im ns 
koſtete ihm fein geben. 


run führte Tierk die ige hai 
Norden zuruͤck. Dos Eis hielt ihn aber eben 
falls auf. Ehe er noch nach Kamſchatka zurück 
fam, farb er. Gorn und King führten die 
‚Schiffe über China und das Vorgebürge der qu⸗ 
ten Hoffnung nad) Haufe, wo fie den zaften 
Auguft 1780 wieder ankamen. 


Von Hauptreſultaten für die Naturge⸗ 
ſchichte haben Cooks Entdeckungsreiſe ohng⸗faͤhr 
folgende herausgebracht. 1) Daß viele Inſeln 
und Felſenbaͤnke vom anſehnlichſten Um fange im 
heißen Erdſtriche bloß das Werk einer Art poly⸗ 
penaͤhnlicher Gewuͤrme find. 2) Daß im Welt 
meere ein zwiefaches $euchten, ein elektriſches 
und phofphurifches ftatt findet, wovon letzteres 
wieder auf eine doppelte Art, rehmlich unorga⸗ 
niſch, oder in lebendigen Thieren erſcheint. 
3) Daß die haͤufige Erſcheinung der Seevoͤgel und 
des ſchwimmenden S Seetangs (fucus) nicht mehr 
für ein ſicheres Zeichen vom nahen Lande gilt, 
4) Daß entlegene Inſeln niemabis reich an vie⸗ 
lerley vierfüßigen Thieren find, 5) Daß bie 
DBotanif aus jenen neuentdecften $ändern mit 
mehr als 2000 neuen Gewächfen bereichert ift, 
von ‚denen manche für die Zukunft. einen bes 

traͤcht⸗ 


222 No 


 trächtlichen Nutzen verfprechen. 6) Daß durch 
das ganze Suͤdmeer von der Nachbarſchaft ne 
dieng bis gegen Peru und Mexiko hinüber, auf 
weit entfernten und vereinzelten Inſeln, eim 
Volk angetroffen wird, daß in Geftalt, Sprache, 
Ueberlieferungsbegriffen durchgehende überein 
flimmt, ob es gleich in Eultur, Werfaffung und 
Sitten verſchieden iſt; 7) def ein andeter in 
Anfehung der Sprache, Farbe, Förperlicher Bil« 
dung vom jenen verfchledener Stamm ſich nicht 
fo weit von Indien durch einige andere Inſel⸗ 
gruppen ausgebreitet habe. 8) Daß man in 
Abſicht der Bevoͤlkerungsgeſchichte der Erde 
ſchwerlich auf zuverläffigere und mehr entfchein 
dende Data rechnen ann, als man fchon itzt 
befist. 9) Daß die Natur des Menfchen zwar 
überall klimatiſch verfchieden; aber im Ganzen 
ſowohl der Organifation nad), als in Beziehung 
auf die Triebe und den Gang ihrer Entiwices 
fung, fpezififch diefelbe if. 10) Daß, fo wie 
es fein Volk ohne Sprache und Feine Sprache 
ohne Vernunft giebt, fo auch keinen bloß thieri⸗ 
ſchen Stand der Natur. | 


- Eine ganz vollftandig detaillirte Auseinans 
derſetzung der Aufflärungen, welche Natur und 
Menſchengeſchichte durch dieſe Reiſen gewannen, 
und welche ſie noch zu hoffen haben, wuͤrde mich 
zu weit uͤber mein Ziel hinausſuͤhren, und ich 
muß mich damit begnuͤgen, hin und wieder ein⸗ 
zelne 


Er > 203 


zelne Data herauszunehmen und ſie ohne Verbin⸗ 
dung und ſelbſt oft ohne einige Ordnung zuſam⸗ 
menzuſtellen. 


Kerguelens Land fanden ſie mit einem 
bewunderungswuͤrdigen Gruͤne bedeckt, das von 
einer einzigen Pflanze einer Art Steinbrech her 
ruͤhrte. Keim taıd, fagt Hr. Anderfon, Cooks 
Wundarzt und der einzige Naturtundige bey 
biefer Reife, iſt wohl unter einem folchen Him⸗ 
melsfiriche entdeckt, das einem Naturforfcher fo 
wenig Stoff zu Unterſuchungen darböte, als 
‚ dies. Der Steinbrech bedeckt in dicken Büfcheln 
den Erdboden weit und breit, und fproßt aus eis 
nem äußerft lockern Torfmoore, . In moraftigen 
Gegenden fand ſich noch eine andere kohlaͤhnliche 
Dflanze von antiſkorbutiſchem Anfehen und. dem 
Geſchmacke des  neufeeländifchen Loͤffelkrautes 
‚(Lepidium oleraceum). Es gab von ihr.nicht 
bloß männliche und weibliche Pflanzen, fondern ' 
aud) eine dritte Sorte mit. Zwifterblumen 
Außerbem waͤchſt hier Siedgras und eine Arc 
Waldſtroh (Galium), Ale Gewächfe beftehen: 
aus 16 bis 18 Nahmen, einigen Mioosarten und 
einer fehr fhönen Art Flechte. RR 


Außer ben Geebären gab es hier gar feine 
Duadrupeden, und biefe nut in geringer Anzahl, 
weil fie ſich lieber auf kleinen Inſeln als an weit 
ing. Land gehenden Bayen aufhalten. 

on 


a ne - 


WVon Voͤgeln waren bier Sturmvoͤgel, 
Albatroſſe, Seeraben, Meewen, Meerſchwal⸗ 
ben und Enten von der Art, als ſie in Georgien 
angetroffen wurden. — Der Sturmvogel vom‘ 
Cap, der Eleine blaue und. der fleine ſchwarze 
find ſelten. Der bloue wohnte in Loͤchern. Die 
arößte Gattung ift in Menge da, und leiche 
todtzuſchlagen; Ihr Gefieder ift ſchwarzbraun; 
Schnabel und Füße gruͤnlich. — Won Alba⸗ 
troſſen war nur die graue Art der höheren ſuͤdli⸗ 
licyen Breiten bier. Von Pinguinen giebts hier 
verfchiedene Arten; die erfte und groͤßte ſah man 
ſchon auf Südgeorgien, mit ſchwarzem Kopfe, 
bleyfarbigem Rücken, weißem Bauche, und 
Schwarzen Füßen. -" Un jeber Seite des Kopfes 
fieht man einen breiten Streifen von ſchoͤnem 
Gelb, der längs am Halfe Hinunter reihe, und. 
fic) ‘oberhalb der Bruft mit dem anberen vereint. 
Der Schnadel ift rötlich und länger, als bey an» 
deren Voͤgeln der Art. (Aptenodytes patacho- 
nica). Die andere Gattung iſt nur halb fo) 
groß, als die vorige mie ſchwarzgrauem Nüs 
cken, und auf dem Kopfe mit einem. weißen 
Flecken, der an jeder Seite allmählig breiter. . 
wird. Schnabel und Füße find gelblich (Apte- 
nodytes parua). Die dritte Are war die Apte- 
nodytes Chryfocome, | 


Bon Seerabenarten giebts hier die eigentlis 
he Eleinere (Pelecanus graculus), und die Are 
a mit 


ey 2 2; 


«mit. einem ſchwarzen Ruͤcken a waißem 
Bauche, weiche ſich ebenfalls, (ab eufeelan ;. 
Terradel Fuego und Georgien finder. (Pelecanus 
Pica) — Auch trift man hier die großegemeine 
Mewe, bie große und fleine Seeſchwalbe und 
die große noͤrdliche Mewe (Larus Catarractes 
Lin, )sansı.. Man fand dieſen Vogei ſchon auf 
den Reujahrsinſeln bey Staatenthlond ohn ea 
le Maires Meerenge. (Pennants, Sheach- bil 
Sn. Birds p. 43.). .; 
‚uhts eh sh 
Hein Mar fand 9— van — Yan das 
Haar ; de. fämmtlichen Einwohner wollartigz _ 
und, wie Hr. F. bemerkt, find ihre: ſchwarze 
Farbe und das Wolhaar ohne allen Zweifel 
iche Kemzeichen des Menfchenftame 
‚mes. auf Reuholland, und. die ſich auch noch 
—— jenſeit des Aequators unverändert 
alten. Bisher kannte man fie nur am afrifa« 
a chen Neger, bier ſieht man fie an einem Vol⸗ 
ke, daß in feinem Knochenbaue und den übrigen 
Unterſcheidungszeichen feine — mit 
dem Afrilaner verraͤch · | 
Hy... amımacr 
Was Hr. F. indeß damit will, iſt nicht 
‚wohl: einzüfehen, denn es foll doc) wohl fein 
Beytrag zu feiner, Garbenleiter und sur Klimati⸗ 
firung des Menſchen feyn; ‚und ein Entftghen 
einer eigenen «Menfchenrace, auf Nerholland, 
* rl oder aus der 


fruchte 


Me 


fruchtbaren Erbe anzunehmen, iſt * sei 
— rathſam.) 


Dis einzige vierfüßige Thler- J— Van 
ee fan). w's fie fiengen, war «ine Art 
Beuteltbier, ohngefaͤhr zwinmal fo groß, als 
‚eine Ratte, Auch haͤlt ſich wahrſcheinlich Hier 
‘der Kınguru auf. Bon Vögeln gabs hier große 
"Braune Haricht:, Krähen, gelbliche Papageyen, 
große Tuben, eine Droſſelart, verſchiedene 
Arten Mewen, ſchwaͤrze Auſterfaͤnger, 
ſteingraue Regenpfeifer mir einem ſchwarzen 
Flecke auf dem Kopfe, wilde Enten und“; Ste 


„raben. I, 


SER LESEN den Waltern —* Kit —— 
Schlangen, und Eideren. — Bon Filchenfind - 
‚man der Elephantnfildy, große Rochen, Meine 
"weiße Brachſen, Zungen, Stöndern, Sepäe, 

Satcoſe⸗ u.fw. 


Auf den Felſen finder n man eine „Menge vor 
Mirsmufhein und anderen Schaalenthieten, 
auch viele Seefterne und Schwaͤmme. Eine 
Gattung di-fer I:gtereim, don außererdentlid; fei« 
nem Gemw-be, wird von der See ans:Ufer geivor- 
‚fe. ) (Bielleicht ließe ſich durch genauere Unter 
ſuchung dieſer Gattung etwas über die Animalis 
- tät Her Schwämme auſsmachen). Mod); eine 


Art it die — — — 
€ 


0, 237 


de lagen viele —A und bie Safe 
’ Lap Iyfia, Hit 


Die Anzehl der Inſekten iſt klein, aber 
ſie ſind Er mannidyfaltig. Mehrere? Arten von 
Heuſchte en, Schmettetingen und fdıd gezeich⸗ 
neten Nachtvoͤgeln, Sungiern, Br mien, 
— un: Epinnen; auch einig Store 
gi Muſkitos und große ſchwarze Ainei⸗ 
m, — 


Man fand in — außer einigen 
Ratten, einer Gattung Schaͤferhunde (und 
Fledermaͤuſen)⸗ fein vierfuͤßiges Thier. — J 


Die Einwoßner von Watiu bewillkomm 
neten Cooken mit einem abg meſſenen Gefinge, 
einer Ceremonie, die ſelbſt in Nordamerika ges 
braͤuch ich iſt. „In ſolchen Fallen,“ ſetzt Hr. 

Forſter ſehr richtig Hinzu, „bey einer fo auffol⸗ 
den Aehnlichkeit in den Sitten zweyer völlig 
getrennten Voͤlker follte man die Urſach ih der 
Natur des Menfchen ſelbſt auffuchen.“‘ (Denn 
es laßt fich gar wohl denfen, daß, wie zwey 
einzelne Koͤpfe auf dieſelbe Erfindung, ſo auch 
ey Narren verſchledener Voͤlker auf dleſelbe 
I bgeſchmacktheit verfillen koͤnnen, vie ſich here 
nad) allmählig narlonalifirt, und felbft zu den 
Nachbahren ſich fortpflangt.) — 


P 2 Die 


2:8 Be 


Die Grundvefte der Inſel Töngarabi bez 
ftebt, fo viel man weiß, aus nichts als Kos 
rollfelfen.. Im Ganzen genommen ift das 
arbare Erdreich darauf ziemlich tief. An den 
angebausten Stelfen fahe man lockere, ſchwarze 
Daͤmmerde, die groͤßtentheils aus vermoderten 
flanzentheilen entſtanden zu ſeyn ſchien. H. F. 
be ezweifelt das Dafeyn der Thonſchichten die 
nach Hr Au der ſond Nachrichten auf dem Koral. 
felſen egen follen, mit Rede. 

* * 

"Unten —* ———— fi nd die Pi fange 
die vorzuͤglichſten, deven e8 15 Spielarten bier 
giebt. Dann folgen bie Brohfrucht ‚ jweh 
Gattungen von Früchten, bie in Otaheiti unter 
den: Nahınen Jambu oder Heiha und E-iwi 
(Spondias. dulcis) befannt find, wovon !eßtere 
eine Are Pflaumen iſt, und endlich. Pompelimus 
fien -(Shaddock. Citrus decumana Linn,). 
Die Wurzeln find zweyerley Yams (Spielarecn 
der Dinfcorea alata Linn.), einergroße Wurs 
gel, Kappe genannt (Arum macrorbizon); 
eine. andere: Mahwaha; , bie, Tarrowurzel 
(Arum efculentum.);;und die Doidgiz (wahr⸗ 
ſcheinlich die Dracaena termiralis -Linn,), 
Raͤchſt ver Cocospalme giebts hier nach ein paar. 
feltene  Palmenarten (Coiphra umbraculi- 
fera L. — Arcea ſapida — Civas circinalis 
un wahrſcheinlich); Zuckerrohrʒ Flaſchenkuͤr. 


biſſe, 


wo ‚ge 229 


biſſe Bombusrohr; Gilbwurz (Amon 
Curcuma.) ;'eine Art Feigen. 


Von Ouabirpeben fanden fh Schwein, 
Hatten, und hinuͤbergekommene Hunde: Es 
gab hier, aud) zahme Hühner. Won wildem Ges 
Flügel: Papageyen, Nachteulen, Kuckuke, Eis⸗ 
voͤgel, eine droſſelaͤhnliche Gattung (der einzige 
Sangvogel), Wachtelkoͤnige, Waſſerhuͤhner, 
zweyerley Fliegenſtecher, wilde Enten, Reiher, 
Tropikvoͤgel, Pinfel, Meerſchwalben, Brach⸗ 
huͤhner, Fledermaͤuſe. — Von 
Amphibien ſah man Waſſerſchlangen, "grüne 
Jguanen Eideren, braungefleckte kleinere nebſt 
noch zwey kleineren Sorten. Von anderen 
Inſekten: ſchoͤne Nachtfalter, Schmetterlinge, 
ii x Auhden u. J w. etwa ‚aagegjiietene | 
— — 


Die Se iſt ſehr Er an hf, 9 
ohne WManncchfaltigkeit der Öaftungen. Meera 
äfchen, Papageyfiiche „, Silberfiihe, alte Weie 
ber, (höngeflucte Zungen, Kofferfiſche, Bo⸗ 
niten, Albicoren, die, Aale der Palmerſtons-⸗ 

nfel,. Hayſfiſche, Rochen, Tobackspfeifen⸗ 
ſche, eine Ku Dat und eine‘ Mr ‚des ie) 
teufels. 


In Hapai traf man einen Mann’imd en 
nien Knaben, ingleichen auch in Anamocka ein 
Pau. Kind 


— 


030 re > 


Kind: von völlig weißer Farbe, (Alfo auch ba 
Keckerlacken, von ‚denen uͤberhaupt ſo ſehr viel: 
Beyſpiele bekannt werden.) | 


Man fand auch auf Atuai den Gebrauch 
bee rorhen Federn von das Gatru'g Baumlaus 
fer wieder, der fich durch alle Inſein des Suͤd⸗ 
meeres erſtreckt Inbeß kann biefer.Gcdr-uc) 
unmoͤglich, wie Hr, F. richtig bemerkt, ein Bes 
weis der Bevoͤkerung aller Juſeln aus einem 
Stimme, (da die Papuaner fo fehr abweichen), 
ſeyn, fondern hoͤchſtens ver aflgmeinen $iebe 
zum Puße, und etwa ces Öefollens, den die 
meiftn wilden Völker an prahlenden Farben bey 
der Wahlihres Schmudis finven. 


Auf Atuai fanden ſich wenigſtens 5 bis 6 
' Spielarten ‚des Pifang: bie Brodſrucht, doch 
fetten; auch Kofospalmen; das Kappe ber 
Freundich :freinfeln; der Etua Baum (Cordea 
Sebeftena) und Die .mohlriechende Gardenia. 
Auch follen Yıms da ſeyn Außerdem waren 
da einige Bäume, vie auf Drcheiti Duidui 
ißen; eine Sida; die chorinda citrifolia 
(Hier None); eine Winde; die Ama. Staude 
(Piper methyflicum); Flaſchenkuͤrbiſſe; eine 
große diſtelaͤhnliche Pflanze mit mohnartiger 
Bluͤthe. 


Außer 


0 231 
Außer den bekannten ſcharlachfarbenen Vo, 
geln gab es noch dunkelkarmoſinene kleinere, 
große Eulen, braune Habichte, milde Enten, 
den Otu, den Torata von Dtahelti. — An Fie 
ſchen: kleine Mafrelen, gemeine Rothbaͤrte 


anllet ) Klippfiſche eine Seeſchildkrote, die 


man in einem Teiche gefangen hielt; 


Schweine und Hühner waren bier, wi 
auf den anderen Suͤdſeeinſeln. — Einige fleine 
Eideren , und Ratten, | 


Dies find nur einige ausgezogene Beriers - 
kungen aus dem Vorrathe für Naturgeſchichte, 
der «uf Diefer Reife gefammele ift, und freylich 
der Umftände wegen, fo reich unmöglich ausfal« 
len Fonnte, als bey den vorigen Reifen, vorzüglich 
aber darum, weil fein Naturkundiger von Dos 
feffion beobachtete, ©, 





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Herr Job Bafter über die Bekleidung der 

Thierhaut im allgemeinen, befonders aber 
‚über die Shuppender Fiſch⸗ 

gattungen: 





‚Ih ünaquague planta, in unoquoque (Anima- 
li, pifce et) Infeto, fingulare atiquod ob- 
fervaturi fumus artificium, quod in aliis 
corporibus non invehimüs, et quod atten- 
dere in gloriam fummi Creatoris debemus, 
Gednerindiffertationer Cui Bono. In Lin- 

. haei Amoenitat. Tom Ill, pag. 252, 


* —— 


ine gehörige ſorgfaͤltige Aufmerkſamkeit 
auf den verſchiedenen Bau und die Ab- 
weichungen in der Zufammenfeßung der Thier⸗ 
haut, der tmannigfaltigen Bedeckungen von 
Haaren, Wolle, Federn, Schuppen, u. f. 
we, von benen jede dein Menſchen zu einem ber 
ſonderen Gebrauche dient, wird uns mit ei⸗ 
ner ehrſurchtsvollen Dankbarkeit gegen die 
allweife Worfehung gewiß erfüllen, 


DD, 5. Nur 


254 PO 


Nur der Menſch allein kmmt nackt auf 
die Welr, alle andere Thiere mit Bedeckun⸗ 
gen. Plinius klagt barüber, wenn er ſagt: 


Principium iure ——— homini. cuius cau- 
fa videtur cunda alia genuiffe natura, 
magna ſaeua mercede contra tanta fua 
munera: 'vt non ſ Tatis’ exiftimare, 
parens melior homini;'an triftior.nouer- 
ca. fuerit? .Ante omnia vnum animan- 
tium cundorum, alienis velat opibus: 

ceteris varie tegumenta tribuit, teſtas, 

©  cortices,' coria, fpinas, villos; feras, 
pilos, plumam, pennas, ſquamas, vel- 
lera,. Truncos etiam arboresque cortice, 
interdum gemino a frigoribus et ealore 
tutata eſt. Hominem tantum nudum et 
in nuda humo, natali-die abiicit ad va- 
gitus ftatim et 'ploratum, nullumque tot 
‚animalium aliud ad lacrymas et Das 0 
tinus vitae principio a), 


Aber felbft aus diefen ungerechten Ras 
gen des Plinius blickt die Weisheit und 
Güte der göttlichen Vorſehung hervor, und 
ihre Sorgfalt für ihre Geſchoͤpfe. 


Denn bie Thiere, die bey dem adnzlichen 


Mangel an Vernunft und Verfiand, völlig 
unders 


a) Hiftor, Natur. Lib, VII. c. z. im Anfang 


— ) 0 ** 23 5 


unpermögenb find, um ſich Kleidungen zu ers 
ſinnen und. zu. verfchaffen, bringen bisfe ſchon 
mit ſich auf die Welt. 


„ Der Menfch hingegen, der das Geſchenk 
bed Verftandes bekam; ein Hülfsmittel, das 
er in allen Verlegenheiten benußt, von dem 
er Gedanken empfängt, und mit dem er. zu 
feinen koͤrperlichen Arbeiten: der Hand die 
Erfindungen angiebt: er findet in den Fellen 
und in der Wolle der Thiere, in mehreren 
Gattungen der Bäume und niederen Gewaͤch⸗ 
fe einen Stoff zur Verfertigung ‚aller feiner 
Bedeckungen, und feine angebohrne Nackt⸗ 
heit und weiche ‚Haut ift daher ganz 
ohne einen nachtheiligen Einfluß auf ihn. 
Gott überläßt ihn die Auswahl feiner Reis 
ber und ihre ‚Einrihtung feinen: Gefühlen 
gemäß, zur. Bedeckung für Rälte ſowohl als 
um Puße (wovon er nur zu oft ein übelen Ges 
brauch macht b), da bey Thieren die Beklei⸗ 
dung nie wechſelt, da das vierfüffige Thier 
* Q2 nach 


b) Homme ſuperbe croit, qu'etant decorᷣ 
de la peau des bêtes, il a droit de mepri- 
fer ſes freres, qui ne font egalement v£- 

tus, et Phomme fage.ne voit dans une pa- 
reille decoration, qu’ une iufte raifon de 
Ü’humilier. _Qui de deux penfe le plus 
fenfement? — Caraccioli la jouiflance 

" de foi meme, pag. 310, 


nad feiner Geburt fein Fell und der Wogel 
feine ‚Federn erhält, und von dem Augen, 
bii® an, beyde auf immer gekleidet find. 


Bey einigen vierfüßigen Thieren iſt bie 

" Haut mit Haaren bedeckt, und dient dem 
Menfchen zu einem unendlich mannichfachen 
Gebrauche. Die Füchfe, Zobel, Hermeline 
Miefeln uf. w. in Gibirien und anderen 
nördlichen Ländern geben uns das koſtbarſte 
Pelzwerk der. Das Kamrel- bb) Ziegens 
und: Hirſchhaar Vefert uns eine Menge von 
Zeuam c). DaB Dferde » Gemfen » und 
Bocks Haar, wie auch das vom Haaſen, 
Kaninichen und noch beſſer bas vom Kas 
for 


bb) Das a Katmeeifadre iſt eigentlich 
nicht das. Haar des Kameels, fondern von 
einer Ziegengattuug, bey der es fo lana ift, 
daß e8 bie auf die Füßeberabhängt. - Man 
nennt fie Dieangorifche Ziege, das Kaͤmmel⸗ 
thier, (Hircus five Capra Angolenfis corni- 
bus carinatis arcuatis, Linn. Syft. Nat, 
Gen. 31. Num. l.) [Nu giebt Dies lange 
feidenaitige Haar ein Garn, das dem von 
den: Hadren des wirklichen Kameeles bey 
weiten vorzuziehen iſt. M;] 


e) Etwa, das zu Mofes Zeiten ſchon befannt 
gemefen zu ſeyn jebeint, wie es auß der 
Einrichtung der Stiftshuͤtte fichtbar wird, 
©. Exodus. XXV. 4. 5: XXXV, 6 und 
an mehreren andern Stellen, 


we 237 


ſtor giebt ung zwenerley Kopfbedeckangen, 
Peruͤcken und Hüte d). 

Die Haut anderer Thiere iſt mit Wolle 
bedeckt, wie die Schaafe, melde nah dem 
Futter, daß fieserhalten, und den ändern, 
worinn fie leben, an Härte und Feinheit uns 
endlich verſchieden ift, und daher den Stoff zu 
einer Menge verfchiedener Arten von Tuͤchern 
und wollenen Zeugen liefert, 


„ Eine dritte Gattung von Thieren hat 
auf ihrer Maut weder Haare noch Wolle, 
fontern hat ein ganzes Schild zu feiner Bes 
beckung, wie der Krokodill und die Schilde 
ErSte, oder mehrere an einander befeftigte 
Schilder, die fih dicht an einander ſchlleßen 
und bewegen, und fo hart find, daß eine Ku⸗ 
gel davon abfpringt, wie died bey dem Rhi⸗ 
nozerod, den Armadill und Schuppenthier 


(Manis) der Fall iſt. 


Bey einer vierten Thiergattung iſt die 
Haut mit ſcharfen Stacheln und Spitzen bes 
ſetzt, die ihnen ald Waffen und Beſchuͤtzung 
bienen, ald bey dem Saelund Stachelſchwei⸗ 
ne Auch felöft diefe Stacheln werben dem 

N Q 3 Mens 


a) Alles Thierhaar, das ich iemahts geſehen 
und unterſucht habe, iſt cund geweſen, allein 
das vom Barte eines Seehundes ausgenom⸗ 
men. 


238 6( 


Menſchen nuͤtzlich, da man — e zum kun 
mit der Angel gebraucht. 


Auch die Haut ſelbſt von — Thie⸗ 
ren, beſonders von Ochſen, Kühen, Buͤffeln, 
Schaafen Boͤcken, Hirſchen, Hundenwf.m., _ 
wenn ſie vom Haare gereinigt und zu Leder 
bereltet find, hat einen fo mannichfachen Nutzen, 
baß außerdem, dag man Stiefeln und 
Schuhe daraus macht, ed fehr wenige Hands 
werke giebt, denen fie nicht auf eine oder bie 
andere Art nothwendig iſt. 


"Die Voͤgel find mit Federn beffeibet, 
bie; nach ihrer Art von eiger großen Abwech⸗ 
ſelung der Geſtalt, und auch von einem ver⸗ 
ſchledenen Nußen für das Menſchengeſchlecht 
ſind. Die Waſſervoͤgel geben uns Federn 
in unfere Betien, fo mie der Pfau und ber 
— einen mannichfaltigen Pu. 


32 Der Bau einer, Fehet ift zum, Vermmd, 
beren kuͤnſtlich. Ihr Schaft oder der unters 
fie. Theil, ift ein ſteifer, dünner, hohler Cy⸗ 
linder, wodurch .fie ſtark und zugleich leicht 
wird. Mac oben zu Afl.fie mit einer Art 
von Mark angefüllt, wodurch fie ſehr biegs 
fan’ und’ zähe iſt. ‘ NEE CB 


N 


Der 


ke ) o( nr 239 


Der Bart ber Federn ift an einer Seite 
‚breit und an ber anderen ſchmal; ein Umftand, 
ber zum leichteren und fenneleren Flug des 
Vogels nicht wenig behtraͤgt. Cr beftehet 
aus andern fehr dünnen und fteifen Federchen, 
mit einem Schafte in der Mitte, woran ſie 
ſehr dicht an etnauber liegen. * 1, an 


"Noch Een iſt de Dune ober 
—J— an der die Federchen 
weit dichter an einander liegen, duͤnn, und wie 
feine Haͤrchen find, und an denen in regelmaͤ⸗ 

Biden: Zwiſchenraͤumen runde‘ oder. läuglichte 
Knoͤſchens find, mie man dies fehr: nett, mit 
* des Mikroſkopes bemerki.) 


Ich uͤbergehe die ſehr elegante mit Flecken 
nb vielfarbigten Streifen beſetzte Haut der 
chlangen, Schmetterlinge, Inſekten, Horn⸗ 

und Schellfiſche, ob ih gleich ſagen möchte: 
"daß Salomon in aller feiner Herrliche 
feit nicht geſchmuͤckt geweſen iſt, wie 
eins von diefen’/d), und ich ſchraͤuke mic in 
biefer Abhandlung auf eine Unterſuchung der 
verfchiedenen Fiſchhaͤuie, und Schuppen, wo⸗ 
mit einige von ihnen bekleidet find, ganz al⸗ 


lein ein. 
24 Die 


9 & Tab, III. Fig. 1..A, 
,#*) Fig. L B.C, 
d) Math. Cap. 6. v. 2r. 


249 we )yol we 


Die Haut der Fiſche ift 
1) alatt und eben, ; 
2) mit Stadeln und Waͤrzchen 
3) mit Schuppen bedeckt, ı 


Eine ebene und glatte Haut haben alle 
Fiſche, die in das Geſchlecht der Wallfiſche 
gehören, und einige fogenannteRnorpelfifihe,*) 
als die Priche oder Neunauge und der 
Saugefiſch. —3 | 


Die Haut der Squatina, einer Art bed 
Hayes, wird in ben Morgenländern zum 
Ehagrin benußt, **) und damit Kiffen, 
Koffers, Degenfcheiden u. f. w. überzogen, 


Die zähe Haut des Aales giebt ie beften 
Bänder zu den Orefchflegeln. 


Der Stachelfifch oder Guara (diodon 
Hyftria); der Äugelfifch, dere Seeteufel 
(Lophuis maior, monoceros, loricatus et 
tubercalatus.) Der Callorynchus, Mafla- 
cembelus, Gafterofteus und einige Rochen⸗ 

arten 


*, Die mehrentheild mit Schildern oder oft 
wohl gar mit einer feften knochichten Schans . 
le umgeben find, M. 


*#) Die Alten polirten mit ber harten Haut 
Holz und Elfenbein. M, 


4 


Er )ol FE 24t 


arten haben eine Haut, die mit Stacheln mehr 
oder weniger befegtift. DerSeehafe(Lumpus) 
und überhaupt die Bauchfauger (Cyclo⸗ 
pteri) ver Stoͤr einige Seeteufelgarrungen 
und Butten haben harte Rnoͤtchen. e) 


Die Hautbed Hayes, mit der bie Schreis 

sier ihr Arbeiten fo glatt poliren, iſt ebenz 
falls mit kleinen, doch fehr dicht bey einanders 
fiehenden Stacheln befegt*), die von einem 
fehr fonderbaven Baue find, **), 


Bet den meiften anderen Fifchen ift bie 
Haut mit Schuppen befeßt ee), die in einer 
regelmaͤßigen Ordnung auf und an einander 
liegen und fließen f), und von einer horn⸗ 

| rg ober 


e) Die Abbildungen und ausführlichen Bes 
fehreibungen genanuter Fiſche findet: mar 
bey Kondeler,Artedi, Willoughby, Jobns 

ſton, Bronoviue, u. f.. mw. (vorzüglich 
aber wohl bey Bloch, Gefner), 

=) Fig, II, a. A, 

**) B. & —9— BIER 

ee) Der Spiegelfarpfen bat nach ber Abbils 
bung, die der Braf von Marfigli (Hiſt- 
de Danube, . Tom. IV.) von ihm giebt, an 
jeder Seite zwey ziemlich große Flecken, auf 
denen feine Schuppen figen, ‚ein Umſtand 

der bemerkt zu werben verdient. 

) 3b muß bier anmerken, daß bie Zuden 
nach dem Goͤttlichen Befehe (Levitic, XI. 

ni | vg. 


oder knorpelartigen RAN find, . Eine 
aufmerkſame Beobachtung: dieſer Schuppen 
burch ein Mikrofeop und befonders tur das 
Sonnenmikroſcop aiebt endloſen Stoff zueiner 
Menge von Betrachtungen, da ſie von ſo 
auſſerordentlich verſchiedener Form⸗(wie die 
beygefuͤgte Abbildung zeigt) da einige längs 
licht, andere rund, noch andere drey⸗ und 
viereckigt; einige glatt, andere mit Stacheln 
beſetzt und mit tiefen Gruben bezeichnet find, 
Die Schuppen auf dem Rücken, an den Geiz 
ten und am Bauche find felbft bey einem und 
demſelben Fifche nicht felien von verfäiedener 
Geſtalt.  Diejentaen ‚die ich hier habe ab⸗ 
zeichnen laſſen, find faft.alle” von den — 
dicht am Ruͤcken genommen. dur aaa] 


Kr 


Die Anzahl. der Schuppen ift auch nad) 
der Gattung dee Fiſches ſehr verſchieden da 
fie bey einer Art ſehr dicht auf einander lie⸗ 
gen, wie z3. B. beom Gründling und Hecht, 
und bey einer anderen im Gegentheil, wie beym 
Anal, ki m Bar von einander entfernt find. 
3 —“ Ein 

ar z, IE 

v. 9. 10) feine Fiſche effen durften, als 
die Finnen und Schuppen hatten. Auch durf⸗ 
ten die Römer feine anderen Fiſchgattungen 
orfern: Numa conftituit, ut pilces, qui 
fquamofiinon esfent, non pollucerent, 
(Plinius, Lib. 932. Cap..2.) Wie dad aud) 
zur Genüge befannt iſt. 


Ic. Mm 


Ein Karpfen hatnah Hrn. Richters Nach⸗ 
richt g). 6000 Schuppen; sein Hechtis,g0005 

ein Grüntiing: 10000, und: ein — —— | 
wohl 20000. en 


Sie —* vorzüglich. den. Nasen, das 
weiche Fleifh ver Fiſche für Stöße, Quet⸗ 
ſchungen und jeder anderen Verlegung zufihern, 
und dafür zu forgen, daß dieß Fleisch. durch 
ben beitändigen Aufenthalt im. rd 
au ſchlaff⸗ re und zu fehr: erwelcht. 


Leeuwenhot augert — — 
der ſehr gegruͤndet zu ſeyn ſcheint; daß 
dieſe Schuppen zwar nicht jaͤhrlich, wie das 
Haar der vierfuͤßigen Thiere, und die Fe⸗ 
dern der Voͤgel behm Mauſern, abfalen 
und neue an ihre Statt hervorkommen; 
daß aber alle Jahre eine. duͤnne neue Schups 
pe die alte überziehet , und ſich nad allen 
Enden der vorigen nach Maaßgabe der allmaͤh⸗ 
ligen Zunahme des Fifches ausbreitet; ohns 
gefähr auf diefelbe. Urt, ale den: Umfang 
eines Baums zunimmt, und ſich alljaͤhrlich da⸗ 
durch verdickt, daß ſich eine neue Lage um 
* alte Rinde anſetzt. Und auf Bi 
1,0% R Wei⸗ 


a7 J —9 pag. 110, 


 b) Giebente Fortſetzung ber Briefe, vom 22; 
° May. 1716. 


6 


Weiſe, wie die Anzahl der Ringe am Baume 
uns zum ſicherſten Merkzeichen wird, nach 
dem wir das Alter des Stammes beſtimmen 
koͤnnen, fo giebt die Anzahl der Plaͤttchen, 
aus denen die Schuppen zufammengefeßt find, 
auch bie Jahre der: Fifche an. Er nahm 
einige Schuppen von einem. — 
großen Karpfen (423 Zoll lang, und 33+ 
u rheinlaͤndiſche Maaße die) die von der: 

Größe eines Thalers waren. Dieſe meichte 
er zuerft in warmem Waffer ein, dann ſchnitt 
er fie in die Quere durch, fieng mit der Uns 
terfuhung des Mittelpankts an; ber eine 
ſehr Fleine Schuppe gewefen war, und trieb‘ 
feine Beobachtungen fo weit, baß er ganz 
deutlich durch fein Mikroſkop 40 Plaͤttchens 
von kleinen Schuppen unterſchied, die wie 
auf einander geleimt waren; und er ſchloß 
hieraus, daß der u ‚49 Sahre alt * 
muͤſſe. 


Alle geſchuppten Fiſche ſind mehr oder 
weniger mit einer Art von Schleim uͤberzo⸗ 
gen, unter dem ein Haͤutchen liegt, das den 
ganzen Koͤrper des Fiſches bekleidet, und die 
Schuppen, bie unmittelbar darunter liegen, 
an ihre Stelle feftyalten. Daher kann ber 
Fiſch dur ein jährliches Wechfeln und ohne 
äußere Gewaltthätigkeiten feine Schuppe vers 
MEN , aber es kommen twieber andere here 

vor 


n 


0), 70 A 245 


vor, wenn einige durch einen Zufall verloh⸗ 
ren glengen, und der Verluſt nicht zu groß i 
iſt, weil er * daran ſterben muß. 


Das ebenangefühtte Häutchen beſtimmi 
die Farbe des Fiſches (denn alle vollkommen 
ausgebildete Schuppen der Fifche find weiß; 
oder perlfatbige.,): Ein‘ folder Weberzug iſt 
am ſineſiſchen Gold» und Silberfiſchgen fehr 
beutlicy zu bemerken, die nur erſt Im dritten 
Sahre ihren f&illernden Glanz bekommen, 
und oft ganz, aus Gold wiewohl dies nur 
Außerfi langfamgefchiehet , mit einer Silbers 
farbe überziehen, ' während fie dann Golden 
mit Silberflecken oder wie Silber Im Gold⸗ 
men aus ſehen. D. 


————— Schuppen ber Fiſhe mifros 
 flopifch betrachtet, fo zeigt ſich, daß fie eis 
ne große Aehnlichkeit mit den Schaalen der 
Schaalfiſche haben K). Sie find Mei 

lich 


* 2: Da biefe Fiſchgen in einem Reihe meines _ 
Gartens fehr wohl forttommen und gedeihen, 
fo bin ih Willens eine Naturgeſchichte ders 
felben herauszugeben ‚ı beſonders da die, des 
Edwards (Hiftor. of Birds, Vol. I- II, 
pag. 209.) und die in den Ronigl. Schwed⸗ 
—20 (1740, pag. 175). febr dürftig 


k) Befonders Hiele Uehnlichfeit haben fie mit 
den fogenaunten St, Jalobs⸗Muſcheln u, ſ. ws 


EDER 


lich an dem Theile, der außerhalb der andern 
unmittelbar darauf diegenden Schuppe hervors 
ſtehei, voll ſehr kleiner, in die Runde laufen⸗ 
der Grübchen, die ſo dicht an einander liegen, 
daß ſie voͤllig unzaͤhlbar werden. Dieſe Gruͤb⸗ 
chen find ‚beforders an der. aͤußerſten Schup⸗ 
penſeite. Außer, diefen ‚Eleinen ‚rundlaufenz 
den Gruͤbchens werden bie Schuppen. einiger 
Fiſche durch ‚andere groͤſſere Gruben gleichſam 
durchſchnitten, die auf die anderen Gruben 
der darunter legenden Schuppen paſſen. 


Um biefe Rachrichten begreifficher zu ma 
den, hab: ich auf der-beygefünten Kupfertafel 
ein und, vierzig Arten: von Fiſchſchuppen in 
ihrer natürlichen Größe und ebenfalls auch 
mikroſkopiſch betrachtet, abzeichnen laffen. 


J 
* 





Erklaͤrung der Kupfertafel. 





Fig. 1. A. Eine Feder von einem Gänfes 
flügel. 
B. Pflaumfeber eines Sowanes. 
C. Pflaumfeder eines Papagey. 
Fig. II. a. Ein Stückchen Haihaut,! womit 
bie Hl ihre Arbeiten poliren. 
A, eis 





AUWML 









— 


Im 34 - 


ı = 
ID 247 


"A. eines bergleichen/ vergroͤßert. = 


Re Zwey Stacheln daraus, ſtark ver⸗ 
groͤßert. EN 


Bat I. Ein Haar aus dem Barte eine 
Seehundes. 


Fig, w. Eine Schuppe von einem Fiſche 
4J a, Curaſſau, in, feiner. natuͤrlichen 
Gr oͤße. 
| Pr ä ‚Ein Schuppe vom Cyprinus, oblon- 
Lus teres, maxilla inferiore longio- 
re) pinnadorfi ventralibusremotiore, 
„eaudabifurcata. Act. Helv. Tom. I f4 di 
. 188. 


N, 2 2. Eine Schupp⸗ vom Boldbrachfen, 
‚ Sparus dorfo acutifimo, lineaarcuata 
aurea inter oculos, Gronovü Muft: 
um Ichthyol, N. 90.— Arted. Ge- 
ner. 23. N. LM." 


N, 3, Eine Schuppe von einem Karpfen: 
Cuprinus, cirris quatuor,, ofliculo 
tertio pinnarum, dorfi anique unci- 
nulis armato. Muf. Ichthyol. 1, N. 
19. Artedi Gen. 3. N. 8. 


N. 4. Eine Schuppe von’ einem Weißfiſch. 
Cyprinus > lacifli ima cauda Aurilafa, 
-"pin- 


⸗* 


®) Rondelet, 


248 EIKE 


pinnis-omnibus. ad marginem fufcis. 
Act, Heluet. IV, -- Artedi Gen. 3 
N. ıt. -- Ballerus Rondelet, 


N. 5, Eine Schuppe vom finefifcben Bolds 
und Silberfiſch. Cyprinus pinna ani 
duplici, cauda bifurca, Muf. Ichthyol, 

N 15 | 2 

N. 6. Eine Schuppe vom Dorf, Gadı , 
dorfotripterygio, ore imberbi, dor- 
fo virefcente. Huf: Ichthyol, EN; 
36. — Afellus Vıirefcens, Schonev. 
Ichthyol. pag. 2 1, 2» 

N. 7. Eine Schuppe von ber Wieeräfche. 
Mugil. Mu/. Ichthyol: I. Artedi Gen. 
26. Ne. J 

N. 8. Eine Schuppe von ber Meerbarbe. 

Mullus barbatus. Muf.lchih. I. Ns 

99 — JArtedi Gen 32. N. I, 


N. 9; Eine Schuppe vom Salm. Falmo, 

‚roftro ultta.inferiorem max lam ſæ- 
pe ‚prominente. Mu/. Ichthyol. IT, 
M 163.— Artedi Gen. 9» N. L. 


N, 10. Eine Schuppe von dein Schmer: 

‚ling. Cobitis, tota glabra, maculofe 
corpore fubtereti, ‚Muf. Ichthyol. I 
=, N. 6. Artedi Gener. 2. N, 3. 


N, Is 


War "u 249 


N. 11, Eine Schuppe vom Hornfiſche. 

.  E/ox, roftro cufpidato, gracili, fub- 
tereti, fpitha mali, Muf. Ichthyol. I. 
N. 30. Artedi, Gen, 16. N, 2. 


N. 13, Eine Schuppe bom Heringe. Clu- 
vea maxilla inferiore longiore ma- 
culis nigris carens. Muf. Ichthyol, 
I. N.21- — Artedi Gen. 4. N. II. 


N.13 Eine Schuppe vom Paͤrſch. Per- 
ca, radiis pinnae dorſalis ſecundae 
tredecim, ani quatuordecim, Artedi, 


Gen. 30% N. 7. 
N. 14. Eine Schuppe von ber Weisfore. 


Coregonus, maxilla fuperiore longio- 
re conicas Muſ. Ichthyol: I. I, 48. 
Artedi Gens 7. N.4: 


N. 15 Eine Schuppe von der Heilbutte. 
Pleuroneötes laevis, tuberculis capitis 
‚nullis, cauda lunulato Trüncata, denti- 
bus acutistemotis, Act, Helvet. Tom. 

IV. N. 145 — Artedi Gen. ir 
— N.% / 

N. 16. Eine Säuppe von Rlippfifch, 
Chaetodon macro -- lepidätus, albo 
flavefcens roftro longiflimo offeo, ma- 


cula nigraad pinnam dorſalem. be 
Ichthyol, N, 109: 


R N, 17* 


‚250 ** ) o ( rs 


N. ı7. Eine Schuppe von ber Scholle. 
Pleurone&es. laevis, tuberculis poft 
oculos.caudarotundata,dentibusconti- 
guis obtufis, AR, Helvet. 1V. N. 
142. — Artedi. Gen. 14. N. I. 


N. 18. Eine Schuppe von ber Zunge. Pleu- 
ronectes oblongus, fquamis exafpera- 
tis, maxilla fuperiore longiore, ore 
ad latus album. cirrofo, cauda fub- 
rotunda, Af. Helvet. IV. N, 146- 
Artedi. Gen. 14. N. 6. 


N. 19. Eine Schuppe vom Schellfiſch. | 
Gadus, dorlo tripterygio, maxilla 
inferiore breviore, cirro folitario, 
cauda lunulata, linea laterali nigra. 

AB, Helvet, IV: N, 132. — Ar- 
tedi- Gen--16. N. 5 


N. 20. Eine Schuppe der ſchwarzgefleck⸗ 
ten Forelle. Coregonus, maxilla ſu- 
periore longiore, pinna dorfi ofhcu- 
lorum viginti trium, Muf. Ichthyol. 
I1..N. 162.— Abtedi. Gen. 7. N. 3. 


N, 21. Eine Schuppe vom Gruͤndling. 

Cyprinusoblongus, cauda lunulata, dor- 

ſo conveniuſculo, pinna dorſali ven- 

tralibus remotiore, maxillis aequa- 

libus. AR. Helvet. IV, N. 181. - 
Artedi Gen. 3, MI Wi 


"N. 22 


ar Joc — 251 


ca. Lineis utrinque ſex tranfverfis 
nigris, pinnis ventralibus rubris. 
Muf. Ichthyol. I, N. 96; — Arte- 

di. Gen 30. N. 1... 

N. 23. Eine Schuppe vom Kaulpaͤrſch. 
Perca dorſo monopterygio, capite 
cavernoſo. Huf. Ichthuol. 1.— Ar- 
tedi. Gen. 30. N. 4. 

N. 24. Eine Schuppe von der Makrele. 

Scomber, pinnulis quinque in extre- 
mo dorſo polypterygio, ſpina brevi 
‚ad anum.  Muf. Ichthyol. I. N, Sı. 
= Artedi, Gen. 25. N. I: 


N. 25. Eine Schuppe vom Witling: Ga: 
dus, dorfo tripterygio, ore imberbi, 
maxilla inferiore paulo breviore, cor- 
pore albicante, cauda fubquadrata. 
AB. Helvet. IV, N. 133. -- Artedi 
Gen. 16. N. 1. ? 
N. 26. Eine Suppe vom Stinte, ‚Sal- 
2 »:mo unicolor, maxilla inferiore lon- 
giore. Act. Helort. IV. N, 167. -- 
., Attedi, Gen, 8. N, 2. 


. »Clupea quadriuncialis, maxilla infe- 
riore longiore,' ventre‘ acutiſſimo. 
uf, 


N, 22. Eine Schuppe vom Baarſch. Der- 


J 


257 a ET 


Muf. Ichthyol. I. N. 22 — Aıtedi, 
Gen. 4. N. 2. 


N. 28. Eine Schuppe vom Asale. K) Mu- 
rcena, maxilla inferiore longiore, cor- 
pore unicolore. Muf, Ichthyol, A 
N. 45. -- Artedi. Gen, 18. N. 1. 


N. 29. Eine Schuppe vom fliegenden Si- 
ſche. Exocoetus Volitans, abdomine 
utrinque carinato. Muf, Ichthyol. 1. 
N. 27.-- Ahtedi. Gen. 6. N. 1]. 


N. 30. Eine Schuppe vom Zleothris, <api- 
te plagio, plateo, maxilla inferiore 
longiore , pinnis ventralibus difcıe- 


ti. Muf. Ichthyol. I], N, 168. 


N. 31. Eine Schuppe vom Kabljeu. Ga- 
dus, dorlo triprerygio, ore eirrato, 
eolore 


k) Um die Schuppen ber Mafrele, des Witlings, 
und Aals zu befommen, nimmt man zuerft 
mit einen kleinen Meffer den Schleim vom 
Fiſche ab, dann fraßt man ihn etwas flärz 
ker, und befieht ihn immer von Zeit zu Zeit 
mit dem V:rgrößerungsglafe, bis man bes 
merkt, daß Schuppen abgegangen find; fo 
ftreicht man fie fachte mi£ dem Finger vom 
Meffer in ein Gefäß ad und rührt fie zuwei⸗ 


len um. Dann gieft man das Waſſer durch ein 


Loͤſchpapier ao, worauf man dann die Schup⸗ 
pen auf demfelben liegen‘ fieht, die man 
nachher mıt Bequemlichkeit aufheben und un: 
ter das Mikroſkop bringen kann. 


ge J)o( ** 253 


colore vario, maxilla fuperiore lon- 

giore, cauda aequali, Mufs Ichthyol. 
od NM 58. —. Artedi. Gen. 16. 
N. 4. | 


N. 32. ‚Eine Schuppe don * Schleihe. 
Cyprinus mucoſus, totus nigricans 
extremitate caudae aequaſi. Muf, 
— Ichthuol. I. N. 18. — Artedi. Gen, 

— 0% ., 


N 33: Eine Schuppe don der Brundel. 

Cobitis aculeo bifurco infra utrumque 
oculum, Muf. Ichthyol, IN. 5. - 
Artedi. Gen. 2. N. 1. 


iR 6) 

-N. 34. Eine Schuppe von der Scholle, 

on latus finiftrum, dentibus acutis. Muf. 
Iehthuol. I. N, 41: -- Artedi. Gen. 
‘ 14.N.5 


N ‚35. Eine Schuppe vom Sünder. Pleu- 
roneles, linea laterali,. radicibusque 

* pianarum , dorfi anique ſpinulis af- 

peris. cauda [ubaequali. | AM. 'Hel- 
vet, IV. N. 144. Artedi Gen. 14. 
N. 142 


N. 36. Cine Schuppe vom Stockfiſch. 
Gadus, dorfo dipterygio, ore citrato, 
maxil- 


Pleuroneöes oculis a dextra, ano ad. 


254 — Jo * 


maxilla ſuperiore longiore. Ariedi. 
Gen, 16, N. 9 


N, 37, EineSchuppe vomSeehahne. Trig- 

-  Iavaria, rofro diacantho, aculeis ge- 
minis ‘ad utrumque oculum. Muf. 
Ichthyol. I. N, 1o1, Artedi. Gen. 
32- Ni:gi > 


N. 33. und 39. Rnoten bon der Stein⸗ 
butte *). Pleuronectes ſubrotundus, 
tuberculis offeis ſparſis ſcaber. Ac. 
Helvet. IV. N. 148. — Artedi. 
Gen. 14. N. 9. 38 iſt die obere und 
39 untere Seite. (da nehmlich dieſe 
Gattung ihre Augen nur auf einer Sei⸗ 
te hat.) 


N. 40. Eine Schuppe des Hechtes. E/ox, 
croſtro plagio, plateo, Muf. Ichthyol. 
I. N. 28. -- Artedi. Gen. 10. N. I, 


9 Außer diefen harten Knoten Hat die Steins 
butte no ch ſehr kleine Schuppen, die aber 
mit denen der Zunge N! 18. fo genau über: 
einfommen, daß fie fih faft in nichts unter: 
ſcheiden, und einer eigenen Abbildung folge 
lich nicht werth waren. - -4 





164 





1. 
zweyte Abhandlung von der Bekleidung 
der Thierhaut, von J. Baſter. 


S.zten Sicks ate Abhandl. 
Les Ouvrages de la nature fe montrent par 
le cote, qui frappe le moins, mais leur beau- 
té fe developpe, ä mefure qu’on les exami- 
ne, plus on lesapprofondit, plus on les ad- 
mire, et jamais on ne parvient,ä lesepuifer, 
— Zyonnet Traité Anato- 
mique de la Chenille, &c. 

Preface, pag. XIV. 


en 


‘a meine. erfie Abhandlung über die Bes 
DA kleidung der Thierhaut, namentlich 
über die Schuppen der Fiſche, mehreren 
Leſern wenigſtens nicht ganz unwilkkommen gem 
weſen iſt, fo mwürbe.ich mi: einem ungemeinen 
Vergnügen die Unterfuhungen über. diefen 
Xheil der Thiergeſchichte weiter. fortgefißt 
haben, wenn nicht der Verluft meines linken 
Auges a) den verftienene dem zu häufigen 
Gebrauch des Mikreſkops zuſchreiben, ein 
unüberwindbared Hinderniß daran geweſen 
| wäre, Da ich aber vor biefem ungluͤcklichen 
R4 Zufall 


a) Verhandelingen der holland. Maatfchapye. 
XII. deel, bl. 105. unter den Berixbten. 


J 


Zufall bereits einige Unterſuchungen uͤber die 
Verſchiedenheit des Haares bey dem 
Menſchen und den Thieren angeſtellt und 
die Reſultate der Beobachtungen aufgezeichnet 
hatte, ſo wag ich es, wenigſtens dieſe, unge⸗ 
achtet ihrer Unvollkommenheit, meinen Le⸗ 
ſern anzubieten. 


Ich ſchmeichle mir indeß, daß wenigſtens 
das Vorurtheil dieſen Unterſuchungen nicht 


nachtheilig ſeyn wird, daß ein ſo einfacher, 


ſo unbetraͤchtlicher Theil unſeres Koͤrpers, 
(daß man Ihn ſogar für einen unnuͤtzen Aus⸗ 
wurf hielt), wie das Haar, kaum einer ſo ge⸗ 
nauen Zergliederung werth waͤre. Denn das 
Gegentheil iſt zu klar. Ein jeder aufmerk⸗ 
ſamer, fleißiger Beobachter, der die gering⸗ 
ſten, ſelbſt von uns verachtetſten Theile der 
Dinge mit der erforderlichen Sorgfalt un⸗ 
terſucht, wird immer Gruͤnde genug zum 
gröftenErftaunen über Die unbegreifliche Kunſt, 
über die Feinheit und WBerwickelung in der 
Zufammenfeßung vorfinden, 


Wer hat je Lyonners vortreflihes 
Werk b) ohne das ehrerbietige Erſtaunen 


gelefen , das ein fo kunſtreicher Bau in einer 


veraͤcht⸗ 


b) Traitẽ Anatomique de Chenille. in 4. à 
la Haye. 1760. pP 


Wi ) °© ( * 257 


veraͤchtlichen Raupe immer erregen muß? 
Eben ſo deutlich veroffenbahrt die weiſe All⸗ 
macht ſich im Haare, In dieſem gerinaften, 

einfachſten Theile unſers Baues. Das Men⸗ 

ſchenleben iſt zu kurz, unſer Verſtand iſt zu 

ſchwach und die groͤſte Sorgfalt ſieht nicht 

hell genug, um von allen ſeinen Eigenſchaften 

ſich einen deutlichen Begriff zu machen, oder 

vollkommen die Art ſeiner Entſtehung einzu⸗ 

ſehen, wie ſelbſt der große Boerhave ge⸗ 

rade zu eingeſtehen mufle.c), _ 


Don dem Menſchenhaare. 


Weſſen VWermwunderung wird die Nach⸗ 
richt eines Zergliederers nicht erregen d), daß 
die 


) Oratio de comparando certo in Phyficis, 
... Pag. 30% 


un) Im Jabhr 1744 übergab ich ber Faiferlichen 
Akademie der Naturforfiher eine Abhand⸗ 
hung über den Urfprung und das Wachs⸗ 
thum des Menſchenhaares (die fie des 
Drucks fir würdig hielt und daher in die 

u) Alta phyfico- medica five EphemeridesGer- 
„  manorum. Ann 1748. Obf, XL]. pag. 32. 
einruͤkte) in der ich, befonders $. 4, aus⸗ 
einander zu ſetzen gefucht habe, wie das 
Kopf: und Barthhaar u, ſ. w. und das Haar 
ber vierfüßigen Thiere im dem Zellgemebe 
(Membrana  cellulofa) fe Bra 
iſt, die Haut er ihrer ganzen ‚Dick Br 

e 


& 58 Eu ) o ( * 


die kleinen Haarbulbi e) unter ber dicken 
Ferthautf ), liegen, und einen fo ſichern Piaß 
dafelbft gefunden haben, daß fie weder im 
gend eine Verrichtung bihbehn, ne rer 
einer Gefahr ausfeßt fi ind, 


Die kleine Haarwurzel ift von einer zar⸗ 
ten Haut umgeber, die aus noch) anderen 
weit zärteren auf einander liegenden, aus eis 
nem Gefäßfpfiem von unenbliher Feinhelt 
zufammengefeßten Haͤutchens beſtehet. Ner⸗ 
ven, Blutz und elageAbirn führen ihm 

Blut 


» 


die oft wie bey jungen Ferkeln auf dem Rüden 
zwey oder drey Linien beträgt, durchbohrt. 
Und daß im Gegentheil die Lleinen wolliga 
ten Milchbarchens (Lanugo), die über den 
ganzen Körper verbreitet find, und die 
Meichheit der Haut bilden, nur unter dem 
Dberhäutchen aus der eigentlichen Haut felbit 
ihren Urfprung nehmen, und wenn man die 
Oberhaut abziehet, mit weggenommen wer: 
den, 


©) Am Kopfe und an den Schaamtheilen find 
biefe Haarbulbi eyrund,an den Yugenbraunen 
und Augenliedern kugelrund, und an ana 
deren Stellen duͤnn und länglicht. 


f) Wenn Haare innerhalb des Körpers gefun⸗ 
ben find, fo it dies immer in der Netzhaut 


geweſen, au Gtellen, wo fich viel. Fett be: 
findet. 





2 yo * 259 
Blut, Waſſer, Lymphe, Nervenſaft, u. 
fe w. unauf hoͤrlich zu und wieder zuruͤck. 8)- 


Es gewähret ein wunderbared, aͤußerſt 
prachtvolles Schaufpiel, durch das flärfivers - 
‚ geößernde Mikroſkop die Blutgefäße in ih: 
rem ganzen Laufe von den Nerven verfolgt, 
unb beyde vereinigt, einander unterflüßen, 
und vom erften Urſprung an, zuſammen das 
want bilden zu fehen, 


J— Man bedenke indeß, daß bey einer Frucht, 
ſelbſt {yon drep, vier Monate vor ihrer Ges 
kurt, die ebengenannten Gefaͤße fon wirks 
fam und thaͤtig waren, alles zur. gehörigen - - 
Erſcheinung des — zweckmaͤßig vorzu 
bereiten. 


unendliche Anzahl — Ges 
fäße,. von denen jedes eine eigene Feuchtig⸗ 
keit der Wurzel des Haares zu feiner Ernähs 
zung zufuͤhrt, triſt in einem einzigen fehr em⸗ 
pfinblihen Mittelpunkt zuſammen. Hier 
erwähft nun aus den erfiverbreiteten Ges 
fäßen, die dichter: zuſammen gehen, der 
Stamm, der trockener, härter und dünner 
wird, weiter fort ne, und endlich die 
Haut 
8) Levermüller giebt davon eine wiemohl un 


rechte Abbildung in feinen Gemuchg: und 
Augenergögungen, Tab. V. 


260 | * 0 06* 


Haut durchbohrt, oder ich will mich vielmehr 
fo ausdruͤcken, durch die von der Natur beym 
erſten Entſtehen des Weſens ſchon in der 
Haut angelegte Oeffnung dringt h). 


Sobald es durch die Haut durchgedrun⸗ 


gen iſt, ſo erhaͤlt es einen, nur durch das 


Mikroſkop ſichtbaren, Ueberzug von der 
Oberhaut, der es dichter, ſeſter und faͤhiger 
macht, bey feiner völligen Entbloͤßung und 
Abfonderung vom Körper die MWürfungen 
der Luft bequemer zu ertragen. Wenn es in 
bie freye Luft gefommen ijt, dünften feine ind 
neren Säfte aus, e8 vernärter und wird tros 
den. Es verliehrt fein feines Gefühl, das 
ihm ißt nur hinderlich geweſen wäre; es ers 
hält feine Farbe, wird gegen fein Ende zu 


dünner, und Eräufelt ich oder wächft gerade 


aus länger, dem Gebrauche und nıannigfals 
tigen Nutzen gemäß, wozu es beſtimmt ift, 


RR RR DR SEEN er, ORTE 

Selten wädhft das Haar, und felbft bey 
Franenzimmern, länger ald eine Elle, wie, 
wohl 

h) Man findet ihm ſchon bey Kindern an der 
Schaam um die Zeugungstheile herum in 


der Fetthaut verborgen, der dann zu feiner 
Zeit, wenn er etwas feſter geworben ift, zum 


Dorfchein fomnit. "Haller Elementa Phy- 


fiolog. Tom, V. p. 38. 





1 





ws )0( — 261 
wohl man Beyſpiele hat, daß es Maͤnnern 
bis zu einer Laͤnge von zwey, ja vier Ellen 
gewachſen 9), 


Auf be Drinzenhof * Edam hab ich 
eine Schilderey von einem Zimmermeiſter 
in Lebensgroͤße geſehen, der f:inen Bart bey 
ber Arbeil in einem Saͤckchen trug; wenn er 
ihn herabfallen ließ, ſo reichte er zuerft bie 
an die Erde und dann wieder zurück ſelbſt 
noch biß zur Mitte feines Körpers und maß 

Fuß. Man hat ein Beyſpiel von einer 
Fra an der die Schambhaare bis zum Knie 
heraba:engen, Doch find dies ungemein fele 


iene Fälle, 


Wie Tara Abfalons - Haare: getvefen - 
find, beftimmt die heilige Schrift nicht ges - 
nau *), aber wohl, daß er fie alle Jahre 
abſchor, und fie zwey hundert Seckel wogen 
nach koͤniglichem Gewichte: das nach der Be⸗ 
rechnung zwiſchen 5 — 6 Pfund, oder 31 
Unzen ausmacht, wenn man bie Seel nach 
dem Gewichte des Röntge von Babel mit dem 
gelehrien Reland verfiehen will *,#). Ue⸗ 

ber 


*) Philofophical Tranſact. N.4it und 436, 
j\ *) 2. Samuel. XIV, 265° 


.,#®°) Differt, Mife, P, Is — Be vu, 9. 
1334 Pr 237% 


262 yo 


ber dies übermäßige Gewicht find tnehrere 
Gottesgelehrten fehr verfchierener Meynung 
geweſen. Lilienthals Auslegung *) kommt 
mir am annehmlichſten vor, da er behauptet, 
man müfteim hebraͤiſchen leſen: nicht es ſon⸗ 
dern er wog zwey hundert Seckel. 


Noch außer dieſer Zierde, die das Kant 
dem Gefichte giebt :k); 


- (Turpe pecus mutilum, Türpe fine 
gramine campus, 
Et fine fronde frutex et fine erine 
caput), 


übt ed noch eine wünderfame Menge von 
Verrichtungen aus. Es beſchirmit den Kopf 
für die Eindrücke der Kalten Luft. Zarte Theis 
le werden durch das Haar für ſtoßen und rei⸗ 
ben geſichert, wie offenbahr das Haar unter 
den Achſeln und am Hinteren hierzu beftimmt 
ſcheint, und verhindern fol, dag ein anhals 
tendes Reiben durch ſtarke fortdaurende Bes 
wegung beyin Cem: —— u. ſ. w. die 

durch 


i) Ordeelkundige Bybeiserklaring V, Deal, 
$. 156. p. 217, 
k) Zu allen Zeiten und unter allen Nationen 
hat der Haarputz, beſonders beym ſchoͤ⸗ 
nen Geſchlechte, inmer in finem großen Wer⸗ 
the geſtanden. 





— 263 


durch den Schweiß zartgeworbene Oberhaut 
nicht abſcheuere, und dieſe Stellen nicht ſchmerz⸗ 
haft werden, wie fich doch bey einigen Leu⸗ 
ten zuweilen noch zutraͤgt. Außerdem hal; 
tem ſie ſchaͤdliche Dinge von unſeren Augen und 
immer offenen a dig ab; 1); 


Blendet uns ein zu ſtarkes Sonnenlicht, 
fo beſchatten fie dad Ange: in Form der Au⸗ 
— 


= 


Wenn ſich * Ohrenſchnat im Ge⸗ 
hoͤrgange angeſammelt hat, und das felnere 
Gehör verhindert, fo verurſachen fie, wenn 
fie nicht hin durch kommen koͤnnen, ein Süden, 
das und an ihre Reinigung erinnert, 


€ 


Die 


4 Es if fehr —— daß das 5 des 
oberſten Augenliedes nach oben, und das 
von dem unerſten mach unten zu gekruͤm⸗ 

inet ft, wodurch die Verletzung des Augap⸗ 
fels gehindert wird, wie Dies nur bey der Tri- 

‚ „chiafis der Fall iſt; und zweytens, daß aus 

‚ Ber dem Weniben Fein Thier, als der Affe 
und der Elephant Haare an beiden Augen: 
liedern haben, und unter den Mögeln nur 
zwey Gattungen, der Strauß, und der 
Sagittarius, den Hr. Voſmann (Befchry- 
ving der Dieren van het kabinet en dier- 

xsarde vanZyn doorl; ‘Hoogheid,) beſchrie⸗ 
ben hat, 





264 al 


Die unfihtbaren Schweißlächer, die über 
unſern ganzen Körper verbreitet liegen, und 
die noch feineren Ausdürfiungämwege werden 
durch fie immer offen gehalten, und durch Die 
fanfte Reibung derfelben gebürftet, welche 
die Ausdünftung befördert, eine Verrichtung, 
die, wie Sandtorius gezeigt hat, zu unferer 
Gefundheit durchaus nothwendig iſt. 


Einen weit größeren, mannigfachern 
Nutzen hat das Haar der Thiere dann, wann 
ed ihren ganzen Körper bedeckt ;denn esfichert 
fie dann hinlaͤnglich für Kälte, Regen und alle 
Unpemäclichkeizen der Luft, Und nad 
dem Tode des Thieres benutzt fie ber Menſch 
zu einer Menge verfchiedener Arten von Zeugen, 


Wenn dad Haar alt geworden und vers 
trocknet ift, fo fällt e8 aus, aber in Eurzer 
Zeit fieht man aus berfelben zuerft gebildeten 
Haarwurzel ein neues Haar herporkommen, 
das dem ausgefallenen in alen Stücken gleicht; 
das, ment es feine Dienfte verrichtet hat, auch 
wieder audfallen und einem anderen, aufs 
neue wieder hervorfommenden, Platz mas 
chen foll; 

Dean mwerfe dies ausgefallene Haar nicht 
iveg, fondern wir wollen e8 aufmerkfam uns 

‚terfus 





ne )uorl 265 


terſuchen und hierzu des Aeranhferungeglas 
zu Huͤlfe nehmen, | 


Dean wird San Pc deg ein ae be: 
Rebe | 


a) außı — lahan * 

2) aus verſchiedenen parallel laufenden 
Gefaͤßbuͤndeln an der Zahl Foder 6 m) 
beftcher, die durch Quergefaͤße zuſam⸗ 

mengeſetzt find, und in ihrer Mitte n) 
eine. dur chgehende offene Roͤhre haben, 
worinn bey lebenden eine Art von Mark 
‚oder Nahrungsfafi liegt, der dem Han 
— re eigentlich die Farbe giebt. 


Bey einigen Krankheiten tritt der Um; 


| ſtand ein, daß ſi ſich dieſe Gefaͤßbuͤndel von ein⸗ 
ander falten Beh andern hingegem als 3. 
w [4 — B 


’ 


9 Zeeuwenböt —* ſogat von fuͤnf und 
nzigen. VIII. 
EN D Darhnreffer dieſes Kanales giebt man 
ua zum Durchmeffer des Haares, 
die tzu 8. an. Der Durchmeffer von der 
f Die eines Menſchenhaares beirägtzön bis 
ad Theil eines Zolles. Witbof zählte 147 
ſchwarze, 162 braune und 182 blonde Haare 
auf den vierten Theil einer Zolles, wovon die 
* —— ES die — ſind. 


S 


d 


* - 2 ö 
5 - 


266 yo 


B. dem MWeichfeljopf (Plica polonica) 6) 
Eleben die Haare jo feft aneinander, daß fie 
durchaus nicht wieder zu trennen und zu 
entwirren find, zumellen ſchwitzen fie Feuch⸗ 

tiafetten von verſchiedenen Farben aus, 
oft koͤnnen fie nicht durch die Haut dringen, | 
wachſen doch fort, kraͤuſeln ſich wärme 
foͤrmig und machen Eyhtergeſchwuͤlſte. Wie 
man dergleichen Fälle vorzüzlid. in der 
Ephemerid. :Germanorum p) und bey 
ra meh⸗ 


0) Die Plica Polonica oder der Weichfelzopf 
iſt eine Art einer in Polen, dem angränzsus 
den Zungatn, der Fleinen Tartarey u. f.- 

w⸗ einheimifcher Krankheit, bey der die 
Haare des Ropfes uud eines langen Yars 
t:8 vermittelſt einer Elebrigten Fluͤſſigkeit, 
Die aus ihnen ausduͤnſtet, jo feſt an einan⸗ 
der kleben daß ſie nicht wieder zu trennen 
find. Dies Zuſammenbacken geht immer 
weiter und ſelbſt bis zu zwep oder drey Els 
leu berab, 


Die Patienten effen und fehlafen fehr wenig: 
ungeachtet öftern Froͤſtelns ſchwitzen fie ſtark 
und leiden unertraͤgliche Schmerzen im 
Ruͤckgrad und in deu anderen Knochen, werden 
dadurch oft fo krumm, daßfi- ganz verwach⸗ 
fen — P. G. Rzaczyn/ki Hiftoria Natu- 
ralis Poloniae, pag. 377. — Aud eine 
Abbildung von dem Meichfeljopfe. ©. in 
den uitgeleezen Philofophifchen Verhan- 
delingen. 1764, I. Deel, Tab. VI. p. 200, ' 


p) Decur. I. Ann, 9. und 10. Obl, xU. 
pag. 45. 


di 





. — 


> 
. 


9 * ) o X * 267 


mehreren andern Squfiſtelera der Art fin⸗ 
den kann. er — 


Ih wels nicht, ob ich hier nicht der Her 
— * Kraft erwähnen darf, mit der 
einige Leute ihr Haar gebrauchen fönnen, wos 
durch fie felöft Gewichte von 400 Pfund aufz 
zubeben im Stande find g). Man finvet bey 
Schriftſtellern mehre Beyſpiele der Artr), 


Wenn man das Haar chemiſch unterfucht, 
fo findet man zuerſt, nach einer Deſtillation 
in der Retorte, eine waͤſſerichte, nachher eine 
geiſtige Feuchtigkelt von unge meiner Schaͤr⸗ 
fe, und zulegt eine ſolche Menge von fluͤchti⸗ 
gem⸗ el, als Fein anderer bekannter Koͤr⸗ 

S 2 per 


5 An einem. einzelnen Menfchenhaare koͤnnen 
durchgehends zwey Unzen an Gewicht bans 
gen, oft mehr, oft weniger, wie fich dies 
na der Stärke der Haare richten muß. 
Doch fagt ein englifcher Schriftfteller (Ro- 
binſon Ellay on natural Deconomy, ag, 
2 ‚297: 319.) daß das. Haar eines Kindes bon 
3 Sahren 7812 Grat, von einern Juͤngling 
von 22 Jahren 14285 Glan, und von einem 
Maune von 57 Jahren 22222 Gran tragen 
tönne, Drey andere von demfelben Alter 
trügen 10309, 12967. 25000 Gran. Wenn 
man fie in warmes Waſſer legt, ſo vers 
liehren fie etwas von ihrer Kraft, 


) Ephemetid, nat. Curiof.. Decur, Il, Ann, 
"61 Append. Obſ. X; pag, 12. 


