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Full text of "Handbuch der technischen Mykologie. Unter Mitwirkung [von] J. Behrens [et al.] hrsg. von Franz Lafar"

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Handbuch 


der 


Technischen Mykologie 


für technische Chemiker, Nahrungsmittelchemiker, 
Gärungstechniker, Agrikulturchemiker, Landwirte, Kulturingenieure, 
Forstwirte und Pharmaceuten 
unter Mitwirkung hervorragender Fachgenossen 
herausgegeben von 


Dr. FRANZ LAFAR, 


0. ö. Professor der Gärungsphysiologie und Bakteriologie 
an der k. k. Technischen Hochschule zu Wien. 


In 5 Bänden. 


(Zweite, wesentlich erweiterte Auflage von LAFAR, Technische Mykologie.) 


Fünfter Band. 
Mykologie der Brauerei, Brennerei, Weinbereitung, 
Obstverwertung, Essigfabrikation, Gerberei und 
Tabakfabrikation. 


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Jena, 
Verlag von Gustav Fischer. 


1905—1914. 


Handbuch 


der 


Technischen Mykologie. 


Fünfter Band. 


Mykologie der Brauerei, Brennerei, 
Weinbereitung, Obstverwertung, Essigfabrikation, 
Gerberei und Tabakfabrikation. 


Unter Mitwirkung der Herren 
Dr. 6. Barth in München. Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. J. Behrens in Dahlem bei Berlin, 
Prof. Dr. J. Brand in München, Reg.-Rat W. Eitner in Wien, Ingenieur J. Hasek in 
Prag, J. Chr. Holm in Kopenhagen, Lab.-Vorstand Alb. Klöcker in Kopenhagen, Prof. 
Dr. K. Kroemer in Geisenheim a. Rh.. Prof. K. Kruis in Prag, Dr. W. Kues in Wien, 
Prof. Dr. H. van Laer in Brüssel, Prof. Dr. P. Lindner in Berlin, Prof. Dr. H. Müller- 
Thurgau in Wädenswil, Dr. W. Omelianski in St. Petersburg, Albert Reichard in 
München, Prof. Dr. €. Wehmer in Hannover, Dr. H. Wichmann in Wien, Prof. Dr. 
H. Will in München 


herausgegeben von 


Dr. FRANZ LAFAR, 


0. ö. Professor der Gärungsphysiologie und Bakteriologie 
an der k. k. Technischen Hochschule zu Wien. 


Mit einer Tafel und 30 Abbildungen im Text. 


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Jena, 
Verlag von Gustav Fischer. 
1905 — 1914. 


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Alle Rechte vorbehalten. 


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Inhaltsverzeiehnis. 


Mykologie der 


Erster Abschnitt. 


Tabakfabrikation und der Gerberei. 


1. Kapitel. 


Mykologie der Tabakfabrikation. Von Prof. Dr. J. BEHRENS 
$ 1. Das Trocknen des Tabaks . A he 
$ 2. Die Fermentation des Tabaks . 
$ 3. Weitere Enge des Tabaks 


Literatur. 


aaonple der Gerberei. 
Haltbarmachung 


2. Kapitel. 


Von Reg.-Rat W. Eıryer 
der Rohhäute 


bei der Reinmacharbeit . 


Mykologie der Haltbarmachung des Obstes. 


Die Kleienbeize und die kombinierten Beizen . 

Gärungsvorgänge in den Gerbbrühen . 

Eigentliche Gärungserreger in den Lohbrühen 

Verschiedenheiten im Verlaufe der Gärungen in den Gerbbrühen 
Zersetzungserscheinungen an BeBAchEeN! Leder REN 


$ 6. Die Mistbeizen . 
FR 

8 8. 

89. 

$ 10. 

8.11 

$ 12. Gerbereiabwässer . 
Literatur . : 


Zweiter Abschnitt. 


Von Prof. Dr. H. Mürver-Tuursar. 


3. Kapitel. 


Fäulniserscheinungen an Obstfrüchten . 
$ 13. Das Wesen der Obstfäulnis 


$ 14. Die Fäulnispilze 


$ 15. Eindringen der P 


$ 16. Veränderung der 
Literatur RE 


Schutz des Obstes gegen Fiulnis 
$ 17. Schutz des frischen Obstes bei der E rnte, 


$ 18. Haltbarmachung 

Ss 19. Haltbarmachung 
konzentration 

$ 20, Haltbarmachung 

Literatur . ur 


ilze; natürliche Schutzmittel der Früchte 
Früchte durch die Fäulnispilze 


4. Kapitel. 


von Obst und Obstsüften durch Erwärmen 


von Obst und Öbstsüften durch Erhöhen der 


von Obst und Obstsäften durch Pilzgifte 


$ 5. Zersetzungsvorgänge in der Weiche, beim Schwitzen, im Aescher und 


"dem Lagern und dem Versand 


Saft- 


Seite 


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6) 


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Dritter Abschnitt. 
Mykologie des Brauwesens. 


5. Kapitel. 


Die Züchtung von Brauereihefe im großen. Von Prof. Dr. J. Er 
Ars. KLöcker, Dr. H. Wıcamans, Prof. Dr. H. Wir . ERIR 


URSRÄRYR Ur u 
[8] 
= 


Darleeung der Prinzipien der Hefenreinzucht in der Brauerei 
Uebersicht über die Anwendung des Reinzuchtsystems in der Unter- 
und Obergärung der Brauereien in den verschiedenen Ländern 

Der Hefenreinzucht-Apparat von Hansen und Kühle 

Andere Systeme von Reinzuchtapparaten für Brauereihefe 

Betrieb eines Reinzuchtapparates 

Die verschiedenen Arten der Aufbewahrung der Hefe für technische 
Zwecke. Historisches 


$ 27. Die Lebensdauer von Hefe in feuchtem und in trockenem Zustande 
und die Faktoren, welche auf jene einwirken . I 

$ 28. Neuere Konservierungsverfahren . 

s 29. Dice Verwertung der Brauereihefe und Abfallhefe zur Darstellung von 
Nährpräparaten . Ber, - 

$ 30. Die Verwertung der Brauereihefe zu therapeutischen Zwecken 3 

s 31. Die Verwendung der Brauereiabfallhefe zu Fütterungszwecken und als 
DUDEN a Eee 

Literatur. 4 


6. Kapitel. 


Hauptgärung und Nachgärung des Bieres. Von Ar». Kröcker und Dr. G. BARTH 


Die Reinhefe im Brauereibetriebe 

en in der Brauerei. Beige "und einhaltung d der Betriebs- 
hefe.. . a ; 
Bruch und Klärung im Bottich und im Lagerfaß ER 

Der Vergärungsgrad der Biere in seiner Abhängigkeit v von mykologischen 
Faktoren : 

Biologie der Lagergürung . 


eratur. 7 


7. Kapitel. 


Betriebskontrolle. Von Prof. Dr. P. Lispxer und Dr. H. WıcHMmAnN 


8 37. 


g 38, 
39. 
40. 
41. 
42. 
43, 
44. 
45. 
46, 
47. 
48, 


tun SR YLRURURURSLITURURUT. 


" 
no 


Allgemeine Betrachtungen über die Aufgaben der biologischen Betriebs- 
kontrolle . ehe 2 
Der Keimgehalt "der Luft und die Bestimmung desselben 

Gerste, Malz und Hopfen als Träger von Infektionskeimen . 

Die Hefe als Infektionsträger und die biologische Hefenanalyse . 

Die Tröpfchenkultur und die Adhäsionskultur Be: 

Die biologische Untersuchuug der Bierwürze . 

Gebrauch der Hefenzählkammer. Bestimmung der Anstellhefenmenge 
Die Kontrolle der Reinzuchtapparate . en 
Reinigungs- und Desinfektionsmittel in der Brauerei . 

Biologische Analyse des Brauwassers . NE 

Die Bakterien der Betriebswürze 

Biologie der Bierfilter 

Biologie des Pasteurisierens der Biere 


Literatur . 


8. Kapitel. 


Bierkranähelien: Von Just. Cur. Horn, Aus. ReicHArp, Prof. Dr. H. Wırı 


Un WR WR 
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Ss 50. 


Einleitung. Hefentrübung; Geruchs- und Geschmacksstörungen in unter- 
gärigen Bieren durch wilde Hefen . 

Durch wilde Hefen in obergärigen Bieren hervorgerufene Krankheiten; 
Summereloud, Burton Stench . 

Durch Mischungen von Brauereihefenarten (Mischsaaten) verursachte 
Krankheiten. Das Ausarten der Betriebshefe . SE). 
Krankheiten durch Mycoderma und Torula hervorgerufen 
Essigstichige Biere De ee ie, AT FREIR 


Seite 


Er 


Seite 
$ 55. Das Umschlagen des Bieres. Biere tournee, turned beer DENN: 2319 
$ 56. Das Langwerden des Bieres. Biere filaute. Ropines . . 215 

$ 57. Buttersäure im Biere. Bacillus subtilis und Termobakterien im Biere. 
Der sog. chlorige Geruch : 219 
$ 58. Die Krankheiten des Weißbieres, insbesondere des Berliner W 'eißbieres 220 
$ 59. Existenz und Zustandekommen der Sarcinakrankheit . N 
$ 60. Der gegenwärtige Stand der Sareinafrage . . 22.222.238 
$ 61. Weg zur Lösung der Sareinafrage. Technisches . . a 
8 62. Saccharomyces euer aipn und Dematium aaa sn in der Brauerei. . 235 
Iatersatur. .-. .. -.- EN x a re WE = - 

9. Kapitel. 

Mykologie einiger besonderer alkoholischer Getränke. Von Prof. Dr. H. vax 
Laer, Dr. Larar, Prof. Dr. C. WeHmeRr . . . .. . 3 BURN #77, 734 
S 63. Lambie, Faro, Mars, Kriekenbier . . a re 3 | 
Ss 64. Japanischer Sake, Myrin und chinesischer Reiswen . . . . . . 245 
$ 65. Kwaß, Busa, Braga h ER TIREREF A E 2 
$ 66. Negerbier, Maltonwein, Ingwerbier, EINER ne By Aare 
u Sr er und BT 


Vierter Abschnitt. 
Mykologie der Brennerei und Prelshefen-Fabrikation. 


10. Kapitel. 

Reinhefe und Reinzuchtsystem. Von Ingenieur J. Hısex, Prof. Dr. P. Lixpxer. 

Dr. W. Kuss. . ET ee ERROR 
$ 67. Die Mikrobenvegetation der Rohstoffe der Brennerei . . 258 
$ 68. ÖOrientierender Ueberblick über die Biologie der Brennerei und der Preb- 

hefen-Fabrikation . . . er. 25, 

$ 69. Die Reinhefe in der Brennerei und in der Preßhefen-F abrikatin . . 266 

$ 70. Jacquemin’s Apparat für die Reinzüchtung von Brennereihefe . . . 270 

$ 71. Die Apparate von Fernbach, Bendixen, Barbet u. a. PRINT 

$ 72. Das Reinhefenverfahren in der Melassenbrennerei . . . . . ern AR 

En u in en a an 3 07. BB 
11. Kapitel. 

Die Säuerung des Hefengutes der Brennereien und die Bewahrung des Ver- 
laufes der Gärung der Maischen vor Störung durch Fremdkeime. Von 
Prof. K. Krus . . BP: ; 

$ 73. Das Wesen und die Entwicklung des Säuerungsverfahrens . re a 
$ 74. Theorien über den Säuerungsprozeß in der Bremerei. . . . . . 290 
$ 75. Die Flora der säuernden Brennereimaischen . 294 
$ 76. Schutz der Brennereimaische gegen Fremdkeime durch andere Maß- 
N ER ERDE SEN SE ru ESNEE E °' 
en a 0 
12. Kapitel. 

Betriebsstörungen und Betriebskontrolle. Von Prof. Dr. Pıvr Lisposen . . 207 
$ 77. Häufigere Betriebsfehler und ihre Nachweisune . . . . . . 307 
$ 78. Die sogen. Se haumgärung in der Spiritusbrennerei . . 311 
s 79. Die Floc ageiig in der Preßhefen-Fabrikation . 315 
Literatur . . 318 

13. Kapitel. 

Durch Pilzenzyme bewirkte Stürkeverzuekerung im FRBBEOEgUN erbe, Myko- 

logie der Rumbrennerei und der Arrakbereitung. Von Prof. Dr. ©. Wernumen 10 
5 80, Der chinesische Reisbranntwein . . . s19 
5 81. Der javanische Arrak . 324 
$ 82, Awamori, japanischer Re isbranntwein und Batatenbranntwein 0 
5 83. Die Aspergillus-Verzuc Keig im Oceident (Takamine- Verfahren, Taka- 

Diastase) . . I 
$ 84. Die Mucoreen- Verzuckerung im Oceident (Das Amyloverfahren . BU 


$S 85. Die westindische Rumbrennerei . R By 336 
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Fünfter Abschnitt. 


Mykologie der Weinbereitung, einschliefslich Beerenwein 
und Met. 


14. Kapitel. 
Die Pilzflora auf Trauben und Obstfrüchten. Von Prof. Dr. Jom. Beurens . 343 


Seite 


$ 86. Die auf den Rohmaterialien der Weinbereitung vorkommenden Keime 343 
$ 87. Abhängigkeit der Zusammensetzung der Pilzflora von äußeren Ein- 
flüssen . en 
$ 88. Verhalten der verschiedenen Organismen nach dem Maischen der 
Früchte . . 352 
$ 89. Der Einfluß der verschiedenen Organismen auf den Verlauf der Gärung 
und auf die Güte des Gärproduktes ls ee A ee 
Br 2 Rn aa rn AN 1er © Te 


15. Kapitel. 
Fäulniserseheinungen an Trauben und anderen Rohmaterialien der Wein- 


bereitung. Von Prof. Dr. J. Beurexns . er .:.:.- 
S 90. Fäulniserscheinungen an süßen Früchten verschiedener Art . . . . 361 
$S 91. Botrytis und die Rohfäule der Weintrauben. . . 2 2 2.2.2.2...865 
s 92. Die Edelfäule . . . a BE 
Ss 93. Andere Fäulniserscheinungen an Trauben 220 ee 
TARETalIT. N a a Re Se 


16. Kapitel. 


Die Anwendung von Reinhefen in der Most-Gärung. Von Prof. Dr. K. Krormer 381 
$ 94. Die Verbesserung der Most-Gärung ohne Reinhefe durch Reinigung des 


Maischgutes und. Erhöhung seines Säuregehaltes . 38l 

$ 95. Die Verbesserung der Most-Gärung ohne Reinhefe durch Luft-Abschluß, 
Temperatur- -Regelung und Vormaischen . . 386 

Ss 9. Gewinnung, Prüfung, Aufbewahrung, Züchtung und Versand der Hefen- 
FASSEN 1 = 393 

$S 97. Die Anwe ndung von Reinhefen bei der Haupteärung “der Tranben- 
weine. . 400 

$S 98 Die Verbesserung“ des Reinzuchtverfahrens durch "Pasteurisieren, Fil- 
trieren, Zentrifugieren und Schwefeln der Moste . . 405 

S 99. Anw endung von Reinhefen bei der Herstellung von Apfel-, Birn- und 
Beerenwein und Met . . Be 
$ 100. Die Anwendung von Reinhefen bei der Umeärung von Weinen . . 415 
$ 101. Die Anwendung von Reinhefen bei der Schaumwein-Bereitung . . . 417 
re a el un LEN une ge Se. 

17. Kapitel. 

Hauptgärung und Nachgärung des Weines. Von Prof. Dr. K. KroEmER. . 423 

$ 102. Einfluß der Mostbestandteile und der Gärprodukte auf Hefenwachstum 
und Gärung . . ee 
$ 103. Die Beeinflussung der W eingärung durch die Temperatur 0 Re 
$ 104. Der Einfluß der Luftzufuhr und des Lichtes auf die Weingärung . 440 
$ 105. Die Beeinflussung der Weingärung durch Pilzgifte . . 443 

$ 106. Die Entstehung des Alkohols, des Glycerins und der Bernsteinsiure 
bei der Weingärung . Bee... 0. 
$ 107. Das Auftreten flüchtiger Säuren und Aldehyde HR 2 a ee 
$ 108. Die Entstehung höherer Alkohole und der Bouquetstofie RE 
$ 109. Nachgärung und Säure-Abbau des Weines . » 2. 2. 2 n 0“ 471 
$ 110. Umgärung und Schaumweinbereitung . » » . 2 2 2 0 nn na 478 
& 111. Das Abziehen und Klären der Weine . . . . . 2. Ve Re 482 
& 112. Der Ausbau der Weine auf der Flasche. Das Sterilisieren der Weine 487 
rate ee ee en 

18. Kapitel. 

Fehler und Krankheiten des Weines. Von Prof. Dr. K. Krormer . . . . . 495 
$ 113. Einleitung. Rahnwerden und Schwarzwerden . . 495 


$ 114. Weintrübungen. Geschmacksstörungen durch Schimmelpilze. " Böckser 500 


$ 115. Das Kahmigwerden . 

$ 116. Der Essigstih . 

$ 117. Der Milchsäurestich SL EN 
$ 118. Die Mannitgärung. Das Mäuseln. Der Buttersäurestich . 
$ 119. Das Zähewerden . rer % - 
87120 Das. Umschlagen . -... , 7.5 

$ 121. Das Bitterwerden er 

Literatur 5 


Sechster Abschnitt. 


Die Essigsäuregärung. Der Abbau einiger organischer 


Säuren durch Spaltpilze. 
19. Kapitel. 


Die Essigsäuregärung. Von Dr. Larar 


$ 122. Die Essigsäuregärung als Lebensvorgang . 

$ 123. Systematik der Essigsäure-Bakterien 

s 124. Die Bieressig- und Weinessig-Bakterien 

$ 125. Die Schnellessig-Bakterien 

$ 126. Die Schleimessig-Bakterien und der Schleimfluß der Bäume 

$ 127. Chemismus der Essigsäuregärung . B 

$ 128. Die Säurebildung aus einwertigen Alkoholen 

$ 129. Die Oxydation mehrwertiger Alkohole . 

$ 130. Die Bildung von Säuren aus Kohlenhydraten 

$ 131. Der Einfluß anorganischer Gifte und des Lichtes . 

$ 132. Verhalten zu organischen Giften . 

$ 133. Der Reinzucht-Betrieb im Orlöans-Verfahren : 
$ 134. Die biologischen Verhältnisse im Bildner beim deutschen Verfahren . 
$ 135. Die Essig-Arten ‚ A: 

$ 136. Essigsäure-Bakterien als Schädlinge in den Gürungsbetrieben 
Literatur ee En een Ir un 


20. Kapitel. 


Der Abbau einiger organischer Säuren dureh Spaltpilze. Von Dr. W. OmeLianskı 


8 137. Organische Säuren als Kohlenstofi-Quelle für een 

S 138. Der Nährwert organischer Säuren . N Ka 

$ 139. Die Verarbeitung der Ameisensäure . : 

s$ 140. Die Zersetzung der Essigsäure, Propionsäure und Buttersäure . 

$ 141. Die Vergärung der Milchsäure und Glycerinsäure.. 

8 142. Der Abbau der Bernsteinsäure, ne Weinsäure und Schleim- 
säure aM 

$ 143. Die Zersetzung der Citronensäure, Fumarsäure und Maleinsäure 

& 144. Aromatische Säuren als Kohlenstofiquelle. Rückblick F 

Literatur . j ee 


Sachregister. Von Dr. LeoroLp Meyer 


ji r er 24 


vasızes 


Erster Abschnitt. 
Mykologie der Tabakfabrikation und der Gerberei. 


1. Kapitel. 


Mykologie der Tabakfabrikation. 


Von Prof. Dr. JoH. BEHRENS. 


(Manuskript-Einlauf: 
1. Jan. 1904.) 


$ 1. Das Trocknen des Tabaks. 


Wie alle Rohstoffe und Gegenstände organischer Natur, so ist auch 
der Tabak selbstverständlich dem Verderben durch Mikroorganismen 
ausgesetzt. Bei der großen Bedeutung, welche gerade der Tabak für 
Landwirtschaft, Handel und Gewerbe besitzt, und bei den großen 
Werten, welche der Tabak repräsentiert, würde dies allein genügen, ihm 
eine selbständige Behandlung in einer technischen Mykologie zu sichern. 
Dazu kommt aber die noch weit mehr ins Gewicht fallende Tatsache, 
dab bei der Verarbeitung des Tabaks Gärungsvorgänge verschiedener 
Art eine ganz wesentliche Rolle spielen. Diese Tatsache rechtfertigt 
es, wenn dem Tabak ein eigenes Kapitel zugewiesen wird, zumal be- 
reits eine ziemlich reiche Literatur über die Rolle der Mikroorganismen 
im Tabakgewerbe vorliegt. Dieselbe ist bereits im ‚Jahre 1896 einmal 
von BEHRENS (5) gesammelt worden. 

Der reife Tabak wird bekanntlich am besten in eieens dafür ein- 
gerichteten Räumen (Trockenschuppen) langsam und unter besonderen 
Kautelen getrocknet und so dem Stadium der Dachreife entgegengeführt. 
Bei uns werden im allgemeinen die Blätter allein geerntet, auf Schnüre 
gereiht, die durch die Basis der Rippe gezogen werden, und so aufge- 


hängt. In Amerika, sowie in vielen tropischen Produktionsgebieten wird » 


vielfach die ganze Pflanze über der Wurzel abgeschnitten und dann 
verkehrt im Trockenraume aufgehängt. In jedem Falle leben die 
Blätter noch längere Zeit während des Hängens am Dache fort, und 
dementsprechend gehen in ihnen noch Stoflwechselprozesse vor sich, 


deren regelmäßiger Verlauf und volle Durchführung zur Erreichung x 


eines genügend dachreifen, qualitätsvollen Produktes notwendig sind. 

Es verschwindet die Stärke, die größtenteils veratmet wird; ein Teil 

der Eiweißstoffe wird zersetzt, und der Gehalt an Amiden steigt ete, 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. V 1 


- 
Far 


20 


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Außerdem wird die ursprünglich grüne Farbe in ein mehr oder weniger 
tiefes Braun verwandelt. 
Vielfach wird der Tabak, bevor er zum Trocknen aufgehängt wird, 
noch einer vorbereitenden Behandlung, dem sog. Schwitzenlassen, 
sunterworfen'). Die etwas abgewelkten Blätter setzt man zu Haufen 
oder Bänken aufeinander, worauf bald eine Art Gärung eintritt, kennt- 
lich an der Temperaturerhöhung und dem Auftreten eines eigentüm- 
lichen Geruches (Nesster 1). Der Tabak soll dadurch mehr Reife er- 
langen und besser trocknen. Jedoch liegt die Gefahr nahe, dab er zu 
heiß wird und verbrüht, schwarz wird. (Vgl. MÜLLErR-Taureav 1.) 
Die Temperaturerhöhung beruht, wie die Untersuchungen von 
BEHRENS (4) gelehrt haben, wenigstens in den ersten Stadien, nicht auf 
einem eigentlichen Gärungsvorgange, der durch Mikroorganismen hervor- 
gebracht wäre, sondern auf der Atmung der lebenden Blätter. Bei 
ıslängerer Dauer des Schwitzenlassens und ungenügender Ueberwachung 
des Prozesses liegt die Gefahr nahe, dab die Blätter Not leiden, und 
daß jetzt sich Mikroorganismen auf ihnen entwickeln und sie zerstören. 
Diese Gefahr besteht natürlich ebenso, wenn die Blätter, auf Wagen 
aufgeschichtet, längere Zeit zum Transporte vom Felde zum Trocken- 
»raume gebrauchen. Bei Versuchen im kleinen stieg die Temperatur 
nie so hoch, daß dadurch allein die Blätter hätten getötet werden 
können. Das bei den Versuchen beobachtete Temperaturmaximum war 
36°C. Da die Blätter doch abstarben, so müssen andere Ursachen 
daran schuld sein, wahrscheinlich die Kohlensäureanhäufung, da die auf- 
»tretenden Mikroorganismen, Bakterien der verschiedensten Art, bei 
speziell darauf gerichteten Infektionsversuchen nicht imstande waren, 
gesunde, grüne Tabakblätter anzugreifen. Diese Bakterien sind aerob 
und verwandeln die Blätter unter Mazerierung der Gewebe in eine 
faulige, halbflüssige Jauche, die überaus reich ist an kohlensaurem Am- 
somoniak. Der Baeillus subtiks, der nach Con bei der Selbsterhitzung 
von Gras und feuchtem Heu wesentlich beteiligt ist, spielt in diesem 
Falle keine Rolle. 
Während des Schwitzenlassens verschwindet die Stärke aus den 
Blättern, indem sie zum Teil veratmet wird, zum Teil in Zucker über- 
> geht. Der genannte Prozeß bewirkt also ähnliche Veränderungen, führt 
sie nur schneller und ohne Wasserverlust herbei, wie sie das Trocknen 
des Tabaks am Dache zum Zwecke hat. Inwiefern das Schwitzen- 
lassen auf das Aroma wirkt, muß dahingestellt bleiben. 
Wenn die Zeitdauer des Trocknens am Dach dementsprechend kürzer 
ist, so erscheint das Schwitzenlassen als eine ganz rationelle Maßregel. 
Leben und atmen aber die dem Schwitzen unterworfenen Blätter nachher 
am Dach gerade so lange wie die direkt aufgehängten Blätter, so liegt 
die Gefahr nahe, daß auch von wertvollen Bestandteilen des Blattes 
manches veratmet wird, verschwindet, und dab darunter die Qualität 
leidet. Wenigstens vermochte es BEeurens (6) wahrscheinlich zu machen, 
daß der sog. Mangel an „Gummi“, der auf einem Mangel an Hygro- 
skopizität des Tabaks beruht, auf die Zerstörung gewisser wasser- 
') Es geschieht das z. B. auch in Usambara, wie Warsgurg berichtet: „Die von 
50den Mittelrippen befreiten Blätter werden für lüngere Zeit in die Hütten gelegt und 
mit Bananenblättern bedeckt: das ist die hier gebräuchliche Art der Fermentation; 
haben sie die gehörige Reife erlangt, so trocknet man sie an der Sonne... .“ 


(0. Warsurs, Die Kulturpflanzen Usambaras. Mitteilungen aus den deutschen Schutz- 
gebieten. Bd. VII. 1894. Heft2. p. 56 des Sonderabdrucks.) 


SE 


löslicher hygroskopischer Bestandteile durch Atmung u. dgl. zurückzu- 
führen ist. 

Bei der Erlangung der Dachreife spielen Mikroorganismen keine 
Rolle. Was TscHERBATSCHFEFF (1) als Gären bezeichnet. ist in Wirklich- 
keit kein Gärungsprozeß, sondern der Beginn, die erste Periode des 
Trocknens. Enzymatischer Natur sind voraussichtlich nur die Auflösung 
der Stärke und das Zustandekommen der Braunfärbung unter den Pro- 
zessen, welche die Erlangung der sog. Dachreife charakterisieren. Für 
den letzteren Prozeß haben wenigstens BEHRENS (8, 11) und MoHr (1) 
gezeigt, daß er nur unter Verhältnissen zustande kommt, wo Enzyme 
wirken können, also nicht, wenn das Blatt im grünen Zustande durch 
heiße Wasserdämpfe (100 °) oder durch Formalin (Monr) getötet wird, 
während Tötung durch Chloroformdampf das schließliche Eintreten der 
Braunfärbung in feuchter Luft nicht hindert. BEHRENS (8) ist seiner- 
seits geneigt, die Mitwirkung eines glykosidspaltenden Enzyms bei der 
postmortalen Entstehung des Chromogens anzunehmen, und hat das Vor- 
kommen eines Saliein spaltenden derartigen Enzyms in dachreifem Tabak 
nachgewiesen. Gestützt wird seine Annahme durch das Bestehen zahl- 
reicher analoger Fälle, in denen das Auftreten von Farb- und Riech- 
stoffen (z. B. Indigo, Cumarin) auf die postmortale Spaltung präexistierender 
Glykoside zurückzuführen ist. Andere werden mehr geneigt sein, eine 
Mitwirkung oxydierender Bestandteile (Enzyme) bei dem Zustandekommen 
der Endfärbung des Tabaks anzunehmen. Auf dieselben wird gelegent- 
lich der Besprechung der Fermentation einzugehen sein. Wo Organismen 


auftreten, sind sie entweder gleichgültig, oder aber sie entfalten eine: 


Tätigkeit, welche der Qualität des Blattes nur zum Schaden gereichen 
kann. Auf die großen Verluste, welche das Schimmeln des Tabaks am 
Dache hervorruft, hat znnächst Nesster wiederholt (2, 3, 4) hingewiesen, 
ohne sich mit der Bestimmung der auftretenden Pilzarten zu beschäftigen, 


und insbesondere auf die Maßregeln aufmerksam gemacht, mit Hilfe: 


welcher man imstande ist, dieser Erscheinung mit Aussicht auf Erfolg 
entgegenzutreten. Man soll die Mittelrippen, welche am langsamsten 
trocknen, der Länge nach aufschlitzen, um ihr Austrocknen zu be- 
schleunigen; ferner soll man die besonders dickrippigen Blätter für sich 


fassen und zum Trocknen aufhängen; endlich soll man nicht zu dicht » 


hängen und den Zutritt von Luft und Wärme, der Witterung ent- 
sprechend, zu regeln suchen; schließlich fordert er zu Versuchen über 
das Räuchern des Tabaks auf. 

Mürver-Tuursau (1) führt das als Dachbrand bezeichnete Ver- 
derben der Blätter auf Pilze zurück, die er regelmäßig auf dach- 
brandigen Blättern vorfand, und die der Gattung Pleospora nahestehen. 

Srursıs beschäftigte sich näher mit den Erscheinungen des Ver- 
derbens der trocknenden Tabakernte und untersuchte zwei Formen des- 
selben näher. Die eine (1), der sog. „pole-burn“, wohl mit unserem 
Dachbrande identisch oder doch diesem nahestehend, äußert sich im Auf- 
treten dunkler bis schwarzer, wie verbrannt aussehender Flecken auf 
den Blättern ; bei genügender Feuchtigkeit wachsen dieselben und nehmen 
endlich die ganze Blattfläche ein, wobei das Blatt weich und nab wird 
und bei der Berührung zerreißt. Nach Srursıs soll diese Fäulnis ver- 


ursacht werden durch Bakterien, welche sich auf dem Blatte ansiedeln,: 


und zwar fanden sich stets zwei verschiedene Formen vergesellschattet, 
ein Stäbchenbakterium (1,9— 3,7 >» 0,8 a) und ein Mikrokokkus (0,9 — 1,4 u). 
Die genaue Beobachtung gesunder, trocknender Blätter, die in einen 


|* 


10 


20 


iv 
[271 


EN 


dampfgesättigten Raum gebracht wurden, ergab folgenden Verlauf der 
Krankheit: Zunächst entwickelten sich auf den Blättern stellenweise 


kleine, braune Flecke, hervorgebracht durch ein Cladosporium. Nach 


einigen Wochen starb dieser Pilz, der sich nicht weiter verbreitete, ab, 
sund an seiner Stelle traten die erwähnten Bakterien auf. Der Verf. 
schreibt demnach den „pole-burn“ in erster Linie der Ansiedelung des 
Fadenpilzes zu, der die Blattzellen stellenweise isoliert und zum Teil 
zerstört, und so den Fäulnisbakterien den Eintritt in das Gewebe er- 
möglicht. Erst dadurch wird das an sich unschädliche Cladosporium 
schädlich. Die Gegenmittel ergeben sich von selbst durch die Erfahrung, 
daß in trockener Luft die Krankheit nicht auftritt. Eventuell ist Be- 
schleunigung des Trocknens durch künstliche Wärme angezeigt. 

Eine zweite Krankheit, die Srursıs (2) untersuchte, ist die Stamm- 

fäule (Stem-rot), die an den Stengeln der zum Trocknen aufgehängten 
ss ganzen Pflanzen auftritt. Zunächst treten rein weiße, sammetartige 
Rasen auf den Stengeln auf, die auf die Blattrippen übergreifen und 
aus dem Mycel einer Botrytis bestehen, die Verf. mit der Botrytis longi- 
brachiata Ouvven. identifiziert. Der Pilz zerstört das Gewebe und schädigt 
die Blätter, indem er die Rippen und die angrenzenden Teile der Blatt- 
»tläche mazeriert und in Fäulnis überführt. 

Damit nähert sich die letzterwähnte Schädigung der Tabakblätter 
derjenigen, welche Benurexs (2) näher untersucht und beschrieben hat. 
Die als Rippenfäule sowohl wie die als Dachbrand bezeichneten Schädi- 
gungen sind danach Fäulniserscheinungen der Rippe oder des Blattes, 

ss hervorgerufen entweder durch Selerotinia Libertiana oder durch Botrytis 
cinerea, welche beide in ganz gleicher Weise wirken. Insbesondere ist 
das seidenähnliche, weiße Mycel der ersteren auf den Rippen eine überaus 
häufige Erscheinung und wird vielfach, wenn nur in geringer Menge 
und ohne weiteren Schaden vorhanden, sogar als ein Zeichen sorg- 
sofältiger Behandlung und Trocknung nicht ungern gesehen, eine nicht 
ganz unberechtigte Anschauung. Beide Pilze bilden, wenn stärker ent- 
wickelt, auf den Blättern auch ihre Sklerotien. Wie schon seit den 
Untersuchungen pE Bary’s über den ersteren, KıssLinG’s, MARSHALL 
Warpv’s und BEnrens’ über den letzteren Pilz bekannt, scheiden beide 
3 außer einem Zellgift Enzyme aus, die Mittellamellen und Üellulose- 
membranen zum Aufquellen und in Lösung zu bringen vermögen. In- 
folge dieser Tätigkeit, welche beide Pilze natürlich auch auf dem Tabak- 
blatte entfalten, wird das Gewebe des letzteren matschig und verliert 
seinen Zusammenhang. Außerdem bilden beide Schädiger viel oxal- 
sosauren Kalk, dagegen unter den im Tabakblatt vorliegenden Verhält- 
nissen nicht Ammoniak. Von der Botrytis einerea ist die von STURGIS 
als Ursache des Stem-rot gefundene Dotrytis übrigens sicher verschieden. 

Neuerdings beschreiben OupEemans und Konine (1) als Ursache 
einer Erkrankung („Rot“) von Tabakpflanzen auf dem Felde eine neue 

45 Selerolinia nicotianae, welche sich in biologischer und physiologischer Be- 
ziehung den beiden erwähnten Pilzen anreiht und gleich diesen eine 
Fäulnis der Blätter am Dach hervorzubringen vermag. 
Den Bedingungen, unter welchen Botrytis den Tabak  befällt, 
ist BEHRENS (7) mit Rücksicht auf die vielfach gemachte Erfahrung 
sonachgegangen, dab Düngung mit den sogen. künstlichen Dünge- 
salzen, insbesondere mit Chilisalpeter, nicht nur die Qualität des Tabaks 
verschlechtert, sondern auch das Auftreten von Rippenfäule und Dach- 
brand fördert. Die untere Grenze des Wassergehalts für den Dotrytis- 


EB 


- 


_— 2) — 


Befall wurde bei ca. 30 Proz. gefunden. Die größere Neigung von Salz- 
tabaken zum Auftreten der Fäulnis erklärt sich wahrscheinlich durch 
verschiedene Umstände. Einmal wird durch Salzdüngung das Tabak- 
blatt dicker und fleischiger, und infolge davon ist die Dauer des 
Trocknungsprozesses am Dach eine längere; der Tabak behält längere 5 
Zeit einen Wassergehalt, der das Gedeihen der Fäulnispilze erlaubt, und 
zieht ferner besonders leicht wieder Wasser an. Außerdem wird durch 
die Düngung mit Salpeter und Kalisalzen die Substanz des Tabakblattes 
auch ein besonders geeigneter und günstiger Nährboden für Bofrytis. 
Beide Umstände wirken zusammen auf ein besonders. häufiges und ver-ıo 
derbliches Auftreten von Dachbrand und Rippenfäule bei künstlich ge- 
düngten Tabaken hin, und der dadurch bedingte reichere Gehalt an 
Keimen der Fäulnispilze in solchem Tabak erklärt ohne weiteres, daß 
auch bei der Fermentation leicht wieder Fäulnis sich einstellt. 

BrREDA DE Haan (1) erwähnt einen in den Trockenräumen auf- 
tretenden Schimmel sowie ein Faulen der Blattrippen unter dem Ein- 
flusse von Bakterien leider nur kurz. 

Auch die Phytophthora nicotianae kann nach ihm (2) noch in den 
Tabaktrockenräumen indirekt dadurch sehr schädlich werden, daß sie 
die Stengel vorzeitig tötet und dadurch der Besiedelung durch Sapro- 
phyten zugänglich macht, die dann aufs Blatt übergreifen 

Von anderen Pilzen wurden auf am Dache hängenden Blättern (lado- 
sporium und Alternaria, jedoch ohne ersichtliche Schädigung der Qualität, 
gefunden. ÖUDEMANS (1) beschreibt von faulenden Tabakblättern in 
Holland ein Cladosporium tabaci n. sp., ein Stemphylium tabaci n. sp. und» 
ein Fusarium nicotianae n. sp. Die Rolle dieser Pilze bei der Fäulnis 
bleibt zweifelhaft. Mıcıou (1) erwähnt die Perithecien von Pleospora 
doliolum Tur. und Depazea-ähnliche Pykniden als Vorkommen auf dach- 
reifen Blättern. Auch sie scheinen dem Handelswerte der Blätter 
nicht geschadet zu haben. Dagegen sind Penieillium glaucum LisK unds 
ganz besonders Aspergillus glaucus Lısk nach Beobachtungen von 
BEHRENS (4) sehr häufige und nicht unbedenkliche Bewohner des dach- 
reifen Tabaks. Sie bewirken nicht nur eine sehr schädliche Lockerung 
der Textur des Blattes, sondern es ist auch zu fürchten, dab sie auf 
Geschmack und Aroma des Krautes einen nichts weniger als günstigen » 
Einfluß ausüben. Auch Racızorskı (1) hat diese Schädlinge auf Java 
beobachtet. 


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5 


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- 


$ 2. Die Fermentation des Tabaks. 


Wenn der dachreife Tabak in die Hände des Fabrikanten oder 


Händlers übergegangen ist, so. wird er der sog. Fermentation unter- 


worfen, einem Gärungsprozesse, der dadurch eingeleitet wird, daß man 
die Tabakbüschel in große Haufen, Stöcke, deren jeder viele hundert 
Zentner faßt, zusammensetzt, worauf sich die Masse erwärmt. Dab 
diese Selbsterwärmung auf einer Gärung beruht, hat man schon früher « 
mehr geahnt als bestimmt gewußt. Bereits HermpstÄnr identifiziert in 
seinem vorzüglichen Werke, einem der besten, das über das Gesamt- 
gebiet des Tabakbaus und der Tabakfabrikation geschrieben ist (1), 
Fermentation direkt mit Gärung. Ebenso war sich Nrsster (1) wohl 
bewußt, daß die Fermentation ein Gärungsvorgang ist. 50 
Die im Innern der Tabakstöcke vor sich gehende Temperatur- 


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erhöhung ist natürlich nach den Verhältnissen sehr verschieden. Je 
mehr die Wärmeabgabe nach außen vermieden ist, um so höher wird 
bis zu einem gewissen Grade die Temperatur im Innern der Stöcke 
sein. Deshalb werden größere Haufen sich leichter und höher erwärmen 
sals kleinere Massen von Tabak. Daß zum Eintritte der Gärung ein 
gewisser Feuchtigkeitsgrad des Tabaks notwendig ist, erscheint selbst- 
verständlich. BEHRENS (7) fand folgende Werte für den Wassergehalt 
des Tabaks in einem fermentierenden Stock: 


Blattspreite'. ..°... .e. .. .. 25,22 Proz." Wasser 
10 ATEEENIDDE- = 2200, Ki Wet a DB 


In den Verhältnissen der Praxis mab NesstLer (1) im Innern der 
Stöcke eine Maximaltemperatur von 57,5" C, SuchsLaxn (3) eine solche 
von 61°C. Höher als bis ca. 50° C läßt man die Temperatur im allge- 
meinen nicht steigen; man nimmt dann die Stöcke auseinander und 

ı; baut neue auf, setzt sie um, wobei man die Vorsicht beobachtet, jetzt 
die vorher äußeren Blätter ins Innere des Stockes hineinzupacken, um 
sie ebenfalls kräftig zu fermentieren. Das Umsetzen wiederholt man, 
bis das ganze Material genügend fermentiert erscheint. 

Ueber den Zweck, den man mit der Fermentation verfolgt, weib 

»man bis heute nichts Genügendes, und besonders nichts Exaktes, Greif- 
bares. ‚Jedenfalls veredelt die Fermentation Aussehen und Aroma des 
Tabaks, macht denselben vielleicht auch erst aufbewahrungs- und trans- 
portfähig. 

HermestÄpt. (1) gibt als Wirkung der Fermentation nur einen 

5 Substanzverlust an, der 15—23 Proz. betragen kann. Fkrırs (1) be- 
ziffert den Substanzverlust auf 8—10 Proz. In beiden Fällen ist 
aber ganz zweifellos der Verlust an Trockensubstanz nicht unterschieden 
von dem Verluste an Feuchtiekeit, den fermentierender Tabak infolge 
der in ihm vorhandenen Hitze erleidet, welche einen Teil des Imbibi- 

3o tionswassers zur Verdampfung bringt. NessLer (1) führt als durch die 
Fermentation erzielte chemische Umsetzungen im Tabak auf: das Ver- 
schwinden des Chlorophylis, eine Abnahme des Nikotingehalts und end- 
lich die Bildung von Ammoniak, welche jedoch nur unter ganz bestimmten 
Bedingungen, bei großer Feuchtigkeit des Tabaks und unter Luft- 

s;abschluß, eintreten soll. Das Auftreten des Ammoniaks scheint danach 
ein Symptom beginnender Fäulnis zu sein. Fesca und Imaı (1) ver- 
gleichen die Tabakfermentation ganz richtig mit dem Einsäuern und 
ähnlichen Konservierungsmethoden der Futterpflanzen und schließen aus 
den für diese Operationen vorliegenden Untersuchungen auf die Wirkungen 

so des Fermentierens. Demgemäb betrachten sie als solche das Verschwin- 
den der Nitrate, deren Fehlen im fermentierten Tabak sie feststellten, 
ferner eine weitgehende Zersetzung der Eiweißstoffe unter Auftreten 
von Amiden, und endlich, allerdings nur als wahrscheinlich, eine Ver- 
minderung des Gehalts an Nikotin. Daß die wasserlöslichen Kohle- 

sshydrate, der Zucker, bei der Fermentation verschwinden, hat MürLner- 
TrurGau (1) wahrscheinlich gemacht, indem er das regelmäßige Vor- 
kommen von Zucker in dachreifen Blättern, das regelmäßige Fehlen 
desselben in fermentierten Rohtabaken nachwies. Der Stärkegehalt 
bleibt bei der Fermentation dagegen unverändert. 

50 Untersuchungen, welche zunächst zu anderen Zwecken in der land- 
wirtschaftlich-botanischen Versuchsanstalt zu Karlsruhe (Kreıy [1]) an 
fermentiertem und unfermentiertem Tabak derselben Herkunft ausgeführt 


EZ Eu SL U EU Si 2 


en 


wurden, machten als Wirkung der Fermentation außer dem Trocken- 
substanzverluste wahrscheinlich eine Verminderung des Nikotingehaltes 
um ca. 28 Proz. der ursprünglich vorhandenen Menge im Mittel von 24 
untersuchten Tabaken; der Eiweißgehalt war in allen Fällen gegenüber 
dem unfermentierten Zustande erhöht, meist allerdings nur wenig. Statt 
des vorher vorhandenen Asparagins, das verschwunden war, war infolge 
der Fermentation ein nicht identifizierter Amidokörper aufgetreten. 
Ammoniak dagegen war mit Sicherheit im fermentierten Tabak nicht 
nachzuweisen. Gewibheit über die infolge der Fermentation eintretenden 
chemischen Veränderungen der Blätter können nur solche Untersuchungen 10 
gewähren, bei denen von korrespondierenden Teilen, aiso Längshälften 
derselben Blätter, die einen im unfermentierten, die anderen im fermen- 
tierten Zustande untersucht werden. Solche Untersuchungen veröffent- 
lichte BEHRENS (3). Danach beträgt der Verlust an Trockensubstanz, 
verursacht durch die Gärungsorganismen, 4—5 Proz. Er betrifft ins 
erster Linie die löslichen Kohlehydrate, den Zucker, und die organischen 
Säuren, die als Salze im Tabak vorhanden sind, und zwar wesentlich 
die Aepfel- und Zitronensäure. Ein grober Teil (30 Proz.) des anfäng- 
lich vorhandenen Nikotins war infolge der Fermentation verschwunden. 
Da das Nikotin nicht im freien Zustande im Tabak, weder im unfermen- 
tierten, noch im fermentierten, vorkommt, sondern in Form nicht flüch- 
tiger Verbindungen, so kann es nicht, wie Veprönpı (1) neuerdings be- 
hauptet, durch die bei der Fermentation entstehende Wärme verflüchtigt 
sein, um so weniger, als der Gesamtstickstoffgehalt vor und nach dem 
Fermentieren derselbe ist, wenn man den Trockensubstanzverlust während: 
der Fermentation in Rechnung zieht’). Vielmehr ist es wahrscheinlich, 
dab die Fermentationsorganismen einen Teil des Nikotins als Nährstoff 
benutzen und dementsprechend in andere Verbindungen umsetzen. So- 
gar bei nicht sehr günstigen Wachstumsbedingungen vermochte nach 
einem Versuche von BEHRENS (2) der Schimmelpilz Botrytis cinerea seinen s0 
Stickstoffbedarf aus Nikotin zu decken, und ebenso gedeihen nach 
BEHRENS (10) Bakterien ausgezeichnet in einer Nährlösung, die als 
einzige Stickstoffquelle Nikotin enthält, und bringen dabei alles Nikotin 
zum Verschwinden ?). Die Salpetersäure verschwindet bei der Fermen- 
tation ebenso wie der Zucker, und auch das Verschwinden des Aspa- »: 
ragins, an dessen Stelle ein anderer’Amidokörper auftritt, bestätigte sich. 
Das Verhältnis des Eiweißstickstoffes zum Gesamtstickstoff erlitt da- 
gegen durch die Fermentation keine Veränderung. Nach wie vor waren 
42 Proz. des vorhandenen Stickstoffes in Eiweißform vorhanden. Zu- 
sammengehalten mit den Resultaten der vorhin erwähnten Unter- 
suchungen, berechtigt das übrigens zu dem Schlusse, daß die Fermen- 
tation nicht, wie Frsca und Imaı (1) annehmen, eine Verringerung des 
Eiweißgehaltes bewirkt. Der Gehalt des Tabaks an flüchtigen Säuren 
war durch die Fermentation auf mehr als das Doppelte gestiegen; wahr- 
scheinlich wird Buttersäure gebildet. Milchsäure findet sich im fermen- 
tierten Tabak nicht, dagegen ist es möglich, daß die wiederholt als 


> 


159 
[>77 


- 
[2 


") Auch hat schon Tu. Scnwösıns (M&ömorial des manufactures de l’etat. Vol. 1. 
p. 497 ff.) gezeigt, daß selbst beim Rösten, also bei ca. 110° C, der Tabak nur einen 
ganz verschwindenden Verlust an Nikotin erleidet. 50 

®) Die Geeignetheit der Nikotinsäure als Stickstoffquelle für Aspergillus niger hat 
neuerdings Üzarek gezeigt (Untersuchungen über die Stickstofigewinnung und Eiweib- 
ling der Schimmelpilze. III. Beiträge zur chem. Physiol. und Pathol. Bd. III. 102 
p. 58). 