268 EI 


ver giebt s). Daraus erklärt fich ber Uinftand, 
daß dad Haar begrabener und einbalfamire 
ter Körper feine natuͤrliche Geſtalt behält, 
Und fo fand man das Haar. der Tullia t), 
der Tochter Ciceros, funfzehnhunder, Jahre 
nach ihren Tode unverfehrt gekraͤuſelt, und, 
mit goldenen Zierrathen geſchmuͤckt, im ihrem 
nenerlihft entdeckten Srabe am Appifchen 
Wege. i 5 


Das. Haare einiger Menſchen, v) von 
dem Felle der meiften Thiere, und beſonders 
der Spitzmaus (Sorex) und des neuerlichft 
von Hrn Pallas x) befchriekenen Lepus mi- 
nutus, ja ſelbſt Wolle, in, Zeugen 2). ‚und, 

sn Srtuͤmp⸗ 


s) Aus einem Pfunde Menſchenhaar beitillir- 

te Neumann (Tom lHl. pag 760.) fehrwes 

nig Waller: aber 46 Drachmen eines- fpi- 
ritus urinofus, 17 Drachmen caput ‚mor- 
tuum blieben über, worinn er noch 21 
Gran feſt Salz (ſal fixum) fand. 


t) Fort, Licetus de Lucernis antiquis Lib. 
I. Alexander ab Alexandro. Lib. II. 


v) Ephemerides Nat, Curiof, decur, I, Ann, 
I. Obf, 123. pag. 247. 


x) Novi Comment, Petropolit, Vo. XIII. 
pag- 535. AIEr} 


z) Philofoph. Tranfa&t. N. 488. pag+ 294 ’ 


Abridg Lib, V, pag, 345» 





u Bi 


ee 269 


Strümpfenihaben die Eigenſchaft, wenn fie 
gerieben werden,im Dunkeln eleftrifche Fun⸗ 
ken zu geben. ti 


Ich übergehe die —9 Torben der 
Pan bey dem Menſchen, die blond, goldgelb, 
vor, helle oder dunkelbraun, oder fchwarz 
iſt. Ben denen Leuten, die in Kupferberg⸗ 
merken arbeiten, finden fie ſich zuweilen gruͤn ge- 
färbt. Bey den Thieren trift man noch mehr 
Abwechſelung in der Farbe ihrer Haare an, 
and Buͤffon nennt und beſchreibt einen klei⸗ 
nen weſtiadiſchen Affen, den er Mico heiſt, 
ber’ ein a Se icht un Ihren’ 


—* wi 


ug Borbenpehen: mug ich hier Kerken; 
das die Farbe des Haares der Thiere im mils 
den Zuftande ſich beftändig gleich bleibt, da 
hingegen dae Haar der Hausthiere oder derer 
die mit dem Menſchen in Gemeinfchaft leben, 
wie Hunde, Kaßen, Pferde, Kühe, zahıne 
Kaninidyen, u. f. w. unendlich variirt, und 
das —* bunt wird, Daſſelbe wird an den 
— ©3 de 


„.a) Hiftoire naturelle et du Cab. "Tom. XV, 
„Pag, 121: Il avoit une autre fingularite 
„plus remarquable, fes oreilles, fes joues, 
„et fon mufeau, etoient teint d’un Ver- 
„willon, fi’vif, qu'on avoit peine ‚a le 
„perſuader, que cette couleur fut na- 
"-turelle ,., 


270 ADLER; 


* 
Federn der Huͤner, Tauben, Enten u. ſ. w. 
die von den Menſchen aufgezogen ſind, bemerkt, 


Das Alter färbt bey dem Menſchen alle 
Haare gräu, und dies Grauwerden fängt 
durchgehends zuerft anben Schlaͤfen an, dann 
geht ed zu den Uugenbraunen, Augenliebdern, 
zur Naſe, und zuletzt zum Barte. Das frauz 
ſe Haar wird langſamer grau, als das ſchlich⸗ 

te, Junge Leute haben ſelten araue Haare: 
doch giebt es auch einige Beyſpiele davon, 
beſonders das vom ungarifhenKönigEuöwig 
dem neunten, ber im -achtzehnten Sahre eiz 
nen volifommen grauen Kopf hatte. ; Ues 
bertem finden ſich bey mehreren Schriftftellern 
Faͤlle von Menſchen, die nach Schreck, Angft, 
Furcht und nad) genommenen. Giften iner 
Naͤcht grau wurden. 


Und wenn man mit Aufmerkſamkeit noch 


einige andere Eigenheiten des Haares beobach⸗ 
tet, ſo findet ſich noch eine unendliche Man⸗ 
nichfaltigkeit zwiſchen den Kopf⸗ und Augen⸗ 
braunz und Augenlieders Haaren, zwiſchen 
denen ded Bartes und der Schamtheile 
u, f. w. b). 

Wie 


b) Im Laleiniſchen haben biefe Gattungen von 
Haaren auch ihre verfchiedenen Benennuns 


gen. Im Allgemeinen heißen bieikAnate 


u Zn 4 


Per 
«3 


Wie abwechſelnd find die Haare ber 
verſchledenen Völker in den verſchiedenen 


Laͤndern allein nur in Europa nie? — 
die der fünficheren Nationen find durchgehens 
ſchwarz, die in nördliben Rıimaten blond, 
Eine noch weit aroͤßere Verfchiedruheit findet 
man zwiſchen ven Huren eines Kuropaͤers 
und denen ber Bewohner anderer Weltheile wie 
dem gekraͤuſelten Wollhaar des afrikaniſchen 
Negers o), und den dicken, fteifen, ſchwar⸗ 
wen 2,17 S RB 


"  Crines ober Capilli, Das Houpthaar des 


“rs 


Pr 


männlichen Geſchlechts: Caefaries; des 
weiblichen Coma, Das Huar der Augen⸗ 


‚braunen; fupercilia ; der WYugenfiederz-ci- 
lia; in der Wafe: Vibriflae; am der Dber: 
Tiope: Myftaees, unter den Aermen: Hir- 
‚eus ober Pilı fubalores ; an den Schaan: 


theilen: Pubes,.u-f- we) u. 


) Das Netzhaͤutchen unter der Oberbaut, 
cccorpus reticulare Malpighii) beſtehet bey 


dem Meger aus einem weit dichtern ‚und 


* zaͤhern Schleime, als bey anderen Natio: 


nen, Dada Haar die Haut nicht fo Teiche 


durchbohren konn, und dur die zaͤhe Feſtig⸗ 


keit einen größeren Wiederſtand antrift, fo 
kraͤuſelt et ſich zuſammen und waͤchſt nicht 
in die Ränge fort. Wenn gleich ihre Haut 
durch die ftärtere und fettigere Ausdünftung, 
wozu die Hitze des Himmelsitrichs nothwen⸗ 


dige Beranlaffung geben muß, dem. Gefuͤh⸗ 


le weicher wird, fo iſt ſie doh au Sub: 
Tanz härter, feſter und trockner, ‚und verficht 
dad wachſende Haar darum auch mit wenis 
ger Nahrungsthelichen. 


272 Fi: ) o ( 


zen Haaren einiger amerifanifcher Wilden, 
die Fein Haar, als auf dem Kopfe haben"). 


Auszumadhen, warum biefe Menfchen 
Keinen Bart haben, ift über mein Vermoͤ⸗ 
gen **5). Eben fo wenig kann ic) auch den 
Konfenfus zroifchen den Zeugungstheilen und - 
dem Barte erklären, daß der Bart hervors 
zukommen anfängt, wenn ber Süngling zum 
Zeugungsgefhäfte tuͤchtig wird, umd daß er 
nicht bey denenjenigen zum Vorkchein fonımt, 
die in ihrer Jugend verfchnitten find. Auch 
ift wohl noch niemand den Umftand zu entde⸗ 
cken oter zu erklären im Stande geweſen, 
warum Die Hoͤrner der Hirſche, die jung 
verſchnitten find, nicht hervorfommen unb 
augenblicktih in ihrem Wachsthume geftört 
werden, wenn fie ſchon herausgefommen find 
und man fies dann erft verfchneidet. Da fi 
hingegen bey denen Thieren, deren Hörner 
hohl ſind, und jaͤhrlich (mie das bey dem 
Hirſchengeſchlechie der Br tft) nicht abfallen, 

daß 


. *) ober vielmehr leiden, 


**) Man Tann Died allein dadurch erklären, 
daß, wenn die alten Reifebefihreiber, bie 
von wirklich” bärtigen Indianern reden, die 
Wahrheit fanen, die Nachkommen derfelben 
aber bartlos find, dies nur allmählich durch 
dte Künfteleyen entftanden feyn kaun, mit 
denen fie jedes Haar wegzubringen ſuchen. M. 


RR 273 


das Gegentheil findet, daß bey den verfchnite 
tenen die Hörner durchgehends größer werden, 
wie Dies bey den Ochſen, deren Hörner in Ber; 
gleichung mit denen der Stiere ungleich IAns 
ger find, völlig fichtbar wird, 

Die obigen Bemerkungen werden meine 
Leſer mit einigen Eigenheiten der Haare und 
mit der ausgezeichneten Kunſt bekannt madyen, 
bie zur Einrichtung eines Haares angewandt 
werden muß, wieviel Aufmerkſamkeit aber 
auch erfordert wird, ihren inneren Bau au 
ihre Eigenſchaſten näher zu beleuchten. 


So fleißig auch Welpigbius, fo unermüs 
det Buyſch, fo ſcharſinnig Leeuwenhoek, fo 
beobadjtend Witthoff auch gemefen iſt, fo 
find doch alle diefe Männer mit ihren vereinten 
Bemühungen nur einen ſehr unvollſtaͤndigen 
Begriff von einem ſo einfachen Dinge, als ein 
Haar iſt, zu geben im Stande geweſen. Wenn 
jemand fragt; Iſt den Iſt denn etwas munderz 
bares an einem Haare? fo geb ich ihm die Fra⸗ 
ge zurück: Giebt ed denn etwasam Haare, 
das nicht wunderbar ift, und die boͤchſte Hufe 

merkſamkeit verdient? 

Da alfo weder menfchliche Kun, neh 
menſchliche Vernunft alle Eigenfchaften eines 
Haares in ihrem ganzen Umfange eins 
zufehen oder gar nadyzubilden im Stande ift, 

fo fuͤhrt uns dieſe Unbegreiflichkeit zu einem 
S5hoͤch⸗ 


274 be ) o ( A 


hoͤchſten Werftande zurück, der dies alles mit 
einer unendlichen Kunft zu Stande brachte. 


1 


Don dem Haare der Thiere. 

Wenn man die Haare der Tiyiere überfiehet 
was für eine wunderbare Berfciedenheit ent⸗ 
deckt man nicht unter ihnen ? — Die Menſchen⸗ 
haare find Cylinderfoͤrmig und etwas genen 
das - Ende zugefpitätz aber die Thier⸗ 
haare wechfeln zuweilen ab, find bald dich, 
bald dünner, einige find in der Mitte am 
dickſten, andere platt, andere wie aus Glies 
bern nfrhmengefeßt, u. fe w. wie ſich dies 


nachher beb’ einer fernern Unterfuchung der _ 


Haare ber Thiere, Wörel, und Inſekten naͤ⸗ 
her ergeben wird, wobey ich mich der mis 


kroſkopiſchen Weobachtungeh jweyer von den 


fharffinntaften Naturforfhern: das Herrn 


P. Boddaert in Utrecht und J. ——— 


in dierikzee bediem habe. 


*) Das aickſte Haar das ich nur ſenebi⸗ 


bey irgend einem Thiere angetroffen habe, iſt 
das aus dem Knebelbarte des Dallroß, das 
don Farbe Lich braun, und von Subſtanz 
fo auszeichnend feft ift, daß ed einem Horne 


aͤhnlich if. = 
enn 


*) Eine wohlaetroffene Abbildung bey Albin. 
Aunot. Academ, III, Tab, VI, 


⸗ 


x 
Don 4 00 U Ouzuacı 














* 








—— 


* “ Annot. Academ, III. Tab, VI, 
} 


e 
’ 


= 


Y 


dor 275 


Weuecenn man die Abbildungen der Seelsz 
wen, Geefälbern. f. ws bey Anfon Marz 
tens. und anderen Schriftſtellern nachfichet, 
fo feinen alle Thiere diefes Geſchlechts eben 
fo fteife, dicke Barthaare zu haben. 


Ein wenig dünner find: die Barthaare 
der Seehunde am feeländifchenStranved). 
Es iſt bey diefen Haaren das eigenthuͤmlichſt bes 
fondere, daß ihre Farbe weislicht und fie 
einigermaßen burchfoheinend ſind, abwech⸗ 
ſelnd, bald dicker, bald dünner + ©, daffelbe 
ein wenig vergrößert in A. 


Dieſem folgt in Hinficht der Dicke das 
Haar aus dem unterfien Theile vom Schmans 
ze. des Elephanten e). Diefe Haare find 
ſchwarz, und find ‚Eleinen, dünnen Fiſchbein⸗ 

i faſern 
6. Tab, IV. Fig. 1. 
dd) Fig. 2.2 


„") Fig, 3. 2. 


ee) Der Eleyhaht deſſen Schwanz einen oder 


zwey Fuß lang ift, hat unten einen Büfchel 

fleifer ſchwarzer Haare daran, ber benindis 

ſchen Großen und Frauenzimmern zu einem 

fehr glänzenden Pnge dient, Wenn man 

fie einem lebenden XThiere abfchneidet, ſo 
benugt man fie zu einer Menge abergläu: 
biſcher Gehraͤuche. 


276 — ) 0 ( 48 


fafern aͤhnlich Wenn man fie’ durch das Vers 
groͤßerunasglas in Augenfchein nimmt A. fo 
haben fieflache Gruͤbchen und fcheinen geglies 
dert: zu feyn, Ihre Wurzel ifi B. 


Fig. 4. Stellt das Haar des barbaris 
fchen Biber ns (Sciurus- Getulus Linn.) 
vor, das Buͤffon Barbarefgue nennt, und 
berjelbe Tom.’ X. Pag. 41. Tab, XXVII. 
und Hr. Houttuin in f, erfien Theile 2, St. 
Tab. XX. —— und + vun H 

ei. 

Das Haar if fehr fein und * * faf⸗ 
ſen, an der Wurzel weiß und weiter hin⸗ 
auf braunroth. Durch ein Vergroͤßerungs⸗ 
glas augeſehen befteht es aus dun kelbraunen 
Ringen, deren Zwiſchenraͤume mit einerh ve 
er Weiß aus gefuͤllt find, on mo un, 


u s. Iſt dad Haar eines orientali- 
ſchen Stadhelfcehweine. (Ayfrix Malac- 
cenfis, Macroura, wie es Sinne. nennt. 
Seba giebt davon Tom. 1. Tab. LIL Fig. I. 
eine Abbildung), Es ifi ganz fuchsroth, 
dic, eben, undurdfichtig, , doch voll von po- 
sis oder Luftloͤchern, die außerordentlich dicht 
neben einander ftehen.  . Die fleinen Haͤrchen 
dieſes Thieres ( denn es hat ein doppeltes Tel) 
an ungleich dünner. 


F ig. 


k N IE ) o ( % Fi; , 277 


Fig. 6. ſtellt das Haar eines fehr juns 
gen, beynahe kahlen Philanders (Talpa 
marfupialis aus Oſtindien vor, das ſchwarz, 
Braun, mit durchſichtigen Flecken, wie mit 
a verſehen ift, 


’ "Fig. ” Sf das Haar des fliegenden Ech⸗ 
horus. (ſciurus volans). Dies iſt gelblicht⸗ 
weis, durchſcheinend, mit getrennten Rins 
Bm ] OR, % 


Fig. 8 er der Boris, den 
Büffon, Tom, XI. pag.210.Tab. XXX. 
und Seba, Vol. I, Tab. 35. und 47. bes 
ſchreibt und abbildet. Dies iſt ganz weis und 
durchſcheinend, oder es beſteht aus halben Strei⸗ 
fen, die oben breiter find, und allmaͤhlig 
ſchmaͤler herablaufen und in der Hälfte des 
Umfanges ſich ſpitzig endigen. 


Fig. 9. ſtellt das Haar be fliegenden 
Kundes (Vefpertilio, Canis volans, Buͤf⸗ 
fons rouflette) aus Neuſpanien por; ‚dies 
ift braun mit einem Öilberglange, und wit 
Gliederchen, glei den Faden WAlOFR Ins 
feften, zuſammengefuͤgt⸗ 


Fig. ı0. das Haar eines Ameiſenbaͤ⸗ 
ven, bad glaͤnzendweis mit-braunen Sirei⸗ 
fen die ſchraubenweis laufen. 

| | Fig. 


278 x. ) o ( I a 


. Fig. 11, ba Haar des Philanders, ben 
Buͤffon Cayopollin nennt und abbildet- 
Tom. X. Tab! IV. Auch durd dies läuft 
eine braune Ötreifer 


Fig. 12. dag Haar eines Einen guineis 
ſchen Behchen, das plau⸗ glaͤrzend, mit 
story durchſi chligen Rändernif. 


Fig. 13. das Haar des Ueno Bradyi 
pus Didadylus Linn. das Seba. Tab. 
33. Fig. 4. und Tab. 34. Fig. I. aßgebils 
bfr bat) das braun und weis marınorirt if 


"Fig, 14. das EN eines Maulwur⸗ 
tes bey A. vor der Seite und bey B. von 
vorne vorgeſtellt. 


Fig. 15. ift dag, Baht des Vielfraßes, 
das dreyſeitig und an jeder Seite mit einem 
durchſichtigen Rande verſehen iſt. 


Die letzten zwoͤlf Abbildungen (4.⸗215) 
dieſer verſchiedenen Haargattungen mit den 
Beſchreibungen hab ich durch die Guͤte des 
Hru. P. Boddaert guͤtigſt mitgetheilt er⸗ 
halten, 


F Fig. 16. Ehe a aritg ift bad Pi auf 
dem Ruͤcken der Feldmaus, da es dunkle 
und 


Det 279 


und helle regelmäßig Inufende ‚Streifen hat, 
Die hellen find nicht fo breit, als die dun⸗ 
kelen. 9 


Fig. 17. Iſt das Haar vom Bauche 
deſſelben Thieres. Dies hat Feine Sır.tien, 
wie das eben angeführte. Doch waren alle 
beyde von dieſen Haͤrchen gezaͤhnt, oder mit 
einigen hervorſtehenden Spitzen verſehen, die 
aber nicht regelmaͤßig weit von einander ab⸗ 


ſtehen. 


Fig. 18. Das Haar eines Philander 
(opoflum) dies-ıft ‚mehrentheile undurch ſcheis 
nend, body laufen, einige lichte Streifen durch» 
Dies Haar iſt auch mit herausfiehenden Spi⸗ 
Ben’gerüftet. — 


Fig. 19. das Haar eines Bifon 
den man vor einigen Jahren in Amfterdam 
lebendig fah. Dies Haar ift wenig durch⸗ 
fheinend, doc fehr eben und glatt, 








M. 


Fig. I a. iſt das Haar eives Maulwur⸗ 
fes. Diefe weiſſe Farbe des Haares kommt 
vielleicht von ſeiner Durch ſichtigkeit her, da 

1 e6 


A 


280 DON m 


es hierin einigerinaßen don dem tes ſchwar⸗ 
zen Manlwurfes' verfchieden iſt. ©. Fig '4 


b. Von ganz beſonderer Art if das Dan 
des Rennithieres-f) "auf: feiner Oberfläche 
gezeichnet. Es ift anderhalb bis zwey Zoll 
lang, uneben, ohngefähr wie ein ungleich 
geſponnener Drat, graulich weis, einigermäs 
Ben durchſichtig. Doch iſt ſeine Oberflaͤche 
mil dicht an einander ſchließen den kleinen run⸗ 
den Ningen, die der Hornhaut einiger J In⸗ 
ſekten — ſind, befegt. 


& Dis Haar der twefindifchen "Ste 
dermaus, das glei) dem ver Feldmaus 
(Fig 16° 17). gejackt tft, fo dag bie Haare 
der Mäufe und Fledermaͤuſe in dieſer Hin— 
fiht auch mit einander übereinfommen, 


Sch glaube, viefe Befchreibungen und Ab⸗ 
bildungen der Thierhaare (derer die roͤhrenfoͤr⸗ 
mig find und fich ſpitzig endigen, hab ich 
nicht erwähnt, weil nichts befonderes daran 
anzutiierfen war) wird hinreichend zur Aus⸗ 
einanderſehung feyn, mie verfchieden fie in 
Hinſicht der Farbe, des aͤußgeren Baues, und 

inneren Struktur von einander ſind. 


Ich 


D en Naturlyke Hißorie, Mn, N, 
XXL, Fig. 3. 


et . m > 
a 2 | K N 


* ) 0 ( en. 281 


Ich will nur noch die Bemerkung hinzu⸗ 
fuͤgen, daß, wenn ein anderer Naturforſcher 
— ich mit der Unterſuchung der angeführten 

Xhierhaare befaffen wollte und-er einige Vers 
ſchiedenheit zwiſchen meinen und finen Res 


fultaten enidecfte, er di:8 ganz allein dem 


Umftand zufcpreiben muͤſſe, daß die Haare 
jet eines und deſſelben Thieres (wie ic dies 
ey den Fiſchſchuppen ſchon angemerkt habe) 
nicht immer fich völlig gleichen. Hr Sar⸗ 
raſin hat bey feiner Unterfuchung des Sta: 
chelſchweins fiebenterleg Haare an Hefe 
Thiere entdeckt g) 


Don den Haaren der Vogel. 

Obgleich der K oͤrper der Voͤgel mit Fe⸗ 
dern und Dunen (die in Ruͤckſicht ihrer Aus 
Berlidien Geftalt an der Haube, auf der Bruft, 
an den Küftbeinen und Pfoten, außer den 
Schwungfedern in den Weiden und am 
Schwanze, unendlich unter einander verfchier 
den find), beveckt iſt, fo giebt es doch fehr 
vlele unter ihnen, die an ' einigen Stellen mit 
Haaren verfehen find: Ja tan finder felbft, 
fo viel ich weis, an jedem jungen Vogel, er 
mag bon einem Geſchlechte feyn, don welchem 
er 
g) Memoir, de lacad. des fetehc, de Paris 

„7 2727; z 

{ 


2 


282 AT EU 


er will der erſt aus dem Eye gebrochen ift, 
fehr dünne Haͤrchen, die mit dem zehnten 
oder zwölften Tag, nad der Geburt, wenn 
die Federn zum Vorſchein kommen, wieder 
aus fallen. 


Es ſcheint mir daher eine fehr große Ue⸗ 
bereinſtimmung zwiſchen dem Hervorkommen, 
Wachsthume, jaͤhrlichen Ausfallen und ans 
deren Eigenſchaften der Thierhaare und Fe⸗ 

dern ſtatt zu finden: und eine genauere Un⸗ 
terſuchung der Pflaumfedern, die zum Flie⸗ 
gen unbequem ſind, wuͤrde uns noch mehr 
uͤberzeugen. 


Ein ausgewachſener Strauß h) von 
einer mittleren Größe, wiegt zwifchen 87 
Pfund (wieviel Kraft in den Muſkeln, und 
was für ausgedehnte Flügel betürfte ein ſol⸗ 
ches Thier nicht um ſich in einem fo leichten 

Mit⸗ 


h) Es iſt bemerkenswerth, daß Redi bey al⸗ 
len Vögeln, die er unterſucht hat, (und dies 
find nicht wenige) eine befondere und ihnen 
ganz eigenthümliche Gattung von Läuſen 
gefunden hat; daß er dergleichen aber nies 
mahls bey dem Strauße, movon er zwoͤlf 
verfchiedene und zu ganzverſchiedenen Jahres⸗ 
zeiten unterſuchte, hat antreffen Fönnen; fo dag 
des Straußes Federn für dies Inſekt einen 
angenehmen Anfenthalt herzugeben fcheinen, 


— eo ** 283 


Mittel, als die Luft iſt, in der Höhe zu er⸗ 
halten und fortzufliegen?) und feine Federn 
‘haben alle die Geftalt abaefonderter, unvers 
bunteter Zöpfe, fammtlih von einer Form 
and Einrichtung,» da fonft die Dunen, Ver 
bern, Schwung » und Schwanz⸗ Rrrbern bey 
jeder Claffe der Vögel unter einander immer 


ſehr verſchieden * 


Die ſen gemein übereinftimmenden Bau 
‚aller. Federn trift man gleichfalls bey bem 
Caſuar oder dem Dudu an, 


Die Federn und Dunen beB Straußes 
find allgemein genug befannt, aber da bie 
des Caſuars ſchon ungleich feltener vorkom⸗ 
men, fo hab ich eine Abbildung davon gege⸗ 
ben”), Die unterfien Fäden einer ſoſchen Feder 
haben an jeder Seite einen Bart, der mittel; 
fie nur an einer Hälfte, ber oberfte gar nicht, 
das überhaupt einem Pferdehaar fehr Ale 
if J 

Ich habe ſchon oben irgendwo die Ans 
—— gemacht, daß der Strauß und 


Sagittarius die einzigen beyden bekannten Voͤ⸗ 
gel ſind, die an beyden Augenliedern Haare 


* 
Ta > Bon 


.) Fig, IL. e, 6, 


284 ee Yo ee 


Bon dem Sagittarius, der vor einiger 
Zeit in ber fürfilihen Mlenagerir farb, hat 
der Hr. Dir Dofmaer mir den Kopf in Spi⸗ 
ritus zuzufenden die Güte gehabt, und ih 
bemerkte daran, daß diefer Vogel an dem 
oberften Augenliede dreyſſig außerordentlich 
große und dicke Haare hatte, und vierzehen 
am unterfien Augenliede, boch weit Eleiner 
und dünner, als die am oberften, 


Diefe Haͤrchen vom unterflen Augenliede 
(Fig. IIL.a, in ihrer natärlien Größe, und 
A: durch ein Verg:ößerungsplas gefehen) ge 
ben, fo bald fie aus der Haut hervorgefoms 
‚ men find, einige Eurze Geitenfädenab, weils 
ches bey denen vom oberften Augenliede (b. B.) 
meit weniger, und nicht eher der Fall ift, als 
bis fie ohngefähr bis zum fünften Theile ihs 
ser Länge herausgefommen find, 


Beyde von diefen Haaren find hier und 
da wie mit Knoͤtchen verfehen, und am unter: 
ften Theile, das in der Haut befefligt gewe⸗ 
fen ift, weis, hornartig, durchſcheinend, wie 
der Schaft einer Schreidfeber. 


Schr viele Wögel haben am Schnabel 
Haare, wiedied beym ganzen Rabengeſchlech⸗ 
te am allgemeinften bekannt ift, das deraleis 


hen vorwaͤris hingekehrt hat, welche die Nas 
a 


wol 9 285 


ſenloͤcher bedecken. Vorzuͤglich bemerkungs⸗ 
werth iſt indeß unter dieſem Geſchlechte der 
Caapſche oder Purpur⸗Heher, i) bey dem 
einige ſchwarze drey Zoll lange und ſehr 
biegſame Haare an der Wurzel der oberen 
Kinlade, und ſteife Haare von der Dicke ei⸗ 
ner Schweineborſte an bes Unterfinnlabe 


—— 


Ray giebt J als ein Fe ber 
Geyer an, daß fie unter der Kehle einen 
‚händegroßen Fleck haben, der fomohl mit 
Federn und Dunen , als mit Haaren, die 
Kuhhaaren aͤhnlich find, bedeckt if. Bey 
dem Erdgeyer (Vult. perenopterus) iſt 
auch die Wurzel des Schnabels mit 5 
era 


" Ebenfalls haben die Eulen unten am 
Schnabel fteife,, gekräufelte Dunen oder Fe⸗ 
bern, wie Borften ftehen. 


Bey den Spechten (Picus) findet man 
auch an den Nafenlöchern einige borftenartige 
Härchen, wie bey den Braufpechten (Sitta), 

3 ben 


) ©, eine Abbildung dieſes befondern Mor 
geld: in Briffon Ornithologie, Tom. I], 
Tab. Tl. Fig. 2. pag Houttuin, 

" Natwurlyke Biforie, iv: Stuck, Tab. 
XXXIV. Fig. I pag. 311. 


286 IE MEN, 


ben Sliegenfangern (Mufcicapa) dem To- 
dus, dem Anhinga (Plotus) dem Sporn- 
flügel (Parra Chavaria) und bey’ mehreren 
anderen wejtindifchen Vögeln (die Hrifs 
fon k) und Edward I) befchreiben und‘ 
abbilden) vornehmlich aber der Ziegenmels. 
fer. (Caprimulgus) m.) ber an jeder Seite: - 
des Schnabels einen Zopf hat, der aus acht 
langen, fieifen Borftenartigen Haaren bes 


ſtehet. 


Der Nutzen dieſer Haare bey ben oben⸗ 

. angeführten Bögela ift mir vollfommen uns. - 
bekannt; doch follen wohl die welheüber den‘ 
Nafenlöchern legen, die Luft zertheilen, wel⸗ 
her Nußen auch bey dem Menfchen durch 
die Haare in der Naſe erreicht zu werden‘ 
f&heint, um den Sinn des Geruches, den fehr 
viele Vögel, befonters aber das Geyerges 
ſchlecht, in hoͤchſter Vollkommenheit beſi⸗ 
Ben, zu ſchaͤrfen. | — 


| Es 
k) Ornithologie. Tom. III. Tab, XXXIX, 


XL; und XLL — Tom. IV. Tab, XLIL, 
Fig. 2. — Tom. VI. pag, 477. 


I) Natural Hiſtory of Birds, Tab, 80, 106. 
Ii3, 122, 190, 262, 


m) Catefhy Natural Hiftory of Carolina, Tom. 
I, Tab, VIII. 


; a 


Es iſt bemerfenswerth, daß ebenfo, als 
viele Vögel gleich nady der Geburt Haare ha⸗ 
ben, fie au, wenn fie alt werben, 
unter oder zwifchen den Federn dergleis 
chen befomimen, mie dies bey alten Haͤhnen 
und Hühnern ſehr ſichtbar wird. 


- Die kalekutiſchen Haͤhne erhalten im 
dritten Sabre vorn auf der Bruft einen Buͤſchel 
bien, ſchwarzen Haares das zuweilen drey bis 
vier Zoll lang waͤchſt Y. Ben den kaleku⸗ 
tiſchen Huͤhuern findet ſich dieſer Haarbuͤ⸗ 
ſchel auch zuweilen, doch iſt er hier immer 
wet kuͤrzer. 





voem Saare der Ampbibien und ſiſche. 


Unter den Amphibien kenne ich weder 
in de Klaſſe der kriechenden (repentia) noch 
In der ber ſchleichenden (ferpentia) ein eins 
ziges Gefhöpf, an dem man Haare gefunden 
hätte; doch hat der Nitter Linne in der 
zwölften Ausgabe feines Syſtems in die Elaffe 

er fchimmenden (nantes) einige geftellt, 
die er ex Mapher unter bie Fiſche rechnete **). 


Ta. Brom 
9 Fig. 11, 2 \ 


*) Diefe Elaffe der fhwimmenden a), welche 
ans ben ——“ 


4* 


288 — )o( ur 


Zwey Gefhlechter derfelben haben borftens 
artige und harte Haͤrchen am Körper, und 
unter diefen find zwey Arten der Hornfi⸗ 
fee (Balites) und eine Art des Geſchlech⸗ 
tes der Stadelbäude (Tetrodon). . 


WVon den zwey Arten der Hornfiſche 
wird nur eine von Linné ang-führtn), und 
von Houttuin abgebildeto) allein beyde von 


Gronov befihrieben und in Kupfer ges 


ſtochen pp · 


Beyde von dieſen Fiſchen haben an jeder 
Seite ihres Körpers, dicht am Schwanze, 
einen laͤnglichten Fleck, der mit ſcharfen Sta⸗ 
cheln beſetzt ift *). Die Graͤten der Sterz⸗ 
flloſſe ſind bey ihnen nicht an einander feſt⸗ 
gebunden, ſondern ganz frey, und an jeder 
Selte mit kleinen ſehr feinen Haͤrchen beſetzt. 


ar 


beſtehet, gehoͤrt ganz offenbahr zu den Fis 
ſchen, wohin fie auch (don Bronov,Bouan, 
u.a. rechneten. Denn ihre Lungen find 
den Fiichfiefen ähnlicher‘, als den Lungen 
der Amphibien. M. 
.n) Edi. XH,N. 3, 
0) Natuurlyke Hiftorie, Tab. LXVII Fig. I. 
p) Muf. Ichthyol. I, N, 1124, und Il, N, 196 
Tab, VL Fig, 5. \ 


*) Fig IIL a, und b, 


— % 


ee 289 | 


Hr Lagerſtroͤm hat In China unter dem 
Geſchlechte ver Stachelbaͤuche eine Arı bemerkt, 
bie borftenartige Zöpfhen hat, und deshalb 
ganz rauh if. (Tetraodon hifpidus). q). 
Bon diefem Fifhe, den er an die Akade⸗ 
mie von Upſal geſchickt hat, ift, ſoviel ich weis, 
noch Feine brauchbare Abbildung vorhanden, 


Unter den Sifchen fintet man im Ges 
f&hlehte der Scdhleimfifche CBlennius), 
zwey Arten, die am Kopfe einige borflenars 
tige Haͤrchen haben, nehmlich der Schleims 
fi mit dem Kamme (Blennius criftatus 
bie Geelerdye). Diefer hat, nah Gronovs 
Befchreibung r), aufdem Kopfe zwiſchen den 
Augen vor der Rücenfloffe einen Kamm von 
fehr feinen, ſchwarzen Härchen. 


Die zweyte Urt ift berBlennius (maxil- 
la fuperiore longiore)s) der unter den Na⸗ 
DE MS fenlös 


q) Houttuin Natuurlyke Hiftorie, VIII, ftuck, 
pag 458. 


r) Blennius, crifta fetacea inter oculos ante 

. x pinnam dorfalem, ex pluribus perparvis 

nigris ac unico ordine difpofitis fetis con- 

fecta. Muf. Ichthgol. 1, N. 75. Tab, VI. 
Fig, IV. 

s) Blennius, 'cui mox fub naribus fafcica- 


lus exiguarum fetarum in circulum pofi- 
| tatum. 


299 "not u 


fenlöchern ein Fleckchen hat, das mit ſehr 
kleinen zirkelfoͤrmig liegenden und nach vor⸗ 
ne ea ſich —— Borſten — iſt. 


In A cht des Gebrauches diefer Haͤr⸗ 
chen bey den genannten fuͤnf Fiſchgattungen 
herrſcht noch eine außerordentliche Unwiſſenheit, 
da ihrer ſo wenig an Zahl, da ſie weit ſtei⸗ 
fer, ſchaͤrfer, und von ganz anderer Einrichs 
tung und Baue ſind, als die Haare der vier⸗ 
fuͤßigen Thiere, und Voͤgel. Doch wer glaub⸗ 
te wohl ſchon jemahls, mit Haaren befeßte 
Fiſche zu finden? — Wieviel weniger weis 
man nicht vom Inſtinkte, der Vernunft 
und anderen dergleichen Eigenſchaften ber 


Sifge? 


_Pifeium inter fe, non eft — 
ſolum, J 


Conſiſiumque fagax et multaein pedto- 
re fraudes, 


„ Decipiunt homines, &c. 


ſchrieb, nad) Lipfius Ueberfegung, vor langer 
Zeit Oppianus ſchon. t). 
Der 


tarum, verfus anteriora fe extendentium, 
Muf. Ichthyol. ID. N. 175. — XRonde 
lex giebt eine fehr gute Abbildung —3 
Lib. VI. Cap. 23. _ 


6 “Aljyurinän, Lib. III, 


HDEE EN po 


Der gelehrte Bradley !v) fagt etwas, 
was einer weiteren Unterfuhung wohl werth 
waͤre: Pe; die Fiſche eine angebohrne Vers. . 
„nunſt haben, “welche fie in ven Stand feßt, . 
„ich Mefter und. Schlupfwinkel für ſich und 
„ihre Sungen zu machen’; wovon ich neuerlich 
„suochiein Beyfpiel fah, da mir Hr. Joh. 
„all, ein Ticleback’sx) Neftfchenkte, den 
„feinen Bau vom Anfange feines Entſtehens 
„bie zum hoͤchſten Grade der Vollkommen⸗ 
„heit anmerkte. Es ift aus Wurzelnfafern. 
- „zufammengefebt, die fo mit einander verbuns 
„den find, dag ein hohler Lylinder in: der 
„Mitte. bleibt, den ich eher zum Ablager 
„des Roggen, als zum Aufenthalt des Fi⸗ 
„ſches ſelbſt beftimmt glaube, denn der Tic- 
„leback hat fcharfe Spißen in ben Rückenflofs 
„fen, welche (you hinreichten, ihn gegen Raubs 
file gu Chin” 

i 3h 


V) Betrachtungen uͤber die Werke ber Natur, 


x) Maß er füreinen Fiſch mit dem Tickleback 
meynt, iſt unbekannt, Eben jo wenig iſt 
(wie Baſter meynt) ein Fiſch unter der engl. 
Benennung; Pricklebhck, aber wohl unter 
dem Namen :Styckleback, der unfer gewoͤhn⸗ 
cher Stadyelpärfdy (Gafterofteus) iſt, der 
fi in den hollaͤndiſchen ftillen Ale u 
ſ. mw. fehr häufig findet, 
Eine Abbildung diefer iſchgen Endet 
man im ſechſten Theile, ber Alta Helvetica, 
auf der leßten Tafel, — TU - 


292 ae 


Sch erinnere mich itzt, in einem franzoͤ⸗ 
ſiſchen Schriftſteller, deſſen Nahme mir 
entfallen iſt, dieſen Umſtand bey einem Fi⸗ 
ſche in der Gegend von Madagaſcar, oder 
Bourbon gelefen zu haben, ak 


Die Gattung von Knurrhahn, die man 
"Gobio nennt (der Kaulfopf) macht im, 
Grunde ein Neftundbrütet darinn feine Eyer 
aus, und er foll zu der Zeit eher fein Leben hers, 
geben, als fein Neft verlaffen.z. *). 


Schön vor inehr als hundert Jahren hat 
der Naturforſcher Redi a) bemerkt, daß es 
Fiſche gebe, die an den Strand Fommen, 
dafelbft ihre Eyer in den Sand ober in bie 
Ufer der Flüffe bearaben, wie dies die Schilds 
Fröten thun. Grant fagt eben dad von den 
Salmen b) ber au ihrer Behendigkelt er⸗ 

wähnt, 


z.”) Cottus Gobio. Nidum in fundo format, 
ovisincubat, vitam prius deferturus, quam 
nidum, Linn, Syft. Nat. Edit, XI. pag, 


452. | 

a) Fra peſci marini non tutte le razze butta- 
no le loro ova nell’ aqua; ma fi trovano 
alcune, che feendendo in terra, le fepel- 
li (cono fotta l’Arena ed fulle ripe dei fiu- 
me, come avvenienne alle Tärtuge, 
Opere Tom, I. Offeroaz interno agli ani- 
mali vivanti, &c. pag. 37. 

b) Vitgezogte Verhandelingen, IV. Deel. 


pag. 836. 


> le 4 a —— 


wähnt, um über Waffertämme, zwanzig Fuß 
body, zu fpringen, und ihrer Geſchicklichkeit 
um. dazu jelöft die niedrigſten Stellen aus fin⸗ 
Dig zu machen, 


Der gelehrte nordifhe Bifhof Pandops 
pidan c) bemerft, daß die gröfle Gattung 
von Fiſchen, wenn fie ihren Moggen ge 
legt haben, ſchwere Steine verſchlucken, 
um ihn duch ihr is Gewicht a“ 
ſichern. 


Wie regelmaͤßig wiſſen nicht Geringe, Ma⸗ 
kreelen. Schellfiſche, Schollen, und andere Fi⸗ 
ſche, bie man deswegen auch Landfiſche nennt, 
ja felbft Krabben und die mannichfaltigen Gate 
tungen von Seegewuͤrmen, ihre feſtgeſetzte 
Zeit, zu den Fluͤſſen und an die Ufer zu gez 
hen und in den Untiefen ſich Ihres Roggend 
zu entlevigen ? 


Ih könnte hier noch fehr viele Bemer⸗ 
kungen über ben, Verftand der finefifchen 
Goldfiſchgen, bie fo äußerft ſchwer zu fans 
gen find, maden; aber diefe würden hier 
nit am rechten Drte fiehen, und ich hoffe, 
daß man mir diefe Ausſchweifung verzeihen 
wed⸗ da meine Abſicht hiebey allein war, 

auf 


se) Verſuch iner natürlichen Hiftorie von Nor 
. wegen, S. 195. 


auf die Haushaltung, den Snffinkt, Pers 
ftand und auf andere Eigenſchaften ver Fis 
ſche die Aufmerkſamkeit der Beobachter zu 
richten d). 


-Don dem Zaare der Inſekten. 


Wenn e8 unter ben Amphibien und Fir 
ſchen nut hoͤchſt wenige Geſchlechter giebt, - 
die einige Haare haben, fo ift dies bey dep 
Inſekten ganz anders, unter denen ſich 
faſt Bein einziges findet, das nicht mit dies 
Ten, verſchiedenen und zuweilen mit ganz bes 
fonters eingerichteten Haaren verfehen iſt. 
Aber mehrentheild find diefe Xihiere und bes 
fonders ihre Haare fo Elein und fein gebanet, 
dag fie dem unbewaffneten Auge völlig unfichts 
bar bleiben; ein Umftand, der für ihre nähes 
re Unterfuchung aͤußerſt nachtheifig gemefen 
iſt. Auch find fie, wenn man einige rauhe 
Raupen ausnimmt, nicht überall , wie die 
vierfüßigen mit: Haaren bedeckt, ſondern das 
Haar ift nur hier und da rag vers 
breitet. 


Mer das vortrefliche Wert des unermuͤ⸗ 
deten Naturforfchers Reaumur und feinen 
Nach⸗ 


d) Mehreres hierüber kann man in Richters 
Ichthyotheologie finden; 


0 * ) o ( N 295 


Nachfolger ben de Beer lieft,, fo mug man 
ihren Bemerkungen über dad Haar diefer 
Thiere mit dem aͤußerſten Eeſtaunen * 
folgen. 


Man —* mir, hier — Sonders 
barfeiten derfelben auseinander zu ſetzen. 


Es giebt Raupen, die, fobald fie aus dem 
Eye herausgekrochen find, fogleich fehr haaz 
zig und rauh find: doch wenn fie alt werden, 
vermindert ſich dies bey jeder Härtung, fo 
daß fie zuleßt gegen die Zeit ihrer Werändes 
zung völlig kahzl find e). 


Andere Raupen behalten ihre Haase fo 
Yange fie leben. Einige von ihnen haben fo 
große und firiie Haare, daf man fie allens 
falls wohl Stadyeln oder Borften nennen 
koͤnnte: e*)s Einige von dirfen VBorften 
gehen gerade aus, mie ein Pfriem; andre 
ſi ind gezackt oder gabelfoͤrmig *). Andere 

Rau⸗ 


e) Reaumur Mem, des nn -Tom. L, 
Pag: 81. &c. 


e*) Juft. Merian fagt, es gebe auf Surk 
nam Raupen die Borften, fo fleif als Eis 


— en pag. 17. Tab, al pag. 


* Fig, IV. d. @, f. J 


\ 


296 nor *: 


Raupen haben hingegen wieder lange und, 
fehr fanfte Haare; deshalb man ſie auch 
Sammt⸗Baupen nenut ). Beyhy einis 
gen find lange Haare unter die kurzen ges 


miſcht: bey einigen ſtehen die Haare gerade 


auf-in die Höhe, bey anderen liegen fie ganz 
auf die Eeite; - einige. haben eiliche Haare 
nach vorne zu, andere nad) hinten oder nad 
den Seiten zu gebogen: und Abweichungen 
der Haare bey ben Raupen und anderen Ins 
ſekten von einander inAbſicht auf Größe, Steifs 
heit, Sage, Stellung u. ſ. w. giebıs unzähliz 
de, wie man dies leicht auf den Kupfertafeln 
Reaumurs, der Yierianin, Boͤſels, 
Sepps, de Geers ü. a. in: nachfehen kann. 


Und bey einer mikrofkoptfchen Unterſuchung 


des Körpers und der Pfoten ber Schmetter⸗ 


linge, Fliegen, Honig-⸗- und anderer Bienen, 
Hummeln und der meiflen anderen fliegene 
den Inſekten, finbet man fie mit einer zahlz 
loſen Menge von Haaren befeßt f), felbft die 
Raͤnder ihrer Flügel, und eine Gattung von 
Muͤcken hat zweperley Arten derfelben an ihs 
ven Hoͤrnern. 
Unter 
#) daf. & 
£) Diefe haben aufden Schuppen ihres Bruft: 


ſtuͤckes Härchen, die Fleinen Pflanzen mit 
Blaͤttern gleichen; Fig. IV: bi © 


1, ur Fe 
a TEN 


ee ähnlich macht i). 


ni X Fr 297 


Unterfucht man die ungeflügelten Snfekten, 
fo findet man auch diefe durchgehends fo 
haarig, als diegeflügelten.. Bon dem Eleinz 
fien, der Milbe im Mehle, bis zum gröften, 
den Krebfen, findet man alle Zwiſchengattun⸗ 
gen, als Länfe, Flöhe, u. ſ. w. mehr oder we⸗ 
niger mit’ Haaren befeßt, wie man dies bey 
den Schrifiſtellern g) darüber weiter ausge⸗ 
führt lefen Fann. Hr. Houttuin hat in feinem 
Werke h) eine große weftindifhe Spinne, 
deren Pfoten ungemeinraul und gänzlich bes 
oh find, _ 


" Yußer dieſen Haͤrchen findet ſich noch auf ei⸗ 
nigen Arten von Pflanzenlaͤuſen eine Art ſanf⸗ 
ten, feinen, wolligten Stoffes, ber fie eher 
einer Flocke Wolle, ald einem lebenden Thier⸗ 


Der 


— Beeuwenböf in feinen Briefen. Bei 


er Augen = und Gemuͤthsergoͤ⸗— 
— Gebruik van het Mi- 
erolcop, ⸗Sablot: obſervatious mi» 
croſcopiques. — Redi: über die Inſek— 
ten. — 500ke: Micrographia. — Bo⸗ 
nanni: Micrographiainova. Griendelius: 
Micrographĩa nova; und andere mehr. 


b) Natuurlyke Hiftorie, XI. ftuck, Pl, CH, 
Fig. 3. ” 3 kn Hi LEINE 


'4) Reaumur, Tom, m. p. XXXI. Fig, 21, 
27, und Pl, — —— 1. 4 5, 10, II. 


« 


\ 


298 Kar RR er 


Der äußere Bau ber Haare iſt bey den 
Inſekten fo gut, als bey den vierfüßigen Thies 
ren verſchieden. Sch habeam Krebfe allein 
viererley Utern von Haaren gefunden F): wie 
1) Haare, die gezähnt find, als ihre Schee⸗ 
ren: 2) Haare, die mie kleine Dunen gefies 
dert find, am Schwanze undan den Shwimms 
fügen: 3) fehr fteife und berftige Haare,an der 
innern Lippe: 4) am Ende runde und zuge 
fpißte Haare an den Laufpfoten. 


Sch habe einige befondere Figuren der 
Raupenhaare und aud von anderen Inſekten, 
die ih ans Resumursund de Geers Wers 
Een enilehnt habe, hier abzeichnen laffen. 


Fig. IV. d. die Abbildung des Durch⸗ 
fhnittes der Dornraupe, auf dem man 
die Dornen mit kurzen feinen Haͤrchen uns 
termifcht ſiehet. 


e. f. zwey verfchledene Dornen be: 
ſonders. 


g. Abbildung des Durchſchnittes einer 
Raupe, die man ſehr haͤufig auf den Birnen⸗ 
baͤumen antrift. Auf jedem Ringe des Koͤr⸗ 
pers ſtehen fuͤnf kurze, dicke, ſtachlichte Haa⸗ 


re, 


Fis. IV. a. b. 


; * ) 0 C Bu 299 


re, und aus jedem berfelben kommen zwey 
duͤnne lange hervor. 


h, j kl Beſondere Haͤrchen von 
rauhen Raupe, die auf den Erlenbaͤumen 
lebt. 


m) Ein Haar der rauhen Weinraupe, 
der Safe genannt, rund um mit Dornen bes 
ſetzt, zumeilen dreye in einem Zirkel, 


Mn. Ein Haͤrchen von einer ſchwarzen, 
rauhen Raupe mit drenzehn gelben Flecken, 
bie einem Muderholze fehr ähnlich find, 


0. Ein Härhen von einer Raupe, bie 
ſich auf den Eichenbaͤumen findet, 


Bd Ein Haarbuͤſchel von einer tauhen 
Buͤrſtenraupe, bey der die Haare in Buͤ⸗ 
ſchel, bürftenförmig ftehen, 


% Eins von biefen Haͤrchen, die Feder 
buͤſchen gleichen, durch ein Vergroͤßerungs⸗ 
glas betrachtet, 


1. Ein Haͤrchen von der Art, die man 
-über den ganzen Körper der Raupe verbreis 
tet findet, 


u 2 5. —* 


300 er oe 


t. Haͤrchen aus den Buͤrſten dieſer 
Raupe; ” / 


Bey obenangeführten Schriftftellern fin: 
tet man noch mehr turd das Vergroͤßerungs⸗ 
glas betrachtete Haare von Jnſekten, doch 
halte ich dirfe hire abyebilderen zu meiner 
Abſicht ji hinreichend, 


Da nicht ohne Nutzen gefchaffen iſt, R 
müffen ganz nothmendig diefe Haare bey dem 
Sufekten zu irgend einem Gebrauche abzwe⸗ 
den, als bey dem Menſchen und den vierfuͤ⸗ 
figen Thieren. Doch ift es in mehreren 
Hinſichten Außerft unſicher, Darüber etwas 
näheres zu beftimmen, 


Dean bemerkt, daß rauhe und haarigte 
Raupen keiner großen Menge von Seide bes 
dürfen, um ſich glei den Seidenwuͤrmern, 
ganz davon ein Behältniß zu ſpinnen, worin 
fie fi mit Sicherheit in Puppen verwan⸗ 
deln koͤnnen; fondern daß fie ſich gegen die 
Zeit ihrer Verwandlung die Haare aus zie⸗ 
hen oder mit ihren Zähnen dicht am Leibe 

4 wege 


Ich bin nicht im Stande — bey * 
* Unbeftimtheit und dem Mangelam Ausdruc, 
die Gattungen diefer Raupen näher zu ber 
fiimmen. M. 


J 


& “R ) o ( x got 


twegbeiffen ‚ und. vermitteljt berfelben und mit 
ein wenig Speichel oder einem anderen 
Stoffe ſich einen hen Aufenthalt bauen Kr 


| Einige Eh arigte Eulen und Rachtſhhmet⸗ 
terlinge weben von diefen dünnen, feinen Haͤr⸗ 
chen, womit ſie bekleidet find, eine Art feften 
Sioffes wie ein dünnes NrE, zwiſchen das 
fie ihre Eyer legen, damit Erin hungriger Vo⸗ 
gel oder ein anderes Maubihier fie darin bez 
merken. oder ſuchen ſollte. Es giebt felbft 
einen Schme terling, „der ſeine Eperchen in 
einer Spirallinie um einen.Zurfen. legt. und 
naher fehr raöber mit —— — —— uͤber⸗ 
deckt 1). — 


—2 geſtehe ic) aufrlätig, en; * Nu⸗ 
tzen der Haare bey vielen anderen Inſekten, 
vornehmlich derjenigen, die man an den Pfo⸗ 
sen wahrnimmt ‚ nichts zu — 


J BY 4 * 4. ri 
u 3 Er⸗ 
* Er Memoitres des In Tom. 1. 
pas. 509 - 524. iR 

1) dafelbft: Tom II Pl; II. Fig. Ben 16. 17. 


von Souttuin nachgebildet. Natuurl. H, XL. 
‚Stuck. Pl, LXXXVI. Fig. 8. 9. 10, 





302 a 
Erklärung der übrigen Abbildungen. 


Fig. V. N. L. Die Wobildung ded Haas 
re, bie der große afrifanifche Ma⸗ 
denfreffer (Crotophaga ani) a) an 
den Nafenlöchern und über dem Schna⸗ 
bei hat, das mehrentheild ganz durch⸗ 
fihtigift, und unter dem Vergroͤße⸗ 
rungsglaſe fehr artig außfiehet. 


N, 2. Die Zeichnung des Haared von den 
Angenliedern des obengemeldeten Me: 
denfieffete: 


gr Stabber, von beffen feeundfepaftlidjen 
Guͤte ich die Zeichnungen dieſer Haare 
erhalten habe, fehreibt mir überdem noch, 

daß beyde Gattungen Yon Madenfreſ⸗ 

ſern einige in einer Reihe ſtehende Haa⸗ 

re an den Augenliedern haben ſollen, 

und folglich das dritte Vogelgeſchlecht 

(der Strauß und ber Sagittarius (der 
Sefretär, Falco ferpentarius) find 
die bepden erften) ausmachten, die Haa⸗ 
re an den Augenliedern hätten, Er 
zweifelt, daß fie eine membrana nicti- 
tans hätten, Ich finde von dieſen Eis 

SR gens 


9 Catefby III. Tab.. m pag. 3 · — arfon 
‘Tom. IV, Tab, XVIL Fig. 2 — Ind 
endlich Floane Tom, Il, Tab, FSCLVI, Fig. I, 


N 303 


aenfchaften der Madenfreſſer bey Feinem 
Schriftſteller eiwas, doch waͤre diefer 
Umſtand bey den anderen Gattungen 
wohl einer näheren Unterſuchung werth, 
und ob etwa benenjenigen, welche bie 
Membrane nicht haben, Haare an den 
Augenlievern gegeben find, um ihr Ge⸗ 


ſicht zu ſchuͤtzen. 


N. 2. Ein Haar aus der Rrone bed Bold: 
fafane. Dies Haar war fehr Dicht, gezackt 
und dunkel. 


N. 4. Ein Haar von den Weisſterzchen 
(MotacillaAenanthe). Dirs ift fehr glatt 
und jo eben, mie ein Xhierhaar. 


N. 5. Die Abbildung eines Haares von eis 
nem bis ißt noch ungenannten weſtindi⸗ 
fhen Vogel aus Hr. Slabbers fehr 
reihen Sammlung, das ebenfalls, vie 
Stelle ausgenommen, wo es hers 
vorkommt, und die einige Zacken hat, 
ſehr glatt und eben iſt. 


N. 6. Abbildung des ‚onberbären Haares 
des Baͤutzchens. Dies iſt durchſichrig, 
ſeine Seitenzweige kommen nicht gleich 

aus ſeiner Mitte ſondern eins ein we⸗ 

nig uͤber dem anderen heraus. Und wo 


u 4 ſie 


* \ 


304 ©; ) 0 ar 


fie hervorfprießen, ſteht ein ganzes Buͤſch⸗ 
gen fehr feiner, Furzer Haare. Meiter 
ift das Haar in feinem Fortgange meh⸗ 
rentheils glatt und hat nur hier und da 
"einen Furzen Zweig, der ganz platt dar⸗ 
auf liegt, | 


N. 7. Ein Haar vom RR (poule 

pintade, Meleagris), das undurdfichtig 

, and mit langen dünnen Öeltenzweigen 

‚‚verfehen ift, welche nad) der Reihe aus 
Ihrer Mitte hervorlommen, 


N. 8. Ein Haͤrchen von der kleinen Buſch⸗ 
eule, das in den meiſten Hinſichten mit 
N. 6. bes Kaͤuzchens uͤbereinkommt. 


N. 9. Abbildung eines Haares vom Schna⸗ 


bel des Suntfpechtes, das (ehe fein 
ausgezackt ift. 


N. 10. Ein Haar aus dem Feberbufche eis 
nes brafilisnifchen Truthubnes c) 
Meleagris capite pennis eredis crifta- 
to, temporibus violaceis). Dies ift 
glatt und dunkelfarbigt, und da, wo 


R 


die Zweige hervorkommen, fieht man 
noch drey oder vier fehr feine und kurze 


Zaͤckchen. 
| In. 
. 0) Edwards Natural Hiftory ofBirds, Tab. 13+ 





in ern ehr. > u 


yet.” 305 
\ II. 
Etwas vom Bildungstriebe. 


— —— 


* ‚Groffe *) äuffert in feinen oortreflichen 
Briefen uͤber die Menſchenracen eine 
Win über. den Bildungstrieb, deren naͤ⸗ 
here Beleuchtung mir zu diefem Auffaße die 
erfte Veranlaſſung war. 


Er —5 2ten Briefe): "Eine naͤhere Uns 
„terfuchung läßt uns bald dieſen Trieb 
„allenthalben in der Natur, wiewohl 
„den einer Stufe der Materie ganz wun⸗ 

„derbar ſimplifizirt, und, einfach, bey 
„einer anderen in der vollkommenſten 
„Ausbildung und folglich in einer ausges 
„dehnteren, kaum begreiflihen Würs 

9 „Eung, wiederfinden, Dies ift unferer 

Theorie um fo zuträglicher, da es durch⸗ 

„aus Regel iſt, die Maturgefeßeicher 

„zu vereins als zu verviel⸗ fachen: und 

„es erftaunend wenig Gefeße und Kräfte 

„giebt, welche die Natur nicht in einer 

„endlofen Menge von Mobifikationen 

„und Abftufungen, mit einem Meichs 

„thum an Formen bey. der größten 

„Armuth an Materie wieberhohlt, und 

N 5.05 000 vnburd 


| *) ©. deffelben Magazin für d, Nat. Geſch 
bes Menſchen. 1. Th. 3 St. 


„hburch ihre Zuſaͤtze kaum kenntlich ers 
„hält. Der ganze Bildungs trieb ſcheint 
„nichts weiter als Das Geſetz der Ag⸗ 
„gregation, oder der Anziehungskraft 
„gleicher Theile zu ſeyn, die nur bey 
„organiſchen Koͤrpern eine unendliche 
„Verfeinerung, nach Maasgabe der 
„Beſtimmung eingerichtete Zufäge und 
„Erhöhungen befommen hat ; denn Wie⸗ 
„bererzeugung brauchte fie bey der unors 
„ganifhen Materie nit auszuüben, 
„und da zur Ernaͤhrung diefe nur der 
„groben Theile bedürfen, die den chez 
„mifhen Prozeß zu ihrer Entwickes 
„lung und Reinigung nicht nöthig has 
„ben, auch die weitläuftigen Anjtalten 
„u ihrer Ernährung “u, f w. 


Dies führt er nun noch etwas weiter auß, 
und belegt die Wahrſcheinlichkeit mit einigen 
Beweiſen und Beifpielen, die fdarffinnig 
genug gewählt find, - 


Dffenbahr tft dies nicht viel mehr, als 
bie alte Theorie von der vis plaftica und folgs 
lich alle Gründe und Unterfcheidungen , die 
Blumenbach angegeben hat, aud) auf dies 
fe Hypotheſe in mehreren Fällen anwendbar. 


Ich bin feſt überzeugt, daß ber Bil, 
dungstrieb ſich nicht weiter, ald auf organi⸗ 


ſche 


| 





i % i 
BE a, Bo 


ſche Körper erſtrecke, unb in fo fern Gr. 
Meynung, daß er fi. bis auf Bildung. der 
Wolken und mancher Mineralien nicht ausdeh⸗ 
nen laſſe. Uber eben diefe feine Einge 
fhränktheit auf den bloß organifchen Theil 
der Schöpfung giebt wohl- fein charakteriſti⸗ 
ſches Linterfheitungszeihen von der plaftis 
ſchen Kraft ab. 


Wenn die bildende Kraft, melde die 
Körper zufammenfügt, die Stammutter ber 
Kraft ſeyn follte, welche das zarte Gewebe 
menſchlicher und thieriſcher Organiſation 
flicht, ſo waͤre ein ſtufenweiſer Gang ganz 
nothwendig um ſie bis zu dem erhabeneren Gra⸗ 
be zu verfeineren und za laͤuteren. — Wo 
‚aber hiervon eine Spur? — Der Rang 
der Mineralien Fann nicht durch die Nußbars 
keit für den Menfcyen oder einem durch Sit⸗ 
te feftgefeßten Werth, fondern allein Dadurch be; 
flimmt werben, daß die, bey welchen dieſe Kraft 
am ſtaͤrkſten wirkte, die vornehmfte Stufe eins 
nimmt. Denn fie drängte dadurch bie Thei⸗ 
le mehr zufaınmen und vermehrte folglich ih⸗ 
re fpezififhe Schwere und Dichtigkeit. Aber 
auch bie edelften unter ihnen haben nicht die 
allerſchwaͤchſte Spur von Organen, und die 
ganze Klaffe fteht ifolir. Dahingegen die 
niedrigſte Pflanzengattung organifirt ſich ſchon 
voͤllig entwickelt. Bey der einfachſten Moos⸗ 

art, 


+ 


308 u ot es 


art, deren Saamen der Wind herbengeführt 
bat, gehen die Säfte fhon und ſchon beynas 
bein einer Art von Umlaufe fort. Dasedels 
fie Pflanzengewaͤchs (das ſich darum gar nicht 
einmal beftimmen läßt), hat vor dem niedrig⸗ 
ſten nichis voraus. 


Und wenn auch dieſe bildende Kraft, bie 
drey Reiche fchaffen und die benden ebelften 
mit Organen verfeben fol, auch bey den 


Mineralien in Hinfiht auf Schöpfung mie 


bey den anderen gleich wirkfam gewefen wäre, 


fo laͤſt fih nicht begreifen, warum fie hier - 


ihre reprodnzirende Kraft verlohren habe, 
Daß die Reproduktion den Mineralien nit 
nußbar fen, wie Hr Groſſe behauptet, iſt ein 
‚ Sag, den er allein nur aus dem Nichtda⸗ 
ſeyn derfelben beweifen Fann und folglich ganz 
‚ohne Dioment, 


Wenn überdem Repropuftionskraft, mie als 
le Beobachtungen fagen, um fo eher wirkſam 
und fichtbar wird, jemehr: die organifirten 
Körper an Feinheit der Organe, an, Menz 
ge und an Ausbildung verliehren; wenn bie 
Thierklaffen mit dem allereinfachſten Baue 
und nur hoͤchſtens ſolchen Dryanen , die zur 
eigentlichen Ernaͤhrung dienen, ‚und ihnen alfo 
mit den Pflanzen ganz gemein find, die wuns 
derſamſten Beyfpiele einer Miedererneuerung 
— Theile aufſtellen, warum iſt denn 

die 


| 





—— Jo( ee 


die Rraft in dieſer Modififation bey den allerz 

einfichften Wefen der Rörperwelt, den mines 
raliſchen Subftangen nicht ſichtbar, wenn fie 
* Kraft fr — 


Außerdem findet fi, daß ber Bildungs: \ 
trieb Immer, um wirkſam zu werden, eines 
Reizes bedarf. Er wirkt nicht immer gleich⸗ 
foͤrmig fort, ſchl aͤft zuweilen und muß auf 
irgend eine Art geweckt werden. Dies iſt 
eins ſeiner charakteriſchen Zeichen und eine 
nicht geringe Spur feines Adels, wenigſtens 
gewiß ein Zeichen feiner mehr geiſtigeren 
Kraft. Denn alle eigentliche materiellen 
Kraͤfte ſchlafen niemahls, werden nie erſchoͤpft, 
und wirken gleichmaͤßig fort. Denn auch 
eben dies Erſchoͤpftwerden des Bildungstrie⸗ 
bes, das in einer feiner Modifikationen zwar 
mehr als in der anderen ſichtbar wird, aber in als 
Ien wohl gleich groß feun mag, hat er mit allen 
geiftigen Kräften, ven Mervenfräften, ven See⸗ 
leawirkungen, der Srritabilität, u, f. w. völlig 
gemein. Wo aber venn nur eineSpur davon nur‘ 
bey der Erzeugung der Mineralien, nur eine 
Spur bey ihrer Ernährung? Alles fügt ſich an 
einander, alles ballı ſich; geht etwas verlohs, 
ren, fo waͤchſt nicht allezeit etwas neues mies 
ber; an einer Seite dehnt es ſich in einer un⸗ 
ermeßlichen Reihe fort, ohne Erſchoͤpfung, 

ohne 


3EP a I / 


ohne Einſchraͤnkung und allein durch Hinder⸗ 
niſſe begraͤnzt. 


Der ſonſt allgewaltige Bildungstrieb hat 
bey der Erzeugung der einfachſten Koͤrper 
nicht Kraͤfte genug, ein einziges, nur unbe⸗ 
traͤchtliches Hinderniß zu beſiegen. Ihre 
ganze Bildung beſtimmt der Zufall. Fin⸗ 
ben z. B. metallifche Fluͤſſigkeiten in lockeren 
erdigten Subſtanzen Loͤcher, ſo dringen ſie ein 
und machen Deudriten u. ſ. w. 


| Wie ift dies nicht gang Anders bey ots 
aantfchen Körpern? — Hier kann Fein 
Hinderniß ſehn, das er nicht auf irgend eine 
Urt, und fo weit es feine Kräfte zulaffen, 
befiegi oder ben dadurch erlittenen Verluſt 
don irgend einer Seite fompenfirt, 
b 


Dies find eine Menge von ganz charakte⸗ 
riſchen Werfihiedenheiten, melde die Kräfte, 
die Hr Groffe vereinigen will, völlig von ein⸗ 
ander trennen; 


Er fagt: durch Vereinigung gleichartis 
get Theile wirke der Bildungstrieb allenthafz 
ben, Sch fehe hingegen nicht ein, nie er 
daduch fine Regelmaͤßigkeit nur in etwas 
erklärt. Warum befommen wir denn z. B. 

durch Vereinigung aller Nagelmaterie an eis 
nem 





\ * 1J 


) 0 ( * 311 
nem Finger nicht einen nur einzigen langen 
Mage? — Was vertheilt fie denn? In 


feiner Kraftift Anziehungskraft der Grunds 
beariff, im Bildungstriebe aber Ordnung und. 
meife Vertheilung. Wie Fönmen dies Mo⸗ 
dififationen feyn? — 


Und bey einer näheren Beleuchtung wird 
mir Hr, ©. geftehen müffen, daß fie zur Era 
klaͤrung eines Phänomenes nicht ausreiche, 
ober dann zur alten Entwickelungstheorie 
führe, | j 


Dies ift bie Entftehung der Würmer im 
thierifhen Körper. Hier kann allein Anzie⸗ 
hungsfraft aleicbartiger Xheile zur Bildung _ 
dann nur flatt finden, wenn die Theile des 
dadurdy zu bildenden Gefhöpfs im Blute 
und ben Gefäßen des Körpers liegen; und 
dann wären wir wieder auf der alten Stelle, 
wovon er ebenfrlld ausgieng. 


2 


III. 


x 


sı2 wer) oil 
11,: 


Etwas Über einige Beobachtungen, den 
Inſtinkt und befonders die Lebensart 
der Ameifen betreffend, - 


olgenbe Beobachtungen in Richard Nee⸗ 

le's Aufſeher (die ich in ihrer ganzen 
Ausdehnung hieher ſetzen will, weil fie wohl 
noch nicht fo befannt find, als fie es verdies 
son) find fo fruchtbar an Stoff zu Werner: 
Zungen über den Thlerinſtinkt, daß ich mich | 
wundere, ber daraus zu ziehenden Refultate 
fo wenig erwähnt zu finden. 


Ich will {hnen “gm Ende einige ähnliche 
Erfahrungen anſchließen, ‚ und ein Eleines 
Syſtem über den Gang der Xhiervernunft 
darauf zu erbauen verfuchen, 


Se einem Zimmer, nahe bey bem meis 
tigen, daß eine betraͤchtliche Zeit unbewohnt 
geweſen war, ſtand vor dem Fenſter ein Blu⸗ 
menkaſten von zwey Fuß tief, mit Erde ge⸗ 
fuͤllt, worinn aber ſeit langer Zeit kein Ge⸗ 
waͤchs geſtanden hatte; weswegen er auch 
mit abgefallenem Kalke, Leimen, Ziegelſtein⸗ 
ſtuͤcken und anderem Unrathe ganz bedeckt war. 

Da 





Da diefe, trocknen Dinge —— alle 
Feuchtigkeit aus der Erde geſogen hatten, 
‚fo ward dieſe trocken, ganz aus aervn und 
anfruchtbar 


Der Platz lag nach Mittag zu und war 
voͤllig gegen Wind und Regen geſichert. Ueber⸗ 
dem befand ſich in der Nachbarſchaft uͤber ihm 
ein Kornmagazin, voll einer Menge Getrai⸗ 
dearten. Alles dies zuſammengenommen mu⸗ 
fie nun natuͤrlich den treflichſten Ort zu 
‚einem Wohnplaß für Ameifen bilden. Ulnd 
in der That: hatten fie fidy auch, eingefunden, 
und fie ſchienen in drei Kolonien ſich gerheilt 

‚zu haben, , Man kann hieraus wohl nicht an⸗ 
ders Schließen, als dag hierbei eben der Grund 
ihre Handlungen geleitet, habe, der vernünfs 
tige Menfchen zur, Anlage neuer Wohnungen | 
und Städte, bewegt. Da ich einmahl wies 
der Zwiebeln in den Blumenfaften zu feßen 
‚Luft: bekam und mit einer Gartentulpe den 
Verſuch machen wollte, fo bemerkte ich diefe 
Ameiſen bald, und nahm ihre unermüdete 
Sorgfalt und Gefhäftigkeit, ihre ununterz 
brodene Aufmerkſamkeit auf ihre Arbeiten 
mit großem Vergnügen wahr, Dies ſchien 
meiner Yufmerkfamkeit werther, als alle Blu; 
men der Welt, ich legte meine Zulpe fehr bald 
zur Seite, um ein defto größerer Bewunde⸗ 
zer und wo a Gehülfe, dieſes Kleinen 

Staats 


314 2 


Staates zu ſeyn, der allein ihnen noch zu feh⸗ 
len ſchien, da Polizey und Einrichtung bey dieſer 
kleinen Kolonie ſchon weit vollkommener als bey 
den groͤſten und weiſeſten menſchlichen Staa⸗ 
ten ſchien. Sch ließ es mir ſehr angelegen 
feyn ihnen verſchiedene Bequemlichkeiten zu 
verfhaffen. Sch nahm alles aus dem Ka⸗ 
ften, was ich ihnen nur für nachtheilig und 
beſchwerlich hielt: ich befuchte fie oft, um 
ihre Handlungen und Gefhäfte zu beobach⸗ 
“ten, und ba ich mehrentheild erſt fehr fpät 
mich zu fehlafen niederlegte, ermangelte ich 
nicht, fie auch des Macht, befonders zur 


Zeit des hellen Monden ſheines zu beſuchen, 


und ſogar deswegen verſchiedenemahle des 


3 Sei 


Nachts ausdruͤcklich aufzuſtehen, bloß um ih⸗ 


ze Geſchaͤfte zu der Zeit zu belauſchen. 


Immer fand ich einige ab und — 


und in einer raſtloſen Beſchaͤftigung, ſo daß 
man glauben ſollte, dieſe Thiere ſchliefen 


niemahls. Es iſt bekannt, daß die Amei⸗ 
ſen im Herbſte den Tag uͤber ihr Korn aus 
ihren Loͤchern heraus an die Sonne tragen, 
des Nachts aber wieder in der Erde verwahrt 


halten. Wer mit Aufmerkſamkeit zu der 


Jahreszeit irgend einen Ameiſenhaufen beob⸗ 
achtet hat, wird dergleichen Eleine Kornhaͤuf⸗ 
hen fehr oft wahrgenommen haben. Das 


| erfte wunderbare, das ich bey diefem Geſchaͤf⸗ 
J— et te 





ur ) oc ae OR) A 


te meiner Ameifen bemerkte, war, daß ſie 
ihr Korn nicmahls des Tages, fondern nur 
des Nachts, und zwar nur zu. einer, Zeit, 
wenn der Mond fchien, hervorbracdhten, den 
‚ganzen Tag über daffelbe aber in den Maga⸗ 
zinen zurückbehielten. Died ſchien mir dem 
gewöhnlichen Gange dieſes Geſchaͤftes völlig 
zuwider zu ſeyn; ich fand indeß bey näherer 
Aufmerkfamkeit bald einen hinreichenden 
Grund tavon, Denn nicht weit davon lag 
ein Zaubenhaus, und hätten fie ihr Korn 
bey Tage herausgebradht, fo würden fie im⸗ 
mer in Gefahr gemefen feyn, daſſelbe fich 
von den Tauben mwegfreffen laffen zu muͤſſen, 
wie fie diefe Worficht vermuthli die Erfah⸗ 
rnug gelehrt hat, da id) befonders des Mlors 
gens febe häufigen Beſuch von Tauben und 
anderen Vögeln auf dem Kaften antraf. Sch 
befreiete fie daher von diefer Furcht und Ges 
fahr dadurh, daß ih, um die Eleinen uns 
verfhämten Räuber, bie Vögel, abzuhalten, 
einige Fäden mit Papierfhnißeln ans Fene 
fter hieng, die der Wind beftändig bewegte 
und die Tauben ſchuͤchtern machte. Ich jaga 
te ſie des Tages verſchiedentlich ſelbſt weg, 
bis ſie endlich von ſelbſt wegblleben. Was 
das Wunderbarſte war, und mir kaum glaub, 
lich ſeyn würde, wenn id nicht Augenzeuge 
eweſen wäre, war, baß die Ameifen einige Tage 
darauf, als fie Beinen raͤuberiſchen Beſuch 
X 2 von 










I 
Bel. 


von Tauben und andern Wögeln bemerften, 
anfiengen, ihr Korn bey Tage hervorzubrins 
gen, doch anfänglich, wie ih ganz ſichtlich 
bemerkte, mit einiger Furchtfamfeit und Bez 
hutfamfeit, weil fie ſich wahrfcheinlich noch 
nicht für ganz ficher hielten. Denn fie wags 
ten es nicht, den ganzen Vorrath auf eins 
mahl herauszubringen, fondern legten nur 
Feine Häufhenauf einmahl, allmaͤhlich, und 
ohne fonderliche Dronung an die Sonne, um 
fie fogleich bei einem Anfalle wieder wegſchlep⸗ 
pen zu koͤnnen; dabey fchienen fie ziemlich 
wachſam zu ſeyn. Da fie aber täglich ſiche⸗ 
zer wurden, fo trugen fie faft täglich ihren 
ganzen Vorrath von Getraide ans Licht, wo⸗ 
bey fie eine eigene Ordnung beobachteten. Ges 
gen Abend aber wurde alles wieder ordentlich 
bineingetragen. 