WR 


Tabakbestandteil angegebene Bernsteinsäure aus der Fermentation 
stammt, da BEHRENS sie in unfermentiertem Tabak nicht finden konnte. 
Ammoniaksalze konnten auch bei diesem Versuche nicht mit Sicherheit 
in den fermentierten Blättern nachgewiesen werden, womit sich die 
sAnnahme Vepröprs (1), die Fermentation bewirke eine Ammoniak- 
bildung, erledigt. 

JOHNsoN (1) benutzte zu seinen Untersuchungen verschiedene Blätter, 
wenn auch gleicher Herkunft. Dadurch verlieren die erhaltenen Zahlen 
viel von ihrem Werte. Sie bestäticen den Trockensubstanzverlust sowie 

den Verlust an Nikotin, der bei der Fermentation eintritt. Dagegen 
ist eigentümlicherweise der Gehalt an Nitraten nicht zerstört, sondern 
im Gegenteil zum Teil unverhältnismäßig vermehrt, was von individuellen 
Unterschieden der verschiedenen und von verschiedenen Pflanzen stammen- 
den Blätter, zusammen mit ungenügender Fermentation, herrühren dürfte. 

ısDen Ammoniakgehalt findet Jomssox konstant, jedenfalls also keine 
Ammoniakbildung durch die Gärung. Nur kurz erwähnt sei die von 
SucHsLanD (1) ausgesprochene Vermutung, es handle sich bei der Fer- 
mentation um die Ueberführung des Nikotins in Nikotianin oder Tabaks- 
kampfer. Diese Vermutung schwebt so lange in der Luft, als unbekannt 

»oist, was das HerumestÄnr'sche Nikotianin eigentlich ist, ob ein stickstoff- 
freier Körper, der dem ätherischen Oel der Drüsenhaare des Tabaks 
entstammen dürfte, wie BEHRENS (3) annimmt, oder ein stickstoffhaltiges 
Alkaloid, in dem FrÄnKEL und Wackrısz (1) neuerdings den Träger des 
Tabakaromas sehen. 

PR) Nachdem der typische Gärungsprozeß, die alkoholische Gärung, als 
Resultat der Tätigkeit von Organismen erkannt worden war, lag es 
nahe und erschien es als selbstverständlich anzunehmen, dab auch die 
Fermentation des Tabaks von irgend welchen Gärungsorganismen ver- 
ursacht werde. Erst im Jahre 1899 wurde dieser Ansicht gegenüber 

sovon Löw (1) die Anschauung vertreten, dab nicht lebende Organismen, 
sondern oxydierende Enzyme des Tabakblattes selbst die Ursache der 
bei der Fermentation vor sich gehenden Umsetzungen seien. 

Dab Organismenkeime auf dem Tabak nicht fehlen, ist selbstver- 
ständlich. Benrens (7) fand auf frischen Blättern durch Kultur auf 

>; Tabakabsudgelatine zwischen 22800 und 112500 Keime auf 100 qem Ober- 
fläche, darunter 6700—12500 Schimmelsporen. Die gefundenen Keime 
gehörten Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen an. Wie bei anderen 
Pflanzen, so gelingt es auch bei Tabak nur mit allen Vorsichtsmab- 
regeln, sterile Pflanzen zu erziehen. Jensen (1) hat solche gezogen. 

40 Der erste Forscher, der sich mit den von der Theorie «eforderten 
Organismen der Tabakfermentation näher beschäftigte, war SUCHSLAND 
(1) im Jahre 1901. SucustLanp entwickelt dort die Idee der „Edel- 
fermentation“. Es beruht dieselbe auf den gleichen Gesichtspunkten, 
die zur Einführung reingezüchteter Hefen in die Gärungsgewerbe, rein- 

ss gezüchteter Milchsäurefermente in die Molkerei u. s. f. geführt haben. 
SuchsLann hat die Bakterienflora von Tabaken verschiedener Herkunft 
untersucht und natürlich große Verschiedenheiten gefunden. Die beob- 
achteten Mikroorganismen sind meist Stäbchenbakterien, seltener Kokken. 
Sie sitzen jedem fermentierten Rohtabak in grober Individuen-, aber in 

so meist geringer Artzahl an, und als SuchsLaxnp sie in Reinkulturen ver- 
mehrt und dann auf andere Tabaksorten übertragen hatte, zeigte sich, 
dab sie in diesen gediehen und dabei Geschmacks- und Geruchsverände- 
rungen in ihnen erzeugten, welche an den Geschmack und das Aroma 


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ihres ursprünglichen Fundortes, der Tabaksorte, von der sie gezogen 
waren, erinnerten. SUCHSLAND schlägt nun vor, nach einem ihm paten- 
tierten Verfahren die erfahrungsgemäß ein minderwertiges Produkt 
liefernden dachreifen Tabake z. B. der Pfalz, Uckermark und anderer 
deutscher Tabakbaugebiete vor der Fermentation mit den Keimen der 
aus vorzüglichen Tabaken (Havanna u. s. f.) isolierten Bakterien zu 
versehen und so einen günstigen Gang der Fermentation mit Hilfe der 
Edelfermentation zu sichern '). In einem „Vademekum für alle Tabak- 
industriellen“ offeriert SuchsLaxnp (2) an Fermenten solche, die von 
gutem Havanna-, Brasil- und Kentuckytabak gewonnen sind. Die 
Kulturen sollen in abgekochtem und dann wieder erkaltetem Wasser 
verteilt und so mit sauberen Besen u. dgl. dem zu fermentierenden Tabak 
angespritzt werden, wobei eine zu starke Benetzung natürlich zu ver- 
meiden ist. In zwei Vorträgen berichtet SuchsLannp (3, 4) über die 
günstigen Erfahrungen, welche er selbst und verschiedene Fabrikanten 
mit seiner Methode der Edelfermentation gemacht haben, und sucht 
über die Ursachen von einzelnen Mißerfolgen aufzuklären. SUCHSLAND 
liefert danach Mischkulturen verschiedener Arten und hofft, dab man 
durch entsprechende Auswahl und Zusammenstellung der Fermentations- 


erreger in einigen Jahren es vollständig in der Hand haben werde, dem: 


Tabak durch den Gärungsprozeb je nach Wunsch einen angenehmen 
säuerlichen Aprikosen-, Erdbeer-, Himbeer- usw. Geruch zu verleihen und 
ihm dafür die minderwertigen Eigenschaften zu nehmen. 

Unabhängig von SucHsLaxp hat gleichzeitig mit ihm A. Koch den 


Versuch gemacht, den in der Alkoholgärung und im Molkereigewerbe: 


so fruchtbaren Gedanken der „Reinhefegärung“ auf die Tabakfermen- 
tation zu übertragen. Ueber günstige Ergebnisse der Fermentation 
hannöverscher Tabake mit Bakterien von Havanna- und Brasiltabaken 
bei diesen Versuchen ist berichtet in einer Mitteilung der Firma Her- 


MANN GIESECKE (1). Nachhaltige Lebenskraft scheinen diese Anwendungen » 


der Reinzuchten in der Tabakindustrie nicht gehabt zu haben. 

In einer späteren Mitteilung macht SuchsLaxnn (5) darauf aufmerk- 
sam, dab der Tabak bei Fermentationsversuchen umzusetzen ist, sobald 
die Temperatur des Haufens auf 42—45° Ü steigt. Bei höheren Tempe- 


_ raturen wirken die Edelfermente nicht mehr. Die Mehrarbeit, welche 3 


9 


die Edelfermentation infolge des häufigeren Umsetzens der Stöcke ver- 
- langt, wird aufgewogen durch die in 75 Proz. der Fälle eintretende 


qualitative Verbesserung und Werterhöhung der Tabake Mit dem 
Jahre 1895 stellte SuchsLaxsp seine bakteriologischen Studien über die 


’ 
2 
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Tabakfermentation ein. 

Als Ergebnis der Untersuchungen Suchstaxp’s und A. Kocn's ist 
nur zu konstatieren, daß Bakterien verschiedener Art die Ursache der 
Tabakfermentation sein können und den Gang derselben maßgebend 
beeinflussen. Nähere Mitteilungen über die spezielle Morphologie und 
Physiologie der Gärerreger sind von keinem der beiden Forscher ge- 
macht worden. 

Benrens (1) fand auf den Rippen fermentierender Blätter gelegent- 
lich den thermophilen Schimmelpilz Aspergillus fumigatus, dessen Auf- 
treten in den erwärmten Tabakstöcken bei der allgemeinen Verbreitung 


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[271 


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seiner Keime nicht auffallen kann. Ueber die Organismen des fermen- 


') Die Mitteilungen oz Toxı's über die Fermentation des Tabaks (1, 2) sind nur 
Referate dieser Mitteilung SucusLann's. 


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tierenden Havannatabaks hat DAvaros (1) eine ausführliche Arbeit ver- 
öffentlich. Auber einer „Hefe“ fand er eine Anzahl von Bakterien, die 
er als Dacıllus A, B, Ü, E beschreibt. Drei von diesen, darunter der 
fluoreszierende Daeillus C, sind obligat aörobiotisch, einer, Baeillus E, 
sist fakultativ anaerobiotisch und erwies sich als pathogen für Meer- 
schweinchen. Die „Hefe“ DAvanos’ bildet Fäden, die sich durch Scheide- 
wände teilen und unbewegliche Kugeln bilden. Gelatine wird von ihr 
verflüssigt. Sie bildet den sog. Schimmel der Tabakptlanzer. Nach 
dieser nichts weniger als klaren Schilderung ist die „Hefe“ DAvauos, 
ıo vielleicht identisch mit einer von BeHrens (4) gefundenen Monilia, die 
der Monilia candıda Hansen sehr ähnlich war, oder der von SPLENDORE (1) 
gefundenen Oospora micotianae. Beide bilden weiße schimmel- oder efflo- 
reszenzartige Ueberzüge auf und neben den Rippen eben ausfermentierter 
Tabakbündel. Die Monilia erzeugte schwache alkoholische Gärung in 

ı» Zuckerlösung, wobei ein brotähnlicher Geruch auftrat. Neuerdings fand 
BEHrens (11) solche Rasen, bestehend aus einem der Oospora nicotianae 
ähnlichen, von dieser, nach den Abbildungen zu urteilen, aber durch die 
basipetale Entstehung der Sporen wesentlich verschiedenen Fadenpilz. 
Auch VERNHOoUT (2) gibt an, dab der sog. Salpeter des Tabaks auf 

»Ostjava aus hefenähnlichen Organismen besteht. Auf dachreifen Blättern 
fand BEHRENS (4) in Sporenform den Daeillus subtilis und ein aörobes 
(lostridium. Ein Versuch von BEHRENS (5), thermophile Organismen auf 
deutschem Tabak nachzuweisen, ergab ein negatives Resultat, das aller- 
dings eine Verallgemeinerung nicht erlaubt. 

25 Die Frage, ob diese Organismen, die großenteils nur zufällig ge- 
funden wurden und nicht einer planmäßigen Untersuchung des Fermen- 
tationsprozesses ihre Auffindung verdanken, an der Fermentation über- 
haupt beteiligt sind, ist für eine größere Anzahl von ihnen sicherlich, 
für die anderen mit grober Wahrscheinlichkeit zu verneinen. Mehr Be- 

3» achtung verdienen in dieser Beziehung die in den Arbeiten von VERN- 
HOUT und KonisG bei systematischem Studium der Fermentation ge- 
fundenen Arten. 

Seine bakteriolorischen Untersuchungen über die Fermentation des 
Tabaks von Ostjava leitete VerxHhour (1) durch einen für die Kreise 

3: der Tabakinteressenten bestimmten populären Aufsatz ein, der die Be- 
deutung der mykologischen Forschung und damit die Anwendung von 
Reinzuchten in den verschiedensten Gewerbezweigen (Brauerei, Brennerei, 
Weinbereitunge, Molkereiwesen, Gerberei etc.) hervorhebt, daran eine 
Schilderung der Bedeutung der Gärungsorganismen für das Tabakgewerbe 

‚knüpft und endlich in großen Zügen eine Uebersicht über die nächsten 
Aufgaben der Forschung auf diesem Gebiete gibt. Im folgenden Jahre 
teilte VErRNHoUT (2) dann die vorläufigen Resultate seiner Untersuchungen 
über die Flora fermentierter Blätter mit. Da die Temperatur im Innern 
der fermentierenden Stöcke bis auf 50° und mehr steigt, so lenkte er 

sein Augenmerk zunächst auf thermophile Organismen und hielt die Kul- 
turen stets bei 50° ©. Auf 70 Blättern verschiedener Herkunft wurde 
nach seinem Verfahren stets dieselbe Art von T’hermophilen, ein leb- 
haft beweglicher, Endosporen bildender Bazillus (2,4 > 0,5 «) aus der 
(Gruppe der Kartoffelbazillen gefunden, der auch bei gewöhnlicher Tem- 

so peratur noch gedieh. Derselbe erwies sich als obligat aörobiotisch, bildete 
in Bouillon Ammoniak und wuchs auf tabakabsudhaltigen Nährböden 
schlechter als auf tabakabsudfreien. Wie VerxHovr in der ausführlichen 
Darstellung seiner Untersuchungsergebnisse (3) mitteilt, lag das groben- 


— 1 — 


teils daran, daß der zur Bereitung des Absudes benutzte Tabak bereits 
eine Fermentation durchgemacht hatte. Im Extrakt dachreifen Tabaks 
wuchs der hier Bacillus tabaci fermentationis genannte thermophile Ba- 
zillus sehr gut. Sein Temperaturoptimum für Wachstum und Gedeihen 
liegt zwischen 44 und 50° C, die Temperaturgrenzen liegen unter 25 und 
bei 58°. Auf ausfermentiertem Tabak wurde dieser Bazillus regelmäßig 
gefunden. Bei der Untersuchung fermentierender Blätter kam außer ihm 
auf den bei Zimmertemperatur gehaltenen Platten vielfach ein Dacterium 
tabaci fermentationis zur Entwicklung, das nicht im gleichen Grade thermo- 
phil ist. Auf dachreifem Tabak wurde dieses allein regelmäßig, der 
Bazillus dagegen selten gefunden. Danach findet während der Fermen- 
tation offenbar eine Vermehrung (Anreicherung) des Bacıllus tabaci fer- 
mentationis statt und ist dieser mit großer Wahrscheinlichkeit als wesent- 
lich beteiliet am Fermentationsprozeb zu betrachten. Pacterium tabaci 
fermentationis ist eine Endosporen bildende, unbewegliche Stäbchenbakterie 
(1,5—2,5 x 0,45 u). ebenfalls aerobiotisch und aus Eiweißstoffen Ammo- 
niak abspaltend. Die obere T’emperaturgrenze liegt bei 51—52", das 
Optimum bei 25°. 

Die von VERNHouUT im praktischen Betriebe angestellten Fermen- 


tationsversuche, bei denen mit Kulturen des Bazillus geimpft wurde, 


hatten bis dahin Resultate noch nicht ergeben. Soweit das Steigen der 
Temperatur einen Schluß zuläßt, war durch die Impfung der Gang der 
Fermentation nicht beeinflußt. Die Qualität der Produkte konnte zur 
Zeit der Veröffentlichung noch nicht beurteilt werden. Dagegen hatten 


Laboratoriumsversuche mit Reinkulturen ein besseres Ergebnis: Bei: 


diesen Versuchen wurden Tabakblätter, die noch wenig fermentiert waren. 
längs der Mittelrippe halbiert und nun die weiter zerkleinerten Hälften 
in Petrischalen derart verteilt, dab immer die rechte Hälfte in die eine, 
die linke in die andere Doppelschale kam. Nach Sterilisation im Auto- 


klav bei 120° wurden die linken Hälften überall mit Reinkulturen des: 


Baeillus tabaci fermentationis geimpft und dann alle Schalen bei 50° ge- 
halten. Von 7 derartigen Versuchen ergaben 5 eine entschiedene Wir- 
kung der Impfung, davon in 3 Fällen eine günstige In einem der 
Versuche roch nach 12tägiger Dauer die geimpfte Blatthälfte stark nach 


süßem Roggenbrot, ein Geruch, der bei der Tabakfermentation ziem- » 


lich regelmäßig beobachtet wird. Die Fortsetzung der Untersuchung 
wurde durch das Scheiden VErxHourT's von ‚Java verhindert. 
E- Zu etwas anderen Resultaten kam Koxıns, der die Fermentation 
des holländischen Tabaks untersuchte. Koxın@ (1, 2) fand in fermen- 
- tierendem Tabak stets die sehr verbreiteten Baeillus subtilis und mycordes. 
außerdem fünf Arten, die er vorläufig als Baeillus I, II, III, IV und F 
bezeichnet. Davon sind die beiden ersten obligat aörobiotisch, die 
anderen drei fakultativ anaörobiotisch. Die Hauptrolle bei der Gärung 
spielt der Baeillus tabaci III. Nach Koxına verbrauchen alle gefundenen 
- Organismen zunächst den Sauerstoff der Luft in den Stöcken, und steigern 
die Temperatur. Dabei entsteht durch die Tätigkeit von Daeillus mycordes 
und der Bazillen I und II Ammoniak. Erst dann treten die wahren 
Thermophilen, B. tabaeci III, IV und V auf, von denen BD. tabaci III die 
Hauptrolle spielt. Baeillus tabaci I und II gehören zur Proteus-, Da- 
_ eillus III, die einzige sporenbildende Form, zur Subtilis-Gruppe. Als 
 Konına sterilisierten Tabak mit Reinkulturen der verschiedenen Orga- 
nismen impfte und 6 Wochen gären ließ, wurde von Sachverständigen 
der mit Baeillus tabaci III geimpfte Tabak als der beste erklärt. 


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In einer weiteren Mitteilung beschreibt Koxıne (3) ferner als be- 
teiliet an der Fermentation einen Diplococeus tabaci, dessen Wachstums-. 
optimum bei 24° liegt. Derselbe leitet die Temperatursteigerung des 
zusammengesetzten Tabakstockes zusammen mit dem Dacillus tabaci I 

sein, stellt aber, ebenso wie dieser, sein Wachstum bei etwas erhöhter 
Temperatur ein. Als Koxısns verschiedene Tabake mit einem Gemisch 
des Diplococeus, des Baeillus tabaci I und des B. tabaci III impfte und 
nach Beendigung der Fermentation diese Proben mit Proben derselben 
Tabake, die ohne Impfung fermentiert waren, verglich, ergab sich eine 

ıo Verbesserung der Qualität durch die Impfung. Diplocoeeus tabaci soll die 
Brennbarkeit, Bacillus tabaci I das Aroma verbessert haben. Wurde nicht- 
sterilisierter Tabak geimpft, so war das Ergebnis keineswegs gleich 
günstig und schlagend. 

Das Ergebnis eines Versuches, bei dem Sandgut von Betuwer und 

1; Veluwer Tabak teils mit Mischungen von Daeillus tabaci I und III, Diplo- 
ceoceus tabaci und Baeillus tabaci III, Diplococeus und Baeillus tabaci I und 
III seimpft, teils nicht geimpft war, wird von KoninG (5) 1900 mitgeteilt. 
Danach hat besonders die Mischung der drei Arten Aroma und Ge- 
schmack verbessert. In einigen Fällen war auch eine Verbesserung 

»oder Brennbarkeit zu konstatieren. Stets war der geimpfte Tabak in der 
Qualität besser als der nicht geimpfte. Die Impfung wurde nicht mit 
Aufschwemmungen der Bakterien in Wasser, sondern mit Mischungen 
derselben mit feinem Tabakpulver bewerkstelligt, das in die Büschel 
hineingeblasen wurde. Während der Gärung sterben Diplococeus und 

» die Bakterien der Proteus-Gruppe ab. 

Bei Delitabak beobachtete Kosıng andere Organismen. Dagegen 
war der Verlauf und der Charakter der Gärung des Delitabaks analog 
dem der Gärung des holländischen Tabaks. Auch hier fand ein Wechsel 
der Bakterienflora im Verlauf der Fermentation statt. Die Verschieden- 

30 heit der Organismenflora und der Umsetzungen bei der Fermentation von 
verschiedenen Tabaken wird auch dadurch illustriert, dab Tabak aus der 
Betuwe nicht oder nur wenig Ammoniak bildet, Tabak aus der Veluwe 
dagegen als Zersetzungsprodukt Ammoniak liefert. Durch Impfung mit 
Ammoniakbildnern läßt sich aber auch im Betuwer Tabak Ammoniak- 

> bildung verursachen. 

Im Gegensatz zu den bisher entwickelten Anschauungen hat LoEw (1) 
1899 die Ansicht ausgesprochen, daß die Tabakfermentation keineswegs 
ein durch Organismen verursachter Gärungsvorgang sei, dab vielmehr 
oxydierende Enzyme des Tabakblattes selbst die Ursache der Fermen- 

wtation, der Erwärmung und der dabei stattfindenden chemischen Um- 
setzungen, seien, und dab, wenn irgendwo Bakterien oder andere Orga- 
nismen bei dem Fermentationsprozeb aufträten, deren Wirkung eine un- 
heilvolle sei. Losw vermochte bei direkter Untersuchung unter dem 
Mikroskope auf der Oberfläche und im Innern frisch fermentierter Tabak- 

ıs blätter viel zu selten Mikroorganismen zu finden, als daß solche als Ur- 
sache der Fermentation in Betracht kommen könnten. Ferner ist der 
Wassergehalt fermentierenden Tabaks (unter 25°,) viel zu gering, um den 
in dieser Beziehung anspruchsvollen Bakterien irgend welches Wachstum 
zu ermöglichen. Das Wasser ist zudem nur als Imbibitionswasser der 
so Membranen des Tabakblattes, nicht in tropfbar flüssigem Zustande vor- 
handen und vermag daber nicht, Inhaltstoffe der Zellen in Lösung zu 
bringen und den außen ansitzenden Keimen zugänglich zu machen. 
Ein Eindringen der Bakterien in das Zellinnere hat noch niemand be- 


ur 


obachtet, würde auch eine Durchlöcherung und teilweise Auflösung der 
_ Membranen und damit eine Minderung der Festigkeit und eine Entwertung 
der Blätter voraussetzen. Endlich nimmt nach Lorw mit dem Fort- 
schreiten der Fermentation der Bakteriengehalt nicht zu. sondern ab, 
und ebenso ist es mit der Fähigkeit, Bakterien als Nährsubstrat zu dienen. 
Dagegen vermochte Low in Tabakblättern oxydierende Enzyme nach- 
zuweisen und zwar eine Oxydase, welche Guajaktinktur sofort blau färbt, 
und eine Peroxydase, welche nur bei Gegenwart von Wasserstofsuper- 
oxyd Guajaktinktur bläut. Die Tötungstemperatur bei 3 Minuten langem 
Erwärmen der wässerigen Lösung liegt für die Tabakoxydase bei 65—66°, 
für die Tabakperoxy dase bei 87—88° C. Beide sind in frischem, dach- 
reifem und eben ausfermentiertem Floridatabak vorhanden, werden aber 
beim Lagern anscheinend zerstört. Wenigstens enthielt ein 2 Jahre 
gelagerter Floridatabak nur noch die Peroxy dase. Verschiedene Sorten 
Jahrgänge und Provenienzen weisen im Gehalt an den oxydierenden 
Enzymen und im Verhalten derselben Verschiedenheiten auf. So enthielt 
Connecticuttabak wohl im frischen, aber nicht mehr im dachreifen Zu- 
stande Oxydase, und während der Fermentation verschwand auch die 


Peroxydase. Durch die Einwirkung dieser oxydierenden Enzyme auf 
den Gerbstoff und das Nikotin sowie ‘andere Bestandteile des Tabaks, 2 


der Diastase auf die Stärke und der verdauenden Enzyme auf die Ei- 
weibstoffe kommen nach Lorw’s Ansicht alle chemischen Veränderungen 
im Tabakblatt während der Dachreife und der Fermentation zustande. 
Nikotin soll von Tabakperoxydase nach einem Versuch unter Ammoniak- 
bildung angegriffen werden. Auf Grund seiner Theorie schlägt LoEw 
statt des Ausdrucks „Fermentation“ für den damit bezeichneten Vor- 
gang den unübersetzbaren Ausdruck: Oxydizing enzymation vor. 

An die Ausführungen Lorw’s schlob sich eine ausgedehnte Dis- 
kussion, die indessen die Frage selbst wenig gefördert hat. Bemmens (9) 


hält auf Grund der bisherigen Erfahrungen an der Auffassung der Fer-s 


mentation als einer von Organismen verursachten Gärung fest. Er sucht 
die Einwände Lorw’s gegen dieselbe zu entkräften und hebt insbesondere 
den Wert der Kulturmethode zum Nachweis von Organismen auf festen 
Substraten gegenüber der direkten mikroskopischen Untersuchung hervor. 


Er will ferner das Imbibitionswasser des Tabaks als, wenn auch sehr: 


verdünnte, Lösung und daher als wohl geeignet zur Ernährung von Bak- 
terien betrachtet wissen und macht darauf aufmerksam, dab nach dem 
Grundsatz: Corpora non agunt nisi soluta, auch eine Wirkung der oxy- 
dierenden Enzyme im Tabakblatt nicht möglich sein würde, wenn Lorw's 
Ansicht über den Zustand des Wassers im fermentierenden Tabakblatt 
richtig wäre. Lorw (2, 3) tritt dem in zwei Mitteilungen entgegen. 
Insbesondere weist er darauf hin, dab bei Conneetieut- und Wiskonsin- 
tabaken eine direkte Beziehung zwischen dem Oxydasegehalt und der 
Neigung zum Fermentieren beobachtet ist: Solchen Tabaken, die nicht 
fermentieren wollten und infolgedessen auch kein Aroma entwickelten, 
fehlte die Oxydase, während andere Tabake derselben Provenienz solche 
enthielten und nis nd sehr gut fermentierten. Bei dem ge- 
ringen Wassergehalte des fermentierenden Tabaks ist ferner die Konzen- 
tration der darin enthaltenen wässerigen Lösung viel zu groß, um das 


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Gedeihen von Bakterien zu gestatten. Selbst bei höherem Wassergehalt 


(35 Proz. und mehr) sah Loeww (3) Bakterien nicht auftreten, als eı 
Tabak bei 50-60 in einem Thermostaten hielt. Das spezifische Tabak- 
aroma ist nicht ein Produkt von Bakterien, sondern entwickelt sich auch 


14 — 


unter Bedingungen, unter welchen gar keine Bakterien zedeihen 
können. 


Gegen die Ansicht Lorw’s scheint die von VERNHOUT (3) mit- 


geteilte Beobachtung RAcıBoRsKTs zu Sprechen, dab in getrockneten 
5.Javatabaken weder Oxydase noch Peroxydase (Leptomin) vorhanden ist, 
Racızorskı (1) zieht daraus den Schluß, dab diese Körper wohl bei der 
Dachreife eine Rolle spielen mögen, nicht aber bei der Fermentation. 
Auch KoxisG (4) wandte sich gegen Lorzw’s Anschauungen, der seiner- 
seits (4) erwiderte. 

10 Bei einer experimentellen Untersuchung über die oxydierenden Be- 
standteile deutschen Tabaks kam Benrens (10) zu Ergebnissen, welche 
von denen Lorw’s einigermaßen abweichen. In frischen grünen Tabak- 
blättern wurde Oxydase sowie Peroxydase, in dachreifem Tabak desselben 
Ursprungs sowie in fermentierenden Tabaken nur Peroxydase gefunden. 

1: Die Tötungstemperatur der Oxydase in Tabakauszügen lag zwischen 85 und 
90°C, während die Peroxydase sogar kurzes Aufkochen vertrug. Verdünnung 
mit Wasser setzte die Resistenz der Oxydase herab. Während der Preb- 
saft frischer Blätter ohne Schaden für die Peroxydasereaktion gegenüber 
Guajaktinktur auf über 90° erhitzt werden kann, verliert er schon bei 

»einer Erhitzung auf 70° seine Wirkung auf Hydrochinon in Gegenwart 
von Wasserstoffsuperoxyd. Aus trockenen Blättern (schnell durch Wärme 
getrocknet) dargestellte Auszüge verlieren die Oxydasereaktion schon 
durch Erhitzen auf 70°. Alkoholzusatz (bis 50 Volumprozent) oder Faulen 
der Auszüge vernichteten die Peroxydasereaktion nicht. Danach hält 

>; BEHRENS die Enzymnatur der oxydierenden Bestandteile für äußerst 
fraglich. Er konnte bei längerer Einwirkung einer Lösung der oxydie- 
renden Bestandteile von Tabak auf Nikotin Ammoniakbildung nicht finden 
und zeigt endlich, daß im Tabakpulver auch bei einem Wassergehalt von 
nicht mehr als 25 Proz. nicht nur Penieillium, sondern auch Bakterien, 

so letztere allerdings kümmerlich, wachsen können. Ein schlagendes Argu- 
ment für Lorw’s Ansicht würde der positive Ausfall von Versuchen 
bilden, ob in Gegenwart von Antiseptieis, welche die Enzymwirkung 
nicht stören, z. B. Chloroform, feuchter Tabak sich erwärmt. LoEw (6) 
machte dann darauf aufmerksam, daß auf die Tötungstemperatur der 

»;Oxydasen die Zeitdauer der Erhitzung, die Reaktion und die Gegenwart 
anderer Körper von wesentlichem Einfluß ist. Wenn auch die Oxydase 
aus deutschem Tabak während des Reifens am Dach verschwindet, so 
bleiben doch die anderen oxydierenden Enzyme, Peroxydase und Katalase 
übrig und können die Fermentation bewirken. Auch dürfte dies Ver- 

schwinden der Oxydase nicht konstant sein. Wenigstens fand Loew bei 
verschiedenen ‚Jahrgängen von Connecticuttabak bald Oxydase, bald 
nicht im dachreifen Zustande. Die Oxydase kann nach LoEw (5) freilich 
infolge starker Belichtung der absterbenden Blätter oder durch zu lange 
dauernde feuchte Witterung während des Trocknungsprozesses bis zum 

ı;s Verschwinden abnehmen. Möglicherweise entstehen aber bei der Fer- 
mentation aus einem Zymogen neue Mengen von Oxydase. Die Rolle 
der Peroxydase und Katalase bei der Fermentation bedarf noch der 
Untersuchung. 

Als Katalase bezeichnet Lorw (7) ein in zwei Modifikationen, einer 
solöslichen und einer unlöslichen, überall verbreitetes Enzym, das Wasser- 
stoffsuperoxyd unter Sauerstoffentwicklung spaltet, und das auch im 
Tabak nicht fehlt. Im grünen Tabakblatt ist nur die unlösliche Modi- 
fikation vorhanden, wie auch Brurens (10) fand. Während des Reifens 


am Dach und bei der Fermentation aber nimmt der Gehalt an wasser- 
löslicher 8-Katalase zu. Daß die Katalase auch direkte Oxydationswirkung 
ausüben kann, folgt aus ihrem Verhalten gegen Hydrochinon: Dieses wird 
unter Chinonbildung oxydiert. 

Den Widerspruch, der zwischen den Befunden Lorw’s und BEHRENS’ 
hinsichtlich der Resistenz der Tabakoxydase gegen Hitze besteht, hat 
Hunger (1) neuerdings aufgeklärt, der selbst wieder zu anderen Resul- 
taten kam. Er fand die Temperaturgrenze abhängig vom Alter und 
vom physiologischen Zustande der Blätter, aus denen das Präparat ge- 
wonnen wird. So wurde Oxydase aus oberen Blättern bei SI— 90" zer- 
stört, Oxydase aus Sandblättern widerstand selbst 100° einige Zeit. 
ÖOxydasepräparate aus morgens früh gepflückten oberen Blättern vertrug 
ohne Schaden 92—93°, während solche aus mittags gepflückten Blättern 
bei 90° bald vernichtet wurde. 

Der Winterfermentation folgt bei uns gemeiniglich im April oder Mai 
noch eine zweite Periode, in der der Tabak zum Warmwerden neigt und 
die sog. Maifermentation durchmacht. 

Störungen im Fermentationsprozeb werden wohl, soweit es sich um 
Organismen dabei handelt, nur durch allzu grobe Feuchtigkeit verursacht, 


welche das Auftreten von Fäulniserregern und damit von Fäulnisvor- ze 


gängen zur Folge hat. Gefunden werden in Fermentationsräumen als 
Fäulniserreger am Tabak die bereits früher erwähnten Fadenpilze, ins- 
besondere Botrytis. Eine Fäulnis durch Buttersäurebakterien beobachtete 
BEHRENS (5) einmal in einem Tabakballen, der Feuchtigkeit angezogen hatte. 


$ 3. Weitere Behandlung des Tabaks. 


Behufs weiterer Veredelung wird der Tabak nach der eigentlichen 
Fermentation den verschiedensten Behandlungsarten unterworfen. Solche 
Zwecke verfolgen das Mischen verschiedener Sorten, das Rösten, das 
Auslaugen, das Altern. Wasser (1) faßt die Wirkung des letzteren als 


Folge einer „feinen unmerklichen Gärung* auf. Ob dabei Organismen s 


beteiligt sind, ist zweifelhaft, allerdings nicht unmöglich, da die Wirkung 
des Alterns am besten und schnellsten durch Lagern an einem mäßig 
feuchten Ort bei beschränktem Luftzutritt erreicht wird. Ungleich 
schneller erreicht man denselben Zweck durch einen zweifellosen Gärungs- 


prozeb. Dabei setzt man den Tabakblättern vielfach zuckerhaltige Stoffe »: 


und Hefe, stets Wasser zu. Rezepte zu solchen Saucen findet man bei 
HrrmestÄor (1), Wacner (1), Kıssuiıne (1), KouLter (1). Rezepte zu 
Saucen, wie sie in Nordamerika zum gleich zu besprechenden Petunieren 
des Tabaks verwendet werden, teilt Loew (8) mit. In vielen Tabakbau- 
gebieten Amerikas packt man den Tabak, solange er noch feucht ist, 


ganz fest in Fässer, wo er gärt und infolgedessen mehr oder weniger 


verbessert wird. Spezielle Untersuchungen über diese Nachgärungen 
gibt es bis jetzt nicht. Eine Art Impfverfahren, wie es zu derartigen 
 Nachgärungen angewendet wird, teilen Semuer (1) und nach ihm 
 Hanausex (1) mit. Es handelt sich um das Petunieren des Tabaks. In 
der ursprünglichen Form, wie dasselbe auf Cuba üblich ist, wählt man 
dazu einige beschädigte und daher für die Zigarrenfabrikation minder- 
_ wertige Blätter aus, die jedoch von untadelhaftem Aroma sein müssen, 
und legt sie etwa 8 Tage in Wasser, bis sie verfaulen. Nachdem die 


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Tabakernte die Fermentation durchgemacht hat und trocken geworden 


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ist, öffnet man die einzelnen Tabakbüschel und besprengt die Blätter 


mäbig mit diesem Wasser, jedoch sehr vorsichtig und derart, daß die 


Blätter nicht zu feucht werden, weil jedes Blatt, das zu sehr benäßt 
oder gar durchweicht wird, in Fäulnis übergeht. Dann bindet man die 
saus 20—50 Blättern bestehenden Büschel wieder zusammen und hängt 
sie für einige Stunden in das Trockenhaus, um das überschüssige Wasser 
verdunsten zu lassen. Sobald das geschehen ist, werden die Büschel 
festgeprebt in Kisten verpackt, in denen sie bleiben bis zur Ueber- 
weisung an die Fabrikarbeiter. Haxauser (1) hat in seiner Mitteilung, 
ıo wohl mit Recht, angenommen, daß in den Kisten eine Gärung stattfindet, 
verursacht durch die mit dem Mazerationswasser der edlen Blätter zu- 
geführten Gärungsorganismen, und er macht darauf aufmerksam, wie 
analog dieses Verfahren dem von SuchsLanp und von Koch angestrebten 
Verfahren der Fermentation mit rein gezüchteten Bakterien ist. Nach 
ıs Lorw’s (1) wird die Wirkung des Petunierens, das auch in Nordamerika 
vielfach Anwendung findet, meist überschätzt. Nach ihm ist der wirk- 
same Bestandteil der Petunierflüssigkeit das bei der Fäulnis von Tabak- 
blättern oder -stengeln entstandene kohlensaure Ammon, das die Alkali- 
nität des behandelten Tabaks erhöht, wodurch die Wirksamkeit der 
»»0xydierenden Enzyme gesteigert wird. Vielfach verwendet man bei der 
Bereitung der Petunierflüssigkeit direkt Ammoniumkarbonat. Im übrigen 
bedient man sich der verschiedensten Zusätze (Rum, Melasse, Wein) zur 
Bereitung des „petuning liquid“. SPLENDOoRE (3) fand bei einer experi- 
mentellen Untersuchung des Petunierens, dab das Ammoniumkarbonat 
ssnur das Aroma deutlicher und penetranter hervortreten läßt, während 
Petunieren mit Flüssigkeiten aus T’abakblättern verschiedener Herkunft 
(Brasilien, Ungarn, Havanna, Kentucky) bereitet, entgegen der Ansicht 
Lorw’s den Geschmack und die gesamte Qualität des Tabaks wesentlich 
verbesserte. Indes wirkten dabei die aus verschiedenen Tabaken be- 
so reiteten Petunierflüssirkeiten ganz gleich. Gleichzeitige Behandlung mit 
„Petun“* und Ammoniumkarbonat verbesserte sowohl Geschmack wie 
Aroma. 
Von sehr günstiger Wirkung auf die Qualität von schwerem Tabak 
des Kentuckytypus, der sonst behufs Verwendung zur Zigarrenfabrikation 
ss durch Rösten oder Packung in Tonnen verbessert wird, fand SPLENDORE (2) 
das Pasteurisieren in strömendem Dampf, wobei die Temperatur 60—100 ® 
erreichen soll. Je höher die Temperatursteigerung in dieser Grenze ist, 
und je länger andrerseits die Erwärmung dauert, um so günstiger wirkt 
sie, desto eher und ausgeprägter tritt der charakteristische Brotgeruch, 
so das Charakteristikum gut verlaufener Fermentation, auf. Neben ihm 
macht sich ein Nebengeruch („odore viroso“) infolge Verflüchtigung von 
Ammoniakbasen und geringen Mengen Nikotin geltend. Der Geschmack 
wird verbessert und die Farbe eine gleichmäbigere und dunklere. End- 
lich wird der Tabak durch das Pasteurisieren haltbarer, was wohl damit 
szusammenhängt, daß durch das Pasteurisieren (Erhitzen auf 100° 
15 Minuten lang) nach SPLENDORE die Schimmelpilze, Hefen und Bakterien, 
welche sich auf dem rohen Blatt finden, großenteils getötet werden. 
Nicht immer ist das Altern des Tabaks von Vorteil für die Qualität. 
Daß unter Umständen sich Organismen entwickeln können, welche die 
so (Qualität ganz außerordentlich schädigen, kennt jeder vom Schimmeln 
der Zigarren her, als dessen Ursache Benrenxs (5) den allverbreiteten 
Aspergillus glaucus in verschiedenen Fällen auffand. Nach SpLEXDorE (1) 
ist auch die bereits erwähnte Oospora nicotianae, die auf starken Zigarren 


“3 


| 
| 
| 


und auf fermentierenden Haufen effloreszenzartig, als .‚foritura“, weiße 
Blüte des Tabaks, auftritt, ein arger Schädiger der Qualität (Aussehen 
und Aroma). Sie verlangt einen Wassergehalt des Tabaks von mindestens 
26 Proz. und nicht über 32 Proz., sowie sauere Reaktion. Bei 40 ° gedeiht sie 
nicht mehr, würde also auch von den äußeren Büscheln der fermentierenden 
Stöcke durch Halten dieser Temperatur in den Fermentationsräumen sich 
fernhalten lassen. In Zigarren wäre der Wassergehalt auf 25 Proz. herab- 
zumindern. Befallene Tabake müssen pasteurisiert werden. 

Für die speziellen Gärungen, welche der für Schnupf- und Kau- 
tabakfabrikation bestimmte Tabak durchmacht, liegen von französischer 
Seite eine Zahl von Arbeiten vor. Diese Gärungen werden ähnlich wie 
bei der Veredelung des Rauchtabaks eingeleitet. Diejenigen, welche 
speziell der Schnupftabakfabrikation eigentümlich sind, können wir unter- 
scheiden, je nachdem der Tabak im fein zerschnittenen oder gepulverten 
Zustande fermentiert wird, oder ob er, in die Form sog. Karotten ge- 
bracht, eine noch länger dauernde langsame Fermentation durchmacht. 

Mit Rücksicht auf die lange Zeit, welche die Fabrikation von 
Karottentabaken in Anspruch nimmt, und auf den infolgedessen ein- 
tretenden Zinsverlust hat man sich jetzt meist der ersteren Methode, der 
Fabrikation des Räpe, zugewandt, und insbesondere stellt auch die fran- 
zösische Regie den meisten Schnupftabak nach dieser Methode her. ein 
Umstand, dem wir eine Anzahl ausgezeichneter Arbeiten über die dabei 
stattfindende Gärung verdanken. Die Temperatur steigt hier viel höher 
als bei der ersten Fermentation, und es können auch Fälle von Selbst- 
entzündung vorkommen. Bezüglich des Einflusses der Luft auf die 
Gärung des Schnupftabaks haben Pınar und GroOUVELLE (1) gezeigt, daß 
nur in einer Zone, die in gewisser Entfernung von der an die Luft 
grenzenden, Wärme ausstrahlenden Oberfläche beginnt und ebenso nach 
dem Innern des Haufens hin begrenzt ist, die Gärung eine relativ schnelle 


und zufriedenstellende ist. BELHomMmE (1) hat durch Versuche die hohes 


Wichtigkeit des richtigen Wassergehaltes für die Schnupftabakfermen- 
tation bewiesen. Schon geringe Unterschiede von 1 Proz. riefen große 
Schwierigkeiten und lästige Unannehmlichkeiten bei der Fermentation 
hervor. Wichtiger als die eben erwähnten Untersuchungen sind jedoch 
die Arbeiten ScuLösınd's. 

Schon der ältere SchLösınG hat den Chemismus der Räpefermen- 
tation behandelt und gefunden, daß die Schnupftabakfermentation wesent- 
lich in einer lebhaften Verbrennung der organischen Substanz auf Kosten 
des atmosphärischen Sauerstoffs besteht. ScHuösıns FIns (1), dessen 
erster Arbeit dies entnommen ist, stellte sich dann die Frage, ob die 
Fermentation ein rein chemischer Vorgang sei, oder ob sie auf der Ent- 


wicklung und Tätigkeit von Mikroorganismen beruhe. Er kommt auf 


Grund seiner Versuche zu einer vermittelnden Ansicht. Größere Mengen 
Schnupftabak vom üblichen Feuchtigkeitsgrad (ca. 30 Proz.) werden in 
Metallgefäße eingeführt, zum Teil bei 115—120° C unter einem UVeber- 
drucke von einer Atmosphäre sterilisiert und dann Luft durchgeleitet, 
und zwar mittels eigens Konstruierter Apparate durch alle Gefäbe einer 
Versuchsreihe in der Zeiteinheit gleich viel Luft. Bei einem Teil der 
Versuche wird dem sterilisierten Tabak in einem Apparat nachträglich 


10 
[371 


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etwas fermentierender Schnupftabak beigemischt. Die eingetretene » 


Fermentation wird in den Versuchsreihen, in denen eine konstante Tempe 
ratur (40 oder 70 ®) angewandt wurde, durch die entwickelte Kohlensäure, 
in der Versuchsreihe, in der die Gefübe nur durch Einsenken in Sügemehl 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle, Bd, \ 4 


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vor Wärmeabgabe geschützt wurden, durch die eintretende Selbster- 
wärmung gemessen. Im letzteren Versuche wurde die Entwicklung von 


Mikroorganismen in einem Teile der Tabakproben durch Chloroform- 


dämpfe verhindert. Die Resultate der vier durchgeführten Versuchs- 
sreihen, die zum Teil mehr als 5 Monate dauerten, gibt ScuLösıng mit 
folgenden Schlußworten an: „La combustion lente qui s’accomplit dans 
les masses de tabac pour poudre commence a la temperature ordinaire 
sous l'influence dominante de ferments organises. A partir d’une cer- 
taine temperature non encore exactement fixee, superieure A 40°, in- 

ı ferieure A 70° et tres probablement meme A 50", elle ne consiste plus 
qwen une action purement chimique & laquelle les organismes vivants 
restent &etrangers.“ 

Der Beweis für diese Ansicht ist exakt geführt, im Falle wirklich, 

wie ScHzösıne angibt, das 1’/,stündige Erhitzen genügt hat, den sämt- 

ıslichen Tabak (3,86--10 kg) der betreffenden Apparate zu sterilisieren. 