In jedem Ameiſenneſte gieng erſtlich ein 
ohngefaͤhr halbzoͤlliges Loch gerade herunter, 
hernach hoͤrte der Gang auf gerade zu ſeyn 
und ſtieg in Kruͤmmungen immer tiefer und 
tiefer bis zu einem Platze, der ihr Magaziu 
vorftellte, herab. Sie hatten gewiß auch 
nod) andere Kammern außer demfelben, bie 
zum Freſſen und zum Schlafe beftimmt ſchie⸗ 
nen, Man Fann hierauf ſchon allein daraus 
fchließen, daß fientemahle im Magazine frefs 
ſen Eönnen, weil fi die Stücke von den 
Huͤl⸗ 


N), KT, 


Hülfen der Getraideförner fonft unter das 
reine Korn miſchten, und fie alfo wider ihre 
natürliche Reinlichkeit verfahren würden. Denn 
fie Eönnen nicht die geringfte Unreinigteit in 
ihren Wohnungen leiven, fondern tragen als 
len Roth, Erde ü. ſ. w. Du. aus ihren 
Höhlen heraus, 


: Das Korn, das'fie unter die Erde getras 
gen, würde natürlich  auswachfen, wenn fie 
nicht befondere Anftalten dazu träfen. Sie 
beiffen daher einem jeden Körnchen, ehe fie 
es einlegen, vorher die Keimfpißen men, et⸗ 

was, das fein Auswachſen, mie jeder ers 
fahren kann, der den Verſuch felbft macht 
ober die Körner ir einem Ameifenhaufen auf⸗ 
fucht, fo gleich verhindert, Allein nun bleibt 
noch die andere Unbequemlichkeit übrig, daß 

das Korn unter der Erde aufquellen und vers 
faulen kann, und dann zur Nahrung untaugs 
lich werden würde, Um biefen vorzubeugen, 
verfahren die Ameiſen nieder mit einer auds 
nehmenden Sorgfalt und dem emfigften Fleis 
fe. Sie willen durch folgenden Runftgriff 
das Korn in ihren Löchern eben fo gut und 
fo trocken, wie wir auf unferen Kornböden 
zu erhalten. Sie fammeln eine Menge von 
ganz trocknen Erdtheilchen, die fie wieder bey 
gutem Wetter alle Tage heraustragen und 
an die Sonne legen, um fie von diefer recht: 

23 erhißen 


318 — 


erhitzen zu laſſen. Eine jede Ameiſe bringt 
ſolche Erdtheilchen hervor. Wenn ſie abge⸗ 
ſetzt ſind, kehrt ſie wieder zuruͤck und hohlt 
neue, fo dag fie in einer Wierzelftunde zu eis 
ner beträchtlichen Menge fich anhäufen. Unter 
der Erde oder in ihrem Magazine, werden 
diefe ausgedörrten Erdtheilchen zur unterften. 
Schicht gebraucht, dann legen fie ihr Korn 
barauf, und dies bedecken fie nieder mit derglei⸗ 
hen trocknen Erdkoͤrnern. Mit diefer Ars 
beit befchäftigen fie fich faft den ganzen Tag 
oder wenigftens fo lange, als die Sonne warn 
fheint, und fie fühlen, daß ihr unterfter: 
Grund nod warm genug iſt. Denn obgleich: 
bie Sonne um 3 » 4 Uhr Nachmittags ſich 
vom Fenfter entfernte, fo trugen fie doch 
nicht fogleiy ihr Korn und Erdtheilchen weg, 
fondern ließen fie beyde noch eine Zeitlang 
liegen, nachdem fie den Boden des Magazins 
und dag ganze Loch noch ganz warın befunden 
hatten, baher fie erft, als es etwas abgekühlt 
war, mieder Rinelathngeh, 


Mean Eönnte glauben, daß Sand, kleine 
abgebrochene Ziegelftücke oder andere Steine 
zu diefer Abficht bequemer feyn, und ihnen 
die große Mühe erfparen würden, fich ande, 
re Erdtheilchen herauszufuhen. Hierauf 
weis ich nichts anderes zu antworten, als daß 
fie von der Erfahrung unterrichtet ſeyn müfs 

x fen, 





. )o( wi N 319 


fen, daß diefe Erdtheildden, die fie mit gros 
Bem Fleiße ausfuchen, am geſchwindeſten und 
innigften Yon der Sonne durhhißt werden, 
Das Korn will fich auf dem Sande auch nicht 
halten, und es koͤnnte fi) an der abgebißes 
nen Spiße bes Kornes fehr leicht zarter 
Sand, Staubs oder Ziegelmehl, anfeßen, 
bavon fie es hernach nur mit Schwierigkeit 
reinigen koͤnnten. Der meifte Sand befteht 
auch aus fo Eleinen und zarten Theilchen, 
daß die Ameifen ibn ſchwerlich anffaffen und 
tragen fönnten. Sch halte dies für: die wah⸗ 
re Urfache, daf die Umeifen immer die Naͤhe 
eines Flußes oder ganz rein fandigten Grund 
Hermeiden *). Ueberdem würden die Fleinen 
Theilchen von Mauer und anderen Steinarten 
durdydie geringfte hinzutretende Feuchtigkeit 
aͤußerſt leicht zufammengebacken werden, von 
den Ameifen nicht wieder zu trennen feyn, in fo 
großen Stücken nicht wieder herausgebracht 
werben Fönnen, und am Ende alle Drdnung 
fiören und die ganze Kolonie in Verwirrung 
feßen muͤſſen. Nachdem nun die Ameifen 

Er. 0 erft 


*) Dielleicht auch weil ein fandigter Grund 
weit weniger zu einer Wohnung für fie taugt, 
als ein guter erdigter Boden, da er ihnen: 
freylich mehr Sicherheit in Abficht der Auf: 
bewahrung ihres Getraides, aber defto we: 
niger Feltigkeit ihren Neftern gewähren 
fönnte. B. 


320 * ) 0 ( * 


erſt die Erdtheilchen herausgeſchafft haben, 
fo bringen fie auch auf dieſelbe Art ihr Ges 
traide hervor und legen ed um die Erdtheilchen 
herum, fo daß man leicht die zwey abgefon« 
derten Haͤufchen um ihre Löcher herum, eins 
von Erdiheilhen, das andere von Getraides 
koͤrnern unterſcheiden kann. Zuleßt hohlen 
fie die noch übrigen trockenen Erdtheilchen, 
die dem Korne hoͤchſt wahrſcheinlich zur uns 
terften Grundlage gedient haben, hervor, 
- Niemahls unternelymen fie diefe Beſchaͤftigung, 
als bey’ fehr ſchoͤnem heiterem Wetter, und 
recht heiffem Sonnenſcheine. 


Ich beobachtete einmahl, daß ſie ihr 
Korn einmahl Vormittags um 11 Uhr her⸗ 
ausbrachten und wider alle Gewohnheit es 
noch vor ı Uhr des Nachmittages wieder hin⸗ 
eintrugen, da doch die Sonne ſehr heiß brann⸗ 
te und der Himmel klar und unbewoͤlkt war, 
fo daß ich mir auch nicht die geringſte Urſach 
diefer Handlung angeben konnte. Aber eine 
halbe Stunde darauf fand fih am Himmel 
ein Woͤlkchen cin, es fing allgemad an ſich 
zu umziehen, und e8 mährte nicht lange, fo 
fiel ein Eleiner Regen, den hoͤchſt wahrſchein⸗ 
lich die Umeifen auf irgend eine Art gemerkt 
haben und deshalb beforgt geworden ſeyn 
muften. Sch hatte bemerkt, daß die Amei⸗ 
fen ihr Korn von oben herab aus dem oben⸗ 

era 


a a 


erwähnten: Kornboden hohlten, und dies ber 


voog mich: zu einer näheren Unterſuchung der 
ganzen Gelegenheit. Es fand fih, daß 
freylich etwas alt Korn dabey, und nicht al- 


_ 


le Körnchen gleich gut und tauglid) waren, 


Aber ich bemerkte immer, daß fie jedesmahl 
daß befte auslafen, und das fchlechtefte liegen 
ließen.‘ Sch beobachtete verſchiedentlich, daß 
die Ameifen ſich aroße Mühe geben, wo mögs 

lich, ſich mit Waißenlörnern zu verſorgen, 
dieſe vor allem andern Getraide nicht nur am 


meiften liebten , fondern fich felbft darunter. 


den beften außlafen. Finden fie indeß keis 
nen, fo nehmen fie auch anderes Getraide, 
und tragen Roggen, Haber, Hirfen und 
fogar Brodkrumen ein, hoͤchſt ſelten aber 
Gerſte, ſie muͤſten ſich denn in eine große 
Noth verſetzt ſehen, und an allem andern 
Korn Mangel leiden, A 
Um noch genauer ihren Fleiß zu Ms A 

und zu erfahren, wie weit fie etwas vorher 
wiſſen könnten, fo fehüttete id) zuerftein ganz 
Eleines Häufchen , Weißen in einen Winkel 
des Zimmers, am befjen Fenfter fie ſich in 
dem Kaften befanden, dann verfchloß ich die 
Fenſter des Bodens, moher fieihr Korn ges 
hohlt hatten, nicht nur ganz fefte, fondern, 
um ihnen jeden Weg zu verſchließen, von 
dorther fich mit —— zu verſehen, verſtopf⸗ 
5 te 


= 
\ 


322 Ye ol 


te ich fehr forgfältig alle Löcher, die mir als 
Straßen, wodurch eine Ameife dringen koͤnn⸗ 
te, nur im geringften verdächtig vorkamen. 
ba die Ameifen nun nichts davon merken konn⸗ 
ten, daß ich ihnen Korn im Zimmer hinges 
legt hatte, fo fand ic) diefe armen Thiere 
einige Tage hernach in einer großen Beftür: 
zung, und da fie allenthalben jeden Zugang zum 
Boden verfchloffen fanden, wurden fie genoͤ⸗ 
thigt, einen weiten Umweg zunehmen, um ſich 
mitihren Nahrungsmitteln hinreichend zu vers 
fehen. Dies gieng mir fchon etwasnahe, inz 
deffen entſchloß ich mich doch, das Ende abs 
zuwarten, da meine Ubficht war, zu wiffen, 
ob fie wohl bey folder Noth und ſchwerer 
Arbeit endlich den in der Kammer befindlis 
den Schatz ausfindig machen würben, ober 
dienatürliche Gabe hätten, in der Ferne einige 
Witterung davon zu erhalten. Sie waren 
in der That bey der Verfperrung des Bodens 
in einer entfeßlichen Angft und Verwirrung, 
ohne doch nur im geringften müde zu werden, 
fih neue Wege zur Ergänzung ihres Vor—⸗ 
rathes von Lebensmitteln aus findig zu machen. 
Sie krochen das ganze Haus hinauf und hinz 
ab, zerfireueten fih nady allen. Seiten, um 
fi überall nah Koͤrnchen umzufehen. Sehr 
oft gieng der Auszug fehr weit und lief doch 
unglüdlih ab, da ſie auch nicht das allermin⸗ 
deſte antrafen. Zuweilen trafen fie nad 

lan⸗ 


3— 





Ep Ne 323 


x 

langen und mühfamen Wanderungen wohl 
einiges Korn an das ihnen aber gar nicht ans 
fand. Indeß, was mic am tmeiften Wunder 


nahm, mar, daß auch nicht eine allereins' 


zige Ameife nah Haus Fam ohne nicht etwas 
mitzubringen. Eine hatte ein Weitzenkoͤrn⸗ 
‚hen, die andere ein Roggenkoͤrnchen, die 
dritte ein Koͤrnchen Haber ausfindig gemacht, 
und war eine fo unglücklich gewefen ganz und 
gar nichts anzutreffen, und vor Ermuͤdung 
doch wieder nah Haufe Fam, fo brachte fie 
zum wenigſten ein Koͤrnchen von der ermähns 
ten trocknen Erde mit, um nur nicht als ein 
völliger Müßigaänger zurückzukehren, Das 
Fenſter, auf dem diefe Thiere ihre Wohnung 


hatten, gieug nad) einem Garten hinaus, und 


war zwey Stockwerke hoch. Einige zogen die 
ganze Höhe in den Garten herunter bie zu 
deſſen Ende, andere unternahmen einen Zug 
in andere benachbarte Haͤuſer, wohl fünf 
Stockwerke hoch, in der Hofnung, daſelbſt 
Kornboͤden anzutreffen; ſo daß ein Theil von 


ihnen fehr faure und befhwerliche Reifen zu 


machen hatten, beſonders diejenigen, bie in 
ber Höhe und Entfernung von ihrer Woh> 


nung ein großed und ſchoͤnes Waitzenkorn 
oder anderes Getraide endlich angetroffen und 
ſich damit beladen hatten, 


Denn 


# 


324 IE NEE 


Denn bie Arbeit, ein jo großes Watzens 
korn herzuhohlen, bald auf bald abwärts zu 
ſchleppen, ift für ein ſolches Thier nach Vers 
haͤltniß feiner muthmaßlichen Kräfte wohl 
nicht geringe, und eine ſolche Saft anfehnlich 
ſchwer. Sa) habe berechnet, daß eine Ameife, 
um ein Korn, das ich in die Mitte des Gars 
tens gelegt hatte, nach dem Neſte zu ſchleppen, 
über vier Stunden Zeit brauchte. Daher 
muß diefe Arbeit einem ſolchen Thiere übers 
aus beſchwerlich fallen, und menigftend ges 
wiß fo groß feyn, als die eines Mannes, 
ber eine fehr ſchwere Laſt faft alle Tage vier 
ober ſechs Meilen herhohlt. Diefe Inſekten 
haben freylich auf einem ebenen Boden ſoviel 
Mühe nit, aber um ſo beſchwerlicher ift 
der Stand biefer armen Thiere, wenn fie 
‚Das ausgefundene Waizenkorn fo viele Stock 
‚body an einer glatten Mauer, hinauf oder hins 
unter, befondersmenn fie den Kopf unterwärtd 
und dag Hintertheil immer aufwaͤrts halten 
muͤſſen, immer feſthalten und fortſchleppen ſol⸗ 
len. Von dieſer beſchwerlichen Lage des Thieres 
kann man ſich nur eine richtige Vorſtellung 
machen, wenn man ſie ſelbſt geſehen hat. 
Das oͤftere Stillhalten unter Weges, da ſie 
ausruhen muͤſſen, zeigt offenbahr ihre außer⸗ 
ordentliche Ermuͤdung an. Am uͤbelſten ſtel⸗ 
let ſich eine Ameiſe an, wenn Muͤdigkeit ſie 
ihre Tagereiſe zu Ende zu bringen verhindert, 
Et und 


x 
s % 


0 325 


und ich habe: immer bemerkt, daß in dem 
Falle eine andere nicht ausgemwefene oder we⸗ 
nigftens minder ermuͤdete Umeife, wenn fie 
seine; fo. ermattete fiehet, wieder vom Haufen 
herunter und zu ihrem Beiftande hinzugeeilt 
iſt, der matten Ameiſe die Laft abgenommen 
und fieihr nach Haufe fchaffen geholfen. Eis 
ige waren zumeilen fo unglüclich, ganz nahe 
bey dem Ameifenhaufen am’ Fenfter und in 
ber Mähe ihrer Heimath entweder aus Er⸗ 


mattung oder durd einen Fehltritt mit der 


Laft wieder herabzuftürzen; felten verlohren 
fie indeß hierbey ihr Korn, fondern ſchleppten 
ed nach einiger Zmwifchenzeit und Erhohlung 
immer wieder hinauf, Der allermerfwürdigs 
fie Fall, von dem ich Augenzeuge geweſen 
bin, war, daß einmahl eine der Eleinften 


Ameifen in der ganzen Kolonie ein fehr großes 


Waitzenkorn mit einer erſtaunlichen Anftrens 
gung heranfchleppte, "Ganz nahe bey: dent 
Kaften und Neſte ſtrengte fie zu guter letzt 


noch einmahl alle ihre Kräfte an um den 


mir Angft und Noth herbeygebrachten Proz 
viant noch an Ort und Gtelle zu bringen, 
allein da fie etwas eilig zu Werke zu gehen 
ſchien, fiel da8 arme Thier mit der ganzen 
Sadung wieder herab, Dies rührte mich auz 


erordentlih. Ich lief fogleich herab, um zu 


fehen, ob das Thier tobt wäre, fandes aber 
nicht nur noch lebend, fondern fein Waitzen⸗ 
fort 


326 ol 48 


korn auch noch in feinen Klauen. Es erhohls 
te fi wieder und entſchloß ſich feine Reiſe 
mit dem Korne don nenem anzutreten. Das 
Ungluͤck, herunterzufallen, begegnete aber lei⸗ 
der diefer gefihäftigen Ameiſe dreymahl hinz 
ter einander, Bald fiel fie auf: der Mitte 
des Weges, bald etwas höher, ließ aber 
boch niemahls ihr Korn fallen. : Sa fie hats 
te auch das drittemahl noch nicht: allen Muth 
ſinken laffen, fondern machte fich fertig, es 
zum viertenmahle zu verfuchen, ob fie ihre 
Beute nicht nah Haus bringen fönnte? Aber 
zufeßt fehlten ihr alle Kräfte und das abges 
matiete Thier fah ſich genöthigt jttlle zu fies 
hen, worauf endlich noch eine andere Amelfe 
kam, vie ihr das Korn abnahm, das ganz 
‚ vortreflich groß und volllommen war. 


Zumeilen faͤllt auch beiin Hinaufklettern 
ihnen ein Korn aus den Klauen, worauf fie 
fogleicy wieder umfehren um es aufzufuchen, 
‚ und ed von neuem hinaufſchleppen; Eönnen fie 

es nicht wiederfinden, fo fuchen fie ein ans 
deres auf, und fehlägt ihnen auch dieſe Hof 

nung fehl, fo nehmen fie zum mwenigften ein 
Stuͤckchen Erde mit, um nicht ganz ledig 
nad) Haug zu kommen. 


Da ih nun auf obenerwähnte Art ben 
Getraideboden verſperret hatte, waren dieſe 
hie⸗ 








on > o ( *.* 327 


Thiere nunmehr gezwungen, neue, wenn 

gleich ſehr muͤhſame Veranſtaltungen zu ih⸗ 

rem Unterhalte zu treffen. Sie zogen in der 

Abſicht täglich weit und breit umher und ſchie⸗ 

nen ed fich ungemein fauer werden zu laſſen. 

endlich entfchloß ich mich, den armen Würmz 

hen den Haufen Korn zu zeigen, den 

ih für fie im Zimmer hingelegt hatte; doch 
auf eine folde Art zuperfahren, die mir zu 

neuen Beobahtungen Veranlaſſung geben 

koͤnnte. Es fiel mir ein Mittel ein, das 

gluͤckte. Vielen wird dies unglaublich vorse 

kommen, die nicht wiffen, daß alle Thiere, 
bie. bey einander in einer gefelfchaftlichen 

Verbindung leben, weit mehr ausgebreitete 

Kenntniße, als andere haben, Sch nahm 

eine von den allergrößeften Ameiſen und warf 

fie auf meinen Waißenhaufen. Wie ed ans 

fänglich ſchien, war fie eben nicht fehr um den 

Waitzen befümmert, fondern nur froh, aus 

meinen Händen und wieder in Freyheit zu 

ſeyn. ‚Sie tief daher, ohne ein Koͤrnchen mitz 
zunehmen, davon. Nachher aber ward ich 

bald inne, daß fie den Waißenhaufen fehr 

genau bemerkt haben muͤſſe. Senn ohn? 

gefehr eine Stunde nachher waren alle Amei⸗ 
fen von diefem Vorrath unterrichtet, fo daß 

ſie in großen Haufen anzogen, und alles auf 
den Beinen erſchien, um in ber gröften Ges 
W den ganzen Haufen zu Neſte 
zu 


328 a 


zu tragen. Ich uͤberlaſſe einem jeden 
zu urtheilen, ob ihnen nicht irgend. ein 
Weg von der Natur eröfnet ſeyn muß, 
‚auf dem fie ſich etwas mittheilen koͤnnen. 
Denn wie waͤre es fonft moͤglich, daß der gan⸗ 
ze Haufe von dem Vorrathe in einer Zeit von 
einer Stunde unterrichtet, feyn Eonnte, da er 
fhon lange unbemerkt dafelbfi gelegen hatte. 
Sch kann nicht beftimmen wie lange fie an 
dem Häufchen trugen. Ich legte nachher 
toieder etwas hin, nm zu erfahren, wie weit 
ihre Begierde gehen würde? Ich zweifele 
gar nicht, daß fie fih den Vorrath u ben 
Winter fammeln, 


Wie ich oben erwähnte, fo waren eigent⸗ 
lich drei Mefter im Kaften, die gleichfam 
drei - Städte vorftellten, worinn man nach 
einerley Gefeß und einer Ordnung berfuhr. 
Indeß fand doch in: fo fern ein Unterfchied 
ſtatt, dag mir die Einwohner: eines Neſtes 
weit fleißiger al8-die anderen Nachbaren vors 
kamen; und diefe ordentlichere emſigere Kos 
Ionie war auch mit: feineren und größeren 
Koͤrnern verfehen; das Neſt hatte mehr Eins 
wohner, unb dieſe waren noch dazu weit 
größer. und flärker, Dies war gleichfam 
die Hauptſtadt, und ihre Bewohner ſchienen 
in der That zuweilen vor den anderen einiger 
> Heiner Vorzüge zu genießen. 

Uns 


\ 





a I ‚329 


| Ungeachtet der Raften, worinn bie Woh⸗ 
nung dieſer Thiere war, vor Mengen ziem⸗ 
lich geſichert lag, ſo trieb der Wind doch 
zuweilen etwas Regen darauf, und dann ges 
riethen die Thiere jedesmahl in eine unbe⸗ 
ſchreibliche Unruhe, weil ſie das Waſſer 


ſehr fuͤrchten, ſo daß, wenn fie bey einer weis 


ten Reife zur Verproviantirung von. einem 
Regen überfallen werden, ihnen ein Dachftein 
oder fonft etwas fo lange zum Obdach dies 
nen muß, bis fie merken, daß der Megen - 
vorüber iſt. Die, vornehmften Ametfen 
. bed einen Haufen fanden ein wunderbares 
Mittel zum. Schuß für den Regen aus, 
Sie hatten nehmlidy ‚ein kleines dünnes 
Stuͤck Schieferſtein herbengefhleppt, ober 
ed. mochte vom Dache gefallen feyn, und 
dies legten fie zu einer Zeit des Tages, 
wo fie Regen vorherfahen, oder wenn es 
wirklich zuregnen anfieng, und faft ale Naͤch⸗ 
te über ihre Loch oder.den vornehmften Eingang, 
in ihr Neſt. Es war Fein fonderbarerer Ans 
blick, als wenn fie des Morgens es wieder: 
wegfhafften. Sie hatten nahe bey dem Los: 
che die Erde ungleich" und höckerigt gemacht, 
h a Schieferſtuͤckchen nicht platt auf 
bie, Erbe läge, und ihnen Aus⸗ nnd Eingang 
verſperrete. Die Thierchen der anderen Haus 
fen muften dies ‚fo gut nicht einzurichten, ; 
legten uͤber ihre Löcher zwar allerhand Stuͤck⸗ 
—F 9 chen 


chen von altem Baukalk und Gips, aber es 
reichte doch nicht recht hin, den Regen abzus 
halten, und fiehatten nach jedem Regen aud) 
weit mehr Mühe als jene, den Schaden wies, 
der auszubeffern. Die Sicherung für den 
Megen macht den einziaen Grund aus, was 
zum man unter dem Dachfteine öfters Amei⸗ 
fenhaufen gefunden hat, und vielleicht auch 
der Umftand, am Zage ihr Korn und ihre 
Erdtheilchen auf den Steinen trocknen zu Eönz 
nen. Sch erwies den beiden anderen Kolo⸗ 
nien die Liebe, ihre Nefter mit Dadyfteinen 
zu bedecken. Daraus wird auch begreiflich, 
warum in einem gewiſſen Theile von Siam, 
der großen Ueberfhwernmungen unterworfen 
ift, alle dortigen Ameifen ihre Wohnungen _ 
auf den Bäumen aufſchlagen wie —— 
angiebt. 


Meine Abſicht war, „erzaͤhlt unfer Bu 
obachter ,‘“ noch eim viertes Meft zu machen, 
und id) gieng dabei auf folgende Art zu Wers 
Te. Sch fand in-einer ziemlichen Entfernung 
vom Gewaͤchskaſten in einem Winkel ein Loch 
voll Erde, worinn ſich ebenfalls eine Kolo⸗ 
nie Ameifen angebauet hatten, die zwar groͤ⸗ 
fer, als die anderen maren, auch "thäz 
tig genug ſich bezeigten, aber weder einen ſo 
treflichen Getraidevorrath zu haben voch in 
dit fo guten Verfaffung zu leben ke 

Ich 


* ) ö ( ** 331 


Ich machte zuerſt ein Loch im Kaſten, ohnge⸗ 
faͤhr fo wie ih mir ein Ameiſenneſt vorſtellte. 
Hernach nahm ich ſoviel Ameiſen, ale ih 
nur haſchen konnte that fiein ein Flaͤſchgen, 
in der Hofnung, fie nicht fobald wieder zur 
alten Wohnung zurückkehren zu fehen. Das 
Glas feßte ich in das gemachte Loch, zerſtoͤr⸗ 
te ihre alte Wohnung, und um den Reſt ger 
wiß zu toͤdten, goß ich noch fiedendes Waffer 
hinein. Als ich zu meinem Loche zurück kam, 

fah ich zu meiner Beſtuͤrzung, daß Feine eins 
zige bleiben wollte, und fie alle in Zeit bon 
zwey Stunden wieder davon gejogen Maren, 
moraus ih ſchloß, daß eine vierte Kolonie 
im Kaften zu Stande zu bringen unmöglich 
ſey. Drei Tage nachher fand id; von ohn⸗ 
gefaͤhr das alte Ameifenneft recht kunſtreich 
wieder Ausgebeffert, ich entſchloß mich zum 
äweitenmahle ihre Wohnungen zu zerftören, 
und fie durchaus in meinem Kaften zu wohn 
nen zwingen. Ich that daher Schtefpulver 
und Schwefel unter ihr Meft, ſtreuele Puls 
ber zum Lauffeuer, zündete ed an und fprengs 
te den ganzen Haufen, wie eine ine in Die 

Luft, Bey diefer unvermutheten Verwirrung, 
nahm ich alle nody am Leben gebliebene und 
fliehende Ameifen, footel ich ihrer nur fangen 
konnte, auf, um ſie noch einmahl in den ihs 
ten beftimmten Wohnort zu bringen Es 
war gerade damahls ein regnigter Tag, und 
uE D 2 auch 


332 yo 


auch die ganze Nacht hielt dies Wetter an. 
Sie blieben daher während der Zeit ganz 
ruhig und flille im Neſte. Sobald aber 
am folgenden Morgen der Wegen vors 
über war, liefen die meiften. wieder das 
von und ihrer ehemaligen Behaufung zu, fie 
nah Möglichkeit in den vorigen Stand zu 
fegen. Indeß hielt fie der Pulver- und 
Schwefelgeſtank noch zurüd, und fie kehrten 
nad dem neuen Loche um. Sobald nun die 
alten Einwohner des Gewaͤchskaſtens die neuen 
Ankoͤmmlinge wahrnahmen, fo machten fie 
mit ihnen nicht nur fogleich Bekanntſchaft, fons 
dern theilten ihnen verfchiedened aus ihren 
Wohnungen mit, Indeß nahmen fie an ber 
Einrihtung ihrer Löcher nicht den mindeften 
Antheil, und es ſcheint ein Gefeß unter ihnen 
zu feyn, daß Feine Kolonie fi mit dem Anz 
baue der andern befallen und Feine Ameife in 
ein fremdes Neſt gehen dürfe, 


Denn fobald fie die wagt, wird fie 
nicht nur ſogleich herausgejagt, fondern auch 
hart befiraft. Sch habe mehrmahls eine eigends 
in ein fremdes Reſt gefeßt, aber es dauerte 
nicht lange, fo kam fie nicht nur in. höchfter 
Eile und Angſt heraus, fondern fie ward ges 
mwöhnlih von zwey bis drey andern Ameifen 
fehr heftig verfolgt. Ich verfuchte dies noch 
sinigemahl mis. „beein Ameife, aber diefe 

wurs 


? SE )ol 333 


würden endlich über den Eingriff in ihre Rech⸗ 
te fo erblitert, "daß fie ſich über fie hermach⸗ 
ten und fie in Stücken zerriffen. Sch verfuchs 
te auch afidere-mit dem Finger von ihrem’ Mes 
ſte weg und in ein fremdes zu treiben, aber 
fie ließen ſich eher bis zur höchften Ermattung 
berumjagen, und überließen fich Lieber meiz 
ner-Diffretion, als daß fie in fremde Woh⸗ 
nungen hineingelaufen wären, daraus ich auf 
ein unverbrüchliches Gefeg oder eine Gewohn⸗ 
beit ſchließe, nicht in andere Wohnungen zu 
laufen. Sie beherbergen daher einander ; 
nicht, fiehen ſich doch aber mit allem erfinnlis 
dub 

Wenn die Ameifen von ihrer Reife mit 
Proviant wieder zurückkommen, fo pflegen 
fie ihn am Eingang des Loches niederzulegen, 
worauf bie anderen herauskommen, ihn wegs 
nehmen und an Ort und Stelle ſchaffen. 


Sie haben unter einander felbft einen 
Verkehr. Ich weis, daß fie ſich Korn leihen 
und umtaufchen, und bey genauerer Aufmerk⸗ 
ſamkeit gevächte ich wohl die Gefeße heraus⸗ 
zubringen, nach denen ſie Yeihen und wieder⸗ 
erſtatten. has 
Es wuͤrde ſehr artig feyn, nähere Auf⸗ 
klaͤrungen uͤber die Maximen ihren Regie⸗ 
D 3 sung 


334 u J)oc ** 


rung zu erhalten, Ihre einzige Beſorgniß 
find die Wögel, welche ihnen das Korn und 
die Eyer fiehlen. Wenn fie aber ihre Fein⸗ 
de bei Zeiten entdecken, fo behalten ſie ihren 
Vorath inne. Sie werden von Wuͤrmern 
zuweilen heimgeſucht, die ſie aber bald davon 
jagen oder toͤdten. Selbſt ſcheint eine Art 
von Beſtraſung der Verbrecher unter ihnen 
flatt zu finden. Sonſt leben fie ſehr ruhig 
und in großer Einigkeit mit einander, felbft 
in größerer als die Bienen, die für das All⸗ 
gemeine nicht jo fehe arbeiten, als die Ameiſen. 


Wenn man diefe Gefchichte lieſt, und 
fie noch mit einigen zufammenhält, fo findet - 
ſich, daß Folgerungen; daraus zu ziehen find, 
die mit dem gewoͤhnlich angegebenen Zuſtan⸗ 
de der Thierfaͤhigkeiten ſich nicht im mindeſten 


rxeimen laſſen. 


Zuerſt findet man hier, mie in noch 
mehreren Benfpielen der Arc, eine Fähigkeit, 
von dem geraden Wege, der. fich allenfalls 
Inſtinkt nennen laͤſt, abzuweichen, und nad 
Veſchaffenheit der, Umfände andere Mittel 
— ihnen vorliegenden Zwecke, zu waͤh⸗ 

en. IR 


Kt dir 5 


F Da dieſe Mittel, welche bie, Thiere im 
Rothfalle ergreifen, offenbahr oft nicht immer 
E 0 u 


ol? z 


“EN. wur 335 


zu. ihrem Zwecke fuͤhren, und ganz ſichtbar 
andere weit bequemere und wirkſamere uͤber⸗ 
gangen werden, ſo haben ſie die Schwaͤche 
ihrer Vernunft auch mit dem Menſchen ge⸗ 
mein. ben diefe Schwäche, eben biefe Ir⸗ 
rungen find aber auch Beweiſes genug, daß 
nichts weniger, als etwas Inſtinktartiges 
ſtatt fude. 


Dieſe Zäpigt, zu ARE TERROR "und 
zu erfahren, fezt eine Kraft zu fchließen zum 
voraus, melde doch immer vergleichen mag, 
wenn fie auch nicht richtig. vergleicht, und 
die Mittel überbenft zum Zweck zu gelangen, 
Diefe Mittel find oft hoͤchſt richtig Falkulirt, 
und ihre Anwendung ift völlig loFal, das heift, 
nur ° auf einen allereinzigen Fall cinheſchrant. 


In Sianys les Petit, einem Fle⸗ 
een auf ber Gränze von Champagne, bemerks 
te ein Bauer, daß ein Wolfum feinen Mauls 
efel herumgieng , der fich aber tapfer mit dem, 
Hinterfüßen wehrte und den Wolf wieder 
abzuziehen zwang. Cr freuete fidy über die 
Tapferkeit feines Mauleſels und hoffte nun 
wegen feiner Unerfhrocdenheit die Hätungs- 
koſten, die ein jeder bey dem Weiden der Maul⸗ 
efel in ven Gehoͤlzen aus Furcht vor den Woͤl⸗ 
fen daran wenden muß, erfparen zu Finnen. 

Nachdem Angriff und Vertheidigung eine 
| d4 gus 


\ 


I 


336 —06 


gute Viertelſtunde gedauert hatte, ſah der 
Bauer den Wolf ſehr ſchnell zu einer nahen 
Pfuͤtze laufen, und ſich darinn mehrmahls 
eintauchen. Wie er glaubte, fo geſchaͤhe dies 
darum, um ſich abzukuͤhlen, und von der 
ſtarken Ermuͤdung des Kampfes zu erhohlen; 
und da er nicht anders glaubte, als daß der 
Kampf ſich zum Vortheile ſeines herzhaften 
Mauleſels beendigen wuͤrde, ſo bereitete er 
ſich ſchon zum Gluͤckwunſch wegen ſeines Sie⸗ 
ges, als er denſelben Wolf zum Kampfplatze 
zuruͤckkehren ſah. Dieſer triefte voͤllig, gieng 
dem Kopfe des Mauleſels ſo nahe, als er 
nur konnte, ſchuͤttelte ſich heftig, und ſpruͤtz⸗ 
te ihm dadurch eine fo große Menge Waſſers 
in die Augen, daß er genöthigt war, fie zus 
aufchließen. In dem Augenblicke ſtuͤrzte er 
auf ihn ein und erwürgte ihn, Der Bauer 
war völlig außer feiner Faſſung gebracht und 
erzählte es allgemein, 


Diefe Aktion des Wolfes war mohl 
bier völlig lokal und um fo weniger Wirs 
fung des Inſtinktes, da dies gleihfem ein 
Mefervemittel zu feyn ſchien, um im Falle, 
daß der gewöhnlihe Weg des Angriffes fehl 
flüge, zum Nothbehelfe zu dienen. : Diefem 
muſte noshmwendig eine Art von Räfonnement 
vorausgehen,, und. eine Art von Nachfinnen 
in dem Augenblick, ba er bemerkte,: daß alle 
N die 


— 337 


ex | 
bie vorherangetvandten Mittel vergeblich feyn 
- würden, Zu einer foldyen Berathfchlagung 
ift aber durchaus eine Klugheit erforderlich, 
und eine Ueberſicht des ganzen Ganges, der 
erfolgenden Mittel zum Zwecke nicht zu ent⸗ 
behren. 


—— 


_(Fortfeßung folgt.) 


/ 
338 ve Mol 
IV. 
51. 3. A. Chaptals Abhandlung, daß die 
Saamenbläegen nicht zur Aufbewahrung 
des von den Teftifeln abgeſchiedenen Saa⸗ 
mens, fondern zu einem anderen Zwede 


dienen, und daß fir jenen ein anderes 
Behältniß beſtimmt fey. 


— 
— — — 





Einleitung — 


isher hatte man die Saamenblaͤſgen im⸗ 

mer für Behältnige angefehen, um den 

durch die Hoden abgefchiedenen Saamen bis 
zur Ausfonderung aufzubewahren, 


Die Aerzte aller Sahrhunderte haben 
einftimmig zu Ounften biefer Meynung ges 
urtheilt. Schon Hippokrates hatte einige 
Begriffe von ihnen und ihrem Gebraude. 


„Der Saamen“, fagt er, „befindet fich 
an jeder Seite der Harnblafe, mie in einer 
Honigzelle, und von da gehen Kanäle aug, 
die fi an jeber Seite der Harnroͤhre in bie 
Ruthe eröfnen‘“, 


Seit 


* Joc ER 339 


Sat der Zeit dieſes Vaters der Arze⸗ 
— haben ſich unſere anatomiſchen 
Kenntnige unendlich vervollkommnet, aber 
die Kenntniß von den Verrichtungen und 
dem Gebrauche der Theile ſtieg nicht zu einer 
gleichen Hoͤhe hinauf, Dies beweiſt dieſe 
Unterſuchung. 


Um bey der Beantwortung unſerer * 
ge nach Ordnung zu verfahren , will ich mei⸗ 
ne Abhandlung in drey Theile theilen. In 
dem erften will ich zu beweifen fuchen, daß 
die Saamenbläfgen dem durh die Hoden 
abgefchiebenen Saamen nicht zum Behältniße 
dienen. Der zweyte fol die Anzeige eines 
anderen Behältmißes dafür enthalten, und der 
dritte die Angabe des mahren Gebrauches 
der — 


Erfier x bei 1 
Die Saamenbläfgen find nicht zur Aufnabs 
me des in den Soden abgefchiedenen Saa⸗ 
0 men beftimmt, Bi 


Um eine Verxichtung ia der thieriſchen 
Oekonome naͤher kennen zu lernen, darf man 
ſich nicht bloß auf einige beſondere Unterſu⸗ 
chungen uͤber den Menſchen einſchraͤnken, ſon⸗ 
dern man Fabn von ber gergleidhenben Fer: 
2 glies 


3 


340 "tr Jo ** 


gliederungskunſt bie Anzeige eines näheren 
Weges zur Ereichung ſeines Zweckes er⸗ 


‚warten, 


Denn ift Buͤffons fdarffinnige Bene 
Fung gegründet, daß bie Weſen anf. diefer 
Erdkugel fih nur durch Faum merfbare Schatr 
tirungen unterfcheiden, fo müffen doch weit 
mehr noch WVerrichtungen verwandter Theile 
durch eine vollkommene, auffallende Analo⸗ 
gie einander ſich naͤhern. Oft ſieht man an 
Thieren Theile vollkommen ausgearbeitet, 
welche die Natur bey dem Menſchen nur in 
ſchwachen Zuͤgen entwarf. Daubentons 
Arbeiten haben unſere Ausſichten in die Fel⸗ 
der der Zergliederungskunſt und Phyſiologie 
erweitert, und Hr. Vicq⸗ d'Azyr berechtigt 
und zu noch weit groͤßeren Erwartungen: 


Mein erfter zu beweiſender Sag iſt als 
fo: die Saamenbläfgen find. bey keinem 
befannten Thiere dazu beftimmt, den 
Samen aufsunehmen. 


Und ich theile deshalb in Bestehung 
auf meine Frage alle Thiergefchlechter in fols 
che ein, die Saamenbläfgen haben, und in 
ſolche, bie durchaus ganz Ms dergleichen 
find *).. Bu 


*) Diefe Eintheilung ſcheint ‚mir um fo 
Grund zu baden, "DA ch behaupten b mehr 
nen 


* ) 0 ( us 3 4E 
Erſte Abehbeilung 
Thiere ohne Saamenbläfgen. 


4 


1. 
‚Der. Hund, 


te Hoben des Hundes haben nur wenige 
Befonderheiten. _ Der Kremafter wird 

durch eine Fortfeßung der Mufkelfafern des 
ſchiefen Bauchmuffels gebildet. Der Mufs 


kelfaſcikel, der von diefem Muſkel abgehet, 


behält feine musfelartige Matur bis zum 
Kopfe des Vorftehedrüfe, er verbindet ſich 
.p 


nen glaube: es giebt eben fo viele Thiere 
ohne, ald mit Saamenbläfgen. Ich gebe 
hier die Refnltate meiner eigenen Unterfus 
bungen bey folcyen Thieren an, die ich der 
Zergliederung zu unterwerfen Gelegenheit 
hatte, und fremder Beobachter Nachrichten 
von den übrigen. Diefe anatomifche Uns 
terfuchungen, die ich fo gedrängt als nur 
moͤglich aufführen werde, haben nicht bloß 
den Zweck, meine Ideen zu unterftüßen, 
fondern auch zugleidy dad MWerdienft, das 
Gebiet der vergleichenden Zergliederungs: 
Funde etwas auszudehnen Aus diefem 
letzteren Grunde füge ic) die Befchreibung 
von den Befchlechtstheilen der Thiere hinzu, 
die keine Saamenbläfgen haben, um es gang 
deutlich darzuftellen, daß die Natur einen 
ganz anderen Behälter zur Aufbewahrung 
des Saamen beftimmt habe, 


342 ol u, x 


fo feft mit diefem Theile, daß es ſchwer hält, 
fie von einander zu trennen, und artet in eis 
ne aponenrotifche Expanſion aus , melde die 
ganze Oberflaͤche des Hoden bedeckt; verbin⸗ 
det ſich aber nicht mit der darunter liegenden 
Haut, ſo daß man durch Schnitte am kon⸗ 
vexen Theile des Teſtikels dieſe Haut bis zum 
Kopf der Epididymis abloͤſen kann, wo ſte, wie 
angeführt iſt, feſt anhängt: 


Der Nutzen des Muſkelthelles zwiſchen 
dem ſchiefen Bauchmuſkel wird bald deutlichz 
in einem eben getoͤdteten Hunde macht man 
bey der Neigung des Muſkelbuͤndels den 
Hoden in den Bauch zuruͤck gehen, und ſo 
muß ſeine Zuſammenziehung bey der Begat⸗ 
tung ein ſtarkes Ausdruͤcken der in den Ho⸗ 
den enthaltenen Saamenfeuchtigkeit be 


wuͤrken. 


Die herabfuͤhrenden Canaͤle haben nichts 
eigenthuͤmliches. Sie naͤhern ſich konvergi⸗ 
rend mit dem Harnblaſenhalſe, wo ſie ſich 
zu vereinigen ſcheinen, und bey ihrer Endi⸗ 
gung trennt ſie nur ein dazwiſchen liegendes 
Zellgewebe. Gegen dieſe Stelle zu werden 
ſie verhaͤltnißmaͤßig zum Uebrigen ihres Gan⸗ 
ges beträchtlich dicker, und diefe Ausdehnung, 
bie einer Olive oder vielmehr einer Spindel 
ähnelt, deren. Enden den oberſten und unz 

ter⸗ 


DER | 343 


terften Theil der herabführenden Kanaͤle madız 
ten, hat einen dreymahl fo ſtarken Durchmefz 

fer, als das übrige des Kanals. Mad 
diefer Erhöhung erhalten die Kanäle ihren 
urfprüänglichen erften Umfang wieder, gehen 
beyde parallel neben einander, durch den Harn⸗ 
gang, wie in bie Vorftehedrüfe hinein und 
eröfnen ſich in die Geitentheile des veru- 
_ montanum ohne irgend eine Verbindung mit 
einem anderen Theile. Die Defnung diefer 
Röhre ift dem Auge nicht bemerkbar, und ich. 
habe es öfter, als tanfendmah! verfucht, mit 
einer Schweineborfte den Eingang der Ka⸗ 
näle in die Harnwege zu ſuchen, aber jedes⸗ 
mahl vergebens, 


Irgend eimas gegen das verumontas 
num zu verhinderte immer den Darchgang, 
und nahtjcheinitch war bied eine Art von 
Schließmuſkel. Sch Eonnte diefe Defnungent 
nur dadurch entdecken, daß ich die Moden 
drückte und allmählig den ganzen Gang dei 
Kanäle verfolgte; dadurd drückte ich den 
Saamen heraus, wodurd ich die Deffnund 
‚gen, aus denen er Fam, zu bemerken Ge⸗ 
legenheit fand. 


An ben Seiten bed verumontanum 

In man eine Anzahl weißer Koͤrperchen von 
Groͤße eines Radelkopfes die kleinen 
Schup⸗ 


>44 BR: DER; 


Schuppen auferorbentlich glichen. Die Hoͤh⸗ 
lung des Harnganges, der hier ungleich bes 
traͤchtlicher ald anderwaͤrts iſt, verflattet den, 
wiewohl fehr zahlreichen Körperchen doch einen 
beträchtlichen Zwiſchenraum. Das erftemahl, 

als ich diefe Körperchen fahe, konnte ich nicht 
das mindefte von ihrer Beftimmung einfehen, 
aber ich blieb nicht lange in Liefer Ungewiß⸗ 
beit, Da ich die Vorftehedrüfe zuſammendruͤck⸗ 
te, fahe ich von unten aus Sieſen kleinen 
Schuppen gegen den vorderen Theil zu einen 
weißlichten, klebrigten Saft hervordringen, 
und wiederhohlt angeftellte Verſuche uͤberzeug⸗ 
ten mich bald, daß dieſe Koͤrperchen nichts 
als die Decken oder Schuppen uͤber die aus ſon⸗ 
dernden Muͤndungen der Gefäße der Vor⸗ 
fiehedrüfe waren, Man kann diefe Schuppe 
für einen Deckel anfehen, der der Feuchtig⸗ 
_ Felt der Proftata wohl einen Ausgang erlaubt, 
aber jeder anderen fremden Feuchtigkeit das 
Einbringen ——— 


Die Poſteta ſelbſt hat Beine befondere 
Eigenheiten. Sie befteht aus zwey neben 
einander liegenden Körpern, die das Meffer 
leicht trennen kann, und ganz ohne Merbins 
dung find, weil man bey dem Drucke auf 
eine Seite auh nur Eine Feuchtigkeit aus 
der, gedruͤckten Geite, hervorfommen fi an 
Fans man fie, der Länge nach durch, # 

ie ee 


* ler Men 


ſiehet man nichts als eine verwirrte Organi⸗ 
fation, weil dad Auge nicht im Stande ift, 
den Bau zu entwickeln und feinen — 
mus zu snseinbfeln: 


— 
Die Ratze. 


Ben der Katze haben die Geſchlechts⸗ 
theile, ; die (ich auf meinen Gegenftand bezies 
hen, beynahe denfelben Bau, als beym Huna 

de. Sie hat, wie diefer, Feine Saamen⸗ 
bläfgen; die Proftata hat die nehmliche Lage, 
biefelbe Form und denfelben Bau. Der Ums 
fang ber herabführenden Candle erweitert fi) 
hinter dem’ Halfe der GRRLROIAIE ‚ und zwar .. 
ſehr mertli, 


F 


—— 
Der Suche. 


Bey einem Fuchſe, den ich zu zerglie⸗ 
dern Gelegenheit hatte, fand ich dieſelbe Bil⸗ 
dung in den Zeugungstheilen, als bey dem 
Hunde, mit dem einzigen Unterſchiede, daß 
ſie mir verhaͤltnißmaͤßig nach der Groͤße die⸗ 
ſer beyden Thiere bey ihm ungleich betraͤcht⸗ 
licher vorkamen. Ich muß noch bemerken, 
wu der Fuchs, den ich zergliederte, und 

3 ben 


\ 346 RR 


den man mir aus den Gebuͤrgen von Ges 
vandan zuſchickte, an der rechten Geite des 
Hodenſackes eine Narbe 3:4 Linien aroß 
hatte, und ber Teſtikel wie vertrocknet ſchien. 
Der herabführente Canal derſelben Seite 
ſchien mir von dem anderen nicht verſchieden 
zu ſeyn. 


RR an 
Der Wolf. 


Ich habe einen, wie man mir verſi cher⸗ 
te, nur jehenmonatlichen Wolf zeraliedert, 
den ein Bettler immer mit ſich herumführte, 
bis daß das angebohrne Gefühl der Frepheit 
und MWildheit, das fid) bey dem Thiere zu 
entwickeln anfteng, feine Gefellfchaft gefaͤhr— 
lich madte, und. feinen Führer swang, fi) 
feiner zu — 


Die Zeugungstheile — mir von 
denen des Hundes und Fuchfes fehr wenig. 
verſchieden zu ſeyn; aber fie find -von weit 
geringerem Umfange, als die eines weit 
Eleineren Hundes. Die Vorſtehedruͤſen find 
mehr getheilt und Eleiner, 


‚S* 


⸗ 


Tor ) 0 ( — 3 47 


FRE Se ER 

Der Dachs, die Sifchorter, der Stein: 
marder, der Iltis, die Wieſel, der 
»Hermelin, das Kichhörnchen. | 


Dea ich nicht im Stande war, mir dies 
fe Thiere zu verſchaffen, fo hab ich aus dem 
Hrn. D’Aubenton die vorzünlichften, ſich auf 
meine Frage beziehenden Crörterungen aus⸗ 


»Die Eichel an Ad nahen des Dachfes 
„hatte eine beynahe cylindifcye Figur; 
" „ihr Ende war platt und hatte die Form 
„eines Loͤffels; die konkave Seite war 
„unten, ber Harngang in der Mitte, 
die Ränder der Konkavitaͤt bilden eine 
„Art eines Enorplichten Wulſtes, und 
„hangen an einem Knochen feft, ber ſich 
bis zur Infention der Vorhaut ers 
„ſtreckt; der hintere Theil der Eichel 
war mit Körnerchen von der Größe - 
„eines Hirfenkornes, die dicht an ein- 
„ander liegen, mie uͤberſaͤet; zwey Baͤn⸗ 
„der waren über den unteren Theil der 
„Ruthe über einander geleimt; fie vers 
„„breiteten ſich mit dem einen Ende in die 
„Borhaut, und mit dein anderen in bie 
„Mufkeln des Hinteren. Die Zeftikeln 
32 halten 


> SU IH = a. Ab 
2, 77* ) e 2* 
348 * 0 * 


„hatten eine platte, eyfoͤrmige Figur, 
„und ihre ZufammenfeBung aus Ger 
„fäßen war deutlich genug, weil man 
„ſie in lange Faden ziehen Eonnte. Die 
„Harnblaſe war eyfoͤrmig; die hrrabfühs 
„renden Gänge endigten ſich in die Harn⸗ 
„röhre, ohne daß man nur eine Spur 
„von Saamenbläfgen und Vorſteherti⸗ 
„ſe fand. u. ſ. w. 

„Die hetabführenden Kanäle der Fiſchot⸗ 
„ter waren nur fehr Eurz und die Hoden 
„außerordentlich klein. Von einer Pros 
„ſtata und von Saamenbläfgen habe 


„ich nichts gefehen, - 


„Die Teftikeln des Steinmarder waren 
„klein und die Epidydimis bildete, Feire 
„Erhöhung an der hinteren Geite der 
„oben, Ihre innere Gubflanz war 
„gelblicht; fie hatten eine platte eyfoͤr⸗ 
„mige Geftalt. Die Form der Harn 
„blafe war länglicht, und ich fand Feine 
„Spur von Saamenbläfgen und einer 
„Proftata, Sch bemerkte bloß einige 
„Stuͤcke einer vrüfigten Subſtanz nahe 
„an ber Anfention der herabführenden 
„Randle in die Harnröhre “, 


In 


— 


ET 1 349. 


Sn Abſicht der übrigen Thiere Farm 
man ben — und —— nachſehen. 


6. 
Der Baͤt und das Coati. 


Das Eoau hatte, ſagt d Aubenton 
unter der Ruthe zwey ziemlich dicke ſehnigte 
Stricke, die ſich am Hintern endigten. Die 
Blaſe war eyfdrmig ʒ die Teſtikeln beynahe 
rund; ihre innere Subftan; hatte eine gelbs 
liche Farbe und in der Mitte eine Axe. Ich 
zog mit ber Zange lange Faͤden aus biefer 
Subſtanz. Die herabführenden Gänge was 
zen gröftentheild, fo weit fie fich erftreckten, 
fehr Hein, hingegen fehr dick in der Länge 
von anderthalb zoll nahe bey der Bla. 


Es fcheint, ale wenn diefer Theil ber 
herabführenden Gänge die Stelle der Saas 
menbläfgen verträte, 


Der Dar hat auch Keine Saamenblaͤſ⸗ 
gen, wie man aus den Memoiren der pariſer 
Afademie fürs Jahr 1729 fehen Kann. 


nu Ba a ae / 


3 EA 
i — 
He ja 
Der Löwe, der Tiger, das Pasiter; 
thier, der Leoparde. 


Diefe Thiere haben durchaus Feine Saa: ” 
menblaͤſgen, wie uns Tyſons, Perraulis 


und dAubentons Befhreibungen fagen. 


8 
Die Schnecken haben zufolge der 


Nachrichten von Liſter; die Krebſe nah 
Boeſel; die Vipern nad Tyfon; die Be⸗ 


lamander und Gaͤnſe nad Harder feine 
Saamenbiäfaen und die herabführenden Gaͤn⸗ 
ge öffnen ſich unmittelbar in die Harnröhre, 
Ich verbürge mid für die Wahrheit dieſer 
Behauptungen nicht, denn ich feibft habe fie 
vicht — koͤnnen. 


— — 


Zweyter Abſchnitt. 


Thiere mit Saamenblaͤſgen. 
Die Zeugungsthrile der Thiere mit Saa⸗ 


menbiäfgen geben uns durd ihre Manniufals 


tigkeit zu einer Claſſifikation Weranlaffung, 
die wir hier fortführen wollen. Bey einigen 


‘(und deren ift die groͤſte Zahl) haben die hers 
abs 


* ) Bl f 351 


abfuͤhrenden Kanaͤle keine Verbindung mit 
den Saamenblaͤſgen, und ſie eroͤfnen ſich in 
die Harnroͤhre neben den Muͤndungen der 
behden Kanäle der Saamenbläfzen; bey ans 
deren (und ihrer find nur zwey oder drey Gat⸗ 


_ Aungen) findet eine wirkliche Vereinigung der 


herabführenden Gänge mit den Saamenblaͤſ⸗ 
gen flati; aber fie ift fo eingerichtet, daß 


fie ganz einleuchtend zeigt, die Natur habe ſie 
gar nicht dazu beſtimmt, daß die herabfuͤhren⸗ 


den Gaͤnge das, was ſie aus den Hoden braͤch⸗ 


ac hier ie Bun 


' Zuerft „Be wir die Gattungen der 
Thiere unterfuchen, die zwar mit Saamen: 
bläfgen verfehen find, deren ausfondernde Kas 
näle aber keine Verbindung mit den herab» 
Ahhrenhen haben. | 
” I. 
Der Stier, 


Bey dem Stiere haben bie Zeugungs⸗ 
theile, die zu meiner Unterſuchung gehören, mit 
denen des Menſchen ungemein viel Aehnlichkeit 
und beynahe eine aleiche Groͤße. Nur findet in 
Anfehung der Bildung und der Lage einige 
Verſchiedenheit ſtatt. 


— 3 4 Die 


3527 END ee 


Die herabführenden Kanäle haben beys 
nahe 3 Linien im Durchmeffer 5 fie werden 


Be je mehr fie fih der Harnblafe und 


den Saamenbiäigen näheren, und ihre Wäns 


de nehmen in der Maaße an Feftigkeit zu, 


als ihr Umfang arößer wird; darauf wers 
den fie etwas Eleiner, und nehmen ihre voris 
ge Bildung mieder an, ie glitfhen auf 
diefe Art zmifchen den Wänden der Harnz 
röhre und der Vorftehedrüfe dur, gehen 
in die Heute diefed Kanales hinein, und oͤff⸗ 
nen ſich endlich in ihrem Snnrreneiner an der 
Site des anderen, ohne fi) auf irgend 
eine Art mit den Saamenbläfgen oder ihren 
Ausführungsgängen zu verbinden, 


Ben friſchaeſchlachteten Thieren (im 
Schlachthauſe, wo ich meine Verſuche anſtell⸗ 
te) fand ich die herabfuͤhrenden Kanäle ſehr 
reizbar, und wenn ic fie mir Behutſamkeit 
Yon einander ſchnitt, konnte ich deutlich zwey 


Hauptmembranen entdecken; die eine aͤußere 


war von braͤualicher Farbe und mit einem 
leicht abzuloͤſenden Zellgewebe bedeckt; die 
andere innere bildete im Inneren der Kanaͤle 
fehr merkliche Falten; vorzuͤglich an der biz 
ckeren Stelle, die ſich BIER dem —— 
Ya 


Dies 


& 


A a A ec ne. 


IM y 353 


Diefe Haͤute find durch ein ‚mittleres. 
- Bellgewebe, wie died ter Sal auch bey den 
Arterien und Eingeweiden iſt, von einander 
abgeſondert. Oeffnet man dieſe Gaͤnge der 
Laͤnge nach und druͤckt man ihre Waͤnde et⸗ 
was, ſo ſiehet man eine Feuchtigkeit heraus⸗ 
ſpritzen, die bald ſchleimartig die ganze Ober⸗ 
flaͤche derſelben uͤberziehet. 


Die Saamenblaͤſgen ſind aͤußerlich 
bucklicht, drey bis vier Zoll lang, liegen hin⸗ 
ter der Blaſe, ſind mit ihren Untertheilen von 
einander entfernt, aber nähern ſich mit der 
Spike. Die Wände diefer Bläfgen find 
fehr dick, vorzüglich aber gegen den Boden 
gu. Aus der inmeren Oberflaͤche ſchwitzt be⸗ 
fländig ein weißer Saft, der allmaͤhlig die 
ganze Höhlung einnimmt. Dieſe kegelfoͤrmi⸗ 
gen Blaͤſgen ſind gegen ihren Hals zu nur durch 
den Raum von einander getrennt, den die 
dazwiſchen durchgehenden herabführenden Ka⸗ 
näle einnehmen, Diefe Bläfgen gehen alls 
mählig zueinem Ranale über, der ſich in ven 
Harngang an den äußeren Seiten ber herabfühs 
renden Kanäle eröffnet. Sonſt findet durchs 
aus Feine Verbindung zwifhenden Saamens 
bläfgen und den herabführenden Randlen ftatt. 


Die Zeugungötbeile bes Buͤffels und 
Hirſches unterfcheiden fih von denen des Stie: 
35 Ä res 


354 a 7 a 


„res in nichts weſenilichem. Nur in Abſicht 
ihres Umfangs ſind ſie nach dem einſtim⸗ 
migen Urtheile aller Thierzergliederer‘ vers 


ſchieden. 


2. 


Das Pferd. 


Ich erhielt die Zeugungstheile von ei⸗ 
nem eben getoͤdteten Pferde, und mich uͤber⸗ 
raſchte die Dicke, melde, die herabfuͤhrenden 
Kanäle hinter der Harnblaſe haben, Sie find 
einem Eleinen Eingeweide ähnlich und im übris 
gen ihrer Länge find fie ohngefähr Fingerdick. 
Die Dicke der Wände bey diefer Ausdehnung 
ſteht mit ‚dem. vermehrten Durchmeſſer der 
Höhle in einem genauen Verhaͤltniſſe; die 
Wände find ſchwammigt, und nad Hineinbla⸗ 
fen bemerkt man eine Veränderung unter dies 
fen Bläfgen, Dies Parenchyma hat d'Au⸗ 
benton, Bourgelat, la Soffe, Viter, be- 
fchrieben, und alle fahen es mit einer Menge 
von Drüfen verfehen, die einen Saft abfons 
teren, ben fie im SSnneren der Höhlung durch 
eben fo viele Ausführungsmwege ergießen laf- 
fen. Diefer Saft dient vielleicht dazu, den Teſti⸗ 
kelſaamen, der fich hier verweilt, In behörlger 
Fluͤſſigkeit zu erhalten, und ihm vielleicht 


eine zu ſeiner Veſtimmung erforder Hin Bes 
rei⸗ 


— 355 


reitung zu aeben. Der Umfang der herabführ y 
renden Gefäße vermindert fich beträchtlich ges 
gen den Wlafenhald zu; fie Eriechen neben 
ben Saamenbläfgen durch und eröfnen ſich in 
den Harngang an der Seite der Mündungen 
biefer ihrer Tupfabtungegande; 


Die Sramenbläfgen haben hier beynahe 
dieſelbe Sage, als bey dem Menſchen, aber 
ihre Form unterfcheider fi fehr davon. Aeu⸗ 
Berlich find fie nicht bucklicht; fie haben kei⸗ 
ne Gemeinſchaft mit den — Ge⸗ 
faͤßen; ihrer Haͤute find ziemlich dick; einen 
druͤſigten Koͤrper habe ich nie daſelbſt finden 
koͤnnen, aber demohnerachtet geht ohne Zwei⸗ 
fel hier beſtaͤndig eine Abſonderung vor, da 
ſich kein anderer Gang in ihr Inneres eroͤf⸗ 
net, und man doch beſtaͤndig einen weniger 
zaͤhen Saft, als der Saame iſt, daſelbſt an⸗ 
trift, eb ex gleich feine Farbe hat. 


Sch will nichts von dem dritten, durch 
Hrn, Bourgelat und andere Zootomi⸗ 
ften befchriebenen, Bläfgen fagen, weil: «8 
meiner Abficht ganz fremd iſt, und id) 
ihrer Vefchreibung doch nichts hinzufügen 
koͤnnte. 


3 


— 356 “ur > 0 er 


3. u 
Die Ratte, die Maus, die Kleine Seld« 
maus, das indianifche Schwein, 


Ich habe mehrere Ratten von verſchie⸗ 
- „bener Größe zergliedert, um einen hinreichen⸗ 
den Begriff von ihren Theilen zu erhalten, 
und fand bey diefem Thiere beynahe alle die 
heile, die ſich bey dem Menſchen finden, 
Das Dickerwerden ver herabführenden Kanäle 
. hinter den Saamenbläfzen ift ganz deutlich zu 
bemer fen: Diefe Bläfgen Hegen am Blaſenhalſe. 
Ihr Umfang ftehet mit dem anderen Theile in 
Eeinem Berhältniffe z denn fie find ausgezeichnet 
bie, ſchwimmen in dem Eleinen Behaͤltniße mit! 
ihrer Baſis, und bilden eine Art Unhängfel, der 
ſich durch eine feftere, dichtere Struktur vom 
übrigen Körper der Blaͤſagen unterfcheidet. 
Die äußere Oberflähe ftelet regelmäßige Ers 
hebungen dar, die ſich Yon einer Seite bis 
zur anderen ziehen. Dieſe gruppirten Erz 
hebungen haben betraͤchtliche Zwifchenräume, 
und zahllofe Wände, die das Innere der Blaͤſ⸗ 
gen ineben ſoviel verfchtedene Theile theilen. 
Der Körper eines jeden wird immer Fleiner 
und Fleiner, biserzu einem Ranale wird, dee 
in die Harnroͤhre am ber Aufferen Seite ter ı 
Mündung des herabführenden Kanales eins 
tritt, ohne daß diefer an irgend einer Stelle 
mit dem Bläfgen oder mit feinem Ranaleeine 
Verbindung hätte, Um 


a FO 357 


Um alle Wiederhohlungen zu ——— 
verweiſe ich meine Leſer in Abſicht der uͤbrigen 
Thiere auf die Zootomiſten, von va fie uns 
a find. 


aller will bemerft haben, daß auch 
der Marmotte die Saamenblaͤſgen ganz 
außer Verbindung mit ben ‚herabführenden 
Kanaͤlen Ränden. \ 


4. 
Der Aguti, der Diber. 


.  b’QAubenton druͤckt ſich bey ber Bes 
ſchreibung dieſes Thieres folgendergeftalt aus: 


„Die Vorſtehedruͤſe beſtehet zum Theil 
„aus Gefaͤßen, zum Theil aus kleine⸗ 
„ren Druͤſen. Man bemerkte ihre kleinen 
„Gefaͤße, die mehrere Knaͤuel machen, 

„ehr deutlich; ſie gaben einen Saft von 
„ſich und ſtanden mit der Harnroͤhre in 
Verbindung. Die Saamenblaͤſgen waren 
„von einer anſehnlichen Laͤnge und aus 
„liniendicken Gefaͤßen zuſammengeſetzt. 
„Diefe lagen in große Schlingungen 
„zufammengefnäyelt und endigten fi in 

" „einen langen Stiel,ber mit der Harnroͤh⸗ 
„renahe bey den Muͤndungen der herab: 
„führenden — aus der Proſtata 
Ri) 


m ot 


„in Verbindung ſtand. Dieſe Blaͤſgen 
„waren mit einer weißlichten Materie ger 
„fuͤll — 


Die herabführenden Kanäle BR: alfo. 
bey dem Aguti in feiner Verbindung mit den 
Saamenbläfgen. — Die Gefhichte des Bi— 
ber Fann man in den Abhandlungen ber PaENFE 
Akademie f.S. 1724. nachjehen. 


5 
Der Haaſe, 

Woapfer behauptetin den Ephem, nat. cu- 
riofor., Daß bey dem Haafen Saamenbläfpen 
und herabführendeKanäle in ven Harngang ſich 
durch deutlich abgefonderte Gänge eröfneten, 


6. 
Das Schaaf.. 


Auch von diefem Thiere behauptet Wep⸗ 
fer daffelde, und ich habe felbft Gelegenheit 
gehabt, mich von der Richtigkeit feiner Ber 
hauptung zu überzeugen. 


re 
Swammerdamm fagt und ebenbafs 


felbe von der Diene- und den Schmerters 
ling 


ling (Bibl, nat lib. 21. 11.). Es wird zum 
weniaſten ſehr ſchwer halten, * das Bram 
theil zu bemweifen, 
BR. —— 
Alſo dienen, dieſen Beobachtungen zu⸗ 
folge, bey dem groͤſten Theile der Thiere mit 
Saamenblaͤſgen dieſe nicht zum Behaͤltniß 
des in den Hoden abgeſchiedenen Saamen, weil 
zwiſchen ihnen and den herabfuͤhrenden Röhren 
durchaus Feine Verbindung flatt findet. Urd 
body ift der allgemeine Bau der Saamenblaſ⸗ 
‚gen; ihre Geſtalt, ihre tage, im wefentlihen 
bey diefen Thieren wie bey dem Menfchen, 
und daher bin ich nach Analogie aud auf eine 
ähnliche WVerrichtung Deren ‚0 Biel 
zu ſchließen berechtigt. 


Nodh bleibt mir zu beweiſen übrig, daß beh 
ber kleinen Anzahl von Thieren, wo die äußere 
ſten Enden der herabfuͤhrenden Kanaͤle ſich mit 

den ausfuͤhrenden der Saamenbläfgen vereinis 

gen, dieſe Berbindung von einer ſolchen Art iſt, 
daß fie ſich dem beftändigen Zufluffe des Saas 
‚mens. vom inneren Theile der herabführenven 
Kanäle i in bie Soamenblafen widerſetzt. 


Hr. von Haller giebt nur folgende 
Zhiere als ſolche an, wo die Saamenbläfgen 


ſich 


\ 360 —6 ** 


ſich mit den herabfuͤhrenden Gaͤngen verei⸗ 
\nigen: Soli autem homini, pigmaeo, fi- 
miae , erinaceo, apro, veficulae feminales 
et ductus deferentes communi oftio appe- 
riuntur. Lib, XXVIL part. generat. male. 
1.7. ; 


Bey dem Menſchen ift diefe Vereinis 
gung merklicher, als bey dem Ueberreſte der 
Thiere, und ich will daher ganz genau die Art 
ihrer Verbindung bey ihm außeinander zu feßen 


fügen. 


Die herabführenden. Kanäle, wenn ſie bis 
an die Baſis der Saamenbläfgen gekommen 
find, gehen gegen den inneren Rand diefer 
Drgane herab, näheren ſich ihrem Halſe; alle 
maͤhlich werden die Bläfgen und Kanäle dicker, 
und am Ende vereinigen ſich die herabfühz 
zenden Gänge niit dem Ausführungstanale 
der Saamenbläfgen. Diesift Braafs, More 
gagnis und Hallers Meynung, die darinn ganz , 
übereinftimmen, daß diefe Gänge ſich nicht in die 
Saamenbläfgen öffnen, aber def ihre Röhs 
zen fich vereinigen. Mich duͤnkt, diefe Vers 
einigung der Ausführungskandle fagt deuts 
lih genug, wie wenig die Natur fie Dazu bes 

ſtimmt hat, daß durch fie der Saamen der 
abführenden Kanäle in das Blaͤſgen flöffe, 
fondern daß fie vielmehr dazu da zu feyn 
ſchei⸗ 


| >. ol 78 361. 


feinen, die Feuchtigkeiten der Blaͤſgen und 
Kanäle vor der Ausſonderung mit einander 
zu — 


Wenn der von den Hoden abgeſonderte 
Saamen beſtimmt waͤre, vermittelſt der her⸗ 
abfuͤhrenden Kanaͤle in das Innere der Blaͤſ⸗ 
gen abgeſetzt zu werden, ſo wuͤrde dieſe Ver⸗ 
bindung beharrlich feyn. Dies iſt freaber nicht, 
wie folgende Beobachtung, welche mir zu dies 
fer Unterfuchung die erfte Veranlaffung gab, 
naͤher erweiſt. 


Im Januar 1778 zergliederte ich im 
Hoſpital St. Eloi in Montpellier. Der Zus 
fall führte mir zur Zergliederung bed Untere 
leibes einen Menſchen zu, der ander Schwindz 
ſucht geftorben mar. Zwey Tage nachdem 
ich ihn zu zergliederen angefangen hatte, fo 
wandte ich meinen Blick auf bie Zeugungs⸗ 
theile; bie Saamenbläfgen von einer gang 
gewöhnlichen Größe ſchienen augen nicht ku⸗ 
gelicht, und ihr Inneres ſtellte eine Haupt⸗ 
höhle var, die ber Höhle einer zerſchnittenen 
Haſelnuß glich. Alle dieſe Theile waren mit 
einem ſchwaͤrzlichten, klebrigten, durch die 
Länge der Krankheit verden Schleime 
— 


Ya De 


362 RE Yale 


Die herabführenden Kanäle waren ganz 
genan in ihrer natürlichen Lager Sch trennte 
fie von. den Saamenbläfgen und verfolgte fie 
feloft bis zu den Wänden des Harnganges, 
aber ohne irgend eine Wereiniqung mit den 
Blaͤſgen zu finden. Sch öfnete endlich die 
Harnröhre felbft, und drücte die Kanäle 
von ihrer Erhebung bis zum Harngange and. 
Der darinn befindliche Saamen verfolgte den 
leßteren Kanal, ohne daß ich ihn in die Roͤh⸗ 
re der Saamenbläfgen zurücfliegen fahe. 

Sch drückte darauf den Ausführungsgang des 
Bläfgens aus und fand den Saft eben fo in 
die Harnröhre gehen, ohne erfi fich in die herab, 
führenden Gefäße zu ergießen. 


Seit der Zeit bat ich den Hrn, Sraiffi- 
guhes, erften Wundarzt des Hoſpitales, mir 
von allen Leuten, die darinn ſterben wuͤrden, 
die Zeugungstheile zu verſchaffen. Er that 
es, ich theilte ihm mein Bien mit, und 
lieg ihn an. meinen Verfuchen Theil nehmen, 
Wir fanden bald einen anderen Mann, bey 
dem bie herabführenden Kanäle fich nit mit 
denen der .Bläfnen vereinigten, als in ber 
Dide der Harnröhrenwänbe, 


Folgende Bemerkung des Cabroiſcheint | 
ohne allen Wiederſpruch zufeyn. Ererzählt, 
daß im Sahre 1564, ald kenne: LE 

in 


t 


— * ) & ( Er Ü 363 h 


in \ Montpellier befand, ein. Soldat von dies 
fem Herrn (der durch das Gefihrey der Muts 
terher beygezogen ward)im Begriff ein Maͤdchen 
nothzuzüctigen gefunden, und augenblicklich 
auf feinen Befehl am Fenfter des Hauſes 
aufgehangen- wurde. Der Körper Fam auf 
das anatomifche Theater, fie zergliederten ihn, 
und man fand in Gegenwart der Hrn, Sa; 
porta, Fegun, Jobert, des Präfidenten von 

Aſſas und mehrerer der gelehrteften Leute, 
unter vielen fehr merkwürdigen Dingen dag, 
daß weder innerlich noch Außerlih ein Teſti⸗ 
kel zu fehen war. Die Saamenbläfgen fans 
den fie fo voll, ald bey dem Menſchen, den 
— nachher gerglieberte, 


Wenn mir zu diefen Bemerkungen noch 
bie folgenden birzufeßen, fo wird der Beweis _ 
vollſtaͤndig ſeyn. 


Hr. Taudou, ein ſehr geſchickter Zer⸗ 
gliederer in Monſpelller und ein ganz vollkom⸗ 
mener $ehrer diefer Wiffenfchaft, hat auch bey 
Zergliederungen zwey Menfchen Angetroffen, 
die feine Saamenbläfgen hatten. 