Im anderen Falle könnte immerhin die bei 70° stattfindende kräftige 

Fermentation auch auf der Tätigkeit thermophiler Bakterien beruhen, 
die bei dieser Temperatur das Optimum ihres Gedeihens fänden. 

In der Fortsetzung der Untersuchungen beschreibt SchLösıne (2) 

»o weitere Versuche. Zunächst zeigte sich, dab die Kohlensäureentwick- 
lung, also die Fermentation, ganz gleich stattfindet, ob man den zu 
fermentierenden Tabak (nicht sterilisiert) infiziert mit Schnupftabak aus 
ganz verschiedenen Zonen eines fermentierenden Stockes oder nicht, 
natürlich bei gleicher Temperatur (36° C). Die Organismen, welche die 

25 Fermentation einleiten, müssen also im Tabak sehr gleichmäßig verteilt 
sein. Weitere Versuche behandeln die Frage der Fermentation bei ver- 
schieden hohen Temperaturen, und zwar wurden zunächst je eine steri- 
lisierte (115°) und eine unsterilisierte Probe unter stetem Durchleiten 
von Luft bei 39, 70 und 80° gehalten. Es zeigte sich zunächst, dab 

3odie rein chemische Verbrennung (im sterilisierten Tabak) sich mit der 
Temperatur schnell steigert, und daß die Atmungs- und Gärtätigkeit 
der Mikroorganismen, welche zusammen mit der rein chemischen Ver- 
brennung in der Kohlensäureproduktion der nicht sterilisierten Tabak- 
proben ihren Ausdruck findet und bei 39° sehr bedeutend ist, bei 70° 

35 vollständig verschwindet. So betrug die Kohlensäureproduktion, bezogen 
auf 1 kg trockenen Tabak und 24 Stunden, am 16. Tage bei 39° 0 für 
den sterilisierten Tabak 0,14 &, für den nicht sterilisierten 1,18 g, bei 
70° dageren für den ersteren 1,26 g, für den letzteren 1,16 g und bei 
80° für ersteren 3,14 g, für letzteren 3,04 &. Auch bei 100°, wo Or- 

40 ganismentätigkeit so gut wie sicher ausgeschlossen ist, fermentierte der 
Tabak unter noch weit kräftigerer Entwicklung von CO, sehr gut und 
hatte bereits in 10—12 Tagen die Eigenschaften eines guten Schnupf- 
tabaks angenommen, ein Ziel, das beim gewöhnlichen Verfahren erst 
nach 2 Monaten erreicht wird. 

45 In einer dritten Arbeit führt Schwösıne (3) weiter den Beweis, dab 
bei der Fermentation des Schnupftabaks in der Praxis ein Teil der ent- 
bundenen Kohlensäure aus der organischen Substanz des Tabaks selbst 
ohne Beteiligung des atmosphärischen Sauerstoffs entsteht, vielleicht 
also durch die Tätigkeit anaörobiotischer Organismen entbunden wird. 

so Brennbare Gase werden nicht zebildet. Scnwösins bildet auch einige 
mit Hilfe von Gelatineplatten isolierte Bakterien, ein Stäbehenbakterium 
und einen Diplokokkus, ab, die in fermentierendem Tabak sich in Un- 
masse finden sollen. Ihr Wachstumsoptimum lag bei 35° C. 


enge 


Weniger Material liegt vor für die Frage nach den weit länger 
dauernden Gärungen in den Karottentabaken. Karotten werden in der 
Weise hergestellt, daß man aus einer größeren Menge von saucierten 
und noch feuchten Blättern ein Bündel bildet von der Form eines 
beiderends zugespitzten Zylinders, einer sog. Puppe, die in Leinen ge- 5 
hüllt und mit Bindfaden umschnürt wird. Dann wird die Karotte ge- 
preßt und entsprechend stärker geschnürt, was eventuell mehrere Male 
wiederholt wird. Endlich läßt man die Karotten, wohlverpackt und 
vor Austrocknen geschützt, mehr oder minder lange lagern; selbst jahre- 
lange Aufbewahrung schadet der Qualität nicht, verbessert sie im 
Gegenteil. Eine gute Karotte muß sich in der Mitte wie Speck schneiden, 
woraus man auf ihren Feuchtigkeitsgehalt (in einem vom Ref. bestimmten 
Falle 29,09 Proz.) schließen kann. 

Daß Gärungen bei der Veredelung des Tabaks durch Karottieren 
eine Rolle spielen, ist wohl fragelos. Welcher Art dieselben sind, ist ıs 
noch unbekannt. BEHrEns (4) kam durch verschiedene Umstände auf 
die Vermutung, es möge sich dabei, vielleicht neben anderen Gärungen, 
auch um eine alkoholische Gärung handeln. Dafür spricht einmal die 
Tatsache, daß Alkohol und alkoholische Flüssigkeiten einen häufigen 
Bestandteil der Schnupftabaksaucen bilden, ein Hinweis darauf, dab der» 
Alkohol vielleicht kein ganz gleichgültiger Bestandteil eines Schnupf- 
tabaks ist. Andere Saucen enthalten regelmäßig Zuckerzusätze oder 
doch Zusätze von Fruchtsäften, Syrup, Honig und sonstigen gärfähigen 
Sachen, wie bereits erwähnt ist. Dazu kommt, daß auch der Zusatz 
von Weinhefe bei der Schnupftabakfabrikation häufig in Anwendung 3 
gebracht wird, wofür wieder auf WAGNER (1) und HermestÄpr (1) ver- 
wiesen werden mag. Es ist auch, wie Korrer (1) und WAGNER (1) 
übereinstimmend angeben, nicht gleichgültig, was für eine Hefe, ob eine 
Bier- oder eine Weinhefe, man verwendet; Bierhefe verleiht dem Schnupf- 
tabak einen unangenehmen Geruch, was sich vielleicht dadurch erklärt, 30 
daß, wie bekannt, verschiedene Hefen in gleichen Kulturtlüssigkeiten 
etwas verschiedene Bouquetstoffe erzeugen. 

In einer Karotte, welche Benrens untersuchte, wurde von den 
Produkten der alkoholischen Gärung des Zuckers Alkohol sicher nach- 
gewiesen und das Vorkommen von Glyzerin wenigstens wahrscheinlich 35 
semacht. Von Organismen, welche Urheber der Alkoholeärung hätten 
sein können, wurde jedoch nur Mucor racemosus, keine Hefe gefunden, 
deren Keime jedoch nach späteren Beobachtungen auf grünen und 
trocknenden Tabakblättern — andere wurden nicht untersucht — gar 
nicht selten vorkommen. Der Mucor entwickelte sich auch regelmäßig «4 
in Tabak, der mit Zuckerlösung durchtränkt und dann in Bechergläser 
eingepreßt wurde, um die Luft möglichst abzuschließen, und erregte 
hier ebenfalls alkoholische Gärung. Das läßt den Schluß auf ein all- 
gemeines Zustandekommen alkoholischer Gärungen in Tabak, der mit 
zuckerhaltigen Saucen imprägniert ist, als nicht ganz aus der Luft ge- 
griffen erscheinen. 

Auch Mıcıor (1) hat in seinem Aufsatze das häufige Vorkommen 
von Mucorarten, die er mit Mucor mucedo I. und M. flandus Pens, 
identifiziert, auf Tabak, speziell auf Karotten und gärenden Schnupf- 
tabakstöcken, erwähnt. Eine Rolle bei der Gärung schreibt er den» 
Pilzen nicht zu, hält sie überhaupt für harmlose Bewohner des Tabaks. 
Uebrigens läßt seine Schilderung, in der er das Mycel z. B. schildert 
als bestehend aus länglichen Zellen, die sich leicht vereinzeln, es minde- 


) 


5 


u re 


stens als sehr fraglich erscheinen, ob er wirklich Mucorineen vor sich 
gehabt hat. Wie es scheint, hat er jedenfalls auch Pilze der Gattung 
Aspergillus mit jenen verwechselt. 

Auch der Kautabak, zu dem man nur Schwergut verwendet, wird 
;svor dem Spinnen der Rollen mit zuckerhaltigen Flüssigkeiten sauciert, 
denen außerdem aromatische Bestandteile zugesetzt werden. Sicherlich 
sehen in den Rollen Gärungsvorgänge vor sich, über die indessen nichts 
bekannt ist. Verluste können durch Schimmel verursacht werden, der 
sich auf den Rollen gern ansiedelt. 


Literatur 
zum Kapitel Mykologie der Tabakfabrikation. 


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— (11) Jahresber. der Versuchsanstalt Augustenberg über das ‚Jahr 1902, S. 30. * Bel- 
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Washington 1900. — (6) Centralbl. f. Bakt., II. Abt., 1901, Bd. 7, S. 674. — (7)U. S. 
Department of Agriculture. Report Nr. 68. 1901. — (8) Bolletino teenico della coltiva- 
zione dei tabacchi, Anno II, 1903, S. 81. *Miciol, (1) Memorial des manufactures de 
l’etat, 1891, T. II, S. 182. *Mohr, E. €. J., (1) Verslag omtrent den staat van S’Lands 
Plantentuin te Buitenzorg over het jaar 1899, S. 82. *Müller-Thurgau, H., (1) Landw. 
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(1) Versi. Kon. Akad. v. Wetensch. Wis. en Nat. Afd. Amsterdam 1903, S. 48. — De 
indische Mercuur van 30. Juni 1903. *Pinat et G@rouvelle, (1) Memorial des manu- 
factures de l’etat, 1889, T. II, S.13. *Raciborski, M., (1) Verslag omtrent den staat 
van s’Lands Plantentuin over het jaar 1898, S. 83/84. *Schlösing, Th., (1) Memorial 


a 


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S. 119. — (3) Ibidem., 1891, T. II, S. 192. *Semler, (1) Tropische Agrikultur, I. Aufl., 
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finanziarie. Roma 1899. — (2) Bolletino tecnico della coltivazione dei tabacchi. Anno I, 
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burn of tobaeco. Annual report of the Connectieut Agrie. Exp. Station for 1891. New 
Haven 1892, S. 168. — (2) Stem rot. Ibidem, S. 184. *Suchsland, E., (1) Ber. d. D. 
bot. Ges., 1891, Bd. 9, S. 79. — (2) Ueber einen neuen Gesichtspunkt, die Qualität der 
Tabakfabrikate zu heben. Halle (Selbstverlag) 1892. — (3) Ueber das Wesen der Tabak- 
fermentation. Periodische Mitteilungen des Tabakvereins Mannheim, Nr. 38, 1892. — 
(4) Ueber die Edelfermentation der deutschen Tabake. Vortrag, gehalten in Cassel. 
1892 (Selbstverlag). — (5) Beobachtungen über die Selbsterwärmung des fermentierenden 
Tabaks. Sep. aus Festschrift der Latina zur 200jährigen Jubelfeier der Universität 
Halle/Wittenberg. 1894. *Tscherbatscheff, W., (1) Landw. Jahrbücher, 1875, 
Bd. 4, S. 77. *Vedrödi, V., (1) Zeitschr. f. analyt. Chem., 1896, Bd. 35, S. 309. 
*Vernhout, J. H., (1) De Beteekenis der microben voor de industrie. Batavia 1897. — 
(2) Teysmannia. Jahrg. 1898, Nr. 2/3. Rapport over het bacteriologisch onderzoek van 
gefermenteerde tabak. — (3) Mededeelingen uit s’Lands Plantentuin. 1899. XXXIV: 
Önderzoek van bacterien bij de fermentatie der tabak. * Wagner, L. von, (1) Tabak- 
kultur, Tabak- und Zigarrenfabrikation. Weimar 1888. 


(Manuskript-Einlauf: 
9. Januar 1904.) 


2. Kapitel. 


Mykologie der Gerberei. 


Von Reg.-Rat W. Eırner, 
Direktor der k. k. Lehr- und Versuchs-Anstalt für Lederindustrie in Wien. 


$ 4. Haltbarmachung der Rohhäute. 


Die Gerberei ist eine Industrie, in welcher mit der Tätigkeit ver- 
schiedener Arten von Mikroorganismen zu rechnen ist und wobei ein 
Teil derselben bekämpft, ein anderer aber zur Mithilfe herangezogen 
wird. Eine der Hauptaufgaben der Gerberei ist es, die tierische Haut 
so zu behandeln, dab sie der Zersetzung durch Fäulnis, welcher sie in 
ihrem natürlichen Zustand sehr leicht verfällt, möglichst großen Wider- 
stand leistet, zugleich aber auch Eigenschaften erhält, durch welche das 

aus ihr gewonnene Leder den verschiedenen Zwecken dienen kann. 
Bekämpft müssen hier vor allem anderen jene Mikroorganismen werden, 
welche die das Hautgewebe bildenden geformten Teile der Lederhaut 
durch Auflösen zerstören können; für gewisse Zwecke aber solche, 
_ welche die plasmatischen Bestandteile der Hautfasern verflüssigen, wo- 
durch diese der Haut verloren gehen. Planmäßig benützt wird andrer- 
seits in der Gerberei die Tätigkeit von Mikroorganismen für die Er- 
zielung gewisser spezifischer Eigenschaften, durch welche dann das 
Leder den Charakter einer bestimmten Sorte, z. B. den des Sohlleders 
oder des Oberleders, erhält. 
t Da die tierische Haut von dem Moment an, in welchem sie ihrem 
Träger abgezogen wurde, der Einwirkung von Mikroorganismen aus- 


En) 


- gesetzt ist, und zwar gerade jener, welche sie durch Fäulnis entweder » 


zu schädigen oder zu zerstören vermögen, so muß sie, wenn sie nicht 
sofort, d. h. nach nur wenigen Stunden, zur Einarbeitung gelangt, gegen 
die obige Einwirkung geschützt, also konserviert werden. Dieselben 


ge 


Spaltpilze, respektive Saprophyten, welche Fleisch und andere tierische 
Gewebe in Fäulnis versetzen, sind es, welche auch die Haut schädigend 
angreifen. In wärmerer Jahreszeit tritt an der Haut merkliche Fäulnis 
schon nach zwei Tagen, in kälterer Jahreszeit oder in kalt eehaltener 

s Umgebung etwas später ein. Die Fäulnis ist zuerst auf der Haarseite 
wahrnehmbar, wo sie auch stets intensiver auftritt als auf der Fleisch- 
seite, weil jene von den zahlreichen, zwischen den Haaren sich befind- 
lichen Keimen zuerst infiziert wird. Die für längere Aufbewahrung be- 
stimmten Häute müssen daher konserviert werden. 

10 Die älteste Konservierungsart für tierische Haut ist das Auf- 
trocknen, bei welcher Operation die Haut gegen 60 Proz. Wasser ab- 
geben muß, wenn sie normal getrocknet und damit gegen Einwirkung 
von Mikroorganismen gesichert sein soll. Der Wassergehalt genügend 
durch Auftrocknen konservierter Haut lieet bei 12 Proz. Enthalten 

ıs die getrockneten Häute höhere Prozentsätze von Feuchtigkeit, dann er- 
leiden sie bei weiterer Aufbewahrung ebenfalls Schädigungen. Beträgt 
der Wassergehalt der Trockenhaut zwischen 16 und 20 Prozent, so 
können zweierlei Arten von Schädigungen eintreten. In dem einen 
Fall, wenn die Feuchtigkeit durch die ganze Hautmasse „leichmäßig 

» verteilt ist, tritt bei der Lagerung der Häute durch die Wirkung ther- 
mogener Bakterien Selbsterhitzung ein, durch welche eine molekulare 
Umsetzung der leimgebenden Substanz (Bindegewebe) sich vollzieht und 
eine sogenannte Verleimung der Fasern stattfindet. Diese kann eine 
vollständige sein, wobei das ganze Hautgewebe in eine sulzige Masse 

(Leim) verwandelt wird, oder eine unvollständige, bei welcher zwar die 
Form der Hautfasern noch erhalten bleibt, die letzteren aber ihre Gerb- 
fähigkeit ganz einbüßen. Das eben besprochene Vorkommnis tritt in der 
Regel bei leichteren Häuten (Fellen) auf. 

Bei schweren dicken Häuten, insbesondere jenen exotischer Provenienz 

so (südamerikanische Wildhäute, indische Büffelhäute), äußert sich die 
mangelhafte Auftrocknung anders. Diese Häute sind immer in den 
Außenpartien gut getrocknet, nur in ihrem Innern bleibt eine Schichte, 
welche mehr oder weniger feucht ist. In dieser feuchten Schichte tritt 
eine Gärung durch anaerobe Bakterien ein, welche diese Schichte des 

»Hautgewebes in eine käsige Masse verwandeln, die auch intensiven 
Käsegeruch zeigt. Die Haut spaltet sich, wenn sie erweicht wird, an 

jenen Hautstellen, an denen obige Gärung stattgefunden hatte, in zwei Teile. 

Eine andere Konservierung der Häute, welche gegenwärtig am 
meisten angewendet wird, ist das Salzen, bei welchem die Haut auf 

‚der Fleischseite mit Salz eingerieben wird. Letzteres wirkt wie bei 
anderen damit vorgenommenen Konservierungen durch Wasserentziehung. 
Eine noch nicht angefaulte Haut bedarf für eine genügende Konser- 
vierunge 20 Proz. ihres Gewichtes an Salz. In ähnlicher Weise wie 
Kochsalz wirkt durch Wasserentziehunge das calcinierte Glaubersalz 

santiseptisch. Auch gebrannter Gips wird (in Indien) als wasserent- 
ziehendes Mittel zur Förderung des Auftrocknens der Häute benützt. 
Arseniksaure Salze und Quecksilbersalze, weiche früher als Konser- 
vierungsmittel dienten, werden nicht mehr benützt, dagegen wird neuerer 
Zeit Pikrinsäure verwendet. 

50 Die oben erwähnte käsige Gärung tritt auch im Innern von ge- 
salzenen Häuten auf, wenn diese nicht genügend gesalzen waren, und 
zwar mit dem ganz gleichen Effekt des Auseinanderspaltens der Ware. 

In neuester Zeit werden in Argentinien die Häute vor dem Ein- 


H 


RS, VL FAR 


salzen sterilisiert, indem man sie in geschlossenem Raum den Dämpfen 
von Formaldehyd aussetzt. Dieselbe Behandlung erfahren auch Häute, 
welche aus verseuchten Gegenden stammen z. B. aus Indien, wenn dort 
Pest oder Cholera herrscht. Es ist indes nie Pest oder Cholera durch 
Häute verschleppt worden. Dagegen kommen in Gerbereien nicht selten 5 
Ansteckungen mit Milzbrand vor. Solche Häute werden mit Erfolg 
durch fraktionierte Behandlung mit Formaldehyddämpfen ungefährlich 
gemacht. 


$ 5. Zersetzungsvorgänge in der Weiche, beim Schwitzen, im 
Aescher und bei der Reinmacharbeit. 10 


Getrocknete Häute müssen, ehe sie in der Gerberei verarbeitet 
werden können, wieder aufgeweicht werden, bei welcher Gelegenheit sie 
abermals der Einwirkung von Bakterien und deren Ausscheidungspro- 
dukten ausgesetzt sind. Die Einwirkung auf die Häute in der Weiche 
ist um so intensiver, je älter dieselbe ist und je länger die Häute inıs 
ihr verweilen. Auch die Temperatur spielt hierbei eine Rolle. Dem 
Hautgewebe wird in der Weiche vornehmlich plasmatische Substanz ent- 
zogen. Um den Gefahren einer derartigen Weiche zu entgehen, benützt 
man dieangeschärften Weichen, d.h. solche Weichbrühen, welche 
mit 1—2 Proz. Schwefelnatrium oder Aetznatron versetzt sind. Diese » 
Weichen arbeiten bedeutend schneller und entziehen der Haut keine 
wertvollen Bestandteile; auch sind sie relativ nicht reich an aktiven 
Mikroorganismen. Für die Förderung der Erweichung der Häute werden 
auch mechanische Behelfe herangezogen. Gesalzene Häute erweichen 
rasch und ungefährlich in bloßem Wasser. 25 

Die weichgemachte Haut muß nun enthaart werden. Dies kann 
entweder durch Schwitzen oder im Aescher bewirkt werden. Das Ab- 
schwitzen der Haare ist ein planmäßig vorgenommener Fäulnisprozeß, 
bei welchem als Substrat für die Zersetzung die Schleimschichte der 
ÖOberhaut dient, durch deren Auflösung der Zusammenhang zwischen s 
Epidermis und Lederhaut aufgehoben wird. Da nun die Haare nur in 
Epidermisschichten sitzen, die in der Lederhaut eingestülpt sind, so 
müssen auch jene ihre Befestigung verlieren. Obschon nach den Unter- 
suchungen von ANDREASCH an geschwitzten Häuten vielerlei Arten 
von Bakterien vorkommen, so sind es doch zumeist Proteus vulgaris und 
Proteus mirabilis, welche den Hauptanteil an der Zersetzung der Schleim- 
schichte der Oberhaut nehmen. Das Absehwitzen der Häute ist ein ge- 
fährlicher Prozeß, da hierbei sehr leicht auch die Lederhaut von der 
Fäulnis ergriffen und zerstört werden kann. Diese Gefährlichkeit wurde 
bedeutend verringert durch die sogenannte kalte Schwitze, welches 
in Räumen vorgenommen wird. in welchen viel Wasser, durch geeignete 
Vorrichtungen (Sprayapparate) in feine Verteilung gebracht, enthalten 
ist, und in welchen weiter infolge der Bindung von Wärme dureh das 
fein verteilte Wasser Temperaturen unter 12° © herrschen. Unter 
diesen Umständen geht der Schwitzprozeß in der gleichen Zeit, aber ıs 
viel sicherer vor sich. Auch hier wurde von Axprkascn der Proteus 
als wirksamer Organismus gefunden. 

Die Lösung der Schleimschichte der Oberhaut wird auch auf che- 
mischem Wege durch Alkalien herbeigeführt: dies geschieht im Aescher. 
Kalk und Schwefelmetalle wirken hier am besten, in erster Linie dass 


) 


z 


Caleiumhydrosulfid. In Kalkäschern können zwar immer lebensfähige 
Bakterien nachgewiesen werden, welche durch die Häute und aus der 


Luft in dieselben gelangen, doch sind dies zumeist solche Arten, welche 


Gelatine nicht verflüssigen. AxprEascH gibt als hier vorhanden an: 
5 Bacterium arborescens, Dbac. subtilis, Sarcina alba und Sareina aurantiaca. 
In alten Aeschern kommen hingegen auch andere Bakterien vor, welche 
hauptsächlich, wie es die praktische Erfahrung dartut, die Plasmasub- 
stanz der Haut angreifen und die Häute daran entleeren. Die moderne 
Gerberei arbeitet demnach entweder in stets frisch gehaltenen reinen 
ıoKalkäschern oder in mit Schwefelmetallen (Schwefelnatrium, Schwefel- 
caleium, Schwefelarsenik), angeschärften Aeschern. Bei den Arsenik- 
äschern will man der Anwesenheit des Arseniks eine konservierende 
Wirkung für den Aescher zuschreiben, was aber weder bewiesen noch 
wahrscheinlich ist, weil hierbei das verwendete Arsenbisulfid (As, S,) 
ıs unter Bildung von Caleiumhydrosulfid in Reaktion tritt, während das 
schwarze, arsenhaltige Nebenprodukt vollkommen unlöslich und demnach 
unwirksam ist. 
Die enthaarten Häute werden gewaschen, d. h. für einige Zeit in 
Wasser geleet, um den in ihnen enthaltenen Kalk auszuwässern; es 
sotritt hierbei zunächst die Frage nach der Beschaffenheit des Betriebs- 
wassers in bakteriologischer Beziehung heran. Die verschiedenen Wässer 
enthalten mitunter zahlreiche Mikroorganismen, darunter auch solche, 
welche die Haut mehr oder weniger intensiv angreifen. Der Angriff 
richtet sich bei manchen Arten derselben bloß auf die Plasmasubstanz, 
» welcher Angriff öfters erwünscht ist (z. B. für Oberleder, nicht aber für 
Sohlleder) und wo dann das Wasser als günstig für gewisse Betriebe 
bezeichnet wird. Andere Arten aber greifen das ganze Hautgewebe 
an und zerstören dasselbe in einer den einzelnen Arten eigentümlichen 
Weise. Einige gehen mit ihren Kolonien in die Breite der Haut, andere 
sohingegen arbeiten in die Tiefe, so daß sie bald Löcher in der Haut aus- 
ätzen. Zu ersteren Arten gehören z. B. der weiße Bazillus Masche, 
der gasbildende Bazillus Eısesgere's, Bac. dentriticus,; zu letzteren der 
Bac. lactis albus und eine Anzahl Kokken. Die angegebene Wirkung 
‘der Wasserbakterien macht sich auf den Blößen nur dann geltend, wenn 
ssletztere in ruhendem Zustande sich längere Zeit (über 12 Stunden) in 
Wasser befinden. Man hat sich neuerer Zeit in der Gerberei dadurch 
von der Qualität des Wassers unabhängig gemacht, dab man dem Wasser 
solche Säure zusetzt, welche mit dem in den Blößen enthaltenen Kalk 
lösliche Salze bildet, und weiter, dab man die Blöße im Haspel bewegt, 
40 wodurch der Reinmachprozeß in so kurzer Zeit ausgeführt ist, dab selbst 
ein ungünstiges Wasser nicht schaden Kann. 


$ 6. Die Mistbeizen. 


Für die Herstellung jener Ledersorten, welche sich durch Weich- 

heit, Zügigkeit und Geschmeidigkeit auszeichnen sollen, ist es nötig, 
(daß die Blöße eine besondere Präparation erfährt, welcher in dem sog. 
Beizen besteht. Zweck des Beizens ist, daß ein Teil der plasmatischen 
Substanz der Hautfasern, namentlich jener, welcher das Zusammenhalten 
der Fibrillen zu primären und sekundären Faserbündeln bewirkt, gelöst 
und entfernt wird, wodurch entweder die sekundären Bündel oder sogar 
sodie Fibrillen, je nach Bedarf, isoliert werden. In je feinere Elemente 


oe 


die Bündel zerlegt werden, desto milder und weicher wird das Leder. 
Die Lösung der plasmatischen Substanz wird in den Beizen teils un- 
mittelbar durch die Bakterien selbst, teils durch Enzyme, welche die 
ersteren bildeten, bewirkt. Als Substrate für die Gärung in den Beizen 


wird Dünger, gewöhnlich Tauben- oder Hühnermist oder auch, und zwar ; 


für gewisse Zwecke, Hundedünger verwendet. Ueber diese Beizen hat 
J. Woop (1) in Nottingham wertvolle Arbeiten geliefert. Er fand in 
Hundemist 85 Proz. Wasser, 10 Proz. organische und 5 Proz. ininera- 
lische Substanz. Die organische Substanz besteht aus: Säuren (Ameisen- 
säure, Essigsäure, Buttersäure, Valeriansäure, Milchsäure, Malonsäure, 
Weinsäure, Citronensäure), Amidoverbindungen (Leuein, Tyrosin, Gluta- 
minsäure, Glutamin, Asparagin, Glycocoll), Basen (Amine, Skatol, Indol, 
Ammoniak). Die Säuren sind zum großen Teil an alkalische Erden und 
Amine gebunden. Die freien Säuren dienen in der Beize zur Bindung 
des Kalkes in den Blößen. Sterilisierte Beizbrühe wirkt ungenügend 
lockernd auf die Blößen, daher angenommen werden muß, daß auch der 
Tätigkeit der Bakterien in der Beize ein Anteil an deren Wirkung zu- 
zuschreiben ist. An Bakterien fand Woop ca. 40 Arten in einem In- 
fusum von Hundemist, darunter die meisten Arten der Luft- und Wasser- 
bakterien. AnDrEASCH (1) gab als die hauptsächlich in normaler Mist- 
beize wirkenden Arten Möerococcus prodigiosus, Bacillus megaterium, Bac. 
subtilis, Bac. aerogenes, Bac. gasoformans an. 

Bei einem Versuch, bei dem in der Beize sowohl die Enzyme der 
Mistbeize als auch die Amidokörper fehlten, war das Resultat ebenfalls 


ungenügend, so dab Woon» die volle Beizwirkung als Produkt der Wir-: 


kungen von Bakterien und von Enzymen ansieht, womit Woon meinen 
‘ früher (1) ausgesprochenen Ansichten beistimmt. Daraus erklärt sich 
die Verschiedenartigkeit der Wirkung zwischen Hundemist und Vogel- 
mist, da in beiden Arten verschiedene Nährsubstrate vorwalten und da- 
her verschiedene Enzyme entstehen. Ein Vorherrschen einzelner Bak- 
terienarten in den obigen Mistarten ist schwer festzusetzen, weil dies- 
bezüglich jeder Ansatz derselben Mistsorte sich verschieden verhält. 
Zuweilen treten aber in den Mistbeizen, wie dies ja leicht möglich 
ist, Bakterien auf, welche das Hautgewebe selbst angreifen und dieses 


mehr oder weniger beschädigen und schließlich sogar zerstören können. 


Es sind dies zumeist jene, welche schon im Wasser in gleicher Art 
wirken und oft mit diesem in die Beize gelangen; in der Regel sind es 
Kokken, welche hier schädlich wirken und namentlich das Narbengewebe 
angreifen. 

Die Gefährlichkeit des Beizprozesses für die Haut sowohl als auch 
das unappetitliche Hantieren mit dem Mist, dann auch der Gestank. 
welchen diese Beizen verbreiten, machte es schon längst wünschenswert, 
diese Operation auf andere Art auszuführen und es wurden auch viele 
Surrogate oder Krsatzmittel für die Mistbeize in Vorschlag gebracht. 


M. Bunker und Sohn in Prag gaben 1874 an, daß sie in dem Peruguano, « 


dessen Infusum sie mit Soda neutralisierten, gute Beizeflfekte erzielten. 
Im Jahre 1881 brachte H. E. Sımox unter dem Namen Phosphor- 
butyralin einen Hundemistersatz in Handel, welcher aus gegorenen 
Pektinkörpern, von der Zuckerfabrikation herrührend, bestand. Er be- 


+ 


I 


x 


0 


30 


) 


friedigte die Praxis nicht. Als gutes Ersatzmittel für die Kotbeize 


wurde von mir (2) eine aus dem in der Gerberei beim Strecken der 
Häute abfallenden Fleisch bereitete Bouillon, die mit einem Infusum von 
Hundemist in Gärung versetzt wird, angegeben. Neuester Zeit wird 


A 


als Hundekotersatz unter dem Namen Erodin ein Präparat in den 
Handel gebracht, welches durch Gärung von Fleischmehl und Knochen- 
mehl mittels der Reinkultur eines besonderen Bakteriums (Dact. erodiens) 
hergestellt werden soll. Smaıc (1) fand bei der Untersuchung desselben, 
sdab es durch Vergärung von Fleischmehl mit Hundekot dargestellt ist. 
Die Wirkung des Erodins ist eine gute. 


S$S 7. Die Kleienbeize und die kombinierten Beizen. 


Manche Ledersorten, welche besonders zügig sein sollen, z. B. Hand- 
schuhleder, bedürfen neben der durch Mikroorganismen und Enzyme er- 
ıhaltbaren Lockerung noch eine andere, welche zwar gleichfalls durch 
Gärungsvorgänge hervorgerufen wird, die aber auf dynamischem Wege 
ihre Wirkung durch Ausdehnung des Fasergewebes üben. Es ist dies 
die Kleienbeize. Gut gewaschene Weizenkleie wird mit warmem Wasser 
übergossen, worauf man die Fellblößen in diese Beize einbringt. Es 
tritt sehr bald eine Gärung ein, welche durch einen gasbildenden, von 
Woop als Dac. furfuris bezeichneten Spaltpilz hervorgerufen wird. Durch 
die hier reichlich entstehenden Gase (Wasserstoff, Kohlensäure, Methan) 
werden die Blöben sozusagen aufzeblasen, so daß sie später den zur 
Gerbung dienenden „Nahrungsbrei“ ent aufnehmen können. Mit dieser 
»» Wirkung der gasfürmigen Produkte des Daec. furfuris!) ist die Aufgabe 
der Kleienbeize beendet. Später treten in der Kleienbeize noch andere 
Gärungen ein, von welchen höchstens die nun nachfolgende Milchsäure- 
gärung zuweilen ausgenützt wird, indem man sie zum Entkalken von 
Blößen, die aus dem Aescher kommen, verwenden kann. Sehr bald aber 
sbeginnt hier die böse Wirkung des BDacillus lactis albus, welcher Löcher 
in die Blößen bohrt, so daß eine alt gewordene Kleienbeize viel ge- 
fährlicher ist als irgend eine Mistbeize. Statt der Milchsäuregärung 
tritt manchmal sofort Essigsäure- oder auch Buttersäuregärung ein, wo- 
nach die Blößen glasig aufschwellen und mürbe werden. Auch ereignet 
s»osich manchmal ein plötzliches Faulwerden der Kleienbeize, wobei die 
Blößen bläulich anlaufen, löcherig werden und leicht zerreiben. Diese 
Vorkommnisse sind, da sie nur sporadisch auftreten, noch nicht studiert. 
Beim Glasigbeizen wurde konstatiert, dab durch Sproßpilze Alkohol ge- 
bildet und dieser rasch in Essigsäure umgewandelt wird [Eırser (3)]. 
35 Eine ganz eigentümliche Form von abnormer Wirkung der Kleien- 
beize tritt in Gerbereien häufig auf. Ohne daß an der Beizflüssiekeit 
selbst etwas wahrzunehmen wäre, zeigt sich an der Oberfläche eine 
schmierige, weißlich graue Schichte, welche antänglich in kleinen Rasen 
auftritt, die allmählich anwachsen. Nach dem Abziehen der Blöße be- 
merkt man, dab deren Narbe an allen jenen Stellen, welche von dem 
Rasen bedeckt waren, ihren Glanz verloren hat oder, wie man es nennt, 
blind geworden ist, welchen Fehler das Leder auch dann in gegerbtem 
Zustand zeigt. Dieser schleimige Rasen erweist sich bei der Unter- 
suchung [Eırser (4)| als eine Zooglöa des Baeillus megaterium, welcher, 
obwohl in den Betriebswässern häufig vorhanden, doch immer nur in 
der Kleienbeize zu größerer Entwicklung und zur Zooglöenbildung kommt. 
Gerbereien, welche ihr Betriebswasser aus Gerinnen beziehen, in welche 
die Abwässer aus oberhalb der Gerberei gelegenen Brauereien oder aus 
Stärkefabriken einfließen, haben periodisch mit diesem Uebel zu kämpfen. — 


50 !) Zuf. AnpreascnH (1) ist Bac. furfuris identisch mit Bac. gasoformans. 


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Um bei der Herstellung solcher Ledersorten, welche zweimal gebeizt 
werden müssen, nämlich zuerst in der Mist-, dann in der Kleienbeize, 
diese Operation zu vereinfachen, wurden Vorschläge gemacht, beide Beizen 
zu vereinigen, also eine kombinierte Beize anzuwenden. Das erste diesbe- 
zügliche Verfahren wurde 1878 von Knarp in Halberstadt angegeben und > 
besteht darin, daß weiber Hundemist mit kaltem Wasser angerührt, dazu 
grobe Kleie gemengt und das Ganze vergären gelassen wird. Die ver- 
gorene Masse wird extrahiert, mit Natriumbikarbonat neutralisiert und 
dann damit die Beize warm angestellt. Bei richtigem Mischungsver- 
hältnis (1 Teil Mist, 2 Teile Kleie) wirkt diese Beize zufriedenstellend ıo 
in der Glacegerberei. Für Zwecke der Rotgerberei wird die Vergärung 
warm vorgenommen. Peptonisierung der Plasmasubstanz und Hebung 
des Hautgewebes durch Gase gehen hier gleichzeitig vor sich. Ein ehe- 
dem als Beizmittel angewandtes Material war ein Infusum von Hafer- 
stroh, welches man einige Zeit hindurch spontaner Gärung überließ. ı 
Der Verfasser (5) fand bei Untersuchung solcher Beizen, dab der haupt- 
sächliche Gärerreger darin der Heubazillus, Dacillus subtilis, ist und 
stellte durch Versuche mit Reinkulturen davon fest, dab diesem Spalt- 
pilz und seinen Enzymen eine sehr gute beizende Wirkung zukommt. 
Da aber Stroh ein sehr dürftiges Nährsubstrat ist, wurde versucht, mit zo 
günstigeren Nährböden konzentriertere Beizen für verschiedene Zwecke 
herzustellen. 

Für Zwecke der Lohgerberei wurde eine Beize hergestellt, indem 
Bohnenmehl durch Heubazilluskultur vergären gelassen wurde. Diese 
vergorene Masse dient, mit Wasser verdünnt, als Beize Billiger und» 
für Rotgerbereien bestimmt ist folgender Beizansatz: Rohes, unge- 
waschenes Leimleder wird verkocht, das Gel&e abgeseiht, mit Heu- 
bazillenkultur versetzt und vergären gelassen; nach zwei Tagen ist die 
Beize gebrauchsfähig. Für Zwecke der Glacegerberei wird mit diesem 
Ansatz eine kombinierte Beize angestellt, indem man dem vergorenen 30 
Leim Kleie zusetzt und dann sofort das Beizbad anstellt. Setzt man 
diesem Bad etwas Natriumthiosulfat zu, so entwickelt sich bei dieser 
Beize statt Wasserstoff und Sumpfgas Schwefelwasserstoff, welcher kalk- 
lösend wirkt, aber die Beize sehr übelriechend macht, so dab letzteres 
Experiment nur von theoretischem Interesse ist [Eırner (6). Eine An-x 
zahl anderer Vorschläge und auch Patente auf Ersatzmittel für gärende 
Beizen sind in neuerer Zeit aufgetaucht, ohne aber in der Praxis Ein- 
gang zu finden, so dab sich diese immer noch der besprochenen Beizen 
bedienen muß. 


© 


$S. Gärungsvorgänge in den Gerbbrühen. 


Ueber dieses wichtige Kapitel der Gerberei liert eine bedeutsame 
Arbeit von Frıeprıcn ANDREASCH (1) aus den Jahren 1895—1897 vor, in 
welcher nicht nur über die Bildung von Säuren, die für die praktische 
Ausführung des Gerbprozesses von großer Wichtigkeit sind, sondern auch 
über andere, den Ausfall des Gerbprozesses stark tangierende Zer- 
setzungserscheinungen wichtige Aufschlüsse geliefert wurden. Bei der 
Gerbung gewisser Ledersorten, in erster Linie von Sohlleder, dann auch 
von Treibriemen- und Zeugleder, ist nach den älteren Methoden die Mit- 
wirkung von Säuren bei der Gerbung notwendig, wenn dem Leder die 
nötige Festigkeit und Widerstandstähiekeit gegen Ausdehnung bei-s 


- 


IE. 


gebracht und dabei auch die möglichst intensive Gerbung erteilt werden 
soll. Durch die Säuren werden die Hautfasern in Schwellung versetzt, 
in welchem Zustand dieselben befähigt sind, am meisten Gerbstoff fest 
zu binden, wodurch eben ein steifes, zugfestes Leder entsteht. Bei 
sanderen Ledersorten hingegen, welche weich, milde und dehnsam sein 
sollen, z. B. Oberleder, ist die angegebene Wirkung der Säuren auf die 
Hautfasern nicht erwünscht. In den aus vegetabilischem Material her- 
gestellten Gerbbrühen sind stets die Bedingungen für die Bildung von 
Säuren vorhanden, so dab es wünschenswert erscheint, die Bildung dieser 
Säuren dem jeweiligen Zweck angemessen regulieren zu können. Eine 
solche Regulierung erschwert sich aber dadurch, daß in den Gerbbrühen 
neben den Gärungsprozessen, welche die Säure liefern, noch andere 
Umsetzungsprozesse stattfinden. Die letzteren Produkte vermögen so- 
wohl den Einfluß der Säuren auf die Hautfaser zu alterieren als auch 
»auf diese eine selbständige Wirkung zu üben, durch welche der 
Oharakter des Leders und auch der Gang der Gerbung stark beeinflußt 
werden kann. Die Säurebildung sowohl als auch die anderen Um- 
setzungen in den Gerbbrühen werden zum allergrößten Teil durch die 
Tätigkeit von Mikroorganismen bedingt. Es war deshalb für eine ziel- 
»»bewußte Anwendung der Gerbbrühen die Kenntnis der Gärungsvorgänge 
in denselben von großer Wichtigkeit. Für diesen Zweck war es nötig, 
die in den Gerbbrühen auftretenden zahlreichen Mikroorganismen zu 
isolieren, ihre physiologische Wirkung auf die in den Gerbmaterialien 
und überhaupt beim Gerbprozeß mitspielenden Stoffe zu studieren und 
sendlich die für den letzteren wichtigen Mikroorganismen von den be- 
langlosen zu scheiden. Für die Isolierung der in Gerbbrühen, also 
neben mehr oder weniger Gerbstoff lebenden Organismen mußten spe- 
zielle Züchtungsmethoden gewählt werden. Als Nährböden wurden ver- 
wendet: Peptongelatine, Peptonagar, Bierwürzegelatine, oft unter Zusatz 
sovon Alkohol, ungehopfte Bierwürze, auch Lagerbier. ANDRrEASCH teilt 
die in den Gerbbrühen vorkommenden Mikroorganismen in drei Gruppen, 
wodurch es ermöglicht werden soll, eine Orientierung über die Art des 
Einflusses derselben, dann über die Anzahl der einzelnen Prozesse, die 
in den Gerbbrühen neben und hintereinander verlaufen, zu erhalten. 
> Die Gruppierung ist folgende: a) Fäulnisbakterien, b) Wasser- und Luft- 
bakterien, c) eigentliche Gärungserreger. 

In die Gruppe der Fäulniserreger reiht AnprzascH alle jene Mikro- 
organismen, welche man als Hautparasiten bezeichen könnte, und die 
mit den Häuten in die Brühen eingeschleppt werden. Die meisten davon 

ao erweisen sich als befähigt, Hautsubstanz aufzulösen, wodurch den Brühen 
jene Stickstoffmengen zugeführt werden, welche die eigentlichen Gärungs- 
erreger zu einer kräftigen Entwicklung benötigen, wozu sehr oft die in 
den Gerbmaterialien vorhandenen Stickstoffverbindungen nicht aus- 
reichen würden. Die Zersetzung von Hautsubstanz durch Bakterien 
sfindet sowohl in den ersten, schwächeren als auch, obschon in be- 
schränkterem Maße, bei weiterem Fortschreiten der Häute in stärkeren 
Brühen, und zwar auch in Gegenwart von Säuren, statt. Am bedeutend- 
sten ist sie in permanenten Farben, d. i. in solchen, in welchen die 
Brühe verbleibt und nur durch Nachfüllen von Wasser und jüngerer 
so Gerbbrühe und Gerbmaterial nachgebessert wird. In solchen alten 
Farbengängen findet durch zu starke Hautlösung eine bedeutende Ent- 
leerung der Haut an Substanz statt, so daß später ein leeres schwam- 
miges Leder resultiert. Allerdings werden auch, jetzt wohl nur in un- 


ea) 


“ rationell betriebenen Gerbereien, solche alte Brühen benützt, um Ledeı 
weicher und dehnsamer zu machen, dies jedoch auf Kosten der Festig- 
keit und des Gewichtsergebnisses. Die moderne Gerberei verzichtet auf 
diese lösende Wirkung der Gerbbrühen und beugt ihr sogar durch 


häufig frisch gestellte Farbengänge vor. Bei letzteren Farbengängen : 


finden sich noch in den ersten der Eintreibfarben viele von der Haut 
eingeschleppte Fäulnisbakterienarten. In den späteren Farben, in 
welchen der Gerbstoffgehalt und manchmal auch der Säuregehalt wächst, 
treten viele Arten zurück und zwar jene, welche auf neutrale oder 
schwach alkalische Nährböden reflektieren. Als Fäulnisbakterien, welche ı 
in älteren Gerbbrühen stets anzutreffen sind, führt AxprEaASscH an: 
Baeillus fluorescens liquefaciens, Dac. megaterium, bac. subtilis, Bac. me- 
sentericus fuscus, bac. mycoides, Bac. viscosus, Bac. liquidus, gasbildender 
Bazillus, Proteus vulgaris, Proteus mirabilis, Baeillus butyricus, weiber 


Streptokokkus (MAsScHER), wurmförmiger Streptokokkus (MAscHER), grauer ı3 


67 


Kokkus (Masche). 

In Brühen, in welchen geschwitzte und nach dem Schwitzen nicht 
genügend sterilisierte Häute eingetrieben sind, kommt es vor, dab ganze 
Hautstellen total verflüssigt werden, und Gruben (Muscheln genannt), 
ja sogar Löcher in den Häuten entstehen. An diesem Vorkommnis be-> 
teiligen sich hauptsächlich Proteus-Arten, welche sich an den betretfen- 
den Hautstellen in Kolonien ansetzen. 