Allſſo iſt dies Vehaͤltniß nicht unumgaͤng ⸗ 
lichfuͤr den Teſtikelſaamen nothwendig. 


rt rt Ua 2 | | Es 


. 364 ** )ot u 


Es giebt alfo Fälle, wo Feine Verbindung. 


zwiſchen ben herabführenden Kanälen und den 
Saamenbläfgeh ftatt gefunden hat, folalich 
auch Fälle, wo diefe Bläfgen nicht zum Auf: 
bewahren des Teſtikelſaamens dienen, 


Die Analogie anderer Thiere, wo bie 
Bläfgen nicht zu einem ſolchen Behaͤltniße 


dienen, zu dieſen Bemerkungen: hinzugefügt, 


wird eine phufifche Wahrheit zu bilden im 
Stande feyn. 


Die Unterfuchungen, melde ich über die 
Natur des in den Blaͤſgen ımd Kanälen ents 
haltenen Saftes angeftellt habe, haben mid) 
völlig überzeugt, daß er in beyden ganz vers 
ſchieden iſt. Die eine Feuchtigkeit ift dick, 
klebrigt, fadigt, und dies ift die in/den Ka⸗ 
naͤlen; die andere ift weniger zähe: Daher 
hat Hr. d'Aubenton oͤfters den Teſtikelſaa⸗ 
men in den herabführenden Gefäßen zufammens 
gebacken gefunden, aber nie den in den Blaͤſgen. 


. Riolanen bewog biefer Unterfchieb, die 
behden Säfte für voͤllig verſchieden und von 
einander ganz fremder Natur zu halten. Er 
fahe den in den Saamenbläfgen als für die 
Zeugung ganz unnüß an und nannte ihn ex- 
crementitium, ben in ben Xeftifeln aber 
puriſſimum. 


War⸗ 


2,8 Tal er ur 


Warton beſtaͤtigte durdy neue Beobach⸗ 
tungen Riolans Meynung. Alle Phyſiologen 
beynahe kannten dieſe verfchiedenen Gattuns 
gen der Saͤfte; aber ſie kannten die Urſachen 
ihrer Verſchiedenheit nicht. Bey einem zu 
tode gefallenen Menſchen, den ich 22 Stun⸗ 
den nachher zergliederte, ſah ich ſehr deutlich 
die Verſchiedenheit dieſer Saͤſte. Einer 
ſchien das Vehikulum des anderen zu ſeyn. 


Der gröfte Theil ser Affen bat in Ruͤck⸗ 
fiht der Zeugungstheile denfelben Bau, 
mie der Menfh. Der Joko, der ſich diefem 
am meiften nähert, hat nach Hr. d'Aubenton 
ganz Menfchenähnliche Zengungstheile. Ders 
felbe Fall findet bey dem Pigmäen ftatı *), 
der die Schattirung zwifchen dem Menſchen 
und Uffen macht, und wir wollen daher und 
in nichts einzelnes einlaffen. ’ 


Man könnte mir einwenden, baf, wie 
die in ber Leber abgefchiedene Galle in den 
Aa Stamm 


*, Was Hr. Chaptal; unter Pygmaͤen vers 
ftehet, ift nicht wohl einzufegen, da er unter 
den Uffenarten den Joko dem Menfchen 
am nächften ſetzt. Hoͤchſt wahrfcheinlich 3a 
er Commerfond Quimos in Madagaflar 
bierbey im Sinne und man weis igt num, 
daß ihre Eriftenz ſchon faſt widerlegt ift, 
ba Commerſon wahrſcheinlich durch einige 
krankhafte Subjekte ſich hat — laſſen. 


4 £ br * 


J 


Stamm derGallengaͤnge gebracht wird und von 
da in die Blaſe zuruͤckflieſt, um da zu verwei⸗ 
len, der in den Teſtikeln abgeſchiedene Saa⸗ 
me von den herabfuͤhrenden Kanaͤlen aufge⸗ 
nommen wuͤrde und an ihrem Ende in die 
Saamenblaͤſgen zuruͤckfloͤſſe. Aber ungeach⸗ 
tet aͤhnlicher Gruͤnde, die wir zu unſerem 
Vortheile aus der Inſertion der Ureteren in den 
Körper der Blaſe und nicht in bie Harnroͤh⸗ 
re,hernehmen Eönnten, werben wir auch bez 
merken, daß, ba die Leber von großer Maſ⸗ 
fe und durch tiefe Einſchnitte in mehrere Laps 
pen getheilt iſt, es fehr ſchwierig feyn würde, 
daß die Galle des ganzen Organs in die Blaſe 
flöffe, wenn die Natur nicht dieſen Mechaniſmus 
angewandt hätte, Uber wenn bey beynahe _ 
allen Thieren, die eine Gallenblaſe haben, ſich 

keine Gemeinfchaft zwifchen Leber und Gallens 

blafe findet, fondern jedes mit feinem eigenen 

Kanale verfehen ift, der ſich in den Zwölffinz 

gerdarm öffnet; wenn bey der Gattung von 
Thieren, wo diefe Berbindung allgemein zu 

feyn ſcheint, ſich doch einige Subjelte ohne 

dieſelbe finden, wenn man ungeachtet’ biefes 

Mangeld der Verbindung bo immer 

Balle in der Blaſe findet, ſo duͤnkt mid, kann 

man ganz dreiſt behaupten, daß die Gallen⸗ 

blaſe nicht das Behaͤltniß der Galle fey, 


Fand 


2 2 Zweys 


KR 5X 1 Wis, | 367 
Swepte Abcheilung 


Beftimmung eines neucn Behälters für den 
Saamen der Hoden. 


Dr Gedanke, die beträchtliche Menge 
des Saamens zur Befruchtung für fehr 
nothmwendig zu halten, machte die Meynung 
wahrſcheinlich, welche diefem Safte die Saas 
menblaͤſgen zum Auffenthalte anweiſt, wo er 
neu ausgearbeitet wird. Aber ohne der Vers 
fuhe an mehreren Thieren zu erwähnen, 
daß eine fehr mittelmäßige Menge von Saas 
men ſchon hinreiche ein weiblihes Ihier zu 
befruchten, fo bemerkt man auch, daß diefe 
ausfchmeifende Menge ſelbſt in einem der 
angenommenen Syſteme nothwendig ift. Wenn 
er nichts, als eine aura feminalis ift, die _ 
alle Elementartheile dee Mutter befruchtet, 
um fie zu beleben und eine" Folge von Bewe⸗ 
gungen in diefem Organe hervorzubringen, 
die zur Entwickelung des Embryons noths 
wendig ift, fo wird dieſe Verſchwendung des 
Saamens unnüß. Wenn es Saamenthiers 
dien oder Keime find, wovon nur ein ‚einziger 
ſich entwickelt und durch den Zufluß einer gez 
ringen Menge von einer wirklichen Saamens 
oder nur einer ſchluͤpfrigmachenden Feuchtig⸗ 
keit waͤchſt, fo glaub ich, daß mir ung durch 
die —— dieſer Be ben Abfichten der 
a4 ar 


‚ 368 N 


Molur mehr nähern, weil wir fie in Abſicht 
der erſten Grundfeime des Menſchen weniger 
verſchwenderiſch machen , die fie fonft in gro⸗ 
Ber Mengezueiner Vernichtung, vor Beftims 
mung ihrer Exiſtenz verurtheilen würde, 


Der gröfte Theil der Zerglicherer, bes 
nen Tihrergefchichte ein ziemlich unbekanntes 
Feld war, behaupteten, daf der Hund das 
einzige Thier fey, dem bie Saamenbläfgen 
fehlten ; und zum Grunde defjelben gaben fie 
die lange Zeit feiner Begattung an: aber 


7) Äft diefe Zeit nicht hinreichend Yang, 
den Saamen erft bereiten zu laffen, 


2) kaben mehrere andere Thiere Keine 
Saamenbläfgen, und die Dauer ihres 
Beyſchlafes ift fehr kurz, und 


3) left man in Morgagni’8 Adverfar, 
anatom. eine Beobachtung des Th. 
Cornelius, der einem Hunde die Saa⸗ 
bläfgen genommen hatte, welcher deffen 
ungeachtet nad) ber Dyeration fein Weibe 
hen befruchtete, 


Mir fehlen diefe Bernerfung von Wie 
tigkeit zu feyn, und ich verfüchte fie zu In — 1 
* boh⸗ 


J * ) o( vn za 369 


+. hohlen. Sm Februar 1777 band ich die 
‚Hoden eined Jagdhundes fehr frark mit einem 
feinen Faden, dergeftalt, daß die Teſtikeln 
unter der Ligatur fich befanden. Diefen Hund 
ſchloß ich mit einer hißigen Hündin von der⸗ 
felben Gattung ein, und die er vorher fehr 
‚geliebt hatte. Den erſten Tag über nach 
der Ligatur leckte der Hund befländig an den 
Zeftifeln und winfelte von Zeit zu Zeit. Er 
-foff fehr vie. Am folgenden Morgen fand 
ich ihn feiner Hündin zur Seite liegen und fehr 
sraurig. Bey der Unterfuchung der Ligatur 
fand ich fie nody fefler, die Teftifeln wa— 
ren etwas fhwärzer, ald gewöhnlich, aber 
nicht fo weit, als fie geweſen feyn würden, 
wenn die Ligatur nur den Ruͤckfluß des venoͤ⸗ 
fen Blutes gehindert hätte. Cr blieb, unges 
achtet der Liebfofungen des Weibgens, beynahe 
den ganzen Tag liegen, Den Tag darauf fand 
er auf, fobald er mich kommen fah, und 
ſchien weit munterer,. Sch Fam um ıı Uhr 
in den Garten, fand ihn mit feinem Weib⸗ 
hen in einem fehr guten Einverftänpniffe und 
fah eine halbe Stunde nachher feiner Begat⸗ 
sang zu. Vor ber Begattung felbft winfelte 
das Thier etwas; ein Zeichen feiner Schmer; 
zen, aber ber Inſtinkt war ftärker, als diefe. 
Sch trennte darauf diefe beyden; das Weib; 
hen gab bald darauf fidhtbare _Zeichen 
ihrer Schwangerſchaft, und warf nach der 
az ber 


— 


N ER 


keftimmten Zeit vier Junge, wovon einer . 


dem Vater volllommen glich. 


Einer meiner Freunde, ber mir * 
Huͤndin und ſeinen Garten zu dieſen Berfus 
een hergegeben hatte, erzählte mir, daß 
ein Fahr vorher fein Koch eine Fleine Huͤn⸗ 
din fehr forgfältig aufbewahrt habe. Zu 
der Zeit, als fie hitzig wurde, ſo kam 
einmahl ein Dachs hund in die Kuͤche gelaufen 
und befprang jie vor feinen Augen, Im 
Augenbli der Begattung nahm der Koch 
den Dachs bey den Ohren, umfiezu tremten, 
nd da dies nicht gelingen wollte, nahm er 
einen Stock, und jagte die Thlere fo nach eis 


nigen Schlägen aus einander. Das Weibgen 


fand ſich nachher vollkommen befruchtet. 


Sch nahm einem Wudelhunde die Teſti⸗ 
keln; aber die Narbe war fo lang, und bes 
Yäftigte das Thier fo fehr, daß er fich — 
aus nicht begatten wollte. 


Ich zweifele nicht, daß ein — eine 
geraume Zeit nach der Wegnahme ſeiner Te⸗ 
ſtikeln, zur Befruchtung unfaͤhig wird; aber 
gleich nach der Operation reicht der in den 


herabfuͤhrenden Kanaͤlen enthaltene Saamen 


noch zu wenigſtens einer Befruchtung hin. | 
Slers 


j 


.*)of 378 


00 Hieraus siehe ih * doppelte Folge⸗ 
rung: 1) daß die ganze Laͤnge der herabfuͤh⸗ 
renden Kanaͤle eine zur Befruchtung eines 
Weibchens hinreichende Menge von Saamen 
enthalte. 2) daß man die Abſicht der Na⸗ 
tur bey der Vereinigung des Hundes mit ſeinem 
Weibchen noch nicht kenne. Ich ſehe die lan⸗ 
ge Vereinigung als eine unvermeidliche Folge 
der Stellung des Hundes an, wenn er ſein Weib⸗ 
chen von hinten befpringt, Sie muͤſſen zuſam⸗ 
menbleiben, big die Erektion aufhört, dann ers 
laubt die Erſchlaffung der Ruthe eineZrennung. 


Faſt bey allen anderen Thieren, de⸗ 
nen die Saamenbläfgen fehlen, iſt die Bes 
gattung fehr kurz; ein fiherer Weweis, daß 
der Umfang der herabführenden Randle eine 
zur Befruchtung hinreichende Menge * 
Saamen enthalte, | 


"Aber «8. giebt lin wahres Schältnig 
* —* dieſer Kanaͤle. 


Bey der Veſchreibuog ‚ die ih von den 
herabführenden Kanälen bey den verfchiedenen 
Xhiergattungen gegeben habe, habe ich zu= 
gleich einer fehr fichtbaren Ausdehnung erz 
waͤhnt, die man bey Thieren ohne alle Aus⸗ 
‚nahme hinter dem Halfe der Harnblafe bes 
merkt. Diefe Ausdehnung wird gegen den 
J Theil 


BSG). —26 C .. 


} 


Theil des Kanales zu fichtbar, der der Baſis 
der Saamenbläfgen entfpricht, und bis zu 
ihrem Halſe fortgehet, wo die Randle ihren 
urfprünglicen Umfang wieder annehmen. 


Diefe Ausdehnung hat alle die zu einem 
Saamenbehäftniffe erforderlichen Eigenfchafs 
ten. Ich will fie hier etwas weiter aus einz 
ander ſetzen. 


ı) Findet fie fich durchaus bey allen 
befannten Thieren. 


2) Man Fann nicht die Abrede feyn, 
Daß diefe Ausdehnung denen Thieren zum 
Saamenbehaͤltniße diene, die Feine Saamens 
bläfgen haben, wie denen, die mit dergleichen 
verfehen find. - E8 findet feine Verbindung 
zwifchen den Kanälen und den Saamenbläfs 
gen flattz dies iſt eine Folgerung,,. bie ſich 
aus jenen Grundfäßen fehr leicht ergiebt; 
aber es fcheint, daß diefe Ausdehnung auch 
ebenfall& der dritten Klaffe von Thieren zum 
Saamenbehältniß diene, das heift, denen 
Gattungen, wo die ausführenden Röhren der 
Saamenbläfgen und die herabführenden Gänge 
ſich vereinigen. Da diefe Ausdehnung fi 
durchaus bey allen Thieren findet, da fieallents 
halben die nehmliche Einrichtung bat, diefels 
be tage, diefelbe verhältnißmäßige Größe, 
da zwifchen den Kandlen und Saamenbläfgen 

zu 


RU © * 


zuweilen gar Feine Verbindung ſtatt findet und 

die Saamenbläfgen einigen Thierarten gänzlich 

fehlen, fo kann wohl niemand mehr daran zmeis 

feln, daß diefe Ausdehnungen bey diefen fo gut, 

als bey den anderen, zu Saamenbehälthigen 
dienen, 


2) Der Raum diefer Beutel reicht zu 
einem Saamenbehältniße hin. 


Diefer Raum reicht bey den Thieren 
hin, die feine Saamenblafen haben. Ermuß 
daher auch bey dem Menſchen hinreichend 

ſeyn, meil, wie Haller bemerfr har, der 
Menſch unter vie Thiergattung gehört, qui- 
bus verum femen parcius eſt. Uebrigens 
leuchtet e8 ein, daß bey ben Leuten, die 
Hr. Taudon zergliederte und bie feine 
Saamenbiäfgen hatten, die herabführenden 
Gänge zur Aufbewahrung des Saamens . 
hinreichen muſten. 


3) Sein Bau feßt ihn in den Stand, 
zu einen Behältniße zu dienen, 


Meine Zergliederungen ‚höben mich ba 
Iehrt, daß die Wände diefer Gänge | fid) an 
dieſem Orte beträchtlich verdichten, Sch haz 
be bemerkt, daß bey flarken Thieren, 5. €. 
bey dem Stiete, dem Pferde, u. ſ. w. daß 
Gewebe diefer Wände muſkelartig if. Mars 

kann 


374 OR 


kann mit mit geringer Mühe zwey Flbernla 
gen unterſcheiden, eine longitudinale-und eine 
zirkelrunde. Schon bie Entveckung dieſer 
Mußſkelfaſern bey großen Thieren wuͤrde 
hinreichen, uns zur Annahme derſelben bey 
kleineren zu bewegen, aber Leeuwenhoͤk hat 
uͤberdem noch das Daſeyn von Fleiſchfaſern 
derſelben im Menſchen erwieſen und die her⸗ 
abfuͤhrenden Gaͤnge ſehr reizbar gefunden. 


Dieſe Einrichtung ſezt ſie in den Stand, 
den darin enthaltenen Saft auszuſpritzen im 
Augenblicke, daß ein hinreichender Reiz ſich 
bis zu ihnen fortpflanzt, und die Faſern ſich 
zuſammenziehen macht. 





Dritter Abſchnitt. 
Yıuzın der Sasmenbläfgen. 


Her teift beftändig in den Saamenbläfgen 
$ eine gemiffe Flüffigkeit an. Sie wird 
dahin nicht aus den herabführenden Gängen 
abgeſetzt. Woher kommt ſie nun? | 


Heiſter, Winslow, Dionis, Grabel, 
Nogueʒ u. a. nahmen in den Wänden der 
Saamenbläfgen Drüfen an, und dieſen 


— der Zergliederer zenes ließe ſich 
der 


& 
a 


Ol 375 


der Urſprung der in diefen Bläfgen enthaltes 
nen Feuchtigkeit ungemein leicht enträthfeln. 
Da indeß unfere Bemerkungen das Dafeyn 
dieſer Drüfen noch nicht erwiefen haben, fo 
wuͤrde es unvorſichtig feyn, auf einer ſolchen 
Grundlage eine Theorie bauen zu wollen, und 
ich waͤre um ſo ſtrafbarer, da dieſe Frage 
von der Exiſtenz oder dem Nichtdaſeyn dieſer 
Drüfen völlig unabhängig iſt. In der That 
kommen auch alle Thiergootomiften darin übers , 
ein, daß fi ch im natürlichen Zuftande Fein 

drufi igter Koͤrper in den Haͤuten der Saamen⸗ 
bläfgen des Stieres, Pferdes u. f w. finde, und 
deffen ungeachtet ſchwitzt unaufhörlich ein Saft 
heraus, der die Höhlung allgemach anfuͤllt. 
Die Wahrheit einer Sekretion feheint mir | 
vom Daſeyn der Drüfen völlig unabhängig. 


Ausßerdem hat man $eute gefehen, bey 
denen bie herabführenden Gänge ganz offenz 
bar keinen Saft in die Saamenbläfgen aba 
feßten, wie dies bey dem fanoyifhen Gols 
daten der Fall war, und doch waren bie Saa⸗ 
menbläfgen gefüllt. Man hat audy andere 
gefehen, die gar Feine Zeftikel hatten, und 
bey denen body die Bläfgen eine Menge Saft 
‚enthielten, mie dies aus der obenerwähnten 
Beobachtung des Cabrol und einer- endeten 
bes Pujati erheller. 


1 


Ant, 


X 


876 Der ) o K 4 ** 


Ant. Pujati führt In feiner differt. ih 
Methodo philofophandi in praxi medica 
das Veyfpiel eines jungen Mannes an, dent 
im ı6ten Jahre die Zeugungstheile verlegt 
wurden. Man ſchnitt ihn genau die beyden 
Teftifel weg, und beffen ungeachtet hatte er 
nachher fehr häufige Erektionen, kopioſen Saas 
imenverluft, und wie unfer Schrififteller fagt; 
. rem faepe exercuit, 


Bartholin hat bemerkt, daß bie Ver⸗ 
ſchnittenen, denen die Teſtikeln genommen find, 
häufige und ſtarke Pollutionen hä 


Die Saatenbläfgen — aber doch 
einen Saft ab; aber dieſer Saft iſt nicht be⸗ 
fruchtend, denn bie Berfchnittenen zeugen 
nicht. Mir fcheint er ein Vehikel des dickes 
ten, mehr Elebrigren Teſtikelſaamens zu feyn, 
und die Natur hat bey dem Menfchen diefe 
beyden Ausſcheidungsgaͤnge vereinigt, um 
die Mifhung ihrer Säfte zu erleichteren 
Den Tefttlelfaamen betrachte id) als ben 
Theil, ber das Ey befruchtet, da er fich nur 
in geringer Menge nach Verhaͤltniß mit a; 
anderen Säften vorfindet, 


Zu dieſen beyden Saͤften, nachdem ſie 
mit Heftigkeit in den Harngang geſpritzt ſind, 
miſcht ſich in dieſem Durchgange noch der Saft 

der 


/ 





m > 0 ( * 377 


der Saamenkarunkel, die Morgagnt zuerſt 
befchrieben hat, und wo er bemerkt hat, daß 
die Ausfonderungsgänge der Blaͤſgen zuwei⸗ 
len ſich öffnen: 


Bey den Thieren, die Feine Saamenblaͤſ⸗ 
gen haben, hat die Natur zum Erſatz des 
von uns angegebenen Gebrauches derſelben, 
eine andere Einrichtung getroffen, die wir 
noch nicht kennen. Man kann die Arbeiten 
eines Valſalva nicht genug verfolgen, der 
bey Vögeln, Vipern, Schildkroͤten, bie cap- 
ſules ſuprarenales mit den Teſtikeln zuſam⸗ 
menhaͤngen fahe, und bemerkte, daß ihre Aus⸗ 
ſonderungsgaͤnge ſich unmittelbar in die herab⸗ 
fuͤhrenden Kanaͤle oder in die Teſtikeln ſelbſt 
erbfneten. 


Vielleicht ergieſſen ſie darinn einen Saft, 
der den Saamen verduͤnnt und folglich die 
Stelle der Feuchtigkeit aus den Saamenbläfe 
gen vertritt, ER 


Diefe Zweifel über eine ſolche Frage 
ſcheinen mir wohl der Aufmerkfamkeit der Zers 
glieberer werth zu fen. - Allein die Thiev⸗ 
zergliederung kann fie auflöfen. | 





BE V, 


‘378 u ) o ( * 
V. 
Ueber die Lebensdauer gewiſſer Inſekten“ 


vom Srn. Biboud. I, 


) les in der Natur muß Erſtaunen erregen; 
ihre gemeinften, und beym erften An⸗ 

blicke einfachften Schöpfungen bieten dem Au⸗ 
ge des Forſchers fo zahlreiche, als auffallende 
Wunder dar, Ihr Studium eröfnet ihm 
eine Quelle reiner Freuden, welche die übriz 
gen Menfchen nicht Eennen, und die Natur 
weiß ihm feine Mühe zu vergelten, 


Unter ber Menge von Weſen, bie 


einen Beweis ihrer Macht abgeben, find 
‚bie Inſekten einer vorzüglichen Aufmerkfams 
Zeit der Naturforfcher werth. Ihre Entſte⸗ 
hung, ihre Organifation, ihr Bau, ihre Vers 
mandlungen, ihre Arbeiten find unerfchöpfs 
lihe Quellen neuer Bemerkungen und neugies 
riger Unterfuchungen, Diefelbe Empfindung 


der Ehrfurcht bemächtigt fi) der Seele bed 
-Philofophen, er mag dem Gange der Natur | 


in einem beynahe unfichtbaren Infekte nachge⸗ 


ben, oder Unterfuchungen über ben Mecha⸗ 


nifmus des menfchlichen Körpers anftellen ; 
daffelbe Gefühl von Bewunderung durchdringt 


ihn 


®) Unter dem Rahmen: Inſekten, find auch Die 
‚ eigentlichen Würmer begriffen. 





* N 379 


‚ihn, wenn er die Bildung und Eriftenz einer 
Reitlaus beobachtet, oder feinen Blick auf 
die unermeßlichen und zahllofen Welten rich; 
tet, die fi) im unendlichen Raume bewegen. 


Die Inſekten find Elein und ſchwach, 
fie haben eine Mengesuu Feinden, find einer 
„beftändigen Gefahr ausgefeßt, und durchlau⸗ 
fen: die ihnen vorgezeichnete Laufbahn nur mit 
großer Mühe; aber dafür fcheint fie die Nas 
tur durch auszeichnende Wohlthaten entfchäs 
digen zu wollen, Sie haben das Glück in 

verſchiedenen Geftalten nach einander zu exis 
ſtiren, da den anderen nur eine ausſchließlich 
zukommt, Bald wohnen fie im Inneren der 


Erde, bald aufter Dberfläche derfelden, bald 


in der $uft, bald find fie Würmer, bald 
vielfüßig, bald Vögel. Kine große Menge 
berfelben genießt nady und nach das mit jes 
ber von biefen Arten zu exiſtiren, verbundene 
Vergnügen. Die Allmacht, die fie gefhaffen 
hat, fcheint ihnen alle Körper unterworfen 
zu haben, mweil alle ihnen entweder zu einem 


m 


Zufluchtsorte dienen, ober ihnen Nahrung 


gewähren, Nachdem fie vorher bie gröbften 
Materien, die Pflanzen: und Thierüberbleibs 
fel, genofjen haben, beftimmt fie ihnen die rein⸗ 
fte &uft, den Blumenfaft, den Honigz nada 
bem fie biefelben auf der Erbe, hatte traurig 
fortkriechen laffen, giebt fie ihnen glänzende 

Bb 2 Fluͤ⸗ 


380 vi )o( he 


Flügel, fefte und zugleich ſchoͤne Maffen, | 
und bie reizendften Farben. 


Eine Menge von ihnen zeigen ung bie 
auffallendften Phänoniene in ihrer Manter, 
ſich zu vervielfältigen, oder ihr Leben zu er; 
halten. Jeder weiß, daß die Art, den Suͤß⸗ 
mafferpolypen fortzupflangen, gerade diejenige 
iſt, welche die anderen Thiere zerftört. Ein 
jeder vom Polypen abgeſonderter Theil wird 


bald ein felbfiftändiger und volllommener Pos 


Iyp, ber wieder andere hervorbringen Tann, 
Auf eben die Art vervielfältigen fich einige 
Durch Zweige, wie die Vegetabilien, andere 
Tommen aus den Seiten des Polypen hervor 
und mwachfen auf ihm, wie die Zmeige aus 
einem Baumftamme, 


Wenn man das Waſſerſchlaͤngelchen 
in mehrere Stüde zerfchneider, fo wird jedes 
ein vollftändiges Infekt, jedes befommt einen 
Kopf und neue Füße u.f.w. Das fonderbarz 
fte ift, daß das Inſekt fich durch freymillige 
Abfonderung felbft verbielfacht. Es erhebt 
fih, fagt Donner, ein neuer Faden auf dem 
Waſſerſchlaͤngelchen, und es kommt ein neuer 
Kopf in einiger Entfernung vom hinteren Enz 
be hervor, Diefes mit feinem neuen Kopfe 
trennt fi vom übrigen Körper, und fo entz 
fichen aus einem einzigen —— 

ihrer 





7 


Br )o ( I Rd 381 ' 


ke zweye. Derfelbe Naturforfcher befchreibt 
mehrere Würmer, deren abgefonderte Stüs 
‚een bald zu eigenen Würmern werden. 
J Wenn man einer Ameife den Leib ge 
rade megfchneidet, ohne ihr die Beine zu 
befhädigen, fo geht fie nod eine Zeitlang 
fort, und fchleppt ihre Beute vor fi hin, 
als wenn fie unbefhädigt wäre. Eine Wefs 
; pe, der man ben Kopfabgefchnitten hat, lebt 
noch mehrere Tage fort, und man hat ben 
Kopf diefer Thiere noch heftig ftechen gefehen, 
ob ſie gleich abgefhnitten waren. . Man hat 
\ wandelnde lätter, nachdem man ihnen 
- ben Kopf weggefchnitten hatte, fich bewegen, 
laufen, fi felbft begatten gefehen, wenn 
der dazu gehörige Theil nicht verlöhren ges 
gangen war, Das Raͤderthier, das Son: 
rana befchrieben hat, war. eine geraume Zeit 
ſchon vertrocknet, folglich bewegungs⸗ und 
leb⸗ los, lebte wieder gleichſam auf, als ed mit 
Waſſer befeuchtet wurde. Diefer große Natur⸗ 
— 1—— kannte mehrere Thiere dieſer Art, und 
er hatte einmahl die Abſicht, uͤber dieſen Ge⸗ 
genftand ein Werk herauszugeben, das ſich 
+ dem Leben und bem fcheinbaren: ka ber 
Safe beſchaͤftigen follte, I 


Man kann mehrere Juſekten eine lan⸗ 
⸗ Belt ohne Nahrung — und ſie 
Bb 3 ſind 


— 
382 —— 


find während ber Zeit doch nicht weniger thaͤ—⸗ 
tig, nicht weniger lebhaft, als die anderen, 
bie diefem Verſuche nicht unterworfen find, 
Boile hat dies fchon an den Fliegen bemerkt; 
Hr. Poirer an dem wandelnden Blatte, 
und id habe ed mehrmahlen an Spinnen und 
vielen anderen Inſekten beobachtet. 


— 


’ 


Diejenigen, welche im Waffer leben, und 
bie kriechenden find nicht minder merkwürdig. 
Der mebdicinifche Blurygel lebt mehrere 
Monate lang ohne Nahrung in einem Ges 
faͤße, das mit werigem Waſſer gefüllt if, 
Der aubfrofch kann fo zwey Jahre fortleben, 
wenn manihm beftänbig frifches Waſſer giebt. 
Der Waffe» Salamander reproduzirt fehr 
ſchnell feine verlohrne Arme, Füßeund Kinns 
backen. Ich habe ihn in einem Gefäße beys 
nahe einen Monat lang aufbewahrt, ohne ihm 
Futter zu geben. Sein Schwanz bewegt 
fi) in den Eleinften Stüden mehrere Stunden 
nad dem Tode des Thieres. Cine Schnedke, 
der man den Ropf abgefchnitten hat, lebt 
mehrere Monate ohne diefen Theil fort, und 
man verfichert, daß allgemach ein nener an bie, - 
Stelle des verlohrengegangenen: hervorkom⸗ 
me. Der Flußkrebs und der groͤſte Theil der 
Thiere mit Schalen, werfen mehrere von 
dieſen ab, und jedesmahl ſieht man ſie durch 
eine neue erfeßt, Der Regenwurm, die 

ha : Schlan⸗ 





e. ol un 383 


Schlangen, die Eidechſen leben noch lange Zeit, 
nachdem man fie in zwey Stüce geſchnitten 
bat. Der Kopf der Viper ift, felbft vom 
Körper abgefondert, noch gefährlih, und 
‚ bie Lebensgeifter find noch mehrere Stunden 
nachher darin würffam. Fontana hat bes 
merkt, daß ihr ausgeriffenes Herz noch lange 
nachher fchlägt, und der abgefchnittene Kopf 
noch beißen kann”). Er ziehet baraus den 
Schluß, daß das Leben bey einigen Thieren 
mit dem Umlaufe des Blutes und der Säfte 
wicht fo eng verfnüpftift, daß es nicht ohne bien 

fe Verrichtung fubfiftiven koͤnnte. 


Die Brieftafche des Hr. Abts Diques 
mare enthält eine Menge von fonderbaren 
Thatſachen von der Drganifation und dem 
geben verfchiedener Seegeſchoͤpfe. Die Meer⸗ 

neſſel, von der feine Beſchreibung tm Journ. 
dePhyf. Dec. 1784. ſteht, hatnur eine gals 
Iertartige Konfiftenz, und ihre Länge beträgt 
einige Linien bis zu mehreren Fußen. Ihre 
abgefonderten Theile geben immer einige 
Zeichen des Lebens, und menn fie zur Hälfte 
von einem größeren Thiere verſchluckt iſt, 
fo. verdoppelt die noch, freye, andere Hälfte 
ihre Anftrengungen , fich loszumachen. Die 
Seeanemone iſt nicht minder merkwuͤrdig: ih⸗ 
re  Bb4 ı re 


*) Traite de Venin de la Vipere, . 


384 66 


re abgeſchnittenen Theile haben immer noch 
Bewegung. Die Suͤßwaſſeranemonen, wo⸗ 
von Hr, Müller uns mehr als ein und drey⸗ 
Ein Gattungen Eeanen gelehrt hat, veroffen⸗ 
bahren fämtlih die nehmlichen Erſcheinun⸗ 
gen *). Er hat dies auch bey den Einge⸗ 
meidewürmern bemerkt, 


Es iftzu leicht, fich zuirren, wenn man 
Yon diefen Wundern einen Grund angeben 
. will, als daß ich es hier Herfuchen möchte, 
- Die gröften Beobachter haben ſich damit bes 
gnuͤgt, fie zu befchreiben, und ihre Vermu⸗ 
thungen nur mit zweifelhafter Befcheldenheit 
vorgetragen. Veym Studium der Natur 
muß man mitder Beobachtung anfangen, 
und nur wiederhohlten Verſuchen und tiefen 
Meditationen kann eine Erklärung nach⸗ 
folgen, Ich habe dieſe bekannten Thatſachen 
niht darum hier angeführt, um mit ihnen 
die Wirklichkeit der folgenden zu bemeifen, 
Und wenn man bewunderungsmwürbdige Erfahs 
rungen und Fakta Eennet, die unferen Bes _ 
griffen Yon der Drganifation und dem $eben 
der Weſen gerade entgegenlaufen,; : fo muß 
man mit nicht minderem Erftaunen eben fo 
fonderbare neue Erſcheinungen bemerken. - 


Bey 


*) Hiftoria Vermium, Tom I, 1744: 





u ———— 


Bey der Unterfuchung, wie lange ge 
solffe Snfekten, ohne Nahrung zu ſich zu 
nehmen, wohl leben können , hatte ich Gele⸗ 
genheit, zu ‘bemerken , baß mehrere unter 
ihnen, bie toͤdlich verwundet mit anderen voll⸗ 
kommen gefunden derfelben Gattung eingez 
ſchloſſen wurden, nicht eher, als dieſe, ſtarben, 
außer in dem Falle einer außerordentlichen 
Zerruͤttung oder einer bepnahe gänzlichen Zers 
ſtoͤrung der Maſchine. 


Um dieſe Beobachtung noch wollten I 
beftätigen, fo ftellte ich mit. mehreren In⸗ 
fekten Berfuche an. Alle, die ich gebrauchte, 


waren ſolche mit Fluͤgeldecken, und ich kann 


folglich allein fuͤr dieſe Klaſſe einige Folge⸗ 
rungen ziehen, ob es gleich ſcheint, als wenn 
ſie ſich auf die anderen auch wohl anwenden 
ließen. Ich will hier meine Erfahrungen 
über die Maykaͤfer audeluanberfegen, | 


“ 


Erſter Verſuch. 


Am 19 Apr. 1782 nahm ich ‚zu gleis 
Her Zeit 8 völlig gefunde Käfer. Ich 
ſchloß drey von ihnen in ein hinreichend gros 
Bes Behaͤltniß mit einem durchlöcherten Ble⸗ 
che bedeckt, um fie freye Luft ſchoͤpfen zu laſ⸗ 
ſen. Den vierten ſchloß ich in ein wohlver⸗ 


by Hier⸗ 


Ropfies Glas, 


386 — a Re =; 


Hierauf durchſtach ich die vier anderen, 
und befeſtigte drey davon auf ein kleines 
Brett mit einer Nadel, die mitten durch fie 
gieng. Zweye waren durch die Bruft geftos 
hen, der dritte durch den Bauch und der viers 
te wurde nad) einer anderen ſchweren Vers 
wundung bey ihnen ins Glas gelegt. 


Den 2ıften ſtarb einer von ben dreyen, 
bie auf dad Brettgen befeſtigt waren. Seine 
Anftrengungen hatten ihn ganz zerriffen. Der 
erſte, der darauf das nehmliche Schickſaal 
hatte, mar der ind Trinkglas eingefperrte, 
wo er doch 11 Tage lebte, Drey Stunden 
darauf fand ich die anderen beyden, auf das 
Breit befeſtigten, todt. 


Den aten und zten May Karhei bie 
viere in dem großen Glaſe. Der leßte war ber, 
den ih ſchon am ıgten April durchftochen 
hatte, ohne ihm doch die Nadel im Körper 
zu laſſen. 


Aus dieſem Verſuche ergiebt ſich, dag 
nur ein einziger Kaͤfer von den befeſtigten 
am Ende des zweyten Tages ſtarb: etwas, 
das man der. völligen Zerreißung feines Koͤr⸗ 
pers zuſchreiben kann; daß der unverwundet 
in das Trinkalas eingeſchloßene eher, als 
die uͤbrigen verwundeten ſtarb, und daß einer 

von 


wor Se 


von biefen letzteren alle die völlig gefunden 
um ein betraͤchtliches überlebte, 


Zweyter Verſuch. 


Denn 2oſten des nehmlichen Monats 
April nahm ic) zwey andere Räfer, monon 
einer auf ein Brettgen mit einer Nadel ges 
ſteckt wurde, die ihm durch daB Bruſtſtuͤck 
gieng, und der andere in eine vergiiterte Buͤch⸗ 
fe gefeßt, ohne im geringften verwundet zu 
werben. Beyde lebten bis zum gten Map. 
Der zweyte nur bis zum Mittag, und der 
erfte Bid zum Abend, Diefer hatte 14 Tage 
lang an einer ſchwarzen Nadel gefteckt, und 
da er ſich die erften Tage fehr unruhig bewegs 
te, viel Säfte verlohren: am aten des Mor⸗ 
gend hatte ich ihn von der Nadel loſsgemacht, 
die im Körper verroflet war, und ihm feine 
Fuͤhlfaden verlegt, ji 


Dritter Derfüch, 


on. Sch wieberhohlte am roten May meis 
ne Verſuche an acht anderen Käfern, Den, 
anderen Morgen fand ich zwey von ihnen, 
tobt, wovon ich einen feſtgeſtochen und den 
anderen in ein Behältniß mit Luftloͤchern ge: 
fest hatte, ‚Die verwundeten lebten ohngefaͤhr 
31 | eben, 


288 * ) o ( * 


eben ſo lange, als die völlig gefunden, aber 
am Ende des vierten Tages lebte Fein einzis 
ger von allen mehr. Sch ſchreibe den Untere 
fhied ihrer Lebensdauer von der der vorigen 


4 


der Erſchoͤpfung nach ihrer WBegattung zu, - 


und ich habe-bemerkt, daß allezeit nach dies 


fer Handlung ihr Ende nahe RR { 


Pierrer Verſuch. 


Am erſten May 1783 wurden Yon 7 
Kaͤfern, die ich von demſelben Baume ges 
nommen hatte, dreye mit einer Nadel feſt⸗ 
geſtochen „drey in einen vergitterten Kaſten 
geſetzt und der letzte heftig verwundet. Dieſer 


ſtarb nach vier und zwanzig Stunden; drey 


Tage hintereinander verlohr ich immer einen 
aus dem Kaſten; bie anderen lebten ıı Ta⸗ 
ge. Aber einer von benen feftgeftochenen 
überlebte bie anderen um mehrere Stunden, 


Sünfter Verſuch. ie 
Am zweyten beffelben Monats unterſuch⸗ 
te ich ſechszehn, wovon acht verwundet, und 
acht ganz allein ins Beten eingeföjloßen 
wurden, 


isch von dem Hermunbeten fiarken in 


ef, aber die folgenden Tage hindurch mehren 
re 


) ol 389 


re von den unverwundeten. Am 1 zten ſtarben 
ihrer ſechs, wovon allein zweye verſtuͤmmelt 
waren. Der letzte von dieſen ſtarb am 18ten, 
und es blieb nach ihm nur ein einziger in 
dem Behäliniffe übrig. Folglich lebten im 
Ganzen genommen die verwundeten länger 


Sechſter Verſuch. 

Am ı6ten ſtellte ich einen neuen Ver⸗ 
ſuch an 3 Käfern an, wovon eiter burd) die 
Tadel fehr ſtark verwundet, und ein anderer, 
wie bey den vorigen Vaſuchen angenagelt, 
und der dritte ohne Verletzung aufbewahrt 
wurde. Dieſer ftarb zuerſt, dann der — 
heftete, zuletzt der verwundete. 


Siebenter nn achter Derfuch: 

a Sm Jahre 1784 und 1785 wiederhohl⸗ 
te ich dieſelben Verſuche auf verſchiedene Ar⸗ 
ten, und das Reſultat derſelben war beftändig, 
daß die gröfte Anzahl verleßter und verftüme 
melter Inſekten nicht.cher, als die völlig gen 
funden, farben. Sch will meine Bemerkung . 
gen nicht weitläuftig auseinander feßen, um 
eine ermübdende MWeitfchweifigkeit zu vers 
meiden, — 


Dies 


399 — ) 0 * 


Dieſe Verſuche erfordern ſehr viel Auf⸗ 
merkſamkeit. Sie koͤnnen bey der Wieder⸗ 
hohlung durch geuͤbte Beobachter auf unendlich 
verſchiedene Arten angeſtellt werden, aber 
man muß nicht uͤber die abweichenden Mes 
fultate verfelben erftaunen, Man fühlt wohl, 
daß Temperament, Alter, Geſchlecht, Kraͤf⸗ 
te der Individua eine Menge von Verſchie⸗ 
denheiten veranlaffen müffen Ebenfalls 
tragen hierzu die dazu angewendeten Jnſtru⸗ 
mente, ihre Form, ihre Materie fehr viel bey, 
Denn ich bemerkte, daß ih Grünfpan um 
die Nadeln, womit idy fie befeftigre, anfeßte, 
und daß dies inren Tod jehr beſchleunigen 
konnte. Um ein Faktum feftzufegen, muß 
die Maffe der Erfahrungen ein gleiches Mes 
fultat angeben. Einige Ausnahmen, die von 
der befonderen Vildung des Subjektes ober 
von anderen Umftänden herrühren, Tönnen 
bie Folgerungen nicht umftoßen, bie man 
aus der größeren Anzahl der Erfahrungen 
ziehet, | 


Die Inſekten, welche ich unterſucht has 
be, ſind ſo lebhaft, daß ſie an ihren Wunden 
nicht ſterben zu koͤnnen ſcheinen, ſondern allein 
nur an Erſchoͤpfung, wie die welche unver⸗ 
wundet geblieben ſind. Daher ergiebt ſich, 
daß bey gleichen Umſtaͤnden es einer ungleich 
betraͤchtlicheren Anſtrengung bedarf, um ein 

In⸗ 


t NO. | 391 


Inſekt, ald um ein großes Thier zu zerfißren. 
Man muß eg zerreiffen, um es zu tödten, und die 
ſchwerſten Verwundungen find für ed faft ganz 
‚unbedeutend, Ich habe einen Mayfäfer 
‘vierzehn Tage lang an einer Nadel leben 
ſehen, die dicker als fein Schenkel war, und 
wenn man den Menſchen als einen Vergleis 
chungspunkt feſtſetzen will, fo wird man finden, 
daß dievierzehn Tage beym Maykaͤfer eine gros 
‚Be Anzahl von Jahren beym Mefchen betragen, 
and daß der leßtere wohl nicht einen Augenblick 
‚weiter leben wuͤrde, wenn er mit einer beindicken 
Nadel auf ein Wrett geftochen würde. 


Wie Fönnen diefe Inſekten aber fo era 


ſchreckliche Zerrüttungen ertragen? Diefe 


erftauslihe Kraft rührt ohne Zweifel vor 
dem ſchwachen Grade ihrer Empfindlichkeit, 
von der befondern Natur ihrer Organifation 
und der Befchaffenheit ihrer Säfte her; Ih⸗ 
ze Drgane feinen lebhafter Eindruͤcke nicht 
empfänglih zu feyn. Man hat bemerkt, 
daß fie einen beträchtlihen Grad von Tro⸗ 
‚@enheit befißen, baß fie wenig fleifdjichte 
Theile haben und daß ihre Fibern nicht wie 
bie der großen Thiere befeuchtet find. Man 
muß glauben, daß daB Infekt weder Elagt, 
noch einen Ton des Schmerzes von ſich giebtz 
ihre Töne fcheinen nur den Verluft der Frey⸗ 
heit zum Grunde zu haben, Eine Fliege 
ohne 


\ 
392 ER )o [4 — 


ohne Kopf verſucht fortzufliegen, ein durch⸗ 
ſtochener Kaͤfer handelt nicht anders, als 
wenn er ganz einfach woran feſtgebunden 
wäre. Dies iſt eis Beweis, wie ſchwer es 
iſt, bey den Inſekten den Mittelpunkt der 
Lebens bewegung wahrzunehmen, und mie 
unendlich ihre Organiſation von ber eines 
großen Thieres verſchieden iſt. Bey dieſem 
endigen ſich alle Nerven im Gehirne; aber 
das Lebensprinzip und Prinzip der Empfins 
dung ſcheint bey den Inſekten gleichförmig 
dur alle Organe verbreitet zu feyn. Nach 
den Naturforfchern haben ihre Faſern Feine 
beſtimmten Vereinigungspunkt, und fie endiz 
gen ſich alle an dem Xheile, für den fie bez 
ſtimmt find: Dian nehmeihnen Kopf, Bauch, 
Bruft, ur ſ. wi ab, immer werden Zeichen 
des Lebens fihtbar. — Der abgefonderte 
Theil giebt davon mehr ober weniger. Daher 
Tann man fließen, daß der angegtiffene 
Theil der einzige iſt, welcher leidet, 
und daß alle Theile ein eigenes Leben haben. 
Der Polyp, die Seegewuͤrme die Waſſer⸗ 
ſchlaͤngelchen ſind fuͤr dieſe Be ein 
maͤchtiger Ban, 


Von de anderen Seite koͤnnen die kleb⸗ 
rigten Materien, welche den Koͤrper der In⸗ 
ſekten anfüllen, verhindern, daß ih⸗ 

nen bie Wunden nicht tödlich find. Sie 
con⸗ 


— 393 
eoaguliren ſicham Rande der angegriffenen Thei⸗ 


le, verhindern die. Fortpflanzung des Geſuͤh⸗ 


les, ober ſchuͤtzen die wefentlichen Theile und 
kommen den Jufällen zuvor, welche die Ver: 
Mundungen bey anderen Thieren begleiten. 
Ihre Gefäße koͤnnen ſich ebenfalls mit Kraft 
zufartimenziehen, unb-find-im Stande, bald den 
Erguß der Säfte zu hemmen, Vielleicht ift 
die, Erſcheinung ihres fortdatirenden Lebens 
die Folge eines Fiebers, das durch die Zers 
züttung in ihrer Oekonomie veranlaft iſt. 


Und in der That ſieht man Fieberkranke meh⸗ 


rere Tage ohne Nahrung zubringen, indeß 


‚ein geſunder Menſch einen ſolchen Verſuch 
ohne Gefahr wohl nicht wagen dürfte, Ic 


übexlaffe e8 übrigens gelehrteren Männern, 
die Urfachen diefer unbelanuten Kraft auss 
zumitteln, welche das Leben berftümmelter 
Inſekten verlängert: Die Natur wirft au 
hierüber ihren Schleyer, wie über das Phaͤ⸗ 
nomen ihrer Metamorphofen und ihrer Wie⸗ 
dererzeugung, und ich Beanlige mich, den Na⸗ 


turforſchern ein neues Feld für ihren Fleiß { 


ontdeckt zu haben, 


J 
PER —— 


& I SAYIR 


374 5 )oC nr. 


Weber die Schuppen verfchiedener Sifche, die 
man gewöhnlich diefer Theile beraubt 
glaubt. ’ 

vom Sen. Brouſſonet. 


ir kennen nur eine höchft kleine Anzahl 
von Fiſchen, denen die Schuppen 
gaͤnzlich fehlen, und es laͤſt ſich ſogar ſehr 
wohl denken, daß dieſe Theile bey allen Fiſch⸗ 
. gattungen ba find, und nur aus dem Man⸗ 
gel forgfältiger Beobachtungen den Augen 
des Naturforfchers entgiengen. Dieſe Abe 
handlung hat eine Beſchreibung biefer Theile 
bey mehreren Öattungen ber Fifche zum Zweck, 
bey denen man von ihrer Nichteriftenz volle 
kommen überzeugt war. | | 





Die Lage der Schuppenift nach Maaß⸗ 
gabe ber unterfchiedenen Lebensarten unb ber 
Bildung jedes Fiſchgeſchlechtes verſchieden. 
Bey einigen liegen ſie ganz frey da, bey an⸗ 
deren ſind ſie zum Theil mit der Haut be⸗ 
deckt und zuweilen liegen ſie ganz unter der 
Oberhaut verborgen. = 


Auch ihre Verbindung mit dem Körper 
wechſelt nad) der Verſchiedenheit der Gattun⸗ 
gen 


ur ) fe) ( vi 395 % 


- „gen ab. Es giebt Gefchlechter , bey denen 
fie fehr dicht an der Haut feftliegen und nichts 
als eine Fortfeßung derfelben zu ſeyn ſcheinen; 
zumeilen find fie nur ganz lofe durch fehr feine 
Gefäße daran geheftet, die von ber Mitte 
ober dein Mande einer jeden Schuppe aus⸗ 
gehen, deren Formen fo verfchieden, als die 

- Gattungen find, Man findet cylindrifche, 
xrunde, viereckigte, ausgekerbte, u. ſ. w. fo 
wvie auch knochichte und biegſame. 


Die Fiſche, deren Schuppen voͤllig blos 
liegen und nur durch Gefaͤße mit dem Koͤr⸗ 
per verbunden ſind, gehoͤren zu denen Gattun⸗ 
gen, die in großen Tiefen ſchwimmen, ſich 
nie ben Ufern nähern, und folglich der Ges 

fahr, diefe Theile zu verlieren, die der minz 
deſte Stoß an Felfen oder an Geepflanzen 
fogleich losreißen koͤnnte, weit weniger ausgez 
feßt find. , Mehrere Öattungen ber Clupea 
des Silberfifches u. ſ. w. kann man füglich 
in biefe Klaſſe feßen. Bey diefer fcheint der 
Nutzen der Schuppen nicht weiter zu gehen, 
als ihren Körper eben und glatt zu machen, 
und mithinihr Fortſchwimmen zu erleichtern ; 
etwas, das dadurch um ſo mehr Wahrfcheins 
lichkeit gewinnt, weil alle dieſe Gattungen weite 
Reiſen machen und die uͤbrige Bildung ihrer 
Organe ganz darauf abzuzielen ſcheinet, die 
Schnelligkeit ihrer Bewegungen zu vermehren, 
” Cc2 Je 


‘396 DONE 


Je mehr die Fiſche ſich dem Ufer zu 
nähern beſtimmt find, beftomehr überziehen 
fih allgemach ihre Schuppen mit einer Haut. 
Ihre Dicke nimmt zu und ihre Berbindtung wird 
fefter, als fie e8 bey. den eben erwähnten 
Gattungen war. Diefe Einrichtung ift ihnen 
um fo nothwendiger, da fie allein dadurd) vor 
den: Nachtheilen eines Stoßes an die Madres 
poren und Corallenfelſen, zwiſchen denen fie 
unaufhoͤrlich herumſchwimmen, gefichert wer⸗ 
den koͤnnen. Die Bildung ihrer Schuppen 
iſt nach ihrer Lebensart verſchieden. Zuwei⸗ 
len find fie fehr groß, wie dies der Fall Bey 
mehreren Gattungen von Pärfchen, fau- 
sus und bef. des fcarus ift, die nah Ver, 
hältnig zu ihrem Körper weit größere Schupr 
pen haben, Sch habe einmahl dergleichen 
don einem Fiſche, der im indifhen Meere 
gefangen war, gefehen, bie mehr als drey Zoll 
im Durchmeſſer hatten, Sem 


Je mehr die Fiſche, deren Schuppen 
zum Theil mit einer Haut bedeckt find, zu 
einer Lebensart nahe am Ufer ſich beſtimmen, 
deſto kleiner fihd diefe Theile, und deſto mehr 
verbicht ſich die Haut, welche diefe Theile bes 
feftigt. Dies wird fich ſogleich auß der Ver⸗ 
gleihung eines Hechtes mit einer Schleihe 
ergeben. Ich beziehe mich mich hier auf bie 
Abhandlung Safters, der eine Menge biefer 

Schup⸗ 





= 


\ 


DE 292 
Schuppen abgebildet hat, und ‚ich ſchraͤnke 


mich allein auf die, Beſchreibung ber Organe 


bererjenigen Gattungen ein, bie noch nicht 


beſchrieben find, 


me) findetfi im mittelländifyen Meere. Er 
ift fehr dünn und ſchlank, und fein Schwanz 
endigt fich in eine Spitze. Den erften Ich⸗ 
thyologen war er unter dem Nahmen taenia 
bekannt, weil. fie feine Geftalt mit einem 
Bande vergleichen wollten. Sinne bezeich⸗ 


nete ihn mit bem Nahmen Cepola und füge 


te, ihm den darakteriftifhen Nahmen taenia 
hinzu. Seine. Feyerfarbe, und feine. Art 
ſchlangenfoͤrmig zu ſchwimmen, gab ihm ben 
franzöfifhen Nahmen : Ja Flamme (und feine 
Geſtalt ihm den deutfchen: Spisfdywanz). 
Beynahe Fein Schriftfteller. hat eine gute 
Beſchreibung von diefem Fifche geliefert, Mir 
iſt zum mwentgften Feiner bekannt, ber etwas 
über feine Schuppen gefagt hätte. Hr. Bous 
an. fagt bey ben Kennzeichen, bie er von dem 
Cepola , wovon wir ißtreben, giebt: er has 
be gar feine Schuppen; und dod fällt e8 gar. 
nicht ſchwer, dieſe Theile zw unterfcheiben, ba, 
fie am Körper des XIhlered nur unter 
einer feinen, aͤußerſt zarten Haut liegen. Sie 
liegen in einer folhen Form, daß ſie ſchiefe 
‚Linien bilden, die fi in Geftalt des. Schach⸗ 

2 N €: 3 bretz 


Der Spigſchwanz (Cepola, laFlamı 


\ 


a 


brettes kreuzen. Sie laffen In der Haut eiz 

nen beynahe vierecfigten Eindrud, Go Klein 

fie find, fo kann man fie doch mit bloßen Aus 

gen fehr deutlich unterfcheiden, Unter dem 

Mitroffope fehen fie eyfoͤrmig aus, etwas 

mehr an ber einen, als an der andern Seite 
abgeftumpft. Gegen den gröften Rand fieht 

man vom Mittelpunkt ſehr deutlich von eins 

ander abgefonderte Sirahlen ausgehen , die 
durch eine Meihe Fleiner Schuppen, melde 
wie Dachzlegel über einander herliegen, gebils 
det werben. Under anderen Seite der Schup⸗ 
pe bemeift man- Bögen von verſchiedener 
Größe, gleich weit von einander entferng, die 
eine Krümmung machen, welche der des Rans 
des an derfelben Seite völlig ähnlich tft. Dies 
fe Bögen werden gleichfalls von kleinen Schup⸗ 
pen gebilvet, Die Haupiſchuppen machen in 
three Mitte eine Eleine Erhöhung; fie find 
mit dem Körper vermittelft mehrer fehr zar⸗ 
ter Gefäße verbunden, die fich unter ihrer 
Fonfaven Seite hineinbegeben. Man findet 
fie auf dem Kopfe nit. Sie hindern nicht . 
nur die Bewegungen des Fiſches nicht, fonz 
dern fie dienen zu ihrer Erleichterung. Cr 
ift auch fehr gelenkig und ſchwimmt ſehr ſchnell 
zwiſchen den Geepflanzen herum, wo er fü ch 

gemeiniglich aufhaͤlt. 


Ich 


a 


"Sch habe dieſe Eleinen Schuppen wie bey 
Biefer Gattung, in Form eines Kreuzes bey 
zwey Fifchen bemerkt, die einem Gefchledhte 
angehörten, welches Gronovius unter dem 
Nahmen Maftacembelus befchrieben hat. Sch 
‚habe davon einen im Muſaeo Britten- 
nico beſchrieben / wohin ihn Auffel gebracht 
hatte, der ihn zuerſt auf feiner Reife nad) 
Aleppo entdeckte. Den anderen, "der noch 
nie vorher beſchrieben ift , und deſſen Schup⸗ 
pen etwas kleiner find, als die der vorigen 
Gattung, hat mir der Ritter Banks guͤtigſt 
mitgetheilt, der ihn aus dem — * 
—— 5 

Mehrere Sanmele FREE SER der 
Sauge efifch habe Feine Schuppen. ' Linne 
und Bouan „geben: beyde dem Fifche diefen 
Charakter. Ich will dieſe Unterlaſſungs ſuͤn⸗ 
de hier weiter nicht ruͤgen, die aber um ſo 
auffallender iſt, da dieſe Theile in der beſag⸗ 
ten Sem fo ſehr deutlich ſind. 


2 Der Ammodytes:findet fi * Hehe. haͤu⸗ 
fig an den Kuͤſten des Weltmeeres, in Hol⸗ 
land, England. Man triftihn in Amerika bey 
Terre neuve an ıc, — VBeyläufig merken 
wir an, daß beynahe jeder Schriftſteller, der 
eine Abbildung von, biefem Fiſche gegeben hat, 
bie * nachzeichnen ai die zuerft Salvia- 

4 ni 


BE ar 


ni bekannt gemacht hat. Sie haben ihn mit 
zwey Floßfedern am Mücken vorgeftellt, ob 
er gleich wirklich nicht.mehr, als eine einzige 
hat. Seine Schnauze ift fehr fein, ‚bag 
Fleiſch feſtz Er vergraͤbt ſich beynahe immer 
im Sande. Man hohlt ihn in Holland mit ei⸗ 
ner eigends dazu eingerichteten und von Ochſen 
gezogenen Harke heraus. Da er unter dem San⸗ 
de zu leben beſtimmt iſt, und faſt beſtaͤndig 
außerhalb ſeines Elements lebt, ſo muſten 
ſeine Schuppen eine eigene Geſtalt erhalten; 
Sie ſind ſehr klein und entgiengen daher den 
Blicken aller Ichthyologen und ſelbſt des 
fo genauen Willoughby, der es ausdruͤck⸗ 
lich anmerkt, daß dieſem Fiſche die Schuppen 
fehlten. Sie ähneln denen, die ich eben am Spitz⸗ 
ſchwanze beſchrieben habe, nur allein die ſchie⸗ 
fen Unien, welche ſie bilden, ſind unter einander 
verſchieden. Fabrizius ſpricht in feiner Fau- 
na groenlandica pag: 141 von dieſen Linien, 
aber er: fügt nichts davon, daß fie durchidie 
Schuppen gebildet wuͤrden, ‚fondern merkt 
bloß an, die Haut wäre glatt und mit ſchie⸗ 
fen Streifen um den ganzen Körperiherum 
bezeichnet, Ich vermuthe beynahe, daß Ar⸗ 
tedi der einzige Schriftſteller iſt, der ihrer 
erwähnt, wiewohl er-fie völlig — 
Beſchreibung laͤſt. Ich weis nicht, 
um lange; nach dem Artedi Hr. 5 
die See als: einen unterſchei⸗ 
| den⸗ 


benben Charakter das — aufs 
führe, i 


Ich komme auf die Schuppen derer Fiſch⸗ 
arten, die zu einem Aufenthalt in Behältern 
zuweilen beftimmt find. Sie find fehr Klein 
und bedecken fich zum Theil einander; "dann 
will ich Yon denen Gattungen reden, die zu 
derſelben Lebensart beſtimmt find, aber noch 
weit mehr Bewegungen im Schtolmmen aus 
üben müffen,, deren Körper lang ift, und bey 
Denen die Schuppen durdy kleine Zwifchenräus 
me getrennt ſeyn muften, um ihre Bewegun⸗ 
gen nicht zu behindern, Man findet fie aal⸗ 
foͤrmig und ich will fie alle unter dem Aale 
befchreiben, weil dieſe Fifche die gemeinften - 
in der Klaffe, und ihre Schuppen fon mehs 
reren Naturforſchern bekannt find, 


(Fortfegung im waͤchſten Stüde,) 


a Cr 5 VII. 


Pr 02 0 


VL raea 


Semerfungen über die Tarantel, vom Irn · 
Grafen v. B. Staroſten — 








B3* Aetius an, der Eye mehrere Gat⸗ 
tungen von Spinnen kannte und fie in 
Klaſſen vertheilte, bis auf unfere Zeit, find 
bie abaefhmackteften Erzählungen vom Ta⸗ 
rantelbiß, von den Wirkungen diefes Giftes 


und der Heilart diefer Gattung von, Zollheit 


in der.ungeheuerften Menge zum Vorſchein ge⸗ 


kommen. Mehrere Aerzte haben uͤber dieſe 


Krankheit ex profeffa geſchrieben, und ber 
Haufe, der ſich allein auf die Ausfprüde 
feiner Orakel ſtuͤtzt, hat dieſem Maͤhrchen 
das voͤllige Gewand der —— ange⸗ 
zogen. 


Mehrere aufgeklaͤrte Köpfe; wie — 
anderen ber Abe Roller, haben die Heilung 
biefer Einbildungen, wiewohl vergebens vers 
fuht, denn man glaubt immer diefe Abge⸗ 
fihmacktheiten, weil der Meuſch am Wunders 
baren hängt und fo ſchwer Ideen verläft, bie 
diefer Neigung fchmeicheln. 


Der bekannte Serao, erſter Leibarzt 
des Koͤnigs von Neapel, beſchaͤftigte ſich un⸗ 
J na ter 


x 





ED. —— 403 


ter einer Menge anderer, wit dieſen Unter⸗ 
ſachungen; er widmete einen betraͤchtlichen 
Zeitraum den Beobachtungen über die Natur 
diefer Thiere und machte feine Beobachtungen 
in einen Lateinifchen Auffaße bekannt. Das 
gemeine Vorurtheil behauptere indeß: Se⸗ 
vao fey vom Ungrunde des Tarantiemus 
nicht felbft überzeugt gervefen und: habe gegen 
feine Meberzeugang nur ber Meinung eines 
Treundes gemäß geſchrieben. So wollte 
man mich auch in Genf Ahtiedden: Bon⸗ 

net glaube die Unſterblichkeit der Seele, dem 
zu * was er auch zu ihrem Beweiſe ge⸗ 
fagt habe, doch im Grunde felöft nicht. Ich 
‚ bin mit beiden Gelehrten umgegangen, und 
ſcheue mich nit, für behder Dentungsart in 
er Stůcke zu ftehen, — 


Ich erhielt vom Hrn. Saa⸗ ſelbſt eiz 
di Lebendige. Taranteln und — ſie ei⸗ 
ve — auf. 


Die Tarantel iſt hei * —— 

jen großen Hausſpinnen ſehr aͤhnliche Gat⸗ 
ig, nur mit dem einzigen Unterſchiede, daß 
fie weit dicker, in allen Theilen weit ſtaͤrker 
und überhaupt behaarterift. Sie iſt gefleckt, 
tief fahlgelb mit ſchwarzen Flecken ; ihre Aus 
' gen funkeln, find oben am Kopfe, und bleiz 
den ſelbſt nach dem Tode des Sg IK 


J 


/ 


‚404 AD IE Ge 


Das Aeußerliche dieſes Thieres hat in der 

That etwas fuͤrchterliches, und dies ſcheint 
wirklich mit nicht geringem Einfluße auf die 
Erzaͤhlungen davon gewirkt zu haben. Das 
Thier hat 8 Füße, jeder drey Tarſen und: 
das Ende deffelben iſt mit einem fehr herbors 
ſtehenden, fpißigen Haken bewafnet. Hier⸗ 
von ſpricht Louvilliers de Poinnch in feiner, 
Naturgeſchichte der ‚Antillen bey Gelegenheit 
der Nachricht von den Frlanm in ». Die: 
Laͤndern. 


Außer biefen 8 Füßen hat bie Tarantel 
noch zwey Aerme, gleich allen Spinnen, die 
ihr dazu dienen, um ihre Beute dem Maule 
näher zu bringen. Man hat mit fehr- hoher, 
Waͤhrfcheinlichkeit vermuthet, daß ber eine 
oder jeder Yon ben beyden Aermen in den 
Knoten der Freffpigen das männliche Glied 
enthielte. Lifter, Doinney, Lyonner find 
biefer Meinung. Die weibliche. Zarantel iſt 
weit größer als bie maͤnnliche. Dieſe Thie⸗ 
re ſind ſehr nach Fliegen luͤſtern; ein Um⸗ 
ſtand, der ſehr oft ihnen zum Nachtheil ge⸗ 
reicht; denn den Nachrichten aller Reiſenden 
zufolge lockt man ſie durch ein nachgeahmtes 
Fliegengeſumſe aus ihren Loͤchern hervor, 
um ſie deſto ſicherer zu toͤdten. Das iſt aus⸗ 
gemacht, in der Gefangenſchaft freſſen ſie gar 
nichts. Ich beſaß einmahl ihrer ſechſe er 

* glei 





a 12-1 GE, 7 405 


—* und ob ich in ihr Behaͤliniß gleich Flie⸗ 
gen In Menge bineinthat , fo giengen fie doch 
dieſe niemahls an, ob fie glei) vor Wuth 
anſchwollen, wenn ſie — Finger an der 
Seite des Glaſes, worinn fie eingeſchloſſen 
waren, "benierften.: Sie fragen durchaus nichts 
and ftarben nach zwey —— Faſten den 


are | 


Mas ben er biefer on * ſo 
erſcheinen die Thaiſachen in einem mannich⸗ 
faluigen Lchte. Ein Theil der Beobaditet 
‚behauptet: die Zarantelbiffe mit dem Mundez 
auses: : fie. verwunde mit den Aermen, 

ige meinen: daß fie eigentlich durch die 
Sölrfe des Gifted, welche das Thier mit 
dem Biße in die Munde bringe, ſchade. 
Andere glauben: -daf die Wunde dutch eine 
heftige Bewegung mit feinen Haken gemacht 
werde, Go widerfprechende Urtheile über 
eine fo gemeine Begebenheit find einleuchtens 
de Beweiſe genug, daß noch niemand über 
den Biß des Thieres hinreichende Beobach⸗ 
tungen angeſtellt habe. Mich ſetzte meine 
Lage in den Stand, hierüber einige nähere 
Beleuchtungen zu besfüchen, und id) will hier 
etwaß genauer einige meiner Bemerkungen 
aus einander. feßen, 


Bey 


Ma. er ID are 


Bey meinem Aufenthalt in Neapel gab 
id einmahl meinem" Wirthe mein großes 
Verlangen zu erkennen, einen attarantato 
gu fehen (fo nennt man da die Yon der Tas 
" zantel nebiffenen)., Er antwortete mir, dag 
erißt eben feinen wuͤſte, der mit dieſer Krank⸗ 
heit behaftet waͤre, indeß, wenn ich Luft hätte, 
einen Dufaten daran zu wenden, fo wollte 
er ſchon einen finten, der fich auf der Stelle 
beißen ließe. - Sch hielt Dies für einen Scherz, 
aber er nerfiheree mir es fo ernfihaft, daß 
ich ihm endlich den Auftrag gab, ſich nad 
einem umzufehen. Und in ver That brachte 
er mir einen Menfchen, ber mir die Hand hinz 
‚hielt und fragte, wo bie Taranteln wären. 
Ich fragte ihn, ob er ſich vor den Folgen des 
Bißes denn gar nicht fürchte; er verneinte 
es und fagte: daß er ein Mittel Dagegen 
wiſſe. Auf meine Erfundigung darnach zog 
er eine Flaſche Wein hervor, Die er mitges 
bracht hatte, Sch ließ meine Zaranteln Eome 

men, und kaum hatte eine don ihnen den Fins 
ger des Menſchen bemerkt, als fie ganz vor- 
Wuth auffhmoll, auf ihn zufprang und ihn 
mit der Näherung beyder obenerwähnten Aer⸗ 
mebiß, Diefer Biß war eigentlich nichts weiz | 
ter, ald ein Stich; aber ein gelblihter Saft, 
ber aus dem Munde des Thieres zu gleicher 
Zeit hervorquoll, war meiner Meinung nad) 
der Grund aller nachmaligen Folgen, Wirk | 

lich 





J — 9: Ar 407 


Wirklich zeigte mir nachher der Mienfch, den 
ich den ganzen Tag bey mir behielt, die Hand 
ganz geſchwollen. Der Finger beſonders 
juͤckte, wie er ſagte, ſehr heftig, und war 
zum Erſtaunen ſtark angeſchwollen. Am Orte, 
wo er gebiſſen war, ſah man durch Huͤlſe 
eines Vergroͤßerungsglaſes zweh kleine Ritzen, 
bie in die Oberhaut durch das heftige Sin⸗ 
greifen der beyden Aerme des Juſektes ein⸗ 
gedruckt waren. In einigen Tagen war mein 
Mann geheilt, ohne vorher getanzt zu haben» 
Er fagre allein: das Zucken wärefo heftig, 
daß er nie ohne Hülfe des Weines, der die 
Gefühle milderte, es würde ertragen haben» 


Ich glaube, dieſer Verſuch wird hins 
reichen, alle den naͤrriſchen Glauben an die 
abgeſchmackte, uͤber dieſen Gegenſtand ver⸗ 
breitete Meinung gaͤnzlich zu zernichten. 


Man giebt der Tarantel dieſen Nah⸗ 
men von dem Orte, an dem ſie ſich am haͤu⸗ 
fiſtgen findet. Man trift ſie um Rom, Nea⸗ 
pel, in Sizilien und Sardinien, bey der Stadt 
Tarent vorzuͤglich, in Frankreich felbſt in ſei⸗ 
nen mittaͤglichen Provinzen; aber fie iſt in 
keiner Abſicht gefaͤhrlich. Mir ſind ſelbſt 
auf meinen Reiſen im Bette Taranteln auf⸗ 
geſtoßen, die ſich in den Decken der Waͤrme 
wegen, bie fie außerordentlich lieben, 9* 

> niſtelt 


408 ol 


niſtelt hatten; aber allen Nachrichten nach 
haben fie noch niemanden befchädigt. Die 
von Ponille hält man allein für aiftig; Fans 
den fie fi in gang heißen Klimaten, fo 
würde wahrſcheinlich ihr Biß toͤdlich ſeyn *). 


Ueber den Urſprung des Tarantismus 
urtheile ich folgendermaßen: Gewbhnlich 
find ale Bewohner waͤrmerer Gegenden träge, 
iind biefe Faulheit, der Mangel an Eörperlia 
cher Bewegung, verdicken ihre Säfte.” Bes 
fonders tft died In folchen Ländern der Fall, 
wo die Salzaußdünftungen die herfchenden 
find. Diefe Verdickung der Iymphe ift dann 
die natürliche Urfahy von WVerftopfungen, 
Schwaͤche des Unterleibed, und zuletzt der 
tiefften Schwermuth. Nur allein Körperbes 
wegung Tantı gegen dieſe Uebel allein wirkſam 
feyn und nur diefe ift im Stande, durch eine 
hinreichende Ausdänftung die Maſchiene zu 
erleichtern, die Slüffigkeiten twieder in ein 


*) Die Verfhiebenheit des Klimas ift vielleicht 
die einzige Urſach der Werfchiedenheit det 
Nachrichten von der verhältnigmäßigen 
Giftigkeit diefer Thiere, da es fehr wahrs ı 
fcheinlich ift, daß biefe Spinnenart völlig une : 
ſchaͤdlich in Fühleren Gegenden ift, weil ihe 
Big in den unteren Gegenden Ftaliehd, wd | 

der Schlangenbiß ſchon tödtet ‚nureine leichte 
Wergiftung verurſacht. M. 





E 





Ey 0 409. 
gehoͤriges Gleichgewicht zu ſetzen und guten 


er gen und Frohheit wieder au erwecken, A 


+. Diefe fo unumgänglich tiothtoenbige Ber 


mie kommt dem Menfchen als eine ermuͤ⸗ 


dende Anftrengung vor, wenn fie ihm nicht 
in-einer lachenden anziehenden Form darges 
ftelt wird. Denn das Vergnügen verhuͤllt 
die = ——— ſo das jenes nur zu win⸗ 

ken ſcheint. Um dies zu erwecken, muß der 
Menſo nothwendig ſeine Sinne erſchuͤttern 


und auf ſie ſcheint nichts lebhafter als die Mu⸗ 


ſik zu wirken, vorzuͤglich in gewiſſen Lebens⸗ 
altern, Ans diefem Grunde hat jedes Wolf 
feinen Lieblingstanz, deſſen Töne feinem Oh⸗ 
re am zärtlichftem fehmeicheln , und dieſe find 
. bann im Stande, den Patienten ſogleich aus eis 
nem Todtenſchlummer zu erwecken. So has 
ben. die Portugiefen ihre Seguedillas, 
bie Spanier den Sandango, die Srans 
zoſen ben Perigourdine, die Teurfchen 
ben Walzer, die Tofkaner den Srafcone, 
bie Engländer den Ronsretanz, die Pos 
fen das Maſuriſche und endlich die Nea⸗ 
—— den Tarantello. 