Wasser- und Luftbakterien sind in Gerbbrühen in großer Menge und 
in vielen Arten vertreten. Sie gelangen aus der Luft oder aus dem Wasser 


a 


1 
rt 


oder auch mit den zugeschütteten Gerbstoffen in dieselben und da sie: 


hier günstige Lebensbedingungen vorfinden, vermehren sich viele Arten 
trotz anwesenden Gerbstoffes sehr stark. In letzterer Beziehung findet 
man in Gerbstoffextrakten von 25—30 Proz. Gerbstoffzehalt noch kräf- 
tiges Wachstum einzelner Sproßpilzarten. Gewöhnlich verhalten sich 
diese Wasser- und Luftbakterien, mit Ausnahme einiger abnormer: 
Wasserbakterien, dem Gerbprozeß gegenüber scheinbar inditferent, das 
heißt, sie rufen weder Fäulnis hervor, noch bilden sie Säuren in be- 
trächtlichen Mengen. Dagegen nehmen sie an der Aufzehrung der Nähr- 
stoffe teil und liefern in einzelnen Fällen den Gerbprozeb schädigende 


os 


Zersetzungsprodukte Als in Brühen am häufigsten vorkommende, in: 


die zweite Gruppe eingereihte Bakterien wären anzuführen: Pedio- 
kokken und Sareinen, Micrococeus flavus liquefaciens und Diplokokkus; nicht 
selten kommt auch Crenothrix Kühniana in der Brühe vor, deren Her- 
stammung immer auf das Betriebswasser zurückgeführt werden kann 
(Schleimigwerden der Brühen). Zu den Luft- und Wasserkeimen, welche 
in Gerbbrühen vorkommen, sind zu zählen: Penieillium glaucum, welches 
sich in der Regel in starken und stark sauren Brühen ansiedelt, Mucor 
mucedo und Oidium lactis. 


_ 


$ 9. Eigentliche Gärungserreger in den Lohbrühen. 


J 


1) 


Obwohl die bakteriologische Prüfung der Gerbbrühen eine große » 


Menge von Spalt- und Sproßpilzen aufweist, welche Säuregärungen ein- 
zuleiten vermögen, zeigt die chemische Analyse dieser Brühen, daß die 
Stoffwechselprodukte dieser vielen Arten von Mikroorganismen, wenig- 
stens in normal funktionierenden Brühen, nicht sehr zahlreich sind, da 
in größeren Mengen davon nur Aethylalkohol, Kohlensäure, Essigsäure s 


— 30 — 


und Milchsäure, eventuell auch Buttersäure, nachweisbar sind. Von 
diesen Gärungsprodukten sind die letzteren Säuren von Einfluß auf die 
Gerbung. Die in den Brühen und zwar hauptsächlich in frischen Brühen- 
zuerst auftretende Alkoholgärung wird durch Sproßpilze hervorgerufen, 

;sdie in manchen Brühen so reichlich heranwachsen, dab sie die Spalt- 
pilze überwuchern. Es sind dies hauptsächlich: Saccharomyces Pastori- 
anus, S. ellipsoideus, dann auch $. apieulatus, daran schließen sich Torula, 
Rosahefe und orangegelbe Torula. Saecharomyces ellipsoideus und S. api- 
culatus finden sich öfters in Brühen, die aus Früchtengerbstoffen auf 

wkaltem Wege hergestellö wurden. 

Als } Nährsubstrat für die Alkoholbildung dienen die in den Gerb- 
materialien als Nichtgerbstoffe angesprochenen Kohlenhydrate, von 
welchen nur die Dextrose mit Sicherheit nachgewiesen ist. Die Menge 
des gebildeten Alkohols steigt in der Regel nicht über 2 Proz.; nur in 

einigen ganz abnormen Fällen bis 3 Proz. 

“Der von den Sproßpilzen gebildete Alkohol wird durch gleichzeitig 
in den Brühen vorhandene Spaltpilze in Essigsäure verwandelt. Als 
Essigbakterien sind in den Gerbbrühen vorhanden: Baceterium aceti 
Hansen und Bact. Pasteurianum. Mycodermen bilden ebenfalls Essig- 

»säure, aber nur dann, wenn die Brühen in Ruhe bleiben. Schädlich 
werden die Mycoderma-Arten den Brühen dadurch, daß sie den Alkohol 
und die Essigsäure verbrennen, weshalb man die Bildung dieser Sprob- 
pilze durch häufiges Aufrühren der Brühen („Treiben“) zu verhindern 
sucht. _ 

25 Erst nach der Alkohol- und Essigsäuregärung tritt in den Gerb- 
brühen die Milchsäuregärung ein, welche von vielerlei Arten von 
Erregern ausgeht, so daß man von solchen in jeder Gerbbrühe, sei 
diese nun aus den Farben oder aus den Sätzen, meist mehrere 
Arten nachweisen kann; allerdings waltete in verschiedenen Stadien der 

»Gerbung je eine oder die andere Art vor. ANDREASCH teilt diese Er- 
reger in 4 Gruppen ein und zwar: a) Milchsäurebakterien der Milch 
(davon vorhanden Bacillus acidi lactici Huvrprpz, Bacterium acıdi laetiei 
GROTENFELT, Bacterium lactis acidi); — b) Milchsäurebakterien der Käse- 
reifung: Baecillus XIX ApamETZ in sehr alten peptonhaltigen Gerbbrühen, 

3 Bac. FREUDENREICHTI, Milchsäure bildende Tyrothrix-Arten in alten 
Sohllederbrühen; — ce) spezifische Milchsäurebakterien der Gerbbrühen: 
Milchsäurebakterium der Gerbbrühen I und II, Milchsäurebazillus der 
Gerbbrühen a und b und ein Mikrokokkus a: d) Milchsäurehefen: 
Saccharomyees acidi laclieci GROTENFELT, Spezifische Gerbbrühehefen «, ß, 7. 

‚0 Akzessorisch auftretende Milchsäurebakterien sind noch: Bac. acidi 2 
tici Pasteur in Myrobalanenbrühen nach heftiger Alkoholgärung; gas- 
bildender, verflüssigender Milchsäurebazillus, gern gesehen in Oberleder- 
Farben; Baeillus lactis viscosus, durch das Betriebswasser eingeschleppt. 
Die Arten der obigen Gruppen a, c, d sind als die normalen Milchsäure- 

serzeuger in den Gerbbrühen zu betrachten, bei deren Gegenwart die 
Gerbung normal verläuft. 

Buttersäuregärung kommt nur in Gerbbrühen vor, welche jahre- 
lang in Gebrauch gestanden sind, und auch da nur in geringem Maße; 
als Substrat dafür dient höchstwahrscheinlich der milchsaure Kalk, 

50 welcher sich in solchen Brühen in reichlicher Menge vorfindet. Uebrigens 
dürften die reichlich vorhandenen Peptone zur Bildung der Buttersäure- 
gärung beitragen. Als Erreger dieser Gärung fand Anprzasch (lostri- 
dium butyrieum PRAZMOWSKI. 


EN a 


Propionsäure kann, zufolge WrapıkA (1), chemisch in den Gerb- 
brühen nachgewiesen werden; dagegen war man nicht in der Lage, 
einen Erreger für diese Säurebildung in den Gerbfarben aufzufinden. 
Möglicherweise ist die Bildung der Propionsäure bloß eine Begleit- 
erscheinung anderer Gärungen. 

Ueber die Herkunft der verschiedenen Mikroorganismen in den 
Gerbbrühen wurden bereits Andeutungen gemacht, und zwar geschehen 
die Infektionen derselben durch das Hautmaterial, durch Keime der 
Luft und des Betriebswassers und endlich durch die Gerbmaterialien. 
Für die Feststellung, inwieweit die auf den ursprünglichen Gerb- 
materialien (im Gegensatz zu eingedickten Gerbstoffextrakten) befind- 
lichen Mikroorganismen sich an der Gärung der Brühen beteiligen, hat 
ANDREASCH Untersuchungen angestellt. Er fand, dab sich an frischen 
Fichten- und Eichenrinden, sowie an Myrobalanen Milch- und Essig- 
säurebakterien nur sporadisch nachweisen lassen, wobei diese auch aus 
der Luft herrühren konnten; Sproßpilze dagegen finden sich reichlich 
an den Gerbmaterialien. Im Gegensatz zu diesem übrigens ganz plau- 
sibel erscheinenden Befunde steht die Angabe von F. H. Häxteıs (1) 
über die Auffindung eines Bakteriums auf der Fichtenrinde, von ihm 


Bacillus corticalis genannt, welchen er als den eigentlichen Säuerungs-: 


erreger in Fichtenbrühen ansieht und daraus den Schluß zieht, daß die 
Säuerung in den Gerbbrühen durch spezifische, die Rinden bewohnende 
Bakterienarten (Rindenbazillen) hervorgerufen wird. ANDREASCH legte 
dar, daß Häxuveın durch die Wahl ungeeigneter Nährböden bei seinen 


Kulturversuchen zu obiger Annahme gelangte, und daß zudem dessen a 


Angaben auch insofern mangelhaft sind, als er es unterlassen hat, die 
Art der Säure anzugeben, welche durch den Bac. corticalis gebildet 
wird. Letzterer wurde bisher von niemandem wieder aufgefunden, so 
dab dessen Vorkommen, wie überhaupt das von spezifischen Rinden- 


bazillen als eigentliche Erreger der Säuerung der Gerbbrühen, bezweifelt: 


werden muß. Es liegt dagegen die Möglichkeit der Existenz von 
spezifischen Sproßpilzen an “bestimmten Gerbmaterialien vor, von 
- welchen eine Art von mir (7) an australischer Mimosarinde gefunden 
wurde. Dieser Pilz ist eine Mycoderma-Art, welche sich von jener, die 


- sonst häufig auf Gerbbrühe sich einstellt, morphologisch wenig unter- x 


scheidet. Sie bildet an der Oberfläche von mit Mimosarinde gegerbtem 
Leder Kolonien, welche an letzterem dunkle bis schwarze F lecken hinter- 
lassen, die total unvertilgbar sind. Die gewöhnlich auf Gerbbrühen vor- 
kommende Mycoderma zersetzt wohl den (rerbstoff, namentlich Gallus- 
gerbstoffe, in dunkel gefärbte Gerbstoffe, welche ebenfalls das Leder 
dunkel färben, doch geschieht dies dann durehwegs und nicht in Flecken. 
Lang stehende nicht gebrauchte Gerbbrühen er leiden durch Mycoderma- 
wucherungen auf der Oberfläche eine von oben nach unten fortschreitende 
Zersetzung des Gerbstoftes und eine Zerstörung ihrer Säuren, so daß 
solche Brühen ganz unbrauchbar werden. Bei Sumach und Galläpfel- 
brühen vollzieht sich die Umsetzung sehr rasch, so daß Brühen aus 
‚diesen Materialien in der Praxis nur sehr kurze Zeit in Benutzung 
bleiben können. Selbst Leder, welches mit Sumach gererbt wurde, wird, 
wenn es nab lagert, sehr bald durch die Tätigkeit von Myeodermen dunkel 
bis schwarz. 

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$ 10. Verschiedenheiten im Verlaufe der Gärungen in den Gerb- 
brühen. | 


Die Wirkungen der zahlreichen und verschiedenen Mikroorganismen, 
welche sich in den Gerbbrühen vorfinden, werden von den daselbst be- 
sfindlichen Nährstoffen stark beeinflußt. Die Nährstoffe, welche die 
einzelnen Gerbstoffmaterialien zu bieten vermögen, sind aber sehr ver- 
schieden, woraus sich erklärt, daß im Gerbereibetrieb diese Erscheinungen 
in sehr mannigfaltiger Art auftreten. Die Nährstoffe der Brühen ge- 
hören hier wie auch sonst der Kohlenstoff- und der Stickstoffnahrung 
an, aber es sind hier auch mineralische Nährstoffe nötig. Von den 
Kohlenstoffverbindungen, welche die Gerbmaterialien enthalten, wäre zu- 
nächst der Gerbstoff in Betracht zu ziehen. Durch eingehende Ver- 
suche, welche AxprEAscH ausführte, wurde festgestellt, was übrigens 
schon früher angenommen wurde, dab der Gerbstoff durch Spaltpilze nicht 
ıs zersetzt wird, wohl aber durch höhere Pilze, so z. B. durch Penicillium- 
Arten und auch durch Mycodermen. Der Gerbstoff äußert seinen Ein- 
fluß auf die Gärungen nur dadurch, daß mit steigendem Gehalt die 
Gärunesgeschwindigkeit abnimmt. Aufgehoben wird jedoch die 
Tätigkeit der Mikroorganismen auch nicht durch die höchsten Gerb- 
»stoffgehalte, welche in der Praxis vorkommen. So gerät z. B. Fichten- 
extrakt von 23 Proz. und Eichenholzextrakt von 25 Proz. Gerbstoft- 
gehalt unter günstigen Umständen spontan in Gärung, wobei durch die 
entwickelten großen Mengen von Kohlensäure die Gebinde, in welchen 
der Extrakt versendet wird, explodieren. 

PR Die Kohlenstoffnahrung in den Gerbbrühen bilden also die in den 
Gerbmaterialien vorhandenen löslichen oder zur Lösung gelangenden 
Kohlenhydrate, von welchen die Sproßpilze nur einzelne bestimmte 
Körper zerlegen (Dextrose, Lävulose, Invertose), während die Spaltpilze 
auch andere (darunter stickstoffhaltige) Verbindungen zerlegen und mit- 

sounter gerade auf diesem Wege die größten Anteile an Säuren, welche 
die Gerbbrühe dann enthält, liefern. Die Menge an gärungsfähiger 
Substanz, welche ein Gerbmaterial enthält, kann wohl nicht aus der 
Menge an löslichen Nichtgerbstoffen genau beurteilt werden, doch kann 
im allgemeinen gesagt werden: je mehr Kohlenhydrate darin enthalten 

ss sind, desto größer ist die Säuerungsfähigkeit des Materials, insbesondere die 
Bildung von Essigsäure. Die Entstehung der letzteren kann durch 
direkten Zusatz von Alkohol in die Gerbbrühen beschleunigt und auch 
deren Gehalt erhöht werden, wie dies in italienischen Gerbereien zu- 
weilen vorgenommen wird. 

40 Die Stiekstoffnahrung, welche die Mikroorganismen, in erster Linie 
die Milchsäurebakterien, zu ihrer Entwicklung in den Gerbbrühen neben 
der Kohlenstoffnahrung bedürfen, stammen teils aus dem Gerbmaterial, 
teils von gelösten Hautbestandteilen her. Größere Mengen von Milch- 
säure werden nur in Brühen gebildet, welche reicher an Stickstoffver- 

bindungen sind, die aus dem Gerbmaterial oder von gelösten Hautbestand- 
teilen herrühren. Im letzteren Falle ist die Milchsäurebildung bei 
Anwesenheit der nötigen Menge von Kohlenhydraten proportional der 
eelösten Hautsubstanz. Axpreascn hat auch nachgewiesen, dab an der 
Milchsäuregärung nicht nur die Stiekstoffsubstanz, aus gelösten Haut- 

;o bestandteilen herrührend, sondern auch die frischen Hautblößen oder 
selbst schwach angegerbte Haut beteiligt sind. Dies macht sich in der 


RAN 


Gerbereipraxis fühlbar, indem derartig in die Säurebildung mitein- 
bezogene Häute viel an Masse verlieren und ein schlechtes Gewicht 
liefern. Veranlaßt wird obiger Umstand, wenn die Häute längere Zeit 
in relativ schwachem (an Gerbstoff und Kohlenhydraten erschöpftem) 
Material belassen werden. 

Außer den besprochenen, teils normalen teils abnormalen Gärungs- 
vorgängen kommen hier und da noch andere abnormale vor, deren Ur- 
sache schwer ermittelt werden kann. Wie bei den Vorbereitungsarbeiten 
des Gerbprozesses, nämlich bei der Umwandlung der Haut in Blöße, hat 
sich die moderne Gerberei auch beim Gerbprozesse selbst von den Ein- 
flüssen der Gärungen und Zersetzungen möglichst frei zu machen ge- 
sucht, und sie verzichtet ganz oder zum großen Teil auf die früher günstig 
erachtete und als Notwendigkeit erkannte Wirkung der Säure bei Sohl- 
leder, als auch auf die lösende Wirkung der Fäulniserreger in den 


or 


0 


Farben der Oberledergerberei, da sie andere, sicherer arbeitende Mittel ıs 


kennen lernte, mittels welcher dem Leder jene spezifischen Eigenschaften 
beigebracht werden, die früher nur durch Gärungsvorgänge erreichbar 
waren. Die amerikanischen Gerber, welche uns in der Neuzeit in vielen 
Richtungen vorbildlich wurden, waren schon längst Gegner der sauren 
Gerbung und wendeten sogar Mittel an, um die Brühen nach Möglich- 
keit süß zu erhalten. Die vornehmlichsten davon sind rasche Erneue- 
rung der Gerbbrühen und Verwendung von starken Brühen, dann auch 
die Kombination der vegetabilischen Gerbung mit der mittels Metall- 
salzen. Die Wirkung von abnorm stark sauer verlaufenden Gärungen 
wurde früher durch Zugabe von Kochsalz zu den Brühen herabgemildert, 
indem dadurch die übermäßige Schwellung der Hautfaser zur ückgedr ängt 
wird. Zusätze von Neutralisier unesmitteln, wie Soda, kohlensaurer Kalk, 
wirken nur kurz, da nach Neutralisierung der Säure die saure Gärung 
mit erneuerter Heftigkeit ausbricht. Antiseptika erweisen sich wirkungs- 


los, da die meisten davon durch den Gerbstoff gebunden oder zerstört s 


werden. 


$ 11. Zersetzungserscheinungen an gegerbtem Leder. 


Wenn lohgares Leder feucht lagert und in diesem Zustand in 
Stößen aufgeschichtet ist, so treten eigentümliche Erscheinungen auf, 
welche auf Gärungsvorgänge zurückzuführen sind. Das Leder erwärmt 
sich nach und nach und erhält einen schleimigen Griff. Von dieser Er- 
scheinung, welche man in der Praxis das Schleimen oder auch das 
Dampfwerden nennt, wird in der Appretur mancher Ledersorten, haupt- 
sächlich bei Unterledersorten, Gebrauch gemacht, da sich das Material 


20 


IV 
or 


dadurch besser komprimieren läßt und bei mäßiger Schleimung auch 


eine bessere Farbe erhält. Dieser Prozeß muß streng überwacht werden, 
da bei seinem Fortschreiten die Erhitzung immer stärker wird und 
das Leder nach und nach tief eingreifende Veränderungen erleidet. 
-Solehe Leder, welehe bloß leicht gererbt wurden, werden durch die 
Wirkung des Prozesses in eine leimartige Masse verwandelt, wobei die 
Form des Liedergewebes ganz schwindet. Satt zeererbtes Lieder, wie 
Sohlleder, wird nicht so intensiv verändert, daß es die Form verliert, 
aber es vermodert wie Holz und zeigt auch ganz dieselben Rigenschaften 
wie dieses; es verliert jeden Halt und läßt sich zu Staub zerpulvern 
Da bei bloßer Erhitzung in feuchtem Zustande Leder nicht so tiel- 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie, Bd. \ 3 


DEREN.) 


greifende Veränderungen erleidet, wie durch die Selbsterhitzung (gegen 
trockene Hitze ist Leder beständig), so muß eben bei letzterer "auch an 
die Wirkung von Organismen gedacht werden. Tatsächlich findet man 
bei selbsterhitztem, auch schon an geschleimtem Leder Wucherungen 

;von Pilzen (Aspergillus, Peniecillium, Mucor) vor. Diese Pilze wirken zu- 
nächst auf den Gerbstoff des Leders zerstörend. müssen aber auch die 
Hautsubstanz angreifen, was sich aus dem Vermodern des Sohlleders er- 
gibt. Zur Entflammung gelangt selbsterhitztes Leder nie, da stickstoff- 
reiche Substanzen nicht leicht brennen. Die Selbsterhitzung tritt bei 

ıoungefettetem, lohgarem Leder rascher und intensiver auf als bei ge- 
fettetem. Bei letzterem ist hauptsächlich wahrzunehmen, dab das Fett 
aus dem Leder gedrängt wird; das Leder „schlägt aus“. Bei längerer 
Einwirkung des Gärungsprozesses wird auch schließlich das gefettete 
Leder mürbe oder es verleimt. 

15 Aber nicht nur auf lohgarem, also mit vegetabilischen Gerbstoffen 
car eemachtem Leder macht die Einwirkung von Pilzen merklichen 
Schaden, es zeigt sich dieses auch bei alaungarem Leder. Sind bei 
ersterem die Aspergillus-Arten am meisten beteiligt, so sind es bei 
Alaunleder hauptsächlich Penieillium und Mucor, welche dasselbe be- 

»siedeln und die sog. Stockfleeken verursachen. "Dies kann schon nach 
der Gare der Leder eintreten, wo von einer Erhitzung zwar nichts 
wahrgenommen werden kann, wo sich aber die Einwirkung der Kolonien 
durch eine Korrodierung der Narbe des Leders unangenehm bemerkbar 
macht. Bei feuchter Lagerung des Alaunleders treten die echten Stock- 

»flecken als Pilzwucherung auf, welche zuerst die Farbe des Leders zer- 
stören (wenn es gefärbt ist), dann aber auch die Narbe angreifen und 
zerstören. Als! Nährsubstrat für die Pilze kann hier das Mehl angesehen 
werden, welches für die Gerbung verwendet wird: der Alaun und das 
Salz der Gare wirken bekanntlich gegen die in Rede stehenden Pilze 

so wenig oder gar nicht antiseptisch. 


$ 12. Gerbereiabwässer. 


Die Gerbereiabwässer bereiten der von den Behörden vorgeschriebenen 
Reinigung deshalb große Schwierigkeiten, weil die diversen Abfallwässer 
von verschiedener qualitativer Zusammensetzung sind, und weil weiter 

3 das Mischungsverhältnis der Komponenten des Gesamtabfallwassers kein 
konstantes ist. Die Untersuchung von zu verschiedenen Zeiten einer 
und derselben Gerberei entnommenen Abfallwässern gibt in qualitativer 
und quantitativer Beziehung stark differierende Resultate. 

Die Abfallwässer aus Lohgerbereien setzen sich zusammen aus: 

40 a) Weichwässer, worin die trockenen Häute erweicht wurden. 
Diese enthalten die organischen Bestandteile zum größeren Teil in Form 
von Peptonen. Von Mikroorganismen herrschen darin vor: Baeillus sub- 
tilis, Bac. gasoformeans, Bac. liodermus, Mie. flavus desidens. 

b) Spülwässer, wor in frische und gesalzene Häute ausgewaschen 

s werden. Sie enthalten Lymphe, Serumalbumin und Muein, dann Koch- 
salz und Phosphate. An Keimen befinden sich darin hauptsächlich: 
Proteus-Arten, Bac. liquefaciens, gasbildender Bazillus. 

Aescherwässer, worin. die Häute enthaart wurden. In Kalk 
eelöste Hautsubstanz bildet hier den Hauptteil des Organischen. An 
soanorganischer Substanz, welche in der Gerberei hinzutrat, sind Kalk- 


_ _ hydrat und Kalksalze anzuführen. Die darin auftretenden Keime wie 
 Baeillus subtilis und Sarcinen rühren wohl aus dem Wasser her und sind 
zumeist indifferenter Natur. 

; d) Spülwässer, worin die gekalkten Häute gewaschen wurden, 

enthalten gelöste Hautsubstanz und nur die Keime des Wassers. 

e) Beizwässer, worin die Mist- oder Kleienbeize vorgenommen 
wurde Diese enthalten Amine, Enzyme, gelöste Hautsubstanz, Peptone 
und die Mikroorganismen der Beize. 

f) Waschwässer vom Waschen gegerbter Leder herrührend und 
_ erschöpfte Gerbbrühen. Die organische Substanz derselben besteht ıo 
zum größten Teil aus Gerbstoft, organischen Säuren und peptonisierten 
_ Hautbestandteilen. 

Wenn die Abwässer a, b, e und f zusammen in ein Bassin geleitet 
werden, so erfolgt eine teilweise Selbstreinigung. indem die Eiweißkörper 
und teilweise die Peptone, welche in a, b, e enthalten sind, durch den 
Gerbstoffgehalt von f in Form flockiger Niederschläge gefällt werden, 
welche letztere auch suspendierte Substanzen mitreißben und leicht ab- 
sitzen. Man erreicht hier sogar klare Abwässer, wenn die Abfallwässer 
f nicht im Ueberschuß vorhanden sind, sonst sind diese Wässer von 
Lohfarbstoffen gefärbt. Mit schwefelsaurer Tonerde können sie entfärbt: 
_ werden, was aber viel Kosten verursachen würde. 

Die Wässer ce und d dürfen mit jenen von f nicht vereint werden 
da Kalk und Gerbstoff sehr dunkel gefärbte Verbindungen geben, welche 
das ganze Abwasser dunkel färben und dadurch am meisten Veranlassung 
zu Beanstandungen liefern. Erst die nach der Vermischung von a, b, es 
mit f rein gewordenen Wässer können mit ce und d gemischt werden, 
worin man dann durch Zusatz von Eisenchlorid eine Fällung des Kalkes 
vornehmen kann, wenn dies angezeigt erscheint; gewöhnlich werden diese 
Kalkbestandteile als unschädlich nicht beanstandet. Die Mikroorganismen, 
welche in den genannten Abwässern enthalten sind, müssen allerdings » 
_ der Selbstreinigung auf biologischem Wege überlassen werden. Nähere 
Angaben darüber findet man im 15. Kapitel des III. Bandes. 


[311 


je 


> 


17 
. 


Literatur 
zum Kapitel Mykologie der Gerberei. 


* Andreasch, (1) Der Gerber, 1895. Bd. 21, S. 205 u. f. * Eitner, (1) Der Gerber, 1898 
Bd. 24, S. W. — (2) Ebenda, 1898, Bd. 24, S. 102. — (3) Ebenda, 1898, Bd. 24, S. 247. — 
(4) Ebenda, 1898, Bd. 24, S. 205. — (5) Ebenda, 1898, Bd. 24, S. 217. — (6) Ebenda, 1898, 
Id. 24, S. 258. — (7) Ebenda, 1898, Bd. 24. S. 4. *Hänlein, (1) Deutsche Gerber- 
Zeitung (F. A. Günther), 1894, Bd. 37, Nr. 18 u. f£ *Smaie, (1) Der Gerber, 192, 
Bd. 28, S. 247. *Wladika, (1) Der Gerber, 1890, Bd. 16, S. 3. * Wood, (1) Journal of 
the Society of chemical Industry, 1898, Bd. 17, Nr, 11. 


/ weiter Abschnitt. 


Mykologie der Haltbarmachung des Obstes. 


Von Prof. Dr. H. MürtEr-Taursat, 
Direktor der schweiz. Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil. 


(Manuskript-Einluuf: 
24. April 1905.) 


3. Kapitel. 


Fäulniserscheinungen an Obstfrüchten. 


$ 13. Das Wesen der Obstfäulnis. 


Die eigenartigen Veränderungen, die die Obstfrüchte bei der Fäulnis 
erleiden, wie das Weichwerden und die Verfärbung des Fruchtfleisches 
sowie eine meist weitgehende Verschlechterung des Geschmackes sind 

;allgemein bekannt. Trotzdem auch die Ursachen dieser Vorgänge von 

mehreren Seiten erforscht wurden, bestehen über die Umgrenzung des 
Begriffes der Obstfäule doch noch Meinungsverschiedenheiten, so dab 
dieser Punkt zunächst einer Erörterung bedarf. 

Davaıne (1), der in seiner 1866 erschienenen Arbeit angibt, dab 

„man früher die Obstfäule als einen chemischen Vorgang, eine Art Ueber- 
reife betrachtet habe, hat wohl als erster an einer Anzahl von Fällen 
den Nachweis geliefert, daß das Fruchtfleisch, soweit die Fäulnis sich 
erstreckt, von zahlreichen und mannigfaltig verzweigten Pilzfäden, dem 
Mycelium, durchzogen ist, und hierdurch sowie durch Infektionsversuche 

;dargetan, dab die Fäulnis als eine Folge dieses Pilzangriffes betrachtet 
werden muß. Zehn Jahre später lieferte Brereup (1), offenbar ohne die 
Arbeit Davaıne’s zu kennen, nochmals den Beweis, dab gewisse Pilze 
die Fäulnis von Obstfrüchten verursachen können. Er unterscheidet 
aber neben dieser Fäulnis durch Pilze noch als spontane 

»oFäulnis ohne Pilze das natürliche Absterben des Fleisches bei ge- 
wissen Birnsorten und besonders bei Mispeln, das sogen. Teigwerden. 
Diese beiden Arten von Fäulnis sollen vollständige miteinander überein- 
stimmen und sich nur durch das Vorhandensein oder Fehlen von Pilz- 


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fäden unterscheiden. Das bei beiden Arten stattfindende Absterben 
der Zellen mit seinen Begleiterscheinungen ist nach BREFELD’s Auf- 
fassung das Wesentliche der Fäulnis; die weiterhin in dem von Pilzen 
befallenen Fleische auftretenden Zersetzungen seien sekundäre Er- 


scheinungen, die hier zunächst nicht in Betracht kämen. BeHrens (1): 


will (1898), dem allgemeinen Sprachgebrauch sich anschließend, als 
Fäulnis alle jene natürlichen Veränderungen zusammenfassen, durch 
welche das Obst zum Genusse untauglich wird; deswegen sei das Teig- 
werden der Birnen als Fäulnis zu bezeichnen, nicht aber das Teigwerden 
der Mispeln, das, ebenfalls ein rein spontaner Absterbeprozeb, die Früchte 
erst zum Rohgenuß tauglich mache. In den meisten Gegenden unter- 
scheidet jedoch der Sprachgebrauch scharf zwischen teigen und faulen 
Birnen, und man wird sowohl diesem Umstande als den Tatsachen wohl 
besser gerecht. wenn man als Obstfäulnis nur die durch die Lebens- 


tätigkeit von Pilzen verursachten Absterbe- und Zer-s 


setzungsvorgänge des Fruchtfleisches auffaßt. Darnach 
würde die Obstfäule immer noch eine sehr komplexe Erscheinung sein. 
die auch von der gewöhnlichen Fäulnis stark abwiche; denn während 
diese (Bd. I, S. 23) als Zersetzung von Eiweißstoffen durch Bakterien 


aufgefaßt wird, hätten wir es hier mit physiologischen Eingriffen in» 


das Leben der Fruchtzellen und mit darauffolgenden mannigfaltigen 
chemischen Vorgängen zu tun, die zudem nicht durch Bakterien sondern 
durch Eumyceten verursacht werden. 

Bei einer genaueren Betrachtung wird man nicht unberücksichtigt 
lassen können, daß der Tod der Fruchtfleischzellen und die hernach dur ch 
den Fäulnispilz verursachten chemischen Umsetzungen voneinander zeit- 
lich streng getrennt stattfinden können, wenn man z. B. das Frucht- 
fleisch vorerst durch Kälte oder Hitze tötet und dann mit einem 
Fäulnispilz infiziert. In diesem Falle besteht der Fäulnisvorgang nur 
noch in den verschiedenartigen, durch den Pilz verursachten Um- 
setzungen, und ebenso ist dies der Fall, wenn teigig gewordene Birnen 
nachträglich noch in Fäulnis übergehen. Es wird sich dementsprechend 
auch empfehlen, bei einer wissenschaftlichen Behandlung der Fäulnis 
lebender Früchte das Absterben des Fruchtileisches infolge des Pilz- 


angriffes und die hernach folgenden Zersetzungsvorgänge auseinander zus 


halten und dem Sprachgebrauch enteeren diese letzteren allein als 
Fäulnis aufzufassen, wenn auch vielleicht dagegen eingewendet werden 
könnte, dab das Faulen einer vorher schon abgestorbenen Frucht durch 
Pilzarten stattfinden kann, die nicht imstande wären, die lebende Frucht 
 abzutöten, dab ferner die Zersetzungsvorgänge im Fruchtfleisch, das vor- 
wegs getötet werden mub, möglicherweise anders verlaufen als z. B. in 
einer erfrorenen Frucht, und daß endlich vielleicht gerade die Zer- 
setzungsprodukte bei der Fäulnis die Ursache des Absterbens weiterer 
Fruchtpartien sein können. 

Nicht zur Obstfäule gehören das Teigwerden der Birnen und 
Mispeln, das Morschwerden der Aepfel und die Stippenbildung. Das 
erstere, ein meist sehr rasches, beim Kernhaus beeinnendes Absterben 
ohne Einwirkung von Pilzen, überhaupt ohne bis heute erkannte Ur- 
Sache, ist wahrscheinlich der natürliche Alterstod der Zellen. Aehnlich 


verhält es sich wohl mit dem Morschwerden der Aepfel, wobei das» 


Fruchtfleisch trocken, mehlig, stellenweise von gelbbrauner Färbung und 
geschmacklos wird. Nach Zsconokkk (1) brauchen die Zellen ihre In- 
haltsstoffe auf und verhungern schließlich. Stippige Aepfel sind mit 


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mehr oder weniger zahlreichen, meist dicht unter der ÖOberhaut ge- 
lagerten, doch auch vereinzelt bis zum Kernhaus zerstreuten, Yundlichen, 
hell- bis tiefbraun gefärbten, 5 und mehr Millimeter mächtigen Gewebe- 
partien durchsetzt. Erst treten diese vereinzelt, dann bald zahlreicher 
sauf, können miteinander verschmelzen und lassen oft die Frucht äußer- 
lich wie mit braunen Flecken übersät erscheinen. Da das stippige 
Fleisch bitter schmeckt, wird die Frucht entwertet. Als Ursache der 
Stippenbildung wurde von Frırs (1) ein Pilz, Spilocaea Pomi Fr. an- 
geführt, der nach Frank (1) nur eine sterile Entwicklungsform von 
10 Fusicladium dendriticum ist; WORTMANN (1) hat jedoch nachgewiesen, daß 
sich in den Stippen kein Mycel vorfindet. Nach seiner Auffassung 
werden sie durch einen gesteigerten Wasserverlust und die dadurch er- 
zielte hohe Konzentration des Zellsaftes verursacht. SORAUER (2) glaubt, 
dab die betreffenden Zellpartien ärmer an Reservestoffen seien und sich 
ıs daher schneller ausleben. 

Den Nachweis, dab die Obstfäule durch Pilze verursacht wird, er- 
brachten schon DavaıneE (1) und namentlich BrererLn (1) teils durch 
Untersuchung des faulenden Fruchtfleisches, teils durch Infektionsver- 
suche. Wie zu verfahren ist, um aus dem Innern einer Faulstelle 

eo den Fäulnispilz in möglichst zuverlässiger Weise zu gewinnen und in 
der feuchten Kammer zu weiterer Entwicklung zu bringen, wird durch 
WeEHmer (1) eingehend geschildert. Aus den auf den Faulstellen ober- 
flächlich auftretenden Sporen ist eben nicht in allen Fällen auf den die 
Fäulnis verursachenden Pilz zu schließen, da an Faulstellen leicht ein 
»s zweiter Pilz eindringen kann. Auch die angewandten Methoden der In- 
fektionsversuche sind nicht immer einwandsfrei; dab solche nur mit 
reingezüchtetem Sporenmaterial und nur an Früchten, deren Oberfläche 
vorher sterilisiert wurde, ausgeführt werden dürfen, erscheint heute 
selbstverständlich. Zumal wenn es sich darum handelt, den Einflub 
soeines Pilzes auf die Zersetzungsvorgänge zu studieren und die Unter- 
suchung in einem frühen Fäulnisstadium vorgenommen wird, bevor die 
Identität des Pilzes an den auftretenden Sporen festgestellt werden 
kann, ist streng auf diese Bedingungen zu achten. Nur zu leicht treten 
ungewollte Mischinfektionen ein, die besonders dann übersehen werden, 
3 wenn nur der eingeimpfte Pilz, nicht aber der Eindringling zur Sporen- 
entwicklung „elangt. Benrens (1) hat bei seinen Infektionsversuchen 
die Aepfel, nachdem mit Hilfe des Fingers die Kelchreste entfernt waren, 
zuerst mit Alkohol gewaschen, dann ca. 10 Minuten in Sublimatlösung 
(1: 1000) gelegt, endlich mit gekochtem Wasser gewaschen und nun in 
40 sterilisierte Doppelschalen gebracht. 

Als spezifische Erreger der Obstfäule, denen eine größere wirt- 
schaftliche Bedeutung zukommt, wurden nur einige wenige Arten er- 
kannt. Davaıse (1) "führt als häufigste und fast in allen Fällen vor- 
kommende Penieillium glauceum und Mucor mucedo an, während BrEFELD (1), 

ssder seine Beobachtungen wohl hauptsächlich an Birnen machte, als 
wichtigste Fäulnispilze Arhizopus nigricans und Botrytis einerea bezeichnet 
und nebenbei als mehr nur weiche Früchte befallend und sekundär auf- 
tretend noch Penieillium glaueum und Mucor racemosus erwähnt. WEHMER (1) 
spricht sich gegen letzteres aus und stimmt mehr Davaınz (1) zu, indem 
sonach seinen Ermittlungen Penicillium glaueum und Mucor piriformis in 
den weitaus häufigsten Fällen die Fäulniserreger unserer heimischen 
Obstsorten seien, wogegen Bofrytis neben Mucor racemosus und Rhizopus 
nigricans nur in bestimmten mehr vereinzelten Fällen gefunden würden. 


Der von Davarse (1) angeführte Mucor mucedo dürfte identisch sein mit 
dem erst später von FIscHer (1) aufgestellten Mucor piriformis. Als die 
typischen Fäulniserreger bei Trauben wurden schon früher von MÜLLER- 
TaurGau (2) Botrytis cinerea und Penieillium glaucum bezeichnet und nach 
ihrem Auftreten geschildert. Gegenüber der Zusammenstellung von 
W:HMER (1) hebt ZscHokke (1) die große Bedeutung von Botrytis bei 
der Fäulnis des Obstes, besonders der Birnen, Quitten und sogen. Süb- 
äpfel, hervor. Er macht auch aufmerksam auf die Bedeutung der 
Montlia fructigena als häufigen Fäulniserreger namentlich bei unreifen, 
jedoch auch bei reifen Kernobstfrüchten und auf die dadurch hervor- 
gerufene, den Obstzüchtern bekannte Schwarzfäule der Aepfel und Birnen. 
Es sind demnach ZPenieillium glaucum, zwei Sclerotinien, nämlich 
Botrytis einerea und Monilia fructigena, und zwei Mucoreen, Mucor piri- 
. fornas und Rhizopus nigricans, die häufigsten und wirtschaftlich wichtigsten 


Fäulnispilze des Obstes. Zu diesen fünfen kommen dann allerdings noch ı5 


einige weitere hinzu, die entweder mehr vereinzelt oder nur unter ge- 
wissen Bedingungen auftreten. Sie werden in der in S 14 folgenden 
Zusammenstellung aufgeführt sein. 

Es drängt sich hier zunächst die Frage auf, warum von den zalıl- 
reichen Pilzen, die saprophytisch auf toten Früchten und Fruchtsäften 
zu leben vermögen, so wenige befähigt sind, lebende Früchte zum Faulen 
zu bringen. Offenbar müssen den Fäulnispilzen besondere Fähigkeiten 
innewohnen, die den obligaten Saprophyten nicht zukommen. Bei den 
beiden Sclerotinien, die ja gelegentlich auch Zweige und Blüten befallen, 


wäre in Berücksichtigung dieses parasitischen Auftretens die Wirksamkeit: 


als Fäulniserreger noch am ehesten .begreiflich, wenn schon andererseits 
eigentliche Fruchtparasiten, wie Fusicladium, Clasterosporium, Phyllo- 
sticta usw., zwar in die Frucht eindringen, aber doch keine tiefergehende 
Fäulnis verursachen können. Von Penieillium glaucum und den beiden 


genannten Mucoreen ist aber sonst eine parasitische Lebensweise nichts 


nachgewiesen, und es muß daher überraschen, sie als so energisch 
wirkende Verderber der Obstfrüchte kennen zu lernen. Indem man sie 
wie z. B. pe Barry (1) als fakultative Parasiten bezeichnet, wird keine 
Erklärung gegeben, sondern nur der Tatsache ein anderer Ausdruck 


verliehen. Auch durch die Bezeichnung Wundparasit ist das Wesens: 


dieser Pilze nur zum Teil angedeutet. Allerdings vermögen sie durch 
die unverletzte Epidermis in der Regel nicht einzudringen, allein außer 
Wunden finden sie auch noch andere Eingangsstellen, und zudem be- 
dürfen sie ganz besonderer Eigenschaften, um, einmal eingedrungen, sich 
im Fruchtfleisch so rasch ausbreiten zu können. Es handelt sich da 
um spezifische Anpassungserscheinungen der Pilze, um besondere Fähig- 
keiten, die im folgenden Paragraphen noch eingehender zu erörtern sind. 

Schon der Umstand, dab nur verhältnismäßig wenigen Pilzen die 


Fähigkeit zukommt, als Fäulniserreeer in Früchten zu leben, weist auf 


‚gewisse Schwierigkeiten dieser Lebensweise hin, und diese machen sich 
nun auch in der Weise geltend, dab selbst so exquisite Fäulniserreger 
wie Penieillium glaueum und Mucor piriformis die Früchte nur unter ganz 
bestimmten Umständen anzugreifen vermögen. Es sind nicht nur 
‚günstige äußere Verhältnisse, wie genügende Feuchtigkeit und geeignete 


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 Eingangspforten, erforderlich, sondern vor allem eine bestimmte Be- 


‚Schaffenheit des Fruchtfleisches, indem dieses meist erst in reifem Zustande 
ergriffen werden kann und der eine Pilz eher in der einen, ein zweiter 
besser auf einer anderen Frucht die geeigneten Wachstumsbedingungen 


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findet. Die im folgenden Paragraphen zusammengestellten bisherigen 
Beobachtungen lassen diese Beziehung deutlich erkennen. 


$ 14. Die Fäulnispilze. 


Penicillium glaucum LisK, unstreitig der am häufigsten auftretende 

; Fäulniserreger, ist der ausgesprochenste Apfelschädling, indem er weit- 
aus mehr als die übrigen die reifen Aepfel befällt und daher den Vor- 
räten im Keller besonders gefährlich wird. Dessen Morphologie und 
Physiologie sind im 10. und 11. Kapitel des IV. Bandes schon dargelegt 
worden. Das penicilliumfaule Fruchtfleisch zeigt einen scharfen, unan- 

ıo genehmen u Be ea nn Konidienträger brechen in Form 
von Büscheln (Coremien: . Bd. I, S. 194) durch die Epidermis hervor. 
Der Grund, warum Sa so Be von Penieillium befallen wer den, ist 
noch zu erforschen; vielleicht daß, wie ZscuorkE andeutet, der relativ 
hohe Gehalt an Aepfelsäure anderen Pilzen das Eindringen mehr er- 

ısschwert. Damit würde wohl im Einklang stehen, dab “die Birnfäule 
durch andere Pilze wohl mindestens so oft verursacht wird wie durch 
Penicillium, nicht aber daß unreife Trauben am häufigsten von Botrytis 
befallen werden. Quitten bringt Penicillium seltener zum Faulen; da- 
gegen werden Pfirsich, Pflaumen, Zwetschen und Kirschen von diesem 

»Pilze gerne befallen. Bei Trauben erweist er sich als gefürchteter 
Schädling, der namentlich bei anhaltend feuchter Witterung die Grün- 
fäule der Beeren erzeugt. Solche, an den zuerst weißen, dann blau- 
grünen Konidiensporen erkennbaren grünfaulen oder speckigfaulen Trauben 
verschlechtern durch ihren widerwärtigen Geschmack und die auch sonst 

» veränderte Beschaffenheit, auf die im 15. Kapitel dieses Bandes näher 
eingetreten werden soll, die Qualität des Weines. Auch Stachelbeeren 
und ‚Johannisbeeren fallen in feuchter Umgebung, z. B. in größeren 
Mengen aufeinander liegend, gerne der Penieillium-Fäule anheim. Bei 
Wallnüssen wird nach WEHMmER (1) von Penieillium und Botrytis die ab- 

so sterbende grüne Außenhülle ergriffen; wichtiger ist jedoch, dab bei lang- 
samem oder ungenügendem Trocknen Penieillium durch die Fuge der 
Schalen auch ins Innere der Nüsse eindringt und die Kerne rasch un- 
eenießbar macht, wie es auch ein gefährlicher Feind der auf Lager be- 
findlichen eßbaren Kastanien ist. 

35 Als nur einmal beobachteten Fäulniserreger in Aepfeln führt 
BEHRENS (1) Penieillium Inteım Zuxau an (vgl. d. 10. Kap. d. IV. Bds.). 
Da sich mit dessen Konidien gesunde Aepfel leicht infizieren lassen, so 
ist ein gelegentliches stärkeres Auftreten nicht ausgeschlossen. An Süd- 
früchten. Zitronen und Orangen, tritt P. glaucum nur ausnahmsweise 

wauf, vielleicht nur in schon durehfaulten oder stark verletzten Früchten; 
dagegen konstatierte WEHMmeERr (1) als regelmäßigen Fäulniserreger P. ita- 
licum n. sp. (vgl. d. 10. Kap. d. IV. Bds.), das die befallenen Früchte 
bald mit einem diehten hellblauen Konidienrasen bedeckt. Dieses schöne 
Beispiel für die Spezialisierung von Fäulnispilzen läßt sich auch in an- 

ss deren Gegenden beobachten; es handelt sich keineswegs um ein auf eine 
bestimmte Oertlichkeit beschränktes Vorkommnis. Der ursächliche Zu- 
sammenhang bleibt allerdings noch zu ergründen. Die betreffenden 
Früchte kommen nicht etwa schon angefault aus dem Süden, sondern 
werden in der Regel erst hier infiziert und zwar in“Räumen, wo sich 
so Konidien von P. glaue m wohl zahlreicher finden als die von F. vtalicum. 


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Ob die Konidien des letzteren schon an den importierten Früchten haften, 
wäre noch zu untersuchen. 

Als weiteren, jedoch weniger wichtigen Fäulnispilz auf Süd- 
früchten erwähnt WEHMmer (1) sodann P. olivaceum n. sp. (vgl. d. 10. Kap. 
d. IV. Bds.), das ZscHorke (1) auch vereinzelt an Birnen fand. 

Die folgenden, zur Gattung Selerotinia (vgl. Bd. I, S. 213) gehörigen 
Pilze, Botrytis cinerea (Persoox), Monilia fructigena (Prrsoox) und Monzlia 
cinerea BOxORDEN verhalten sich von den übrigen Fäulniserregern inso- 
fern abweichend, als sie etwas mehr den Charakter strenger Parasiten 
aufweisen. Botrytis cinerea (Scelerotinia Fuckellana »E Bary) dringt ge- ıo 
legentlich in Blüten, Zweige und Blätter der Rebe ein und vermag auch 
andere Pflanzen rein parasitisch zu befallen, und gleicherweise ist be- 
kannt, daß Monilia bei Kern- und Steinobstbäumen die Blüten infiziert 
und von da oder von nachträglich erkrankten Früchten aus in die Zweige 
vordringt und sie tötet, und ebenso weichen nun diese Pilze auch alsıs 
Fäulniserreger des Obstes von den übrigen etwas ab. Botrytis cinerea 
wird den besseren Apfelsorten wenig gefährlich, stellt sich aber nach 
ZScHokkE (1) auf Sübßäpfeln ziemlich häufig ein und ist jedenfalls ein 
Hauptfäulniserreger bei Birnen, auf denen sie dann gerne ansehnliche 
Sklerotien (s. Bd. I, S. 178) bildet. Sie ist auch der hauptsächlichste zo 
Feind der reifen Quitten, die nach abgeschlossener Fäulnis oft mit den 
schwarzen Sklerotien ganz überdeckt sind. Nach ZscHokke (1) meidet 
Botrytis die Johannisbeeren, nach BEHRENS (1) ist sie deren typischer 
Fäulnispilz; verschiedener Säuregehalt bzw. Reifegrad der Beeren mag 
Veranlassung zu diesen widersprechenden Beobachtungsergebnissen ge-3 
geben haben. Während Steinobstfrüchte, besonders die Kirschen, ziem- 
lich häufig von Botrytis befallen werden, ist das Verderben der Erd- 
beeren in den meisten Fällen ihr Werk, diese sind dann von dem maus- 
grauen, dichten Konidienrasen vollständig eingehüllt. Die Hauptbedeutung 
erhält jedoch Botrytis als Fäulnispilz der Trauben. Wenn sie, wie in so 
den Jahren 1900 und 1901, in kurzer Zeit einen groben Teil der noch 
nicht ganz ausgereiften Trauben in sämtlichen Weinbaugebieten er- 
greift, erreicht der Schaden eine solche Höhe, daß der durch alle übrigen 
Fäulniserreger zusammen angerichtete dagegen klein erscheint. Die von 
Wortmann (4) näher untersuchte Rohfäule der Trauben sowie die durch: 
Botrytis an vollständig ausgereiften Trauben verursachte, von MÜLLER- 
Tuursau (2) erforschte Edelfäule sollen im 15. Kapitel dieses Bandes 
‚eingehender behandelt werden. 

Die Fähigkeit, sich in unreifen Früchten auszubreiten, die Botrytis 
für die Trauben gelegentlich so gefährlich macht, eignet in fast noch« 
höherem Grade der verwandten Monilia fructigena sowie der von Tnuünmen (1) 
und Schrörer (1) sowie neuerdings von Woronın auf Grund genauer 
Untersuchung von dieser abgetrennten Monilia cinerea (Box.) SCHRÖTER 
auf Kirschen. Die schon von Schröter (1) und Woronın (1) aus der 
Form der Konidien (Chlamydosporen) gewonnene Ansicht, dab diese Pilze » 
Sclerotinien sind, erreicht dadurch, dab Norrox (l) und Apernonn (2) 
auf den moniliakranken Früchten Apothecien (s. Bd. I, S. 190 u. 215) 
aufzefunden haben, einen hohen Grad der Wahrscheinlichkeit. Bezüglich 
der Entwicklungs- und Lebensweise dieser Pilze sei auf die Arbeiten 
von Wortmann (2) BEHRENS (1), WEHMER (4), SORAUER (3), WoRoNIN (1)5 
und ApDErHonn (2) verwiesen, wo sich auch die weitere Literatur ver- 
zeichnet findet; Mer kommen sie nur nach ihrer Bedeutung als Fäulnis- 
erreger in Betracht. Da Monili« fructigena (Selerotinia fructigena Pens.) 


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ScHrör. nicht auf reife Früchte beschränkt ist, so findet man in ein- 
zelnen ‚Jahren davon befallene Früchte in allen Entwicklungsstadien 
noch an den Bäumen hängend, oder darunter liegend. Selbst nur halb 
ausgewachsene, noch vollkommen harte Früchte, in denen bei künstlicher 
sInfektion andere Pilze nicht zu wachsen vermöchten, unterliegen sofort 
dem Angriff der Monilia. Allerdings muß, falls die Ansteckung durch 
Sporen erfolgen soll, eine Eintrittsöffnung vorhanden sein; denn durch 
die unverletzte Epidermis vermag der noch wenig gut genährte Keim- 
schlauch nicht einzudringen. Daher kann man als Mittelpunkt eines 
10 Monilia-Faulflecks regelmäßig eine oft schon dem bloßen Auge sichtbare 
Oeffnung wahrnehmen, die Austrittsstelle einer Obstmade, kleine Risse 
oder dgl. Ist eine Frucht von Monilia durchfault, so vermag letztere 
nach WORrTMAaNN (2) dann auch in eine unverletzte anliegende Frucht 
einzudringen, eine Erscheinung, von der im folgenden Paragraphen noch 
ısdie Rede sein wird. Der durch Monilia angerichtete Schaden variiert 
in den verschiedenen Jahren, was wohl von den Witterungsverhältnissen, 
vom Auftreten der Schorfkrankheit, von der Häufigkeit der Wespen, 
etwaigen Hagelschaden usw. abhängt. Er kann recht beträchtlich sein 
und erreichte z. B. nach ALgerr (1) im Jahre 1895 im Obstgarten der 
2» Geisenheimer Lehranstalt 15—20 Proz. des ganzen Ertrages. Allerdings 
ergreift die Monilia-Fäule die Aepfel und Birnen zum weitaus größten 
Teil in einem frühen Entwicklungsstadium, im unreifen oder gerade aus- 
gereiften Zustande; allein sie kann gelegentlich auch an den Vorräten 
im Keller auftreten, jedoch ist dies selbst in Monilia-Jahren nicht immer 
35der Fall, so dab hier neben der üblichen Entfernung angesteckter 
Früchte wahrscheinlich äußere, noch nicht näher erforschte Umstände, 
vielleicht Temperatur und Feuchtigkeit des Lagerraumes, ausschlag- 
gebend sind; vielleicht auch, daß das jetzt gut gedeihende Penieillium 
alle Infektionsgelegenheiten in Anspruch nimmt. Das Fleisch der von 
30 Monilia befallenen Kernobstfrüchte, zumal der Aepfel, zeigt eine eigen- 
artige, derbfeste, trockene Beschaffenheit, die von der weichen breiigen 
der sonstigen faulen Früchte abweicht. Da die von Monilia durch- 
wachsenen Kernobstfrüchte zudem nicht so schnell zerfallen, sondern 
meist recht haltbar sind, wollten WEHMER und Woronın diese Er- 
3scheinung von der echten Fäulnis trennen. Doch besteht hierfür, wie 
schon BEHRENS (1) andeutete, kein zwingender Grund, da moniliafaule 
Früchte anfangs ebenfalls weich sind und erst nachträglich erhärten und 
da auch die von anderen Pilzen verursachten Fäulniserscheinungen von- 
einander mehr oder weniger abweichen. An trockenen Orten liegende, 
so besonders aber die an den Bäumen hängen bleibenden moniliafaulen 
Früchte schrumpfen allmählich ein und halten in diesem mumifizierten 
Zustande bis zum Frühjahre aus, wo dann auf ihnen wieder neue 
Konidienhaufen zum Vorschein kommen, so dab sie die geeignetsten 
Ueberwinterungsstellen des Pilzes sind. Auf den frisch infizierten 
sFrüchten erscheinen schon bald um die Infektionsstelle, in konzentri- 
schen Ringen angeordnet, die festen weißen bis ockerfarbenen Konidien- 
polster (Fig. 1). Doch findet diese Sporenbildung nicht immer gleich 
reichlich statt; zumal bei den sogen. schwarzfaulen Aepfeln ist sie ge- 
wöhnlich spärlich oder bleibt ganz aus. Die Schwarzfäule tritt lange 
sonicht bei jedem moniliafaulen Apfel auf; es hängt dies größtenteils von 
der geringeren oder stärkeren Derbheit der Cuticularschieht ab. Im 
ersteren Fall werden die Aepfel braun und bedecken sich bald mit den 
Konidienpolstern, einzelne können später doch noch schwarz werden; im 


u... —_— 13 — 


zweiten Falle scheint der Pilz die derbe Cuticula nicht durchbrechen 
_ zu können und bildet unter dieser eine sklerotische Rindenschicht. die, 
ne wie Woroxiıv (1) zeigte, in der inneren und äußeren (srenzzone ein 
_ olivenbraunes Pigment enthält, das zusammen mit dem braungefärbten 
- Inhalt der Fruchtzellen die tiefschwarze Färbung der schwarzfaulen 
- Aepfel hervorbringt. Diese merkwürdige, ziemlich mächtige Sklerotien- 
 sehieht mit ihrer Schwarzfärbung läßt sich übrigens, wenn auch seltener. 
_ an Birnen und Quitten ebenfalls beobachten. Ob aus ihr ebenfalls 
- Apothecien hervorgehen oder nur aus den gelegentlich zu beobachtenden 
isolierten eigentlichen Sklerotien, wartet noch der Entscheidung. — Von 
- Monilia fructigena, mit der sich sämtliche Steinobstfrüchte leicht in- 
- fizieren lassen, wird angegeben, daß sie in der freien Natur an Pfirsichen, 
_ Aprikosen, Pflaumen, Mirabellen, Zwetschen und vereinzelt auch an 


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Fig. 1. Monilia fructigena. Querschnitt durch ein Konidienpolster auf einer jungen 
Birne. Die dicht gedrängten, verzweigten Konidienträger bilden mit den zahlreichen 
Konidiensporen eine feste Masse, ein Polster. Die Epidermis (e) der Birne wurde durch 
das Polster gesprengt. m das Mycelium des Pilzes zwischen den abgestorbenen Zellen 
der Birne. Vergr. 120. — Rechts einige Konidienketten bei stärkerer Vergrößerung. 


'Schlehen auftrete, während Kirschen regelmäßig von der an den grau- 
gefärbten Konidienpolstern zu erkennenden Monilia einerea befallen 
werden. Da bei den früheren Beobachtungen die beiden Spezies nicht 
unterschieden wurden, so läbt sich auf Grund der vorliegenden Angaben 
der Anteil der beiden Pilze an der Fäulnis der Steinobstfrüchte nicht 
feststellen. Auf Weintrauben findet man Monilia nur selten, nach An- 


die alle sich zur Infektion darbietenden Stellen sofort beschlagnahmt. 
Von den zur Gattung Mucor gehörigen Fäulniserregern kommt nach 

den vorliegenden Angaben M. piriformis Fıscn, die größte wirtschaft- 

liche Bedeutung zu, wenn sie auch bei weitem nicht die von Peni- 


Birnsorten anheim, seltener Aepfel. Der schon von Davaısz (1) als 
Fäulnispilz erwähnte M. mucedo LI. dürfte mit M. piriformis identisch 
sein, vielleicht auch der von Soraver (1) als Verderber des Beeren- 
obstes angeführte Pilz. Rhizopus nigriecans Ense, tritt nur gelegentlich 


sicht Worrmann’s (2), weil sie durch Botrytis einerea verdrängt wird,: 


eillium, Botrytis und Monilia erreicht. Besonders fallen ihm saftige : 


[10 


15 


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stärker auf und zwar, wie ZscHokke (1) anführt, wahrscheinlich nur an 
verletzten Birnen, seltener an Aepfeln. Vorräte von Steinobst und 
Beerenobst, das beim Pflücken verletzt wurde, sind, nach letzterem 
Autor, bald vom Mycel dieses Pilzes durchwachsen. Er dringt auch 
sähnlich wie Penieillium in das Innere von Nüssen ein und verdirbt den 
Kern. M. racemosus Frxs., den Brererp (1) als auf weichen Früchten 
vorkommend anführt und WEHMER speziell als Fäulniserreger der 
Zwetschen erwähnt, besitzt nur geringe Bedeutung. 
Noch müssen einige Fäulnispilze kurz berührt werden, die, wenn sie 
auch nicht allgemein verbreitet sind, doch Interesse bieten. (Grloeosporium 
fructigenum BERK. wurde zuerst aus Amerika, dann aus England als Er- 
reger der Bitterfäule von Aepfeln gemeldet, tritt aber auch in Deutsch- 
land und in der Schweiz gar nicht selten auf. Ueber den enormen 
Schaden, den dieser Pilz an den Aepfeln in den südlichen Unionsstaaten 
sanrichtet und über sein gleichzeitiges Auftreten als Krebserreger be- 
richten Burıvv und Buaık (1). Der Pilz erzeugt eine schnell um sich 
greifende, mit Erweichung des Gewebes verbundene Fäulnis. Auf den 


Fig. 2. Gloeosporium fructigenum Berk. Querschnitt durch ein Konidienlager auf 

einem Apfel. Das Protoplasma der abgestorbenen Zellen des Apfels ist. zusammen- 

gezogen und gebräunt. Zwischen den Zellen sieht man die Hyphen des Pilzes. Das 

Stroma (st) hat die dieke eutieularisierte Außenwand (c) der Epidermis (e) gesprengt 
und entwickelt auf kurzen Trägern die Konidiensporen (sp). — Vergr. 380. 


einsinkenden Faulstellen brechen die anfangs farblosen, später orange- 
farbenen Konidienmassen hervor (Fig. 2); doch gelangen diese, wie schon 
2» ADERHOLD (1) beobachtete, nicht immer zum Durchbruch. Wie SoRAUER (1) 
anführt, verursacht @/. laeticolor Berk. in England Fäulnis an Pfirsich 
und Aprikose, @I. fructigenum Berk. an Birnen und @/. versicolor B. et C. 
an Aepfeln. Nach Anwoon (1) und Sournwortn (1) sind jedoch diese 
drei Species sowie Ascochyta rufomaculans Berk. identisch. H. von SCHRENK 
5» und PERLEY SpauLDınG (1) stimmen dem bei, wollen aber den Pilz, nach- 
dem Criston im Jahre 1902 dessen vollkommene Form beschrieben, 
statt (rleosporium fructigenum nun Glomerella rufomaculans (BeERk,) 
SpauLn. et v. Schr. nennen. (Ü. vox Tupeur (1) erwähnt, daß dieser Pilz 
in Amerika eine Traubenfäule (Reiffäule nach GarLLoway) verursache, 
sound ÖSTERWALDER (1) schildert eine in der Schweiz auftretende (rloeospo- 
rium-Fäule der Kirschen. Nach seinen Beobachtungen dringt der Pilz 


EIERN 


bei Infektionsversuchen nur durch verwundete Stellen ein, was nach 
Tugeur (1) auch bei Aepfeln der Fall ist. Da die @loeosporium-Fäule weder 
Trauben noch Kirschen bitter macht, ist es unzweckmäßig, sie als Bitter- 
fäule zu bezeichnen, um so mehr, als andere Pilze ebenfalls den faulen 
Früchten einen bitteren Geschmack verleihen können. 

Cephalothecium roseum Opa. und Trichotheeium LixK, diese nah ver- 
wandten Pilze, die man gewohnt ist, als Saprophyten auf längst ab- 
gestorbenen Pflanzenteilen zu finden, vermögen auch als Fäulniserreger 
in Früchte einzudringen. Cephalothecium 
bildet auf schlanken Trägern köpfchen- 
förmig zusammengedrängte zweizellige 
Sporen (Fig. 3), während diese bei Tricho- 
thecium einzeln stehen. Die von (ephalo- 
thecium befallenen Aepfel werden von 
JoHN ÖrAıG und van Hook (1) als bitter- 
faul bezeichnet, ebenso von F. REINITZER (1) 
und EuvstacEe (1), welch letzterer ein 
epidemisches Auftreten von Cephalotheeium 
an Aepfeln bei Newyork eingehender 
schildert. Spuren von Erkrankung konn- 
ten schon an dem auf den Bäumen be- 
findlichen Obste beobachtet werden; der 
größte Schaden entstand aber, als die 
Früchte gelagert und verpackt wurden. 
Das Auftreten dieser Bitterfäule hing 
mit dem von Fusicladium zusammen, 
indem Schorfflecken dem Pilze den Ein- 

Fig. 3. Cephalothecium roseum tritt in die Früchte ermöglichten. Wäh- 
Corva. Aus dem Mycel sich er- rend von den verschiedenen Apfelsorten 
Bnse Fruchtträger mit in Köpf fast ausschließlich eine befallen wurde, 

on, Peren. jließ sich der Pilz künstlich auf andere 
Sorten, auf PBirmen, Quitten und 
Trauben übertragen. Entgegen der 
Anschauung von ZScHokkE (1) und Benrens (1) gehört Cephalothecium 


also doch, wie schon Davaısz (1) erwähnte, zu den Fäulniserregern des 3: 


ÖObstes. Zu dem gleichen Ergebnis gelangte MArKorr (1), der erfolgreiche 
Infektionsversuche mit reingezüchteten Sporen bei Birnen und Aepteln 
anstelltee Kin Verderben von Birnen durch €. roseum, wobei der Pilz 
ebenfalls nur durch Fuszeladium-Flecken eindrang, schildert Apernonn (1) 
als Schalenfäule. IwAanorr (1) beschreibt eine durch Trichotheeium roseum 
verursachte Bitterfäule von Pflaumen, von wo er den Pilz mit Erfolg 
auch auf Aepfel und Birnen übertrug. Nach seiner Zeichnung zeigt 
dieser große Uebereinstimmung mit Cephalotheeium. Die Bitterfäule an 
Hasel- und Arvennüssen wird nach ihm durch den gleichen Pilz ver- 
ursacht. 

Unter dem Namen Frusarium putrefaciens n. sp. beschreibt Osrer- 
WALDER (2) einen bis dahin unbekannten Obstfäulnispilz, der am Zürich- 
see und unbekannterweise wohl auch in anderen Gegenden einige Be- 
deutung besitzt und zudem durch sein eigenartiges Verhalten von 


Interesse ist. Am meisten disponiert erwies sich der geschätzte Danziger » 


Kantapfel, doch wurden auch andere Sorten befallen. Die Fänule, die 
in der Regel im Kernhaus beginnt, kann den ganzen Apfel ergreiten, 
bevor man äußerlich etwas wahrnimmt. Das trockenfaule, bitte 


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schmeckende Fleisch ist dann noch von der lebenden Epidermis über- 
zogen, die schließlich ebenfalls abstirbt, aber nun vom Pilze nicht ab- 
gelioben oder durchwachsen wird wie bei Pemeillium oder Gloeosporium. 
Das bloß durch Oeffnungen, Lenticellen bzw. Spaltöffnungen nach außen 

‚elangende Mycel entwickelt sich auf der Oberfläche nur wenig in Form 
kleiner sternförmig ausstrahlender Hyphenbüschel. Im Kernhaus trifft 
man dagegen meist ein stark ausgebildetes, grünlich gelbes oder schar- 
lachrotes Luftmycel, das vereinzelte Sporen bildet. Diese eigenartige, 
von innen her vorrückende Fäulnis ist durch den Bau der Frucht er- 

‚klärlich. Der Danziger Kantapfel, wie auch Goldparmäne und Welsch 
Kampanner haben eine offen bleibende Griftelröhre, durch welche eine 
Infektion nach dem Kernhause hin möglich ist. Da auch dieser Pilz 
die unverletzte Epidermis nicht zu durchwachsen vermag und da er 
außerdem, wie Infektionsversuche zeigten, in den peripheren Schichten 

1; weniger gut gedeiht als in den Partien beim Kernhaus, ist einigermaßen 
dar getan, warum die Fusarium-Fäule gewöhnlich von hier ausgeht. Das 
von Jacky (1) an einem einzelnen faulen Apfel beobachtete " Fusarium 
apiogenum Sacc. ist nach der Beschreibung ein anderer Pilz, dessen 
Pathogenität durch den vereinzelten Fall nicht dargetan ist. 

20 Wenn äußere Verhältnisse oder auch vielleicht die Beschaffenheit 
der Frucht das Auftreten der gewöhnlichen Fäulniserreger nicht ge- 
statten, so vermag dann wohl ein Pilz, dem die Umstände besser zu- 
sagen, ausnahmsweise zur Geltung zu gelangen; es kann daher nicht 
überr aschen, wenn in Zukunft hie und da wieder ein weiterer Fäulnis- 

 pilz auf Obst bekannt wird. Ein hierher gehörendes Beispiel dürfte die 
von EvstacE (2) beschriebene, durch Hı ypochnus e einen Basidio- 
myceten aus der Familie der Telephoreen (s. Bd. ]. S. 219), verursachte 
Apfelfäule sein. Die in Amerika aufgetr See Erscheinung ist äuberlich 
der Cephalotheciumfäule ähnlich; der Pilz dringt nur durch Schorfwunden 

„ein und läßt sich auch auf Birnen übertragen. 

Zum Schlusse soll nicht unerwähnt bleiben, daß die Traubenbeeren 
häufig durch Peronospora (= Plasmopara, s. Bd. I, S. 205) viticola BERL. 
et pe Toxr (Lederbeerenkrankheit), durch Comiothyrium diplodiella Sacc. 
(Weißfäule) und durch Gwignardia Bidwellii Vıaua et Ravaz (Schwarz- 

3 fäule) getötet und zersetzt werden. Wenn auch diese Erscheinungen 
mit denen der Obstfäule manche Uebereinstimmung zeigen, so pflegt 
man sie doch nicht dazu zu rechnen. In dem Handbuch der Reben- 
krankheiten von P. Vıara (1) findet sich eine eingehende Schilderung 
nebst bildlicher Darstellung derselben.- 

40 Die im Vorstehenden zusammengefaßten Beobachtungen sind unvoll- 
ständie und zum Teil mangelhaft. Abgesehen davon, daß die Fäulnis 
mancher Früchte noch nicht einmal hinsichtlich der Art der sie verur- 
sachenden Pilze studiert ist, und andererseits die eßbaren Früchte der 
warmen Länder, wie Datteln, Bananen ete., ganz unberücksichtigt blieben, 

ssind eben manche Angaben nur das Ergebnis gelegentlic her Beobach- 
tungen und nicht etwa einer tiefer gehenden methodischen Untersuchung. 
Auch die Beobachtungen derjenigen, die bestrebt waren, einen Ueber- 
blick über das Auftreten der Fäulnispilze zu erhalten, waren in hohem 
Grade von unberücksichtigt gebliebenen lokalen Verhältnissen abhängig, 

;wdie das Auftreten gewisser Fäulniserreger begünstigen, andere dagegen 
hemmen konnten. Leider finden sich meist keine Angaben über die 
Temperatur der Aufbewahrungsräume, die Fenue :htiekeitsverhältnisse, 
darüber, ob angefaulte Exemplare rechtzeitig und mindestens vor der 


N 


4 


B 
_  Sporenbildung aus dem Vorrate entfernt wurden oder nicht usw. Eine 
Zusammenstellung zahlreicher, in diesem Sinne möglichst zuverlässiger 
und vollständiger Angaben über spontan entstandene Fäulnisfälle dürfte 
in Verbindung mit richtig durchgeführten Infektionsversuchen dann auch 
erkennen lassen, warum im einen Falle dieser, im zweiten ein anderer 
Pilz als vorherrschender Fäulniserreger auftrat. überhaupt weitere Auf- 
schlüsse über das Wesen des Vorganges und etwa zu ergreifende Schutz- 


_ _ mabregeln ergeben. 


Der 7, 


[>] 


% $ 15. Eindringen der Pilze; natürliche Sehutzmittel der Früchte. 


Soll das Fleisch der Obstfrüchte seinen Zweck als Verbreitungs- ıo 
mittei der Samen erfüllen, so sind Schutzvorrichtungen gegen Angriffe 
von Pilzen wie auch von tierischen Schädlingen erforderlich; denn schon 
frühzeitig werden darin organische Verbindungen gespeichert, die für 
jene als Nahrung geeignet wären. Vor allem ist die Epidermis dieser 
ihrer Aufgabe besonders angepaßt. Der lückenlose Anschluß der Zellen, 
die mächtige Entwicklung und die Cutieularisierung ihrer Außenwände, 
| sowie die Ausbildung einer kräftigen, häufig noch mit einer Wachs- 


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schicht bedeckten Cuticula verwehren jedem der genannten Fäulnis- 

erreger den Eingang, während allerdings energische Parasiten, wie 

Fusicladium, einzudringen vermögen. Eine eingehende Darstellung dieser: 

- Verhältnisse, in die hier nicht weiter eingetreten werden kann, gibt 
— ZSCHokkE (1). Auch die Spaltöffnungen, die bei Aepfeln und Birnen in 
der Jugend regelmäbig, wenn auch in relativ geringer Zahl, vorkommen, 
ermöglichen den Eintritt jetzt noch nicht, wohl weil chemotropisch 
wirkende Substanzen fehlen. Erfährt beim weiteren Wachstum die Epi-» 
dermis eine starke Dehnung, so werden die Spaltöffnungen zwar häufig 
aufgeschlitzt, allein meist bildet sich schon vorher darunter eine kleine 
Korkschicht, wenn auch nicht gerade eine wirkliche Lenticelle. Diese 
sternförmigen, der Durchlüftung dienenden „Korktüpfel“ zeigen sich für 
das Eindringen von Keimschläuchen ebenfalls nicht sehr geeignet. Bei so 
sehr starker Verdickung und Cuticularisierung der Epidermis, nament- 
lich aber, wenn diese, wie bei den Lederreinetten und Lederbirnen, durch 
eine Korkschicht ersetzt wird, entstehen an Stelle der Spaltöffinungen 
beim weiteren Wachstum richtig ausgebildete Lenticellen, für die das 
gleiche gilt. Bietet schon die Hautschicht dem Fruchtfleisch einen weit-3 
gehenden Schutz, so ist dieses, wenigstens im unreifen Zustande, auch 
‚durch die eigene Beschaffenheit bis zu einem gewissen Grade geschützt. 
Nach Wenmer’s (1) Ansicht wirken die derben, lückenlos verbundenen 
‚Zellen bei dem vorzugsweise intercellularen Wachstum der Hyphen einer 
Infektion entgegen; doch scheint dieser Umstand, wenigstens für Monilia, 
‚die in ganz unreife Früchte eindringt, nicht von ausschlaggebender Be- 
deutung zu sein, während wohl die chemische und sonstige Beschaffen- 
heit des Zellinhaltes für sämtliche Fäulnispilze ein größeres Hindernis 
bildet. Nicht nur ist der Zuckergehalt der Zellen noch gering, sondern 
je enthalten auch verschiedene Stoffe, die nachteilig auf das Gedeihen 
der Pilze einwirken, wie organische Säuren und Gerbstoff in großer 
Menge, und zudem sind die Protoplasten im lebenskräftigsten Zustande, 
So besitzen denn die jungen Früchte schon in der Epidermis einen ge- 
nügenden Schutz gegen alle Fäulniserreger, aber auch wenn diese ver- 
undet wird, sind fast sämtliche unfähig, in das Fruchtfleisch einzu- so 


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dringen. Nur die Monilien und bei Traubenbeeren Botrytis einerea ver- 
mögen mit ihren energischer wirkenden Angriffsmitteln die jugend- 
kräftigen Protoplasten zu töten und den austretenden Säuren etc. zu 
widerstehen. 

5 Mit herannahender Samenreife ändert sich rasch die Beschaffenheit 
des Fruchtfleisches; es wird saftig, weich, der Zellverband lockert sich, 
der Zuckergehalt des Saftes steigt schnell, der Säuregehalt nimmt ab 
und der Gerbstoff schwindet. Auch noch in anderer, weiter unten zu 
erörternder Weise äußert sich der Einfluß des zunehmenden Alters der 

ıo Zellen, und zwar vom erreichten Reifestadium an in rasch steigendem 
Maße. In gleichem Maße verlieren die Früchte die Widerstandsfähigkeit 
seren die Fäulniserreger. Doch bevor wir hierauf eintreten, sollen zu- 
nächst einige äußere Bedingungen erwähnt werden, von denen es ab- 
hängt, ob und von welchem Pilze eine Frucht ergriffen wird. Da 

ıs Fäulnispilze in der Regel nicht durch die unverletzte Haut einzudringen 
vermögen, Verletzungen oder sonstige geeignete Oeffnungen aber nicht 
so häufig sind, so hängt die Wahrscheinlichkeit der Infektion wesentlich 
von der Zahl bzw. Dichte der aufgestreuten Pilzsporen ab, woraus dann 
ersichtlich wird, warum herumlieeende faule Früchte die Fäulnis fördern 

»können. Es liegt nahe, dab dann gerade mit von ihnen ausgehenden 
Sporen ein großer Teil der Früchte infiziert wird und daß so der eine 
oder andere Pilz als herrschender Fäulniserreger auftreten kann. Da 
Peniecillium und die Mucorineen zudem auf leblosen Substraten wachsen, 
so kann z. B. in einem Keller auch durch ein derartiges Vorkommnis 

die Häufickeit und Art der Obstfäule ebenfalls beeinflußt werden. 
BEHRENS (1) schildert, wie in seinem Laboratorium Stubenfliegen an den 
Konidienpolstern eines moniliafaulen Apfels zu lecken pflegten und, da 
sie nachher andere, entfernt davon liegende Früchte aufsuchten, deren 
Infektion herbeiführten. Begreiflich ist, daß auch im Freien, wenn 

a» einzelne von Monilia befallene Früchte an den Bäumen hängen, auf 
gleiche Weise alle wurmstichigen oder sonst verletzten von dem gleichen 
Pilze angesteckt werden; denn die Insekten suchen mit Vorliebe die 
Wunden der Früchte auf. Hier wäre auch noch anzufügen, dab, wenn 
auf eine Frucht die Sporen verschiedener Fäulniserreger ausgesät wurden. 

nach den vorliegenden und bereits angeführten Beobachtungen derjenige 
die Fäulnis verursachen wir d, für den die äußeren Verhältnisse nnd die 
Fruchtbeschaftenheit am günstigsten liegen. 

Damit die Sporen keimen können, ist ein gewisser Feuchtigkeitsgrad 

der Luft oder oberflächliche W asseransammlung auf den Früchten not- 
wendig. Dieser fäulnisfördernde Einfluß der Feuchtiekeit wurde schon 
von Davaıse (1) hervorgehoben und von späteren Beobachtern bestätigt. 
Der bei anhaltend trockener Lagerung eintretende Wasserverlust der 
Früchte vermehrt ihre Widerstandsfähigkeit, wohl weil dadurch der 
relative Gehalt an Säuren, Gerbstoff ete. erhöht wird. Etwas kompli- 

4 zierter erscheint die Einwirkung der Temperatur. Wenn auch in warmen 
Räumen lagernde Früchte rascher altern und daher früher zur Fäulnis 
disponiert werden, so kann, wie Wenmer (1) hervorhebt, die Wärme 
andererseits ein rascheres Welken der sich enger zusammenschließenden 
peripheren Zellschichten zur Folge haben, so dab die an mäßig warmen 

sound daher gewöhnlich trockenen Orten aufbewahrten Früchte weniger 
ansteckungsfähige erscheinen. Im Grunde käme es doch auch hier auf 
die Feuchtigkeit an. Die einmal eingeleitete Fäulnis wird natürlich bei 
niederer Temperatur langsamer fortschreiten als bei einer höheren, noch 


BA 


unter dem Optimum für das Wachstum des betreffenden Pilzes liegenden. 
Ob bei verschieden warmer Lagerung des Obstes bald mehr der eine, 
bald mehr ein anderer Fäulnispilz günstigere Infektionsbedingungen 


findet, ist noch nicht untersucht. Bei den allerdings nicht hierher ge- 


hörenden Aspergillus-Arten (s. 10. Kap. d. IV. Bds.) konnte WEHMER (2) 5 
wärmeliebende und wärmefeindliche unterscheiden. 

Daß die Widerstandsfähigkeit der Früchte gegen Fäulnis mit zu- 
nehmender Reife abnimmt, haben schon Davaıne (1) und BrEFELD (1) 
erwähnt, dabei aber namentlich ihr Weicher- und Süßerwerden als das 
Wesentliche hervorgehoben. MÜLLER-THURGAU (2) stellte bei der Botrytis- 
fäule der Trauben fest, dab ihr Auftreten vom Entwicklungszustande 
der Beeren abhängig sei. Mit zunehmender Reife vermindere sich die 
Lebenskräftiekeit der Beeren, wie aus dem Verlauf der physiologischen 
Vorgänge geschlossen werden könne; das gelte auch für die Hautzellen, 
die bei einer reifen Beere weniger lebenskräftig seien als bei einer 
unreifen und bei einer überreifen schon abzusterben begännen. Auch 
von anderen Autoren wird hervorgehoben, daß die Früchte erst nach 
erlangter Reife zur Fäulnis disponiert werden und die Erscheinung mit 
einer gewissen Altersschwäche zusammenhängt. In kritischer Weise 
behandelt WEHMER (1) diese Frage und kommt zu dem Resultate, dab,: 
wenn die reifen Früchte für Fäulnis empfänglicher werden, dies weniger 
dem Aelterwerden zuzuschreiben sei als den verschiedenen inneren Ver- 
änderungen, die sie beim Reiferwerden erfahren. Nach den Darlegungen 
MÜLLER-TuuRrGAauU’s (5) ist jedoch das Reifen nichts anderes als ein 
Altern und die beim Reifevorgang sowie nachher eintretenden Verände- 
rungen einer Frucht sind größtenteils Alterssymptome. Es wird ange- 
bracht sein, diesen komplexen Begriff des Reifens oder Alterns zu zer- 
legen und zu sehen, inwieweit die Einzelfaktoren die Widerstandsfähig- 
keit der Früchte zu beschränken vermögen. 

Schon die Epidermis ist bei reifen Früchten anders beschaffen als» 
bei unreifen. weicher und leichter zu verletzen. Bei dünnhäutigen 
Früchten, z. B. der Erdbeere und Himbeere, vermögen jetzt Fäulnispilze 
scheinbar ohne vorhandene Wunde oder sonstige Oeffnung einzudringen, 


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25 


"bei Kernobst dagegen ist zur Infektion auch jetzt noch eine Eingangs- 


pforte erforderlich, wie z. B. die Versuche von BrEFELD (1) und ZSCHokkE (1) 
erkennen lassen. Reife, ungefähr vier Wochen abgelagerte Aepfel ver- 
schiedener Sorten, die letzterer durch Waschen mit Alkohol benetzbar 
gemacht, zum Teil mit Wasser, zum Teil mit verdünntem Traubensaft 
benetzt nnd dann mit Penicilliumsporen überstäubt hatte, wurden in 
feuchtem Raume aufbewahrt. Bei den mit Wasser benetzten Früchten 
keimten einzelne Sporen, vermochten jedoch kein größeres Mycelium zu 
erzeugen, und die Früchte blieben bis auf eine Ausnahme gesund. Die 
mit Traubensaft benetzten Aepfel waren bald von einem feinen Hyphen- 
gespinst überzogen und nach einigen Tagen konnte man einige Faul- 
stellen entstehen sehen. Im einen wie im anderen Falle ließ sich im 
Zentrum jedes Fleckens eine kleine Lücke in der Cutieula erkennen. 
Ein gleiches Resultat ergaben Versuche, bei denen auf die Früchte 
Traubensaftgelatine mit Penicilliumsporen gestrichen wurde. Hieraus 
darf doch wohl nur geschlossen werden, daß das Mycelium von Penieil- 
lium, das nach Mıyosnr (1) Cellulosenmembranen zu durchbohren ver- » 
mag (s. Bd. I, S. 470), unter den vorliegenden Umständen nicht imstande 
war, durch die intakte Epidermis in Aepfel einzudringen. Selbst die 
vorausgehende saprophytische Heranzucht eines Myceliums hat dasselbe 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. \ 4 


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nicht befähigt, die allerdings besser als eine gewöhnliche Zellmembran 
geschützte Außenwand der Epidermiszellen zu durchdringen. So lange 
kein Beweis für das Gegenteil vorliegt, wird man sich den Vorgang bei 
der häufig stattfindenden Ansteckung gesunder Aepfel durch anliegende 
s penicilliumfaule ähnlich vorstellen müssen. Das aus diesen ausbrechende 
Mycel wird die gesunden an der Berührungsfläche mit einem dichten 
Mycel überziehen, dem dann auch die kleinste natürliche Oeffnung oder 
Verletzung nicht entgehen kann. Das gutgenährte Mycelium eines von 
Penieillium durchwucherten faulen Apfels vermag übrigens auch nicht 
durch die Zellen der Epidermis nach außen zu wachsen, sondern mub 
letztere, um zur Konidienbildung zu gelangen, sprengen. Ob das Resultat 
obiger Versuche auch für Dotrytis und Monilia, bei denen der Uebergang 
von Frucht zu Frucht noch sicherer erfolgt, Geltung hat, müßte erst 
noch bewiesen werden. Nach den Untersuchungen von BEHRENS (1) 
ısstehen wenigstens dem ersten dieser beiden Pilzen energischer auf die 
Zellwände wirkende Mittel zur Verfügung, so dab ein direktes Hinüber- 
wachsen von Frucht zu Frucht nicht ohne weiteres ausgeschlossen ist. 
Möglicherweise sind sie aber in diesem Falle doch, wie bei der Infektion 
“ durch Sporen, ebenfalls auf Eingangspforten angewiesen. Als solche 
20 werden von den Fäulnispilzen besonders intakte und aufgeschlitzte Spalt- 
öffnungen benutzt, unter denen sich keine Korkschicht bildete, seltener 
Korktüpfel, sodann Risse, die infolge des Wachstums meist in der Nähe 
des Stieles oder Kelches entstehen, feinere oder gröbere Spalten quer 
durch die Schorfflecke, Fraßwunden von Insektenlarven, Wespen etc., 
»Hagelwunden u. dgl. Die meisten Faulflecken gehen aber von Beschädi- 
gungen aus, die die Früchte beim Ernten, Verpacken und Transportieren 
erhalten. Gerade diese oft kaum sichtbaren Wunden sind bei reifen 
Früchten um so gefährlicher, als durch sie leicht etwas Saft austritt, 
der auf in der Nähe befindliche Keimschläuche anziehend wirkt. Daß 
soaußer durch diese Pforten in der Epidermis einzelne Pilze auch durch 
den abgebrochenen Stiel oder die offene Griffelröhre in die Früchte ge- 
langen, sei hier nur erwähnt. Bei Steinobst und den Traubenbeeren, 
zumal im überreifen Zustande, finden die Pilze noch weitere Gelegen- 
heiten, indem bald Zellpartien der Epidermis absterben. Ueberreife - 
3; Traubenbeeren setzen dem Eindringen von bofrytis durch die Epidermis 
kein Hindernis mehr entgegen, der Zellverband ist gelockert, der Gerb- 
stoff verschwunden. 
Von mindestens eben so großer Bedeutung für den Fortgang des 
Fäulnisprozesses sind die beim Reifen im Fruchtfleisch eingetretenen 
0 Veränderungen; denn jetzt vermag es dem Vorwärtsdringen der Fäulnis- 
erreger keine oder nur geringe Hemmnisse entgegenzusetzen. Infektions- 
versuche führen regelmäßig zur Fäulnis, wenn auch immerhin je nach 
der Art der Früchte und je nachdem der Zeitpunkt der eingetretenen 
Reife mehr oder weniger überschritten ist, der eingedrungene Pilz bald 
ssschneller, bald nur langsam vorwärts dringt. Daß auch in ganz gleich 
beschaffenen Früchten die verschiedenen Fäulniserreger ungleich schnell 
vorwärts drineen, kann nicht überraschen. In reifen Birnen hat sich 
nach BrEFELD und ZscHokkE, welch letzterer hierüber nähere Angaben 
macht, Rhizopus nigricans sehr rasch wachsend erwiesen. Da das Frucht- 
sefleisch der reifen und noch mehr der überreifen Früchte weicher, im 
Zusammenhang lockerer und lufthaltiger ist, wie sich leicht feststellen 
läßt, so wird den gewöhnlich intercellular wachsenden Hyphen das Vor- 
wärtsdringen schon dadurch wesentlich erleichtert. Die infolge des Pilz- 


angriffes getöteten Zellen entlassen nun Inhaltsstoffe in die noch er- 
weiterten Intercellularräume, und von der Beschaffenheit dieses aus- 
tretenden Zellsaftes wird das weitere Gedeihen des sich davon nährenden 
 Pilzes abhängen. Sind auch die beim Reifen stattfindenden chemischen 
Vorgänge nur teilweise erforscht, so steht doch heute fest, daß der 
Zuckergehalt dabei rasch steigt, daß die organischen Säuren zum Teil 
verschwinden und selbst nach erlangter Reife der Frucht immer noch 
weiter abnehmen, daß der in den Zellen unreifer Früchte vorherrschende 

-  Gerbstoff sich in reifen Früchten nur in geringer, in überreifen in kaum 
_ merkbarer Menge vorfindet. Alle diese V eränderungen wirken günstig 

_ auf das Gedeihen der Fäulnispilze ein. wozu dann noch kommt, daß die 
Menge der für sie direkt verwendbaren Stickstoffverbindungen mit dem 
_ Reifegrad zunimmt. Dem Einwand, daß die Zuckerzunahme für sich 
- allein oder die Säure- und Gerbstoffabnahme nicht genügen, die Disposition 

_ der reifen Früchte für die Fäulnis zu erklären, ist entgegenzuhalten, 
daß hier eben eine ganze Reihe verschiedener Faktoren in eleichem 
Sinne wirkt, dab ihre Einwirkungen sich nicht nur summieren. "sondern 
gegenseitig steigern. In dieser Kumulation der Einflüsse der ver- 
“schiedenen chemischen Eigenschaften der Zellsäfte zusammen mit der 


physikalischen und anatomischen Veränderung des Fruchtfleisches mag: 


die Disposition der reifen und überreifen Früchte für den F äulnisvor- 
gang zu einem großen Teil begründet sein. Es tritt aber noch ein 
weiterer Umstand hinzu, auf den namentlich auch Berrexs (1) hinweist, 
nämlich die mit dem Altern und allmählichen Erlöschen des Lebens ab- 


 nehmende Energie in den Lebensfunktionen der Zellen. Wie nach: 


MÜLLER-TraurGau (1) der Atmungsvorgang in reifen Früchten schwächer 
verläuft als in unreifen, so dürfte dies auch mit den anderen Funktionen 
_ der Protoplasten der Fall sein, und als Folgeerscheinung dieser Abnalıme 
der Lebensenergie wären nicht allein die ber eits erwähnten chemischen 


_ Aenderungen aufzufassen, sondern auch eine eerineere Widerstandskraft 3 


_ der lebenden Fruchtzellen gegen die von den Fäulnispilzen ausgeschiedenen 
Gifte, Nach den Versuchen von Beurexs kann die eiftige Wirkung 
von Penieillium und Botrytis auf Hefe durch eine kräftieere Ernährung 
der letzteren (Zusatz von Pepton) bis zu einem gewissen Grade aus- 


-geglichen werden, und ähnlich wie hier bessere Ernährung kann sicher 3 


auch die höhere Lebensenergie junger Zellen die W iderstandsfähigkeit 
heben. Vielleicht, daß deren Abnahme beim Reifen zum Teil darin 
beruht, daß die Protoplasten bei den geschwächten Lebensfunktionen 
weniger befähigt sind, der Entwicklung der Pilze entgerenwirkende 
Anti-Enzyme und Gifte zu bilden. 

Der Frage, warum Penieillium und Mucor nur saftige Früchte be- 
fallen und nicht auch andere Pflanzenorgane, sind besonders WEHMER (1) 
und Benrens (1) näher getreten. Letzterer hebt hervor, daß die Ver- 
suche Davaıne's, nach denen bei Infektionsversuchen die fleischieen 
lätter von Mesembryanthemum und Sempervirum und besonders die 
eischigen Zweige von Stapelia durch Mucor zur Fäulnis gebracht wurden, 
nicht beweisend seien, weil die Mitwirkung anderer Pilze nicht aus- 
eschlossen war. Bei seinen eigenen Versuchen mit solchen Pflanzen 
erhielt er mit Penieillium glaucum nur negative Resultate, während 


hizopus nigricans verhielt sich in einigen Versuchen nicht anders wie 
Penieillium. Auch die sonstigen Angaben über parasitisches Auftreten 
von Penieillium hält Beurens (1) nicht für genügend begründet. Da- 
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otrytis, wie zu erwarten war, auch hier parasitisch auftreten konnte. 