Beleuchtete man mit ber Fackel wahrer, 
Kart Philoſophie alle unfere Gebraͤuche, fo 
würde fich gewiß ergeben, daßalles, was ung 
abgeſchmackt vorkommt oder etwas Wunder⸗ 

D b ba; 


49 eg > ) o( ir’ u 


bares zum Grunde zu haben ſcheint, allein 
auf ein natürliches. Bedürfniß ‚beruhet. © 
tauft man in Rußland die Kinder durch Im 
tertauchen in Eiswaſſer, um ſie fruͤh genug 
an die Strenge des Himmelſtriches zu ges 
woͤhnen, in dem fie Fünftig einmahl leben 
müffen. So verbieter das hebräifche Geſetz⸗ 
budy den Juden allen Genuß des Schweine 
fleifched, weil es zu viel faulende Säfte- in 
ihr Blut bringt, die eine fo große Geneigtheit 
zum Ausfaße hervorbringen. Eben fo ftarz 
fe Beweggründe veranlaften einige Geſetzge⸗ 
ber, die, Beſchneidung anzuordnen *) und 
Mahomet, den Wein zu verbieten. x Y 


Anmerkungen — 


Mehrere Schriftſteller ſprechen von ber 
Zarankel, aber nur fehr wenige mit eigener 
Erz 


H Hierzu gab allein Die Reinlichkeit die Ver- 
anlaffung, aus der fich felbft die Weiber einis 
ger fehr heißen Gegenden en laſſen. 


ax) Wenn dem Verbote Mahomets eine poli⸗ 
liſche Regel wirklich zum Grunde liegt, fo 
ift fie fiber falfch , da higige, aufregende 
Getraͤnke heißen Klimaten ſehr wohl bekom⸗ 
men und die Gewürze, wie die feurigs 
fien Weine, als Aufregungen der nothwens 
digentſtehenden Trägheit in —*— ganz ec 
lich zu Hauſe gehören, 


’ 








J 


EL A 411 


Erfahrung oder nur mit ber Anzeige derer, 
die fie zu machen Gelegenheit gehabt haben. 


Man ſcheint dem Tarantelbiß zu viel oder 
zu wenig zugefchrieben zu haben, denn er ift 
wicht ganz ohne Gift, wiewohl dies fo gefährlidy 
nicht zu ſeyn fcheint, als andere gefagt haben, 
—* thut folglich gut, etwas von den 
‚Erzählungen abzuziehen, um bie riggige 
anne Leraus gubervnmen rad 

"Ein Scrififteler faat: * vi⸗ brachte 
* weiter, als einige Roſenartige Flecken 
hervor und eine leichte Verwundung “andere, 
Die es etwas vergrößern, fagen, daß ber 
Mund der Tarantel'ı2 Haken habe, bie in 
beftändiger Bewegung ſind. Ihr Gift zer⸗ 
ſtere alle Empfindung und alles Leben, und 


nur die Muſik allein fey im Stande;: diefen 


gg pr auvorgufommens 


„" Gegner zu trier Kern Rh ine 
er und Tieß fidy von Toronteln der hei⸗ 


ohne —* Folgen ab. 





* 
2,4 » 


Rt ra 


- 412 ne )ol We 
“ VUR® 


Sr. Brouffonet über die Schuppen verſchie⸗ 
dener Fiſche .cc. 








| | | — GSortſchung.) 


Hr Körper, der Kopf und felbft bie Aus 
gen des Aaales find mit einem feften, 
mweißlichten unb mit einer. zahllofen Menge 
kleiner ſchwarzer Punkte befireuten. Gewebe 
überzogen, das durch ein einfaches Vergroͤße⸗ 
rungsalas angeſehen, durchloͤchert ſcheint. 
Dies iſt wieder mit einem ſehr feinen, ſchwaͤrz⸗ 
lichten Gewebe, überzogen, und man trift 
zwiſchen dieſen beyden Hüllen laͤnglichte, oft 
auch runde, Taſchen an, die mehrentheils ein 
bis zwey Linien lang ſind und von der Epider⸗ 
mis, die ſich um fie herum an die Haut an⸗ 
hängt ‚ ‚gebildet werden.  Diefe Bläfgen find 
zum Theil mit einer Feuchtigkeit angefüllt, 
welche die ganze Oberfläche des Körpers: vers 
mittelft einer unzähligen. Menge Feiner Roͤh⸗ 
zen ſchluͤpfrig erhalten. Die Schuppen liegen in 
dieſen Heinen Taſchen, deren ich eben erwähnt 


habe, in jeder eine, die fie völlig ausfüllt. Die 


konvexe Seiteift nach auffen hingefehrt. Sie 
find an den Körper durch verſchiedene Gefäße, 
bie in ihre konkave Seite hineingehen, bes 

} feſtigt. 


rn > 


* ne To 413 


feſtigt. Leeuenhoͤk hat fie fehr gut bes 
fchrieben und abgebildet. Roberg erwähnt 
ihrer in feiner Beſchreibung des Aales, und 
hat die Figuren Leeuenhöfs Eopirt. Auch 
hat Baſter in feinen Opufe? Lubuff, eine 
recht gute Abbildung davon. Unter dem 
Bergrößerungsglafe feinen bie Theile aus 

mehreren divergirenden Strahlen gebildet, und 
von einer Reihe Fleiner Schuppen, die ziegel⸗ 
förmig übereinander liegen, zufammengefeßt 
zu feyn. Die Kauptfchuppen find übrigens 
über den ganzen Koͤrper verbreitet, ohne ſich 
zu berühren. Man fieht dies fehr wohl mit 
bloßem Auge und noch meit beffer an einer 
getrockneten Haut; ein Kunſtgriff, den Are 
tedi, um fie bequemer zu unterſcheiden, 


be empficht. H 


Offenbahr iſt das De einer. ber groͤ⸗ 
ſten Vorzuͤge des Studiums der. Naturge⸗ 
ſchichte, daß ſie unſere Begriffe uͤber allge⸗ 
mein angenommene Srethümer erhellet, deren 
Zerſtoͤrung fo oft, und vorzüglich, wenn fie diaͤte⸗ 
tifche Lebensorbnung betreffen, die gröften 
Vortheile mir ſich führt. So würden bie 
heutigen Juden, von denen viele Stämme 
in Ländern wohnen, wo ed Yale fehr häufig 
giebt, vie fie aber in dem Verbote, Feine Fis 
ſche ohne Schuppen zu effen, mitbegriffen 
Be ſich diefer 8 Be Speife nicht 


ents 


, 


enthalten, wenn fie mit eben dem Eifer bie 
Naturgeſchichte trieben, als fie blind auf die 
Vorſchriſt halten, die nicht wirklich) in dem 
Sinne des Gefeßes mitbegriffen war. Das 
nehmliche koͤnnte man von den Nömern ſa⸗ 
gen, denen, nad) dem Plinius, ein Geſetz des 
He Fiſche ohne Schappe zu opfern 
verbot. 


Oft verſchaft ein gluͤckliches obneſac 4 
Voͤlkern eine Entdeckung, wovon bie gröften 
Beobachter ſich nichs hatten ahnden laſſen, 
ſelbſt mehrere Jahrhunderte nachdem man 
fie als gemeine Dinge betrachtet hatte. Dies er⸗ 
eignete ſich bey den Bauern mehrere nordifchen 
Laͤnder, die lange Zeitvor Leeneuhöfdie Schup⸗ 
pen ded Aales Eannten und fie-forgfältig abs 
kratzten um ſie mit der Miſchung zu verbinden, 
womit ſie die Mauern ihrer Haͤuſer weißfaͤrb⸗ 
ten, die davon, und beſonders im Sonnen 
ſchein, einen fehr angenehmen Glanz erhielten. 
Könnte man dies nicht fchuppenweiß nen 
nen, fo wie man wollweiß ſagt. Wlan 


Mehrere Schriftſteller eklig als 
fo! die Wale hätten Eeine Schuppen, Dies 





verſicherte Rondelet und mehrere andere Ich⸗ 


thyologen. Unter den Neueren fuͤhrt dies 

Hr. Gouan ſogar als ein charakteriſtiſches 

Kennzeichen des 3 er auf, zu 
* 





a A 415 


denen ber Aal gehört. Diefer Schriftſteller 


faat an einem anderen Orte des nehmlichen 
Werkes, daß „die: Schuppen der Fiſche 
zuweilen von einander getrennt lägen, 
under führt den Aal zum Benfplel an, Haſ⸗ 
ſelquiſt hat diefe Schuppen in feiner Reis 


ſebeſchreibung angefuͤhrt; aber er hielt * 


fuͤr ſehr von einander verſchiedene Theile. 


„Richt bloß die Schuppen waren, biejes 
nigen m Theile, melde die Ratarforſcher ben 


dieſem Thiere verfannten. Sie wuſten auch 


von ſeinen Zeugungstheilen und feine 
MWiederergeugung war ihnen guch ein Ge⸗ 

e Hnıes dem, ganzen, ‚großen Haus 
fer &riftfteller,, die eine, anatomifche 






; —5 des Aales bekaunt machten, iſt 


aliſnieri d ber ‚einzige, bervon den Zeugungs · 
alen ber behden Geſchlechter eine gute 
efhreibung und Abbildung, gegeben bat, 

sehr felten fängt, man einen Aal mit Cyan, 
und, diefe feinen bey dieſen Thieren sin fehr 
Ber Wachs thum zu haben, und die 
uͤtter ſich in dem Augenblick, baß fir a“ 
bähren follen, zu verſtecken. 


Maehrere Gattungen der Muraͤnen 
In den indiſchen Meeren haben Schuppen von 
ber nehmlichen Geſtalt, als der gemeine Aal 
hat: Diefe Site —* zu einem * 
33 In ſchle q 


416 al 
ſchlechte. Der Meerwolf hat runde und 
"weit größere, Schuppen, als der Aal, die 
eben ‚fo mie bey dieſem mit, einem Haͤutchen 
beveckt find: Alle Schriftfteller uͤber dieſe 
Gattung, ſelbſt Willoughby und Gros 
novius, die davon die beften Beſchreibungen 
gelieferthaben, verſichern, daß fiekeine Schupe 
PER habe uscnania.ı 


De 
z 2 


Eine Gattung des Schleimfifches 
(Blennius), die ſehr viel Aehnlichkeit mit 
dem Seewolfe hat, und die man unter dem 
Nahmen viviparus (Aalmutter) kennt, weil 
fie ihre Zungen ſchon voͤllig ausgebildet ges 
biehrt / iſt mit eben fo gebildeten Schuppen 
bedeckt. Sie find ganz allein nad) Verhälte 
niß der Dicke diefes Fiſches, ein wenig —* 
ner, als bey den vorhergehenden Gattungen, 

Diefer Fiſch geht die Fluͤſſe hinauf. Ich has 
be ihn zu mehreren mahlen auf den Märkten 
zu Parts und London gefehen; feine Geftalt 
ift grün. Auch iſt died nicht das einzige Bey⸗ 
fpiel‘, denn man findet die nehmliche Beſon⸗ 
berheit bey zwey anderen Fiſchgattungen; 
nehmlich beym Hornfiſche (Eſox Belone) 
und einer anderen Varletaͤt des Hechtes, 
die man zuweilen in der Gegend um Males -· 
herbes fiſcht. | ig 


% 


a 





me. Dac yr 47 


Der Schlangenfiſch, deſſen Naturs 
geſchichte in den Philoſ. Tran ſact. vom J. 
1781. bekannt gemacht iſt, hat Schuppen. 
von derſelben Art, aber da die Haut, wel⸗ 
che dieſelben an den Koͤrper befeſtigt, ſehr 
fein iſt, „fo, fallen ſie allmaͤhlich ab, ſo daß 
der Fiſch eine ganz andere Geſtalt bekoͤmmt, 
als er vorher hatte, wodurch ſich einige Ma⸗ 
turforfcher, die ihm in dieſen verſchiedenen Gen 
ftalten fahen, haben verführen laffen, zwiy 
Derichiedene „Gefchlechter daraus, zu machen. 
Ich will mich hier nicht mit einer. weitläufe 
tigen Auseinanderfeßung biefer Theile befaffen, 
da ſchon eine ‚hinreichende Befhreibung und 
Abbildung davon in den Philof. Tranſact. 
gegeben iſſt. METER 


. Diefe Schuppen, welche wir. eben uns 
terfucht haben, find unter dem Dberhäutchen 
verftecht. Sie liegen von einander, eutfernt, 
und die Fiſche welche damit verfehen find, 
haben feine Bauchfloßen, ober. zum wenigſten 
find diefe Theile bey einigen fehr klein und 
unvermögend die Thiere zu tragen. Daher 
haben alle Thiere dieſer Ordnung, einen laus 
ger Körper, um zu den wellenförmigen, Bewe⸗ 
a geſchickt zu ſeyn und fi vermittelft 
biefer zu einer gewiſſen Hoͤhe zu erheben. 
Sie entfernen ſich niemahle von den Kuͤſten, 
unnd halten ſich daſelbſt faſt beſtaͤndig in ihren 

an Dis Üchern 


were 


Loͤchern auf. DieGehöröfnungen find bey ih⸗ 
nen ſehr klein, und die Haut) welche dem 
ganzen Kopf umgiebt, wird nur an der Aus 


gengenend durchſi tige Wenn die Defnungen 


Ser Ohren groß und ihre Schuppen an eins 
ander floßend und bloß wären, fo wuͤrde ber 
Leim mit dem Waſſer in die Refptrationdors 
gane treten, ig fi ich unter die born 
teen, 

ä 


Unter ben Fiſhen deren — ge 
nahe ganz verborgen find, muͤſſen wir noch 
zwey beſondere Gattungen unterſuchen; einer 
iſt ein Scomber, den Bronne in ber Natur⸗ 
geſchichte von Jamaika befhreibt, Sein 
Koͤrper iſt glaͤnzend, ſilberfarbigt und ſchmaͤch⸗ 
"tja. Die Haut iſt von einem feſten Gewebe; 
fie hat beynahe eine Lederconſiſtenz; bie gans 
ze Oberfläche des Körpers ift mit übereins 
anderſpringenden, unterbrocherien Linien bes 
zeichnet, bie vom Kopf bis zum Schwanz in 
ihrer Richtung hinabgehen, und fih an den 
Seiten berühren. Diefe Linien werden durch 
Yänglichte, gerade, ſpitziae, an der Haut bes 
feftiate und mit einer filberfarbenen Epidermis 
bedeckte Schuppen gebildet. Ihre Länge bes 
trägt gewoͤhulich 3 bie Linien: Sie find 
am Koͤrper durch ein kleines Gefäß gebunden, 
das in daß dem Kopf am nädjften und zugleich 
ſyibloſte Ende bincing bet⸗ Man kann ſie 

nicht 


J * 
a et ————— Pan ——— — — 


EA Joc u. 219 


icht ohne Säioierigkeiten —* Sie 
geben der Haut ihre Feſtigkelt. Man faͤngt 
dieſen Fiſch in den amerikaniſchen Gewaͤſſern. 
Die andere Gattung hat Marcgrave unter 
dem Nahmen Guebum. befgrieben. Sie 
macht ein eigenes wiewohl dem fcomber fehe 
benachbarted Geflecht aus. Ich habe nes 
glaubt, ihm den franzoͤſiſchen Nahmen voilier 
laſſen zu müffen, unter dem er, wiewohlfehr uns 
‚glücklich, in Renards Werke abgebildet ift, 
Bey einem Exemplar von mehr ald 6 Fuß 
Länge, beffen Beſchreibung mir ber Riiter 
Banks aus feiner Sammlung erlaubt hat, 
waren die Schuppen acht bis neun Linien lang, 
lanzettfoͤrmig,  abgeplattet, in der Haut bes 
fefligt, und beynahe völlig von der Epider⸗ 
mis bebeckt; fie näherten ſich einanderweniger, - 
als der Fiſch aus dem Makreelengeſchlechte 
«(feomber) den ich eben beſchrieben habe, 
Ein Gefäß, das in ihre Grundflaͤche hinein⸗ 
gieng, befeſtigte fie am Koͤrper. Mare⸗ 
grave hat dieſe Theile wohl bemerkt, aber ſie 
fuͤr Fiſchgraͤten gehalten, und er behauptete 
daher, dieſer Fiſch habe Feine Schuppen, 
—* Art von Schuppen ſcheinen der Haut 
einen hohen Grad von Feſtigkeit zu geben, in⸗ 
deß ſie auch zu gleicher Zeit die Bewegungen 
der Fiſche erleichtern, die damit bedeckt 
ſind, da ſie die Oberflaͤche ſchluͤpfrich und 
glatt machen: Dieſe beyden Gattungen, bey 
I — bene 


420 u Ge; 


denen ich fie beobachtet habe, ſchwimmen ſehr 
ſchnellz vorzüglich der voilier, der mit einem 
langen harten Schnabel bewafnet tft, ſchwimmt 
mit einer ſo reißenden Geſchwindigkeit, daß 
er oft mehrere Zoll tief das Holz der Schiffe, 
worauf er ſtoͤßt, durchbohrt. Man findet 
ihn in Brafilien und in den Indifchen Meeren, 


Diefe knochichten und verlängerten Schup⸗ 
pen haben mit denen, die den Körper der Gees 
hunde bedecken, einige Analogie, Aber diefe 
find völlig bedeckt. Sie find regelmäßig ge 
ordnet und fehr ſtark an die Haut befeftigt. 
Die vom Hechte, die Baſter abgebildet hat, 


find fehr Eleinz aber: unter dem. Mikroftop 


erfcheinen fieabgeplattet, an ihrer Grundfläche 


zufammengezogen und beynahe lanzettfoͤrmig. 


Man bemerkt auf ihrer Oberflaͤche zwey oder 
drey in die Laͤnge gehende Linien. Ohne Huͤlfe 
irgend eines Juſtruments laſſen ſich die Schup⸗ 
pen von einem gleichen Baue bey einer neuen 
Art von Seehunden, die ich in den Memoir. 


de PAcad. 1780 unter der Benennung der 
geſchuppten befhrieben habe, wahrnehmen. 


Einige Fiſche der Klafje haben platte, gläns 
zende, beynahe runde und fehr nahe aneinanıs 
der liegeade Schuppen. 


Alle dieſe Schuppen find ſehr fe anı Sie 
* geheftet; dieſe Feſtigkeit war noͤthig, 
+ damit 








* Jet —* gi 


damit fie fich bey. den verwickelten Bewegun⸗ 
gen, welche dieſe Fiſche machenmuͤſſen, 
nicht: loßloͤſen koͤnnten. Sie geben ihnen 
uͤbrigens auch eine Art von Schutz gegen die 
kleinſten Fiſche, da ſie ihre Haut feft und un 
beym Angreifen maden.  - 


Der Stacyelbaud) Bd hat fehe 
beine, nabelförmige Schuppen, beren Spiße 
vom Körper abwärts ſtehet. Dieſe Richtung 
iſt bey Fiſchen unumgaͤnglich, die nach Wis 
kuͤhr ſich aufblähen und alsbald ſich wieder 
zu einem: Eleinen Rörper zufammenziehen. koͤn⸗ 
nen. Mehrere Gattungen haben knoͤcherne, 
fehr harte, unter einander verbundene Schups 
pen, wie die Panzerfifche.(loricaria) und 
‚bie Beinfiſche; endlich andere, wie die Meer⸗ 
nadel u, f. w. haben Insrpelartige, einwenig 
biegfame, breite und unbeweglich auf einer 
dicken Haut befeftigte Schuppen. 


Die Schuppen fcheinen allen Gattungen 
von Fifchen allgemein eigen zu ſeyn, und den 
Thieren Vertheidigungsmaffen dadurch zu 
geben, daß fie ihre Haut, die durch dag Ele⸗ 
ment, worin fie leben, unaufhörlich erweicht 
wird, mehr befeftigen. Die Fifche find ebens 
fals mit knochichten Erhabenheiten verfehen, 
mit Stadeln, Gelenkfortfäßen und felbft 


mit einer Art von Haaren gerüftet, Der letz⸗ 
tere 


4 


ai 


AM a 5 0 


tere Fol ift indeß in Wahrheit fehr felten, 
und allein bey ſehr wenigen Gattungen zu 
bemerken, namentlid bey einer Lachsart, 
die Duhamel unter dem Nahmen: des 
Kapellan : von Amerika bat abbilden 
laſſen. ar 1 


Die Art, wie fi die Schuppen, bilden, 
und wie fie wachfen, der Gebrauch derfelben, 
das Alter der Fifche zu entdecken, bleiben als 
Gegenftände für einige andere Abhandlungen 
zuruͤck; id) begnäge mich hier, fie an Gattun⸗ 
‚gen zu zeigen, wo fie vorher noch nicht be⸗ 
kannt waren. 


kr 


I 





At, de la Coudreniere über die Abweichun⸗ 
OR, gen der Natur. 
D ie Mißgeburten, welche man von Zeit zu 
RNRZeit erſcheinen ſiehet, haben zur Vers 
breitung des abgeſchmackten Syſtemes: vom 
zufaͤlligen Zuſammenfluß der Atomen, das 
meiſte beygetragen. Sn der That, es iſt nicht 
leicht, zu erklaͤren, wie die Exiſtenz der Miß⸗ 
geburten in die allgemeine Harmonie der Din⸗ 
ge mit eingreifen Tann, und wie eine welfe 
. und allmädhtige erſte Urſach diefe fehlerhaften - 
Produkte zuläft,; die mit der Vollkommen⸗ 
heit aller ver ſchoͤnen Geftalten, die fie in 
‚allen Thellen des Univerfums hervorbringt, 
eluen fo auffallenden Contraſt machen. Dies 
fe Fragen ſchienen mir immer einen Philoſo⸗ 
pyhen verlegen machen zu koͤnnen; aber bey 
“ einem näheren Nachdenken fand ic} bald, daß 
hier fo ‚gut, als bey anderen Aufgaben der Art, 
‚unfere Urtheile zu voreilig find. Man ers 
laube mir, die Ideen, bie ich über diefen fons 
berbaren und intereffanten Gegenftand gehabt 
habe, aus einander zu feßen, 


> 


Man kann die Mifgeburten in dreh 
Klaſſen theilen. Die erfie begreift diejenigen, 
> - mels 


* 


424 — 204 


welche aus der Vermiſchung zweyer Thiere 
verſchiedener Gattungen entſtanden, wie der 
Mauleſel von der Vermiſchung des Pferdes 
und Eſels. In der zweyten Klaſſe ſtehen 
diejenigen, welche von Individuen einer Gat⸗ 
tung erzeugt werden, aber die in einer Miß⸗ 
geſtalt, mit untauglichen Gliedern oder zu vie⸗ 
len oder zu wenigen Armen nnd Füßen auf 
die Welt kommen.  » Die’ dritte Klaſſe endlich 
begreift die Mißgeburten/ die vom Vater 
amd Mutter durchaus verſchieden, aber doch 
völlig wohl gebauet find,: ſo daß fie eine neue 
Gattung. zu bilden. ſcheinen. har fi * oe 
Albinos und andere. — 


Bon ber. erſten Klaſ⸗ — man nur 
die kraſtloſen Individua: Mißgeburten nen⸗ 
nen, die von zweyen ſehr entfernten oder voͤl⸗ 
lig unaͤhnlichen Gattungen erzeugt erden, 
wie 3. B. die Jumaren,. die von Ochſen und 


‚Maulthieren kommen. Wenn der Eſel vom 


Pferde weniger verſchieden waͤre, ſo wuͤrden 
die Mauleſel hoͤchſt wahrſcheinlich ihr Ge⸗ 
ſchlecht fortpflanzen koͤnnen, aber er weicht zu 
ſehr durch ſeinen kleineren Wuchs, feinen 


Schwanz, feine Ohren, feine. ganze Geftalt, 


feine Nahrungsmittel, und endlich vorzüglid) 
durch ſeine Gemuͤthsart von ihm ab. Es 
iſt eben nicht erſtaunenswuͤrdig daß bey einer 
ſolchen Verſchiedenheit der Form nur eine 


— 


Miß⸗ a 


— 





a 4425 


Miß geburt der Art entſtehet. Ich alaube, 
man barf zwey Gattungen nicht als zweh ents 
fernte Varietaͤten anfehen, weil die Natur 


von einem Geſchlechte zum anderen unmerk⸗ 
lich übergehet, uud felbft die vrey Reihe 


unzertrennlich verknüpft zu haben fcheint. 
Wenn deshalb zwey Gatiungen nur ein ges 
ſchwaͤchtes Thier in ihrer Vermiſchung zeus 
gen, fo muß man fie als zwey Varietaͤten 
<. Betrachten, die zu entfernt von einander find, 
als daß fie zufammen ein Xhier hervorbrins 
gen Fönnten, welches ſich fortzupflangen fähig 
wäre, Men aber zwey Gattungen nur mes 
nig von eihander verfchieden find, fo erzeugen 
fie in der Vermifchung ein neues Geſchlecht, 
welches bie Mittelnuange macht, und ſich 
fortpflanzen Fann. Won der Art find die vers 
ſchiedenen Hundegefchlechter, die bis. ins Uns 
endliche variiren. Es ift anmerklungswerch, 
daß die Natur die Verbintungen, die Miß⸗ 


7 


geburten hervorbringt, nicht anerkennen zu 


wollen ſcheint; denn fie gebraucht die Vorſicht, 


ben Geſchlechtstrieb nur felten mächtig ges 


nug dazu werden zu laffen. Das Pferd wird 
ſich nie mit dem weiblichen Efel vermifchen, 
wenn es Stutten zu feinem Gebrauche hat; 
unb wenn dieſe bewunderungswuͤrdige Natur 
biefe widernatuͤrlichen Vermiſchungen nicht 
fruchtlos macht, fo ift allein ihre unermeß« 
liche Fruchtbarkeit daran ſchuld. 

Ce Auch 


426 * ——— — 8 * 
— 
Auch die Hervorbringung der zweyten 
Klaſſe von Ungeheueren ſcheint ebenfalls der 
Abſicht der Natur zuwider zu ſeyn. Nur 
den unübermindlichflen Hinderniſſen muß man 
die Entftehung diefer Rlaffe zufchreiben. in 
Sieger, derfchlechte Formen gebrauchen muß, 
kann auch nur fehlechte Arbeiten machen, und 
auf diefelbe Art Fönnen, wenn die Natur 
durch Rrankheiten oder andere Zufälle verdor; 
bene Modelle braucht, nur fehlerhafte Pros 
dukte herauskommen. Taͤglich haben wir 
Beyſpiele, daß eine ſchlechte Verdauung, eine 
leichte Unpaͤßlichkeit, eine zu lebhaft erregte 
Einbildungskraft einer ſchwangeren Frau ma⸗ 
chen koͤnnen, daß ihr Kind verlohren gehet. 
Und wenn der Embryon auch nicht ſtirbt, ſo 
koͤnnen innere Fehler und Zufaͤlle doch Miß⸗ 
geburten machen. Die immer fruchtbare 
Natur zieht die halbe Bildung dem gänzlihen 
Mangel der Schöpfung vor. Dies hindert 
ihr Streben zur Bollfommenheit inallen Din- ; 
gen nicht, wie Ariftoteles ſchon fehr gut'ber 
merkt hat. Eins der für mid) überzeugend» | 
fien Beyſpiele hiervon ift eine zu Ylantes 
gefchehene Vegebenheit. Der Sohn von eis 
nem Schreiber diefer Stadt ward völlig fo 
mißgebildet als fein Vater gebohren, bekam 
eine heftige Krankheit im fünften oder ſech⸗ 
ſten Fahre, die ihm feine ganze Mißgeſtalt weg⸗ 
‚make, Seine Beine würden gerade er ee 
r⸗ 








* 


TRIAL W 427 


Körper befam eine ganz andere Form; aber 
er ward fo Frank, daß man an feiner Wie⸗ 
bergenefung völlig verzweifelte, Die Bey⸗ 
fptele von Kindern ; die, wenn fie groß wer⸗ 
- ben, ſich entwickeln, find fo felten nicht, und 
bie. Anſtrengungen ber Nutur, die fie in 
Krankheiten anwendet, die Gefundheit wieder 
zu verſchaffen, find Beweiſes genug, daß ſie 
es immer auf Vervollkommnung anlegt. Al⸗ 
ſo mit ſehr großem 1 Unvehte beſchuldigt man 
fie. eines Eigenfinnes, der Launen und ber 
Unregelmäßigkeit bey ihrem Verfahren, und 
ungeachtet ihrer Abweichungen müffen wir 
body ihren einfachen, regelmäßigen Gang ig 
* Weiöheit anerkennen: 


Die dritte Klaſſe ber Difgeburten aiebt 
und Stoff zu zahlreichen intereffanten Bemers 
kungen. Man fi eht die weißen Neger oder 
Albinos gewöhnlich für Mißgeburten an, aber 
wenn fie das und bizarre Spiele der Nas 
tur wirklich wären, warum twürde die Natur 
fie denn immer nad) derfelben Form bilden? 
Warum haben alle diefe Albinos eine milch⸗ 
weiße Haut, alle Züge der Neger, weißlichte 
und eben fo gefräufelte Haare, wie dieſe, eis 
nen rothen Augenftern und ein fo empfinblis 
ches Auge, daß fie nur in der Dämmerung 
Gegenftände erkennen können? — Alle find 
fie in diefelbe Form genofien, und es gehet Fein 

Ce a Jahr 


428. Be * 


Jahr hin, dag nicht irgendwo einer geboh⸗ 
ren wird. \ Micht bloß in dem heigen Erd⸗ 
gürtel bringt fie die Natur hervor, dag heiſt, 
allenthalben wo «8 Neger giebt, fondern vor 
10712 Sahren warb einer in Louiſiana und 
ein anderer in Virginien nebohren*). Doch 
ift es nothwendig, daß die Eltern Negern 
find, denn man hat fie niemahls von Mulat⸗ 
ten oder Weiffen erzeugt gefehen. Da 


Veraulaſſen uns dieſe Bemerkungen nun 
nicht zu der Muthmaßung, daß die Natur 
durch diefe Abweichungen eine neue Menſchen⸗ 


race zu bilden ſucht? Einige Naturforſcher 


behaupten, daß dieſe Albinos zur Fortpflan⸗ 
zung unfähig wären; aber ich glaube ſchwer⸗ 
ld, daß man biefe Behauptung mit ficheren 
Erfahrungen wird belegen fönnen, Und wenn 
man auch biefe Vorausſetzung für gegründet 
halten wollte, fo würde man immer anueh⸗ 
‚men Eönnen, daß eine noch unvollfommene 


Gattung, fih mit der Zeit vervollfommne. - 


Es find neue Formen, melche vie Natur iBt 
erſt aus dem Gruben herausarbeitet und ver; 
ſucht. Allgemach Kann fie daraus eine Mens 
ſchengattung bilden, die wie die anderen, ſich 


durch | 


*) Setzt giebt e3 in FAR Nähe eine Menge } 


dergleichen, Auch ift die folgende Einſchraͤn⸗ 
tung durch diefe Erfahrungen ——— 


® 


4 





Jo Lat, 429 


durch Zeugung fortpflangte. Mir find nicht 
gewiß Davon überzeugt, ob diefe Menfchen 
der Kortpflanzung durch Zeugung unfähig 
find. ‚Die anderen Niger haben tine Are 
von Abſcheu gegen fie und vermt tichen ſich nie 

mitihnen ;überbem koͤmmt anirgend einem Or⸗ 
‚te ein männlicher einmahl zum Vorſchein und 
mehrere hundert Meilen davon ein Weib 
dieſer Raçe. Man ſollte fie einander naͤhern 
und mit einander verheyrathen; etwas, das 
doch wohl niemahls geſchehen if, Sch geſtehe 
‚Frey, daß, wenn man allein die Albinos als 
bie einzigen Vemeife-für den Satz, daf die 
Natur durch diefe Urt von Abweichungen auf 
die Bildung neuer. Racen auggehe, anführen 
wollte, diefe Hypothefe auf fehr wandelba⸗ 
ren Stüßen ruhe, Aber ed giebt noch eine 
° unendlihe Menge von Benfpielen unter andes 
ren Thiergefchlechtern , die fi f bis * a 
—— beweiſen. | 


. Die Nouvelles de.la Repubiigue des, 
Lars *) führen an, daß eine Schweinmuts 
ter, am Ende des vorigen Jahrhunderts, 
eine kleine Mißgeburt gebahr, die einen 
Säweineleib, und Ohren unb einen Ruͤſſel 
wie ein Elephant hatte. / Bor: ohngefähr 
ſunſzeha Jahren zeigte ſich ein aͤhnliches in 
e 3 Ca⸗ 


[ZZ 


*) Mars. 1699, ; 


430 Er) 


Canada. Und endlich habe ichin irgend eis 
- nem periodifhen Werke von einem dritten 
gelefen, dad man vor wenig Fahren bemerkte. 
Das waren alfo in — ——— als einem Jahr⸗ 
hundert drey vorgebliche Mißgeburten an drey 
verſchiedenen Orten, nach demſelben Modelle 
geformt. Ich kann mich ſchwer davon uͤber⸗ 
zeugen, daß dies einfache Naturſpiele gewe⸗ 
ſen ſind. Dreye von dieſen ſonderbaren Er⸗ 
zeugnißen ſind mir bekannt geworden, aber 
wieviele mögen mir nicht unbekannt geblie⸗ 
ben ſeyn. Gewiß haben die Abweichungen 
aus der dritten Klaſſe der Mißgeburten eine 
Beſtimmung, einen erhabenen Endzweck, und 
oft mag man neue Gattungen, die ſich verviel⸗ 
fältigen würden , wenn man fie nicht augret⸗ | 
tete, für Mißgeburten halten. 4 


Mehrere andere. Binfpiele Seffäitgen 
biefe Bermuthung. Man fahe im vorigen 
Jahrhundert in England einen Menfchen*), 
deſſen Haut völlig mit Borſten befeßt war, 

"und den man den Stachelfchweinmenfchen 
nannte, Dies fo fonderbareWefen fand doch eine 
Geliebte, verheyrathete fi, und zeugte ihm 
ähnlihe Kinder, weswegen man wirkfame 


Maasregeln ergriff, die Ausbreitung diefer 


neuen Rage zu verhindern, Wieviel Thier⸗ 
— gattun⸗ 


*) Philoſ. Tranſact. 





— 431 


‚gattungen Tonnen ſich ebenfalls auf dieſe Art 
gebilder haben. Der Surmulot ift ein Bey⸗ 
fpiel der Artz zum. wenigften läßt ſich das fis 
cher annehmen, daß diefe Gattung vor 50 
Sahren noch völlig unbekannt war, Woher 
kamen denn biefe Thiere, als fie fo ploͤtzlich 
in den Gegenden um Paris erfhienn? — 
Das Thier von Gevaudan war. ohne Zweifel 
von einer Wölfin gebohren; aber diefer Wolf 
übertraf feinegange Gattung an Kraft, Schnel: 
Tigfeit und Gefräßigfeit, Man kann daffels 
be von einigen anderen gefräßigen Thieren 
fagen, die von Zeit zu Zeit zum Vorſcheine 
kommen. Außerdem erwaͤhnen die alten Nas 
turforfcher einer Menge doch wirklich in Euz 
ropa exiſtirenden Thiere gar nicht, und man 
findet oft Männer und Weiber von einer 
foldyen Riefengröße, daß bey einer WVereinis 
‚gung berfelben, ein Rieſenvolk ausihrer Vers 
miſchung entfichen koͤnnte. 


Dies find die Abweichungen der Natur 
ober vielmehr die Beweiſe ihrer Eraftoollen 
‚Fruchtbarkeit, mit der fie jede Gattung bis in 
das Unendliche variirt, befonders in Abficht des 
Wuchſes und der Form ber Züge. Sehr 
‚oft gleichen die Kinder weder bem Vater noch 
der Mutter im mindeften, weil die Natur 
immer zu Eleinen Abweichungen geneigt ift, 
‚um Berfchiedenheit und Abwechſelung unter 
4 Ee 4 ihre 


432 . D) ie ide 


ihre Formen zu bringen. Wenn im Allge⸗ 
meinen die jeßigen Menſchen diefer Jahrhun⸗ 
derre den alten Grigchen und Römern ähneln, 
fo kommt dies daher, daß bie“ Gefeße 
die Entftehung neuer Roeen verhindern, daß 
ſie dem Bruder Feine Heyrath mit feiner 
Schweſter erlauben. Wenn im Gegentheil 
tie Menfchen zu Heyrathen mit ihren naͤch⸗ 
ſten Blutsverwandten durch bie Geſetze gezwun⸗ 
gen waͤren, ſo wuͤrden itzt die Voͤlkerſchaften 
weſentlich von einander verſchieden ſeyn. Die⸗ 
fe Gründe beſtimmten wohl die Geſetzgeber 
die Heyrathen zwiſchen Bruͤdern und Schwe⸗ 
ſtern zu verbieten. —J 


Dieſe Beobachtungen zuſammengenom⸗ 
men ſind hinreichend, uns zu uͤberzeugen, daß 
der Endzweck der Natur bey dieſen Abwei⸗ 
chungen nicht der geweſen iſt, Mißgeburten 
hervorzubringen, ſondern neue Gattungen 
oder Varietaͤten von Gattungen. Dies iſt 
eine Folge ihrer ſchoͤpferiſchen Fruchtbarkeit, 
ohne die, wie man ſieht, die Generation des 
Menſchen und der Thiere nicht moͤglich waͤre, 
fo wie der Wahsthum und die Entwickelung 
ber Theile, die im Anfang der Eriftenz nur 
erft grob angelegt find. Wie Eonnte bie 
Natur ohne diefe wunderbare Kraft die Züge 
eines Kindes nach feiner Geburt, wie auch 
feine Glieder, verändern? — Könnte fie 


ohne 





* )o( ** 433 


"ehe Medel efnen Wutterkuchen bilden, 
um das Kind darinn einzuhullen? — Nies 
‚mals, Es ift nicht die Drganifation des Was 
ters, nicht die der Mutter, welche die Mas 
tur aufhalten und verhindern kann, daß fie 
von ihrem Mufter nicht abweihe. Denn 
fonft möften vie Schmetterlinge, Schmetters 
linge, wie ſie ſelbſt find, erzeugen, und nicht 
‚Raupen, diejenes erftnac einer Menge von 
 Metamorphofen , und mehrmahliger, Haͤu⸗ 
tung werben Eönnen. Man verlaffe doch ends 
lich einmahl die alten Einbildungen, die eine 
kranke Phyſik allein zu beftätigen fucht, und 
verwerfe alle die feinen Materien, den Zus 
fammenfluß runder; Erummer,  Aftiger Atos 
men, biegeraben Poren, u. ſ. w. diezu nichts 


taugen und nicht das mindeſte erklaͤren. Man 


ſtrenge ſeine Einbildungskraft an, und erkenne 
imUniverſum die allverbreitete Macht einer im⸗ 


mer wirkfamen bildenden Kraft. Dieſe allge⸗ 
meine Weltſeele haben die alten Naturfors 


ſcher wohl gekannt. 


Wenn ich Polypen und andere Thiere 
durch Verzweigung, mie eine unendliche Mens 
ge Vegetabilien fich vervielfältigen ſehe, kann 
ich dieſe bildende Kraft uͤberſehen? Man 
ſehe, wie gewiſſe abgeſchnittene Theile ſich 
wiedererzeugen, wie er Fleiſch wiederwaͤchſt, 

wie 


wie eine Verletzung eines Baumes wiederers 
- feßt wird, wenn der; Verluft der Epivermis 
nicht zu groß ift, aber vorzüglich, wie bey 
Beinbrücgen neue Kuorpel ſich bilden, um bie 
knochichten Theile wieder zunereinigen. Wo⸗ 
her hat die Natur das Model zu dieſer neuen 
Arbeit genommen? — Eine zahlloſe Men⸗ 
ge ähnlicher Wunder bemeift offenbahr, daß 
diefe fruchtbare Natur aus eigener Kraft, 
ſich ollee Gattungen zur —— von neu⸗ 
en bedienen kann. 


3a ‚allen Zeiten fanden fich Gelehr: 
te, welche die Vermuthung hatten, daß die 
Natur: aus eignen Kraft neue Thier⸗ und ' 
Pflanzengattungen zu bilden im Stande fey. 
Aber Sklaven der Worurtheile, die alles 
übernatürlich erklären wollten, machten ihnen 
den Einwurf, daß man keine Thiere auf dem 
Mifthaufen, im Rothe und Leime entſtehen 
fähe. Diefer Einwurf ift indeß ſchwach. 
Denn kann ein Mahler ein Gemählde ver⸗ 
fertigen, ohne alle feine Farben bey der Hand 
zu haben? Wenn ein Künftler brauchbarer 
Juſtrumente, und feiner Materialien gefams 
melt bedarf, um feine Fleinen Arbeiten zu 
vollenden, wie wird denn Die Natur ihre Wun⸗ 
der num gerade im Kothe und $eime verrichs 
ten? Bedarf fie Feiner Analogie und anpaſſen⸗ 
der Materien? Ein Schaaf kann von feinem 


Ti⸗ 





—2 435 


Tiger erzeugt werben, noch kann die Sliade 
oder Aeneide aus der Einbildungskraft eines 
ungebildeten Wilden, noch die Angabe der 
Maſchiene von Marly aus dem Gehirne ein 
nes Menfhen fommen, der Erinen Begriff 
von Mechanik hat. Es ift gar nicht vers 
wunderungsmwürdig, daß die Natur nur nei 
Gattungen aus denen bilden koͤnne, die fi, 
diefen ammeiften nähern, Eine geringe Abs 
weichung führt fie zum Ziele. Wenn fie ein 
neues Quadruped hervorbringen will, fo bes 
dient fie fih ihm am naͤchſten Eommender 
zur Orundlage, und dies wird die analoge 
Form, nad) det fie ihr neues Werk ausmos 
beit, 3. B. ift es fehr einleuchtend, daf wenn 
die Gattung des Fuchfes fehlte, die Natur 
fi zur Grundlage weit eher des Wolfes oder 
des Hundes bedienen mürbe, als der Gau 
oder der Kuh; meit weniger noch würde fie 
einen Vogel oder einen Fiſch dazu gebrauchen 
koͤnnen. Aber biefe Wahrheiten find fo hand» 
greiflich, daß es ſich der Mühe nicht verlohnt, 
ſich länger dabey aufzuhalten, 


Man Ednnte mir einwenden, daß die 
Natur bey dem obenangeführten Schweine 
mit einem Elephantenrüffel und Ohren eine . 
fehr ftarfe Abweichung gewagt hätte; aber 
fie ift nicht fo ſtark, daß fie unglaublich wärs 
de. Der große kinne fezt diefe beyden Thiere 

in 


436 we )ol WE 


än die nehmliche Claffe von Quadrupeden zu⸗ 
ſammen: beyde haben Hauzaͤhne, kleine 
Augen, eine harte Haut, die mit gleichar⸗ 
tigen Haaren beſetzt iſt. Der Ruͤſſel des 
Schweines iſt beweglich und ziehet ſich nach 
der Willkuͤhr des Thieres zuſammen, wie 
‚der Elephantenruͤſſel. Auch haben ihre Schwaͤn⸗ 
ze und die ganze Form der Koͤrper einige Aehn⸗ 
Uchkeit. Die Natur macht alſo nur eine ge⸗ 
ringe — ohngefaͤhr mie bey dem 
Meuſchengeſchlechte, wenn m Albinos pers 4 
vorbringt. 


Dieſe haben mich am 
Ende zu: einem Refultate geführt, das wohl 
mehrere befremden wird, nehmlich daß bie 
Eriftenz der Gattungen fo gut, wie die Ins 
dividua, ihre Wahsthum und ihre Abnahme 
habe. Wenn die Natur Abmwechfelung und 

Veränderungen liebt, wie ung ihre Abwei⸗ 
ungen zu bemeifen feheinen, fo müffen wir 
annehmen, daß die Erfcheinung neuer Ges | 
ſchlechter den alten nicht anders als hoͤchſt 
nachtheilig ſeyn koͤnne. Es nehmen Fremde 
an der Subſtanz Theil und find neue Feinde 
für fie, woraus eine für die alten Ges 7 
ſchlechter in dem Verhaͤltniße ſchnelle Abs 7 
nahme erfolgt, als die Zunahme der neu⸗ 
en ift, 
4 


Die 


—— 4 








| 


— 


RR ON gg 


Die Alten haben mehrere Menſchen⸗ 
unb Thiergeſchlechter befhrieben, die int nicht 
mehr da find. Die Trümmer alter Schoͤp⸗ 
fungen im Schooße der Erde beflätigen fie. 
Ein Theil derfelben hat itzt durchaus ‚nicht 
mehr vorhandenen Gattungen angehört; Ein 
Theil hat unter den Ichenden nur im heißen 
Erdgürtel etwas analoges ;, ein anderer, wie 
der Mammouth, allein nur in denPolarländern. 
SH weiß, dag Naturforfher, um biefe Er⸗ 
fheinungen zu erklären, eine fo große Vers 
Anderung der Erdaxe angenommen haben, _ 
daß fie die Temperatur aller Länder verändert 
habe. Aber diefe Hypothefe hat unüberfteige 


liche Schwierigkeiten. Weit wahrfh:inlicher 


ift der allmählige Verfall der Thiere, wo⸗ 
von die Rede iſt. Die Auftern find itzt un⸗ 
ter alle Temperaturen des Himmels zerftreuet, 


aber vielleicht in mehreren Fahrtauſenden wird 


man fie allein in einigen Erdwinkeln finden. 
’ — 

“Alles in der Natur iſt mit einander 

verkettet und folgt aus einander, Die Bas 

rietäten einer Oattung haben auf irgend; ets 

was einen Einfluß, und werden oft zum Das 

feyn mehrerer anderer nothmendig. Wieviel 


- giebt ed nicht Meerungeheuer und Wögel, 


die von Fiſchen leben, und die ohne den Hee⸗ 


ring und den fliegenden Fiſch ſich nicht ers 


halten könnten? Die Veränderung ber. Luft 
und 


438 a I ng 


und des Bodens von einem Lande, neue Ver⸗ 
bindungen, neue Verhältniffe, neue Pflanzen, 
nene Produkte verfhiedener Geſchlechter, 
find eben foviel Mittel, welche die Natur 
zur Vefhleunigung ber Zerftörung alter 
Gattungen anwendet... Diefe erleiden diefelbe 
Behandlung , mit der fie gegen die anderen 
verfahren find, und bie, weldye ißt die Stelle 
von jenen erſetzen, werden ebenfalld von den 
Gattungen, denen fie ihr Dafeyn geben, bes 
handelt werden. So ift der gewöhnliche 
Gang der Natur, Sie bauet nur, um zu 
jerflören, und zerflört nur, um miederaufjus 
bauen; ihre Produkte durchgehen einen ewis 
gen Kreislauf, von dem des Menfchen bes, 
ſchraͤnkter Geift weder Anfang noch Ende 


ſiehet. 


Ein anderer Grund, der uns die Zu⸗ 
nahme und den Verfall der Thier und Pflan⸗ 
zengattungen hinreichend beweiſt, iſt, daß wir 
aller Unterftüßung der Künfte nöıhig haben, 
um manche Gattungen nicht entarten zu laſ⸗ 
fen; man muß fie pflegen, ihre Temperatur 
verändern und die Racen durchkreuzen. 
Schon kann der Elephant nur im wildeften Zus 
fiande zeugen, und die ganze Menfchheit ift 
von einer Krankheit befallen, welche die Les 
bensfräfte in ihrem innerften Heiligthume 
‚ angreift. Wo fieng diefe unglückliche Krande 

heit 


N 
ei r 








ee 439° 


heit an? — Unter ben rothbraunen und 
unbärtigen Einwohnern von Amerika, die bey 
einem aͤußerſt empfindlichen Baue weber dem 
Himmels ſtrich umändernnod großen Arbeis 
‚ten fich unterziehen Tonnen, und folglich für’ 
die Fortpflanzung nur ſchwach find. Dies 
ift bey dem weißen, bärtigen Europäer, und _ 
Schwarzen Eraußharigten Afrikaner niemahls 

ber Fall.  Diefe beyden Gattungen verbreis 
ten ſich durch alle Klimate, vermehren fich 
beträchtlich dafelbft und find bie haͤrteſten Ar⸗ 
beiten zu ertragen fählg, Woher kommt 
diefer Unterſchied? Weil die Indianer den 
älteften Menfchenftamm ausmachen und bie 
anderen alle von ihnen herkommen. 


Die leichten Nüangen, bie eine Gattung 
zumeilen mit der anderen zu vermifchen fcheint, 
find dagegen oft durch einen abgebrochnen 
Uebergang zwiſchen zwey Gattungen, die 
wenig Analogie mit einander haben, unter, 
brochen; aber es muß Öattungen gegeben 
haben, die diefen Uebergang fanfter verkettes -' 
ten. Kann man fo nicht annehmen, daß es 
ehedem Satyrs gab, die den Hebergang zwi⸗ 
{hen Drang » Utang und Neger unmerklider 
machten. Da diefe Zmifchengattungen zerftört . 
waren, fo entftanden Luͤcken daraus, bie 
an vielen Drten bie unermeßliche Kette der 
* unterbrachen, die @ fonft von der 

gröbs 


ar 


aröbften Pflanze bis zum thätigften oerläntige 
ften Thiere erſtrecken wuͤrde. 


Man kaun hierans den Schluß machen, 
dag die Natur große Hilfsmittel zut Errei⸗ 
‚hung ihrer Endzwecke har. Sie liebt Vers 
wandtfhaften, fie begränzt das Dafeyn aller 
ihrer Produkte; fie bedient fi alter Gats 
‚tung um neue ind Leben zu rufen, und gelangt 
dahin durch gelinde Abweichungen, die man 


“immer für Mißgeburten hielt: Welche bes 


munderungsmwürdige, Einfachheit der. Mittel, 
Wollen wir ihr num noch diefe Abweichungen 
zum VBorwurfe machen. Ihr Zweck, felbft 
bey ihren unvollfommenften Erzeugniſſen iſt 
nicht Hervorbringung von Mißgeburten. Im⸗ 
mer iſt er Vollkommenheit. 


—9 





— 441 
RL 


Ueber den Mammouth, ein Brönländi: 
ſches Thier, wovon ſich Rnochen und uns 
geheuere Zähne in Europa, Aſien und Ame⸗ 
rika finden, vom sen. de la 
Coudreniere. 














Die Ueberbleibſel ungeheuerer Thlere, die 
D ſich häufig in Europa und in den mit⸗ 
ternächtlichen Öegenden von Aſien und Ames 
rika finden, haben bie Naturforfcher von je- 
„her außerordentlich befhäftigt. Der Hr. Gr, 
von Büffon, dem die Naturgefhichte fo viel 
ſchuldig ift, glaubt, daß die Elephanten, bie 
Naßhoͤrner, die Flußpferde und andere 
Thiere aus den mittäglichen Gegenden zus 
erft urfprünglich den Norden der beyden Con⸗ 
tinente bewohnten, und daß fie, nachdem 
dieſe Theile der Erdkugel beträchtlich Fälter 
wurben, fich in bie wärmeren $änder Aſiens 
und Afrikas verbreiteten. Aber hätten diefe 
Thiere Sanada bemohnt und fich jemahls an . 
ben Ufern des Dhio und Miffifippi aufgehals 
ten, warum zogen fie fih nicht nach dem Kaͤl⸗ 
terwerben dieſer Landſchaften in die mittäglis 
chen Theile von Amerika zurück? Sft der 
Sag wohl gegründet, daß ber Iſthmus von 
’ öf Pana⸗ 


448 “Ic 


[3 
Panama, der zum menigften 15 Linien breit 
ift, immer einen unüberwindlihen Graͤnz⸗ 
punkt für die Elephanten bildete. Zum me; 
nigſten ift diefe Vorausfeßung Außerft gewagt: 
Und wenn man fie audy zugäbe, müfte dies 
Thier zum wenigften ſich nicht in der Pro- 
vinz Öuatimale, Sucatan, und im ganzen 
Reiche Alt: Mexico finden? Außerdem find 
die erfienÖrundlagen diefer Hypotheſe unficher. 
Die Erde wird nicht Fälter. Europa war vor 
zweytaufend Jahren Fälter, als ist. Man 
hat gefagt, daß der Anbau des Landes 


diefe Verminderung der Kälte verurfacht has " 


be, aber ift diefe Antwort dem Syſteme Büfs 
fond zuwider? — Denn da die Erde durch 
die Bebauung, der Wälder, die fie beſchirm⸗ 
: ten, beraubt ward, fo ward fie eben dadurch 
dem Einfluße Falter Winde, des Schnee 
amd des Eifes mehr ausgefeßt, etwas, dad 


ihe Waͤrmerwerden doch hätte verhindern 
möüffen. Und endlich da die Erde an den 


Polen eingebrückt ift, fo müfte fie dafelbft 


meit weniger kalt geworben feyn, da diefe dem 
vorgegebenen Centralfeuer am nächften ſeyn 


muͤßten. 


Der Ritter von Lamanon hat erwie⸗ 
fen, daß die am Ohio gefundenen Ueberreſte 


dem Elephanten nicht angehören Fönnen. 


Dies 





Yo —— 


Dies hat Hr. a ſchon dem Gr. v. 
- Büffon aefagt, der ſich davon foausdrückt: 
Alles was Hr. Collinfon fagt, ift fehr wahr; 
die großen dafelbft gefundenen Bacenzähne 
find weſentlich von denen des Elephanten vers 
ſchieden., — Und doch nad dieſem Ges 
Rändniffe, muß man mit Erftaunen fehen, 
behauptet. Büffon, daß die Hauzähne, die 
man mit diefen Zähnen vermifcht'antrift, dem 
Elephanten gehörten ; denn wenn die Hauzaͤh⸗ 
‚ne von dieſem Thiere wären, fo müften fie 
ſich bey feinen Zähnen und nicht bey denen 
eines unbefannten Xhieres finden. 


FR an v. Lamanon vermuthet, daß bies 

Thier noch in einigen Winkeln von Sibirien 

und Amerika verſteckt ſeyn koͤnnte, und hält- 

es fuͤr eine Wallfiſchart, und nicht fuͤr ein 

Landthier. — Dieſe Vermuthung gewinnt 
unter der Feder des Schriftſtellers nicht we⸗ 
nig Wahrſcheinlichkeit, aber es finden ſich, 
aller ſcheinbaren Gruͤnde dafuͤr ohngeachtet, 
eine Menge Schwierigkeiten, die ſie voͤllig 
umſtoßen. 


Es gehoͤren ſehr große Meere dazu, 
um Wallfiſcharten von dieſer Gattung und 
zum Aufenthalte zu dienen, und die 

Sf 2 Sal 


— 6 


Salzſeen die man allenfalls in Sibirien an⸗ 
nehmen koͤnnte, ſind lange nicht zureichend 
groß, fo ungeheure Thiere zu enthalten. 
Davon überzeugt uns das fajpifhe Meer. 
Denn die, welches einen weit arößern Ums 
fang hat, als alle ſibiriſchen Meere haben . 
Tonnen, enthält nur Thiere von einer mittles 





ren Größe. Plinius und mehrere andere 7 


Naturforfcher fagen, daß dies Meer weit 
mehr mit Seeungeheueren angefüllt fey, als 
alle andere; aber da man beffer mit ihm 
befannt wurde, fo wurden aus biefen Unges 
heueren weiſſe Fiſche zwanzig Fuß lang, See⸗ 
hunde, und einige große Fiſche, die nichts 
weiter vermögen, als höchftens die Fleinen 
Fiſcherkaͤhne ummerfen. Alfo koͤnnen die tiefen 
Thaͤler zwiſchen den Gebürgen Sibiriens 
keine ſo große Seen enthalten, daß ſo unge⸗ 
heuere Thiere, als der Mammouth, ſich dar⸗ 
in aufhalten koͤnnten. — 


Hierzu fuͤge ich, daß die Cetaceen ſich 
nicht aus dem ſalzigten Waſſer entfernen 
koͤnnen. Wenn einige Thiere frifhes Gras 
an den Ufern des Meeres freifen wollen, fo 
entfernen fie fi nur wenig und Tehren bald 
in ihr natürliches Element zuruͤck. Wie wär 
e8 denn möglid, daß diefe Getaceen einen fo 
anfehnlihen Weg zurücklegen, und da⸗ * 

er⸗ 





WEICH 
fterben Fönnten: wo man noch frifche und oft 
noch blutige Weberbleibfel ded Mammouth 


findet ? 


Diefe Gründe fcheinen unwiederleglich 
zu beweifen, daß dieſe außerordentlichen Zähne 
und Knochen Landthieren angehören. Indeß 
fagen fie gar nichts gegen die Scharffinnige 
Peit diefer Hppothefe des Hrn. Lamanon 
um die Bildung der großen Haufen von Meer⸗ 
thieren zu erklären, und nöthigen ung nicht 
gerade, zu den mehr als gewagten Hyporhes 
fen anderer Naturforfcher unfere Zuflucht zu 
nehmen, Denn man kann gar nicht daran 
zweifeln, daß die beyden Continente eine_ 
Menge großer Salzwafferfeen, die ißt nicht 

mehr vorhanden find, enthalten hätten. 


Ar. Collinfon behauptet mit großem 
Rechte, daß biefe Meherbleibfel, vie man am 
Dhlo gefunden hat, die Ueberbleibfel eines 
ungeheuren unbefannten Thieres find, welches 
die Hauzähne des Elephanten hatte, und 
im übrigen feinem Geſchlechte ganz eigene 
Zähne. Dies ift den Fanadenfifchen Wilden 
fo wenig unbefannt, als den Ruffen, von 
denen einige es lebendig gefehen zu haben vers 
fihern, Wenn einer und der andere hierz 

5f3 von 


2 Be he 5 


von Fabeln erzählt, fo bemeift dies nichts 
weiter, als daß dies Thier felten fey und feiz 
ne Größe fie in Schrecken feße, Aber was 
hat es für eine Geſtalt? — Wovon nähre 
es fih? — Und welche Gegend” bewohnt 
es am häufiaften? — Ich antworte hier⸗ 
auf? Seine Geftaltinähert fi der des Baͤ⸗ 


ven. — Es muß alles frefien. — Und 


in Grönland bemerkt man es am häufigfien. 


Nachdem, man die Aeberbleibfel des | 
Mammouths in Europa, Afien und Amerifa 7 
gefunden hatte, fo hätte man doch wohl bie 
wentgen Vefchreibungen, bie man von Groͤn⸗ 
land hat, zu Rathe ziehenfollen, weil dies große 
Sand zwifchen diefen großen Welttheilen liegt. 
Ich ließ mich vor einiger Zeit in biefe Unters 
fuhung ein, und fand, daß dies Thier im 
Grönland fehr bekannt ſey. Man fagt bas 
von, daß es ein ſchwarzes Fell, die Geſtalt 
eines Wären habe und ſechs Klafter hoch 
fey *). Der Verfafier der Reifebefhreibung 
fagt, die Furcht habe das Thier vergrößert. 
Uber ift jene Verficherung gegründer, fo muß 
man body auf eine ungeheuere. Größe bed 
Thieres fließen, weil fie alle Nationen In 
Schreden fezt, die das Thier ge,chen haben 


wollen, | 
Man 


*) en Geſchichte der Reif, XIX, Band. 
.3. 3 





*564 . ** 447 

Man kann nicht mehr an dem Daſehn 

eines Landthieres im Norden zweifeln, das 
den Elephanten an Größe weit übertrift, 
noch daran, daß der Mammouth der Rufs 
fen, der Ochſenvater der Fanadenfifchen 
Wilden, und der große fchwarze Bär 
der Grönländer nur ein und daffelbe Thier 
find. — Warum tft dies Thier aber in 
Afien und Amerika weit feltener, als in Groͤn⸗ 
Yand? Diefem Einmwurfe zu begegnen, nehm 
ich an (und ich werde es in einem anderen 
Werke mit den ftärkften Gründen belegen) 
daß Grönland mit Amerika und Aſien durch 
zwey Landengen zufammenhängt. Wenn 
der Hunger die Mammouths in Grönland 
quält, fo gehen fie nad) Aſien und Amerika 
über, ‚finden fi dann unter einem fremden 
und ihnen vielleicht unguͤnſtigen Himmelöftriz 
che ifolirt, koͤnnen ſich nicht fortpflanzen 
und fterben dann in biefer Entfernung von 
ihrem Vaterlande. WBieilleicht befindet ſich 
auch diefe Gattung feit mehreren Jahrhun⸗ 
berten imber Periode ihres Berfalles und koͤnnen 
: fi) barum unter unferm Himmelsſtriche nicht - 
fortpflanzen, Eine Muthmaßung, die um 
fo mehr Wahrfcheinlichkeit hat, weil meh: 
rere Thatſachen es zu beweifen ſcheinen, daß 
die Gattungen ſo gut ihre Bluͤthe⸗ und ihre 
WVerfallzeit haben, als die einzelnen Individua. 


4 Es 


ı 
W 


448 a a 

Es waͤre zu wuͤnſchen, daß man über | 
dies ungeheuere Thier mehr Aufklärungn 
hätte, Indeß darf man mohl nach einiger 
Aufmerkſamkeit die Vermuthungen wagen, 
daß e8 bey der Achnlichkeit feiner Geftalt 
mit der bed weiſſen Bären *), auch mie diefer 
omnivor ift, d. h. olles frift, fi) fomohl von 
Vegetabilien, ald von Fifhen,. Mufcheln 
und Landthieren nährt. Dies fcheint auch 
einem Thiere von fo ungeheuerer Größe felbft 
nothmendig zu feyn, vorzüglich Im Norden, 
wo bie vegetabilifhe Schöpfung nur arm ift. 


ts 


Endlich Eönnen wir annehmen, daf nie 
Elephanten auf dem feften Sande von Ames 
rifa lebten, und ba die Thiere der mittägs 
lichen Länder nicht vom Norden kamen; daß 
die Kräfte der Natur unter der Eiszone nicht 
erfterben, da fie zur Bildung fo ungeheurer 
Zhiere, als der Mammouth und der Wall 
fiſch von Grönland, Hoch ftarf genug find; 





Es giebt außerdem noch mehrere Xhtere,diedies N 


fe Gegenden und dies Eisland bevölkern, 3.8. 
der Adler ift daſelbſt fo groß und flarf, daß 
er ſehr gewöhnlich junge Meerkälber entführt; 
und 


*) Es giebt kein gefraͤßigeres Thier, als un⸗ 
ſere weiſſen Bären. 


J 





a 449 


und bie Schaafe, welche bie Dänen hinüber 
gebracht haben, find-größer und ftärker , als 
in Europa geworben. Diefe Wahrheiten wer; 
den und weniger in Erftaunen feßen, wenn wir 
betrachten, daß der Condor, der größte aller 
Raubvögel,fich nicht in denheiflen und nievrigen 
ändern von Amerika und Afrika findet, fon 
dern nur die hoͤchſten Gebirge bewohnt, wo 
bekanntlich die Luft fehr kalt iſt. Der Laͤm⸗ 
mergeper auf den Alpen, der mit bem Condor 
verwandt iſt, giebt noch ein ſolches Beyſpiel. 





6 


238: RL 
uns Bi 


Ueber einige Inſekten der Barbarey, von 
Sen. A. Poirer, ’ 


’ J 








aͤhrend der Reife, die ich in die Bar⸗ 
barey, und befonders in ben Theil 
derſelben, ber mit dem alten Numldien übers 
einfommt, gemacht habe, ‚habe ich mehre dies 
fen Aimmelsftrihe ganz eigene Inſekten zu 
bemerken und zu unterſuchen Gelegenheit ges 
habt, Ich ſchraͤnke mich hier ganz allein auf 
diejenigen ein, wovon ich noch Feine Beſchrei⸗ 
bung in irgend einem Schrifiſteller gefunden, 
oder uͤber die ich einige | neue Bemerkungen 
— habe. | 


Die Heuſchrecken. 


Diefe unferen Erndten fo nachtheis 
ligen Gefchöpfe fireihen in der Barbarey, 
gegen das Ende des Frühlings, in fo dicken 
Wolfen auf den Feldern und Wiefen, dag 
ihre lermende Flucht dem Reifenden zuweilen 
beſchwerlich faͤllt. Aber die Vegetation in 
dieſem Lande iſt ſo ſtark, der beſaͤeten 
Felder ſind ſo wenige, daß man ſehr ſelten 
die Verwuͤſtungen dieſer ungeheueren Menge 
von Heuſchrecken bemerkt. Außerdem haben 
Re eine ange von N ai ‚ benen fie zur 

Nahe 








— ) o ( * 451 


Nahrung dienen. Ob ſie gleich von Natur 
nur gras freſſend ſind, ſo liegen ſie doch in ei⸗ 
nem unaufhoͤrlichen Streite mit einander, und 
die uͤberwundenen werden von den Siegern, 
wenigſtens zum Theil, verſchluckt. Sie 
dienen außerdem den Schlangen, Eidechſen, 
Froͤſchen und mehrerenFleiſchfreſſen den Voͤgeln 
Jur Beute. Ich habe ſie im Magen des Ad⸗ 
ler, des Kaͤnzchens, der Ohreule gefunden 
Die Mauren eſſen ſie ohne Schwierigkeit. 
Sie gehen auf die Heuſchreckenjagd, wie wir 
auf den Froſchfang. Sie braten ſie in ein 
wenig Oehl und Butter, und verkaufen ſie 
oͤffentlich in Tunis. Man wird nun weniger 
erſtaunen, einen unferer Propheten, Sohanz 
ned den Täufer, auf dies einzige Nahrungs- 
mittel, und auf den aͤußerſt vortreflichen wils 
den Honig ſich einſchraͤnken zu fehen. 


Die ſtaͤrkſte und gefraͤßlgſte aller Heu⸗ 
ſchrecken iſt die folgende, noch nicht bekannte. 
Ich will ihre Beſchreibung und die ihrer Le⸗ 
bensart verſuchen. Ich habe in Abſicht der 
bier; zw beſchreibenden Inſekten mich nach der 
Methode des Fabrizius gerichtet, und den 
neuen Gattungen die Nahmen gegeben, wel⸗ 


che mir ihrer Organiſation am angemeſſenſten 
vorkamen. Ka 


. @ik 


— 


a 


Grillus Numidicus. thorace carinato, alis 
minimis, fquameis, cauda non armata, 


Diefe Heuſchrecke, welche den Charak⸗ 
ter des Grillus des Fabricius hat, iſt eine 
der dickſten die ich kenne. Sie naͤhert ſich dem, 
von Roͤſcl abgezeichneten Grillus Elephas 
ſehr, indeß unterſcheidet ſie ſich von ihm durch 
ſehr deutliche Charaktere. Der Elephas hat 
keine Fluͤgel, iſt weit dicker und ſtaͤrker ge⸗ 
bauet. Sein Koͤrper iſt an mehreren Orten 
mit Spitzen und Erhabenheiten beſetzt. Der 
Grillus Numidicus aber iſt nicht ſo dick, aber 
weit laͤnger. Er hat einen vollkommen glat⸗ 
ten Koͤrper, der ſchoͤn gruͤn iſt. An der In⸗ 
ſention der Ringe, des Kopfes, des Bruſt⸗ 
ſchildes, der Pfoten, bemerkt man, wenn er 
ſich entwickelt, feuerfarbene Flecke, die aber 
nur ſehr wenig ſichtbar ſind, wenn das In⸗ 
ſekt ruhig und bewegungslos liegt. Es hat 
nur zwey kleine, ſehr kurze, ovale, ſchuppig⸗ 
te Flügel an jeder Seite, wie zwey kleine 
Schuppen, die von unten aus dem Bruſt⸗ 
fchilde hevvorfommen. Das Weibchen 
hat Keinen Göbel am Schwanze; 
aber ihr leßter Ring ift mit vier Zähnen in 
Form von Spornen bewafnet. Die männlis 
chen haben baffelbe, indeß laſſen fie fich von 
den meiblichen fehr leicht unterfcheiden, weil 


fie beynahe noch einmahl fo Did find. 
| Die 








* 


** * 6* * 53 
Die Larve bieſes Jaſektes erfihefnt ges 


"gen das Ende ded September, Sie hat eine 


gelbliche Erdfarbe. Durch dieſe Farbe und 
den Mangel an Flügeln unterſcheidet fie fi ch 
von dem vollkommenen Inſekte. Auch macht 
ſie ihre außerordentliche Schwaͤche und ihre 
Oberhaut kenntlich, die noch haͤutig iſt und 
dann erſt ſchuppigt wird, wenn das Inſekt 
vollkommen ausgebildet if, Mie die Larve 
dicker wird, verändert ji die Haut. Shre 


‚gelblidye Farbe wird dunkeler, und in dem 


Zeitpunkte, wo ihre legte Metamorphofe bes 
ginnt (etwas, das ſich im April ereignet, ) 
wird fie etwag grünlicht und die Grundzuͤge 
ihrer Flügel fangen an fichtbar zu werden, 
wenn die Kälte zu heftig ift, verbirgt fie ſich 
in die Erde oder in den Sand, mo fie bes 
megungslos und ohne Hunger liegen bleibt. Uber 
fobald das Wetter milder wird, Eriecht fie . 
hervor, befeftigt ſich an bie Baumknofpen 


ober an bie jungen Pflanzen, und verzehrt 


ſi e ſehr gierig. 


Ich habe den —— zwiſchen der 
maͤnnlichen nnd weiblichen Heuſchrecke ſchon 
angegeben. Dieſe legt ihre Eyer im Julius 
und Auguſt. Sie vergräbt fich perpendifulair bis 
an bie Bruft in den Sand, entwickelt ihre 
‚Ringe, um ihren Körper bünner zu machen, 

und 


454 kr 5 0 Fer 


\ 


und dringt fehr leicht in dieſen beweglichen 
Boben ein,, Sieift in dieſem Zuftande beys 
nahe ſechs Zoll lang, wovon viere gänzlich 
vergraben find.. ie legt ihre Eyer zufams 
men in eine cylindrifche Geftalt gebacken, von 
ohngefähr einzölliner Länge und halbzölliger 
Breite. Gieliegen dicht bey einander, find 
durch einen (dwärzligen Schleim zufammen 

geklebt, der mit dem barein gemifchten Sande 
eine fehr feſte Maffe bildet, Das Weibgen 
bleibt länger als acht Tage in biefer Lage 
und ftirbt endlich daſelbſt. 


Dhngefähr nach zwey Monaten erfcheis 
nen, wenn die Sonne den Sand erhißt und 
ſich die Keime entwickeln, bie jungen Larven. 
Aber ehe fie fi) aus ihrem Loche hervor mas 
hen, warten fie, bis fie fich ſtark genug fühs 
len. Sie wählen zu ihrer erften Ausflucht 
ein mildes, heitered Wetter, 


Nach der Art, wie biefe Heuſchrecke ihre 
Eyer legt, und dem Drte wo fie hingebracht 
merden, Tann ihre Drganifation uns nicht 
mehr wunder nehmen. Der Saͤbel oder die 7 
lange Spiße womit bie anderen weiblichen ” 
Heuſchrecken verfehen find, mürde ihre zum 
Eingraben in den beweglichen Sand unnüß 
ſeyn. Wär aber ihr Körper dicker, und haͤt⸗ 
\ r te 





IE 455. 


te fie die Gabe nit, ihre Ninge auseinans 


der zu wickeln, fie wieder zurückzuziehen und 


ihrem Körper eine keilfoͤrmige Geſtalt zu gen 


⸗ 


ben, ſo wuͤrde ſie ihre Eyer nicht in einer 
Tiefe legen koͤnnen, die ſie vor der Luft zu 
ſchuͤtzen im Stande wäre, und die Hitze, wel⸗ 
he jie entwickeln fol, würde weniger conzen⸗ 
trirt werden. Man begreift, wie lange Fluͤ⸗ 


gel ihr bey diefer Operation hätten hinders 


lich feyn müffen. 


Diefe Bemerkung machte, daß ich eine 
Menge anderer Heufchrecken von verfchiedenen 
Gattungen beobachtete, und ih fand, dag 
ihre Drganifation beynahe immer fi) nad 
der Urt vichtete, wie fie ihre Eyer legten. 
Es giebt eine Gattung, deren Flügeljo lang 
ald der Körper find, und deren Bauch fich 


in eine Yange Gpiße endet, Dieſe verfens 


Ten ihre Eyer eins an bad andere in einer 
geringeren ober, größern Höhe. Sie zier 
hen ‚einen Elebrigten Saft darüber. Bey 
jedem Eye, das fie legen, eröfnet ſich ih; 
re Schwanzfpige, die eigentlich aus zwey⸗ 
en fi Ereuzenden Theilen zufammengefeßt 
ift, und jedes Ey glitſcht die Nath hinab, 
Andere haben fo lange oder oft noch laͤnge⸗ 
re Flügel, als der Körper ift. Sie haben 


‚Leinen Stachel, Daher muͤſſen fie ihre Eyer 


anf 


\ ! 


456 = DSG 


auf den bloßen Bobenlegen. Sie verbinden 
fie mit einem Schleime zufammen, um fie zu 
befeftigen und den Wirkungen der $uft zu ent: 
ziehen. Aus den eingegrabenen Eyern kom⸗ 
men in ber Barbarey die Larven gegen das 
Ende des Herbftes hervor, inde die auf dem 
bloßen Boden liegenden nur erft im Frühling 
ſichtbar werden. 


. 


Eine Feihe folder Beobachtungen koͤnnte 
den Naturforfcher zu intereffanten Entdeckun⸗ 
gen in Hinficht auf Drganifation und die mans 
nichfachen Werkzeuge der Inſekten führen, 


Kürze und Länge ber Flügel, harte oder , 


membrandfeSchaalen, der Mangel der Spiße, 
würden nicht mehr gleichgültig fegn. Diez 
fe Theile würden die Grundlage einer um- 
fo natuͤrlichern Eintheilung werten, da fie 
fih dann auf Lebens, und Verfahrungsart 
eines jeden Individuum flüßen würde, und, 
man würde nicht mehr Juſekten in eine Klaſ⸗ 
ſe vereinigt finden, die in Abſicht ihrer Ar⸗ 
beiten weſentlich von einander abwichen. Dies 
fe Ideen verdienten eine weitere Auseinander⸗ 
feßung. Ich will dies bey ihrer Anwendung 
auf einige befondere Geſchlechter verfuchen, _ 


Vielleicht konnten dieſe Beobachtungen 
‚dem Landmann ſehr nuͤtzen, weil fie ihm viel⸗ 


leicht 





ol. Br 


leicht ein Mittel an die Hand geben Fünnten, 
biefe gefräßigen Thiere zu vertilgen. Wenn 
die Erde bald nach ihrem Eyerlegen, in einer 
gehörigen: Tiefe umgegraben würde, fo würs 
de der gröfte Theil der Ener, ber $uft, dem 
Regen, der Kälte ausgefeßt, würde der Waͤr⸗ 
me, die fie zur Entwickelung bedürfen, un⸗ 
empfaͤnglich und allmaͤhlig erſterben, oder 
die jungen Larven, wenn fie ſonſt in ber Er: 
de fo lange verborgen blieben , bis die Erde 


zu grünen anfängt, und bie Luft durch die 


Frühlingsfonne ſich erwärmt, wuͤrden zu früh 
ihre Wohnungen verlaffen müffen, und fchwers 
lich dem Hunger: und der. Kälte widerftehen 
Eönnen, Sie würden auch von einer Menge 
anderer. Thiere verfchlungen werden, bieder 
Mangel an Nahrung in diefer Jahreszeit, 
in Abfiht der Wahl der Nahrungsmittel 
weniger ſchwierig macht. Sch komme auf 
unfer Inſekt zuruͤck, wovon ſich eine merk 
wuͤrdige Varietaͤt ſindet. 


Grilfis Numidicus cruentatus, toto cor- 
pore maculis fanguineis Cooperto, 


Diefe Varietaͤt ift allenthalben mit aros 


Ben rothen fchattirten Flecken bedeckt, Beym 


erften Anblick könnte man das Snfeft. für 
zerriffen und blutig halten. Mur die Füße 
wo EN un ing Gruͤnlichte. Sch 

Gg habe 


458 es )oc ** 


habe mich durch eine Menge Beobachtungen 
verſichert, daß dieſe Varietaͤt nicht zu der 
vorigen gehört, wie dies bey mehreren Heu⸗ 
ſchrecken der Tal ift, deren Farben ſich mit 
der Zeit verändern. 


Sphex Maxillofa nigra, abdomine violaceo, 
apice fulvo, alis hyalinis fulvis, ante» 
‚rioribus apice violaceis, maxillis ar- 
cuatis, acutis, longitudine et forma 
capitis. 


Dies prachtvolle Inſekt, welches der 
Weſpe aͤhnelt, fand ich in dem Gewebe ei⸗ 
ner Spinne, von der ich unten mehr ſagen 
werde, eingewickelt. Vielleicht war es der 
Angreifer; denn man weiß, daß es ſich ber 
Spinnen bemächtigt, oder der Inſekten⸗ Larven, 
die es toͤdtet, und feine Eyer inihre Leichname 
legt: Dann macht ed mit feinem Hinterfuß 
einen Kothflumpen, legt das Infekt mit feis 
nen Sungen hinein, und, verfchlieft die Defz 
nung forgfältig wieder. Seine Jungen, bie 
in jedem Inſelte neben einander liegen, 
finden bey ihrer Eintwickelung bie ihnen dien⸗ 
liche Nahrung.  Gie verlaffen ihr Haus nicht 
eher, ald wenn fie vollkommen ausgebildet 
ſind. Ich habe dieſen ſchoͤnen Sphex nir⸗ 
gends wo anders finden koͤnnen. Doch naͤ⸗ 
hert er ſich dem Sphex des Fabricius, 

und 


—— 
— — — 


PR Fe 459 


und unterfeheidet fi) von ihm nur durch die 
Länge feiner Kinnbacken. 


Sein Kopf iſt platt, beynahe hemiſphi⸗ 
riſch. Aus jeder Seite kommen zwey ſtar⸗ 
ke Kinnbacken in Form langer, duͤnner, ſehr 
ſpitziger, mit roͤthlichen Haaren beſetzer Zan⸗ 
gen hervor. Sein Mund iſt mit vier Baͤrt⸗ 
gen beſetzt. Seine Fuͤhlhoͤrner, wie die 

des Sphex, 


Sein Bruſtſchild Be vorne zweh dicke, 
ſchwarze Erhoͤhungen. Der Kopf und das 
uͤbrige des Bruſtſchildes iſt gleichfoͤrmig 
ſchwarz gefärbt. Die Flügel find rothfahl. 
Das Außere der erften blau. 


Der Bauch hat eine ſehr artige eyförmige 
Geftalt. Er iftglatt, ſtahlgrau, etwas rothz 
gelb an ben letzteren Ringen gefleckt. Die 
Füge find rothfahl; fünf Urtikulationen an 
ben Tarſen. An jeder Artikulation rothgelbe 
Haare in Form einer Bürfte, 


Culex Argenteus, dorfum fquamisargenteis 
exornatum,, pedibus fafciatis, 


Obgleich dies Infekt in meiner Samm⸗ 
lung beſchaͤdigt wurde, fo glaub ich doch, eis 
ne Beſchreibung ſchuldig zu ſeyn. Dies iſt 

die in der Barbarey gemeinſte Muͤcke. Sie 


Gg2 hat 


460 * BL 


hat die Groͤße der unſrigen, aber fie ift fo 
pradivoll gefhmücdt, daß ich ihr oft die 
Stiche, des Vergnügens fie zu bewundern mes 
gen, verziehen habe. Der ganze Körper, vor⸗ 
züglicd der Nücken, ift mit filberfarbenen 
Schuppen bedeckt, die wie runde blißende 
Slittern auf einander liegen, Ihre Füße find 
mit abwechfelnd braunen und filberfarbenen 
Banden geziert. 


(Die Forsfeßung Fünftig). 





Nachricht. 
Die zu dieſem Bande noch gehoͤrigen 
Rezenſionen haben wegen Mangel an Raum 
für den Fünftigen zuruͤckbleiben muͤſſen. 


* 


— ⸗) 


Magazin 
für 


Algen Natur» und Zhiers 
Geſchichte 


herausgegeben 





von 


C. F. A. Muͤller D. 


Fuüͤnftes und ſechstes Stuͤck. 
Mit Kupfern. 





Goͤttingen und Leipzig, 
bey Johann Daniel Gotthelf Broſe. 1796. 


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Inhalt des 5. und 6. Stuͤcks 





I. Ueber einen rothen Skorpion in 
Languedok ven Hrn. Amoureux. 461 


II, Ueber die Wiedererzeugung am 
Körper der Fifhe, vom Hrn. 
Brouſſonet. ⸗ 478 


UI. Etwas über die Erzeugung. ⸗488 


IV. Etwas über: einige Beobach⸗ 
tungen, den Juſtinkt und befons 
ders die Lebensart der Ameiſen 
betreffend. (Beſchluß). ⸗ 505 


V. Hr. Poiret uͤber einige Juſek⸗ 
ten der Barbarey. (Beſchluß). 525 


VI. Ueber die Bildung ber Körper 
durch die einfache Aggregation 
} der 


gr ag 


Inba It 


‚ber organifirten Materie, vom 


Hrn. Seyniers. + ⸗ 
VII Beytrag zur Geſchichte des 
Athemhohlens der Fifhe, vom 
Ken. Drouffoner ss #5 


vn. Immanuel Rant. ⸗ 


337 


551 _ 


582 


Ueber einen rothen Skorpion in Canguedok 
VE ade D. Amoureng, 


= 


s iſt in der Naturgefchichte ein allgemein 
— angenommener Gebrauch, dag diejenis 
gen welche zuerſt ein Inſekt oder eine Pflanze 
- ausfindig machen, fidy derfelben auch gleich eis 
ned Eigenthumes bemädhtigen, das ihnen.ans , 
gehört. Iſt das aber nicht ein übelangemaßs 
te8 Eigenthumsrecht, woran mehrere andere 
Fordernngen haben! Die Erde ift mit Pflans 
zen, Thieren und Mineralten von allen Gats 
tungen bedeckt, und bag Recht der Entdek⸗ 
kung kommt denen nur zu, welche ein vor 
ihnen noch unbekanntes oder ſchlechtgekanntes 
Individuum zuerſt genau und vollſtaͤndig be⸗ 
ſchrieben. Ein jeder Naturforſcher macht aber 
Anſpruͤche hierauf, und dies iſt der erſte Ans 
laß zu einer endlofen Vegvielfältigung der 
Beſchreibungen. 
x. Ich glaube indeß dieſen Vorwurf nicht 


durch meine itzige Beſchreibung einer neuen 
2b Skor⸗ 


462 eV CR 


Skorpionart zu verbienen, welche man in 
Sanguebof antrift. Dies Thier iſt nur den 
den Noturforfchern duch die Beobachtungen 
des Hrn. von Maupertius, Mitgliedes 
der Akademie ber Wiſſenſchaften bekannt gro 
worden, und ſelbſt in dieſen ſcheint mir der 
eigentliche Charakter dieſes Inſektes zu fehler, 
und in den ſonſt ſo ſorgfaͤltigen ſeiner Abhand⸗ 
lung a) angehängten Kupfern zu fehler, 
Durch fie irre gelettet hat man den Skorpion 
von Sourignargues in Languedok, den ich 
eben beſchreiben will, mit den gemeinen Skor⸗ 
pion für uͤbereinſtimmend gehalten. Mur die 
Forbe ift der cinzige Punkt, in dem man 
beyde Skorpionen unterfchieden findet, meil 
der haarige weiß, der hingegen im mittägliz 
dien Frankreich fo gemeine braun oder ſchwaͤrz⸗ 
lid und er Eleiner iſt. | 


Er mag nun eine eigene Gattung, 4 
eine Abartung ausmachen, ſo haben ihn die 
ſyſtematiſchen Schriftſteller ganz uͤberſehen 
oder mißgekannt. Linné und Fabrizius, 
melde bie Kenntniß der Inſekten fo weit ge: 
trieben und ausgebreitet haben, ald man von. uns 
fern Zeitalter nur immer erwarten Tann, erwaͤh⸗ 
nen feiner nicht mit einer einzigen Sylbe; und 
ber eine von ihnen hat nicht mehr als ſechs Gat⸗ 
tungen von Skorpionen, undder andere acht bis 
| neun, 

a) Annde 1731. 


\ 


2,8 ) 0 En h 463 


nem‘; ** unter dieſen allen ———— zu 
beſchreiben, wovon in dieſer Abhandluns: dic 
iſt. — 


Hr. von Villiees aus Lhon, der neu⸗ 
erlich ein betraͤchtliches Werk uͤber die Kennt⸗ 
niß der Inſekten herausgegeben hat, in dem 
eine ausnehmend große Menge verfchledener 
neuer oder vorher wenig gefannter Inſekten 
befährieben tft, vorzüglich won folhen, die 
fich im mittäglicden Frankreich befinden, ers 
mwähnt nur eines einzigen, und nur des allers 
gemeinften und allerbefannteften, europälfdyen 
Skorpions und begreift unter dreyzehn Cita⸗ 
tionen, die er ihm als Synonymen zurechnet, 
auch den vom Hrn. von Maupertuis bes 
chriebenen. Hr. von Villiees hielt ihn das 
er fuͤr daſſelbe Inſekt oder nur fuͤr eine Ab⸗ 
rtung derſelben. Die folgende Befchreibung 
ird diefen verdienſtvollen Naturforfiher leicht 
om Gegentheile überführen koͤnnen. i 


u 












Der Skorpion von Sourignargues ver⸗ 
ient als eine eigene Claſſe aufgeftellt zu wer; 
en. Seine Geftalt, das Verhaͤltniß feiner 
heile zu einander, feine Farbe unterfcheibet 
hm ſchon in gemeinen, ununterrichteten Aus 
en. Die Entomologiften finden aber in ſei⸗ 
nem Pecten einem dieſer Gattung ganz eigens 
oh 2 thuͤm⸗ 


\ 


thuͤmlichen Gliede, b) deffen WVerrichtungen 
man aber noch nicht Fennt, ein nod unters 
ſcheidenderes Merkmahl. - Hierdurch wird 
feine Befchreibung eine größere Kürze, feine 
Benennung einen bebeuteudern Sinn, under 
faft kein Synonym erhalten, da Fein Haffıs 
fizirender —— jemals RE erwähnt 
hat. 

Um nad der Ordnung der neueren Enz 
tomologiften zu verfahren, will ich folgende 
Saͤhe angeben, denen ich eine genauere Er⸗ 

klaͤrung und einige phtlologifche Betrachtungen 
nachſchlcken werte, ber allgemeinen Einrich⸗ 
tung folder Abhandlungen gemäß. 1 


Nomen. Scorpio oceitanus. 
Charabker. Pedinibus 52.ad 60 dentatis, 
- Synonimia. "Maupertuis, Academie des 
Sciences, 1731, Fig. 
Amoureux Notice des Infe&tes veni- | 
meux. | 
de Villers, Entomologia L. IV. 
Habitatio. in Gallia Narbanenfi 1,} loco 
- Sowvignargues didto. In ruderatis.- 
Deferip- 
b) Peälines foli Scorvionum, generi propriäl 


numero radiorum fpecies diflinguunt Philo- 4 
‚foph, Äntomolog. Vlil. diff, $, 20, Y 


1 
21 


4 


4 


* u 465 


" Deferigria, Corpus nudum, depreflum, 
rufum, fegmentis —— quafi im- 
—— Magnitudo duplo vel triplo 

. major europaeo. Longitudo ab ore ad 

. mueronem, 2 poll. etc. latitudo inter ma- 

nus’expanfas, 2 poll. etc. 


Caput non a thorace diſſinctum. 


Os retractum in pectore. Palpi duo por- 
redi et — Seiler, nigri, 


Oruli 8. Quorum 2 2 majores approximsti 
prominuli fupra thorscem nigerrimi. 
6 minores ad latus vtrumque thoracis. 


Anus 5. chelae 2 frontales, angulatae, 
truberculatae. Pollice et digito edge 
tis, intus ferratis. j 


IN 


Thorax rugofus , » tuberculatus. 


> Prlines 2 albidi, inter pectus et abdomen 
plarimum dentati. 


 Pedes g pedtoriafhci, albefcentes, com- 
prefi , curforii, femoribus poficis lon- 
gioribus, Tarf articulis 4, imis hi- 
Spidis, pe : 


Abdomen annulatum fubtus — pertu- 
 fum quafi ocellis vel maculis octo pi 


d ctum. 
98 Hh3 Cauda 


a N 

Cauda elongsta, nodofa, 6 articulats, to- 
rofa, angulata, tuberculata, fupra ful- 
ca'a, artieuli ſenſim crefcentes pollu- 
eidi, vltimo conflato ex ampulla mem- 
branacea, turgida et mucrone, nigro, 
corneo, arımato, 


Demerfungen 


über das Geſchlecht dee Skorpions überhaupt 
und beſondes über die Gattung von 
Sourignagued, 


| Kein anderes Inſekt verbient dieſen Nah⸗ 
men fo fehr, wenn bie Einfchnitte und Ringe 
den Hauptcharafter berfelben ausmachen fols 
len, Der Skorpion ift ganz zerfehnitten, ganz 
zeraliedert. Sch zähle an feinen Körper mehr 
als achtzig ganz verſchiedene Stücke, wevon 
ihm fiebzig geranbt werden koͤnnten, ohne feis 
nien Xod unmittelbar nady ſich zu ziehen, mie 
ich an denen den Verſuch gemacht habe, welche 

ich Herflümmelte, indem ich ihnen den Schwanz, 
die Pfoten, die Aerme und die pedtens nahm. 
Wenn aber auch eine fo große Menge einzels 
ner Stücken dazn gehören, das Inſekt vollz 
ftändig zu bilden, fo fehlt ihm dech nody ein 
Attribut, welches die größte Anzahl der Ins 
feften in ihrem volll ommenen Zuflande aus⸗ 
zeich⸗ 


ae 2 


ER E ich mehne die Antennen. Doch hat 
der Skorpion nicht allein dieſen Mangel. ſon⸗ 
bern er ift ihm mit mehreren anderen Inſek⸗ 
teu gemein, 3.8. mit den von Muͤller c) bes 
ſchriebenen Wafjerwanzen, mit den Spinnen d). 


Um ihn des Mangels der Fuͤhlhoͤrner 
wegen zu entfhädigen hat der Skorplon acht 
Augen, (die Spinnen find ebenfalls mir ſechs 
bis‘ fieben verfehen). Acht Augen melde cin 
Inſekt von der Natur erhalten hat, das in 
ber Dunkelheit lebt, Fommt denen vielleicht 
als eine Verſchwendung vor, melche immer 
fid) über, eine Ungleichheit der Natur in der 
Austheilung ihrer Gaben zu beflagen geneigt 
find. Aber die Vorficht welche nichts vergeb⸗ 
lich gemacht hat, hat vielleicht eine folche 
Menge von Augen einem Jaſekte für nothmwens 
dig erachtet, welches einen unbeweglichen, mit 
ber Bruft genau verbundenen Kopf hat, Die 
beyden Haupts Augen liegen oben im Körper 
und find in unferem Inſekte fehr glänzend. 
Er hat fie immer auf feine Beute geheftet, 
wenn.er fie mit feinen Aermen ergreift, waͤh⸗ 
rend das er feinen Schwanz und Stachel in 
Form eined WBogens über feinen Körper biegt, 
am feine Beute zu fechen, wenn fie ihm Wi⸗ 

un Hh 3 der⸗ 
€) Memoires des Savans Etrangers. Tom, VIII 


d) Fabricii, genera Inſectorum und — En- 
. tomologicum, 


ae a 


derftand leiſtet, nicht um ſich felbft zu verwun⸗ x 
den, wie ber allgemeine Glaube iſt. Wir has 
ben ſchon andermärts die Beweife vom Gegens 


theile gegebene) die ſechs Augen zur Seite; 


die kleinger als die vorher erwähnten, aber 
ſchwarz und fo glänzerd als fie find, dienen 
dem Inſekte alles zu fehen, was ihm an den 
Orien vorshrilhaftes oder nactheiliges vor⸗ 
gehet. Die Menge und Stellung der Augen 
erſezt daher ihre Unbeweglichkeit, fo. wie bie 
Bewegbarkeit der Augen des Chameleons bie 
Unbeweglichkeit ſeines Kopfes. 


Ob die Skorpionen gleich mit act Augen 
verfehen find, ſo flihen fie doch das helle Tas 
gesliht, uud was noch erſtaunlicher ift, ob 
fie gleich den Aufenthalt unter Ruinen, unter 
Steinen und an Fühlen Dertern lieben, fo 
find fie ſaͤmtlich doch Bewohner der heißen Laͤn⸗ 
der, von Afrika, Amerifa, dem Wergebirge 
ber guten Hofnung, us ſ. m. der Skorpion 
von Europa findet ſich lediglich in Stalten, 
Spanien und in ben mittäglichftien Propinzen 
Frankreichs. Um Paris herum teift man 
Keine Spur von ihm an. hr, von Linne 
wünfdte Schweden Gluͤck, das ihm nur das 
einzige Inſekt fehle; ein fehr glücklicher Mangel 
mit dem jeder, der Naturforfcher allein nußs . 
BERN, fehr zufrieden feyn wird, | 

Die 
€) ©, meine Verſuche in de Notice des Bee 
de la France, 


u. ) o( ** 469 


Die Aerme des Skorpions beſtehen je⸗ 
der aus fünf Stuͤcken; fir fiehen beynahe hoͤ⸗ 
her als der Körper und Kopf, oder, um fi 
deutlicher auszudrücken, die Defnung des 
Mundes wird beynahe durch thre Inſertion 
verdeckt. Alle articulirten Theile find edigt 
und mit Erhebungen in Form Kleiner Perlen 
verfchen. Der Daum und der bewegliche Sins 
ger, melde die Gcheere bilden, find länger 
und weniger, dick bey dem Skorpion von Sou⸗ 
rignargues, ald bey dem gewöhnlichen, Sie 
find, innwendig mit Kleinen Sereaturen verſe⸗ 
hen. re 
Die acht Geltenfüße am Thorax find 
platt und aus ſechs Sliedern zufammenges 
feßt.. Die Hinterfüße, melde etwas laͤn⸗ 
‚ger find, haben ſieben dergleichen. Wenn 
bad Infekt läuft, und es läuft mehr als dag 
ed gienge, foift ed ganz Fuß. Seine beys 
den Berlängerten Aerme feinen ihm felbft 
‚ zum Fortkommen behülflih zu feyn, und 
in dieſer Stellung verfcheint er noch einmal 
fo groß. Wenn er in Ruhe ift, kriecht er. 
ein; feine Aerme, Füge, fein Schwanz, 
alles faltet fi ch wieder zuſammen. 


Zwey Gattungen Enorpelartiger Räte, 
melde: in Geftalt von Anhängfeln von der 
Baſis des Thorax herabhaͤngen, und welche 
das Thier, gleich er bewegt, find der . 

5 


Kaupte 


‚470 wir yo( — 


Hauptcharakter des Geſchlechtes und aller 
Gattungen desSkorpions, nach der Anzahl 
ber inneren, etwas gebeugten Zähne. 


Der Skorpion von Sourignarques hat 
verhaͤltmaͤßig viel Tängere Anhaͤngſel als ir⸗ 
gend eine andere Gattung, und auch die An⸗ 
zahl der daran befindlichen Zaͤhne iſt weit be⸗ 
traͤchtlicher. Sch habe ihrer an jeder Seite 
ſechs und zwanzig bis zu dreißig gezählt. 
Vielleicht ift diefe Anzahl nach Maßgabe des 
Alters verſchieden. Died mag indeg feyn 
wie es will, fo iſt ihre Anzahl, von zwey 
und fünfzig bis fechzig Zähnen oder Einfehnitte 
weit ftärfer, als die an den anderen befann- 
ten Skorpionen welche niemals.mehr als ſechs 
bis zwey und dreißig beträgt. Sie können 
daher eine befiimmte Abzeichnung der Gat⸗ 
tung ausmachen, die ich eben befchrieben habe, 
und man Fann fie als ein Unterfcheldungszeis 
chen vom europaͤiſchen Skorpion anfehen, wels 
der nur achtzehn, zuweilen gar nur ſechszehn 
beſizt. 

Der Bauch ded Skorpions wird durch 
fuͤnf zuvor daruͤber gehende Einſchnitte ge⸗ 
theilt. Man unterſcheidet hier acht beſondere 
Merkmale, welche mir bey den verſchiedenen 
Indibiduen, welche ich zu unterſuchen Gele⸗ 
genheit gehabt habe, abweichend vorkamen. 
Sie ſind bey mehreren undeutlich, und bey 
ir i andern 


Joc Fe 471 


— wleder ſehr hervorſtechend; bald laͤng⸗ 

licht wie Knoͤpfe, bald rund wie Augen, von 
einem helleren Gelb, als der Bauch iſt. Sind 
dies vlelleicht die Stigmas, welche den andern 
Inſekten zur Seite angebracht ſind? Ich 
glaubte vordem, dieſe Merkmale kaͤmen nur 
den weiblichen Skorpionen zu, welche einen 

breitern Leib haben, aber ich habe fie nach⸗ 
her auch bey weit ſchinaleren Individuen 
wahrgenommen. 


Der Obertheil des Koͤrpers in Erman⸗ 
gelung des Thorax, iſt von ſechs Einſchnitten 
bis zum Anfange des Schwanzes zertheilt, 
welcher ſechs ſehr bewegliche Artikulationen bes 
ſizt. Die vorlezte davon iſt die laͤngſte, und 
die lezte, welche von der Giftblaſe gebildet 
wird, iſt birnenfoͤrmig, aber an unſerem 
Skorpion viel aufgeblafener und. runder als 
- am gewöhnliden. Alle Knoten des Schwan⸗ 
3e8 find ebenfalls größer und durchſichtiger, 
fie find mit acht bis zehn Ecken verfehen, und‘ 
find oben wie runzlicht. ; 


Das Infekt iſt in feinem Umfange viel 
‚größer, flärker und nervigter ald der gemeine 
Skorpion, er. giebt ihm in feinem, etwas 
außer in.den Händen nad, weldye bey den 
Iezteren ftärker find, Um aber ben Unterſchied 
noch deutlicher — und das Ein⸗ 
zelne 


Me * \ 
47% — 


zelne ſeiner Struktur, ſeine Zierrathen, Spit⸗ 
zen, Linten Knoͤtgen, Haare zu unterſcheiden, 
muß man ihn unter das Vergroͤßerungsglaß 
bringen und ihn lebend beobachten. Dann 
erfheint das Infekt voll von ſymmetriſchen 
Spitzen. . Dies Eigene hat man in den der 
Abhandlung des Hrn. von Maupertuis 
beugefügten Rupfern darſtellen wollen; nur 
find fie etwas arob gerarhen. Ein Skorpion 
den manganz einfach in Brunnichs Elementen 
verzeichnet findet, fiheint eher unferer Gattung 
ald dem europaͤiſchen Skorplone anzugehören. 
Er ift von keiner befonderen Beſchreibung bes 
gleitet. 


Um noch den Zunahmen den ich ihm ge⸗ 
geben habe zu rechtfertigen, fuͤhre ich nur das 
an. Da die Trivialnahmen der verſchiedenen 
Gattungen bekannter Skorplone von dem Orte 
ihres Aufenthaltes abgezogen ſind, und man 
diefe Benennung duldete; ob die Entomologi⸗ 
ſten f) glei nicht mit ihnen zufrieden find, fo 
habeich mic) nach dieſem eingeführten Gebraus 
che gerichtet, und ich Fonnte diefe Gattung das 
her mit feinem anderen Beynahmen belegen, 
bis dem ber, mittäglichen Probinz don Frank⸗ 
reich, in der fie fich bis izt noch am meiften 
bemerflih gemadht hat, Sourignargues In 
dem Diftrifte von Nismes und von biefer 
Stadt fünf Meilen entfernt ift der einzige Drt 

“0m 4 F ’ J in 


Ö Philofophia Entomolog, VIL nomina $. 39. 


N 1003 Gt ee 755 


in Languedok, von dem ich gehört habe, dag 
man befelbft diefe Gattung des weiffen oder 
rothen Skorpionen entdeckt hätte. Ar. von 
Maupertuis hatte behauptet, daß diefe Gate 
tung ſich in den umliegendenden Gegenden von 
Montpellier fänden und der gemeine Skor⸗ 
pion in den Häufern wohnte. Aber ich kann 
verfichern, daß ich feit mehr als dreyſſig Jah⸗ 
ren in dieſen Gegenden von Montpellier ums 
herlaufe, und niemals etwas von demjenigen 
Skorpion wahrgenommen‘ habe, von dem _ 
hier die Rebe ift g). Und wenn er in dieſem 
Lande ſich findet, warum ließ er denn, da 
er feine Verfuche doch an bein nemlichen Orte 
anftelte, fi) die Sforpione von Sourignar⸗ 
gues Fommen ? — 


Nun bleibt uns allein noch die Unterſu⸗ 
chung eines Punktes in der Naturgeſchichte des 
Storptonen übrig, deſſen Kenntniß ung eben 
fo intereffant iſt. Gebiert der Skorpion Ies 
bendige Junge oder in Eyern, wie beynahe 
alle Inſekten? Die Frage ſcheint von Aellan 

zu 
) Der Sorgfalt des gelehrten Verfaſſers vom 
Dictionaire de Phyfique Sen Seine. Paulian 
von Rismes verdanfe ich die lebendigen Skor⸗ 
pionen, an denen ich die auszeichnende Ges 
ftalt des pecten bemerkt habe, von dem ich‘ 
die Menge der Einfchnitte nicht an trocknen 
Eremplaren beftimmen founte ald ich meine 
Notice des Infeötcs repates venimeux ſchrieh 
Pag; 42% 


SR A ES 


zu Gunſten des erften entſchieden zu feyns h) 
dies wurde nachmals von dem erfahrenften 


Beobachter des lezten Jahrhunderts, von Redi 


betätigt, und nach ſechszig Jahren ebenfalls 
Son berühmten Maupertuis. Der berähms 
tefte Entomologiſt unferes Zeitalters hat das 
rüber aber offenbar Zweifel, wenn er fi 


ausdrückt; Viviparus dieitur i)) — — an 


redte? k), 


Auch die Ausdrücke des Ariſtoteles ſchei⸗ 
rien zu der Meinung hinzuneigen, daß der 


Skorpion nicht lebendige Jungen gebährer 


Quin et fcorpiones terreftres vermiculos ouo- 


rum fpecie pariunt comiplures et incubant. 


Mox vt prolem 'perfecerunt pelluntur ab ea 
ipfa, ficut araneis accidit, et interimuntur'a 
fuis liberis magno numero: faepius vndenos 
poriunt. L. V. hiflor. animal. c. 26. — 
Plinius hat dies alles im 26ſten Capitel des 
1, Buches, und noch mande haben dies nach 

ihm 


5) Non oua Scorpii, fed fogtus animantes pariunt. 
Aclianus lib. IV, c. 20. 

i) Mantiffa Infeftorum. Tom L 17874 

k) Philofophia Entomolog. V. Sexus. $. ı2. Ich 

bin ſelbſt noch Willens, eine Edition des 

Fabriziug mit neuen Anmerkungen und Ers 
laͤuterungen zu beforgen‘, um es ganz zu eis 
nen ficheren Führer in der Juſektenkunde zu 
machen. 


ze ee ie 


Jake 475 


ihm wiederhohlt; ſelbſt iſt dies bey feinen 
neueſten Commentatoren ber Fall geweſen, 
welche nichts uͤber dieſe alte Sage bemerkt haben, 


Ariſtoteles kann fo aut durch den fals 
fhen Schein des Eyes ſich betrogen haben, 
als er fi über die fo befiändige Anzahl von 
eilf Eyern betrogen findet. Ein JIgſekt kann 
vollkommen gebildet unter einer membranoͤſen 
Huͤlle fi befinden und von einem lebendig gez 
bährenden Inſekte entfliehen. GE | 


Was die erfte Geſtalt betrift, in wel: 
cher der Fleine Skorpion ſich zeist, fo iſt fie 
ohne Zweifel diefelde, in ten er den Ueber⸗ 
reft feines. Lebens erſcheiut. Sch habe fehr 
kleine weiffe und periengraue Skorpfone gefes 
hen, weiche noch kleiner als der acarus ricinoi- 
des waren, Und Mathiolus verfihert, fie 
am Bauche ihrer Mutter ben Laͤuſen ähnlich 
gefehen zu haben. Er unterfucht bey diefer 
Gelegenheit die Meynung bed Ariſtoteles: 
Seine Stelle hierüber ift in mehr ald einer 
Ruͤckſicht fehr merkwuͤrdig: Plusgquam mille 
et quingentos collegimus craflos et plurimum ' 
fardtos. Plures inter eos foeminas inuenimus, 
‚ quae fuos nuper editor 'foetus albos pedieuli 
magnitudine, ſub ventre fecum vbique gere- 
bant, fingulis eruribus adhaerentes; quaprop- 

ter non ab re prodidit Ariftoteles..... etc. 


Nach⸗ 


476 * 00* 


* 

Nachdem er in einen Eye gebohren iſt, 
verändert der Skorpion feine Geſtalt nicht 
mehr, wie dies der Fall waͤre, wenn er aus 
einem Wurme entflünde, und Hr. Fabrizius 
geftehet diefes ein, wenn er fagt, indem er. 
den Geſchlechtscharakter dieſes Inſektes angiebt 
(genera infeclorum), Metamorphoſis eom- 
pleta larua octopeda, agilis currens, omni- 
bus partibus completa, imagini fimillima — 
victus er laruae, et puppas et imagiuis e ra· 
pina inſectorum vermiumque. 


Wenn die Larve und Puppe dem ers 
wachſenen Infekte in einer jeden Rüdficht glets 
hen, fo fehr dag fie felbft ſchon Leben und 
Bewegung haben, warum will man es in 
drey verfchiedenen Zuſtaͤnden betrachten und 
ift dad Inſekt nicht in einem jeden vollkom⸗ 
men? Die eigenslihe Metamorphofe ift eine 
Veränderung der Geftalt und Struftur, die 
Verwandelung der Haut aber ohne bie der 
Geſtalt ift nichts als ein Maufeen, 


Was die Anzahl der Kleinen  betrift, 
welche eine jede Mutter gebiert, fo muß fie 
größer feun, als Artftoteles und Plinius bes 
merken. Redi hat in dem Bauche der Weibchen 
fedy8 und zwanzig bis vierzig.gefunden, und 
Maupertuis jieben und zwanzig bis ſechs zig; 
etwas, das fi wahrſcheinlich nach Maasgabe 

der 


- 


CR 


BR En, MR 


der Gattung und des Ortes verändert Mas 
aber gemiffer ift, iſt die Wahrheit, daß der 
Skorpion zweymal im Jahre gebiehrt, Arts 
fioteles hatte ſchon dieje Eigenthuͤmlichkeit 
bemerkt, und id habe es auch im Betreff 

des europaͤlſchen Skorpiones ſchon beftättgr 

gefunden, bey dem ich einander aͤhnliche 
Kleine von der Mitte des Fruͤhlings bis zum 
Ende des Herbſtes gefunden habe. — 


TS bin noch nicht ſo gluͤckllch geweſen 
bey dem Gebaͤhren eines Skorpionen gegen⸗ 
waͤrtig zu ſeyn; aber oft habe ich in meinem 
Garten unter den Ziegelſteinen, und zerbro⸗ 
chenen Toͤpfen weibliche Skorpionen mit Jun⸗ 
gen umgeben gefunden, welche eben gebohs 
ren zu ſeyn ſchienen. Ich habe weder je⸗ 
‚mals Eyer noch Baͤlge in dieſen Skorpionen⸗ 
lagern gefunden, und nur zuweilen die Neſte 
von Arſeln und andern Inſekten. 


Menn id) junge graue Sforpioren mit 

alten, melde kaftanienbraun over ſchwarz 
find, unter ein Glaß zufäminengebracht habe, 
fo wurden fie immer die Beute der ſtaͤrkern. 
Dies Iyſekt iſt mehr graufam als gefräfig, 
es erträgt fehr lange Hunger, es frißt fehr 
laugſain, und nur wenn ed Nahrung zu fih 
nimmt, nıfalset gleihfam fein Mund ſich 
zuerfi, labium bifidum, und feine beyden 
Si inne⸗ 


| 
i 
Pie 
| 


478 “2 )o( ** 


inneren Zangen bewegen ſich, palpi cheli- 
feri, melde fich ſehr merklich von feinen ges 
Frümmten Aermen (chelae frontales unters 


| sie )» 


Ich ſage — mehr von den Sr 
gen berfeiben weil ic) nicht gern meine ers 
woͤh te Abhandlung bier noch einmal wie⸗ 
derhohlen moͤchte. 





I. 


u die Wiedererzeugung einiger Theile 1 
"= am Rörper der Sie, 


vom Geren von Brouſſonet. 


, 








SR gewiſſen Thterklaffen bemerft man, da 

RR) einige bewegliche Theile ſich wiebererzen⸗ | 
gen, wenn fie zerfiört find. Dieſe Regene⸗ 
ration iſt aber bey Thierklaſſen von einer voll⸗ 
kommneren Organtfation weit ſchwaͤcher und 
langſamer, als bey denen Koͤrpern, welche 
ein elnfacherer Bau ber Klaſſe ber Vegetabi⸗ | 
lien näher zu bringen ſcheint. 


Unter N 


J 


+ 


Er NAOD ak A a 


Unter der großen Menge von Werfus 

‚ hen, welche man angeftellt bat, um bie Moͤg⸗ 
lichkeit der Regeneratidn mehrerer Theile des 
Körpers von einem Thiere zu bewweifen, giebt 
es ohne Zweifel manden, in dem man mit 
— nicht geringen Rechte Mistrauen feBen 
koͤnnte. Es mag ſich mehr als einmal zuges 
tragen haben, daß, indem man ſich eingez 
bildet hat, in mehrere Portionen zu zeriheis 
len, man nur die gemeinfchaftliche —“ 
mehrerer Sndividuen getrennt hat, melde 
indem fie ganz blieben, ihre Wohnörter bald 
mieder ausbeſſerten. Aber zahlloſe andere 
Beobachtungen laffen die Wiedererzeugung 
gentffer Organe an Wafjertbieren keineswe⸗ 
ges im Zweifel, wie die manchen Theile der 
Megenwürmer, ber Gchneden, und einer 
“großen Anzahl von Thiergeſchlechter aus der 


wenigen Klaſſe. Selbft diejenigen. Theile, - 


welde wir zum $eben für unentbehrlich er⸗ 
achten, unter andern den Kopf, wachſen bey 
foldyen Thleren wieder, wenn man fie Derfels 
ben beraubt hat. Diefe Erſcheinung iſt für 
den erften Anblick erſtaunſch und bewur de⸗ 
rungswuͤrdig, weX viele E:fahrungen ung 
daran gemöhnt haben , biefen Theil als Exi⸗ 
fienz dieſer Xhiere ſchlechterbings nothwendig 
anzuſehen, und nun vie Verſuche ung zeigen, 
daß er dazı: fo menig unentbehrlich tft, als 
andere weniger volllounınen erganifirke Theile 

St 2 4 des 


v 


480 ee 


des Koͤrpers. Die Schildkroͤte, deren ver 
fchiedene Theile weniger Vollkommenheit has 
ben, als bie der warmblütigen Thiere, lebt 
oft beynahe noch zwey Monate, nachdem man 
ihr den Kopf Abgeſchuitten bat, 


Die Theile, welche Beyſpiele einer fols 
Gen Wiedererzeugung hergeben, find bey 
dem größten Theile der weichen Thiere, von 
einer homogenen Subftanz, und gleichen beys 
nahe den des übrigen Körpers. Sie regenes 
riren fi) allmählig und langſam, mie bie 
Naͤgel, Hörner u. f. w. bey den Thieren, 
welche warmes Blut haben tft es umfo wun⸗ 
derbarer, und unbegreifliher, daß bie aus 
weicher und harter Subſtanz, zufammenges 
fezten und. mit Artifulationen verfehenen 
Theile, von neuem wieder ſich bilden, . 


Dieſe Wiedererzeugung autalttier Then⸗ 
hat man bey Thieren zweyer ſehr verſchlede⸗ 
nen Gattungen betrachtet. Eine von ihnen, 
wie das Geſchlecht der Krebſe, hat das Ge⸗ 
rippe auswaͤrts; das heiſt, die weichen 


Theile ſind mit einer harten Subſtanz bedeckt. 


Bey der andern hingegen, wie dey der Ei⸗ 
dechſe, dem Salamander, u. ſ. w. fit das 
Skelet innwendig, das Knochengeſtell tft 

mit weichen Theilen bedeckt. 


Man” 





’ — / 
Eu ol * 481 


Man weiß, daß bie Krebſe, deren 
Theile mit dem uͤbrigen Koͤrper nur durch 
ſehr zarte Artikulationen zuſammenhaͤngen, 
jene zu gewiſſen Zeiten verliehren, ſie aber 
am Ende einiger Wochen wiedererhalten. 


Die Wiedererzeugung ber Theile bes 
Salamanders iſt mit der größten Feinheit 
von den vortreflihften Beobachtern unferes 
Sahrhumderts Hrn. Donner und „en. 
Spallanzani verfolgt. Wir find ihnen eine 
große Menge von Entdeckungen in dieſem 
intereffanten Punkte der Phyfiologie ſchuldig. 
Aber bie Miedererzeugung der artikulirten 
Theile, war vorher noch niemals an den Fl⸗ 
fen unterfuht, an einem Thiergeſchlechte, 
das fehr von denen ſchon beobachteten abs 
weicht, und deren Bluttemperatur nie eine 
größere Wärme hat, als zwey bis drey Grade 
höher, als das Element in dem fie ſich aufs 
halten, x ve 


Ich habe den Fiſchen mehrere Stuͤcken 
von ihren Floßfedern abgeſchnitten. Dieſe 


Verſuche habe ich zu verſchiedenen Zeiten 


wiederhohlt, und dieſe Theile jedesmal all⸗ 
maͤhlich ſich wiedererzeugen geſehen. Es iſt 
mir bloß vorgekommen, daß ſie ſchneller bey 
juͤngern Fiſchen wieder hervorkommen, und 
Pa bey 


bey einigen Geſchlechtern weit leichter, als 
bey anderen. - | 


Sch habe einigen chineſiſchen Goldfiſchen 
einen Theil der Floßfedern gerommen, und 
am dritten Tage darauf, bemerkte ich an den 
abgefihnirtenen Rändern einem meißlichten 
Wulſt: den achten Tag darauf dehnte ſich 
diefer Wulſt merklich hervor, und wuchs end» 
U zu einer Membrane an, die ohngefähr 
eine Linie breit war. Diefe Membrane war 
aber viel. dicker, als die, melde die Grund» 
lage ver Floßfeder ausmachte; mie fie fich 
aber in ber Länge hervorſchos, ward fie alls 
mählich zarter und durchſichtiger. AmEnde 
eines dreymonatlichen Zeitraumes entdeckte 
man fehr deutlidy Die Grundzüge der Knochen⸗ 
- frahlen, weldye die Membrane befeftigen ſoll⸗ 
ten. Sie ſchienen eine Fortfeßung der And» 
chelchen von der Grundlage zu fym Sm 
Unfange entflanden fie aber-aus nichts ald 
einer Gattung eines feinen Gallerts. | 


Nachher fchnitt ich ebenfalls einem fols 
Gen chineſiſchen Goldfifche einen Theil der 
zechten Bruſtfloſſe ab, und in einem Zwiſchen⸗ 
Kaum von 8 Monaten wuchs dieſer Theil beys 
nahe zu einer. fo beträchtlichen Größe an, als 
die linke beſaß. Ich wiederhohlte ben nems 
Then Verſuch auch an den Bauchfloffen und ” 

da 








* Jo( EM 48% 


das Reſultat berſelben blieb immer der nem⸗ 
liche. Nur iſt es wahr, daß ob die neuen 
Flußfebern gleich fo groß, als ihre Antago⸗ 
niften waren; fie doch eine Zeitlang noch weiſ⸗ 
fer und Kinn] ——— blieben als die 
anderen. 


u Ich N Durch ſchnitte 

an ber Schwanzfloſſe verſchiedener Fiſche. 
Die abgeſchnittenen Thelle erzeugten ſich ohne 
Ausnahme in einer gewiſſen Zeit wieder. 
Die, dieſem Verſuche ausgeſetzten Fiſche ver⸗ 
Iohren das Gleichgewicht, und ihre Schnellig⸗ 
Zeit im Schwimmen hatte merklich abgenoms 
‚men, nad) Maasgabe, daß ich ihnen mehr 
oder weniger vom den "Stoffen abgefchnitten 
hatte, und fie nahmen ihre Stellung nicht 
eher volllommen wieder an, als bis die Flofz 
fen gaͤnzlich fi ich wiederhergeſtellt hatten. 


Einigen Fiſchen ſchnitte ich die Floßfe— 
dern ſo nahe wie nur immer moͤglich ab, und 
von den Augenblick an konnten ſich dieſe Thiere 
auch nicht mehr im Waſſer horizontal erhalten. . 
Der Ropf hing nach den Boden des Gefaͤßes 
zu, f e ſchwankten unaufhörlid, und konnten 
nur durch eine gewaltfame Anfirengung ſich 
wieder in eine horizontalere Lage bringen. Ihre 
Floſſen wuchfen überbem nur außerſt langſam 
wieder hervor. 

4: Die 


m 


\ 7 / 
J 


Die nemlichen Verſuche, an anderen 
und mehreren Fiſcharten angeſtellt, waren 
immer ohngefaͤhr von denſelben Reſultaten bes - 
gleitet. An einem Karpen, dem der Rand 
ber Floffedern in der Maaße von Eleineren 
Fiſchen weggefreſen war, daß fie, nun mit 
Tranfen befeßt fhienen, habe id) am Ende 
weniger, Monate die Ränder wieder vollkom⸗ 
men ausgefüllt gefehen. : 


Auch bemerkte ih, daß die Floffen fich 
gewöhnlich fehneller oder langſamer wiederer⸗ 
zeugten, nach Maasgabe ihrer größern oder 
geringeren Unentbehrlichkeit für das Thier. 
Sr. Spallanzani hat eine diefer aͤhnlichr 
Erfahrung in Rücficht des Regenwurmes 
gemacht, an denen er den Kopf ſich viel früs 
. her al& den hintern Theil bes Körpers ſich 
wiebererzeugen fah. So fommt an den Fi: 
fben die Schmwanzfloffe viel früher wieder 
hervor, (die nuͤzlichſte unter allen Floſſen, 
weil fie beynahe zur Verrichtung aller Bewe⸗ 
gungen dient) ald die Bauch s oder Brufts 
floffen, und diejenigen, welche den Fiſch in 
einer gewiſſen Höhe zu erhalten dient, und 
die Seitenbewegungen begünftigt, find weit 
eher ‚wieder hergefiellt, als die Floffen des 
Ruͤckens, an denen ich Feine fieben Menate 
nachdem ich fie abgefchnitten hatte, bie neuen 
Strahlen entdecken konnte. 5 
B ie. 





EU) OK 485 


Die Membrane, melde bie erfte Grund⸗ 
lage ber Floßfedern bildet, hat verfchiedene 
Grade yon Dicke nach Maasgabe der vers 
ſchledenen Fiſchgattungen. Ste ift aus zweyen 
Blaͤttchen zufammengefezt, zwiſchen deuen 
fid) ‚Heine Knochen oder Strahlen: zuweilen 
von einem einzigen und fpigen Stüde, und 
am oͤfterſten von verſchiedenen knochichten, 
durch eine knorpelichte Maſſe verbundenen 
Stüden gebilbet befinden. 


Um bie Floſſen fich wiebererzeugen zu 
laffen, muß ein Theil der Eleinen Knochen 
verfchont bleiben. Wenn biefer Theil fonft | 
gänzlich zerſtoͤrt iſt; ſo wuͤrden Feine neue . 
Floffen an ber Stelle der abgefchnittenen wies 
der hervorkommen. Dies tft eine Bemerkung, 
“welche ich an mehreren Fifchen gemacht habe, 

denen die Mückenfloffen, nebft einem Theile 
ihrer Fleinen Knochen genommen waren, und 
wo ſtatt meuer fi nur Wine Kerne Narbe 
erzeugte. 


Ob die Fiſche nun 1 glei dieſe Shape 
nur ſchwer miffen Fönnen, fo haben fie doch 
Gefhidlichkeit genug, die welche ihnen fehs 
Ien, durch die ihnen übergebliebenen "zum 
Theil zu erfeßen. Sch habe ziemlich große 
Fliſche mehrere Jahre hindurch fortleben ges 
KR ob fie gleich die Fb Ihres Körpers, 

h dad 


f 486 a) 0 — 


das heiſt ven Theil, welcher ſich vom Hinte⸗ | 
zen bis zum Schwanze erſtreckt, eingebüßt 
hatten. 


Man hat'bie Flügel ber Voͤgel mit den 
Sloffen, und die Federn von jenen, mit ben. 
Strahlen don diefen verglichen. Aber im 
Ruͤckſicht der Art fich wiederguerzeugen findet 
zwiſchen diefen [heilen ein großer Unterſchied 
fiatt. Man weiß, bag bie Febern nicht 
wieder fortwachfen, wenn fie einmal abges 
ſchnitten fü ſi nd. x 


Bey allen’ Fifchen beynabe find die Meis 
nen Knochen in ber Schwanzfloße fehr ſtark 
unb verofelfältigt. Wenn man die Anzahl 
dieſer Knochenſtuͤcke mit ber ber Fußknochen 
des Salamanders vergleicht, fo wird man 
ſie weit beträchtlicer finden. - In der That 
iſt die Verſchledenheit zwifchen diefen Orga⸗ 
nen fehr anſehnlich, vorzüglich in Hinſicht 
auf die. Urt, . wie biefe verfchtedenen harten 
Zhelle ſich unter einander artiluliren. 


Wenn die Membrane welche die Floſ⸗ 
ſen bildet, nach der Richtung der kleinen 
Kuochen getrennt wird. fo vereinigen fid) 
‚die beyden Theile wieder, und bilden eine 
Narbe, welche nur nach und nad) wleder ver ⸗ 
gehet. Man trift oftmals auf Fiſche; 
meh⸗ 





er 
mehrere blefer Narben von ihren Floßfedern, 
votzuͤglich an denen des Ruͤckens haben, 


.  Diefe Wiedererzeugungskraft der Flofs 
fen tft den Fiſchen um fo nüzlicher, weil diefe 
Theile unaufhörlic ber Gefahr ausgeſetzt 

find zerriffen zu werden, ober fonft verloh⸗ 
ren zu gehen, entweber auf Beranlaffung der 
Beſchaͤdigung durch, verſchiedene Gegenftände 
und durch die Zähne anderer Thiere She 
Wachsthum tft mir übrigend auferft lang⸗ 
ſam vorgefummen; aber man kann ſicherlich 
annehmen, daß er bey Thieren, welche ſich 
in Fregheit befinden weit fihneller vorgehe. 


Meine Abficht bey biefer einfachen Beobach⸗ 


tung war, eine Thatſache aufzuftellen, welche 


fuͤr die Phyſiologie von einem nicht geringen 
Nutzen zu ſeyn ſcheint: und einen neuen Bes 
weiß von der zahllofen Menge von Hülfsmits 
telm anzugeben welche bie Natur anzumenden - 
hat, fobald es barauf ankommt, den orgas 
nifirten Körper ihren erften Zuftand der Voll⸗ 
kommenheit wieder gu geben, denen hinzus 
Lommende Urſachen ihnen geraubt hatten, 


Mn, 


ae a 
| So 
Etwas über die Erzeugung 


— 








(Ein Beytrag zur Theorie der Evolutlon.) 


9 


enig Theorien haben eine ſolche allge⸗ 


meine Aufmerkſambkeit an ſich gezogen, 

als die Theorie der Generation. Alle Zeit, 
alter find mit Bemühungen angefüllt, über 
dies lange fhon praktiſch ausgeuͤbte Kunfts 
ſtuͤck ſich auch theoretifc zu belehren. Und 
die mancer Famille fo wichtige Aquiſition 


eines Stammhalters hat manche Naturfors - 


ſcher zu nicht unmichtigen Beytraͤgen ermuns 
‚tert. Ar. Hofrath Blumenbach I) hat 
zum Theil ſchon mehrere derfelben mit treffen» 
dem Spotte in ihr dürftiges Nichts zuruͤck⸗ 
gewieſen. Alle tragen meiftentheils die Spu⸗ 
ren jener Uebertreibung, welche ben beften 
Köpfen anhängt, und bie beften Theorien 
mit ihren ermiefenften Grundlagen immer 
doch vun irgend einer Seite dem Spotte und 
Gelächter bloßgiebt. Eines jeden unparthey: 
ifhen Naturforfchers Bemühungen muͤſſen in 
diefem Falle immer dahin gehen, die Unreis 
nigfeiten des Syſtemzwiſtes davon allmählich 

zu 
V Leer den Bildungstrieb. 





En —— 


Jo * — 


‚zu enden nnd aus ben reinen Cigen fo viel 
als möglich neue ‚Refultate zu ziehen. KEN 


Um alles in ber Kürze zu fan, fo 
find e8 zwey Punkte worin alle, mir fo viel - 
Hitze verfochtenen Hypotheſen und Meynund 
gen genau zuſamme treffen. Diefe H:upts 
‚ibeen find: eine allmaͤhlige Ausbildung des 
seifen, elterlichen Stoffes zu einem Beftimms 
ten Dxte, oder eime allgemeine Säpfung 
der Reime aller izt lebenden und noch zukuͤnf⸗ 
tigen Werfen ſchon im Schoße der erſten Mut⸗ 
ter. Dieſe ſchon vorerſchaffenen Spröölinge 
nahm man nun entweder als bis zu Ihrer 
. Entwicelung in ben Zrugungssheilen. eined 

ſchon exiftireuden Gefchöpfes, oder in der 
Luft umberfhwärmend, oder als bey dem 
Mater oder der Mutter ruhig eingefhachtelt 
an. Dies trennt bie leztere Theorie. wieder 
boppelt ; in bie Lehre don den Saamenthters 
hen und in die, der müzterlichen Evolutlon. 


= 


"Sch übergehe hier bie erflere Hypotheſe 
von den Saamenthlerchen in fo fern. — - 
fie eine Zeitlang ald die Hauptgrundlage des 
Menſchen betrachtete. Ihre Uabrauchbarkeit 
liegt zwar nicht in ber bloßen Nothwendig⸗ 

keit ihres. Dafeyns im Saamen, als einer 

ſtannirenden Feuchtigkeit (denn nicht zu einem 

Fluido — gehörige, in ihm aber doc) 


ſicht⸗ 





499 wol 


fihtbare Würmer müßten einen gewiſſen 


Grad der Faͤulniß und jolalih Verderbtheit 
anzeigen, welcher bie ftanttirende Feuchtigkeit 
zu ihrer angemiefenen Funktion untruͤglich 
machen müßte);. aber ihre Zufälligfeit in 
Hipſicht der uomittelbaren Erzeugung, iſt 
hinreichend erwiefen. Ich wuͤnſche hier auf 
ihr Daſeyn in fo fern nur aufmerkſam zu 
machen, als fie ſowohl gegen die Theorie 
der millionenfah eingeſchachtelten Keime, als 
gegen die eines Triebes ohne Stoff beweifen. 
Jene Theorle von der Einfchachtelung 

der Reime hat ſich dagegen eine Menge gros 
ßer und merfwürbiger Vertheidiger verfhaft. 
Mit mehr Scheinbarkeit in ten Gründen vers 
band fie mehr Deutlicjkeit im Zuſammen⸗ 
hange, . Nur jene dee, welche aud) ſchwer⸗ 


lid, der erften Erfindung anhleug, bloß dieſe 


Vorftellung eines Daſehus unferer Keime 
ſehon in der erfien Mutter des Meuſchenge⸗ 

ſchlechts hat fie etwas laͤcherlich gemacht, ohne 
daß man ihn do ihr Wahres und Gründs 
liches zu nehmen im Stande gewefen wäre. 
Nach ihn find alle Glieder [hen vor der Bes 
fruchtung, wenn glei in einem faſt fluͤſſi⸗ 
gen Zuftande da geweſen/ und die Empfängnis 
it iin Grunde nthts anders als dad Erwa⸗ 


chen des ichlafenden Keimes durch den Reiz | 


des männlichen Saamens. 


"Die 


yı 





* 


Die neueſten Verſuche haben ben be⸗ 
quemen Reg einer ruhlgen Evolution verlafe 
fen, um einen gewiffen Trieb feftzufegen, 

welcher die Theile ans tem Chaos der unor⸗ 
pauiſchen rohen Maſſ heraus huͤbe. & Die 
merfmürbiofien unter dleſen henrien find 
die beuden, ‘des Hrn. Hofe. Dlumenbach 
und “rn. Wolf. Jene ſichert den Mah⸗ 
men des Bildungetriebes, ie ben eſ⸗ 
ſentlellen. | 


El mird in dem orker oben uns 
„gebildeten Zeugungsftoffe der organffirten 
„Körper, nachdem er zu ſeiner Reife und an 
„ben Ort feiner Beftimmung gelangt iſt, rege, 
„iſt ein befonderer Trieb und lebenslaug thäs 
„tig, ihr beſtimmte Geſtalt anfangs anzus 


„nehmen, dann lebenlang zu erhalten, und 


. „wenn fie ja etwas verftümmeltimorden, wo 
„möglich, wieder herzuftellen.‘“ — m) 


Diefe ift blog: — „diejenige Kraft, 
„melde den Nahrungsfioff fammelt, durch 
„die organifchen Körper trist, und in die vers 
„fledenen Glieder abfezt.“ — n) 


Und nun befeuchte man beyde Theorien 
näher zufammen. Sch denke, es fann nicht 
feh⸗ 
m) Weber den Bildungstrieb. S. 24, - b 
'n) Theoria generationis⸗· Pag, 12. 


29 Dort 


fehlen, dag man fie ganz übereinfommend 
finde. Die leztere Definition ift nur gleichs 
fam eine AuseinanderfrBung des erften ; denn 
bie) ganze Aktion des Bildungstriebes, in als 
len feinen, unmoͤglichen, getheilten Funk⸗ 
tionen ‚"beftehet lediglich darin, „Daß er den 
„Nahrungöftoff ſammelt, durch die organts 
„fchen Körper treibt, und in die verſchiedenen 
„lieder abfezt.“ Allen beyber Beſchreibun⸗ 
gen Legt daher nur ein einziges Objekt zum 
Grunde » Er ift Abweichungen allenthalben 


unterworfen und hört in der Unregelmäßigs _ 


keit der Form: nothmendig * BERNER zu 
ſcheinen. —0 


Man findet bey eiter Bent dies 
fer beyden Hypotheſen, welche ich unter ber 
Benennung: der genetifchen Kraft hier zus 
ſammenfaſſen will, ‚mit ben vorbefindlichen 
' Keimen, eine in ber anderen wieber, eine 
für die andern unentbehrlich, und eine durch 
die andere erklaͤrt. Es iſt unmoͤglich gewe⸗ 
ſen, von ihnen eine anzunehmen, ohne die 
anderen ſtillſchweigends einzugeſtehen. 


Denn, beſteht man einen praͤformirten 


Keim, ſelbſt in allen feinen Eigenheiten, mit 
feinen ſaͤmmtlichen Gliedern, — was ges 
ſchiehet dann. in dieſem Babe durch die Bes 


fruchtung! Wenn ſie * nur ben, kleinen 
praͤ⸗ 


| 
y 





BE yolk 4 


präformirten Herzen einen faft unmerklichen 
Anſtoß, gäbe, fo muß doch in diefen Glies 


dern und Theilen ein Trieb aufgeregt, und - 


- 


ihnen ein Leben eingehaucht werben, das fie 
geneigt malt, durch eine Aufnahme ähnlia 
cher Xheile fich zu entfalten, zu vergrößern, 
und mehr Zufammenfeßung zu gewinnen dies 


iſt aber nichts anders, als bie genetifche 


Kraft eine Belebung der Inneren Theile in 


Ährer inneren Struktur, 


Und denkt man num, auf der anderen 
Seite an die genetifchen Kraft, melde den 
ganzen Kleinen Körper entwicelt und ſchaft, 
fo tft es durchaus nothmwendig, ſich einen 
koͤrperlichen Hauptpuxft zu denken, au ben 
fid) alle brauchbaren Partikeln zur Ergänzung 
des fehlenden auſchließen koͤnnten. Dieſer 
Punkt muß vor aller Befruchtung dageweſen 
ſeyn. Daher iſt er praͤformirt. 


Man erlaube mir bier erſt die Prüfung 
derer Eludrücke, womit man das Syſtem 
der Keime angegriffen hat, und welde aus 
biefem Grunde auch meinen Angaben gefährs 


lich werben möchten. 


Sr. von Haller hat ed als ein Haupt⸗ 
argument für die Praͤexlſtenz ber lebendigen 


Geſchoͤpfe angefehen: * die Haut des Dot⸗ 
ters 





49 4 u ) 0 ( Sr 


ters im bebrüteten Ehe mit den Häuten bes 
daran hängenden Kuͤchelchens, und die Bluts 


gefaͤße des lezteren eben ſo mit der fogenauns | | 


ter: figura venola des Dotters kontinuirten. 
Denn da der Eyerſtock in der Henne präcris 
flirt habe, fo mäfte das auch mit dem Kuͤchel⸗ 
gen der Fall gewefen feyn.““ 


Hlergegen hat man nun fehr fcheinbar 
eingewendet, daß wenn auch ber Dotter und 
das Kuoͤchelchen zuſammen Fontinuirten, fie 
des halb doch noch nicht zuſammen koexiſtirt 
haͤtten. So entſtaͤnden im Pflanzenreiche die 
Schlafaͤpfel, und man den Uebergang der 
holzigten Gefaͤge bes Roſenſtocks, in dem 
holzigten Kerne des Bedeguar deutlich, ohne 
Keime des lezteren allenthalben präeriftirend 
annehmen zu koͤnnen. Und zwiſchen entzuͤn⸗ 
deten Eingeweiden entſtaͤnden oft neue Ge⸗ 
faͤßkontinuattonen, ohne daß fie vorher haͤt⸗ 
ten exiftiren koͤnneu. 


Diefer ganze Einwurf laͤßt fih durch 
eine einzige Frage auflöfen s Wenn nun das 
bebrütere Hühnchen nicht mit dem Dotter vor 
der Befruchtung zufammengehangen hat, wor⸗ 
aus ift es denn nun entfianden? — Sit e8 
aus bloßen immateriellen Trieben formirt, 
‚oder haben tiefe immatertellen Triebe fich erft 
eine Materie geſchaffen um fih daraus ein 

Kuͤchel⸗ 





ENDE — 495 


Kuͤchelchen zu bilden ? Dies iſt in der That 
noch mehr als eine Schepfung aus Nichts. — 
Und auf melde Art ift denn nun endlich die 
genetifche Kraft entjtauden? — Wo hat ber 
männliche Saamen ben Trieb gefunden, wenn 
er nicht vorher in einem Kinteriehien Punkte 
gefhlummert hat, 


 Nimmtman z. B. ben ber Entftehung des 
Bedeguar einen Keim an, was verfieht man 
nun unter diefer Benennung? — Ich meyne 
fo lange man Xheorten hierüber gefihrieben 
“bat, tft man bes Glaubens geweſen: jeder 
"Punkt, mo ein Bedeguar eniftchen koͤnne 
(Keim deſſelben) könne durch einen Reiz bie 
Kraft erhalten, verwandte Theile an ſich zu 
ziehen, und ſo allmaͤhlich groͤßer zu werden 
(dt. ſich zu entwickeln.); denm mie id) es 
ſchon geſagt habe, bey der Annahme von 
praͤexiſtirenden Kelmen ſey immer ein damit 
verbundener Trieb nothwendig vorausgeſezt, 
welcher mache, daß er zunchmen und wachſen 
‚Lönne, Denn Fein Ding in der Welt kann 
fid) ohne ein Inneres Hülfemitrel felbfiändig 
bewegen. Der nehmliche Fall tritt z. B. bey 
Reproduktion der Polppen ein. 


| Daffelbe erklärt auch die Entfiebung des 
‚Gefäßneßrs in den Entzündungshäuten, Die 


Enden ver Arterien find fähig zu wachſen 
507 sta und 


" 96 wur ) o ( BR 


and ſich fortzubehnen. (oder anders ausge⸗ 
drückt, fie haben Keime zu neuen Arterien 
Sin fih) Wenn daher das Zellgemebe, in 

welchem fie liegen nur durch den Ergug einer 
plaſtiſchen Lumphe zunimmt, fo ift eine Vers 


längerung ber damit ‚verbundenen Gefäße 


ebenfalls aͤußerſt natürlich. 


rn. Dauls Einwurf findet im obigen 
nothwendig eine rechisfräftige Widerlegung- 


Denn wenn Die Blutgefäße nicht zufammens 


hängend find und doch dad Kuͤchelchen erſt 


“während des Bebruͤtens entfichen fol, fo 


muß er nothmwendig erſt dem dieſem Aktus 


nicht präeriftirenden Stoff angeben, woraus 


es entſtehen kann. 


Wenn daher dieſer Keim; welcher zu 
gleih den Begriff .einer entwickelten Kraft 


enthält, befruchtet wird, dieſe Kraft ers 
wacht, und nam ihren allgemeinen Gefegen 


der Aggregation jedem Theile bie ihm 
brauchbaren Partikel zu ſeiner Vergroͤßerung 
anſezt, fo iſt es natuͤrlich, daß das erſte Ge⸗ 


bilde des Ganzen, um dem Auge voͤllig ſicht⸗ 


bar zu werden, einiger Zeit bedarf; denn 
dlie Theile koͤnnen nicht fo deutlich getrennt, 


und bie Geftalt fo charakteriſtiſch ſich auszeich⸗ 
nen. Die fpätere Erfcheinung jagt Daher 
nichts gegen die Präexifienz eines’ Keime 
R Es 





⸗ 


Es iſt dann ſehr wohl gi begreifen mie 

der materielle Punkt durch die genetiſche Kraft 
verſchiedentlich entwickelt und modifizirt 
werde; und oft durch die Umſtaͤnde gepretgzt, 
eine ganz andere Geſtalt aunehme, als ihm 
eigentlich beſlimmt iſt. Ueber alle Kräfte 
der Natur waltet noch ein allgemeines Dre, 
den Einfluß der Umſtaͤnde. 


In der ganzen Schöpfung ſehen * 
uͤberhaupt alle ihre Werke in einer weiten 
Mannichfaltigkeit von Umſtaͤnden verwandt, 
Mancher geheime Aktus derſelben knuͤpft 
durch die Hervorbringung gleicher Reſultate 
zwey ſcheinbare ſehr entfernte Naturen zuſam⸗ 
men, und alle Glieder dieſer großen Ver⸗ 
ſammlung find durch jenes Ziel der Vollkom⸗ 
menheit mit einander verbunden, dem ſie ſich 
ſtufenweis ** muͤſſen. 


KReproduktion ſeines Selbſts oder RR ? 
güng: eines ähnlichen Weſens iſt eine der 
Hauptbeſtimmungen aller Geſchoͤpfe. Sa, 
dies wird um fo mehr und dringender ber 
erfte Zweck alles Daſeyns, je höher hinauf 
die Naturen ſich läutern, ein neues verfeis 
nerted Leben germinnen, und vorzüglid) an 
fregerer Willkuͤhr zunehmen. Denn fos 
bald die anderen Zwecke des Lebens und Das 
we Vervollkommnung feines Geſchlechtes, 

Kk3 durch 


498 er) er 


durch Ungeuͤbtheit im der Mahl ver Mittel, 
durch fehlgefhlagene Verſuche und unter. den 
menfchlicyen Hofnungen, vergeffen und nicht 
erreicht wird, fo hat das vertorbene Gefhöpf 
Keine beſſere Beſtimmung mehr, als feine 
leere Stelle nun wieder zu erſetzen, und ein 
neues Gefchöpf in feine mißrarhenen Funke 
tionen fi verfuchen zu laffen. Der Einfluß 
der Thiere hingegen auf das Ganze ber Schoͤ⸗ 
pfung iſt auf den einfachen Zweck der Benuts 
zu g befhränft, welcher allein durd bie 
Menae der Individuen erreicht werben kann, 
der Merſch erzeugt. daher nur ein ober zwey 
Kinder auf einmal, inheß faft alle andere 
Thiere, fo mte ihr Daſeyn befonders auf den 
obere ober unteren Stufen einer geiftigeren 
Nuibarkeit, ſtehet, mehrere unge gebähren, 
Bey dem Menſchen muß daher der Stoff ges 
reinigier ſeyn, um das Dafepn eines ſchweer 
zu erſetzende Geſchoͤpfes ſicherer zu erhalten, 
waͤhrend daß bey den Thieren eine oder meh⸗ 
rere verlshrere Generationen zur Veraͤnde⸗ 
sung des Ganzen nicht beyiragen. 


Auch hier bemerken wir.einen feltfamen 
Stufengang. Wo irgend ein Zweck beſon⸗ 
ders moralifcher Art eg verlangte, die Bildung 
ohne Wanken ‚und Abmeihung zu erhalten, 
da nehmen wir au das Vermögen der gene⸗ 
tiſchen Kraft irgends dazu modifiziert ws: 

8 





* ) o ( — 49 9 


Es giebt zwey Hauptfunktionen dieſer Kraft: 
die Nutrition und Reproduktion. Jene, 
‚ale die allgemeine Meherrfherin des Bil⸗ 
dungstriebes in der Erhaltung des Typus 
aller Theile findet fi in einem weit höyeren 
Grade bey ſolchen Thieren, denen Umftände 
und Warderungspermögen häufigen Einfluͤſ⸗ 
fen auf ihre Geftalt ausfeßen muͤſſen. Diefe 
mehr bey ſolchen Thiergattungen, die ein bes 
ſchraͤnkter Aufenthalt von allen diefen Wirs 
Lungen zurückhält, und daher mehreren los 
kalen Zufäßen ausſezt. Mit jener größeren 
Lofemorivirät tft auch immer ein Huͤlfsmit⸗ 
tel im Softinkte oder ber Vernunft zuſam⸗ 
menhaͤngend. 


Alle Triebe und inneren Kraͤfte aͤußern 

und laͤutern ſich dieſem Maasſtabe gemaͤß. 
Der einfache Trieb der lebendigen Maſchine, 
ſich felbft zu erhalten, theils fi dem Baue 
des Sioffes gemäß, In verfchiedene Zweige 
um die Gonftitution ihrer individuellen Lage 
vollkommen anzupaffen. Wo das Dafeyn 
der Wefen nur unberrädhtlicy mit einer Kette 
sanberer zufammenhängt, finden wir dies geis 
filgere Leben zum Theil fo gefpannt, daß es 
fich allein auf bie Fortbringung bed Geſchoͤpfs 
einfhränft, In der Pflanze forgt nur allein 
ber Trieb der Erhaltung nad) feinem Erwa⸗ 

chen für die Entwickelung aller Theile; faft 
Kk 4 gaͤnz⸗ 


500 a DE 


gänzliche Zerfiöhrung ſchadet feinem Vermoͤ⸗ 
gen nicht, wenn er nur einen feflen Punkt 
übrig behält. In den Thlergeſchlechtern vers 
liehrt er zum Theil dies Wermönen, meil 
er bier [don Inſtinkt und andere Funktionen 
beforgen muß, und im Menſchen, bey feis 
ner Erſchoͤpfung, im feinften Verftande, ift 
er fo gut als faft gänzlich zernichtet. 


Dieſe einfache Beobachtung natürlicher 
Mirkungsart iſt von betraͤchtlichen Folgen 
für die aanze Theorie der Erzeugung ; da fie 
es hinreichend ermeißt, daß nur bie Laͤute⸗ 
rung deffelben Stoffes es ifi, was den Wiens 
fhen von den Pflanzen unterfcheider, fo hat 
fie hierin den — der großen Kette 
entdeckt. 


Mo es nur im gerinafien darauf ans 
kommt: einen einmal gewählten Typus in 
in der Schöpfung der Geſchlechter und Gat⸗ 
tungen zu erhalten, nehmen wir auch geiftige 
Entwicelungen wahr. "Eben der Begriff 
diefes Typus enthält bie ganze Keimtheorie, | 
Er kann fein in feinen Grundzuͤgen angelegt 
feyn, aber er kann fih unmöglich von felbft 
entwickeln. Es gehört ein gemwiffes feben 
dazu, Die Pünktgen zu theilen, in ihrer 
Größe auszudehnen, in ihrem Umfange zu 
erhalten, in ihrer Beflimmung zu leiten, ja 

ſelbſt 





EI 501 


ſelbſt durch die Verbindung neue Theile ent; 
Reben zu machen. Denn bies.ift die ganze 
Theorie der Ernährung. In einem ſolchen, 
zur Zeit der Mannbarkeit des Geſchoͤpfes hers 
vorgebrachten Theile kann nun für das fünfs 
tige Geſchoͤpf derfelbe Typus mit feinen Trle⸗ 
ben enthalten-feyn. Nichts ift einfacher ald 
dies und nichts fügt. das ganze Zeugungs⸗ 
geſchaͤft in ein heileres Licht. 


Denn eben fo wenig iſt ed möglich, wie 
{bon oben gefast if, fi) einen Trieb zu den⸗ 
fen, der ohne einen Standpunft zü haben, 
feine Wirkungen hervorbringen koͤnnte. Im 
irgend einem Atom muß er Immer liegen, und 
diefer Atom muß ausſchlieslich und vorzugs⸗ 
weiſe zur Erhaltung biefes Triebes gebildet 
feyn, damit er fih nit etwa einmal an der _ 
Naſe oder am Fufzehen fihtbarlih mache. 
Diefes Atom; fin Sitz, kann erſt fpäter 
gebildet werben, meil er durchaus Die Meife 
des ganzen Körpers erfobert, Don dem viel 
leicht alle Theile zuerft etwas zur Vervollſtaͤn⸗ 
digung bed erften Umriſſes vom neuen Ge: 
ſchoͤpfe beytragen muͤſſen; denn fehlt der 
Mutter ein Theil, fo fehle derſelbe auch 
nicht felten dem neuen Geſchoͤpfe. 