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gegen scheint immerhin nicht ausgeschlossen, daß, wenn die Lebens- 
tätigekeit eines Organes auf ein Minimum herabgesetzt und es zudem 
saftig ist, auch Pemieillium und Mucor darin parasitisch zu leben ver- 
möchten; dafür spricht ja auch das Auftreten von Penicillium in der 
5absterbenden grünen Außenschale der Baumnüsse. Während die anderen 
Organe der Pflanzen, solange sie mit ihnen in Verbindung stehen, beim 
Nachlassen der Lebensenergie rasch von den besten Inhaltsstoffen ent- 
leert werden und nach dem Ablösen bald absterben, finden wir in den 
Obstfrüchten Organe, die zu bestimmtem Zwecke reichlich mit nahr- 

1 haften organischen Verbindungen gefüllt sind, bei denen eine Entleerung 
vor der Trennung vom Baume zweckwidrig wäre und die nachher nicht 
rasch absterben, um nun von saprophytischen Pilzen verzehrt zu werden, 
sondern in diesem reifen Zustande isoliert längere Zeit ein eigenartiges, 
allerdings immer schwächer werdendes Leben fristen. Diese saftigen, 

ıs nährstoffreichen, jedoch dem Absterben entgegengehenden Organe fallen 
nun sogar so schwach parasitischen Pilzen wie Penieillium und Mucor 
zur Beute. Ein zu rasches Verderben würde aber leicht den Endzweck 
der Früchte, der Verbreitung der Samen zu dienen, vereiteln, und so 
bleiben denn die Anpassungseinrichtungen zum Schutze gegen Pilze je 

»»nach Art und Sorte der Frucht nach ihrem Genießbarwerden noch 
kürzere oder längere Zeit wirksam. 

Bei den großen Abweichungen im Bau der Epidermis und der Be- 
schaffenheit des Fruchtfleisches kann es nicht auffällig erscheinen, dab 
die verschiedenen Arten und Sorten der Früchte ungleich stark zur 

> Fäulnis disponiert sind. ‚Ja man wird begreifen, daß sogar Früchte der 
gleichen Sorte, aber in verschiedenen Gegenden oder ‚Jahren gewachsen, 
nicht gleich lange haltbar sind. Die klimatischen Einflüsse, unter denen 
eine Frucht wuchs, können nicht allein einen festeren Ausbau der 
Epidermis verursachen, sondern auch günstig auf die chemische und 

sosonstige Beschaffenheit des Fruchtfleisches, sowie auf dessen natürliche 
Lebensdauer einwirken. Ebenso wird sicher ein weitgehender dies- 
bezüglicher Einfluß durch die Ernährung der betreffenden Pflanze und 
besonders durch die assimilatorische Tätigkeit gesund erhaltener Blätter 
ausgeübt. 

35 Auch die Spezialisierung der Fäulnispilze auf gewisse Fruchtarten 
oder Reifezustände kann nicht überraschen. Nicht nur besitzen diese 
Pilze nachgewiesenermaßen verschieden energische Angriffsmittel und 
sind zudem ungleich empfindlich gegen die schädigenden Bestandteile 
der Fruchtsäfte, sondern es sind anderseits auch die Früchte in Bau 

sound Zusammensetzung voneinander so abweichend, daß begreiflich ist, 
wenn der eine Pilz leichter in diese, ein zweiter besser in eine andere 
Frucht eindringt, wenn z. B. Penieillium mehr die Aepfel bedroht, 
Botrytis dagegen diesen ziemlich ungefährlich ist und dafür die Birnen 
bevorzugt. wenn von den beiden Monilien das Kernobst ausschließlich 

durch Monilia fructigena, die Kirschen von M. cinerea befallen werden usf. 
Uebrigens bedürfen die im Vorstehenden skizzierten Beziehungen zwischen 
Fruchtbeschaffenheit und Fäulnispilzen, sowie überhaupt die in diesem 
Paragraphen dargelegten Anschauungen noch weiterer wissenschaftlicher 
Begründung. 


$ 16. Veränderung der Früchte durch die Fäulnispilze. 


Ein bis zwei Tage nach gelungener Infektion ist in der Regel die 
eingetretene Fäulnis schon äußerlich sichtbar, indem um die Infektions- 
stelle sich ein brauner Fleck zeigt, der sich nun, der Ausbreitung des 
Mycels im Fruchtfleisch entsprechend, von Tag zu Tag weiter ausdehnt. 5 
Dabei breitet sich die Fäulnis nach dem Innern meist eben so schnell 
aus wie peripherisch unter der Epidermis; doch kann auch, durch die 
Beschaffenheit des Fruchtflieisches und die Eigenschaften des Pilzes be- 
dingt, die Ausbreitung mehr peripherisch, z. B. bei der Schalenfäule der 
Birnen durch Cephalothecrum, oder vorwiegend in zentripetaler Richtung, ıo 
wie hie und da bei der Penicilliumfäule der Aepfel, vor sich gehen. 
Das faule Fleisch zeigt stets eine bräunliche Verfärbung, je nach der 
Fruchtbeschaffenheit heller oder dunkler; doch hat auch der Fäulnis- 
erreger hierauf Einfluß. Penicilliumfaule Aepfel sind regelmäßig heller 
gefärbt als von Mucor oder botrytis befallene, oft nur gelblich bis hell- ıs 
braun, letztere dagegen meist dunkelbraun. Auch hinsichtlich der 
Konsistenz des Fruchtfleisches findet eine Veränderung statt: meist wird 
es weicher, oft fast breiartig.. Zudem sind Geruch und Geschmack ver- 
ändert, so daß je nach der Art des Pilzes und der Dauer der Fäulnis 
die Früchte entweder nur unschmackhaft, oder aber ganz ungenießbar » 
und zur technischen Verarbeitung unbrauchbar werden, doch ist hierauf 
weiter unten noch näher einzutreten. 

Die im Innern faulender Früchte auftretenden Erscheinungen lassen 
sich zum Zwecke einer genaueren Untersuchung in natürlicher Weise 
in solche gruppieren, die nur als Folgen des Absterbens der Zellen » 
zu betrachten sind, und in solche, die direkt durch die Pilztätiekeit 
verursacht werden. Sobald bei einer in Fäulnis begriffenen Frucht die 
Zellen der Epidermis und des Fruchtfleisches abgestorben sind. erleiden 


sie Veränderungen, die wir in abgestorbenen Organen überhaupt be- 


obachten. Speziell die Zellen teiger Birnen zeigen, wie schon BrEFELD (1) 30 
erkannte, große Uebereinstimmung mit denjenigen frisch gefaulter Frucht- 
partien. Beim Absterben verändert der Protoplast seine osmotischen 
Eigenschaften, kontrahiert sich und läßt den Zellsaft mit den in ihm 
gelösten Stoffen frei durch sich hindurch austreten. Da die Zellwand 
kein Hindernis bietet, wird der Saft zum Teil in die Intercellularräume:: 


- gelangen. Die Zellen verlieren dabei ihren Turgor und das Fruchtfleisch 


jenen Teil der Gesamtfestiekeit, der auf diesem beruhte. Das Fleisch 


_ wird weich und läßt beim Anschneiden Saft austreten, ja sogar ohne- 


dies entlassen gelegentlich faule Früchte eine beträchtliche Menge von 
solchem. Bei der hierbei eintretenden Vermischung des gerbstoffhaltigen 4 
Zellsaftes mit dem an Proteinkörpern reichen Protoplasma wird sich 
leicht der Gerbstoff mit den Eiweißkörpern zu einer unlöslichen leder- 


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artigen Verbindung vereinigen. Mit dieser Erklärung für die länest 


bekannte Abnahme des Gerbstoffes beim Faulen der Früchte 
würde dann auch im Einklang stehen die starke, ebenfalls ohne Ein- 
wirkung eines Pilzes zustandekommende Abnahme dieses Stofles beim 
Teigwerden der Mispeln und mancher Birnen, die nur im teieen Zu- 
Stande roh genießbar sind. Auch beim Kochen herber Birnen, beim Er- 
frieren der Schlehen und beim Zerkleinern des Obstes zur Mostgewinnung, 
wie Kennorker (1) nachwies, ist die konstatierte, oft beträchtliche Ab-» 
nahme des Gerbstoffgehaltes auf diesen Vorgang zurückzuführen. Eine 


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andere, wahrscheinlich mit dieser Gerbstoffabnahme im Zusammenhang 
stehende Erscheinung an faulenden Früchten ist die Braunfärbung 
des Inhaltes der Zellen. Da diese auch beim Absterben ohne Pilzan- 
grift, z. B. beim Teigwerden der Birnen, dem Morsch- und Stippigwerden 
;sder Aepfel, eintritt, hat man es ebenfalls nur mit einem chemischen 
Vorgang zu tun, und es sei daher diese Frage hier nur kurz behandelt 
und im übrigen auf die Arbeit von BEHRENS (1) verwiesen, wo sich auch 
die Literatur verzeichnet findet. Das Braunwerden zerschnittener lebender 
Früchte und des ausgeprebten Saftes besitzt eine ziemliche Bedeutung 
für die Praxis der Dörrobst- und Konservenfabrikation, sowie auch für 
die Weinbereitung. Daß die Braunfärbung nur in dem Maße stattfindet, 
als der Sauerstoff in die Frucht, in den Obstsaft oder den zum Braun- 
werden neigenden Wein eindringt, ist schon längst bekannt und ebenso, 
daß man diesen Vorgang durch energische Reduktionsmittel (schweflige 
Säure) verhindern oder rückgängig machen kann. Die von einigen 
französischen Forschern ausgesprochene Behauptung, daß der die Braun- 
färbung herbeiführende Oxydationsprozeß durch ein sauerstoffübertragendes 
Enzym, eine Oxydase, zustande komme, hält Beurexs nicht als genug- 
sam erwiesen (vgl. 27. Kap. d. I. Bds.). Bezüglich der Braunfärbung 
„der faulen Früchte schließt er sich der Ansicht an, daß sie auf der 
Oxydation des der Frucht eigenen Gerbstoffes beruht, der sich entweder 
schon vor der Oxydation mit Eiweiß verbindet und dann durch Sauer- 
stoffaufnahme braun wird, oder sich aber erst nach erfolgter Oxydation 
mit den unlöslichen Eiweißstoffen der toten Protoplasten zu einem leder- 
sartigen braunen Körper verbindet. Der Fäulnispilz hätte, nachdem er 
die Zellen tötete und damit den Zutritt des Gerbstoftes aus dem Zell- 
saft zu den Eiweibstoffen im Protoplasma sowie das leichtere Hinein- 
diffundieren des Sauerstoffes ermöglichte, keinen weiteren Einfluß auf 
den Vorgang. Damit würde wohl das Braunwerden teiger Birnen in 
so Einklang stehen, nicht aber der Umstand, dab Weine aus faulen Trauben 
häufiger und stärker braun werden als solche aus gesunden. Die ganze 
Frage kann noch nicht als erledigt betrachtet werden. Wenn Birnen 
im allgemeinen bei der Fäulnis dunkler braun werden als Aepfel, so 
wird man dies immerhin ihrem höheren Gehalt an Gerbstoff zuschreiben 
3 dürfen, und die hellbraune bis gelbliche Färbung penieilliumfauler Früchte 
vielleicht dem Umstande, dab dieser genügsame Pilz, der selbst in von 
anderen schon vollständig ausgebeuteten Früchten gedeiht, imstande ist. 
(rerbstoff oder Eiweiß oder deren braungefärbte Verbindung aufzuzehren, 
Sowohl durch den erleichterten Austritt des Zellsaftes aus den toten 
4 Geweben, als auch durch das Absterben der Epidermis nimmt die Wasser- 
verdunstung der Früchte infolge des Faulens beträchtlich zu. Dazu 
kommt dann in vorgerückteren Stadien, wo der Fäulniserreger zur Sporen- 
bildung aus dem Innern der Frucht hervortritt, eine direkte Wasseraus- 
scheidung durch diesen. Faule Früchte zeigen daher in einer einiger- 
smaben trockenen Umgebung rasche Gewichtsabnahme, sie welken bald 
und zumal bei den moniliafaulen Früchten, bei denen ein vollständiger 
Zerfall nicht so rasch eintritt, ist das Einschrumpfen zu Mumien eine 
bekannte Erscheinung. Bei der Kdelfäule der Trauben kann diese er- 
höhte Wasserverdunstung aus den botrytisfaulen Beeren bei günstiger 
so Witterung eine Konzentration des Saftes und damit eine Verbesserung 
des Weines herbeiführen. 
Zu den direkten Wirkungen der Fäulnispilze gehört in erster 
Linie der Tod der Zellen der befallenen Frucht. Wie schon Kıssuing (1) 


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gezeigt hat, bildet Botrytis cinerea ein Gift, das lebende Protoplasten 
tötet (s. Bd. I, S. 510). Seine Annahme, daß dieses Gift enzymatischer 
Natur sei, wird jedoch von BEHRENS durch den Nachweis widerlegt, daß 
es kochfest ist. Allerdings wird das Gift in seiner Wirkung durch ein 
gleichzeitig ausgeschiedenes Enzym unterstützt, das zellwandlösend wirkt 5 
und wohl durch Veränderung der Membranen das Vordringen des Giftes 
zum Protoplasma fördert. Bei der Ausnahmestellung von Botrytis bleibt 
mit diesem Nachweis noch ganz unentschieden, ob auch die anderen 
Fäulniserreger der Früchte spezifische Zellgifte bilden oder aber die 
Fruchtfieischzellen in anderer Weise töten, vielleicht, wie WERMER (1)ıo 
andeutet, durch Entzug notwendiger Nahrungsstoffe oder durch mecha- 
nischen Reiz oder durch sich anhäufende Stoffwechselprodukte, die unter 
anderen Umständen nicht giftig sind. Durch exakte Versuche hat nun 
‚BEHRENS (1) nachgewiesen, dab nicht nur Bofrytis, sondern auch die 
anderen Fäulniserreger (Rhizopus nigricans, Peniecillium luteum, Monilia ı5 
fructigena) bei Vegetation auf Früchten und Fruchtsäften Gifte bilden, 
die auf pflanzliche Zellen tödlich wirken können und weder flüchtiger 
noch enzymatischer Natur sind. Derselbe Schluß läßt sich aus einem 
Versuche Mıyosnur's (1) auch für Penieillium glaucum ziehen. Uebrigens 
hat MÜLLER-THURGAU (3) schon früher die Verzögerung der Gärung, die zo 
durch das Wachstum von Penieillium in Traubenmost herbeigeführt wird, 
auf die Absonderung einer dem Hefenwachstum nachteiligen Substanz 
zurückgeführt. Man wird also in der Annahme nicht fehlgehen, dab 
die Fäulniserreger bei ihrer Ausbreitung in den Früchten durch aus- 
geschiedene Gifte das Zellgewebe vorwegs töten und dabei nicht nur 3 
einen etwaigen Widerstand der lebenden Zellen brechen, sondern sich 
zugleich den Zufluß geeigneter Nahrung sichern. 

Von Botrytis einerea wurde schon angeführt, daß sie ein zellwand- 
lösendes Enzym ausscheide. Damit ist aber nicht erwiesen, daß dieser 
Pilz wirklich echte Cellulose zu lösen vermag. Ob er hierzu imstande » 
ist und wie sich die übrigen Fäulnispilze in dieser Hinsicht verhalten, 
hat Benrens (1) zu entscheiden gesucht und gefunden, dab Botrytis 
in der Tat echte Cellulose durch ein Enzym in Lösung überführen 
kann, nicht aber Penieillium glaucum, F. Iuteum und Rhizopus nigri- 
cans. Die Versuche machten es wahrscheinlich, dab diese Eigenschaft » 
auch Monilia fructigena abgeht. Wenn das Mycelium von Penieillium 
doch gelegentlich ins Innere der Fruchtzellen eindringt, so wird dies auf 
rein mechanischem Wege geschehen müssen. Anders als die echte Oellu- 
lose können sich selbstverständlich die sogen. Pektinstofte (s. Bd. III, 
S. 269) verhalten, die einen allgemeinen Bestandteil der Membranen # 
bilden; mindestens die Mittellamelle der meisten parenchymatischen Ge- 
webe besteht nach ManGın aus einer Pektinkalkverbindung. Nach 
Benrexs assimilieren nun sowohl Rhizopus nigricans als die beiden 
Penicillien und Botrytis sowohl Pentosen wie Galactose, die Spaltungs- 
produkte von Mittellamellenpräparaten, die er sich aus roter Rübe her- 
gestellt hatte (s. Bd. III, S. 281). Pektinsaurer Kalk aus Flachs oder 
Rüben lieferte ihnen ein zusagendes Nährmaterial. Monilia fructigena 
gelang es nicht, auf Rübenpektin zu ziehen, obwohl als Stickstoflquelle 
Pepton geboten war, so daß hieraus und aus dem Verhalten des Pilzes 
in faulenden Früchten wahrscheinlich wird, daß Monilia, obwohl aus- 
schließlich intercellular wachsend, nicht vermag, Mittellamellen zu lösen 
und also rein mechanisch zwischen die Zellen eindrinet und dabei die 
Mittellamelle verdrängt oder spaltet. Bei den übrigen Fäulnispilzen 


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kann wohl angenommen werden, daß es sich bei der Lösung der Mittel- 
lamelle um einen enzymatischen Vorgang handelt und daß dieser ihnen 


beim Vorwärtsdringen förderlich ist. Von weiteren Enzymen (s. 11. Kap. 


d. IV. Bds.) ist für Penieillium glaucum, P. luteum, Botrytis einerea und 
; Monilia fructigena eine Invertase nachgewiesen. Stärkelösende Enzyme 
vermag P. glaueum abzuscheiden. Auch sämtliche übrigen genannten 
Pilze spalten die Stärke hydrolytisch in einen reduzierenden Zucker, 
bilden also ein zur Gruppe der Glucasen gehörendes Enzym. Sie greifen 
ferner sowohl lösliche wie unlösliche Eiweißstoffe an, so daß auch die 
‚Bildung peptischer oder tryptischer Enzyme nicht bezweifelt werden 
kann. Ebenso sind glucosidspaltende Enzyme nachgewiesen von den 
beiden Penicillien, Botrytis und Monilia, und BEHRENS (1), dem obige 
Angaben entnommen sind, hat gezeigt, daß die Produktion eines emulsin- 
artigen Enzyms bei Monilia und Botrytis nicht an die Gegenwart eines 
;Glycosids gebunden ist. Nach ihm vermögen übrigens die Fäulnis- 
erreger nicht allein die Glycoside des Traubenzuckers sondern auch 
Pentoside zu zerlegen. 
Nachdem im vorstehenden die Mittel aufgeführt sind, durch welche 
die Fäulnispilze sich Eingang in die Frucht verschaffen und sich die 
»» Nahrung zugänglich machen, sei die Nahrungsaufnahme selbst noch 
kurz berührt. Wasser und Mineralstoffe werden die Pilze in den 
Früchten in der Regel genügend vorfinden, dagegen können konzentrierte 
Zellsäfte durch ihre osmotische Wirkung die Aufnahme des Wassers er- 
schweren; darauf deutet wenigstens das langsame Wachstum von Botrytis 
»; ecinerea in den zuckerreichen edelfaulen Beeren bei trockener Witterung 
hin. Als Kohlenstoffquelle wird in erster Linie der Zucker be- 
nutzt und zwar nimmt, wie MÜLLER-THuRGAU (2 u. 4) bei Trauben und 
Kernobst zeigte, der Zuckergehalt in faulenden Früchten stetig ab. Zuerst 
verschwand bei den Versuchen mit Aepfeln und Birnen der Rohrzucker 
»und zwar bald vollständig, und erst nachher nahm der Glucosegehalt 
stärker ab, was wohl so aufzufassen ist, daß der Pilz nur die Glucose 
verzehrt, gleichzeitig aber den Rohrzucker in Glucose umwandelt. Dieser 
letzte Vorgang verlief stets langsamer als der erstere, da bei keinem 
Versuche eine Zunahme von Glucose zu beobachten war; doch ist ein 
» anderer Verlauf nicht ausgeschlossen. Bei lang andauernder Einwirkung 
vermögen die Pilze den Zucker aufzubrauchen. Auch die organischen 
Säuren (s. Bd. I, S. 419) werden bei der Fäulnis angegriffen, und zwar 
je nach Art des Pilzes in verschiedener Weise. Bei der durch Botrytis 
verursachten Edelfäule der Trauben verschwindet nach MÜLLER-THUR- 
40 GAU (2) die Säure verhältnismäßig rascher als der Zucker, so dab, wenn 
dann infolge starker Verdunstung eine Konzentration des Saftes erfolgt, 
eine Veredlung des Traubenmostes resultieren kann. Penicillium ver- 
hält sich wesentlich anders, indem es wenigstens anfangs mehr den 
Zucker angreift und erst, wenn dieser beträchtlich geschwunden ist, sich 
sauch der Säure bemächtiet. Da er bei den durch Botrytis zur Fäulnis 
rebrachten Aepfeln und Birnen eine Säureabnahme wie bei den Trauben 
nicht beobachtete, stellte MüLLer-Thuursau (4) es für möglich hin, dab 
die Apfelsäure von den Pilzen weniger leicht zerstört wird als die 
Weinsäure. Dieser Anschauung wurde durch Bernrexs (1) eine experi- 
so mentelle Beeründung gegeben. Setzt man bei seinen Versuchsergebnissen 
mit Botrytis den anfänglichen Säuregehalt der betreffenden Nährlösung 
auf 100. so sank er in 21 Tagen bei Weinsäure auf 14, bei Apfelsäure 
auf 67 und bei Citronensäure auf 95. Es machte bei diesen Versuchen 


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fast den Eindruck, als wenn Weinsäure das (Gedeihen des Pilzes be- 
einträchtige und ebenso, wie die ÖOxalsäure, deshalb von ihm selbst- 
‚regulatorisch am meisten verbrannt werde (vgl. Bd. I, S. 317). Peni- 
eillium glaucum und P. Inteum verhielten sich auch hier ganz anders; 
von den drei Säuren nahm nur die Apfelsäure etwas weniger ab, dann, 
und bei den anderen Säuren von Anfang an, fand sogar eine Zunahme 
statt, die bei P. Iuteum recht beträchtlich war. Nach WEHMmeER (3) bildet 
dieser Pilz Citronensäure (s. 11. Kap. d. IV. Bds). Auch P. glaueum ist 
Säurebildner, und der schließliche Säuregehalt bei beiden ist wohl die 
Resultierende aus zwei einander entgegengesetzten Prozessen. aus der 
Neubildung und der Veratmung von Säure. Möglicherweise verhält es 
sich bei Botrytis ähnlich. 

Daß bei der Fäulnis der Gerbstoff größtenteils oder ganz ver- 
schwindet. wurde bereits erwähnt und dies im wesentlichen auf seine 
Verbindung mit Eiweißstoffen zurückgeführt. Damit ist aber nicht be- 
wiesen, dab nicht ein Teil des Gerbstoffes auf andere Weise ver- 
schwindet, oxydiert oder unter Umständen von Pilzen zerstört wird. 
Nach WorTMmANN (3) werden zerstampfte Rotweintrauben, wenn Botrytis 
darin wuchert, stark bitter, und er gelangt zu der Ansicht, daß die 


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bitter schmeckende Substanz durch die Einwirkung des Pilzes aus dem» 


(Gerbstoff entstehe. Auch der den Gerbstoffen nahestehende Farbstoff 
der blauen Trauben verschwindet bei der Fäulnis der Beeren rasch und 
vollständig. Hier ist wohl nicht die Entstehung einer Verbindung mit 
Eiweiß die Ursache; denn beim Zerquetschen oder Erhitzen gesunder 


Beeren verschwindet der rote Farbstoff nicht. Allerdings ist damit die» 


eigentliche Ursache der so prompten Zerstörung noch nicht festgestellt. 
Auch das Verschwinden der Farbstoffe der übrigen Früchte bei der 
Fäulnis ist noch unaufgeklärt und ebenso, was hier gleich angeschlossen 
werden kann, dasjenige des ursprünglichen Fruchtaromas. 


Etwas mehr ist über den Verbrauch von Stickstoffverbin-: 


dungen bekannt. Bei der Edelfäule der Trauben nimmt nach MÜLLER- 
TuurGau (2) die Menge der löslichen, d. h. beim Zerquetschen und 
Auswaschen in Lösung verbleibenden Stickstoffverbindungen stetig ab, 
während die Menge der nicht im Saft gelösten Stiekstoffsubstanz ent- 


sprechend zunimmt, wohl weil die vom Pilze assimilierte Stickstoffmenge & 


mit in Betracht kommt, so daß also Most aus faulen Beeren beträchtlich 
ärmer an Stickstoff sein kann als solcher von gesunden. Da der in den 
Beeren wuchernde Pilz in erster Linie die leicht assimilierbaren Stick- 
stoffverbindungen entnehmen wird, so werden in Most aus faulen Beeren 
die Stickstoffverbindungen nicht nur an Menge geringer, sondern auch 
zur Pilzernährung weniger geeignet sein. und die bei Weinen aus edel- 
faulen Beeren zu beobachtende Gärungshemmung wäre demnach nicht 
den von Fäulniserregern erzeugten Pilzgiften allein, sondern auch zum 
Teil diesem Umstande zuzuschreiben. Doch wird diese für die Wein- 
bereitung wichtige Frage im Fünften Abschnitt dieses Bandes nähere 
Erörterung finden. Auch bei der Fäulnis des Kernobstes findet ein 
weitgehender Verbrauch der löslichen Stickstoffverbindungen statt, so dab, 
wie MürLner-TnurGau (4) mitteilt, der aus den faulen Früchten gewonnene 
klare Saft fast stickstoffrei ist. Die Dauer, während welcher der Pilz 
einwirken konnte, wird hierbei ohne Zweifel von wesentlichem Einflub 
sein. Abgesehen von der meist leichteren Aufnahme der im Fruchtsaft 
gelösten Stickstoffverbindungen ist auch aus einem anderen Grunde an- 
zunehmen, dab diese in erster Linie zur Ernährung der Fäulnispilze 


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dienen werden. Das fast stets nur in den Interzellularräumen lebende 
Mycel lebt zunächst von dem aus den Zellen herausdringenden Saft und 
erst, wenn z. B. an Stickstoff Mangel eintritt, wird voraussichtlich durch 
Enzymwirkung ein Abbau der im Inneren der Zellen verbliebenen un- 
slöslichen Eiweißstoffe stattfinden. Daß jedoch auf diesem Wege eine 
vollkommene Entleerung nicht zustande kommt, kann vielleicht aus dem 
Umstande geschlossen werden, dab in schon lange von Mucor oder Monilia 
durchfaulten Früchten Penieillium noch gut zu gedeihen vermag, dann 
aber Hyphen ins Innere der Zellen sendet. Bezüglich des Abbaues der 

ıo Eiweibstoffe durch Schimmelpilze sei noch auf S. 311 des I. Bandes dieses 
Handbuches verwiesen. 

Der Einfluß der Fäulnispilze auf die Beschaffenheit der Früchte be- 
ruht nun nicht allein auf den infolge des Absterbens der Zellen ein- 
tretenden Veränderungen und der Stoffaufnahme der Pilze, sondern zu 

seinem wesentlichen Teil auch auf der Ausscheidung von Stoff- 
wechselprodukten durch die Fäulniserreger. Beim natürlichen Ab- 
sterben einer Frucht, z. B. beim Teigwerden einer Birne. schwindet 
allmählich die Atmung, die Kohlensäureabgabe nimmt stetig ab. Anders 
bei faulen Früchten, wo die vermehrte Kohlensäureproduktion wohl 
» ohne weiteres der Atmung der Fäulnispilze zugeschrieben werden darf. 
Anfangs wird diese normal verlaufen: ist jedoch das Fruchtfleisch ganz 
durchfault und der Gasaustausch infolge des Saftaustrittes in die Inter- 
cellularräume von allen Seiten erschwert, so dürfte wenigstens in den 
inneren Partien intramolekulare Atmung (s. Bd. I, S. 324) an Stelle der 
»normalen treten. Dadurch würde auch das vom Verfasser beobachtete 
Vorkommen geringer Mengen Alkohol selbst in penicilliumfaulen Aepfeln 
erklärt sein. Der 1,5 bzw. 2,5 Proz. des Fruchtsaftes betragende Alkohol- 
gehalt bei Birnen, die von Ahrzopus nigricans oder von Mucor pirıformis 
durchwuchert waren, läbt aber sogar auf eine ziemlich ausgiebige Gärung 
soschließen, die übrigens bei diesen Pilzen unter den vorliegenden Ver- 
hältnissen nicht überraschen kann (vgl. 22. Kap. d. IV. Bds.). Solche 
Früchte schmecken deutlich nach gärendem Most, und die gebildete 
Kohlensäure sammelt sich in dem gelockerten Fruchtfleisch zu größeren 
und kleineren Blasen an. Schon Davaıne (1) erwähnt, daß in mucor- 
faulen Früchten eine reichliche Kohlensäureentwicklung stattfinde, die 
den Früchten eine Art Turgeszenz, ein emphysematisches Aussehen ver- 
leihe, was bei Pemieillium nicht der Fall sei. Naturgemäß wird man 
dann in solchen Früchten auch die anderen Produkte der „Mucor- 
eärung“ finden. Als weitere Stoffwechselprodukte der Fäulnispilze 
soinnerhalb von Früchten sind bisher noch flüchtige und nieht flüchtige 
Säuren bekannt geworden, unter letzteren (itronensäure, dieschon erwähnten 
Pilzgifte und verschiedene Enzyme und schließlich auch verschiedene 
(seruchs- und (Geschmacksstofte, die durch die Sinnesorgane leicht wahr- 
eenommen werden können, jedoch chemisch noch nicht näher untersucht 
s wurden. Die verschiedenen Fäulnispilze verhalten sich übrigens in 
letzterer Beziehung sehr verschieden, was wohl am schärfsten bei der 
Weinproduktion zutage tritt, wo die botrytis- oder edelfaulen Riesling- 
trauben am Rheine die edelsten Weine liefern, während die gleichen 
Trauben, von Penicillium durchwuchert, absolut unbrauchbar sind, weil 
sosie dem Weine einen widerwärtigen Geruch und Geschmack verleihen. 
Bei der Bereitung von Obstwein läßt sich nach MÜLLER-THUuRGAU (4) 
Aehnliches beobachten. Auch macht sich schon bei direkter Kostprobe 
gleicher, aber von verschiedenen Fäulniserregern befallener Früchte der 


F 


| 


hervorgehobene Unterschied scharf bemerkbar. Ein spezielles Beispiel 
von der Erzeugung eines besonderen Geschmackstoffes bietet die auf 
S. 44 erwähnte Bitterfäule der Aepfel, verursacht durch (Grloeosporium 
fruetigenum, wobei bemerkenswert ist, dab in den vom gleichen Pilz 
befallenen Kirschen und Traubenbeeren kein Bitterstoff erzeugt wird, 5 
wohl weil dort die dazu erforderliche Grundsubstanz fehlt. Auch Fusa- 
rium und Cephalothecium können in Aepfeln und letzteres auch in 
Pflaumen einen Bitterstoff erzeugen, ob den gleichen, ist natürlich 
fraglich. Die von einem Fäulniserreger in einer Frucht erzeugten Bitter- 
stoffe, Pilzgifte und andere Stoffwechselprodukte mögen gewiß geeignet ıo 
sein, ihm als Kampfmittel gegen andere Pilze. Konkurrenten um die 
gleiche Nahrungsquelle, zu dienen, ob aber darin die eigentliche Ursache 
ihres Entstehens liegt, müßte trotz ihrer Zweckmäßigkeit doch erst be- 


wiesen werden. Ein ausgesprochener Antagonismus zwischen ver- 


schiedenen Fäulniserregern im Obste ist vorhanden, und ebenso ist un- 
verkennbar, daß die für Botrytis und Penieillium nachgewiesenen Gifte 
der Hefe hinderlich sein werden, sich in den von jenen befallenen 
Früchten anzusiedeln. Noch bleibt zum Schlusse anzuführen, dab die 
Fäulnis der Früchte nicht nur ihrer Verwertung im menschlichen Haus- 
halte häufig nachteilig wird, sondern auch in der freien Natur der natür-: 
lichen Bestimmung des Fruchtfleisches entgegenwirkt:; denn faule Früchte 
werden von den größeren, sonst die Verbreitung der Samen besorgenden 
Tieren nicht mehr gefressen, und zudem gehen bei längerer Dauer der 
Fäulnis auch die Samen zugrunde. 


iv 
© 


Literatur 
zum Kapitel Fäulniserscheinungen an Obstfrüchten. 


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wirtschaft, 1901, Heft 11 u. 12. *Zschokke, A., (1) Landw. Jahrb. d. Schweiz, 1897, 
& 154: vorläuf. Mitteil. in 5. Bericht d. schweiz. Versuchsanstalt in Wädenswil, 1896, 
S. 56. 


(Manuskript-Einlauf: 
24. April 19065.) 


4. Kapitel. 


Schutz des Obstes gegen Fäulnis. 


$ 17. Schutz des frischen Obstes bei der Ernte, dem Lagern 
und dem Versand. 


Eine möglichst lange Gesunderhaltung der frischen Früchte bietet 
erhebliche Vorteile, indem einerseits deren Genuß während eines größeren 
5 Teiles des Jahres möglich ist und andrerseits der Absatz gleichmäßiger 
und größer wird. Vor allem kommt es dabei darauf an, die Früchte 
gegen die Angriffe der Fäulnispilze zu schützen; daneben sucht man 
aber auch die Abnahme der Inhaltsstoffe sowie die damit zusammen- 
hängenden natürlichen Todesarten, das Teig- und das Morschwerden, 
wwmöglichst hinauszuschieben und das Welkwerden zu verhindern. Wir 
haben uns hier nur mit der ersten Erscheinung zu beschäftigen; doch 
stehen ja die anderen damit in Zusammenhang. Die Bestrebungen, die 
Haltbarkeit des Obstes zu verlängern, reichen ins Altertum zurück. 
Schon Prınıus schreibt vor, dab die Obsträume an einem kalten und 
ıs trockenen Orte angelegt werden sollen, so, daß die Fenster gegen Norden 
stehen und an heiteren Tagen gelüftet werden können. Die Südwinde 
müssen stets abgehalten werden, aber auch starker Nordwind ist schäd- 
lich und wird Ursache, daß das Obst zusammenschrumpft. Der gemeine 
Mann legte sein Obst auf Stroh oder Hürden, jedoch weit voneinander 
»entfernt, oder er tat es in Gefäbe, die er luftdicht verschloß. Es sind 
dies Maßregeln, die auch heute noch angewendet oder vorgeschlagen 
werden. 
Beruhen auch unsere jetzigen Methoden der Frischerhaltung des 
Obstes nicht mehr einzig auf empirischer Basis, so entbehren sie doch 
»noch sehr der wissenschaftlichen Durcharbeitung. Im Grunde genommen, 
hat die Sorge für die Erhaltung der Früchte nicht erst mit der Ernte 
sondern schon während des Reifens am Baume oder Strauche zu be- 
ginnen. Damit ist nicht die Bekämpfung der verschiedenen Krankheiten 
und Feinde als solcher gemeint, über die in den bekannten Werken von 
30 SORAUER (2), FRANK (1), TUBEUF (1), TASCHENBERG (1), Vıara (1) u. a. 
das Nötige zu finden ist, sondern es soll hier nur kurz auf einige Vor- 
kommnisse hingewiesen werden, bei denen pflanzliche und tierische 


Er 


Parasiten jetzt schon den Grund zu späterer Fäulnis legen. Sogen. 
wurmstichiges Obst, selbst wenn es nicht vorzeitig abfällt, sondern 
am Baume ausreift, ist schon wegen der Anwesenheit des Tieres oder 
seiner Exkremente minderwertig, sodann weil das Fleisch nicht die näm- 
liche Qualität wie bei gesunden Früchten erreicht, namentlich aber aus 
dem Grunde, weil die Früchte nicht haltbar sind. Viele werden schon 
am Baume von Monilia fructigena ergriffen oder gehen, von diesem Pilze 
infiziert, dann im Keller zugrunde. Oft auch tritt die Insektenlarve 
erst auf dem Obstlager aus der Frucht und diese wird dann durch die 
entstandene Oeffnung leicht durch Penieillium, Botrytis oder einen anderen 
Fäulniserreger ergriffen und kann, wenn nicht rechtzeitig beachtet und 
entfernt, Infektion der umgebenden Früchte veranlassen. Es gehört da- 
her die Bekämpfung des Apfelwicklers und einiger Rüsselkäfer (Rymchites), 
die die Kernobstfrüchte wurmig machen, zu den Mitteln, diese gegen 
spätere Fäulnis zu schützen. In gleicher Weise kann durch Bekämpfung 
des Pflaumenwicklers und der Kirschenfliege ein frühes Faulen mancher 
Frucht, ja ganzer Vorräte verhindert werden. Mindestens ebenso ge- 
fährlich für die Haltbarkeit des Obstes sind die Schorfpilze: Fusi- 
cladium dendriticum auf Aepfeln und Fusicladium pirinum auf Birnen, in- 


dem sie die Früchte am Baume befallen, allerdings nicht tief eindringen,: 


aber doch die Epidermis töten und die schützende Cuticularschicht ab- 
sprengen. Zwar bildet sich an deren Stelle bald eine Korkschicht, 
allein diese bietet nicht einen ebenso guten Schutz. Beim weiteren 
Wachstum der Frucht und oft sogar erst während des Lagerns entstehen 


in dieser Korkschicht größere Sprünge oder feinere Risse, durch die: 


nun, wie auf S. 50 bereits erwähnt wurde, die Fäulnispilze eindringen 
können. Dem Techniker und Obsthändler ist die geringe Haltbarkeit 
schorfiger Lageräpfel bekannt; gewisse Fäulnispilze scheinen geradezu 
auf Schorfwunden als Eingangsstellen angewiesen zu sein, wie ( Ed 
thecium roseum und Hypochnus nach ADERHOLD und Erstace (8. S. 45). 30 
Die Bekämpfung der Schorfkrankheit durch Bordeauxbrühe (s. Bd. IV, 
S. 127) oder ähnliche Mittel ist daher eine Bedingung der Obsterhaltung. 
Auf alle Fälle darf wurmiges und schorfiges Obst nicht mit dem ge- 
sunden zusammen gelagert oder gar verpackt und verschickt werden; 


denn schon vor der Genußreife. "sobald die innere Beschaffenheit der: 


Früchte es ermöglicht, werden sie faul und gefährden dann auch die 
übrigen. 

Ein Schutz gegen die Fäulnis kann bei der Ernte oft schon in der 
Weise ausgeübt werden, daß man damit nicht wartet, bis die Früchte 
zu reif sind. Denn dann werden sie infolge ihres weichen Zustandes 
leichter verletzt; sie fallen baldiger Fäulnis anheim und, falls der aus- 
tretende Saft noch andere Früchte benetzte, ist auch für diese, abgesehen 
von der direkten Uebertragung durch die faulen, die Gefahr größer. 
Pfirsiche, Aprikosen und Zwetschen, zumal wenn sie noch einige Zeit 
aufbewahrt oder transportiert werden sollen, muß man daher vor völliger 
_ Reife ernten; dasselbe ist unter solehen Umständen auch bei Kirschen. 

Tafeltrauben und Frühbirnen üblich. Von der Art, wie beim Pflücken 
der Früchte vorgegangen wird, hängt deren Haltbarkeit in hohem Grade 
ab. Dünnhäutige Früchte wie Erdbeeren sollten, wenn für die Tatel 
bestimmt, beim Gewinnen gar nicht berührt, sondern mit der Pflück- 
schere geerntet, die Kirschen nur an den Stielen angetaßt werden. Alle 
Verletzungen eröffnen nicht nur den hier rasch wachsenden Fäulnispilzen 
Eingangspforten., sondern es werden auch die übrigen mit Saft be- 


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schmutzten Früchte bald von Hyphen übersponnen, die dann schon Ge- 
legenheiten zum Eindringen finden. Natürlich ist aus gleichen Gründen 
auch schonend mit den ziemlich empfindlichen Pfirsichen, Zwetschen und 
Pflaumen umzugehen. Bei letzteren beiden die als „Duft“ bezeichnete 
sfeine Wachsschieht abzuwischen, wie gelegentlich getan wird, nimmt 
ihnen nicht allein den Reiz des Unberührten, sondern beraubt sie zu- 
gleich eines Schutzmittels gegen die Fäulniserreger. Auch die für den 
Winter im Keller oder sonstigen Räumen aufbewahrten Aepfel und 
Birnen verlangen bei der Ernte große Sorgfalt; ist auch ihre Haut 
ıderber als bei den vorgenannten Früchten, so wächst andrerseits die Ge- 
fahr wegen der längeren Zeit der Aufbewahrung. Es genügt übrigens 
auch bei diesen Früchten ein verhältnismäßig geringer Stoß, um kleine 
Risse in der Epidermis zu erzeugen, die, wenn schon dem bloßen Auge 
nicht sichtbar, doch für das Eindringen feiner Pilzhyphen genügen. Es 
ist hier nicht der Ort, alle in dieser Beziehung vorgeschlagenen tech- 
nischen Maßregeln zu erörtern; es sei auf die zahlreichen einschlägigen 
Fachwerke verwiesen, wie solche von Lucas (1), HERMANN (1), SEMLER (1), 
(G0ETHE (1), Küns (1), Bac# (1), Bissmanx und GAERDT (1)u.a. verfaßt wurden. 
Selbstverständlich sind nur von Hand gepflückte Früchte zur Lagerung 
geeignet: denn beim Herunterschütteln werden wohl die meisten fallenden 
Früchte derart verletzt, daß die Fäulniserreger Eingang finden. Sollten 
nur innere Zellen, nicht aber die Cuticula verletzt worden sein, so wären 
gefallene Früchte nach Beobachtungen SORAUERS (1) doch haltbar; allein 
mit blobem Auge lassen sich eben die kleinsten Wunden nicht erkennen. 

Selbst beim unsanften Einlegen in die Pflückgefäße oder beim Aus- 
schütten aus diesen in die Transportgefäßbe können in der spröden Cutieula 
solche feine Sprünge entstehen. Durch Verwendung inwendig gepolsterter 
Pflück- und Transportkörbe, durch recht sorgfältiges Arbeiten läßt sich, 
wie hieraus ersichtlich, viel zur Haltbarkeit der Früchte beitragen. 

30 Unter den Maßregeln, durch die das Obst auf dem Lager geschützt 
werden kann, wäre in erster Linie die Verminderung der Pilz- 
sporen zu nennen. Finden sich auch einzelne Sporen von Fäulnis- 
erregern schon auf den eingebrachten Früchten, so ist doch ihre Zahl, 
wenigstens bei reinlicher Pflückarbeit, verhältnismäßig gering, und daher 

35 eine möglichste Vernichtung solcher im Lagerraum selbst, vor dem Ein- 
bringen des Obstes von Vorteil. Vorgeschlagen wird: gründliche Reinigung 
der Keller- oder sonstigen Lagerräume, der Stellagen etc, Weiben der 
Wände unter Anwendung von Alaun, weitere Desinfektion durch Ver- 
brennen von Schwefel oder Entwickeln von Formalindämpfen. Die Ver- 

wendung von Heu, Stroh u. dgl). als Unterlage für das Obst ist zumal 
in feuchten Räumen bedenklich, da diese Substanzen als Nährsubstrat 
für Fäulnispilze dienen können und überdies den Früchten leicht einen 
moderigen Geruch verleihen. Besonders ausgiebig erfolgt jedoch die 
Sporenausstreuung von faulen Früchten aus, und es werden daher nicht 

s allein. wie schon erwähnt, die von vornherein fäulnisempfindlichen ver- 
letzten, gefallenen. wurmstichigen und schorfigen Früchte vom eigent- 
lichen Lagerobste ferngehalten und am besten sofort verarbeitet, sondern 
es müssen auch nachher die etwa angefaulten Früchte frühzeitig aus 
den Vorräten ausgelesen werden, was ja auch aus anderen Gründen ge- 

so boten ist. Ein eigenartiges Mittel zur Einschränkung der Sporenzahl 
und zu gleichzeitiger Ermittlung der zur Fäulnis disponierten Früchte 
besteht in dem in Tirol gebräuchlichen sogen. Abbrennen oder 
Schwitzenlassen des Öbstes. Nach Tu. ZscHuokkE (2) wird das 


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A 


frisch geerntete Obst in dunkeln, luftigen, mäßig warmen Räumen 1 bis 
1.5 m hoch aufgeschichtet und je nach der Sorte 2—3 Wochen lang ruhig 
liegen gelassen. Die sich erwärmenden Früchte beschlagen sich mit 
Wasser, die vorhandenen Pilzsporen keimen unter diesen günstigen Um- 
ständen, etwa verletzte Früchte werden infiziert und sind dann leicht 
zu erkennen; die weitaus gröbere Zahl der Keimschläuche stirbt ab, und 
nun kann das Obst verpackt werden, von Pilzsporen ziemlich befreit 
und vor allem ohne die zur Fäulnis geneigten Exemplare. Begreiflicher- 
weise finden beim Schwitzenlassen infolee der Erwärmung lebhafte, 


on 


durch Kunısc# (1) und Orro (1) näher untersuchte Umsetzungen in den ıo 


Früchten statt. die den Termin der vollkommenen Reife, der Tafelreife, 
näher rücken und damit die Dauer der Lagerungsmöglichkeit etwas ein- 
schränken. Es ist daher das eigentliche Abbrennen nicht für alle Fälle 
anzuraten. Ein kürzeres, oft nur wenige Tage dauerndes Schwitzen- 
lassen der Aepfel vor dem Einbringen in den Lagerraum wird gelegent- 
lich mit der Begründung empfohlen, die anfänglich starke Wasserabgabe 
könnte eine länger dauernde Benetzung der Früchte im Keller veran- 
lassen und die Fäulnis begünstigen. Doch läßt sich dieser Uebelstand 
wohl zweckmäßiger durch geeignete Lüftung des Lagerraumes ver- 
hindern. 