Diefe Darflellung vereinigt die Keime 
mit den genetifhen Kräften und Bildungs: 
’ Kk5 tries 


\ 
502 de 1 


trieben, als einander nothwendig und zu ein, 
ander gehörend. 


Nun wird man aber no, fo fimplifi- 
zirt bier auch der erfte Lirfprung, und fo . 
allgemein au der Umfang diefer Erzeu⸗ 
gungstheorte auseinander gefezt ift, in der 
Natur es noch weiter verbreitet und einfacher 
wirderftioden. Wenn mir wiffen mie bie 
MWelten ſich ballen, wie Minerallen entftes 
hen und Metalle erzeugt werden, haben wir 
auch bie Zeugungsart aller übrigen Nature 


reich gefaßt. ‘ 


Das allgemeinfte Naturgeſetz iſt Ay: 
gregation, d. 1. Anziehungskraft ähnlicher 
Theile an einander; und hierin liegt auch der 
Schlüffel zum Geheimmniß thierifcher Erzeu⸗ 
gung. Ale gleihen Theile ziehen fih an; 
ein jeder Partikel hat alfo einen innern Zrieb, 
fih in Extenfion oder Intenſion zu vervolls 
fommnen. Die homogenen Theile der Mes 
talle und aller Mineralien vervollfommnen 
fih wechſelsweis. Die Gebilde in den 
Pflanzenkelmen ziehen alles taugliche an, und 
benußen es zur Erweiterung Ihres Umfanges 
und zur Erhöhung ihrer Inneren Güte In 
allen verweilt und bildet der nemliche Trieb 
mis der nemlichen Kraft, die Aggregation. 


Und 





2. ) ER 503 


Und iſt es nicht im Merſchen berfelbige 
Sal, Nur erft in der Periode der koͤrperũ⸗ 
Gen Reife iſt dte Entw ckelung eines neuen 
möglich, nur zuerft da ifi wahrſcheinlich der 
Punkt angelegt, in welchem ver Xeieb 
fid) befindet. “Der .erfie Grundkeim, viel⸗ 
leicht das Puͤuktchen, mo das Herz fiblagen 
fol, war ſchon der Mutter angebohren; nur 
ihre Glieder legten allgemach einen Depot 
von ihren eigenthuͤmlichen Theilen nieder, 
welcher aber zuerſt bey ihrer Vollkommenhelt 
und gaͤnzlicher Ausbildung die hoͤchſte Reife 
exhiel. Man hat daher die Schwaͤche ge 
wiſſer Glieder auch auf die Kinder forterben 
geſehen. So ward auch der Dlangel eines 
großen Gliedes zuweilen beym Kinde bemerk⸗ 
lid. Wenn daun der Water diefen Keim 
‘erregte, vielleicht nod) einen neuen Keim hins 
zufügte (wahrſcheinlich Urſach der ftärferen 
Wirkung diefer Aggregation, als bey den 
unorganifirten Körpern) ihm die genetifche 
Kraft und vielleicht Das Leben eingoß, wenn 
fein ntebergelegtes Depot fih gleichſam mit 
den mütterlichen vereinigt hatte, fo fieng bie 
Wirkſamkeit eines neuen Gefchöpfes an, 
befien Geſchlecht nur von den flärfern Ueber⸗ 
gewichte des Mannes ober bes Weibes bes 
ftimmmt ward, Die Geftalt ber Zeugungss 
glieder ift denn gleihfam nur die Folge der 
ftärferen ober ſchwaͤcheren Confitution des 

| Ge⸗ 


IE 


Gebildes. Fehlte daher dem Mater ein 
Glied, oder war nur eins von ihnen betraͤcht⸗ 
lich ſchwaͤcher, fo warb dies aud) dem Kinde 
ſehr ſichtbar. 


Man ſieht endlich die Generation durch 
das ganze Leben in ihrer unausgeſezten Be⸗ 
triebſamkeit, wie ſich die Theile durch fie 
ernähren, auch befonders in ben niedrigen 
Xhierklaffen fich wieder herfiellen, mit gu⸗ 
ten neuen Partikeln die alten ſchadhaften 
wegbringen und die Conſtitution in Einer 
Harmonie Immer zu erhalten bemuͤhet find, 





Ri nei: 505 





ot IV, 
Etwas über einige Beobachtungen, den ns 
ſtinkt, und befonders die Lebensart der 
Ameifen betreffend, 





(Beſchluß. S. voriges St, Geite 372): 





$ Yie meitere Auseinanderſetzung 33 

terſuchung uͤber die Aehnlichkeit des 
Jaſtinkte⸗ und der Lebensart mancher Thiere 
mit denen des Menſchen erfordert eine vor⸗ 
hergehende Beantwortung mancher Eng 
nen Frage. . 


Zu biefen gehört befonders die: Was 
ift Vernunft! wodurch zeichnet fie ſich 
nicht nur von allen übrigen Geiſteskraͤf⸗ 
ten, fondernauch von den allgemeinen 
Faͤhigkeiten aus, welche wir an andes 
ren Thieren fo ähnlich bemerken? Dies 
find zwey oft aufgeworfene, aber nie, mich 
dünft niemals mit einer zureihenden Ge⸗ 
nauigkeit beantwortete Fragen, 


Wie viel aber überhaupt abhängt, m € 


Am deutlichſten Lichte darzuſtellen, wird (dom 
aus der einzigen Betrachtung ſichtbar, daß 
auf 


506 Va LION. 


auf ihre Beantwortung die ganze Verſchleden⸗ 
heit beruhe, welche das Thier von ben Men⸗ 
ſchen abjondern, und daß fih von ihr zum 
Theil auch die Pflichten muͤſſen ableiten lafs 
fen, melde und vor den Thieren zum Vor⸗ 
aus obliegen, und mo wir noch über den ung 
thterifch anflebenden Inſtinkt mit Recht hin⸗ 
ausgehen können, - Was indeß ind Feld der 
Melaphvſik und Moral gehört, geht mid) 
hier nicht eigentlich an; mich Fümmert ledig⸗ 
lich die phyſikaliſche Frage“ Um dieſer Mas 
terie nur eine ertraͤgliche Vollſtaͤndigkat zu 
geben, muͤßte man die Schranken eines Auf⸗ 
ſatzes weit uͤberſchreiten. 


.r 
Was ift Inſtinkt? 


Sin Trieb in feiner weiteſten Bedeu⸗ 
tung heißt ein natürliches Hinneigen zu its 
gend einer Handlung, Es veroffexbaren ſich 
baher in einem jeden thierifchen Körper einers 
ley Arten diefer Inſtinkte: mechanifche, 
Derfiellungs + und willführliche Triebe, 
Uber fo getrennt fie aud dem erften Anblicke 
vorkommen moͤgen, fo befinden ſich doch alle 
biefe Hier Gattungen unter einander in der 
genaueften Verknüpfung, mozu auch fon 
die Einheit ihrer Beftimmung, zur Erhals 
sung des einzelnen Gefhöpfes und: nachher 

auch 





n% ) © ( “. Ä 507 


auch der ganzen Gattung beyträgt, und oft 
ſcheint eine Klaffe diefer Triebe nr ber Ver⸗ 
feinerung einer anderen zu ſeyn. 


Mechaniſche Triebe Fommen einem 
jeben Xhiere, als einer Maſchine überhaupt, 
gu in welcher manche Verrichtungen bloß 
durch die Art der Zufammenfeßung und durch 
die befannten, allgemeinen Naturkraͤfte vor⸗ 
gehen, Der Umlauf des Blutes, die wurm⸗ 
förmige Bewegung der Gedbärme, das Eins 
faugungd » und Ubfonderungs» Geſchaͤft, kurz 
alle diejenigen Bewegungen wozu cin gewifs 
fer Reiz die empfindlichen Theile des Körpers 
verleitet. Einige diefer Verrichtungen indeß 
ſtehen in ſofern unter der Herrſchaft der Seele 
daß fie oft aus ihren Vorſtellungen eutſtehen, 
und eben fo durch eine gewaltſame Anfirens 
gung berfelben unterdrückt werden Binnen, 
Doch fheint diefe Beherſchung fehr mittelbar 
vorgeben zu müffen, da oft alle Arbeiten der 
Seele, bey einer ihr widrigen Difpofition 
bed Körpers, völlig fruchtloß find, Wie 
eher hängen manche Eörperliche Verrichtungen 
von gemiffen dunfeln Vorftellungen ab, wo⸗ 
durch ſelbſt die Seele beym Anblicke derfelben 
Handlungen unwillkührlich beherrſcht wird, 
So feinen z. B. alle Aeuſſerungen des 
Mitleldes hlervon abhaͤngig zu ſeyn. 


Und 


508 EINE 


Und ob fie daher gleich zum Theil fich 


anter ber Merrfchaft der Seele befinden, in 
fo fern diefe die Bewegung der Mafchine, 
dur ihren unmittelbaren Einfluß darauf, 
welcher dem ganzen Zufammenhang der Seele 
mit den Körper ausmacht, beſtimmt, fo uns 
terfcheidet fie doch den Mangel an Bewuſtſeyn, 
nit bem fie vorgehen, von allem willkührlis 
den Trieben. Sie find zwar zur Erhals 
tung des Lebens nothwendig; aber das Thler 
bleibt mit ihnen doch, fo lange es noch nicht 
zu denken und zu empfinden anfängt, Immer 
noch bloße Maſchine. Die Nothwendigkeit 
ber Exiſtenz von jener aber knuͤpft ben jo ens 
gen Zuſammenhang zwiſchen beyden. 


Vorfiellungstriebe find die Bemühuns 
gen der Seele, fich bie finnlih wahrgenoms 
menen Öegenftände in einem Bilde vereinigt 
vorzuftellen. Den Reichthum an Sinnen, 
um fie zu empfangen, ihre Richtigfeit und 
Klarheit, um fie mit Genauigkeit aufzufafe 
fen, beftimmt natürlich die Menge und Feins 
heit der finnlichen Eindrücke unter allen Thier⸗ 


geſchlechtern und unterwirft fie daher wieder 
dem Zuftande und der größeren ober geringes 


ren Gefundheit ihrer Maſchine. Uber die 
Bemuͤhung fie fih vorzuftellen, hängt fo uns 


willführlich die Eindrücke auch geſchehen moͤ⸗ 


gen, von dev Seele ab, meil wir und ders 
ſelben 





PN 


er DE 509 


felben beruft werben. Die Allgemeinheit 
der Sinne in der ganzen belebten Schöpfung 
macht daher auch die Allgemeinheit der Vor⸗ 
ſtellungstriebe, weil der Mangel an Bewuſt⸗ 
feyn jede Vorſtellung überhaupt unnüg mas 
chen würde, Das Bewuſtſeyn befteht gleich⸗ 
ſam nur in der Trennuug der finnlichen Eins 
drüde, mweiles die Seele nur auf einen eins 
zigen Öegenftaud leitet, während deffen Vor⸗ 
ſtellung fie.alle übrigen gänzlich vergißt oder 
uͤberſiehet. Der fiärkere Reiz eines Gegen: 
ſtandes auf unfere Sinne zieht darauf unfere - 
Aufmerffamkeit unwillfübrlich , Innere 
Meizung fie aber willEührlid hin; Ers 
f&einungen melde aud an Thieren beyde 
fehr fichtbar ſich aͤußern. Won der mehr 
Haren, willkuͤrlichen Worftelung angenehs 
mer Gegenftände hängt überhaupt bie ganze 
thierifche ſinnliche Gluͤckſeeligkeit ab. 


Bey der Wahrnehmung eines finnlichen 
Eindruckes findet die Seele ſich aber nicht 
‚allein, an biefen einzelnen, fondern die das 
mit ähnlichen , oder verwandten ehemals 
ſchon empfangenen, dringen ſich ihr meiſtens 
wieder fehr unwillführlid auf, o) 


Die 


—— uͤber die Triebe der Thiere 
14. 
a 


510 DRK 


Die willlührlichen Triebe, in fo 
fern fie allgemein den Thieren angehören, 
beftehen nicht fowohl in einer freyen Wahl 
zwiſchen zwey Handlungen nad vorgeganges 
ner Ueberlegung, als in einem diefer analo> 
gifhen Hauge, nad einer vorhergegangenen 
Empfindung, folglich nad) dem Grundfaß 
der Luſt und Unluft zu verfahren. Jenes 
ift mehr Werkzeihen der Vernunft, und 
gefchiehet zumweilen auf Unfoften der Letzte⸗ 
ren; indeß diefe allein das Prinzip zu feyn 
fheinen, nad welchen die niederen Thier⸗ 
klaſſen ſich inftinftmäßig beflimmen, Diefe | 
willkuͤhrlichen Triebe ſtehen mit jenen mecha⸗ 
niſchen dadurd) in Verbindung, daß fie meis 
fiens zur Erhaltung der Mafchine ebenfalls 
abzwecken, und natürliche Verrichtungen ans 
gehen. Doch giebt es andere, melde aus 
dem überwiegenden Gefühle gemiffer Kräfte 


entflehen, und dann zu der Deu derfelben 
anreizen 


Reimarus p) cheit dieſe noch ſehr * 
maͤßig in natuͤrliche und abartende ein, 
von denen jene vermoͤge der Natur der Thier⸗ 
art, von ſelbſt und ihrer vollen Freyheit 
immer nur auf einerley Art ſich wirkſam be⸗ 
zeigen, dieſe aber diejenigen von der natuͤr⸗ 
lichen ſind, welche, irgend eines Zwanges 


we⸗ 
(p 91 35. a. a. O. 


gr DR 0 51x 


wegen, zum Theil entweder an Staͤrke oder 
Ausdehnung verlohren, zum Theil eine an⸗ 
dere Richtung genommen haben. — Das 
wird uns eben ſelbſt zur Entwickelung der 
Vernunft und ihres Zufammenhanges mit 
den Juſtinkten fehr brauchbar werden. 


Won jenen natürlichen Inſtinkten iſt die 
Seibjiliebe die allgemeinfte, da von aller 
Mernunft und dem Gefühle von Luſt und Uns 
Iuft, der Grund aller Handlungen in dem 
Hange zur Gelbft- und zur Geſchlechts-Er⸗ 
haltung liegen muß.  Diefer entficht ſchon 
aus dem bloßen Zufammenhange der Ems 
pfindung mir dem Wohlfeyn des Körpers, 
welches die Seele folglig zu erhalten, und 
son bie fie eine jede Störung abzumenden 
bemühetift. Daher muß alles Lebendige fich 
felöft lieben. Dies erhält ihre Exiftenz, und 
und da ed fidy ebenfalld auf ihre Jungen 
forterftrecken muß, das Dafeyn ihres Ges 


ſchlechtes. 


Zu ber Stebe der Jungen reicht indeß dag 
allgemeine Princip der Selbſtliebe, und der / 
Luft und Untuft nicht hin. Denn die Brut 
nimmt der Mutter entweber gar feine oder 
nur felten eine Beſchwerde ab, fondern macht 
ihr auch noch dazu große Unbequemlichkeiten. 


Da bey den meiften Thierarten fi keine 
Hs deut’ 


512 SE DIOAK "ie 
deutliche Vorſtellung von der Zufunft von 
Pflicht oder Tugend annehmen läßt, fo'muß 
der beterminirende Grumd in einer blindlings 
beftimmenten Neigung beftehen. Die da> 
mit zufammenhangenden, bloß. thierifchen 
Geſchlechtstrieben koͤnnen weit eher auf ein 
Förperlichen Grfühl fih gründen, das zur 
Erhalturg der Nachkommenſchaft gar nicht 
aumendbar ſcheint. Die Befriedigung jes 
nes Innern Triebes macht alsdann die Fas 
milien⸗ Vorſorge angenehm, und Enüpft die 
zartlihften Bande, lange ſchon vor dem Ges 
brauche aller Vernunft. 


Der Grundtrieb zur GSelbfterhaltung 
nnd zur Vorſorge für die ganze Familie ift 
die Duelle aller anderen, in der thierifchen 
Natur nad bemerfbaren Inſtinkte. Die 
Triebe aber, melde aus ihren Leidenſchaften 
entftehen und fie zu Handlungen hinreiffen, 
find von einer ganz anderen Natur, als dies 
jenigen, melde fih auf ihre individuelle 
tage und auf die Erhaltung des ihnen ange⸗ 
mefjenften Zuftandes beziehen. Die leßtes 
ren find vie eigentlichen Siunfttriebe, melde 
mande Thiergattung, deren Lage und. ins 
nere Natur fie von allem anderen Schuße 
entfernt, nicht nur Yon dem Menſchen, fon- 
dern auch von den übrigen Thierarten gänze 
lid) voraus hat. Die anderen aber find als 

len 





F 


)ol a 513- 


len Gefchlehtern gemein; alle werben burdy 
Begierde und Abſcheu erwekt, durch Furcht, 
Hofnung, Freude, Anaft, Lebe, Haß ꝛc. 
in Bewegung gefißt. Selbſt hierin fcheint, 
wie in Rüdfiht der Kunſitriebe, unter den 
Thierarten ein großer Unterſchied obzumalten. 
Die meifien jener Begierden und ber daraus 
entſtehenden Antriebe zur Handlung betreffen 
indeg Selbfterhaltung (wie Nahrung, Ver⸗ 
theibigung ze.) und Erhaltung und Forts 
pflanzung der Art (wie Geſchlechtsliebe, 
‚Eiternliebe zc.) ohne felbft eine eigentliche 
Idee ber damit verknüpften Woluft zum 
Grunde zu haben. 


‚Die eigentlichen Kunfitriebe, melde nur - 
‚auf einige Thiergefchlechter eingefchränft find, 
erfeßen in der Oekonomie der Thiere die 
Mängel, welche die größte Feinheit und 
Schärfe des zu ihrer Erhaltung nochwendis 
gen Sinnes nicht hat ausfüllen koͤnnen. Faft 
Alle Thiere haben einen einzelnen Sinn zu 
einer faft unglaublichen Schärfe ausgebilber, 
und dies tft, mie die nähere Unterſuchung 
lehrt, immer derjenige, deſſen fie in ihrer 
Lage zum Fortdauren und Fortpflanzung am 
mwenigften entbehren fünnen. Aber er reicht 
niemals weiter, als zur Erkennung des Nuͤz⸗ 
lihen und Schaͤdlichen, und es ift ein am 
derer Trieb nothmwendig, andere Mängel, 
gl 3 z. B. 


514 ON. 


3. B. den Mangel an Schelligfeit bey ihrer 
Erwaͤhnungsart zu erfeßen, durch angemefz 
ſene Mefter ihre junge Brut gerade vor ber 
gefaͤhrlichſten Thierklaſſe zu fügen, ober 
vos ſich feibft in den gefährlichften Perioden 
ihres Lebens, (mie in dem Zeitpunfte ber 
Haͤutung, der Metamorpkofe 2c.) Widerwärs 
tigkeiten abzumehren. Diefe Triebe erhals 
ten ſich, unter der Möglichkeit zahllofer Abs 
meichusgen immer in ihrer. zweckmaͤſſigen 
Richtung, und dies iſt durchaus die voll⸗ 
kommenſte, welche der menſchliche Verſtand 
jemals habe erfinden koͤnnen. Selbſt der 
Menſch hat in feinem huͤlfsloſen Zuſtande 
einige wenige Kunſtfertigkeiten, welche ihn 
mit den anderen Thiergeſchlechtern in eine 
einzige Klaſſe zuſammenſtellt, ob ihn gleich 
ihrer nur wenige von der Vernunft übrig ges 
laffen find, 


$. 2. 
Was ift Dernunft 


Unter dem Nahmen der Wernunft vers 
fleht man gewöhnlich ein Wermögen, den 
Zufammenhang allgememeiner Wahrheiten 
zu begreifen; dies mwürbe zugleich eine ents 
wicelte Vorftellung dee Gegenwart und 
Vergangenheit, eine deutliche Vergleichung 
verfelben, Bemerkung ihrer Aehnlichkeit und 

0 Vers 





RE I Are gg 


Verſchiedenheit, und die allgemeinen, dar⸗ 
aus zu ziehenden Refn!tate in ſich begreifen, 
Dies alles kann aber nur Wirkung eines 
angebohrnen Vermoͤgens feyn, ohne Anz 
mweifung , die bemerften Dinge in eine Ver; 
gleihung zu ſtellen; und dieſe nennt man 


die Kraft zu refleftiven. 


Am jenen, ſchon erwähnten, folgen dies 
fer Kraft deutlicher ins Licht zu ftellen, Tann 
man fie in mehrere Klaffen mitsheilen. Denn 
fie macht, daß wir uns, : 

1) das, worin fich die Dinge unters 
ſcheiden ober ähnlich find, abgefondert vor⸗ 
‚ftellen Fönnen, 

2) Dadurch die allgemeinen Geſchlechts⸗ 
charaktern deutlich bemerken. Dies iſt 


3) der erſte Grund aller Sprachfaͤhig⸗ 
Zeit, meil wir nun diefe Charaktern mit Zeis 
chen zu verbinden im Stande find, 


Diefe Abfonderung und Bezeichnung der 
Dinge und ihren Charakteren macht ung ders 
felben deutlicher bewußt, und giebt ung die 
allgemeine Weberficht unferer Erkenntniſſe. 


Die Wergleichurg zweyer abgefonderten 
Begriffe unter einander giebt endlich einem 


allgemeinen Urtheile fein Entftehen, und die 
L 4 Ver⸗ 


4, 


I 


Veraleichung zweier Begriffe mit einem drit⸗ 


ten Mittelbegriffe macht einen Vernunftſchluß. 


6. Dies bringt den wiſſenſchaftlichen 
Zufammenhang unferer Erkenntuiſſe, führt 
ung felbft auf außerfinnlihe Dinge, Urſa⸗ 
chen und Kräfte, auf die Verhältuiffe der 
"Dinge unter einander, auf die Ideen der 
Schönheit und Vollkommenheit, unendlich 
auf unfere Moralität q) \ 


$. 3. 


Derbältniß des Menſchen, su den übrigen 
Thieren in diefer Zinſicht. 


Nach diefer kleinen Augeinanderfeßung 
der Begriffe von dem Inſtinkte und der Ver⸗ 


nunft, bleibt ung nur noch die einzige Trage 


übrig : finden fi unter allen Thiergeſchlech⸗ 
ter Spuren bes Inſtinktes und der Vernunft, 
und nie verliehrt fidy jener in diefe von den 
niedrigen Xhterarten bis zu den Menſchen 
herauf? — Die nähere Unterfuhung wird 
die zwote Verknüpfung der hoͤchſten Sinn⸗ 
lichkeit mit den aus allgemeinen Begriffen ges 
folgerten Vernunftſchluͤſſen hinreidyend ers 
weiſen. 

Die 


. 


q) Reimarus $, 28: 2% 


— ) o ( Kr n 5 17 


Die mechanifchen Triebe find durchs 
aus der ganzen thierifhen Schöpfung ges 
mein. Go weit ald die Draanifation aus 
Fiebern ſich erfireft, und Flüffigfeiten in 
„lebenden und reizbaren Gefäffen ſich bewegen, 
findet fi ein Blutumlauf, eine wurmförs 
mige Bewegung der Gedärme, eine Abfonz 
derung gemiffer Säfte, die Wirkungen ges 
wiffee Arten von Reizbarkeit und mande 
heftige Bewegung der Natnr. 

Nur ſcheint der Menſch diefe Triebe in 
dem kleinen Vorzuge zu befißen, daß fie 
bey ihn mehr als bey den anderen Thieren 
von den Willen feiner Seele und einer ges 
wiſſen Sympathie beherrſcht werben, welche, 
wie ich ſchon oben beruͤhrt habe, welche 
Handluug der koͤrperlichen Theile, z. B. 
das Traͤhnen des Auges, die Bewegung 
der Zeugungstheile ꝛc. willkuͤhrlich macht, 
theils den Leidenſchaften und Aufwallungen 
unterwirft. Dies iſt aber bloß ein erhoͤhe⸗ 
168 Vermögen der Seele, welches vielleicht 
ebenfalls bey den feiner organifirten und geiz 
ftervolleren Thieren ftatt finden mag. Dieets 
gentlih zum Leben nothwendigen Körpers 
funktionen aber gehen außerhalb der Herr, 
ſchaft der Seele und ohne ihr Bewuſtſeyn 
vor, welches die bewegenden mechaniſchen 
Triebe hinreichend von den willführlichen 
— 

5 Sie 


518 a — C vs 


Sie find von allen anderen Trieben 
auch noch darin unterſchleden, daß fie ſich 
gänzlich nach der Beſtlmmung und der inne⸗ 
xen Einrichtung des Thieres richten. Die 
anderen Triebe haben nur Fine Richtſchnur. 
nach welcher fie wirken. Da diefe aber den 
ganzen Bau der Sinne und alfo auch die 
Art anordiien, auf welche ein finnlidher Eins 
druck empfangen werden foll, fo müffen fie 
fih in der Einrichtung derfelben, nad) dem 
Zwecke des Gefchlehtes, feiner Art fich zu 
erhalten und zu ernähren, abändern, um 
gerade die für fie nuzbarfien Gegenftände mit 
den angenehmfien Empfindnlſſen zu verknuͤ⸗ 
pfen. Diejenigen Sinne müffen dann vors 
zuͤglich gefhärft werden, melde den Gang 
der Sebensmweife hauptſaͤchlich beflimmen, und 
alle müffen zufammen in einem folden Vers 
haͤltniſſe fiehen, daß die Eindrücke nach ber 
ihnen vertheilhafteften Methode einander anz 
paſſen und modifiziren. Dan bemerkt hier 
den feinen Zufammenhang der mechanifchen 
Triebe mit einem Theil der Kunfitriebe, 
melde zum Theil auf bie überwiegende 
Schärfe und Feinheit eines einzelnen Sinnes 
beruhen. Da der Menſch allgemeiner Führer 
zu irgend einer Handlung weniger ald nur 
der Kraft bedarf, zur Auswahl des Beſten 
die allgemeinen Verhaͤltniſſe der Dinge mit 


Wahrheit und Deutiichkeit zu durchſchauen, 
fo 


} 


07 EEGR. WR. 20 


ne ) 0 nr . 519 


fo find die Sinne in eine ſolche Melodie mit 
einander gefezt, daß Fein einzelner die andes 
zen beträchtlich und das Ganze fiörend übers 
wiegt. Dies giebt ihm die Feſtigkeit und 
‚Genauigkeit in der Wahrnehmung, und iſt 
die Hauptanlage zu allen nachmaligen Begrifs 
fen von Schönheit, Vollkommenheit und 
Kunf.e. Man fieht, daß mande Vorzüge 
des Menfchen, die man gern von einer bes 
fonberen erhabenen Seelenfertigkeit herleiten 
möchte, auf den einfachften mechanifgen Ges 
feßen beruhen. 


Diefe mechaniſchen Triebe, welche nicht 

nur ben Bau ber Sinne, fondern aud die 
finnlige Empfindung felbft beſtimmen, häns 
gen dadurch nun mit den Dosfellnngecsife 
ben fehr innig zufammen. Nach tedem 
finnligen Eindrucke, den wir bemerken, ents 
fieht auch ein Trieb, fi) demſelben im Bilde 
vorzuſtellen. Die Handlung felbft iſt uns 
willkuͤhrlich, aber durch die Auftrengung ber 
Seele werden wir aud) des Gegenftandes bes 
wußt. Ale Thiere aber haben Sinne, und 
da man es bemerkt, wie fie non ihren ſinn⸗ 
lichen Eindrücken geleitet werden, jo müffen 
auch alle nicht nur Worftellungstriebe beſit⸗ 
zen, fondern auch die Aufmerkſamkeit has 
ben, moburd die Seele auf einen einzigen 
Gegenſtand beftimmter hingerichtet Me 
e 


5209 . ET a 


Sie werben fogar dur Begriffe von Vers 


gnügen oder Unluſt auf ſchwaͤchere Eindrücke 
aufmerkſam, welches ihre ganze Gluͤckſeelig⸗ 
keit ausmacht. Doch ſcheint dieſe Aufmerk⸗ 
ſamkeit nicht ganz ſo willkuͤhrlich zu ſeyn, 


als beym Menſchen, den ein Gegenſtand, 


ſelbſt von ſinnlicher Gleichguͤltigkeit, über 
die Anfordersugen mehrerer ſtarker Eins 
drüde zu erheben im Stande iſt. Auch hat 
er den Vorzug, feine Aufmerkſamkeit durch 
Uebung einigermaßen vertheilen, und meh» 
rere Dinge zu gleicher Zeit. (wenn aud 
ſchwach und undeutlich) bemerken zu Fönnen. 


Unter den willfübrlichen Xrieben 
giebt es mehrere, welche dem Menfdyen mit 
den Thlergattungen gemein find, und man 
Fönnte fie bey ihm eben fo gut in natürliche 
und abariende ald bey diefen eintheilen. Der 
Inſtinkt der Selbſterhaltung iſt ein fo drins 


gender Trieb, daß er fin rohen, Fulturlofen 


Zuftande der Seele alle andere Vorftelluns 
gen weit überwiegt, und er wird lediglich 
durch andere, gereizte und heftiggemorbene 
geidenfchaften, des Ehrgeizes, der Liebe, 
u. ſ. w. wo auch nicht gänzlich unterjocht, 
doch unendlich gemildert. Die Geſchlechter⸗ 
Liebe iſt ſo hinreiſſend, daß allein die drin⸗ 
gendſten Vorſtellungen der Vernunft in ei⸗ 
ner langen, unausgeſezten Übung fie maͤßi⸗ 

gen 


A 


Bu rn a En 


NN 


306 521 


gen koͤnne. Aber manche Wendungen ber 
Kultur gaben ihr eine von ihrer erften Na⸗ 
tur fo eußerordentlih abweichende Bildung, 
daß man fie, oft nicht mehr darunter erkennt. 
Umftände und widernarurlich gereizte Leiden⸗ 
fhatıen unterdruͤcken manches angebohrne 
Gefühl, und erwachſen unvermerkt wies 
ber zu neuen Inſtinkten. 


Schon diefe allgemeine Auseinanderſez⸗ 
zung deutet auf den näheren Zweck bin, zu 
welchem die Betrachtung der Natur jenes 
Pleinen Staates von Xhieren dienen Fann. 
Nur nod einige Punkte will ih berühren, 
um die Frage näher zu erläutern, in mie 
fern die ſichtbaren Handlungen diefer Thier⸗ 
klaſſen mit der fogenannten Vernunft des 
Menſchen in Verbindung ftehen Tönne ? 


Zuerft beinerfte man die Sorgfalt, wos 
mit diefe Xhiere einen zu ihrem Anbaue 
taugligen Boden ausfuchten. Dies Eonnte 
nicht anders als auf die Veramlaffung eines 
natuͤrlichen Gefuͤhles geſchehen, das ihnen 
dieſe Erde als die für die Behauſung nuzs 
barfte angab. Hier findet man noch nichts 
merfwärdiged. Uber fie fcheinen in der 
Folge eine fo innige Anhaͤnglichkelt an ihre 
Wohnung zu gewinnen, daß alle Verſuche 
fie daraus zu vertreiben, ale Mühfeeligkets 

tem, 


522 * —— — 


ten, denen man ſie abſichtlich ausſetzte, ganz 
vergeblich waren. Sie blieben, bis zu ih- 
ver gänzlihen Zerfiörung, ihrer Heymath 
getreu, und arbeiteten unaufhörlidy ihre zerz 
rütteten Wohnungen wieder in ihren ehema⸗ 
ligen Stand zu feßen. Die" Gabe, aber ſich 
an einem egenftand allmählich zu gemöhs 
nen, und ihn liebzugeminnen, fo mie man 
ihn länger uud länger um ſich hat, iſt den 
gewoͤhelichen, thierifchen Naturtrieben gaͤnz⸗ 
lih fremd, und deutet auf eine Kultur hin, 
weldye die Seele mit den Gegenftänden, 
. and ihrem MWerthe oder Unmerthe immer 
näher befannt machen kann. 


Die Klugheit diefer Rolonte, ihre Haus 
fen nur bey Mondenfcheine an die $uft zum 
trofnen zu bringen, zeigt für ihre Empfängs 
lichkeit gegen Erfahrungen Sie mußten 
e8 durch mehrere Verlufte erft gelernt has 
ben, ehe fie mit diefem Erfolge die Zeit 
ausfündig machen Fonnten, wenn biefe Ars 
beit am ficyerften vorzunehmen ſey. Die 
Vernunft ift aber nichts anders, ald das 
Reſultat ſolcher Erfahrungen, fo mie fie 
eine Empfaͤnglichkeit dafür ſchon natürlich 
vorausfeßt. Wer kann ihnen diefe alfo, 
zum mwenigften in einigem Grad, nicht gänz⸗ 
lic) entſprechen. Als diefer gefährliche Feind 


ihrer Kornhäufcyen ſich endlich entfernt hatte, 
I fien⸗ 


SL... 89 


fiengen fie wieder an, den Sonnenſchein zu 
benußen. Dies feßt aber nicht nur voraus, 
daß jener Verluft gleihfam ein Grund ges 
weſen war, ihren natürlichen Inſtinkt, der 
- fie die Mittagszeit als vortheilhafter zum 
trofnen ihres Getraides als die Nachtzeit 
lehrte, auf eine Zeitlang zu unterdrüden ; 
fondern gleih auch, daß fie mit einer eigez 
nen Beobachtungsgabe anhaltend darauf Acht 
naben, und felbft Werfuche anftellten, bie 
Sicherheit der Tageszeit wieder ———— 


Außer daß ein jedes Individuum ſeine 
Arbeiten geſetzmaͤßig anwendete, ſieht man 
auch noch in dieſem ganzen kleinen Staate, 
einen ungewoͤhnlichen Geiſt der Unterfiüßung 
herrſchen, melde dur die Theilnahme 
mehrere eine zu ſchwere Arbeit erleichtert. 
Dies kann unmöglich in einem gewöhnlichen 
Maturtriebe Itegen, meil es eine Beobach⸗ 
tung der Gröffe des Gegenftandes, eine Ver⸗ 
gleihung derfelben mit feinen Kräften und 
folgli ein Bewuftfeyn ben letzterer ansdeu⸗ 
tet. Dies leßtere Fann aber nur in dem Re⸗ 
fultate einer großen Menge von Erfahruns 
gen feinen Grund haben, weicye diefe Kräfte 
fennen lehrten. Crfahrungen ſtehen aber 
mieber auch auf biefer Seite in eine Art von 
Vernunft in Verbindung, 


End ’ 


524 Pe )o( * 


* 

Endlich zeigte die Entdeckung des neuen 
Kornhäufhens an welche bald die ganze 
Kolonie einen Antheil nahm, daß biefe 
Thiere auch eine Gabe der Mittheilung har 
ben müffen, melde wir mit dem Nahmen 
der Sprache belegen. Und wenn wir auf 
ferdem noch ihrer Art, das Korn auszumähs 
len die lofalen Hulfsmittel ihrer Lage und 
Beförderungen ihrer Arbeiten betrachten, 
die Art füh zu ſchuͤtzen und zu vertheidigen, 
fo werden mir ohne Mühe alle anderer einz 
zelnen Folgen und Zeichender Vernunft aus 
ihnen entwickeln Finnen, melde wir nur an 
den Menfihen gebildet, und in einer weit 
höheren Vollkommenheit bewundern. 


EM - IE ES 


*5 ( 825 





* hg car Ä | 
Sr. Doiret Ober einige Inſekten der Barı 
*— barey. Ya | 


\ 





(Beſchlußz ©. voriges Gtüd, ) 


Scarabasi. 


Sioräbahı‘ marginatus,. fcutellatue, muticus, 
‚elypeo rhombeo, clytris. eonnatis, punctati⸗ 
- glabris, lateribus — BETT, 





ies Inſekt iſt — ah Sein. 
Kopf tft mit einem runden Schilde 

ohne Runzeln bedekt. Seine Fluͤgeldecken 
gehen den Koͤrper mit einem hervorſpringen⸗ 
den Rande hinab, welcher nur den weſent⸗ 
lichſten Charakter dieſes Inſektes auszu⸗ 
machen ſcheint; ſie ſind unten ohne Fluͤgel, 
Buckelfoͤrmig gewoͤlbt, und mit mehreren 
in der Länge herablaufenden Linien bezeich⸗ 
‚net, welche aus eines Menge. von ‚Heinen 
Punkten beſtehen, die man ‚aber ohne fünfte 
Ude Huͤlfsmittel nicht leicht zu bemerken, in 
Stande, if. Diefer Käfer hat mit dem 
Scarabacus bpeunjsphieriens, ſehr viel Aehn⸗ 
Nm Ucch⸗ 


I 


826, EIS T 


lichkeit; von denen uns Pallas in feinem - 
Bude : Icones Infedtorum Pl. VI. Fig. 23. 
eine Abbildung geliefert hat. Aber diefer 
von dem hier die Redeift, iſt um die Hälfte 
Kleiner, fein Schild Ift beynahe aanz glatt, 
und hat auf den Fluͤgeldecken ein Schilögen, 
wovon des der Pallas nichts beſitzt. 


Dies Infekt wohnet in ſandichten Ges 
genden. Er bildet unter dem Kuhmiſt einen 
Trichter oft von der Tiefe eines Fußes. 
Sur, Hintergrunde diefer Wohnung. haͤlt er, 
ſich mehrentheils auf. Wenn der Zeitpunkt 
herannahet, daß er ſeine Eyer legt, ſo giebt 
er am Ende eine hinreichende Anzahl von 
Löchern für die jungen Larven. Er legt 
dann He Eyer darin, und verftopft denne 
mit Sande die Defnungen. Sn biefen Be⸗ 
hältnifjen und während des Winters erleis 
den die Larven ihre verſchledenen Metamors 
phofen. Wenn diefe Inſekten den Zufland 
ihrer Volllommenhelt erreicht haben, fo ers 
warten fie die Aukunft ber ſchoͤnen Jahrs⸗ 
jet, um ihren Winteraufenthalt zu verlafs 
In „und in dem Falle, dag der für. fie von 
ihrer, ‚Mutter in Vereitfhaft gelegten Vor⸗ 
dath von Kuhmtſt auszugehen anfängt, neh⸗ 
nen fie folange zu der Subftanz der Woh⸗ 
Hung ihre Zuflucht. Da es ihnen ſchwer 
werden wuͤrde ihr Loch im einer ſenkrechteu 

a Ride 

















* 0 (\ FE 527 


Richtung zu verlaſſen, fo graben fie ſich neue 
Gänge durch den Sand in einer ſchiefen Rich⸗ 
tung zum Ausgang Die Geſtalt ihrer Vor⸗ 
derfuͤße, die Veweglichkeit ihres Kopfes, 
die Art von Schild, mit dem er bedekt iſt, 
erleichtern ihn .diefen Ausgang aus ihrer 
alten Wohnung. 


D TRIER Jacer. 


“ x kaun mich nicht enthalten, ‚hier et⸗ 
was uͤber biefen berühmten Käfer. zu ſagen, 
‚gegen. den die. Eaypter eine ſo große Ehr⸗ 
furdt hatten, ob er gleich ſchon befchrieben 
if. Dies Inſekt, das man für einen Zwit⸗ 
ter hält, der ohne Vermiſchung mit einem. 
anberen gebähren, war als ein, Hymoglyph 
für Die Minerva creatrix gebraucht, welchen 
die Egypter ein maͤnnliches und weibllches 
Geſchlecht zuſchrieben. Yelian 1) ſagt 
uns, dieſer Kaͤfer ſey auch zugleich das Em⸗ 
blem eines Soldaten, weil diejenigen, welche 
in den Krleg zogen, fein Bildaufibre Ringe 


Man ME aud von dieſem Inſekte 
lle⸗ Wunderbare hinweg, welches ihm das 
unkele Altertum beylegte; bie Eynpter 
/ Mm a mögen 


r) De Animal, Lib. 10. Cap. 15. 


28 ee —— 


mögen daraus ein heiliges Emblem — 
haben, und die Aerzte ihn eine Menge chi⸗ 
rurgiſcher Kräfte zuſchreiben; ex bleibt für 
den Naturſorſcher doch darum nicht weniger 
merkwuͤrdig. Dies Jnſekt iſt in den Küften 
der Barbarey fehr gemein. Ich würde ſei⸗ 
ner nicht erwähnt haben, wenn ich feine 
Natur, und Eigenfbaften nicht mit mehr 
Sorafalt beobachtet hätte, als biöher ges 
ſchehen iſt. | 
Er läuft auf dem Sande an Derter ums 
ber, melde ver Sonne .ausgefeßt find, und‘ 
nur erft nach der Befruchtung feßt er fi 
im Kuhmifte : feft. Bon dieſem Augens 
Blicke an tft er mir nichts welter beſchaͤftigt, 
als den koſtbaren Schatz ſeiner Nachtom⸗ 
menſchaft in Sicherheit zu bringen, In die⸗ 
fer Abſicht gräbt er ein Loch, legt feine Eyer 
in dafjelben Suneren nieder, und dekt fie 
mit Mift zu, der diefen Larven angemefjes 
nen Nahrung. Er begnügt fi nicht das 
mit, ihnen einen fiheren, ‘und mit Nahe 
rungsmitteln hinreichend verſeheuen Wohn: 
ort gefichert zu haben, fondern rollt eine ges 
raume Zeit hindurd dies Inſekt auf einen 
leichten und fandigten Boden bin und ber, 
und‘ macht auf diefe Art eine Kugel von 
dee Gröfle einer Beinen Drange daraus 
an ber ſich unvermerkt eine beynabe zwey 
Zoll dicke Erdrinde anſetzt. 








— an 4 


Dies Sufeft {ft unermüdlich In Arbeis 
ten. Es hat weder Ruhe noch Ruft, als 
bis es im Sande einen bequemern Ort aus⸗ 
fündig gemacht hat, feine Bürbe niederzu⸗ 
Iegen. E8 führt fie allenchalben mit ſich 
vermittelt feiner beyden Hinterfüge herum. 
Wenn diefe ermüdet find, fo gebraucht es 
feinen Kopf und feine Vorderfuͤße, aber es 
almmt feine Zuflaht bald wieder zum ers 
ſten Hülfsmittel, Wenn es feine Kugel eis 
nen Augenblick verläßt, und man raubt fie 

thm, 10 bemaͤchtigt ſich eine unausſprechliche 
Unruhe feiner. Es läuft hin und her, und 
ruhet nicht cher, als bis es feine Foftbare 
"Saft wieder entdeckt hat. Dft habe ich mir 
mehrmals das Vergnügen gemacht, fo es in 
Bewegung zu feßen, und bemerfte immer 
"mit Erfiaunen, wie es feinen auf nach ber 
" Seite hinrigtete, wo ich die Kugel hinge⸗ 
worfen hatte. Wenn id) fie in der Hand 
trug, fo folgte mir das Infekt, gleich einem 
beraubten Thiere, und mehrmals hatte id} 
ein Gefolge einer Menge von ſolchen Inſek⸗ 
ten hinter mir, beren — ich in der 
Hand hatte, 


Weun die Kugel eine hiereichende Härte 
gewonnen hat, und aͤußerlich trocken iſi, fo 
graͤbt das Inſekt im Sande einen Trichter 
"von acht bi zehn zölliger Tiefe, Er leat 
hier 


‚530 vol 


bier feine Fünftige Familie nieder, und wird 
ſelbſt Einwohner biefes finfteren Aufenthals, 
wo er fein Daſeyn beſchließt. Es iſt no) 
zu bemerken, daß dies alles nur der Fall 
bey dem Weibchen iſt, denen die Natur zu 
dieſem Zwecke ein meir längeres Leben, als 
den Maͤnſchen zugeſtand, welche kurze Zeit 
nad; der ‚Begehtung auch fierben, 4 


Die: sarven. entfichen. denen das Ende 
des Herbfied, bringen den Winter - unter 
biefer erfien Seftole zu, unb werden, nur 
erft im Frühlinge ganz vollkommene Infek⸗ 
ten. Jadeß habe ich doch mehrere Male, 
waͤhrend des Winters vollkommene Snfebs 
ten. ben den. Larven angetroffen, ohne ent⸗ 
Heiden zu fönnen, ob ſie zu der legten Ge⸗ 
neration gehoͤrten, oder ob fie ſelbſt die Are 
BR ber neuen J wären. wi 


| 63 ii nur vohig doe man — 

Käfer unter feinen Arbeiten belauſcht, um 
ſoglelch den Nutzen ber. mannichfaltigen 
Merkjenge „ womit die Natur ihn ausgerüs 
fiet hat, zu begreifen. Gelne begden Vor⸗ 
derfüge find breit, platt, und "an den Vor⸗ 
derarm entlang, mit vier-figrfen, md fiams - 
pfin Zähnen bewafnet. Mir viefen Werks | 
genen graͤbt er ſrine Höhlen, oder klammert 
ſich ſelbſt an, da die beydea Linterfüße das | 
er N 





* 


— —— 


zu beſtimmt ſind, eine viel groͤßere und 
ſchwerere Laſt, als er ſelbſt iſt zu ſchlep⸗ 
pen. Wenn er in den. Sand eindringen, 
will, bedient er fihdesfünffpigiaen Schildes; 
dasıfeinen Kopf bedeckt, bedient fich derſel⸗ 
ben, um bie Laft in Die. Höhe zu heben,‘ und 

die Hinderniffe megzuräumen, mährend dies 

fer befchwerlichen Arbeit verbergen, jein | 
Kopf und feine Fühlhörner ſich unter der 

ganzen Breite des Schildes, das uͤber alle 
biefe Theile herübertagt,, ‚Die beyden, Hin⸗ 


terfuͤße dieſes Inſektes ſi nd viel länger und 


ſchmaler ald bie Vorderfuͤße. Auch iſt ihre 
Beſtimmung ‚von dieſen abweichend, da 
fie vornehmlich zum er und — 
ben Ale Saft dienen. — 


Araneat 


Bon mehreren fehr füyönen. BR 
von Spinnen die id: in der Barbarey- ans 
getroffen habe, mill ich nur einiger beſon⸗ 
ders erwähnen, die durch ihre auffallende 
Farbe, durch Größe oder fonftigen Sonder⸗ 
barfeiten meine Aufmerkfamkett 00 
auf ſich gezoͤgen haben, 

1... Aranıa fafciata, abdomine falcis, 
flauefcentibus ;,  pedibus: fulco annulatis 
Muf.: D. Banks. Habric. Syllem, Entomo- 


log. ‚p>g- 433. 1. | | 
Ma Die 


EG, 


Diefe Spinne ſcheint mir bfejenige zu 


feyn, welche Fabrizius aus dem Cabinette 
Hen, Banks anfuͤhrt. Wenn fie dieſelbe 
iſt, fo find.aber ihre Augen übel beſchrieben. 
Anftatt daß man denn biefe Spinnen in 
ber ‚fünften Eintheilung, die ihre Yugen fo 

22.0) baben, muß fie in ber trennten zu 
gerechnet werden, bey. denen. bie Aus 


gen fo ‘geordnet find: —— DL Der Koͤr⸗ 


per dieſer Spinne iſt mit braunen und gel⸗ 
ben Banden geziert, nach der Art, wie die 


Wespen fie haben. Der Thorax iſt hart 
und, mit weislichten Haaren befezt. Die 
- Füße find an ihrer erſten Ciuthetlung braun, 
und enden mit wechſelsweis auf eiranber 
folgenden ſchwarzen und grauen Banden. 
Unter dem Bauche gehen diefe Bande, flatt 
in die Quer in die Länge und find mit mehs 
seren Leinen ſchwarzen Punkten gefpiens 
kel t. 


Wenn dieſe Spinne vollkommen ausge⸗ | 
wachſen iſt, melces ‚gegen dad Ende des 


Sufi- einfält, hat fie beynahe die Größe 
eines Zolles. Sie bewohnt bie Gebüfche, 
wo fie Spinngewebe, mis fehr weit von 
einander abftehenden Faden macht, deren 


Mitte fie bewohnt. Nicht für die Heinen 
Inſekten find dieſe Netze ausgeſpannt, weil 
es 





J 


A N ° Ce 0533 


ü es diefen * leicht iſt, wegen der Weitlaͤuf⸗ 
tigkeit ihrer Faden daraus zu entwiſchen; 


ſondern ſie verlangt nur große Fliegen, 


Wespen, Bremſen und ſelbſt Heuſchrecken. 


Wenn ein Infekt in ihr Gewebe: ges 
räht, fo macht fie daſſelbe zum Gefangenen 
and umhuͤllt es mit vielen ſehr ſtarken Faͤ⸗ 

en. Sie ſaugt ihm das Blut nicht aus, 
aber toͤdtet cs mit ihrem ſchrecklichen Gebiß, 
frigt, wenn ſie hungrig iſt, einen Theil 
davon, und hebt das Uebrige ſorgfaͤltig 
bis zu einer anderen Mahlzeit auf. Sie 
trägt Sorge, ihre Vorräthe zwiſchen trok⸗ 
‚ nen Blättern aufzubewahren, ober. an.fonft 
einen fehr verfieften Orte. Sch habe ſo oft 
einen großen Ueberfluß an $ebensmitteln ges 
‚Funden. Jede Beute war befonders in eis 
nem von Fäden unordentlich zuſammenge⸗ 
webten Sacke eingeſchloſſen, der durch elnen 
ſchwaͤrzlichen Schleim verbunden war. Un⸗ 
ter den Leichnahmen dieſer Inſekten habe ich 
ſehr oft der ſchoͤnen Sphex maxillofa ange⸗ 
troffen, von dem ih im erſten Theile dieſer 
Abhandlung eine Nachricht gegeben babe, 


Der Sat, in dem biefe Spinnen ihre 
Eyer aufbewahrt, ift von einer fehr ſeltſa⸗ 
men Geftalt. Er ift ein in ver Mitte hos 
rijontal, durchſchnittenes Oval, von der 

Groͤ⸗ 


a 


Größe “eines Taubeneyes. Das, ſonſt 
pergamentartige Gewebe, deſſelben iſt ſo 
dicht, daß man es kaum zerreiſſen kann. 
Der abgeſtutzte Theil'tft an feinen Rändern 
mit fieben bis adjt Spißen gleich Handhaben 
verfehen, von denen fehr ſtarke Faͤden aus» 
gehen, melde der Fade, beynahe wie un⸗ 
fere Kirchenlampen hangend erhalten. Wenn 
bie ‘jungen Spinnen ſich entwickelt haben, 
fo zerreiffen fie die Bedeckung des Ovales. 
Sie gehen von Zeit zu Zeit in ihren erſten 
Wohnort zuräck, wo ſie in Geſellſchaft leben, 
bis ſie ſtaͤrker geworden, ſich trennen und 
gegen einander bie toͤblichfſten Feinde werden, 
ob fie Vorher gleich in Kamille und in einem 
guten Einverftändniffezufammen gelebt haben, 


“+ Die Faden diefer Spinnen, find unter 
allen ‚welche ich Fenne, die ftärkfien. Sch 
habe fie oft aegen Seidenfaden verſucht. 
Wenn die Ießteren mit ihnen gleich: ftarf 
angefpannt wurden, fo riffen fie immer früz 
er als jene. Diefe Fäden find filberfarben 
fehr lang, und Teiche zu verarbeiten. Man . 
wuͤrde damit die Seide mit einem um fo 
aröfferen Nutzen erſetzen können, da dies 
Inſekt, unermuͤbet im Arbeiten, « immer 
ſegleich ein anderes Gefpinft macht, wenn 
man co des fertigen beranbt. Seine unge 
ſellſchaftliche Lebensart würde ſich aber immer 
—* einer 





* 


\ 


N .. 535 


„einer ähnlichen Merftinnkeugung ents 
| warn. a 


Der Anblick von ihren” tät: 
th diefe Snfeften in Wuth. Sobald fie 
fi bemerfene, fallen fie mit einer” Raſerey 
"über einander. ber,,. welche fi ch nur mit, dem 
Zode einer von den beyden Stretters endigt. 
Die Ueberwundene wird dem anderen Mund⸗ 
vorrathe hinzugefügt. Est unmöglich, ı 
ſelbſt in beträchtlichen Entfernungen don eins _ 
ander, mehrere frey in dem nemlichen Zim⸗ 
mer zu erhalten. Sc hatte ein, Duzend 
diefer Spinnen in meinem Kabihette vers 
ſchloſſen. Die ftärkfte von ihnen blieb, nach 
einem achttaͤgigen Streite allein Meiſter vom 
Schlachtfelde. | 


Ich habe oft in dem nemlidyen Geboͤ⸗ 
ſchen eine andere Spinne von der nemlichen 
Groͤſſe und Familie angetroffen, als die 
vorhergehende iſt. Sie hat auch ihre Sit⸗ 
ten und ihre Wildheit. Und fie ſchien mir 
lediglich) durch ihre Farbe von jener unters 
ſchieden zu ſeyn, die ein jchönes Dunfelroth 
ift, mit ſchwarz und braun gemifcht, und 
fehr angenehmen Nüancen verfchen. Da diefe 
Spinne während meined Aufenthalts in 
Marfeille Schaden litt, bin ich nicht fin 
Stande von ihr eine ſehr ginaue Befhret: 
bung 


36 e ) o.( a. 


bung zw geben. Gie legt ihre Eyer nicht 
mie bie vorhergehende, fondern fie feßt fie 
auf einen jeften Körper ſymmetriſch geord⸗ 
net, mit einem weislichten Schleime zufams 
‚menverbuuben, und mit mehreren rothen 
"Faden ohne Ordnung Überfponnen, melde 
foweit von einander ftehen, dag man zwi⸗ 
ſchen durch die Lage der Eyer fehr deutlich 
bemerken kann. Ich habe mehrere dieſer 
Spinnen groß gezogen. Sie ſchienen mir 
um das Schickſaal ihrer Familie wenig bes 
‚kümmert, welche fi fie. kom Yale! 4 balb 
verlieſſen. * 


# 


AR). O.C Aue.) 58 





! 


VI. 


Ueber die Bildung der Roͤrber / durch die 


einfache Aggresation der organi⸗ 
} firten Materie. 
vom Sen. Reynier. 


—— 


chon in mehreren, ehemals bekannt ges 

machten Abhandlungen habe ich zmey 
Saͤtze zu bemeifen gefuht, von deren Rich⸗ 
tigkeit ich überzeugt bin, und deren Ausein⸗ 
anderfeßung auf unfere Kenntniffe von den. 
organtfirten Weſen einen nicht unbeträchtlis 
Einfluß haben muß, nemlich: 


1) Daß die organtfirten Wefen ſich 
durch fruchtbaren Saamen, ohne Wermts 
fung von zweyen Geſchlechtern, fortpflans 
zen, und 


| 2) Daß dieſe Wefen aus der bloßen 
Aggregation der organifirten Materie entſte⸗ 
hen koͤnnen. 


Zwar habe ich fhon mehrere Bewelſe 
für’ dieſe Saͤtze beyzubringen gefucht, aber 
man kann bie Bewelfe dafuͤr nicht genng vers 

vlel⸗ 


588 = Er 


vielfältigen, Ei — Betätigung nothwen ⸗ 
dig den Sturz der Syſieme des Herrn Bon⸗ 
net; Spallanzani, nah ſich ziehet. Denn-, 
fobald die zufällige Ansriahden ähnlicher 
Theile Formen und befiimmte Körper herz 
vorbringt. fo präeriftirten ihre Keime nicht, 
und es koͤnnen fich täglich neue erzeugen, und 
das ganze Syſtem biefer Gelehrten iſt zer⸗ 
ſtoͤrt. 
Arndere Thatſachen ſchienen mir vorher 
ſchon der Theorie von der Einſchachtelung 
ber Keime nachtheilig und fie ſelbſt gaͤnzlich 
und vollkommen zu vernichten... Die Ents . 
ftehung der Maulefel,. und» überhaupt die 
neuen Gattungen, aber ſo wie die Abhäns 
gigkeit der organifirten Weſen vom Clima, 
war ſehr ſchwer zu begreifen, wenn man 
ſeit der Entſtehung des Univerfums exiſti⸗ 
rende Keime annahm. Zn dem Aktus der 
Sa vängerung modifsziet das maͤnuliche 
Gefa oͤpf, oder bey den Wegetabilien das 
Drgan, welches diefe Funktionen über ſich 
hat. lediglich derjenigen: Keim, melden er 
entwickelt, und kann welter auf die folgens i 
den Keime micht wirken; fonft muͤſte der 
Manlefel, wenn er ſchwaͤngert, nur ſolche 
Sndivisug „bervorbringen, die. feiner Mut⸗ 


ter ähnlich, wären, anſtatt daß er feines. 


Gleichen hervorbringt, ‚Eine weitläuftigere 





EITEE:., 5 


Yuselnanderfegung diefer Umſtaͤnde wirde 
mid izt zu weit ‚fabten. | Ir 


| Da die Benfpiele, welche ich gegeben 

habe, um die Entftehung organiſirter Mes 
fen dur die Auseinanderfeßung ber orgas 
nifirten Materie zu bemeifen,, in ihror gan⸗ 
zen Strenge genommen, einigen Cinmürfen 
ausgeſetzt ſeyn koͤnnten; ich halte es daher 
für nothwendig, denen einen überzeugendeir 
Beweiß darzubringen welche mir die Clava- 
ria angegeben hat. Ich werde der Veſchrei⸗ 
buug dieſer Pflanze einige Erlaͤuteruugen 
nachſchicken, und die Reſultate wozu ich 
durch meine Uuterſuchungen hierüber — 
Ku zu ſeyn glaube. 


Clavaria militaris s). 


Dieſe Clavaria ift hoͤchſtens einen Zoll 
ws; ſie iſt duͤnne gegen den Boden herab; 
fie 


) Linn. Edit. Reinh. P, 4. pag. 620. — 
Clavaria militaris crocea, Vaill. Bot. Pa-. 
xil. Tom, VIL Fig. 4. Diele Pflanze ſcheint 
mit den hier uneigentlid) fogenanten miouche 
\ vegetale d’Amerique vlel Aehnlichkeit zu ha⸗ 
ben, wie auch mit der unter dem Nahmen: 
mouche vegetale d’Europe., im lourm, de 
Phyf. tout. 1777. befchriehenen, welche mit 
der Clavaria 2204, Hall, S, Helena, bie 
nemliche if, 


= ‚540 * Ri ) o ( er. 


ſie verbift ſich aber unmerklich, bis zu ihrer 
hoͤchſten Spitze hinauf, welche einen doppelten 
Diameter oder Umkreis hat. Ihr Fleiſch 
iſt weich und leicht zerreisbar; aber mehr 
ober weniger elaſtiſch. Wenn man fie zer⸗ 
briht, fo zeigt fie. Feine deutliche Fiber, 
Diefe Pflanze hat eine Safranfarbe, welche 
tiefer iſt am oberen Theile, aber Orangen⸗ 
farben reflektirt gegen den Boden - herab. 
‚Die ganze Oberfläche ift mit Eleinen Rauhig⸗ 
Leiten bedekt, die ihn das Aenfjere einer Felle 
geben. Sinne, melcher alle diefe Fleinen 
Suchen vergröffert fah, vergleicht fie mit 


2 


einer von Knoten befrßten Keule, weswe⸗ 


gen.er ihr auch die Benennung militaris beys 
legt. Diefe Rauhigkeiten, mit einem ſtar⸗ 
fen Vergröfferungsglafe betrachtet, ſcheinen 
Leine, ſehr zugefpißte, harte und an ihrem 
Gipfel hornähnliche Kegel zu _feyn. Sch 
mathte einige von ihnen zu einem Gebrauche 
loß, von dem ich unten weiter noch fprechen 
werde. Sie waren plattgebrüft, uud bins 
‚gen ganz einfach an der Oberfläche der Cla- 
varia; wodurch fie ſich aber befonders aus⸗ 
zeichnen, tft eine beträchtliche Werengerung 
unten, fo daß fie den Körper der Clavaria 
nur mit einem fehr kleinen Theile Ihrer Grund⸗ 
flaͤche beruͤhren. 

Dieſe Clavaria waͤchſt, nach den Schrift⸗ 


ſtellern, welche ſie nn in Hoͤl⸗ 


zern 


N N Br — 


ie R 
ver ) ° & Er 54I 


zern und io Zorfe. Sch habe A eine 

‚auf einer Puppenhüffe gefehen, und alles 
macht mir es glaublich, daß ſie obfetsn im⸗ 
mer entſtehen, und dag diejenigen Botani⸗ 
ker, welche fie einzeln fanden, fie von dem - 
Inſekte, auf welchem fie wähft, getrennt 
haben müffen. Mehrere Veobachtungen, 
melde ich einige Jahre hindurch nicht allein 
- über die bekannten Arten, ſondern auch 
über eine : noch unbekannte Gattung der 
Clavaria, welche ich weiter unten befchreiben 
werde, angeftellt habe, beweiſen mir es hins 
reihend, daß fie fi nur aus den Ueber⸗ 
bleibfeln der organifhen, Wefen entwickeln, 
und felbft das ihre Geftalt eine Folge der 
Materien find, von der fie hervorgebracht 

werben. Dieſe Idee werde ich einmal it 
einer anderen —— eich aus⸗ 
fuͤhren. 


Als ich im vorigen Herbfte zwey Gatz 
ungen der Clavaria bey dem Dorfe Schars 
penzeel in Geldern fand, fo hielt ich dieſe 
Gelegenheit zu einer forgfamen Unterſu⸗ 
chung uͤber ihre Entſtehungsart fuͤr guͤnſtig. 
Die Clavaria durchdringt die Schaale der 
Puppe, und fommt unmittelbar ans dem 
‚Körper der Raupe. Man bemerkt es fehr _ 
deutlich, daß die beyben Hüllen an diefem 
Re geöfnet find, rd daß bie Oefnung 

- in 


in dem nemlichen Augenblicke geſchehen if, 
und ſobald fi die Pflanze entwickelte. Dies 
fer Umfiand tft zu weſentlich, als daß id 
mid richt davon vollkommen zu uͤberzeugen 
geſucht hätte, Denn wenn die Pflanze blog 
an dem Walze einfah gehangen hätte, fo 
konnte man glauben, ihr Keim fey durch ten 
ind oder durch fonft einen Zufall dahin gez 
rathen, weil tiefe ihn aber durchbricht, 
und aus dem Körper der nehmlichen Raupe 
herkommt, fo kann Dies nicht ſtatt finden, 


Sobald man zugiebt, dag jeder organi⸗ 
firte Körper fi) aus einem Reime entwickele, 
fo muß, in diefem (Falle hier, diefer Keim 
die gürte und den Balg durddrungen, ober 
Schon im Körper der Raupe vor ihrer Mes 
tamorphofe exiftirt haben⸗ Die erſte diefer 
Annahme fällt an ſich felbft hinweg, meil 
die Hüllen Keine Deinung haben, und man 
vernünftiger Weiſe diefem Kelme unmöglid) 
bie Kunft fie zu Öfnen zufchreiben Kaum Die _ 
zweyte beruhet auf keinem befferen Grunde. 
Denn wie wäre ed möglich, dag ein von 
dee Raupe verſchluckter Keim, in ihrem 
Bauche fich gefund erhalten, und endlich in 
der Luft hinaufflelgen koͤnnen, uur fi) das 
felbft zu entwiceln., Men man zumellen 
Körner fieht, welche den Magen der Thiere 

durchgehen, ohne zerfiört zu werden, fo iſt 
j es 


OL 543 


es eine holzartige Rinde, melche Ihre Auflös 
fung durch die Magenfäfte verhindert. . Uber tft 
es wahrfheinlih, daß der Reim; der Cla- 
varia eine fo unzerſtoͤrbare Bekleidung bes 
ſize. Uebrigens ift dies vorgeblide Korn 
bis jeßt noch immer dein Auge ber forgfäls 
tigſten Naturforfher entgangen, Man kann 

nicht annehmen, daß die Clavaria auf eine 
‚andere Art aus einem Saameunkorne ent⸗ 
fiche, als jene, beyde fo aͤußerſt unwahr⸗ 
 fcheinlicher find, melde man nur durch die 
Annahme einer Menge von zufälliger Vor⸗ 
‚ausfeßungen glaublicher machen Fan. Die 
Vrervielfaͤltigung folder Worausfegungen 
aber, welche der Hülfe ſchwer zu vereints 
gender Umſtaͤnde, und ſelbſt das Ohngefaͤhres 
bedürfen, verdunkelt das Studtum der Na⸗ 
tur nur noch mehr, ſtatt es zu erhellen. 
Die Clavaris entſteht daher aus dem Koͤr⸗ 
per der Raupe ſelbſt, und dieſe Wahrheit, 
Daß die Aneinanderhäufung der organiſirten 
Materie Wefen hervorbringe, eine Wahrs 
‚heit, welche durch viele Thatſachen ſchon 
hinreichend erwiefen tft, hat hier die höchfte 
Evidenz erreiht. Ein Ueberblick über die 
organtfirre Materie und dasjenige, woraus 
fie zufammengefeßt ift, muß hier der uͤbri⸗ 
gen Entwicelung vorausgeſchickt werben. 


N 2 Der 


\ 
Pe 


544 * ) fe) ( * *— 
Der Mangel an ne anderen, ei 
gentlichen Ausdrucke für die Materie, wor⸗ 


aus die organffirten Wefen zufammengefezt 


. find, zwingt mid zum Gebrauch des Wortes: 


% 


organifirte Materie. Sie nuͤancirt ſich auf 
verſchiedene Art nach en des Wer⸗ 
haͤltniſſes ihrer Beftandtheile, und nachdem 
fie: durch die Arbeit des ebene mehr oder 


weniger ausgearbeitet iſt; denn ber Schleim, 


das Öluten, die Lymphe, der pars fibrola 
des Blutes und die zaͤhe Materie find nur 
verſchiedene Gradationen derfelben Subftanz. 
ern die obforbirenden Organe ver Weſen 
‚ein ihrer Natur analoges Theilchen  aufges 
foßt, oder verſchiedene Elemente vereinigt. 
and kombiniert haben; fo arbeiter ſich diefe 
Materie aus, wird ihnen ähnlich und nimmt 
eine Geftalt, oder eine Reizung fie zu ers 
halten an, melde ihr durch vie innere Be⸗ 
wegung aufgebrücht wird; oder legt ſich in 
Die leeren Fächer; des Körpers, und dient 


zu feiner Wervollftändfgung; oder iſt ihm 


überflüffig, und wird zur Duelle feiner Mes. 
probuftion, oder bilder endlich andere Xheile, 
wie Dornen, Haare, u. few. melde gegen _ 
bie Zeugungstheile zu, immer haͤufiger 
find, weil die überflüffigen Theile daſelbſt 
ſich am leichteften anfeßen. So arbeitet die 
organifirte Materie ſich nur fehr langfam 
aus, und erreicht nur durch nr Nuͤan⸗ 

cen 


— a, 5345 


cen den Grad ihrer Vollkommenheit. Der 
Schleim ſcheint der erſte Zuſtand derſelben 
zu ſeyn, er iſt am haͤufigſten in den einfach⸗ 
ſten Erzeugniſſen, wie z. B. die Vegetabi⸗ 
lien find: die materia glutinoſa ſcheint 
das entgegengeſezte Extrem, und findet ſich 
kaͤufiger im Thierreiche, ob man fie gleich 
auch in den Pflanzen wiedererkanut hät: 
doch ſcheint es nicht wahrſcheinlich, daß fie 
ſich daſelbſt, wie Hr. Van - Bochaute behau⸗ 
ptet, t) allein bilde und die Thiere fie nur 
aus den zu hoch genommenen Nahrungsmits 
‚telm abfonderten. Viel eher moͤgte ich ans 
nehmen, daß die Thiere auſſer dem Gluten 
der Vegetabilien, welchen ſie ſich aſſimiliren, 
dem Schleim durch die Arbeiten ihrer Orga⸗ 
nifation den Charakter das Gluten erthet⸗ 
len. 
Es hat ſehr viel Wahrſcheinlichkelt für 
ſich, daß der Unterfchted zwiſchen den Modi⸗ 
ficationen der organifirten Materie allein 
von der Menge des Feuers, das fie enthals 
. ten, herrühre, und das bie Bewegungen 
ber Drgantfatiou fie nur in diefer Hinficht 
verändern, weil das Gluten ſich im Thler⸗ 
reihe fehr häufig und im Pflanzenreidhe nur 
in fehr neringer Menge finder. Alles zeigt 


und ben Reichthum ſelbſt das Uebermaaß des 
Feuers 


t) ud Phyfique. Fevrier 1786,‘ 


546 * 0 ( * 


Feuers im Thierreiche. Das volabile Als 
fali und das acidum phoſphoricum in Ver⸗ 
gleichung mit. den vegetabiliſchen scidis, der 
Aktus des Thierlebens verglichen mit dem 
des Pflanzenlebens, geben dieſen Gedanken 
eine betraͤchtliche Wahrſcheinlichkeit. Wirk⸗ 
lich macht ſich das thieriſche Leben durch die 
Handlung des Athemhohlens von einem 
Theile des Feuers loß, der ihm nachtheilig 
ſeyn koͤnnte u). So zeigen es alle Schluͤſſe 
und Wahrſchelnlichkeiten, daß der Schleim 
nur durch die Verbindung mit einer neuen 
Portion von Feuer zum Gluten übergehe. 


Alle die Umftänbe, melde auf ben ers 
fien Anblick dem Gegenftande diefer Abhands 
Yung freimd fcheinen Finnen, find durchaus 
zu der Uuseinanderfeßung unentbehrlich wie 
die Clavaria entſtehen, koͤnne. Go bald 
man aber eriiefen hat, daß die animaliſche 
und vegetabiliſche Materie von ganz gleicher 
Natur find, und dag die Pflanze aus feinem 
äußeren Reime entfichen konnte fo läßt fi ih 
ſehr leicht ihr Urfprung begreifen. 


Die Clavaria waͤchſt nur auf todten 
Koͤrpern und folglich in der Zeit, daß ſie in 
eine faule Ka überzugehen anfangen, 

\ ; Oder, 


u) ©. das dritte Buch meiner Theorie des 
Feuers. — 


re ee 


Dber, da die PTR nicht. anders wirft, 
als daß fie einen Thetl von dem mwefentlichen 
Feuer der Subſtanz loßmacht, oder da die 
onimalifhe Materie nur. durch das Ueber⸗ 
maaß des Feuerftoffes, den fie enthält, von 
ber vegetabiltfchen ſich unterſcheldet, fo koͤn⸗ 
nen mehrere Theile diefen lezteren Zuſtand 
in den Nuͤancen, weldye die Gaͤhrung beſtim⸗ 
men, erreichen, und da diefe Theilchen eine 
‚Neigung haben fi) zu vereinigen, eine Wuͤr⸗ 
fung der Geftalt, womit der Organismus 
fie ausflattet, fo verbinden fie fi), Heben 
zufammen, und bilden einen Körper, der 
alle Charaktere einer Pflanze befizt. Aber 
alle Theile des Thieres find nicht zur An⸗ 
nahme .diefes Charakters tuͤchtig, bemn die 
. Gährung lößt die Aggregate auf und trennt. 
die Principien, vernichtet folglich die chymi⸗ 
ſche Natur, welde zur Erhaltung ber For⸗ 
men durchaus nothwendig iſt. Es find dies 
yur bie Theilchen, welche, vermittelſt unbe⸗ 
kanter Umſtaͤnde, einen Verluſt an Feuer 
erlitten haben, ohne daß dadurch ihre Natur 
merklich geändert wäre, Es iſt leicht dieſe 
Unregelmaͤßigkeit in der Herfeßung der vers 
fhiebenen Zheile zu bemerken, weil es 
durch mehrere, fehr genaue Werfuche, deut⸗ 
lich gemacht ift, daß die Faͤulniß nicht im⸗ 

mer fi) in demfelben Gange erhält. N. | 
n4 Smmer 


v) &. Y’Eflay pour fervis a l’Hiftoire de la 
Putrefadion, 


ep 


Smmer har die organifihe Materie einen 
Hang zur Verefuigung, melde eine Wir⸗ 
kung des Eindrucdes der Modelle ift. nad) 


denen fie fi gebildet hat. Nicht allein die 


Bildung der Keime und Embryonen, melde 
fih dur Die Verbindung der Theilchen ers 
zeugen, flellt diefe Wahrheit noch feſter; 
aber ebenfalls aud tie Erzeugung der, des ° 
ven man vernünftiger Weiſe feinen Keim 
beylegen kaun. Denn’ diefe zufällige Pros 
duftion der Vegetabilien iſt gänzlid vom 
Himmelsſtrich abhängend, und das nemliche 
Indlviduum nimmt fie an, oder verliehrt 
fie, nady der Natur feiner verfctetenen age 
und der Manuigfaltigkeit feines Wohnsrtee. 


Es beturfte eines fo auffallenden Bey⸗ 
fpieles als die Clavariaangiebt, um die Wahre 
heit diefer Hypotheſe überzeugend zu beweis 
fen; wenn aber tie Möglichfeit einer fols 
hen Bildurg organifirter Weſen einmahl 
erft zuiäffig gefunden ift, fo. vervielfältige 
bie Belege dafür fi) bis ins Unendliche. 
‚Die Moofe, Conferven, die zahlreiche Fas 
milie ter Schwaͤmme zc, alles Pflanzen, 
teren Geſchlechtstheile auch. die geübteften 
Botaniften noch nicht haben aus findig mas 
hen fönnen, oder vielmehr derentwegen fie 
noch nicht ganz einig find, haben einen ähns 
lien Urfprung. Einige von ihnen koͤrnen 

vielleicht 





Ele 


vielleicht aus nicht befruchteten Saamenförs 
nern erzeugt werden, da aber alles in ber 
Natur nuͤanzirt ift, und die Extreme durch 
Etufen mit einander verbunden "werden, 
welche eine unermeßliche Kette mit kaum bes 
merkbaren Uebergängen bilden, fo tft ed moͤg⸗ 
lid, daß mehrere dieſer Pflanzen fid gar 
nicht wieder ergänzen, daß andere dies unter 
gewiſſen Umſtaͤnden Können, andere noch 
häufiger, und daß die Gradationen endlich 
bey der Claſſe aufhören, melche fih nur durch 
. eine Geſchlechtsvermiſchung wiedererzeugen. 
‚Die Annahme diefer Hypotheſe klaͤrt taufend 
undeutliche Thatſachen auf, deren Urfachen 
man nit anzugeben verftand. Der erfte 
Schritt in den. Wiffenfhaften iſt gewöhnlich 
von fehr ſchnellen Fortfchritten begleitet. 


Da man gänzlih mit der Natur und 
ben Geſchaͤften der Knoten, welche der Dbers 
flähe der Clavaria bedecken unbekannt ift, 
und ihre Art ſich anzuhängen, muthmaffen 
Yaffen Könnte, daß fie Saamenkoͤrner oder 
kleine Zwiebeln mwären,. melde zur Fort: 
pflanzung ihres Geſchlechtes beſtimmt feyn 
Könnten, fo habe ich eine der beyden Judivi⸗ 
duen aufgeopfert, um Verſuche darüber ans 
zuſtellen. Sch hob die Kuötchen mit einer 
Mefferfpiße ab, ohne fie zu befhadigen, und 
ſaͤete fie unmittelbar nahher aus; einen 

NRnz5 Theil 


550 er )ol 


Theil davon auf eine befonders dazu geoͤf⸗ 
nete, und feucht gelegte Puppe; einen andes 
ren Theil auf verfaulten Gewächfen, auf ein 


eben fo feuchtes und mit Mocfe bedecktes 


Torfſtuͤck, welches ich von demfelben Drte 
nehm, an dem ich meine beyden Exemplare 
angetroffen hatte, und den dritten Theil auf 
einer. bloß befeuchteten Erbe. Ich trug 
Sorge, daß die Sonne nicht zu ſtark auf die 
Gefäße ſcheiuen möchte, und daß bie Feuch⸗ 
tigkeit, ohne zu ſtark zu feyn, beunahe im⸗ 
“mer fich glei bliebe. Aber Feins von dies 
fen Knoͤtchen gieng auf, ungeaditet aller dies 
fer angewandten Worfihten. Alſo find fie 
feine Saamenkoͤrner. Indeß iſt biefer Bes 
weiß zit ganz vollfommen hinreichend, weil 
es vielleicht äufferft ſchwer ift, alle Umſtaͤnde, 
melde zu ihrer Entwickelung erforderlich feyn 
können, zu verbinden. Es ift unmöglich eins 
zufehen, was für einen Nußen fie haben 
koͤnnen, und welche Urſachen ihnen ihre Ents 
fiehung geben? Sind es Erzengniffe, welche 
den Dornen der Pflanzen ähnlich find? find 
ed abſcheidende oder einfaugende Organe. 
Die Zeit oder ein gluͤcklicher Zufall wird uns 
darüber belehren, 


Sch habe einen oder zweye biefer 
Knoͤtchen getheilt, um ihr Inneres zu bes 
obach⸗ 


ee. ee A Si 


et 551 


obadhten ; es iſt ganz voll und fiellt eine 
Maſſe ohne Häute und Fibern dar. 





VII. 


Beytrag Em Geſchichte des FERNER 
e der Fiſche. | 





von Sen. Brouſſenet. 





De Athemholen iſt eine der weſentlichen 
Verrichtungen, eins der Mittel zu Da⸗ 
feyn, womit die Natur alle lebendigen Wefen 
ausgerüftet hat; man findet bie Spuren da⸗ 
von bis zu den Pflanzen herab. Aber ob 
der Zweck diefer Funktion glei immer das 
nemliche tft, fo find doch die Mittel, denen _ 
fie fich bedient hat, um fie ins Werk zu 

feßen, bis ins Ynenslicye mannichfach. 


Unter beh verſchledenen Thierclaſſen giebt 
es einige, welche nur die Luft in den Reſpi⸗ 
rationsorganen auffaſſen, andere bie Waſſer 
mit —— und biefe Hlnſicht bildet die 

Charak⸗ 


552 *r Jo( A 


Charaktere einer fehr deutlich unteefölcbene 
Eintheilung im Thierreiche. 


Die Verſchiedenheit der Organe zum 


Blutumlaufe fiehet immer in Beziehung mit. 


"derjenigen, welche man in denen des Athem⸗ 
hohlens antrift. Eine und die andere diefer 
Verrichtungen erleiden einigermaffen in dem 
verfchtedenen Thierclaſſen, - eine ſtufenweiſe 
Entartung: Go find bey den Wögeln bie 
tungen jeher ausgedehnt, ſtehen mit mehres 
ren befonderen Höhlen und Behältniffen im 
Verbindung, und die Luft dringt in das Ins 


nerfie ver Knochen ein, Das Herz ift in 


zwey MWertrifel getheilt, wovon jeder ein 


Dhe hat, und ihr Blut iſt wärmer als dis _ 
der -Vierfüffinen Xhiere und . Walfifche, 
Diefe hingegen haben Eleinere $ungen ; ibe 


Herz hat wie, in jener Claſſe zwey Kam⸗ 
mern und Ohren; aber ihr Blur ift fälter. 
Judeß ift es immer noch viel wärıner ald 
das Blut der Amphibien, - deren Lungen 
membrands find, aus einer Menge von Ges 


faͤßen befiehen und mit Muskelfibern durch⸗ 


wirkt finds. Es iſt dafelbfi nur ein geringer 


Blutumlauf, der übrige Theil des Blutes : 


gehet unmittelbar von einer Herzkammer zur 
‚andern. Endlich fielen die Inſekten noch 


merklichere Verfciedenheiten dar. Ihr Herz 


iſt membranoͤs, und kaum einer Bewegung 


faͤbig; 3 





ED Rt. .n.. 558 


fühle; fie haben fiatt der Lungen, befondere 
Gefäße, welche durch bie verfehledenen Theile 


des Koͤrpers verbreitet liegen; ihr Blut, 
‚wenn man der Feuchtigkeit, welche hier feine 
‚Stelle zu erfigen ſcheint, dieſen Nahmen 


beylegen kann, hat den Grab der Farbe 


und Wärme od) nicht erreicht, wodurch es 
„bey, anderen Thieren ſich auszeichnet. Hier 
wird dann bie Annäherung zu ben Schals 


thieren, den Geefrebfen fihtbar, welche, 


>. glei den Fiſchen, Waſſer einathmen. 


Die neueren Raturforſcher haben die 
Erſcheinung des Athemhohlens zu erklären 


verſucht, und haben es auf eine ſehr an⸗ 
ſchauliche Weiſe gezeiät, wie bie in der Az - 


mosphäre verbeitete Lebensluft ſich in Die 
fire umſezt, in dem fie ſich mit dem Phlögts 


‚fon, oder den Hauptgrundſtoffe der Luft, _ 


‚melde das Blur abfezt, berbindet, 


Es ſcheint, daß die Reſpiratlon “ in 


allen Thieren, welche Waſſer einathmen, 


und beſonders in den Fiſchen vor ſich gehe; 


ehe ich aber mich in das kleinſte Detail einz 


laſſe, will ich die Grade der Aehnlichkeit 


feſtzuſetzen ſuchen, welche bie Organe, die 


unter den Thieren dieſer behden Sednungen 


ben nemlichen Zweck haben, mit elnauder 


Die 


verbindet. 


354 N EL 


Die Refpirationdorgene aller ‚Thlere, 
melche nur Luft einathmen, liegen im In⸗ 
'neren ihres Körpers. Man Bann fie nicht 
anders beobadıten, als wenn man Die Theile 
zerreißt, womit fie umgeben find. Die dies 
ſer oberanalogen Drgane derjenigen Thiere, 
melde Waſſer einachmen, liegen’ hingegen 
beynahe offen da; man Fann fie fehen, ohne 
irgend einen Theil zw zerftören. Diefer Uns 
ſchied iſt bey einigen epirlegenden vierfügigen 
Thieren beſonders auffallend, deren Reſplra⸗ 
tionswerkzeuge in der erſten Perlode ihres 
Lebens, mo fie ſich unter dem Waſſer auf⸗ 
halten, aͤuſſerlich gelegen ſind, und die mit 
der Zeit, da ſie zum Aufenthalte in ver freyen | 
Luft befiimmt find,, auch in ihrem 3 Inneren 
sungen erhalten, 


“ Ein anderer, Yom vorigen abhängenden 
Unterfäsleb iſt ber, daß je Hollfommner das 
Athemhohlungs geſchaͤft in den verſchiedenen 
Thierklaſſen iſt, deſto mehr auch die dazu 
dienenden ——— verborgen liegen. In 
den Vögeln, bey denen diefe Operation auf 
das vollkommen ſte vorgehet, dringt die Luft 
in den groͤßten Theil ihrer Knochen, und 
daher mehr in ihr Inneres, als bey den 
vierfügigen Thieren, beren Lungen noch mehr 
‚ verborgen liegen, als die ber Amphibien, 
welche gar Fein Orr: doch nur ein fehr kleines 

Zwerg⸗ 





⸗ 


aD) 5 Ar an >; 358. 


Zwergfel haben, Eadkich athmen bie In⸗ 
fetten, bey denen dieſe Verrichtung uͤbri⸗ 
gens noch etwas abartet, durch eine große 


Anzahl von Defuungen, 


Mehrere Charaftere bemeifen uns, baß 
unter den Thieren welche im Maffer leben 
bie Fiſche auf eine weit volfommmere Weiſe 
Athen fchöpfen, ald die Schaalthiere. Auch 
find die Organe der erfieren bazu weit vers 
ſteckter, als die der lezteren, melde fir ſehr 
oft ganz “nich, und Hollfommen entblößt lies 
gen haben. In diefen Thleren ſcheint end⸗ 
lich dieſe ganze Funktion aufzukören, und 


um ſie zu erkennen, muß man die a 
zu Huͤlfe nehmen, { | 


"Die Fifche — *— in Hinfi cht auf die 


Bildung der , Mefpirationswertzeuge , in 


zweh greße Claſſen, Yon denen die eine die 
knorpellchten und die andere bie ſtachlichten 


enthaͤlt. Die Kiefern ver erflen werden von 


einem Fnorplihten Bogen unterfiüzt,' find 
vielfacher als bey den flahlicyten,, wo dieſe 


Theile von gekrümmten kleinen Knochen un⸗ 


terſtuͤzt werben, ſollten bis zu vieren an— 


laufen, und nlemals dieſe Zahl über 
ſchreiten. 


Das 


556 — 
Das Herz der dachlichten Fiſche liegt in 


einem Herzbeutel, welcher eine Taſche bildet 


die von Zwergfellen hinterwaͤrts angeheftet 


iſt. Bey einigen Gattungen, beſonders aber 


dem Seewolfe, habe ich kleine, ſehr duͤnne 


Faſern bemerkt, welche das Herz mit ſei⸗ 
nem Herzbeutel verbinden. Die knorpelich⸗ 
ten Fifche haben, eigentlich zu reden, keinen 
Herzbeutel; zum mentaften ift die.an feiner 
‚Stelle befindliche Membrane nicht frey, Ilets 


det dieganze innere Höhle der Bruſt aus, und 


hängt mit den fie umgebenden Muskeln zus 
ſammen. Der Nußen des Herzbeuteld bey 
den Menfchen und den vierfüßigen Thieren, 
ift nad) der. Ungabe der Zerglieberer der, es 
zu verhindern, daß das Herz mit der Lungen 
verwachſe, und das es nicht gedruckt werde, 


wenn dieſe mit Luft. fih anfüllen und- nicht - 


leide, wenn diefe etwa. franf werben. Es 


war daher nothwendig, daß dies Organ von _ 


einer ſtarken Membrane, und einem fo dich 
ten Gewebe gemadht wurde, daß es das 
darin enthaltene Eingemweide erhalten konnte. 
Bey den Fifchen hingegen, welche dies nicht 
zu befürchten haben, iſt das Herz, in denjes 
nigen, wo die Bruſt gerade und von; fehr 
feften und harten Theilen gebildet ift, iſt 
einem einfachen, kleinen und beyhahe durch⸗ 
ſichtigen Herzbeutel verfchloffen, da hingegen 
bey denenjenigen, wo Die Brafigöhle betracht⸗ 
llcher 


— — — 


—— 


a a A 


licher tft oder dies Eingeweide von Felnem 
benachbarten heile belaͤfigt wird, die Na- 
zur, welche immer nah dem einfachften 
Plane arbeitet, dem Herzbeutel von bee, 
Pleuſſa nicht unterſchieden hat; eine einzige 
Membrane, welche die innere Flaͤche der 
Bruft bekleidet, erfüllt die Werrichtungen - 
Dle Geſtalt bed Herzens hat bey ben Fl⸗ 
fen eine weit größere Mannichfaltigkeit, 
"ale bey den warmblütigen Thieren Hr. 
Pig dꝛ Agyr hat die merfwärdiaften uns , _ 
ter dieſen Wariätäten in den Abhandlungen 
auseinan dergeſezt, in welchen er den Plan zu 
einer vollſtaͤndigen Anatomie der Fiſche ange⸗ 
legt hat. Im Allgemein tft beh dieſer Klaſ⸗ 
fe das Herz, im Verhaͤltaiß zum Koͤrper 
Heiner als bey anderen Thiergeſchlechtern. 
Zum Beyſpiel iſt dies Organ be den Vögeln: 
acht oder neunmahl größer ald bey dem Fl⸗ ‘ 
ſchen vom nehmlidyen Umfang, Man weiß 
daß das Herz eines Menſchen gewöhnlich 
zehn Unzen wiegt, wenn die Schwere ſeines 
ganzen Körpers ohngefähr hundert und funf⸗ 
zig Pfunde beträgt.” Haller hat gefunden, 
daß in einem Karpfen von 4920 Granen 
Schwere das Herz nur neun Grame wog. 
Das Gewicht eines: Menſchenherzens iſt da⸗ 
her zweyhundert und fieben und. Yierzigmal 
Do kleiner 


558 5 )0( %5 


Peiner, als daB Gewicht ſeines Körpers, 
mährend das eined Rırpfen finfhunbert und 
feds u: d pierzigmal kleiner iſt. Diefe Bes 
rechnung welche unfere Berfiberung unters 
ſtuͤzt, mürde ihn noch auͤnſtiger ſeyn, wenn 
mar die Erfahreng an einem größeren 
Karpfen gemacht hätte Das Herz iſt bey 
allen Thieren verhältnigmäßig zum Körper 
größer, wenn fie no jung find, Bey eis 
nem Karpien von 10572 Granen Schwere 
habe ich gefunden, tag das Herz 13 Grane 
wi. Er war, wie man firhet, zweymal 
fo groß als ber, welchen „aller gewogen 
hatte; daher war die Schwere feines Her⸗ 
zens in ber feines Koͤrpers auf ahihundert und , 
zwey und neunzigmal enthalten. Bey mehs 

reren fleinen Seinefiſchen, von denen einer 
65 Öran, der anbere 154, und ber britte 

203 wog, habe ic gefunden, baf dad Ges 

wit des Heriens in dem des ganzen Körs 

pers, bevm erfien hundert und zwey und 

drenifiamal, beym zweiten hundert unb vier 

und funfzignale, und behin dritten hundert - 
und vier und achzigmal enthalten war, Das - 
Herz des erfien wog einen Gran, bes zwei⸗ 
. en einen halben mi? des dritten eim zehns 
heil Gran. Ein deutliher Beweiß, daß 

je kleiger die Fire find, ihr Herz zu ihrem 

Loͤrperlichen Umfange an Grörfe zunimmt, 


|‘ 


Die 


2 ol Hr, 559 ° 


Die Grfräßigkeit und Wildhelt der Erds 


thiere folgt dem nemlichen Stufengang , als 
bie Groͤſſe ihrer Herzen, Dies Gefeß fin⸗ 
det auch bey den Fiſchen ſich wieder. Die 


knorpelichten, zu denen man die Rochen, 


Meermwölfe ꝛc. zählt, und welche an Gefräfs 


figkeit alle anderer Fifche übertreffen, Haben 
auch ein viel größeres Herz. Mehrere Uns 


terfirhungen haben mid in-biefe Meynung 
beftärkt. Sch nahm einen Hecht, den jeder, 
mann ald einen der wohlbewafuetſten und 


gefraͤßigſten Flußfiſche kennt, fo wie er einer 


der fihnellften it, und verſchafte mir eine 


Schleihe, deren Kehle nur fehr Hein und 
zahnlos if. Das Gewicht beyder Indivi⸗ 
duen fand fich zufällig gleich; jedes betrug 


5252 Gran ohngefehr; aber das Herz des 


Hechtes wog 6 Gran, indeß bad ber Schleiz 


he nur 4 Grane betrug. Daher war das 
Gericht des Herzens bey dem gefräßigften 


unter dieſen beyben Fiſchen achthundert und ı 
zwey und fiebzigmal in dem feined ganzen 
Körpers enthalten, und bey der Schleihe 


dreyzehnhundert und achtmale. 


Ich habe bemerkt, daß bey ben Fliſchen, 


welche die größten Kiefern hatten, aud das 


* 


Herz, immer verhaͤltnißmaͤßig zum Körper 
gerechnet, am größten war. Hiervon habe“ 
2 mic befonderd am Herlnge verſichert. 


Oo 2 Ich 


| 560 en ol vo 


Ich wog einen ſolchen und das Gewicht bes 
trua 1992 Öran-überhaupt; fein Herz hatteı 
drey Gran, welches daher den 664ften Theil 
feines aanzen Körpers ausmachte. Ein, 
Schellfiſch, deſſen Kiefern viel Heiner find, * 
und nur eine fehr geringe Oefnung haben; ° 
gab mir ein davon ſehr verſchiedenes Reſul⸗ 
tat an die Hand. Sein Körper wog 2004 
Grane und fein Herz nur 135 dies Einge⸗ 
weide machte daher nur den 1202ten Theil 


feines Körpers aus, und war folglich beye 


nahe um die Hälfte Heiner als ion He⸗ 
singe, 


Die Fiſche, welche ſich in Re 


halten, fich wenig bewegen, ein weiches und 


mit Gluten fehr überfülted Fleiſch haben, | 


find mit einem fehr Heinen Herzen verfehen. 


Dası Herz einer Scholle, beren ganzer Körsı 


zer 2844 Örane wog, betrug nur 2° wels 
ches einleuchtend macht, daß das Gewicht 
diefes Eingeweides 1422 male in dem des 
ganzen Körpers enthalten wars Das Herz. 
iſt bey den Fifchen dieſer Klaſſe nicht allein 


viel Kleiner ald bey denen von einer anderen, 


fondern auch viel weniger reizbar. Auch ift 
die- Blutmenge bey. dieſer geringer. Ich 
nahm zu gleicher Zeit auß den Körper eines 
Aales und eines Hechtes die Herzen heraus, 
und dad von jenem gab wenig Zeichen von 

Reiz 


5 


CT, 3 


Reizbarkeit, wenn ich es ſtach, da hinges 
gen das Herz des Hechtes im Graentheil ein 
Zeichen, ünd felbft lange nachher noch aab, 
als im feinem Körper beynahe feine Spur 
des Lebens vorhanden war; da im Geuinz 
theil der. Körper des Aales ge mit großer 
"Stärke flag, indeß fein Herz,’ das ich mit 
der Mefferfpige reizte, Fein Zeigen son 
Reizbarfeit gab. 


Die Lane des Are tft bey den Fl⸗ 
ſchen nicht fo wie bey dem Menfchen: und 
nimmt bey jenen gerade. bie Mitte der Bruft 
"ein. Da jein Gebrauch ſich darauf beſchraͤnkt 
das Blutiden Herzohren zw überliefeen, und. 
das Blut dafelbfk nur durch eine einzige Ur 
terie gehet, ſo tft eine Stellung diefes Thei⸗ 
les, welcher ihn vor jedem Ohre gleich weit 

entfernt hält, ‚ohne Zweifel die vortheils 
hafteſte. | h 


Die Ohren des Menfchenherzes find am 
oberen Theile defjelben gelegen. Bey ben 
Fiſchen die ganz entgegengefestz bie Baſis 
bes Herzend berührt das Zwergfell und die 
Spiße ift dem Kopfe zugekehrt. Diefe Bere 
ſchledenheit hängt ohne Zweifel von derjeni⸗ 
gen ab, welche man bey dem Uebergange des 
Blutes bemerkt, deſſen gröfter Theil‘, bey 
ben ‚Slfgen dem Herzen von ben hinteren 

20 3 Theilen 


362 * * ) o ( =. 


Xhellen zugeſchickt wird, da bey bem Mens 
{hen ein großer Xheil dem Herzen aus den 
oberen Theilen zufließt. Das Ohr tft hier 
etwas nad) ber linden Sefte zu geneigt; Das 
Blut wies ihm durch einen beſonderen Si⸗ 


nus zugefuͤhrt, welche ſich aus der Vereini⸗ 


gung mehrerer Blutadern bilder. Dieſer 
‚Sinus iſt weit größer als das Herzohr: die 
Communikation zwiſchen dieſen beyden Thei⸗ 
len wird durch Valrode unterſtuͤzt. Einlge 
Schriftſteller haben dieſe Sinus für ein zwei⸗ 
tes Ohr angefehenz zum wenigſten hat es 
wirklich den Anſchein. Duverney, wel | 
he biefe Theile zuerſt mit Sorgfalt zerglies 


dert hat, hat den Gebraud; biefes Ruladers 
‘finug, den man auch bey den Amphibien 


findet, deutlich auseinandergefezt. Das Blut 
wird aus diefer Höhlung ind Herz durch bie 
Zufammenziehung des Zwergfelles geſtoßen, 
das ich immer, bey einer großen Menge von 


Geſchlechtern mit Muftelfafern befezt anges 
troffen habe. Es hännt, wie bey dem Mens 


fchen am Herzbeutel feft, aber fein Gebrauch 
iſt hier fehr von dem bey dem Dlenfchen vers 
schieden. Die Zergliederer haben im erften 
Falle, mit Recht dieſe Verbindung dem be⸗ 
flaͤndigen Drucke des Herzens auf das Zwerg⸗ 
fell zuſchreiben zu koͤnnen geglaubt, und ange⸗ 
nommen, daß die aufrechte Stellung des 


Menſchen dies nothwendig mache. Ihr Ge⸗ 


danke | 


AR 


3 a a 563 

banfe warb durch bie entgegengefezte Beob⸗ 
achtung beftätigt, die man bey vierfügigen 
Thieren mabre, wo diefe Verbindung beys 
nahe gar nicht flatt findet, weil, fogar dieſe 
Sürfftfieller der Korper der viertuͤßigen 
Thiere fih tn einer horizontalen Stellung 
hält; die Verbindung des Herzbeutels mit 
dem Zwergfelle findet ader bey Fiſchen flatt, 
. welches die Unzulänglichkeit diejer Erklärung. 
hinreichend erweiſt. H 


Die Zeraliederer haben mit Grund das 
‚ einzige Herzohr und die einzige Herzkammer, 
roeldye das Herz der Fiſche ausmachen, mit 
bem rechten Herzohr und der rechten Herz⸗ 
Sammer bes Menſchen verglichen; da biefe 
‚zur Aufnahme des Blutes aus der Hohlader 
beftimme find. Man, hir allgemein dem. 
Nahmen aorta oder aorta alcendens der 
einzigen Schlagader gegeben, melde das 
Blut aus dem Herzen in die Kiefern führen, 
- bie bey biefem Thtere das Geſchaͤft ber Lun⸗ 
gen verfehen, Aber der Nahme arteria 
pulmonalis mar eigentlich der einzig paßliche 
für dies Gefäß. Der Bau diefer Theile iſt 
Holfommen dem bey dem Menſchen analog. 
Herzlammer ber Fifche gleicht der rechten 
Herzfommer ber Fiſche vollkommen, ift aus 
nach Berhältnig feiner Groͤſſe dicken Wins - 
den gebilpet und erſtreckt ſich nicht ganz bis 
| 254 zur 


PT SDR Be Pe Be 


zur Epiße des Herzens. Das rechte Herz⸗ 
ohr ift bey dem Menſchen, wie ben den Fis - 
ſchen, verhältntgmäffig nad der Dicke des 
Druanes fehr flarf, und das darinn enthalz 
ten? Blut iſt gleichmaͤfſſg ſchwarz. Die Ars 
terie kruͤmmt ſich in dieſen, bey ihrem Aus⸗ 
gange aus der Herzkammer nicht, wie die 
Aorta des Menſchen; ihre Richtung iſt ge⸗ 
rade and fie hat mehr Aehnlichkeit mit der 
fungenpulsader ald mit der Morta des Mens 
ſchen. Ah glaube ihr, nad) ihrer Struktur 
und Verrichtung, mit Recht den Nahmen 
der arteriae branchialis geben zu. können, 
von branchiae; fer überzeugt, daß Ihe der, 
der Aorta aidt zukomme. 


Man ſieht an der Baſis * Branchlalar⸗ 
texte eine kegelfoͤrmige Ausdehnung mit einer 
Vere gerung an ihrem unteren Theile. 
Dieſe Ausdehnung iſt inwendig durch in die 
Laͤnge gehende Faſern befeſtigt, welche die 
Bewegung des Blutes beſchleunigen muͤſſen, 
indem fie durch ihre Zuſammenzlehung bie 
Shligader der Bafıs des Herzens näher - 
bringen müffen, Ginige Schrififieller haben 
biefe Höhlung mit dem linken Herzohre des 
Menfhen verglichen, die andere haben ihn 
ben Nahen -auriculus arterialis gegeben, 


und Cöfalvin — es fuͤr eine hrlıte Herz⸗ 
kammer. | 
Ich 


Ihh übergehe die: Beſchreibung des Ue⸗ 
berganges der arteria branchialis in die Kies 
fern. Nendham und Duverney haben 


hierinn nichts zu ‚wäniden,, übriggelaffen., 


Ich will nur das hier wiederhonlen, daß 
diefe Arserie bie einzige. bey: den, Fifchen iſt, 
die man Schlagen fühlen kann; ein hinrel⸗ 
chender Beweiß dafür, daß das. Herz der 


Hauptgrund aller Pulſatlon der, Arterien tft, 


‚und daß fie nirgends ſtatt hat, wo nicht die 
Gefaͤße oder der Lauf des Blutes von einem 


‚Heinen. > zus einem groͤſſeren Durchmeſſer 


übergehen: 


"Der Bau ber Kiefern iſt von der Art, 


daß die Blutgefäße, welche fie durchlaufen, 


wie in den Lungen der vierfüßigen Thiere 


das Blut in einem ſehr kleinen Raume lange 
herumfuͤhren; aber ſie weichen, in verſchie⸗ 
denen Fiſchgattungen, auf eine ſehr merk⸗ 
wuͤrdige und mannichfaltige Weiſe ab. Die 
Lebensart, wozu dieſe Thiere von ber Natur 
beſtimmt find, tft der Hauptgrund diefer 
Verſchledenheiten, melde bey den Wögeln 
oder ben wierfüßigen Thieren weit. feltener 


Recht, daraus den Schluß zu ziehen, da je 
vollfommener eine WVerrichtung in irgend eis 


ner Thierclaſſe ift —* wenigere Verſchie⸗ 
iv, BER 7% 0:5 


AH benhei« 


le —— 


> 


ſtatt finden. Hat man deshalb wicht ein. 


566 weiPal" 


denhelten und Abweichungen die dazu. bes 
flimmien Organe unterworfen find. 


Die Fiſche, melde fih gewoͤhnlich in 
Behältern und an ſolchen Drten aufhalten, 
wo nur ein feltener Zufluß von friſchem 
Maffer flarifinbet, mie z. 8. die Yale has 
"ben Kiefern, welde von fnohigten kurzen 
Bogen gebildet werden. Die Defnung ihrer 
‚Kiefern iſt fehr groß, und fie können in ih⸗ 
ren Organen larger Waſſer behalten, als 
die anderen Gattungen. Man konnte fie 
gereiffermaffen mit dem Amphikien seraleis 
chen, welche cellulöfe, mit Muſkelfibern 
verfehene fungen Yon folder Urt haben, als 
diefe Thiere nöthig haben, um eine gewiſſe 
Quantitaͤt von Luft im Vorrath aufzubewah⸗ 
ren. Bey denen Öattungen hingegen, mels 
he im hohen Meere fih aufpalten, und im⸗ 
mer im einer großen Tiefe fhwimmen, unb 
die dazu beftimmt find, während langer 
Wanderungen fihnelle Bewegungen zu mas 
hen, find die Kiefern an fehr groben Kno⸗ 
hen befeftige und ihre Blätter fehr lang. 
Mehrere haben aufferdbem noch ein eigenes 
Drgan, das ebenfalls, mie die Kiefer zum 
Athemhohlen beſtimmt if. Diefer Theil, 
welchen noch Bein Naturforſcher befchrieben 
has, kann als ein kleiner Kiefer anzuſehen 
DER, und hat eine Aehnlichkeit mit einem 
‚Bogen 


RE... SM 


Bogen der Lunge. Es ift von dem Kiefern 
unterfchieben, und lieat in ihrer Höhle auf 
jeder ‚Seite gegen die Baſis ver Defnungen 
und unmittelbar nach ber Erhöhung, melde 
die Augenhoͤhlen bilden. Am öfterften bes 
beſchreiben fie einen Bogen, Ihre längen 
iſt in dem verſchiedenen Gattungen ebenfalls 
verfihieden. Sch habe fie länger’ ald einen 
201 in verſchiedenen Gattungen Pärfhen vor 
mittlerer Größe gefunden. Ste find wie die 
Kiefern aus Blättern zufammengefejt, wel⸗ 
‚de fi aber fogar ihre beyden Enden vers 
größern. Diefe Blätter find uſcht, wie bey 
ben Kiefern zu zwey und zwey zuſammenge⸗ 
legt, fondern nur einfach; auch Ihre Anzahl 
iſt nady der verfißtedenen Gattung der Fiſche 
verfchteben. Bey der Schlelhe zum Bey⸗ 
ſpiel habe ich ihrer bis auf ein und zwanzig 
gezählt; fie find niemals an einen knochichten 
Bogen befefligt; fie machen an Ihrer Grunds 
flaͤche eine Gattung von Wulſt und die 
Membrane, melde das Jnnere der Höhle 
einkleidet, bedeckt fie zum Theil. . Die brey 
inneren Aeſte jeber Seite der Brandialarterte 
theilen fi den drev inneren Kiefern mit, 
ohne ihnen doch einen berrächtlichen Aſt zu 
geben; die Innere, welche mehr ünfferlich ilegt, 
‚giebt, nad Ihrem Ende zu, einein Aſt, ein 
Entftehen, welcher nachher, indem er etwas 
wieder zurückyehet, auf des ertgegengeſezten 

Seite 


so a SE 55: a 


Seite mit den Riefern des Fleinen vorher 
von mir befihriebenen Kiefer verbindet:  Gie 
iſt vorzuͤglich in den Fifchgattungen fehr ficht⸗ 
bar, wevon Aetedi unter dem Mahmen der 
Acanthopterygii eine: eigene Klaſſe gemacht 
hat, und die er durch das Dirfeyn einiger 
ſtachlichten Ötrahlen, sin den Floßfedern ka⸗ 
rakteriſirt· Sch habe. biefer unter dein Nah⸗ 
‚men. der. pfeudobranchia erwähnt bey Gele⸗ 
genheit einiger Battungen von Fiſchen, bie 
tch in meiner erſten Decade einer allgemeinen 
Naturgeſchichte der Fiſche weltlaͤuftiger be⸗ 
ſchrieben habe. 


Der Kanal, main melden ——— 


gen und alle warmbluͤtigen Thiere die Luft in 


die Lungen bringen, iſt allgemein immer der⸗ 
ſelbe 3 etwas was man bey den Fiſchen nicht 
bemerkt, die das Waſſer irn. ähnliche Drgane 
durch mehrere Defnungen auffaffen.. Einige 
von ihnen z. B. die Neunaugen, haben oben 
am Kopfe eine einzelne Defnung, wodurch 


das Waſſer in Die Kiefern geführt wird, 


Diefer Bau war diefen Fiſchen nothmwendig, 
die, wenn fie fih an Steinen oder größeren 
Fifchen anſaugen, nicht zu gleicher Zeit das 
Waſſer durch die Kehle auffaffen koͤnnen. 
Anderer, wie die Rochen, haben san jeder 
Eeite des Kopfes eine Defnung, welche dem 
Waſſer zum Durdgange dient. Indeß 

faöpft 


J 
/ 





13 


a ‚569. 


Ghpft der größte Theil der Fiſche fein Waſ⸗ 
ſer durch die Kehle, das darve die Klefern 
— berauögeheb, 


84 ben Inorpelichten * bie —— . 
* Athemhohlens, wie ſchon oben geſagt 
iſt/ von einer weit größeren. Ausdehnung 
als bey den anderen Fliſcharten. Sie wer⸗ 
‚fen das Waſſer weiter durch mehrere Oefnun⸗ 
gen wieder heraus, indeß haben einige auch 
nur eine einzige, deren Form aber wieder nach 
den Gattungen unendlich verſchleden tft... 
Diejenigen Fiſche, welche in tiefen Gewaͤſſern 
zu leben beſtimmt ſind, fi) wenig vom Ufer 
entfernen und oft im Sande wühlen muͤſſen, 
haben" biefe Defnung fehr klein, imelche hier 
einen von dicken Membranen umgebenen Ras 
nal bildet: Die Fifche hingegen ‚welche gu‘, 
heftigen Bewegungen“ beftimint find, haben 
fehe große Kiefern, Die Kehle und die Def. 
nung iſt ſehr weit; fie faſſen eine große: 
Menge von Waſſer Auf, und ſchoͤpfen oͤfterer 
fuſches als bie übrigen Fiſche. Sie ſſerben 
faſt ſogleich nachdem man fie aus dem Waſ⸗ 
ſer genommen hat; indeß die Karpfen, Aale 
u.a.m., welche ſehr Heine Defnungen has 
ben, lange Zeit noch in der freyen Luft zu le⸗ 
ben im Stande ſind. Man kann jene bey⸗ 
a mit den — Valid * ein... 


lehr 


57% u )0 er 


ſehr hoher Flug ang;eichnet, und bey denen 
fat alle Knochen mit Luft ſich erfüllen, 


Bey den Thiergeſchlechtern, melde nur 
Luft einathinen, findet man nur eine einzige 
Oefnung, wodurch ſie dies Element in ſich 
ziehen und wiederaus ſtoſſen. ‚Bey ben Fi⸗ 
{hen 'hingegen triit dies Element, wie wir 
bemerft haben, durch eine Defnung in den ' 
Körper und durch eine andere wieder hinaus. 
Der Mechanismus, vermittelft deſſen dieſe 
Dperation vor ſich gehet, iſt auch fehr von 
demjenigen verſchieden, Yon welchem fie bey. 
ben vierfüßigen Thieren abhängig iſt. Wenn 
ber Fiſch Waſſer ſchoͤpfen will, fo geht feine 
untere Kiunlade herab, und das Ligament, 
welches ihre beyden Kuchen fonft enge zus 
ſammenhielt, erweitert fih nunmehr. Die 
Knochen der Dberfinnlade werden dadurch am 
ihren Ende herabgezogen, und da fie mit 
den Seitenknochen des Kopfes verbunden 
find, die die Baſis ber Kiemendeckel bilden, 
fo bewegen fie den vorderen Winkel von dies 
fen etwas herab. Durch biefe zufammenges 
fezten Bewegungen machen fid) jedesmal, 
wenn der Fiſch den Mund eröfner, bie Kies 
mendeckel an ihrem Nande vom Körper des 
Fiſches los, und laſſen das in den Kiefern 
angefammelte Waſſer heraus, _ Ihre Bewe⸗ 
gung gleicht des vded Rippen bey unferem 

Athem⸗ 


ol Sg 


Athemhohlen vollkommen. In dem Augen⸗ 
blick daß das Thier den Mund zuſchließt, 
drückt ſich der Rand der Kiemendeckel wieder 
an den Koͤrper an, die Membrane der Kie⸗ 
fern an ſeinem Ende ſchließt die Oefnung 
vollkommen, und das Waſſer, welches bey; 
der Erweiterung aller Thetle im dieſe Höhe; 
lungen eingetreten war, druͤckt nun Die Blaͤt⸗ 
‚ten der Kiefern zu; und dadurch ift bie Hand⸗ 
Hung bes Digembohlene > nun se ww 
de. J 


Die Fiſch⸗ oe weit: a⸗ ehem; 
‚als die Thiece, melde in freyer Luft leben, 
wei) das Prinzipiun, das von thret Organen 
aus dem MWaffer gezogen: werden fol ; we⸗ 
niger häufig in dieſem Element, als in der: 
Luft ſich befindet, und von jenem vielleicht: 
weit ſchwerer als von hielten abzujonderen iſt. 


Der Nutzen der Kiefernhaut ſcheint fi; 
auf die feſte Verfchlieffung der Kiefern: zu 
beſchraͤnken, und bey einigen Gattungen bie) 
Höhlen ver lezteren zu erweitern. Diefe Haut! 
fehlt, ſchon einer obigen Bemerkung * 
* mehreren Fiſcharten gaͤnzlich. 


Bey einigen, wo die Oefnung fehr Hein 
ſich finder, wird jene Kiefernhaut nur durch 
einen eingigen Staabl unterflägt, welche * 
gleich⸗ 


— aa de u 
see) BEN. 


gleichſam vald ein Blatt von den Klemen⸗ 


deckeln anſehen koͤnnterEinige haben eine 
ſehr freye Oefnungdle aber eine Ark von 
Kanal bilden, und in dieſen ſcheint die Mem⸗ 
brane von den Kiemendeckeln nie verſchte⸗ 
den zu ſehn undıdie einen Knrochen/ wel⸗ 
che ſie unterſtuͤtzen, laſſen ſich ſehr bequem 
mit sem Rippen des Menſchen und den vier⸗ 
füßigen Thieren vergleichen. ı Bey den Fi⸗ 
{hen endlich, wordiefe Defkung ſehr anſehn⸗ 
lich iſt, mußte dieſe Membrane von einer 
großen —— von —— SS N 
web er NE 


. Bett * eat —* die Burn — 


‚gen iſt tritt es in Gefäße, deren Durch⸗ 


meſſer ſich allmaͤhlich vergroͤßert, deren Sei⸗ 
tenwaͤnde weniger dick ſind, als die der 


Branchialarterie, die, mit einem Worte alle 


Kennzeichen der Blutadern haben, und die 
in allen mit den Lungenwenen des Menſchen 


und der vierfuͤßigen Thiere veralichen werben 


koͤnnen. Sie bringen das Blut zwar nicht 
in die Herzkammer zuruͤck, aber fie bilden 


durch ihre Wereinigung ein großes Gefaͤß 


das alle Eigenſchaften der Schlagadern hat 


. Died Gefäß iſt den Zergiiederern unter dem 


Nahinen der aortä delcendens befannti Ich 
glaube fie allein mir der Benennung aorta bes 
. zu mäffen, da ich. war au gezeigt 

‚habe, 


a» Jol *& 1573 


habe, daß die Fiſche Feine aorta alcendens 
haben, Darth diefe Aorta wird das Blur 
durch den gangen Körper vertheilt. Der 
Lauf deffelben wird nicht, wie din dem Men⸗ 
ſchen durch eiue Menge von Falten und durch 
Die Krimmung der Grfäge verzögert Es 
braucht nicht mit der Gewalt, wie bey dem 
Merichen in die aͤuſſerſten Ende ver Gefäße 
gedruckt zu werden. Nach diefer Betrach⸗ 
ung läßt bie Richtung, welcher die Lungen 
Biutareen folgen, fid zu erklären Was 
die Arierien betrift, To befchreiben fie eine 
‚gerade Linie, und das Blut circulirt Darinn 
antt wentaer Geſchwindigkeit, als bey warm⸗ 
bluͤgen Thieren. Leeuwenhoek hat be 
merkt, daß das Blut eines Aales ohnge⸗ 
faͤhr nur einen Raum von fuͤnf Zollen in 
| einer Minure durchlief; und ich ‚habe mich 
durch eine große Anzahl von. Verſuche, die 
Ab am Karpfengeſchlechte angeftellt habe, 
‚überzeugt, daß das Herz im nemlichen Zeit 
rxraume, fünf, ſechs und ſelbſt acht und dreyſ⸗ 
| fig, feltener vlerzigmal ſchlug. 


Es iſt ſehr wahrfgeinlich, daß das 
Blut, mern es durd die Kiefern gehet, fich, 
„wole in dein Durchgange durch die Lungen ber 
vierfüßigen Thiere von dem Phlogifton, mit 
dem «8 überlaben iſt, reintgi. Die Zerſet⸗ 
‚sung deſſelben aber überlaffe ich den Ehhmnl⸗ 
* Pr ſten 


574 LEN 


ften und ſchraͤnke mich lediglich hier auf eiu⸗ 
nige Brobadıtungen ein, welche die Theorie 
‚son ben Erfheinungen der Refpiration sap 
klaͤren koͤnnen. 


Die Fiſche haben, nach Verhaͤltniß Ihe 
rer Groͤße weniger Blut als die vierfuͤßigen 
Thiere; etwas das mit der unvollſtaͤndigen 
Art des Mebanismus bey der Reſpiration 
der erfier vollfommen übereinftimmt. Mehs 
rere Yale haben, nad Menphinus, kaum 
einige Unzen Blut geliefert, und man findet 
in den Commentar. Bononienf, , baß matt 
nit mehr als eine einzige Linze von einem 


hundert biefer Fiſche erhalien hat. 


Die Blutmenge diefer Thiere ftehet im⸗ 
ner mit der Vollfommenhett ihrer Reſpira⸗ 
tion Verbindung. Diefe Beobachtung fins 
det. ſich nicht nur in den großen Klaffen als 
gemein beftätigt, fordern auch unter den die 
ſchen, einem Thiergeſchlechte, welches Tr 
Hinſicht auf die Reſpirationsorgane, weit 
mehrern Abweichungen unterworfen iſt, als 
die Thiere welche In freyer Luft leben. So 
haben and) bie knorpelichten, deren Werke 
zeuge meit größer find, mehr Blut als di⸗ 
anderen Fiſche. 


giche 


“ENBE Er 575 


Die Fiſche können im Waſſer Eeinen fo 
hohen Grad von Wärme ertragen, als die 
vierfügigen Thlere in der freyen Luft. Der 
Unterſchied in diefer Ruͤckſicht iſt ſelbſt ſehr 
be raͤchtlich, weil dieſe in einer ſehr heiſſen 
Atmos phaͤre, deren Waͤrmegrad, dem Waſ⸗ 
fer mitgetheilt, die Fiſche unwiederbringlich 
töbten würde, nicht im geringften zu leiden 


feinen. 


Auch der Menſch kann ohne Nachthell 
einen ſehr anſehnlichen von Waͤrme 
ER 


Einige aguſche Gelehrte, melde fi 
einige Zeitlaug In einer Atmosphäre aufhiels 
ten, wo das Thermometer bi zu 109 Graden 
gefiiegen war, konnten in denfelben Augen⸗ 
blicken die Hand nicht in einem warmen Wafs 
fer leiden, dad nur 57 Grade hatte, und in 
dem bie Drganifation der Fifche ohne Zwei⸗ 
fel völlig zerfiört wäre. Doch hat man 
einige Erfahrungen über in heiffen Gewäfs 
fern lebend angetroffene Fiſche. Einige alte 
Säriftfieller haben dergleichen Sonderbarkei⸗ 
ten bemerkt, Aelian fpriht von einem See 
in Lyblen, deſſen Waſſer fehr heiß ift, und 
wo man Fiſche antrift, melde fierben, fo 
bald fie in etwas laueres Waſſer gefeßt wers 

den, Aehnliche Bemerkungen hat St. Aus 
Pp a guftin 


s76 7: ) fe) ( ”L 


guftin und Cardanıs. Shaw fpridt in 
feiner Netfe nach der Barbarey von einigen 
heiffen Quellen, in denen er, mehrere Fiſche 
fand, . Ganz neuerlich hat gr. des Sons 
taines eine ähnliche Bemerkung in der Ges 
gend von Kafga gemacht. Das Resumürs 
{de Thermometer, das er dafelbft eintauchte, 
ſtieg bis zum dregffigften Grade. Valis⸗ 
neri hat ebenfalls lebende Fiſche in heiſſen 
Baͤdern geſehen. Konring erwaͤhnt einer 
aͤhnlichen Erſcheinung. Anderſon erzaͤhlt 
ein anderes Beyſpiel der Art, wovon er in 


Island perfönlic Zeuge geweſen iſt. SH 


will hierüber Feiner Beobachtungen weiter ers 
wähnen, weil faft Fein einziger dieſer Autos 
ren den Grad der Wärme diefer Maffer ges 
nau angegeben hat. Unter aller hierüber 
gemachten Erfahrungen iſt aber die bes Herrn 
Sonnerars bey weitem die auffallendfte, 
weil er verfigert zu Manilla Fifche in einem 
Maffer gefunden zu haben, in welchem das 
Reaumuͤrſche Thermometer bis zum 6 3ſten 
Grade ſtieg. Muſchenbroek hatte ſchon 
behauptet, daß die Fiſche im 1112des Fah⸗ 
renheitſchen Thermometers ſtuͤrben. Es iſt 
ſehr ſchwierig den Grad der Waͤrme zu be⸗ 
ſtimmen, den eine jede Gattuug ertragen 
kaun. Dies iſt vicht nur nach den Jahrs⸗ 
zelten ſondern auch nach der Geſtalt der 
Refpirationswerkzeuge verſchleden. 

Die 


) 
i 


' 


RR. 577 


Die Fiſche verliehren eine große Menge 
thierifcher Waͤrme; das ſie umgebende Waſ⸗ 
ſer entzleht ihrer unaufhoͤrlich davon, und 
ber Theil deſſelben, der fie unmittelbar ums 
giebt, iſt inmmer viel wärmer als an anderen. 
Drten. Man har bemerkt, daß ein Karp⸗ 
fen, welcher an eine fehr ſchnell frierende 
Miſchung gefrzt wurde, um ſich herum eine 
gewiſſe Menge Waſſer flüffig erhielt, waͤh⸗ 
rend der andere Theil völlig gefroren war. 


Man kann nur der Refpiration die Ents 
micelung ihrer Wärme zuſchreiben. Die 
Erfheinungen, nad denen Hr. Lamoifier 
und de la Place die Hervorbringung ver, 
Wärme bey den Thieren erklärt haben, wels 
che in der freyen Luft leben, bemerfen fie 
auch an den Fifchen, ob fie dafelbft gleich, 
meit weniger merkbar find, Die Verſchie⸗ 
benheit der Wärme zwiſchen den Xhieren 
welche in ber freyen Luft und denen, welche 
im Waſſer leben , find befonders in der Vers 
aleihung der Fiſche mit den Wallfifchen aufs 
fallend, weldye fonft im Webrigen mit jenen 
foviel Aehnlichkeit haben, daß alle Natur⸗ 
forfher von Briffon fie mit jenen in diefelbe 
Drbnung festen, Beyde bewohnen das nems 
lie Element, und doch haben die, welche 
durch Kiefern und Im Waffer athmen, nur 

Pp3 einen 


578 ae: 


einen und einen halben Grad mehr Wärme, 
als das fie umgebende Waſſer; während die 
Wallfiſche Im Gegentheil, welche in der £uft 
zefpiriren, fo warmes Blut als der Meuſch 
haben. 


Die Fiſche find im Maffer keiner fo 
großen Veränderung ber Kälte oder Wärme 
anögefezt, als bie vierfüßigen Thlere in der 
freyen Luf. Die Temperatur des Waſſers 
ſcheint in einer gemwiffen Tiefe immer dtefelbe 
zu bleiben, welches eine, in Ruͤckſicht des 
Meeres, vom Grafen Marfili und neus 
exlichſt vom Hrn. v. Sauſſuͤre befiätigte 
Erfahrung if. 


Doc fcheint ed, ald wenn die Fiſche von 
- einem größeren Grade ber Hitze weit mehr 
als von einem größeren der Kälte litten, 


Indeß fühlen biefe Thiere doch die Ver⸗ 
aͤnderungen der Atmosphaͤre; man weiß, 
daß fie, wenn es regnen will, auf die Ober⸗ 
fläche herauflommen. Diefe Thatſache iſt 
Bacon nicht entgangen, und er führt fie 
als einen Beweiß des großen Einflufjes der 
Luft auf die im Waſſer lebenden Thiere an: 
Sollte diefe Erſcheinung nicht weit einfacher 
dem Fall’ der Inſekten in diefer Zeit zuzus 
ſchreſben feyn, derentwegen die Fiſche herz 

aufs 


Br ) fo} ( * * 5 7 9 


aufſtelgen? Dies tft um fo weheſcheinlicher, 
da ſie die einzige Nahrung der Flußfiſche 
emagen 


Auch diefen großen Veränderungen ber 
Atmosphaͤre kann man vielleicht die Auss 
manberung der wunderbar großen Menge 
von Heringen zufchreiben , melde die Kälte 
jedes Jahr zwingt, temperirtere Meere, als 
die des Poles find, aufzufuden. Uber uns 
gluͤcklicherweiſe fehlen uns faft noch alle ges 
nau beftiimmte Nachrichten von diefen periva 
diſchen Zügen. Auch die Fiſche, melde ntes 
‚mals die Ufer. zu verlaſſen beftimmt find, 
fühlen das Kälterwerden der Luft, und um 
fig dagegen zu ſchuͤtzen, gerathen fie in einen 
gewiſſen Zuftande der Erflarrung, mie die 
ber Baͤre, Murmelthiere ꝛc., im Winter. 
Die alten fon haben von diefem pertodifchen 
Schlafe geſprochen; die neueren Naturfor⸗ 
ſcher aber haben hieruͤber noch keine Vemer⸗ 
kung gemacht, die einer beſonderen Aufmerk⸗ 
ſamkelt werth waͤre. Man kann die Fiſche 
biefer Art ſehr leicht an ihrem verlängerten 
Körper erkennen, an dem Mangel ihrer 
Bauchfloſſen, und der Art von ſchwanken⸗ 
ben Bewegung, wozu fie, um fi im Wafs 
fer zu erhalten gezwungen find. 


* 


Pp4 Dad 


58 © Fe ) o @ Su 


Das Woff:r wirkt auf die Reſpiratliens⸗ 
organe der Fifche auf eine welt mehr vervlel⸗ 
fölttgte Urt, als bie Luft auf Die ber warm⸗ 
biätigen Tihiere, Mehrere Individuen, mels 
die während einer Zeit in einer gewiſſen 
Menge von Maffer geathmet haben, vers 
berben es fo fehr, daß c& nachher zur Mefpts 
ration durchaus nicht mehr taugt, fü mie 
bie warmblätigen Thiere, die an einem vers 
ſchloſſenen Drte beyfammen find, die $uft 
nerderben. Das Waſſer loͤßt eine. ‚weit gröfe 
fere Dienge von Subſtanzen als Die Luft 
auf, und unter biefen finden fid viele, die 
ben Fifchen nadhtheilig werden. Die Natur 
bat indeß die Fiſche mit einer hinreichend 
großen Kraft ausgerüftet, einigen Werändes 
zungen, melde das Waſſer herborbringen 
koͤnnte, zu widerſtehen. Sie gehen zum 
Beyſpiel frey vom Salzwaſſer in ſuͤſſes 
über. Wenn man daher auf die Werfütes 
denheit merft, welche bey einem fulden is 
ſche ftatt finden muß, wenn er bald im fügen 
bafd in falzigten Woſſer athmet, fo kann 
man fi eine Vorflellung von der Kraft mas 
chen, welche er diefen Veränderungen entge⸗ 
genfielen muß; eine Kraft, melde unter 
tiefen Umſtaͤnden diejeutge der anderen Thies 
re weis übertreffen muß, welche nidt eine 
fo fhnele und große Verduderung ber Luft 
zu erleiden gezwungen find, | 

| Die 


’ 
— ) 0 K N 58 I 


Die Fiſche, melde ich in deſtlllirtes 


| Waſſer feßte, lebten darin fort. Sie gaben 


im Unfange zwar Zeichen von einem Uebel⸗ 
befinden; ala fie aber einige Zeit hindurch 
darin herumgeſchwommen waren, fihienen fie 
nicht mehr zu leiden. Gie hatten dur ihre 
Bewegung: waͤhrſcheinlich zur Aufnahme eis 
nes für ihre Reſpiration hinreichende $ufts 
menge geneigt gemadıt. Gin Fleiner, In ein 
verſchloſſenes Gefäß mit. defilllirten Waſſer 
fevarater Fiſch, lebte darin dreyffig Stunden. 
Oder ein Tropfen einer arſentkaliſchen Säure, 
in eine große Menge von Waſſer gegoffen, 
töhtete einen fehr ftarfen Fiſch augenblickiich. 
Ein anderer Fiſch lebte 6 Minuten in Citro⸗ 
nenfaft. In einem nur. etwas mit firer 
Luft gefhmwängerten Waffer flarb ein fehr 
fiarker Fiſch ſogleich. Mehrere Verſuche 


fanden eine Menge Vermiſchungen mit dem | 


Waſſer für ihr Leben ſehr nachtheilig. 


Pr 5 YII. 


* 


Bar 





‚ VOL 


Immanuel Rant, 


* 


enig Weltweiſe haben in mehreren 
Wiſſenſchaften durch die Auffindung 
eines einzigen Grundſatz, von dem fie 
zur Gritif derfelben ausgiengen, fo große 
Revolutionen erregt, als TJ. Ran eine 
Ideen haben alle unfere Syſteme umges 
ſtoſſ en, und aus den Truͤmmern ein ganz 
neues wicder hervorgehen gemacht. 


Es kann nicht unſere Abſicht hler feyn, 
eine vollſtaͤndige Lebensbeſchreibung dieſes 
Philoſophen hier zu liefern, denn dazu iſt 
ed überhaupt noch bey weitem zu früh. 

Noch iſt es unfer Zweck alle feine Vers 
dienſte in Hinſicht auf alle Theile der 
Wiſſenſchaften, welche er bearbeitete und 
- auftlärte auseinanderzufegen. In einem 
Werke, das die Naturgefhichte ausfchließs 
lich angehet, Faun auch nur von feinen 
Berblenften um fie ausſchließlich die Rede 


ſeyn. 
Auſſer 


—— 


Auſſer dem groͤſſeren Werke: Ueber die 
Naturwiſſenſchaft, welche dieſer groſſen 
Wiſſenſchaft eine ganz neue, vollkommnere 

Aufklärung verſpricht, und auffer mehrer 
ren in feinen größeren phileſophiſchen Wer⸗ 
fen verfiveneten , “ allgemeineren Minfen 
über die Naturgeſchichte, befonders ihre 
genauere Abtheilung, und Trennung von 
der Naturwiſſenſchaft betreffend , gehören 
befonders feine Aufſaͤtze uͤber die Verſchle⸗ 
benheiten der Menfdenracen hieher, melde 
zwar von mehreren Naturforſchern, um 
diefen Zweig der Erkenntniffe die Rede tft, 
noch eine befondere Entwidelung verdlenen. 
Indeß beſchraͤnkt mih der Raum und der 
Zweck dieſes Aufſatzes nur auf die Angabe 
einiger Hanptumfiände, welche idy ohne die 
Ordnung der Auffäße felbft zu halten, bier 
herausheben will. 


Der erſte Aufſatz über dieſen Gegenſtand 
ſteht in Engels Philoſophen fuͤr die Wel⸗ 
ten, 2ten Bande, 


Nachdem er gleich im Anfange bewieſen 
hat, daß die Thiere, welche mit einander 
fruchtbare Zunge erzeugen, doc nur zu einer 
Naturgattung gehören, zeigt er daher, daß 
alle Menſchen eben diefer Eigenfhaft wegen, 
doch nur zu einem einztgen Stamme zu rech⸗ 

nen 


58 4 Re ) o ( - RR 


nen feyen. In diefem Falle gehören fie auch 
zu einer einer einzigen Familie. (menn bey 
dem SMenfchen nicht auch, wie bey den ans 
beren Thieren der Gall eintrat, daß die 
Natur. einen Theil der -Erde mit einer 
Menge Thiere von einer Gatiuug bevöls 
kerte). Ihre erslichen Ausartungen hie⸗ 
von heiſſen Abartungen, und diejenigen ums 
ter diefen, melche fi bey langen Verpflan- 
zungen in langen Zeiten unter ſich beftändig 
erhalten, als auch in der Vermifchung mit 
anderen jederzeit halbſchlaͤchtige Junge 
erzeugen, Racen. Neger und Weiffe find 
daher verſchtedene Racen. 


Dieſem gemäß theilt er das Menſchen⸗ 
geſchlecht nur in vier Racen: 1) im bie der 
Weiſſen, 2) der Negern, 3) der Hunnen 
(die mungoliſche oder kalmuckiſche) 4) der 
Hindus (die Hindiſtantſche. Zur erſten, des 
ren Hauptſitz ſich in Europa befindet, ge⸗ 
hoͤren noch die Mauern, die Araber, der 
tuͤrkiſch⸗ tartariſche Voͤlkerſtamm, die Pers 
ſer und alle nicht zu den anderen Klaſſen ge⸗ 
hörtgen Aſiaten. Die zweite befindet fi) 
nur in Afrika und. allenfalls Neuguinea; 
die dritte ſcheint unter ben Koſchottiſchen aim 
meiſten, und unter den anderen Tatarn ſchon 
mehr vermiſcht. Die Hindoͤſtaniſche tft in 
der. von ihnen. benannten. Halbinſel AR 

on 


I" ee 3 2 585 


Won diefe 4 Haupfracen Laffen alle anderen 
ſich ableiten durch Verrichtung und Ybartunk, 
So feinen die Amerilaner noch nicht ganz 
eingeartete Hunnen zu ſeyn. Die Halb⸗ 
ſchlaͤhtigen Abkoͤmmlinge deuten endlich noch 
mehr auf dieſe Eintheilung hin; denn der 
Oſtindier giebt mit dem weiſſen Europäer 
den gelben Weſtigen, wie der Amerikaner 
mit ihm den rothen, der Weiſſe mit dem 
Neger der. Mulatten, der ne. aut 
ihm den ſchwarzen Karaben. 


Dieſe Rateneinthenlna hat Kant 
nachher nody im einigem. Auffägen „> in, der 
Berl. Monatsfhrift, November 1781, und 
Am teutſchen Merkur 1788. deutlicher aus⸗ 
einandergefeßt, aus denen wir hier bie vor⸗ 
zuͤglichſten Data —— wollen. 


Nur phyſiſche Charartere a. 
fi Menſchen unterfcheiden und zwar nur 
‘bie erblichen, kommen bey der Einthetlung 
in Klaffen in Betracht, und beſtimmen die 
Verſchledenheit der Racen, indem ſie zu⸗ 
gleich auf die Einhier des Stammes hindeu⸗ 
ten. Der Beariff der Race ift alfar!ıder 
Klaſſenunterſchied der Thiere eines 
Stammes ſo fern als er —— — 
erblich iſt. 


Jeder⸗ 


586 a 


"jederzeit eintreffende einſchlaͤchtige 
— macht die PIERRE der Ras 
EM gewiß. 


CB muͤſſen ala * erſten Menſchen⸗ 
— die jetzt vorhandenen Racenunter⸗ 
ſchlede ſchon In ganz eigentlichen Keimen ans 
gelegt geweſen feyn, wie dies die Alnauss 
bleiblich keit ihrer Anartung beſtaͤtigt. Die 
Ausartungen Yon der weiſſen Farbe in ans 
beren Laͤndern geben Lein Benfpiel einer nies 
mals ausfallenden Anartung. Die Annahs 
men verſchledener Menfherflämme würde die 
RN aber verbielfältigen, 


Dis ——— einer Drganifation if 
doc) dad einz!ge wovon wir auf eine urſpruͤng⸗ 
lid) in die Natur des Thieres gelegte Zurüs 
ftung und auf Keime ſchließen Finnen. Go 
koͤnnen wir vun der Negerrace durch Ana⸗ 
logte auch auf Das zweckmaͤßige der anderen 
ſchleßen. Denn durch Ueberladung mit 
Phlogiſton wird das: Blut ſchwarz, und der 
Negergeruch macht. die Wegſchaff ung einer 
Menge von Phlogiftoh durch bie Haut wahrs 
ſcheinlich, die hier die Stellen ver Lunge 

vertreten helfe. Die aͤchten Neger wohnen 
‚aber in Gegenden, wo die Luft durch Mo⸗— 
raͤſte und Waͤlder unaufhoͤrlich mit Phlogi⸗ 
fion uͤberladen wird, Die Hautdephlogiſti⸗ = 
SAU firung 


lee a 
zung wäre baher eine fehr weiſe Einrichtung, 
das Blut ift damit dann fo überladen, dag 
die Schwärze durd die Haut durchſcheint. 


So Fönnte wohl auch ein Menſchenſtamm 
ein, mit Luftſaͤure überladenes Blut has 
ben, welde die Haut mit wegſchaffen helfen 
müßte. Dann würden biefe £uftfäure oder 
diefe Eiſenthellchen dem Blute eine moͤgli⸗ 
che Roſtfarbe geben, welche die der Ameti⸗ 
kaner ausmacht. Dieſe Difpofition koͤnnen 
fie bey ihrem Uebergange uͤber das Eismeer 
erhalten haben, da dies Gefrieren des Waſ⸗ 
ſers die Luft. mit einer ungeheneren Menge 
von firer Luft beſchwaͤngert. Daher auch 
wielleiht die geringere Empfindlichkeit ihrer 
Haut eine Folge diefer Drganifation ift, 
welche ſich nun zum Macenunterfchlede ents 
widelt hat. — Go muß auch das flüchs 
ige Alkali aus dem Blute meggefchaft wer⸗ 
ben, und hierzu find für die Einwohner heifs 
fer und trockner Erdſtrichen auch Keime ans 
gelegt. Die kalten und ſchwitzigen Haͤnde 
ber Indier ſcheinen dies zu beſtaͤtigen. 


Soviel ſcheint gewiß, daß jezt vorhan⸗ 
bene Racen nicht wieder verlöfdyen koͤnnen. 
Dies beweifen die Zigeuner als urfprünglice 
ier, welche während ihren Wanderungen 

t im mindeflen ausgeartet find, Die 
Neger . 


‚588 * 20 ( x 


Meger bie Holländer auf Java Bleiben 
ihrer Race getreu. Die Sonnen ſchminke 
erbt niemals an. Die Farbe des Stammes 


iſt nicht zu errathen, ſelbſt die der Weiffen. | 


ift Entwickelung. 


} 

Schr merkwürdig iſt es daß ſich von 
allen wichtigen Kennzeichen kein einziges in⸗ 
nerhalb einer durch die bloße Hautfarbe 
charakteriſirten Gattung unausbleiblich an⸗ 
erbt, aber dies lezte ſowohl innerhalb der 
Klaff⸗ als aud) in der Vermiſchung mit am 
deren. Aus diefem ließe ſich vielleicht etwas 
über die Natur des Anartens ausmachen. 


Der Kuͤnſteley kann durchaus Feine Kraft 
zugeſtanden werden, forterbende, beharrliche 
Veränderungen auf die uranfänglichen Mo⸗ 
belle der Natur zu bringen, ſonſt würde 
man diefe bald nicht mehr kennen. Ueber 
dem find diefe Pfuſcherehen der Kunſt micht 
durch Experimente, fontern darch bloße zu⸗ 
fallige Wahrnehmungen beftätigt, 


. Man muß daher verſchledene Stämme 
nehmen, welche von der Ratur ihren Fünftis 
gen Wohnſitzen mit einer Drgantfätlon' ans 
gemeffen wurden, deren äuffered Kennzeichen 
die Hautfarbe iſt. Diefe erbt jedem Sta 
in ſeinen Wohnſitzen an) und mei 16, 


“= ) 0 — 589 


nach gehoͤriger Staͤrkung, auch in anderen 
Erpdſtrichen durch alle Zeugungen derſelben 
Klaſſe unvermindert. 


Aber nur wenn man annimmt, daß in 
einem einzigen Stamme bie Keime zu allen 
Verſchiedenheiten liegen müffen, um zur B⸗ 
voͤlkerung ber ganzen Erbe tauglich zu fern, 
ſo läßt es fich einfehen, warum diefe ſich ges 
legentlih und daher verſchiedentlich entwickel⸗ 
‚ten, und die Klaffen ihren Charafter als zur 
Möglichkeit ihrer Exiſtenz und Fortpflanzung - 
gehörig, in die Zeugung mit jeder anderen 
Klaffe bringen mußten. 


Mit Gewißhelt Tennt man nur als erb⸗ 
lihe Hautberfäiedenheiten: die Weiſſen, 
‚bie gelben Indianer, die Neger, und die 
Kupferartigt rothen Amerikaner, 


Diefe ſchicken fih darum fo aut zur Eins 
theilung, weil fie ı) fo ziemlich ifolirt find. 
Denn die Weiſſen bewohnen vom Kap Fir 
nisfereä , über Nordkaſſ, den Obiſtrom, die 
Heine Bucharey, Perfien, das glückliche 
Arabien, Aberſſinlen, die nördliche Grenze 
bee Wüfte Sara bi6 zum meiffen Worges 
bürge in: Afrika ober ber Mündung des 
Seuegall. — Die Schwarzen von ba 

Da bis 


590 Rp —J45 


bis — negro und mit ausſchlieſſung der 
Kaffern zuruͤck nach Abeſſinien. -— Die 
gelben tm eigentlichen Hindoſtan, bis Kap 
Kamorin — . die Fupferrorben ganz abs 
gefondert in Amerika. 2) Weil die Aus⸗ 
duünftung des Geſchoͤpfes in Ruͤckſicht feiner 
Verſetzungen dad michtigfte Geſchaͤft ſeyn 
muß, und die Haut, als Organ der Ab⸗ 
ſonderung die Spur dieſes verſchiedenen 
Naturcharakters an ſich traͤgt. 


Der Menſch war fuͤr alle Klimate, folg⸗ 
lich für jede Beſchaffenhelt des Bodens bes 


ſtimmt, folglich mußten in ihm mancherley 


Keime und natürliche Anlagen beſtimmt 
liegen, um durch gelegentliche Auswicke⸗ 
lung oder Zuruͤckhaltung Br Plage ans 
gemeſſen zu werben. 


Luft und Soine — auf vie Zeus 
gungsfraft Yon einem auſſerordentlichen Eins 
fluffe und eine Race gründen zu koͤnnen. 
Mas aber auf die Zeugungsfraft. haften 
foll,, muß die: erfien Quellen des. Lebens 
‚angreifen. © Der Menfh in bie Eiszone 


erſezt, artete almählig zu einer kleineren 


atur aus, weil bey dieſer der Blutum⸗ 
lauf gefäwinder. und -die Waͤrme Daher 
gewiſſer wird, Muß das Volt lange den 
RE — ‚In, Ei 


„oe )o( ®%* 591 


Einfluß der Eiszone dulden, ſo muß es 
ſich noch mehr veraͤnderen. Alle Auswicke⸗ 


lungen und Verſchwendungen der Saͤfte 
muͤſſen in dieſen auſstrocknenden H'mmelds 
ſiriche allmaͤhlig gehemmt werden, die Keime 
des Haarwuchſes unterdruͤckt, die hervor⸗ 
ragenden Geſichtstheile flaͤcher, und fo ents 
ſteht die nordiſche Geſichtsbildung. 


Die Ableitung der Amerikaner als. eine 
nicht ganz eingeartete Race, welche fonft 
lange Norden bewohnt hatte, wird durch 
ben erſtickten Haarwuchs an allen Theilen 
auffer dem Haupte, der röthlichen Eiſen⸗ 
zoftfarbe der älteren, und der dunfeln . . 
Kupferfarbe den heifferen Landſtriche beſtaͤ⸗ 
tigt. Denn dies ſcheint (als Wirkung der 
Luftſaͤure) dem Falien, fo wie das Dlivens 
braune (ald Wirkung der laugenhaftgallich⸗ 
ten Befchaffenheit der Säfte) dem heifs 
fen Himmels ſtriche angemeſſen zu ſeyn. 


- Die groͤßte feuchte Hitze des warmen 
Klima muß hingegen ganz anders wirken, 
bie ſchwammigten Theile wachfen, und das“ 
her dicke Stülprafen und Wurfilippen extes > 
ſtehen machen, die Haut öhlen, bie nezfüks. - 
mige Subftanz mit Whlogifton füllen. Das. 


Del der Haut verfiattete kaum bie Erzeus 


gung eined wollartigen Haares auf dem 
Kopf 


592 ON 


Kopſe. Uebrigens befördert feuchte Wärme 
den Wuchs der Thiere überhaupt, und fo 
entfpriugt der Neger, der ftarf, fleifchicht, 
gelenk, aber faul, weichlich und tändelnd iſt. 


Der Hindiftaner fcheint aus einer der 
älteften Racen entfproffen, Sein fand war 
- frühe bewohnbar, und hier Fonnte ſich daher 
eine fefte, menfchlidye Race gründen. Das 
Diivengelb des Indianers, das den anderen 
dunfeln Farben nachher zum Grunde liegt, 
ift eben fo charafterifiifh und beftändig, 
als bie Negerſchwaͤrze und ſcheint das Mes 
fultat der trocknen Hiße zu ſeyn. Die 
Hauptkrankheiten find da gallicht, ihre 
Farbe ift es aud und fcheint daher eine 
befiändige Abfonderung der ins Blut übers 
getretenen Galle zu bemelfen, welche viels 
leicht dadurd in dem Aufferen Theilen zum 
menigften das Blut abkuͤhlt. Dies mag 
auch die Urſache ihrer Falten Hände feyn, 
und überhaupt eiſer verringerten Blutwaͤr⸗ 
me, die fie zur Ertragung der Hitze ihres 
Klimas fähig mad. 


Man fihreibt die Farbe der Gewaͤchſe 
dem darin enthaltenen Etſenniederſchlage zu: 
fo fornte auch im Blute die Galzfäure, 
phuephorifhe Säure, oder das flüchtig 
laugenhafte, das Blut roth, ſchwarz, perl 

ge 


“E)ol he 593. 


‚gelb niederfchlagen. Ben ben Melffen würde 
dies gar ut niebergefchlagen. 


Die Stuinmgatiung ſcheint in dem 
Erdſtriche zwiſchen dem 31,32 der Breite 
zu Haufe zu feyn, hier findet man meiffe 
aber doch brunerte Einwohner. Daher 
kann man daß ganze Menſchengeſchlecht fol⸗ 
gendermaßen eintheilen: 


Stammgattung. 
Weiſſe von brunetter Farbe. 


Erſte Bace: hochblonde (nordliche Euro⸗ 
paͤer) von feuchter Kaͤlte. 


Zweite Race: kupferrothe ( Amerikaner) 
von trockner Kaͤlte. 


Dritte Race: ſchwarze (bew. von Sene⸗ 
gambia) von feuchter Hitze. 


Vierte Race: Dlivengelbe (Indianer) 
von trockner Hitze. 


Ich ſchließe hier die Entwicklung die⸗ 
ſes fo aͤuſſerſt ſcharſſinnigen Syſtems, 
mit dem Hr. Kant ſich um die Aufkläs 
rung biefer verwicelten Materie und folgs 

2q3 lich 


Bee 


lich um: bie ganze Naturgefchichte fo große 
Derbienfte erworben hat. Es würde hier 
der Ort nicht gemwefen fein, mande biefer 
Saͤtze näher zu beleuchten; ein Verſuch, in 
dem mir auch mehrere berühmte Schriftfieller 
fon zuvorgefommen find. 








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