Den weiteren Schutz vor Fäulnis muß nun namentlich diebe- 
schaffenheit des Obstraumes sichern. In Früchten, die dem Lichte 
ausgesetzt sind, gehen, wie SORAUER (1) und TH. ZscHorkE (1) angeben, 
die Vorgänge des Nachreifens rascher vor sich: jene erreichen schneller 


den Zustand vollkommener Reife und sind dementsprechend auch früher: 


zur Fäulnis disponiert. Im gleichen Sinne ungünstig wirkt auch Trocken- 
heit, die nicht nur die Wasserverdunstung sondern auch die chemischen 
Umsetzungen beschleunigt, während ein Feuchtigkeitsgehalt der Luft von 
über 90 Proz. zu sehr das Pilzwachstum begünstigt. In noch verstärktem 
Grade wird das Altern der Früchte und die Abnahme ihrer Widerstands- 
fähigkeit durch höhere Wärmegrade beschleunigt. Ein Obstlagerraum 
soll deshalb kühl sein, und zwar gleichmäßig kühl, damit nicht das von 
etwas erwärmter Luft aufgenommene Wasser sich bei Abkühlung auf 
den Früchten niederschlagen und so die Entwicklung von Fäulnis- 
erregern begünstigen kann. Mäßig feucht gehaltene und vor Zugluft 
‚geschützte, dunkle und gleichmäßig kühle Räume, in unseren Wohn- 
‚häusern also wohl die Keller, entsprechen am besten diesen Anforderungen. 
"Was man nun bei der üblichen Kellerlagerung weiter zu beobachten 
‚hat, und ob ferner das Obst besser auf dem Boden oder auf Gestellen 
‚oder Hürden dieser oder jener Konstruktion, ein- oder mehrschichtig ete. 
zu legen ist, hat zwar ebenfalls Bedeutung für die Infektionsgefahr, 
kann aber hier nicht weiter erörtert werden. Eingehenderes über diese 
inge, wenn auch meist ohne wissenschaftliche Begründung, enthalten 
ie oben erwähnten, für praktische Kreise bestimmten Werke. 

In Amerika hat man zuerst besondere Obsthäuser zur längeren 
Lagerung von Obst gebaut, die bei riehtiger Konstruktion den gestellten 
Anforderungen besser entsprechen als gewöhnliche Hauskeller, und in 
denen man die Temperatur auf 2—5" zu halten sucht, um das Nach- 
reifen zu verlangsamen und dadurch die Früchte länger widerstands- 


hie zu erhalten. Um aber geradezu die Pilzentwicklune zu unter-: 


‚drücken, bewahrt man in amerikanischen Zentren das Obst in neuerer 
Zeit in großen Kühlhäusern bei — 0,2 bis 0° auf. Bei solch niederer 
Vemperatur findet auch kein Nachreifen statt, und es werden daher die 


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Früchte in nahezu ausgereiftem Zustande eingebracht. Schon eine 
Temperatur von 2° Ü reicht nicht mehr aus, die gewöhnlichen Fäulnis- 
erreger ganz hintanzuhalten, wenn nicht gleichzeitig starke Feuchtigkeit 
vermieden wird. Nach EvstacE genügen aber schon 7’ C, um in einem 
sgut ventilierten Raum die Oephalotheciumfäule der Aepfel zu sistieren. 
Ueber Versuche und Erfahrungen in amerikanischen Kühlhäusern be- 
richten ZIMMERMANN (1) und eine Reihe von Referaten in den letzten 
Jahrgängen der „Konserven-Zeitung“. 
Es wurde auch schon versucht, die Haltbarkeit wertvoller Aepfel 
dadurch zu erhöhen, dab man sie in Papier eingehüllt auf das Lager 
brachte. Abgesehen von den Kosten des Verfahrens, wird es auch aus 
anderen (Gründen zur Lagerung selbst kaum Anwendung im großen 
finden, am ehesten noch in trockenen Lokalen, um die Wasserabgabe zu 
hemmen. Aehnlich verhält es sich mit dem gelegentlich empfohlenen 
ıs Aufbewahren der Früchte in Fässern und Kisten mit Zwischenlagerung 
von Holzwolle, Torfmull, Holzkohle, Korkmehl, Sägespänen, Infusorien- 
erde, Sand, Gips. gebranntem Kalk etc. Sicher findet auf diese Weise 
neben der Erscehwerung des (Gasaustausches eine Ausgleichung von 
Temperaturdifferenzen und eine Herabminderung der Transpiration statt, 
wauch wirken verschiedene der genannten Substanzen zweifellos fäulnis- 
hemmend; allein diesen Vorteilen stehen auch Nachteile gegenüber, wie 
vermehrte Kosten, Unmöglichkeit einer Kontrollierung der Früchte, 
etwaige ungünstige direkte Einflüsse der einhüllenden Substanz u. del., 
so dab diese Verfahren bisher wohl da und dort mit gutem Erfolg an- 
»gewendet wurden, jedoch keinen allgemeinen Eingang in die große 
Praxis gefunden haben. 

Wie bei der Fusariumfäule (s. S. 46) als einem besonders auffälligen 
Beispiele gezeigt wurde, können bei einigen Apfelsorten Pilze durch die 
offene Griffelröhre in das Kernhaus gelangen, so daß die Früchte von 

soinnen heraus faulen. Um diesem Uebelstande vorzubeugen, wurde schon 
vorgeschlagen, die Kelchöffnung mit einem Tröpfehen heiben Wachses 
zu füllen oder doch die Früchte beim Lagern mit dem Kelche nach 
unten zu legen, damit das Hineinfallen von Sporen verhindert werde. 
Anstatt solche unzweckmäßige und. wie z. B. Versuche von SCHELLEN- 
3 BERG (1) zeigten, doch erfolglose Verfahren anzuwenden, wird man eher 
Apfelsorten mit derartigen organischen Fehlern vom Anbau ausschlieben. 

Bei der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung der Frage darf es 
nicht überraschen, daß die verschiedenartigsten Mittel, die Obst- 
fäulnis zu hemmen, schon zur versuchsweisen Anwendung Kamen. 

So wurde schon vorgeschlagen, das Obst in gut schließenden Behältern, 
Schränken u. dgl. zu lagern und darin offene Schalen mit Alkohol auf- 
zustellen. Der Einfluß der so entstehenden und die Früchte umgebenden 
Alkoholdämpfe vermag wohl einigen Schutz auszuüben, die Fäulnis aber 
doch nicht ganz zu unterdrücken. Anderen Schwierigkeiten begegnet 

s wiederum die Ausführung des (redankens, die Früchte durch vollständigen 
Luftabschluß zu erhalten. Durch die Atmung der in luftdicht ab- 
geschlossene Behälter eingefüllten Früchte wird der Sauerstoff der mit 
eingeschlossenen Luft bald verbraucht und durch Kohlensäure ersetzt 
und damit das Wachstum der gefährlichsten Fäulniserreger aus- 

so geschlossen. Es ist aber längst bekannt, daß unter solehen Umständen 
die Zellen der Früchte zwar noch einige Zeit ihr Leben fristen, dann 
aber absterben, und wenn nun auch eine eieentliche Fäulnis nicht statt- 
findet, so werden die Früchte infolge der mit der intramolekularen At- 


ra 


mung verbundenen Alkoholbildung und der mit dem Tode verknüpften 
Veränderungen fast ungenießbar. Diese Vorgänge, auf die BREFELD (1) 
neuerdings wieder hinweist, dürften samt den Mißerfolgen auch ein- 
treten, wenn man, wie hie und da empfohlen wird, jede einzelne Frucht, 
um sie gegen die Angriffe der Fäulniserreger zu schützen, kurze Zeit 
in geschmolzenes, jedoch nur auf ca. 65° erwärmtes Wachs oder Paraffin 
eintaucht oder, wie Künx (1) anführt, mit Wasserglas oder Paraffin- 
lösung bestreicht. Ob man, wie dieser Autor meint, bei der Verpackung 
in Fässern mit zwischengelagertem Torfmull, Korkmehl etc. von einer 
Konservierung des Obstes durch Luftabschluß sprechen kann, scheint 
zweifelhaft. Jedenfalls ersticken, wie die Erfahrung zeigt, die Früchte 
hierbei nicht, und wenn diese den erforderlichen Atmungssauerstoff er- 
halten, wird er den Fäulniserregern auch nicht fehlen. Immerhin ist 
nicht ausgeschlossen, daß diese bei der erwähnten Verpackung infolge 
des verlangsamten Gasaustausches in ihrer Entwicklung etwas gehemmt 
werden. 

Bei der Aufbewahrung der Trauben kommen im allgemeinen ähn- 
liche Grundsätze und Methoden zur Geltung wie beim Kernobst. Etwas 
abweichend ist das in der Umgegend von Paris angewandte Verfahren, 
wobei die Trauben in besonderen Räumen mit trockener, öfters zu er- 
neuernder Luft aufbewahrt werden. Trockene Luft und Trockenheit 
der Beerenoberfläche sind der Infektion selbstverständlich hinderlich. 
Damit aber unter solchen Umständen die Beeren nicht welken, schneidet 
man die Trauben mitsamt einem Stück des Tragschosses ab und stellt 


dessen unteres Ende in ein Glaseefäß mit Wasser, so daß die Traube: 


das verdunstete Wasser wieder ersetzen kann. Tausende solcher Ge- 
fäße hängen an den Wänden und Gestellen solcher Traubenkammern. 
Näheres über die Aufbewahrung der Trauben findet sich z. B. ın 
GOETHE (1). Bıssmann und GAERDT (1). 


B} 


20 


iv 


Die beim Obstversand gegen die Fäulnis zu ergreifenden Maß- » 


regeln bestehen vor allem darin, jegliche Verletzung der Früchte durch 
Stob oder gegenseitigen Druck zu vermeiden. Je zarthäutiger sie sind, 
desto weitgehendere Vorsichtsmabregeln müssen naturgemäß angewendet 
werden; bezüglich der einzelnen Mabregeln sei auf die erwähnten Werke 
über Obstverwertung verwiesen. 


$ 15. Haltbarmachung von Obst und Obstsäften dureh 
Erwärmen. 


Eine längere Aufbewahrung der lebenden Früchte ist nur bei 
wenigen Obstarten möglich und auch da nach einiger Zeit mit einer 
steten Abnahme der Schmackhaftiekeit und des Nährwertes sowie mit 
mancherlei Verlusten verknüpft. Man stellt daher auf mannigfaltige 
Weise Dauerprodukte her, die mit dem Vorzug einer großen Haltbarkeit 
noch den der leichten Transportfähigkeit verbinden. Alle die ver- 
schiedenen Methoden der Konservierung von Früchten und Fruchtsäften 
lassen sich auf drei Grundsätze zurückführen. Man kann entweder die 
ganzen oder geteilten Früchte oder auch nur den Saft direkt durch Er- 
wärmen sterilisieren oder aber durch Wasserentzug oder Zucekerzusatz 
eine solche Saftkonzentration herbeiführen, daß Pilze nicht mehr zu 
wachsen vermögen, oder endlich das Verderben durch Pilzgeifte ver- 


hindern. In diesem Paragraphen haben wir es mit der ersten Art der w 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. Bd, \ > 


ei 


Haltbarmachung zu tun. Gewissermaßen die Grundlage haben die Ver- 
suche SPALLANZANTS (S. Bd. I, S. 7) geliefert. Doch war es einem Pariser 
Konditor und Koch, Namens ArrerrT (1), der zwar dabei keine wissenschaft- 
slichen Ziele verfolgte, vorbehalten, auf dem Wege des Probierens ein 
brauchbares Verfahren zur Haltbarmachung verschiedenartiger Lebens- 
mittel durch Erwärmen aufzufinden. Er füllte Fleisch, Eier, Milch, Gemüse, 
Obst und Obstsäfte in Flaschen oder andere nicht zu weithalsige Glas- 
refäße, verschloß diese mit Kork, erwärmte sie während einiger Zeit in 
kochendem Wasser und konnte nun feststellen, daß die Substanzen 
während einiger ‚Jahre unverdorben blieben. Die mit diesem Verfahren 
erzielten günstigen Erfolge veranlaßten den französischen Minister des 
Innern, dem Entdecker eine Belohnung von 12000 Franken zu bewilligen 
und die Veröffentlichung anzuordnen. Fand das Arperr'sche Verfahren, 
ıs das, wie erst spätere Forschungen erwiesen, auf einer Sterilisation und 
Verhinderung nachträglicher Infektion beruht, bald eine ziemliche An- 
wendung, so bedurfte es doch noch sehr der weiteren Vervollkommnung; 
denn bei Milch, Fleisch und Gemüse konnten Mißerfolge sicher nicht 
ausbleiben. Für das Einmachen von Obst als sogen. Dunst- 

»oobst und die Konservierung von Obstsäften, was uns hier 
allein beschäftigt, bewährte sich das Verfahren dagegen recht gut, wenig- 
stens hinsichtlich der Sterilisation, während allerdings der Verschluß 
mit Kork sich in vielen Fällen ‚als ungenügend oder unzweckmäßig 
erwies. 

25 Während bei der Haltbarmachung von Gemüse durch Hitze gewisse 
Bakterien mit ihren Dauerformen besondere Schwierigkeiten bieten 
(s. 23. Kap. d. II. Bds.), scheinen solche beim Sterilisieren von Obst und 
Obstsäften so gut wie keine Rolle zu spielen. Spezielle Untersuchungen 
über die in frischen Obstsäften vorkommenden Bakterien fehlen zwar 

sonoch. doch ist bekannt, daß weitaus die meisten Bakterien in sauren 
Flüssigkeiten nicht zu wachsen vermögen und darin bald zugrunde 
gehen (s. Bd. I, S. 375). Aber auch unter den wenigen, die in Obst- 
säften gedeihen, wie z. B. einigen Essig- und Milchsäurebakterien, be- 
finden sich offenbar keine, die höhere Wärmegrade ertrügen oder wärme- 

s:s widerstandsfähige Sporen bildeten; denn eine vollkommene Sterilisation 
der Obstsäfte und Dunstfrüchte ist schon bei verhältnismäßig niedrigen 
Hitzegraden möglich. Ungenügend erwärmte Obstkonserven der ge- 
nannten Art werden nicht durch Bakterien verdorben, sondern durch 
Schimmelpilze oder, wenn auch seltener, durch Hefen. 

40 Auch die vegetativen Zellen der in den Öbstsäften wachsenden 
Eumyceten (Mucor, Penieillium, Botrytis, Dematium, Saccharomyces, 
Torula etc.) ertragen in feuchtem Zustande, zumal in saurer Flüssigkeit, 
keine hohen Wärmegrade, sondern sterben nach MÜLLER-THURGAU in 
Traubensaft bei 55° in 5 bis höchstens 15 Minuten. Etwas widerstands- 

ssfähiger scheint eine der von Meısswer (1) studierten Schleimhefen zu 
sein, zu deren Vernichtung in Traubenmost die Einwirkung von 61° 
mindestens 5 Minuten lang erforderlich war. (Größere Resistenz zeigen, 
wie für Hefen zuerst Hansen (1) nachwies, Dauerzellen und Sporen. 
Junge Zellen von Dematium pullulans wurden in Traubensaft bei 50° in 

505 Minuten getötet, braune Dauerzellen bei 55° erst in 15 Minuten 
(MÜLLER-ThuurGau |3]). Von frisch in den Saft gelangten Sporen von 
Penieillium glaucum ertrugen nach diesem Forscher einzelne eine Er- 

wärmune auf 60° durch 5 Minuten, und es bedurfte zum sicheren Ab- 

töten aller 15 Minuten. Lagen sie aber schon einige Stunden im Saft, 


Se 


so genügten 54° bei gleicher Zeitdauer. Botrytis-Sporen erwiesen sich 


etwas empfindlicher als die von Penicillium. Die Sporen von Saccharo- 


myces ellipsoideus (Rasse Steinberg) wurden in Traubensaft bei 60° in 
5 Minuten getötet, während nach Hansen (1) Sporen seines S. ellip- 
soideus II bei 62° C fünf Minuten lebend überstanden, allerdings in 
Wasser; die von S. ellipsordeus I starben unter diesen Umständen. Zwar 
gibt es auch Hefen, die widerstandsfähiger gegen Hitze sind, wie z. B. 
ein von Wırr (1) beschriebener Saccharomycet, bei dem es in Bierwürze 
bei 70° einer Einwirkungsdauer von einer halben Stunde bedurfte, um 
die vegetativen Zellen abzutöten, während die Sporen sogar die Temperatur 
von 75° während dieser Zeit aushielten; weitere Angaben darüber wird 
der $ 27 des 5. Kapitels bringen. Bei der Konservierung von Obst 
und Obstsäften durch Erhitzen sind bisher keine Pilze aufgetreten oder 
doch bekannt geworden, die selbst in Sporenform eine Erwärmung in 
Obstsaft auf 60° länger als 15 Minuten ertragen hätten. Doch ist natür- 
lich nicht ausgeschlossen, dab gelegentlich einmal ein widerstandsfähigerer 
Organismus sich einstellt, und man wird, um Miberfolge zu vermeiden, 
gut tun, das Sterilisieren bei über 60° oder während einer längeren 
Dauer vorzunehmen. ‚Je höher die Temperatur, desto weniger lang mub 
bekanntlich die Einwirkung der Wärme andauern, und ebenso genügt 
bei längerer Erwärmung eine niedrigere Temperatur. Außer von der 
Dauer der Einwirkung hängt der erforderliche Wärmegrad auch vom 
Säure- und Zuckergehalt und vielleicht auch von anderen Eigenschaften des 
Obstsaftes ab. Säurearme Birnsäfte verlangen etwas höhere Temperaturen 


als saurer Traubensaft. Dieser Umstand wird auch zu berücksichtigen : 


sein, wenn Birnschnitze, wie vielfach üblich, einfach in Wasser gelegt 
in Blechdosen oder Gläsern sterilisiert werden. Durch Verwendung von 
Obstsaft statt Wasser oder durch Zusatz von Citronen- oder Weinsäure 
und Zucker zum Wasser kann in letzterem Falle die Sterilisation etwas 
erleichtert werden. Schon die Verwendung einer mäßig konzentrierten 
Zuckerlösung wirkt günstig und hindert zudem ein nachteiliges Aus- 
laugen der Früchte. Daß es übrigens nicht schwierig ist, Obstkonserven 
wirklich und nicht nur scheinbar zu sterilisieren, erhellt aus dem Obigen 
zur Genüge, und wenn solche gelegentlich verderben, so ist dies in der 
Regel nicht die Folge einer unvollkommenen Sterilisation sondern einer 
nachträglichen, durch undichten oder sonst ungeeigneten Verschluß er- 
möglichten Infektion. 

Die Technik der Haltbarmachung selbst kann hier nur kurz be- 
rührt werden. Näheres enthalten die auf Seite 62 erwähnten Werke. 
Man vergleiche auch die Abhandlungen von Kock (1) und Want (1). 
Bei dem gewöhnlichen Einmachen von Früchten benutzt man die von 

- Arrerr empfohlenen Flaschen gelegentlich wohl noch für kleinere Früchte, 
wie Beeren, allein des bequemeren Entleerens wegen zieht man doch 
die weithalsigen Gefäße vor, die ja für größere Früchte, wie Aprikosen, 
Pfirsiche, Birnen ete., nicht zu umgehen sind. Während bei ersteren ein 
Verschluß mit guten, vorher sterilisierten Korkstopfen genügt, wäre ein 
solcher bei Gefäßen mit weiter Oeffnune nicht nur zu teuer, sondern 
vor allem ungenügend, die Einwanderung von Pilzen zu verhindern. Die 
für Fleisch- und Gemüsekonserven so zweckmäßigen Blechdosen werden 


in Amerika auch für Obst viel benutzt: allein da der saure Saft dies. 


- Metalle angreift, werden ihnen trotz ihres pilzsicheren Verschlusses 
immer mehr die bekannten Einmachgläser vorgezogen. Der Abschluß 
wird bei diesen durch einen zwischen Gefäß und Glasdeckel liegenden 


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Gummiring erzielt; doch ist, um nachträgliche Infektion zu verhindern, 
erforderlich, daß die dem tadellos beschaffenen Gummiring anliegenden 
(asflächen gut abgepaßt und geglättet und vor dem Auflegen nicht 
von Obstsaft oder Zuckerlösung benetzt sind. Die Gläser werden, nach- 

;s dem die Früchte dicht eingefüllt und mit einer meist 15-proz. Zucker- 
lösung übergossen sind, verschlossen und in Wasser gestellt, das zum 
Kochen erhitzt wird. Je nach der Art der Früchte und der Größe der 
Gefäbe dauert die Erwärmung verschieden lang, in den meisten Fällen 
wohl länger, als zur Haltbarmachung erforderlich wäre. Wahrschein- 

ıwlich würde sich das Aroma der Früchte bei schwächerer Erwärmung besser 
erhalten; doch wäre bei diesbezüglichen Versuchen zu berücksichtigen, 
dab man manche Früchte nicht nur sterilisieren, sondern auch weich- 
kochen will. Einmal geöffnet, halten sich Konserven dieser Art natür- 
lich nicht mehr lange. 

15 Die Haltbarmachung der Obstsäfte wird ebenfalls durch Sterili- 
sation und Verhinderung nachheriger Infektion erzielt. Ueber die 
mannigfaltigen Methoden geben die angeführten Schriften über Obstver- 
wertung Auskunft; man vergleiche auch Huzer (1). Hier soll nur in 
Kürze das Wesentliche hervorgehoben werden. Bei der bisher üblichen 

» Saftbereitung benutzt man meist Früchte, die aromatische, schönfarbige 
Säfte liefern, Erd- und Himbeeren, rote und schwarze Johannisbeeren, 
Sauerkirschen ete. Häufig läßt man die zerstampften Beeren angären, 
teils um eine bessere Saftausbeute zu erreichen, teils um das nachträg- 
liche Gelatinieren zu verhindern; denn bei der Gärung wird das Pektin 

»5bzw. Pektat zersetzt oder ausgefällt (vgl. Bd. III, S. 270). Bei der 
Himbeersaftbereitung setzt man den Beeren häufig, statt sie der Gärung 
zu überlassen, ca. 15 Proz. Alkohol zu und erreicht damit das gleiche, 
ohne nachteilige Nebengärungen, Essigbildung ete. befürchten zu müssen. 
Nach dem Filtrieren erhalten die Säfte einen meist starken Zucker- 

3o zusatz, dann werden sie kurz aufgekocht, in die vorher angewärmten 
Flaschen gefüllt und diese sofort mit sterilisierten Korken geschlossen. 
Oft werden diese Fruchtsäfte mit so starkem Zuckerzusatz versehen, 
dab sie fast sirupartig sind und ihre Haltbarkeit mehr der osmotischen 
Wirkung als der Sterilisation verdanken. Im neuerer Zeit, wo unver- 

3 eorene Fruchtsäfte häufiger als eigentliches Getränk benutzt werden, 
kommt man mehr von jenen stark gezuckerten Produkten ab, die, um 
erfrischend zu wirken, mit viel Wasser verdünnt werden müssen und 
dann relativ weniger vom ursprünglichen Safte enthalten. Man sucht 
die Säfte so, wie sie die Früchte liefern, durch Sterilisation haltbar zu 

somachen. Schon Arperr konservierte mit Erfolg Traubenmost in Flaschen, 
und nachdem durch die Arbeiten Pasteur’s eine sichere Grundlage ge- 
eeben war, haben Verschiedene diese Art der Haltbarmachung aufs 
neue in Vorschlag gebracht. Im Jahre 1893 ließ sich G. de Prarto (1) 
ein Verfahren patentieren, ohne es jedoch öffentlich bekannt zu geben. 

4 Unter der Bezeichnung Frada bringt W. Näcerı (1) Obstsäfte in den 
Handel, in denen nach Sterilisation aus am Stopfen befestigtem Natrium- 
bikarbonat Kohlensäure entwickelt wird. Eine Methode, solche Getränke 
im Großbetrieb und auch in kleinen Mengen, namentlich aus Wein- 
trauben, Aepfeln und Birnen herzustellen, arbeitete MÜLLER-THURGAU (1) 

soaus. Heute werden nach diesem Verfahren durch industrielle Grob- 
betriebe und auch im Haushalt große Mengen sogen. unvergorener und 
alkoholfreier Obst- und Traubenweine hergestellt, die man 
auch als sterilisierte, alkoholfreie Moste oder als sterilisierte alkohol- 


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freie Fruchtsäfte ohne Zuckerzusatz bezeichnen könnte. Das Verfahren 
beim Großbetrieb ist kurz folgendes: Der Saft der zerkleinerten und 
rasch abgepreßten Früchte wird möglichst bald durch einen vorher aus- 
gedämpften Pasteurisierapparat geleitet. Um nicht zu hohe Wärme- 
grade anwenden zu müssen, die einen Kochgeschmack erzeugen würden, 5 
und doch eine vollkommene Sterilisation zu erzielen, muß der Saft längere : 
Zeit auf der bestimmten Temperatur (65°) verweilen, was durch einen 
vom üblichen abweichenden Bau des Apparates zu erzielen ist. Aus 
dem gleichen Grunde darf während der Erwärmung eine Berührung des 
Saftes mit Luft nicht eintreten. Durch eine sterilisierte Leitung fließt ıo 
der Saft in ausgedämpfte mit Reiberhahnen und Druckkontrollapparat 
versehene Fässer, wo er dann längere Zeit liegen bleibt, bis die trüben- 
den Bestandteile größtenteils zu Boden gesunken sind. Nun wird er 
filtriert, in Flaschen gefüllt, meist mit etwas Kohlensäure imprägniert 
und sodann im Wasserbad abermals bei 65° sterilisiert. Beim Klein- ıs 
betrieb bringt man den von der Presse laufenden Saft gleich in Flaschen, 
die man nach dem Verkorken im Wasserbad während einer halben 
Stunde auf 65° erwärmt. Haben sich die trübenden Stoffe nach einigen 
Wochen gesammelt, so wird das Getränk durch Abhebern oder Filtrieren 
klar gewonnen, abermals auf Flaschen gefüllt und bei derselben Temperatur 
sterilisiertt. Um unvergorene Rotweine zu gewinnen, erwärmt man nach 
MÜLLER-THURGAU (2) die entrappte Traubenmaische vor dem Abpressen 
des Saftes auf 45—50°, wobei die Zellen der Beerenhaut absterben und 
dann den Farbstoff leicht entlassen (vgl. auch Rosexstiesan [1]). Die 
Haltbarkeit dieser sterilisierten Obst- und Traubensäfte wird am häufigsten 3 
durch Schimmelpilze beeinträchtigt. die entweder aus ungenügend steril 
gemachten Korkstopfen oder neben diesen von außen her in die Flaschen 
gelangen. Durch Wahl genügend großer Stopfen und Sterilisieren der- 
selben vermag man diesem Uebelstand vorzubeugen. Zudem kann die 
Außenfläche noch mit einem Ueberzug von Paraffin oder Lack versehen so 
werden. Nach Reurry (1), der auf Grund seiner Untersuchung ein halb- 
stündiges Verweilen der Stopfen in strömendem W asserdampf als die 
wirksamste Behandlung bezeichnet, wachsen die Schimmelpilze von auben 
nicht durch die Stopfen, sondern zwischen diesen und der Glasfläche ins 
Innere der Gefäße. Bleiben die Flaschen längere Zeit aufrecht stehen, 35 
so trocknen die Stopfen und schrumpfen etwas ein, und es tritt dann 
leicht eine Infektion durch Schimmelpilze ein. Hefe und Bakterien sind 
den unvergorenen Weinen wenig gefährlich, wohl weil sie infolge ihrer 
Wachstumsweise schwerer neben dem Stopfen einzudringen vermögen. 
Das Pasteurisieren von Traubensäften behufs nachheriger Vergärung mit «o 
Reinhefe soll im 16. Kapitel dieses Bandes behandelt werden. 


154} 
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$ 19. Haltbarmachung von Obst und Obstsäften durch Erhöhen der 
Saftkonzentration. 


Hierher gehört einerseits die Herstellung des Dörrobstes und an- 
drerseits die der Fruchtsirupe, Gelöes, Marmeladen usw. Das Dörren ıs 
ist wohl die älteste Methode, das Obst für längere Zeit haltbar zu 
machen. Indem man dabei der Frucht den größten Teil des Wassers 
entzieht, findet eine solche Konzentration des Saftes statt, daß die auf 
das Dörrobst gelangenden Pilze das zum Keimen oder weiteren Wachstum 
erforderliche Wasser nicht aufzunehmen vermögen. Es ist also durchaus so 


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nicht nötig, dab das Wasser vollständig ausgetrieben wird; es genügt, 
wenn die osmotische Wirkung der konzentrierten Lösung von Zucker 
und anderen Inhaltsstoffen die Wasseraufnahme durch die Pilze ver- 
hindert (vgl. Bd. I, S. 332#f.). Je reicher eine Frucht an Zucker und 
;Säure ist, ein desto geringerer Prozentteil des Wassers muß daher beim 
Dörren entfernt werden, um ein haltbares Produkt zu gewinnen. 
Während man früher das Obst oft trocknete, bis es ganz hart war, 
wobei durch die lang andauernde und weitgehende Erwärmung das 
Aroma verloren ging und dafür unangenehm schmeckende Röstprodukte 
entstanden, geht man bei dem heutigen rationellen Dörren nicht weiter, 
als zum erwähnten Zwecke erforderlich ist. Es wird auch gar nicht 
beabsichtigt, beim Dörren die etwa dem Obst anhaftenden Pilze zu töten; 
diese können nachher doch keinen Schaden anrichten, und zudem wird 
auch das Dörrobst nicht vor dem Zutritt neuer Keime geschützt. Wo 
ı: daher die Witterungsverhältnisse, trockene Luft und anhaltender Sonnen- 
schein, es gestatten, kann das Obst ganz gut bloß durch Wasserentzug, 
ohne stärkere künstliche Erwärmung in haltbare Form gebracht werden. 
So werden Cibeben, Rosinen und Korinthen in Spanien und Griechenland 
an der Sonne getrocknet, und die Bewohner der Alpengegrenden dörren 
»2z. B. Apfelschnitze, indem sie dieselben an Schnüren aufgereiht in die 
trockene Luft hängen. 

In den wenigsten Obstbaugegenden gestatten jedoch die klimati- 
schen Verhältnisse, mit Sicherheit ein solch billiges Verfahren anzu- 
wenden; in der Regel wird das Obst vielmehr in besonderen Apparaten 

5gedörrt. Bezüglich der verschiedenen Systeme solcher Dörröfen und 
Dörrapparate und ihrer Handhabung sei auf die Werke von SEMLER (1), 
Lucas (1), GOETRE (1), Künn (1) und Mertens (1) verwiesen. Meist be- 
ruhen sie auf dem Prinzip, daß ein Strom warmer, relativ trockener 
Luft an den Früchten vorbeistreicht. Anders bei Cnrıst’s Vacuum- 

30 Trockenapparat, in dem sich nach Künn (1) die Früchte rascher und bei 
niederer Temperatur trocknen lassen und mehr den Geschmack frischer 
Früchte behalten. Nur bei trockener Aufbewahrung halten sich die 
Dörrfrüchte längere Zeit. In feuchten Räumen nehmen sie Wasser auf; 
infolge der eintretenden Saftverdünnung siedeln sich dann leicht 

35 Schimmelpilze (Penieillium- und Aspergillus-Arten) an. Der häufig, nament- 
lich auf gedörrten Zwetschen anzutreffende weibe Ueberzug ist jedoch 
gewöhnlich nicht pilzlicher Natur, sondern besteht nur aus kristallinisch 
ausgeschiedenem Zucker. 

Die Haltbarkeit der Gelees, Fruchtsirupe, Marmeladen usw. be- 

wruht ebenfalls auf ihrer osmotischen Wirkung, die das Wachstum hinzu- 
tretender Pilzkeime verhindert. Obstsäfte wurden früher einfach so stark 
eingekocht, bis sie sich erfahrungsgemäß hielten. Solche im Volke 
Obstkraut oder Obsthonig genannte Sirupe enthalten 55—60 Proz. 
Zucker zufolge Könıe (2). Ein Obstsaft von 8 Proz. Zucker muß also 
s mindestens auf den siebenten Teil eingedampft werden, wobei Farbe und 
(Geschmack sehr ungünstig verändert werden. Dies wird weniger der 
Fall sein, wenn das Eindicken in luftverdünntem Raume bei niederen 
Wärmegraden stattfindet. Von der Firma Frareruı Favara in Mazzara 
del Vallo in Sizilien wird Traubensaft nach vorausgegangenem Filtrieren 
soim Vacuumapparat bei ungefähr 40° auf ein Viertel des ursprünglichen 
Volumens eingedampft. Trotzdem dieser sirupartige konzentrierte 
Most von ca. 62 Proz. Zuckergehalt nicht steril ist, sondern u. a. lebens- 
fähige Hefen, darunter regelmäßig auch Sacch. apieulatus, enthält, bleibt er 


200), WOMRER 


doch unverändert und geht erst nach Verdünnung von selbst in Gärung 
über. Auf diese Weise hoffte man, Traubenmost mit geringeren Fassungs- 
und Transportspesen auf weitere Entfernungen verschicken zu können, 
wo sie dann entweder zur Verbesserung dort gewachsener Moste oder 
entsprechend verdünnt als alkoholfreies Getränk Verwendung finden 
sollten. Nach den in verschiedenen gärungsphysiologischen Laboratorien 
gemachten Erfahrungen (vgl. auch Worrmann [1]) eignet sich solcher 
„Mosto eoncentrato“ in richtiger Verdünnung gut zu Pilzkulturen, Gär- 
versuchen und Hefenzüchtung, zumal wenn der niedrige Stickstoffgehalt 
durch Zusatz von 0,05—0,1 Proz. Ammoniumphosphat aufgebessert wird. 

Heutzutage bringt man die zu dieser Art der Haltbarmachung be- 
stimmten Obstsäfte gewöhnlich nicht mehr durch Eindampfen allein auf 
die erforderliche Konzentration, sondern es wird durch Zuckerzusatz 
mehr oder weniger nachgeholfen. Nach Kösıc (1) enthielt Himbeersaft 
(bzw. Sirup) aus einer Apotheke 20,5 Proz. Traubenzucker und 40 Proz. 
Rohrzucker, ein solcher aus einer Konditorei 22,5 Proz. Traubenzucker 
und 33,3 Proz. Rohrzucker. Ein Zuckergehalt von 58—60 Proz. genügt 
also, Gärung oder anderweitige Zersetzung zu verhindern. Obwohl diese 
konzentrierten Fruchtsäfte beim Aufkochen sterilisiert werden, 
verdanken sie ihre Haltbarkeit doch nicht diesem Umstande, sondern, 
wie erwähnt, der osmotischen Wirkung auf hinzutretende Pilzkeime, und 
es wird das Ziel daher auch erreicht, wenn die Eindickung im Vacuum- 
apparat ohne starke Erwärmung erfolgt, wie Künx (1) für Himbeersaft 
und Sauerkirschensaft empfiehlt. Pektinreiche Früchte werden zu 


(Gelees verarbeitet, indem man sie nur kurz aufkocht und dabei oder: 


schon vorher mit soviel Zucker versieht, als zur Haltbarmachung erforderlich 
ist. Das Gelee wird heiß in die Gläser gefüllt, diese lose zugedeckt 
und nach Abkühlung durch in heißes Wasser getauchtes Pergamentpapier 
oder dergleichen abgeschlossen. Nimmt bei Aufbewahrung in feuchten 


Räumen die oberflächliche Schicht des Gelees Wasser auf, so können: 


sich Pilze ansiedeln. Auf den gleichen Umständen beruht die Haltbar- 
keit des ÖObstmuses, das gewonnen wird, indem man gekochte Früchte 
zerkleinert, durch ein Sieb drückt und den gewonnenen Brei dann ge- 
nügend eindickt. Meistens wird man aber, um den Wohlgeschmack 
wertvollerer Früchte zu schonen, den erforderlichen Konzentrationsgrad 
durch Zuckerzusatz bei weniger lang andauerndem Erhitzen herbei- 
führen. Man erhält dann Marmeladen (Jams), die ebenfalls ihrem 
hohen Gehalte an Zucker (ca. 60 Proz.) ihre Haltbarkeit verdanken. 
Ein kleiner Anteil an dieser Wirkung mag übrigens wie bei den oben 
genannten Produkten dem Säuregehalt zukommen. Nach Wiıxvısch (1) 
enthielten von englischen Marmeladen z. B. Cherry Plum Jam 56 Proz. 
Invertzucker, 1,05 Proz. Rohrzucker und 1,3 Proz. Säure, Gooseberry 
Jam 56,1 Proz. Invertzucker und 3,78 Proz. Rohrzucker, Apricot ‚Jam 
25,7 Proz. Invertzucker und 41,71 Proz. Rohrzucker usw. Gsälz oder 
Latwerge nennt man ein Produkt, das entsteht, wenn man drei oder 
vier Teile Birnensaft und ein Teil Apfelmus mischt und bis zur nötigen 
Konzentration eindampft. Hier würden sich auch die mannigtaltigen 
Kompots anreihen, die hergestellt werden, indem man feinere Früchte, 
wie Pfirsiche, Aprikosen, Kirschen, Erdbeeren in konzentrierter Zucker- 


lösung kurze Zeit aufkocht. Alle in diesem Absatz erwähnten Obst-: 


produkte halten sich, wenn sie richtig hergestellt wurden und der Auf- 
bewahrungsort trocken ist, nach dem Oeflnen der Gefäße noch lüngere 
Zeit. Die verschiedenen Herstellungsarten der in diesem Paragraph eı 


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wähnten Obstkonserven näher zu beschreiben, ist hier nicht der Ort; eine 
eingehende Behandlung haben dieselben in den genannten Werken über 
ee namentlich in denjenigen von MERTENsS (2) und von 
HERMANN (1), gefunden. 


5$ 20. Haltbarmachung von Obst und Obstsäften durch Pilzgifte. 


Auf die Entwicklung von pilzlichen Organismen in Obstkonserven 
können mancherlei Substanzen nachteilig wirken, teils wie Zucker und 
Kochsalz in konzentrierter Lösung durch Erzeugung andauernder Plas- 
molyse (s. Bd. I, S. 442), teils, wie Alkohol und Essigsäure, als schwächere 

10 Protoplasmagifte. Hieran würden sich dann diejenigen Stoffe anschließen, 
die schon in geringen Mengen sowohl für Pilze giftig sind, als auch die 
menschliche Gesundheit beeinträchtigen, wie schweflige Säure, Salieyl- 
säure, Borsäure usw. Für die Haltbarmachung von Obst und Obstsäften 
kommen hauptsächlich die Stoffe der beiden ersten Gruppen in Betracht, 

ısvon denen wiederum Zucker und Kochsalz nicht als Gifte bezeichnet 
werden können. Die Bedeutung eines hohen Zuckergehaltes für die 
Haltbarkeit mancher Obstprodukte wurde im vorigen Paragraphen dar- 
gelegt. Kochsalz spielt bei der Obstkonservierung kaum eine Rolle 
(vgl. 19. Kap. d. II. Bds.), so dab wir sofort zu den mit Alkohol her- 

„gestellten Konserven übergehen können. Ueber die Widerstands- 
fähigkeit der verschiedenen in "Betracht kommenden Pilze gegenüber 
Alkohol liegen wenig genaue Angaben vor. Hefen zeigen (s. Bd. IV, 
S. 130) bei 12 Gew.-Proz. Alkohol kaum eine Weiterentwicklung, doch 
hält man z. B. in den Großbetrieben, um die Rohsäfte von Erdbeeren 

»und Himbeeren bis zur weiteren Verarbeitung vor Zersetzung zu 
schützen, einen Zusatz von mindestens 15 1 96-proz. Alkohols auf 1001 
Saft für notwendig. Um die Schimmelpilze hintanzuhalten, genügen 
schon wenige Prozent Alkohol. Widerstandsfähiger sind die Essig- 
bakterien, doch fallen Getränke mit 15 Proz. Alkohol und darüber nicht 

somehr dem Essigstich anheim. Ein Alkoholgehalt von 15 Proz. dürfte 
also vollkommen genügen, den betreffenden Produkten Haltbarkeit zu 
verleihen. Häufig wir d ohne Rücksicht auf den eigentlichen Zweck zu 
viel Alkohol verwendet, wodurch die Produkte nicht nur weniger be- 
kömmlich werden, sondern auch an Fülle und Harmonie des (reschmackes 

3 verlieren. Um ein zu starkes Auslaugen und Fadwerden der einge- 
machten Früchte zu vermeiden, wird Alkohol nicht allein, sondern mit 
Zuckerlösung zusammen verwendet, und die Erfahrung zeigt nun, daß, 
je mehr Zucker die Konserve enthält, desto weniger "Alkohol zur Er- 
reichung der Haltbarkeit erforderlich ist (vgl. Bd. IV, S. 132). Bei 

#25 Proz. Zucker dürften 12 Gew.-Proz. Alkohol genügen. Dabei muß 
dann allerdings der Wassergehalt der Früchte mit eingerechnet sein. 
Früchtenkonserven, die hierher gehören, sind in Rum, Kognak 
oder verdünnten Spiritus mit Zucker eingelegte Mirabellen, Kirschen, 
Reineclauden, Aprikosen, Pfirsiche, unreife Nüsse usw. Auch bei den 

sogen. Essiefrüchten, bei denen man das Zusammenwirken von 
Essigsäure und Zucker zur Haltbarmachung benutzt, beruhen die Vor- 
schriften zur Herstellung auf rein empirischer Basis, so daß sich den- 
selben nicht entnehmen läßt, wie groß der Mindestgehalt an Essigsäure 
und Zucker zur Haltbarmachung sein muß. Zudem wird die Wirkung 
soder beiden noch durch Zugabe von Gewürzen und durch Kochen der 


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Früchte in der Lösung unterstützt. Es sind namentlich Birnen und 
Zwetschen, die häufig in dieser Form konserviert werden, doch eignet 
sich die Methode natürlich auch für andere Fruchtarten. Statt Wein- 
essig wird neuerdings häufiger reine Essigsäure angewendet, die man 
entsprechend mit Wasser verdünnt. Einigen Anhalt für die erforderliche 
Menge an Essigsäure können die Untersuchungen Larar's (1) bieten, 
nach denen in entsäuertem Traubensaft bei 1-proz. Essigsäure noch 
Gärung stattfinden konnte, nicht aber in normalem Saft bei gleichem 
Essigsäuregehalt. Da nun die Ernährungsbedingungen für die Hefe in 
den Säften von Zwetschen, Birnen usw. ungünstiger sind als in Trauben- 
saft, und da bei den betreffenden Essigfrüchten nicht allein die Apfel- 
säure sondern auch der hohe Zuckergehalt die Einwirkung der Essig- 
säure unterstützt, so dürfte es genügen, wenn die fertige Konserve bei 
etwa 25 Proz. Zucker ca. 1 Proz. Essigsäure enthält. Meist wird aller- 
dings mehr Zucker und Essigsäure angewendet, jedoch nicht der Halt- 
barkeit, sondern, ersterer wenigstens, des Wohlgeschmackes wegen. Bei 
Erhöhung des Zuckergehaltes könnte aber der an Essigsäure eher noch 
vermindert werden. 

Ueber die Gifte im engeren Sinne des Wortes kann hier kurz hin- 


weggegangen werden. So wirksam sie natürlich zur Verhinderung von: 


Gärungs- und Fäulnisvorgeängen sind (vgl. 19. u. 21. Kap. d. I. Bds.), so 
gehören sie doch nicht in Nahrunges- und Genußmittel. Am wenigsten 
Bedenken erregt noch die schweflige Säure in der üblichen Anwendungs- 
weise, weil nur geringe Mengen in die Konserve gelangen und diese 


Verbindung teils durch Verflüchtigung. teils durch Oxydation größten-: 


teils wieder verschwindet. Werden Obstsäfte oder eingekochte Beeren 
in Flaschen oder Glasdosen gefüllt, in denen man sie nachher nicht mehr 
erwärmt, so pflegt man die Gläser vorher durch Einbrennen mit Schwefel 
zu sterilisieren. Ferner wird oft schweflige Säure beim Dörren von 
Apfelscheiben angewendet, um ihnen eine hellere Färbung zu verleihen. 
Falls, was nicht zu empfehlen ist. diese Behandlung erst nach dem Dörren 
stattfindet, wird zwar die schweflige Säure auch etwas zur Haltbarkeit 
des Dörrobstes beitragen, allein da sie dann teilweise im Obst verbleibt, 
kann bei gewissem Gehalt ein solches Produkt aus Gesundheitsrücksichten 
beanstandet werden. Daß es nicht angeht, Obstsäfte durch schweflige 
Säure allein haltbar machen zu wollen, ist selbstverständlich: der als 
„Amplosia“ seinerzeit von Landau aus vertriebene Traubensaft war ein 
solches Produkt. In diesem Falle kann bei dem in Flaschen abee- 
schlossenen Getränk die in beträchtlicher Menge vorhandene schweflige 
Säure weder sich verflüchtigen noch oxydiert werden, noch auch selbst 
bei längerem Lagern, wie bei alkoholhaltigen Getränken, in die un- 
schädliche Aldehydverbindung übergehen. Preißelbeeren, die nach Mach 
und Porrere (1) einen hohen Gehalt an der stark antiseptisch wirkenden 
Benzoösäure aufweisen, lassen sich infolgedessen ohne Zuckerzusatz für 
kürzere Zeit konservieren und erfordern beim Kinmachen für längere 
Dauer einen geringeren Zuckergehalt als andere Beerenarten. Bei diesen 
unterstützt man in manchen Fällen die Wirkung des Zuckers, indem 
man ihnen eine gewisse Menge Preißelbeeren zumischt. Von den übrigen 
Pilzgiften findet bei der Haltbarmachung von Obst und Obstsäften die 


Salicylsäure die häufigste Anwendung, und zwar sind es zwei Gründe, die: 


dazu führen: bei Manchen die Unfähigkeit, die einwandfreien bewährten 
Methoden richtig anzuwenden, bei Anderen das Streben, an Zucker oder 
an Arbeit und Heizmaterial zu sparen. Der Ersatz eines Teiles des 


iv 
oo 


30 


35 


-_ 


- 


a 


Zuckers durch Salieylsäure vermindert natürlich den Wert der Konserve. 
In verschiedenen Ländern wird übrigens mit Recht durch die Lebens- 
mittelgesetzgebung dieser Verwendung der Salicylsäure entgegengewirkt. 


Literatur. 
zum Kapitel Schutz des Obstes gegen Fäulnis. 


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animales et vegetales. Paris 1810. Fünfte Aufl. 1834; Deutsch in Prag 1844. *Bach, 
C., (1) Verwertung und Konservierung des Obstes und der Gemüse, 2. Aufl., Stuttgart 

898. *Bissmann, O., und Gaerdt, H., (1) Die Ernte und Aufbewahrung frischen 
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* Goethe, R., (1) Die Obstverwertung unserer Tage, 2. Autfl., Wiesbaden 1897. * Hansen, 
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Konserven-Zeitung, 1900, S.65. *Koch, Alfr., (1) Geisenheimer Mitteilungen über Obst- 
und Gartenbau 1894, Nr. 6. *König, J., (1) Zusammensetzung d. menschl. Nahrungs- 
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*Kühn, B. L., (1) Die rationelle Obstverwertung im Haushalte und gewerbl. Betriebe, 
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S. 757. *Mertens, R., (1) Dörrbüchlein, 4. Aufl., Wiesbaden 1897. — (2) Obsteinkoch- 
büchlein, 4. Aufl., Wiesbaden 1900. *Müller-Thurgau, H., (1) Vorläufige Mitt.: Schweiz. 
Zeitschr. f. Obst- und Weinbau (2. Mainummer) 189. Ausführlicher ebenda, 1896, S. 97 
und separat: Die Herstellung unvergorener und alkoholfreier Obst- und Traubenweine. 
Frauenfeld 1896; 6. Aufl., 1902. — (2) Ebenda, 2. Aufl., 1896, S. 22. — (3) Ebenda, 4. 
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Fabrikanten, Juni 1896 (Patentanmeldung). *Otto, R., (1) Landw. Versuchsstationen, 
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*Sorauer, P., (1) Deutsche Garten- und Obstbau-Ztg., Leipzig, Oktober 1879. — (2) 
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K., (1) Ber. der Kgl. Lehranstalt in Geisenheim, 1902, S. 140. * Wortmann, J., (1) 
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Jahrbücher, 1904, Bd. 33, S. 917. *Zschokke, Th., (1) 5. Jahresber. d. schweiz. 
Versuchsstation in Wädensweil, S. 41. — (2) Der schweiz. Gartenbau, 18%, S. 147. 


Dritter Abschnitt. 
Mykologie des Brauwesens. 


5. Kapitel. 
Die Züchtung von Brauereihefe im großen. 
Von 


Prof. Dr. J. Branv, Aus. KLÖöcker, Dr. H. WıcHnmann, Prof. Dr. H. Wirr.') 


$ 21. Darleguug der Prinzipien der Hefenreinzucht in der 
Brauerei. 


Wir haben schon auf S. 8 des IV. Bandes Gelegenheit gehabt, dar- 
zulegen, was man unter Kulturhefe und unter wilder Hefe, bzw. Krank- 
heitshefe, in den Brauereien versteht. Recht früh und weit bevor man 
letztere kannte, hatte man bemerkt, dab die Bakterien als Krankheits- 
‚erreger auftreten können. Pasteur (1) aber war der erste, welcher der 
Einsicht allgemeine Verbreitung verschaffte, daß Bakterien Krankheiten 


in gegorenen Flüssigkeiten erregen können. Diese Lehre Pasrrur’s rief 


konsequent den Wunsch hervor, eine reine Hefe anzuwenden, und er 
teilte deshalb im Jahre 1876 ein Verfahren zu einer Reinigung („puri- 
fication*) der Brauereihefe mit. Von einer Reinzüchtung in dem jetzigen 
Sinne dieses Wortes war also keine Rede. Er empfahl, die Brauerei- 
hefe entweder in einer mit Weinsäure versetzten Zuckerlösung oder in 
einer mit wenige Karbolsäure versetzten Würze zu züchten. Er sucht 
also das angestrebte Ziel durch chemische Mittel zu erreichen, und in 
den meisten Fällen gelingt es ihm auch durch dieses Verfahren, die 
Hefe von den Bakterien zu reinigen. Man wußte nämlich damals noch 


') Es sind eingelaufen : 
88 21—22 von H. Au». Kröcker am 4. 5. 1904, 
SS 23—25 „ „ Dr. H. Wıcumann am 27. 4. 1905, 
5 20—28 „ „ Prof. Dr. H. Wir und 
SS 29—31l „,,„ Prof. Dr. Jos. Branp, Vorstand d. chem. Abteilung d 
Wissenschaftl. Station f, Brauerei in München, am 3. 5. 1900 


- 


nicht, daß einige der gefährlichsten Krankheiten vergorener Flüssig- 


keiten durch wilde Hefenarten hervorgerufen werden, und dab gerade 


diese durch das in Rede stehende Verfahren in hohem Maße in ihrem 
Gedeihen, auf Kosten der guten Hefe, begünstigt werden, was nämlich 
salles erst später durch E. Cur. Hasen (1, 3, 5) nachgewiesen wurde. 
Pasteur’s Verfahren führte in Wirklichkeit in eine dem angestrebten 
Ziele gerade entgegengesetzte Richtung. Es fand darum auch keinen 
Eingang in die Praxis; wo man es prüfte, wurde es bald wieder auf- 
gegeben. So wirksam zur Hervorrufung der Entwicklung der Krank- 
ı heitshefen ist diese Methode, daß sie nach der Anweisung Hanxsen’s als 
ein ausgezeichnetes Mittel eingeführt wurde, um in der Kulturhefe mini- 
male Mengen wilder Hefe ausfindig zu machen, welche durch andere 
Mittel nicht entdeckt werden können (vgl. $ 40 d. 7. Kap.). 
Auch die Theorien NÄGeELrs aus dem Jahre 1879 wurden in die 
ıs Gärungstechnik hineingezogen. Diskussionen über das Degenerieren der 
Hefe spielten aufs neue wieder eine grobe Rolle. In betreff der Krank- 
heiten des Bieres wurde nach und nach auf alle Möglichkeiten geraten. 
Insofern eine Untersuchung angestellt wurde, beschränkte man sich wie 
früher auf eine mikroskopische. Versuche wurden nicht unternommen 
»und konnten zu dieser Zeit auch nicht angestellt werden. Die Wissen- 
schaft brachte so in wechselnder Reihe die eine Lehre nach der anderen 
hervor, von denen aber keine Stand hielt. Es geschah oft, daß die 
Brauer große Geldsummen durch Mißerfolge während der Gärung ver- 
loren; die Ursache kannte man nicht, und man stand ihnen also wehrlos 
2 gegenüber. Eine Illustration des damaligen Standpunktes gibt die 
Aeuberung Tuausıse’s aus dem Jahre 1884: „Die Wissenschaft hat über 
Gärungsorganismen und über das Wesen der Gärung schöne Arbeiten 
geliefert; für die Brauereien direkt Verwertbares hat sie so gut wie 
nichts geboten, nach wie vor ist der Gärungsprozeß für den Praktiker 
soin ein mystisches Dunkel gehüllt. Die Untersuchungen Hansex’s über 
Züchtung reiner Hefe berechtigen uns allerdings zu großen Hoffnungen; 
trügen sie nicht, so stehen wir vor einer Errungenschaft, deren Be- 
deutung nicht hoch genug veranschlagt werden Kann.“ 
Welches waren denn die von Hansen unternommenen Untersuchungen, 
3 die die obenstehende Aeußerung von Tuausıns hervorgerufen hatten? 
Hansen hatte auf diesem schwierigen Gebiete die experimentelle Be- 
handlung eingeführt und statt der unklaren Diskussionen über die vielen 
Möglichkeiten eine klare Beweisführung gegeben. Er hatte für die 
Untergärung dargetan: 1. daß es bestimmte wilde Hefenarten 
sind, welche einige der gefährlichsten Krankheiten in 
den Brauereien hervorrufen; 2. daß das, was man bis da- 
hin Saecharomyces cerevisiae, Kulturhefe, genannt hatte, 
nicht etwas Einheitliches, sondern aus verschiedenen 
Arten und Rassen zusammengesetzt war, welcheBier von 
sverschiedener Beschaffenheit geben, und 3. daß deshalb 
nur eine aus einereinzelnen ausgewählten Art oder Rasse 
bestehende Stellhefe anzuwenden ist. 
Diese planmäßige Auswahl bildet das wesentlichste Glied des 
Haxsen’schen Reinzuchtsystems, und die Grundlage dazu war das Studium 
su der Arten von neuen (Gesichtspunkten aus. 
Seine erste Mitteilung (1) über diese Untersuchungen erschien im 
Jahre 1882, wurde aber damals fast gar nicht beachtet. Dies geschah 
erst dann, als er in dem folgenden Jahre die ausführlicheren Abhand- 


lungen (2) veröffentlichte, und zwar über seine Reinzüchtungsmethoden, 
über die neuen Gesichtspunkte zur Unterscheidung der Arten und über 
Krankheiten im Biere, die durch Alkoholgärungspilze hervorgerufen werden. 
Was er hierüber vom Jahre 1883 ab veröffentlichte, waren nicht nur theore- 
tische Erörterungen und Laboratoriumsarbeiten, sondern zugleich Ergeb- 
nisse völlig fertiger Experimente, welche er in den Kopenhagener 
Brauereien Gamle und Ny-Carlsberg angestellt hatte. Er arbeitete sein 
System bis in alle Einzelheiten aus, so daß man es sofort in der Praxis 
anwenden konnte. In die Untergärungsbrauereien führte er selbst es 
persönlich ein. 

Das Mittel, eine passende Art oder Rasse zu erhalten, 
ist die Reinzucht mit demAusgangspunkte von einer ein- 
zelnen Zelle: nur dann hat man die Sicherheit, daß man mit einer 
einzelnen Art arbeitet. Hasen mußte deshalb vor allem eine exakte 
Reinzuchtmethode ausarbeiten, wie sie als Einzell-Kultur auf S. 107 u. £. 
des IV. Bandes beschrieben worden ist. 

Wünscht man, in eine Brauerei die Reinhefe einzuführen, dann ver- 
fährt man nach Hansen (11) auf folgende Weise. Da es gilt, eine plan- 
mäßige Auslese der betreffenden Art oder Rasse vorzunehmen, ist der 


Ausgangspunkt so zu wählen, daß man Sicherheit hat, die erwünschte > 


Art oder Rasse darin zu finden, wie auch daß man dieses Ziel so leicht 
wie möglich erreichen kann. Man geht deshalb von derjenigen Hefe 
aus, welche sich im Betriebe besonders gut bewährt hat und welche ein 
Produkt von eben derjenigen Beschaffenheit geliefert hat, wie man sie 
in der Brauerei wünscht. Im allgemeinen wird man dieser Art, die dem 
Biere seinen Charakter verleiht, leicht habhaft werden, da sie ja während 
der Gärung im Uebergewicht zugegen sein mub. 

Hansen’s Untersuchungen zufolge hat es sich gezeigt, dab das Ober- 
flächenbier am Anfange der Hauptgärung in der Regel nur in geringem 
Grade oder gar nicht mit wilder Hefe infiziert ist, falls eine solche in 
der Stellhefe überhaupt vorhanden gewesen ist. Das Umgekehrte ist 
dagegen am Schlusse der Hauptgärung der Fall, da die wilde Hefe dann 
in ihrer verhältnismäßig größten Menge im Biere zugegen ist. Der 
Ausgangspunkt ist also zu jenem Zeitpunkt zu nehmen, in welchem sich 


eben eine Schaumdecke im Gärbottich gebildet hat. Aus einer Probe s 


dieses Bieres isoliert man eine Anzahl von Zellen in der früher an- 
gegebenen Weise, und mit den von diesen erzeugten Massenkulturen 
stellt man dann vorläufige Gärversuche im Laboratorium an. Selbst- 
verständlich ist es immer am besten, für diese Versuche die gleiche 
_ Würze, wie sie in der betreffenden Brauerei benutzt wird, anzuwenden 
und soweit als möglich die daselbst herrschenden Verhältnisse nachzu- 
ahmen. Man stellt dann Beobachtungen über den Verlauf der Gärung 
an, man sieht, ob die Würze klar bleibt, ob die Bodensatzhete fest anliegt, 
ob ein fremder Geschmack oder Geruch im Biere zugegen ist, usw. Die 
Hefe wird unter dem Mikroskope untersucht, Sporenkulturen werden an- 
gestellt, kurz, man ermittelt die Charaktere der Hefe. 

Bisweilen geschieht es, dab mehrere unserer Kolben, obwohl sie tat- 
sächlich die nämliche Art enthalten, nichtsdestoweniger Verschieden- 
heiten rücksichtlich des Verlaufes der Gärung aufweisen. Dies rührt 


indessen von individuellen Verschiedenheiten der Art her, und man muß « 


deshalb auch unter den Individuen der Art seine Auswahl machen. Hat 
man schließlich einen Kolben gefunden, von dessen Inhalt man an- 
nehmen zu dürfen meint, daß er so wie rewünscht ist, dann mub man 


[371 


v 
o 


x 


25 


4 


) 


> 


- 


sogleich dafür Sorge tragen, dab etwas von dieser Hefe in reinem Zu- 
stande aufbewahrt werde (s. Bd. IV, S. 112). Hierauf beimpft man 
vier oder fünf Pasteur-Kolben, jeder ungefähr ein Liter fassend und 
ca. 0,5 1 steriler Bierwürze enthaltend. Sie bleiben bei Zimmer- 
stemperatur stehen; nach Verlauf einer Woche hat sich darin eine hin- 
längliche Menge Bodensatzhefe gebildet. Diese wird aus jedem der 
vier Kolben in je vier große Uarlsberg - Gefäße (s. S. 86) einge- 
tragen, die mit je 7 Liter Bierwürze beschickt sind. Hierin wird dann 
im Verlaufe von ungefähr einer Woche soviel Bodensatzhefe entstehen, 
wals für ein Hektoliter Würze in der Brauerei als Stellhefe erforderlich 
ist. Im Gärkeller wird ein Bottich aufgestellt, der anderthalb Hektoliter 
fabt. Er wird gut gereinigt, und nachdem er dann mit ein Hektoliter 
Würze beschickt ist, wird er mit einem lose aufliegenden Deckel ver- 
sehen. Der Inhalt der vier Carlsberg-Gefäße wird in den Bottich hin- 
ıs eingegossen. Will man nicht auch das Bier in den Bottich eintragen, 
sondern nur die Bodensatzhefe allein, so ist es ratsam, die Carlsberg- 
Gefäße ein wenig länger als eine Woche, etwa 10 Tage, stehen zu lassen, 
damit die Hefe besser zu Boden sinkt. Letzteres Verfahren ist immer 
notwendig, falls die Brauerei und das Laboratorium voneinander ent- 
»ofernt liegen. Wenn Kräusenbildung in dem Bottich eingetreten ist, 
können dann mit dem ganzen Inhalt des Bottichs 3—4 Hektoliter Würze 
angestellt werden. 

Das im obenstehenden beschriebene Verfahren zur Einführung der 
reingezüchteten, planmäßig ausgewählten Hefe würde allzu umständlich 

» sein, weil man es jedesmal wiederholen müßte, wenn die Brauerei eine 
neue Stellhefe wünscht. Aus diesem Grunde benutzt man besondere 
größere Reinzuchtapparate, in welchen immer eine ausreichende Menge 
von reiner Hefe für die großen Bottiche erzeugt wird. Man bekommt 
auch auf diese Weise größere Sicherheit, als wenn man mit den eben 

30 beschriebenen kleinen Reinhefenmengen arbeitet. Beschreibungen solcher 
Apparate werden in den folgenden SS 23 und 24 gegeben werden. 

Bei der int vorhergehenden mitgeteilten Anweisung zur Einführung 
des Reinzuchtsystems in die Praxis schenkte Haxsen besonders den 
Verhältnissen in den Untergärungsbrauereien seine Aufmerksamkeit; es 

ss gilt aber alles, was hier gesagt ist, auch von der Obergärung: das Ver- 
fahren ist im wesentlichsten dasselbe, und es kann höchstens von kleinen 
Aenderungen die Rede sein. Die örtlichen Verhältnisse wie auch die 
persönliche Auffassung und die Gewohnheiten des Brauers spielen selbst- 
verständlich auch eine Rolle. Die Hauptzüge bleiben aber überall die- 

40 selben. 

Unter den Einwänden, welche gemacht wurden, als Hansen mit 
seiner heform auftrat, war auch die, daß eine einzelne Art nicht im- 
stande sei, auch die Nachgärung durchzuführen. Er zeigte indessen so- 
fort, dab diese jedenfalls in den Untergärungsbrauereien gut von statten 

sging. Nur in England haben sich in dieser Beziehung Schwierigkeiten 
gezeigt; hier herrschen aber auch ganz besondere Verhältnisse, welche 
später noch besprochen werden sollen. Ueber die Verbreitung des 
Systems handelt der nächste Paragraph. 

So wie Hansen selbst sein System einführte, war es in seiner ein- 

sofachsten Gestalt, nämlich die Anwendung von nur einer einzelnen Art. 
Es war ihm nicht fremd, daß in vielen Brauereien die Stellhefe bisher 
aus mehreren Arten bestanden hatte und dab letztere gemeinschaftlich 
dem Biere seinen Charakter gegeben hatten. Durch die plötzliche Ver- 


N 


wendung einer einzelnen Art würde sich der Charakter des Bieres auf 
einmal in allzu hohem Grade ändern, und die Brauerei würde vielleicht 
aus dieser Ursache Schwierigkeiten mit der Kundschaft bekommen. Er 
bespricht deshaib die Möglichkeit, zwei Hefenarten zu verwenden, und 
zwar die eine für die Hauptgärung. die andere für die Nachgärung. 5 
Wenn man am Anfange der Hauptgärung eine Mischung von zwei oder 
mehreren Arten in Anwendung bringt, muß man sich wohl erinnern, dab 
das ursprüngliche Verhältnis zwischen diesen Arten niemals reguliert 
werden kann, indem es schon nach einer einzelnen Gärung mehr oder 
weniger verändert sein wird. Deshalb hat Hansen immer hervorgehoben, ıo 
nur eine Art, als das einfachste und sicherste Verfahren, überall dort, 
wo dies möglich ist, zu benutzen. Diese Voraussetzung hat sich in den 
Untergärungsbrauereien der ganzen Welt als zutreffend erwiesen, und 
auch in den Obergärungsbrauereien auf dem Festlande und, nebenbei 
bemerkt, außerdem in den Spiritus- und Hefenfabriken und in der Wein-s 
bereitung. 

Gegen die Anwendung der Reinhefe wurde auch noch der Ein- 
wand erhoben, dab sie, wenn sie der von den offenen Kühlschiffen 
kommenden Würze zugesetzt wurde, sofort wieder verunreinigt werde, 
und daß die Reinzucht deshalb von keinem Nutzen sei. Es ist zwar» 
richtig, daß die Reinhefe sofort etwas inficiert wird; jedoch wird sie 
dadurch nicht unbrauchbar. Die große Menge von reiner und kräftiger 
Kulturhefe wird immer die Minderzahl von mehr oder weniger abge- 
schwächten fremden Keimen, welche auf den Kühlschiffen in die Würze 
geraten sind, unterdrücken. Die kleine Infektion ist deshalb in der» 
Regel ohne Bedeutung für die Praxis. Selbst zu jener Zeit, als Gamle 
Carlsberg noch die offenen Kühlschiffe benutzte, hat man dieselbe Rein- 
hefe durch 6—8 Monate ohne Erneuerung gebrauchen können. Es liegt 
jedoch in der Anwendung der offenen Kühlschiffe immer eine Gefahr. 
Die Einführung der Reinhefe hat deshalb den Anstoß dazu gegeben, daßso 
in den letzteren Jahren geschlossene Lüftungs- und Kühlapparate ver- 
schiedener Konstruktionen schon in recht vielen Brauereien verwendet 
werden (s. $ 32 d. 6. Kap.). 

Man hat auch behaupten wollen, daß es unnütz sei, eine Art oder 
Rasse mit besonderen Eigenschaften auszuwählen, da letztere im Betriebe » 
sich wegen der Neigung der Hefe zur Variation ändern werde. Die 
Neigung findet sich bei allen Organismen, und somit auch bei der 
Hefe, sowohl bei der reinen als bei der unreinen. Es ist aber ein- 
leuchtend, daß die Summe der Variationen eine größere wird, wenn 
mehrere Arten gleichzeitig zugegen sind: deshalb wird die unreine Hefe 
leichter in ihrer Wirkung wechseln als die reine, die nur aus einer Art 
besteht. Uebrigens liegt die Ursache der Variationen so gut wie immer 
in geänderten Betriebsverhältnissen : es hat sich aber gezeigt, dab die 
Variation unserer Kulturhefen im Betriebe uns zu solch großer Besorgnis, 
wie sie die Gegner zu hegen scheinen, keine Veı ‚anlassung eeben kann. 
Diese Variation” ist nicht größer als diejenige, welche beim Gersten- und 
Hopfenbau stattfindet. Auch in diesem Punkte hat die Reinhefe die 
Feuerprobe der Praxis glänzend bestanden. 

Man hat endlich als einen Einwand anführen wollen, daß die An- 
wendung der reinen Hefe eigentlich überflüssige sei. Seit so vielen» 
Jahren sei es gut mit der alten Hefe geganren, und der Geschmack des 
mit der neuen, reinen Hefe vergorenen Bieres sei nicht besser als der 
Geschmack des mit der alten Hefe vergorenen Bieres. Weshalb denn 


> 


Fe 48 


eine Aenderung vornehmen? Die Antwort darauf eeht dahin, daß man 
durch die neue Methode Sicherheit und einen rationellen 
Betrieb gewinnt. Das ist das Neue, welches die Reinhefe mit sich 
bringt. Es ist ein großes Mibverständnis, wenn man glaubt, daß sie ein 
5 besseres Produkt geben sollte als dasjenige, welches der Brauer im glück- 
lichsten Falle mit seiner alten unreinen Hefe erhalten kann. Wenn die 
reine Hefe richtig gewählt ist. gibt auch sie ihm dies und gibt es zu- 
dem, im Gegensatze zu der unreinen Hefe, immer und solange sie nur 
irgend unter denselben Verhältnissen gehalten wird. 


10 & 22. Uebersicht über die Anwendung 
des Reinzuchtsystems in der Unter- und Obergärung der Brauereien 
in den verschiedenen Ländern. 


Die Umschau über die Anwendung des Reinzuchtsystems in den 
verschiedenen Zweigen der Brauerei, dann über die Unterschiede, welche 
ısin der Anwendung des Systems durch besondere Arbeitsmethoden be- 
dingt sind, beginnen wir in Dänemark, als demjenigen Lande, in 
welchem dieses System zuerst in der Untergärung eingeführt worden 
ist. Der erste Brauer, welcher die neue Reform aufnahm, war 
J. ©. JacoBsEn, der berühmte Gründer von Gamle (Alt-Uarlsberg in 
»o Kopenhagen. Das System begegnete hier wohl sofort demselben Wider- 
stand, welcher ihm später auch eine Zeitlang von anderer Seite ent- 
gegengesetzt wurde. .‚JACoOBSEN war der Anschauung, dab eine Reinkultur 
in dem strengen Sinne Hassen’s nicht die notwendige Nachgärung durch- 
führen könnte, sondern dab hierzu außer Kulturhefe auch wilde Hefen- 
»s arten erforderlich seien. Diese Auffassung hatte zum Teil ihren Ursprung 
in gewissen Auslassungen in den Arbeiten Pasteur's. Wie aus dem 
Vorhergehenden ersichtlich ist, war Hansen darauf aufmerksam, daß das 
Reinzuchtsystem auch mit Vorteil zur Herstellung einer aus mehreren 
Arten und Rassen bestehenden Stellhefe benutzt werden konnte, wenn 
soman eine solche Mischhefe wünschen möchte; gleichzeitig aber hebt er 
besonders die Bedeutung hervor, welche das Reinzuchtsystem hat, wenn 
es in seiner einfachen, am meisten exakten (rsestalt, nämlich mit einer 
einzigen Art oder Rasse, angewendet wird, und es gelang ihm auch, 
‚JACOBSEN zu überzeugen, dab dies die beste Form seiner Anwendung in 
ss der Fabrikation untergäriger Biere ist. Im Jahre 1883 wurde in Alt- 
Carlsberg, wie schon erwähnt. zum ersten Male eine Stellhefe benutzt, 
die aus einer von Hasen ausgewählten und reingezüchteten Rasse 
bestand. Das damit erzeugte Bier geriet vortrefflich. Es hatte einen 
reineren und milderen Geschmack als das früher mit der gewöhnlichen, 
so unreinen Hefe hergestellte Bier. Da ‚JJacogBsEn besorgte. dab der Kund- 
schaft diese plötzliche Aenderung des (seschmackes mißfallen würde, 
mischte er die zwei Biersorten; nach und nach wurde die Menge des 
neuen Bieres in der Mischung mehr und mehr vergrößert, so dab die 
Kundschaft stufenweise daran gewöhnt wurde, bis sie zuletzt ausschlieb- 
slich das mit der reinen Hefe hergestellte Bier bekam. Es dauerte nicht 
lange, und die anderen dänischen Brauereien folgten dem Beispiele Alt- 
Carlsbergs, als sie das gute Resultat sahen, welches diese Brauerei be- 
kommen hatte. Der Nächste war der Besitzer von Ny-(Neu-)Carlsberg, 
Carı Jacogsen. Auch in dessen Betrieb führte Hansen persönlich seine 
50 Reinzuchtreform ein. Als er im Jahre 1885 in Verein mit dem Direktor 


Acıhlı 


DER: ee 


von Alt-Carlsberg, Küste, den großen Reinzuchtapparat (s. S. 87) kon- 
struierte, war die Anwendung des Systems vollständig im fabrikmäßigen 
Gang mit großer Massenproduktion gekommen. 

Das Land, welches unmittelbar nach Dänemark folgte, war Deutsch- 
land. Der erste, welcher hier in der Literatur als Vorkämpfer für 
Hansen’s Reform auftrat, war CARL Lister (1), der Direktor der königl. 
bayr. Zentralschule in Weihenstephan. Die „Wissenschaftliche Station 
für Brauerei in München“ wurde von Anfang an der Mittelpunkt für 
die Verbreitung des Systems in den Untergärungsbrauereien in Deutsch- 
land und dem großen Auslande Da dieses berühmte internationale 
Institut sofort das System aufnahm, war damit der Sieg sicher. Wie 
eine gewaltige Welle ging die Bewegung über die Länder hin; hie 
und da sträubten sich dagegen noch einige, welche sich nicht von den 
alten Ideen losreißen konnten. Ihre Anzahl wurde indessen immer kleiner 
und kleiner und ist jetzt zu einem unbedeutenden Häuflein zusammen- 
geschrumpft. Das Reinzuchtsystem findet sich jetzt in den Untergärungs- 
brauereien auf der ganzen Erde verbreitet. 

Weil die Untergärung in ihren großen Zügen überall in derselben 
Weise durchgeführt wird, war das System auch überall in jener Gestalt 


zu brauchen, in welcher Hansen selbst es für die Praxis ausgearbeitetz 


hatte. Die verschiedenen Laboratorien haben selbstverständlich im Laufe 
der Jahre in mehrerlei Hinsicht jedes seine eigenartige Technik ent- 
wickelt; dies gilt besonders von der Station in Berlin. Die Herstellung 
ausgewählter, reiner Hefenarten ist nunmehr mit keinerlei Schwierigkeit 


verbunden, und die Methoden sind jetzt jedem tüchtigen Gärungstechniker: 


bekannt. 

Die erste Kulturhefe, welche Hassex in die Praxis einführte, war 
die unter dem Namen Carlsberg Unterhefe Nr. 1 allgemein bekannte Hefe 
(s. Bd. IV, S. 11, Fig. 8); kurze Zeit danach führte er in den Carlsberg- 


Brauereien eine andere Unterhefenart ein, und zwar mit niedrigerer s 


Vergärung. besserer Kräusenbildung und besserer Klärung, nämlich 
Carlsberg Unterhefe Nr. 2. Mit demselben Namen wurden indessen auch 
ein paar andere Arten belegt, mit welchen er in den nächstfolgenden 
Jahren in denselben Brauereien arbeitete. Die verschiedenen Labora- 


torien haben im Laufe der Zeit eine grobe Anzahl von Arten und Rassen ss 


reingezüchtet; mehrere derselben kommen aber in den Laboratorien 
unter verschiedenen Namen (bzw. Nummern) vor, obwohl sie identisch 
sind. Einigermaßen ausführliche Beschreibungen sind nur sehr wenige 
veröffentlicht worden, so besonders von München durch H. Wırn und 
von Berlin durch P. Lınpxer von einer Reihe von Arten und Rassen 
von Kulturhefen, welche in den deutschen Brauereien vortreffliche 
Resultate ergeben haben. 

Wir werden jetzt die Verhältnisse in der Obergärung besprechen. 
Kine der allerersten von Hansen reingezüchteten Hefenarten war eine 
Bieroberhefe (s. Bd. IV, 8. 5—6); er stellte jedoch mit ihr keine Ver- 
suche in der Praxis an. So gebührt denn Aurr. JÖRGENSEN (1) das Ver- 
dienst, die ersten Versuche mit dem neuen System in der Obergärung 
gemacht zu haben. Im Jahre 1885 teilte er mit, daß er in den Monaten 
Juni, Juli und August desselben Jahres seine ersten Versuche in einer 


dänischen Obergärungsbrauerei angestellt und gute Resultate erhalten s 


habe. Das dänische obergärige Bier ist alkoholarmes Bier und wird 

Hvidtöl (Weißbier) genannt, ohne jedoch seinem deutschen Namens 

vetter ähnlich zu sein. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dab die Ober- 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. \ 6 


or 


10 


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wo 


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hefe in der Regel viel leichter infiziert wird als die Unterhefe. Es war 
deshalb eine besondere Veranlassung, das Reinzuchtsystem auf diesem 
(sebiete einzuführen. Es zeigte sich sofort, daß die Anwendung der 
reinen Hefe in der Obergärung einige Schwierigkeiten bot, welche je- 
sdoch nach und nach überwunden "wurden, und dab das Verfahren 
übrigens hier im wesentlichen dasselbe werden mußte wie in der Unter- 
gärung. .JÖRGENSEN teilt mit, dab bei gewissen (Gelegenheiten eine 
spezielle Lüftung der Würze notwendig sei, um ein gutes Resultat zu 
erreichen; das war aber auch das Ganze. (Heutzutage wird keine spezielle 

ı» Lüftung bei der Anwendung der Reinhefe in den dänischen Obergärungs- 
brauereien mehr unternommen.) Im Laufe der darauf folgenden Jahre 
nahmen dann mehrere der Obergärungsbrauereien Dänemarks das System 
auf, und jetzt ist die Anwendung daselbst eine allgemeine. 

Erst später fabte das System auch in den deutschen Öber- 

ıs gärungsbrauereien festen Fuß. SCHÖNFELD (1) gebührt besonders die An- 
erkennung hierfür. Seine Resultate gehen dahin, daß eine Reinkultur 
von Oberhefe sich vorzüglich zur Herstellung schwach vergorener Biere 
eignet, was ja die allermeisten in Deutschland ebenso wie in Dänemark 
hergestellten obergärigen Biersorten sind, und er empfiehlt den Brauern 

»eindringend, die Reinhefe zu verwenden. Speziell die Einfachbiere sind 
sehr empfindlich gegen eine Bakterienvegetation, und große Mißerfolge 
werden leicht eintreten können, wenn die Hefe in ihrem unreinen, 
bakterienhaltigen Zustande benutzt wird. Auch wesentlich als eine 
Folge der Arbeiten ScHöNFELDp's s (2) ist in der neuesten Zeit das Rein- 

»zuchtsystem in den Weißbierbrauereien aufgenommen worden. Hier 
machen sich indessen ganz spezielle Verhältnisse geltend. Man kann 
nicht Weißbier herstellen, ohne daß eine gewisse Menge Milchsäure 
zugegen ist. Diese aber wird von Bakterien erzeugt, und es hat sich 
deshalb als notwendig erwiesen, eine Stellhefe anzuwenden, die außer 

so der reingezüchteten, ausgewählten Hefenrasse zugleich eine gewisse 
Menge Milchsäurebakterien enthält; auch letztere müssen aus einer 
für Weißbier passenden, ausgewählten Art oder Rasse bestehen. Man 
hat also in diesem Zweige der Gärungsgewerbe nicht von der An- 
wendung einer Mischhefe absehen können; es handelt sich aber hier 

ssnicht um zwei Hefenarten, sondern um eine Hefenart und eine Bakterien- 
art. Näheres darüber ist auf Seite 138 zu finden. 

In Holland wurde verhältnismäßig schnell das System in der 
Obergärung eingeführt. Der Anfang wurde hier von ALFR. JÖRGENSEN 
gemacht. 

40 In Frankreich herrschte über Hansey’s reformatorische Arbeiten 
am Anfange vollständiges Schweigen. Versuche wurden in den Brauereien 
nicht angestellt; keiner trat für, keiner gegen das Reinzuchtsystem auf. 
Als dann einige Jahre verflossen waren und seine Arbeiten Anerkennung 
in anderen Ländern zu gewinnen angefangen hatten, erhoben sich aber 

s die Angriffe. Mehrere der fr anzösischen Autoritäten behaupteten, daß das 
System ein vollständiger Mißgrift sei. Es komme gerade darauf an, sagte 
man, dab die Brauereihefe aus mehreren Arten bestehe; das sei notwendig, 
um einen guten Geschmack und Geruch und eine Nachgärung zu be- 
kommen. Alles dies würde man erreichen, wurde ferner behauptet, wenn 

soman in der Weise verfahre, wie dies PastEur angegeben hatte, nämlich 
wenn die Hefe mit Hilfe von Weinsäure oder Karbolsäure gereinigt 
würde. Diese Angriffe riefen diejenigen Untersuchungen Haxsen’s her- 
vor, durch welche er, wie auf Seite 76 bemerkt ist, zeigte, dab die 


ET 


genannte Methode zur Reinigung der Brauereihefe im Gegenteil un- 
brauchbar ist, indem sie nämlich die Entwicklung der Krankheitshefen 
begünstigt. Die Angriffe waren gegen die Anwendung des Haxsen’schen 
Reinzuchtsystems sowohl in der Untergärung als in der OÖbergärung ge- 
richtet. Der Kampf, welchen das neue System in Frankreich führen 
mußte, ist in mehrerlei Hinsicht lehrreich. Diejenigen, welche sich dafür 
interessieren. seien auf die von J. Cure. Horım (1) gegebene Darstellung 
verwiesen. Das Reinzuchtsystem wurde jedoch trotz der Angriffe nach 
und nach sowohl in mehreren Obergärungs- als auch in Untergärungs- 
brauereien in Frankreich eingeführt und zwar mit gutem Resultate. ıo 
Dasselbe gilt auch von Belgien; in keinem der zwei Länder ist es 
jedoch bis jetzt allgemein verbreitet. 

Ein ganz besonderes Schicksal hat das Reinzuchtsystem in Eng- 
land gehabt. Wie bekannt. wird hier so gut wie überall Obergärung 
angewendet, und die Weise, auf welche die Gärung vor sich geht, ist ıs 
eine ganz besondere. Es war ganz natürlich, dab Haxsen’s Reform ein 
lebhaftes Interesse in diesem alten Bierlande erregte. Man fing aber nur 
mit Diskussionen an und machte lange keine Versuche. Die ersten, welche 
solche anstellten, waren H. T. Brown und H. Morkrıs, und zwar in 
Worthington’s Brauerei in Burton-on-Trent. Beide heben aber hervor, zo 
dab sie kein entscheidendes Resultat bekamen. Man hielt in England 
an der Anschauung fest, dab eine einzelne Art nicht die ganze Gärung, 
also auch die Nachgärung, durchzuführen imstande sei. Daß diese 
Meinung in betreff des untergärigen Lagerbieres ganz unrichtig war, 
haben wir schon gesehen; hieraus konnte man aber selbstverständlich 3 
keinen Schluß auf die englische Obergärung ziehen. Nachdem HaxsEn 
im Jahre 1889 in England Vorträge über sein System gehalten hatte, 
fingen mehrere Brauereien an, mit Einzellhefe zu experimentieren; sie 
gaben es aber nach kürzerer oder längerer Zeit wieder auf. Es fanden 
sich auch etliche, welche ab und zu in den Diskussionen sich zugunsten 30 
der Einzell-Kultur aussprachen. 

In seiner Mitteilung aus dem Jahre 1900 spricht Hansen (8) sich 
wieder über diese Frage aus, und hebt stark hervor, daß die bisher an- 
gestellten Versuche weder nach der einen noch nach der anderen Seite 
hin entscheidend seien. Die englischen Brauer konnten nicht den ge- 3 
wöhnlichen Geschmack in ihrem Biere erhalten und das Bier bekam 
nicht die gewünschte Nachgärung (condition). Es war dies die Ver- 
anlassung dazu, dab H. vay Laer (1) mit seiner „Mischhefe* auftrat. 
Nach seinem Vorschlage wäre eine aus zwei Saccharomyces-Arten be- 
stehende Stellhefe anzuwenden, von welchen die eine die Hauptgärung, 
die andere die Nachgärung durchführen sollte. Für dessen Richtigkeit 
ist niemals ein positiver Beweis gegeben worden, und es ist dies auch, 
wie aus dem Nachfolgenden ersichtlich ist, eine ebenso unrichtige Annahme 
wie diejenige, daß für die Herstellung typischer englischer obergäriger 
Biersorten (stock beers) eine einzelne Hefenart hinreiche. 45 

ÄALFR. JÖRGENSEN (2) hat, seitdem er im Jahre 1894 seine Ver- 
öffentlichungen in der letztbezeichneten Richtung hin begann, zu ver- 
schiedenen Zeiten immer wieder und wieder Mitteilungen darüber ge- 
macht, wie er aus englischer Oberhefe mehrere Rassen isoliert habe, 
welche die ganze Gärung und zwar mit bestem Erfolge durchgeführt so 
hätten. Dies wiederholt er (3) auch im Jahre 1903 in seiner letzten 
Mitteilung, welche er gemeinsam mit W. A. Rıney veröffentlichte. In 
dieser berichtet Rırey über einige Versuche, welche er in einer Brauerei 


6* 


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) 


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in Norwich angestellt hat; er teilt aber nicht mit, welche Biersorte er 


mit Einzellhefe hergestellt hat, und namentlich sieht man nicht, ob es 
gelagerte Biersorten (stock beers) sind. Er hat aber später in 
einem Anhange an die unten genannte Abhandlung von Hs. OLaussex (1) 
s mitgeteilt, dab er für stock beers nicht die gewünschte „condition“ mit 
Einzellhefe erhalten Konnte, und er stimmt also in Wirklichkeit mit 
JÖRGENSEN nicht überein. welcher immer behauptet. daß es entschieden 
sei, dab die Einzellhefe auch für die starken, gelagerten englischen 
Biersorten ebenso wie für die leichteren Biersorten, die sogen. running 
ıobeers, pabt. Wenn von anderer Seite in England behauptet wurde, daß 
das Reinzuchtsystem mit Einzellhefe sich nicht hier anwenden läßt, so 
hatte JÖRGENSEN geantwortet, dab die Gründe hierfür nichts mit der 
Einzellhefe als solcher zu tun haben; Schuld daran, vermutet er, könne 
eine schlechte Vermehrungsweise dieser Hefe in den Brauereien oder der 
ıs Umstand sein, dab die Hefe infolge der Erschütterung, welcher sie mög- 
licherweise in den Kolben im Laboratorium ausgesetzt war, degeneriert 
sei. Von Beweisführung und Versuchen, welche die Streitfrage aufklären 
konnten, war also noch immer keine Rede. 
Der durch so viele Jahre geführte unfruchtbare Streit hat aber jetzt 
»seine Beendigung durch die Untersuchungen von Hs. CLaussex (1) ge- 
funden. Letzterer hat dargetan, dab die Gegner .JÖRGENSEN’S recht 
gehabt haben. Die Mitteilungen .JÖRGENSEN’s in betreff der stock beers 
sind vollständig unrichtig. Gemeinsam ist den obergärigen typischen 
englischen Biersorten ein eigenartiger Geschmack und Geruch, welcher 
sim Biere vom Festlande, vielleicht mit Ausnahme des Lambie und ähn- 
licher belgischer Biersorten, nicht enthalten ist, und zugleich ein sehr 
starker, feinblasiger Schaum. Bei der Untersuchung verschiedener eng- 
lischer Biersorten gelang es CLaussex, eine Torula abzuscheiden, welche 
imstande ist, den eigenartigen englischen (reschmack und Geruch im Biere 
so hervorzurufen und diesem die gewünschte „condition“ zu verleihen. In den 
von ihm in Neu-Carlsberg im Betriebe selbst angestellten Versuchen lieb 
er die Hauptgärung mit Hilfe einer reingezüchteten englischen Oberhefe 
vor sich gehen. und die Nachgärung wurde mittelst einer Reinkultur 
der isolierten Torula, welche er Brettanomyces genannt hat, bewerkstelligt. 
35 Die „sekundäre Hefe“ existiert also in der Wirklichkeit; sie ist aber 
nicht, wie von einigen bisher angenommen wurde, ein Saccharomyces 
sondern eine Torula. Das Ergebnis von Hs. Cnavssen’s Versuchen war 
ein vortreffliches englisches Bier. ‚Jetzt erst also war die Frage gelöst: 
Das Reinzuchtsystem Haxsex’s kann in der englischen Obergärung zwar 
angewendet werden, aber nicht in derselben Gestalt wie in den Unter- 
särungsbrauereien, wo eine einzelne Art die ganze Gärung vollendet, 
sondern es muß hier ein Saccharomyces für die Hauptgärung und eine 
Torula (Brettanomyces) für die Nachgärung benutzt werden. 
Man wird aus dem Vorhergehenden einen kurzen Ueberblick über 
sdie Verbreitung des Reinzuchtsystems in der Bierfabrikation und über 
die verschiedenen Weisen, auf welche es als Folge der Verschiedenheiten 
der Fabrikationsmethoden angewendet wird, erhalten haben. 
Im ‚Jahre 1892 gab Hansen (12) eine Uebersicht über diejenigen 
Brauereien, welche nach seinem Wissen stetig Reinzuchtapparate ver- 
so wandten. Dieses Verzeichnis gab jedoch nur einen sehr unvollständigen 
Begriff von der Verbreitung des Systems, da es selbstverständlich schon 
damals eine sehr große Anzahl von Brauereien gab, welche ihre reine 
Hefe entweder von anderen Brauereien, die selbst einen Apparat hatten, 


Br 4 


Bee 


oder auch von den Stationen erhielten, und wo also faktisch das System 
auch benutzt wurde. Alle diese Brauereien zu nennen war unmöglich. 
Es finden sich gewiß jetzt in den Ländern. in denen die Untergärung 
vorherrschend ist, nur äußerst wenige Brauer, welche noch nicht den 
Segen des Reinzuchtsystems entdeckt haben. Und es wird gewiß nicht 
lange dauern, bis auch England das System aufnehmen wird, weil ja 
die Bahn jetzt frei ist; auch in der mehr komplicierten Gestalt. in 
welcher es in der englischen Obergärung angewendet werden muß, ist 
es ein grober Fortschritt. 


or 


$ 23. Der Hefenreinzucht-Apparat von Hansen und Kühle. 10 


Soll die Einführung von reingezüchteter Hefe in den Brauereibetrieb 
sicheren Erfolg verbürgen, so ist, abgesehen von allen jenen Anforderungen, 
die man an eine Reinhefe stellt, stets noch die Bedingung zu erfüllen, 
dab eine genügend große Hefenmenge als Stellhefe zur Ver- 
fügung stehe. Es ist ja einleuchtend, daß nur eine kräftige Reinhefe ıs 
in genügender Menge die Gärung kräftig einzuleiten und den in der 
nicht sterilen Betriebswürze vorhandenen schädlichen Mikroorganismen 
entgegenzutreten imstande sein wird. 

Wenn wir von der kaum 1 g Hefe liefernden Laboratoriumskultur 
ausgehen, deren Herstellung wir im $ 24 des IV. Bandes kennen gelernt» 
haben, so ergibt sich für die heutige Art des Betriebes eine Reihe von | 
Arbeiten, bis wir zu praktisch verwendbaren Hefenmengen gelangen. 

Ein Teil dieser Arbeiten verläuft noch im Laboratorium selbst, wie 
das Auffrischen, das „Regenerieren“ der aufbewahrten Reinhefe und das 
Vermehren im Pasteur-Kölbchen sowie in den größeren Carlsberg-Ge- 3 
fäben (s. S. 78); ein Teil aber, die Vermehrung dieser Hefe bis zu einer 
für das Anstellen im Gärkeller ausreichenden Menge, erfolgt in eigenen 
Hefenreinzucht-Anlagen, welche mit dem Großbetriebe selbst im Zu- 
sammenhange stehen. 

Solche Hefenreinzucht-Anlagen, die sich heute in zahlreichen 30 
Abarten fast in jeder großen untergärigen Bierbrauerei vorfinden, müssen 
auf Grund folgender Prinzipien aufgebaut sein: 1. Die zur Einführung 
gelangende Hefe muß eine absolute Reinkultur darstellen. 2. Die 
Konstruktion der Anlage muß ein steriles Arbeiten eewährleisten. 
3. Die Anlage muß im kontinuierlichen Betriebe erhalten werden s 
können. 4. Die Apparate müssen periodisch eine ausreichende 
Menge von Hefe liefern. 

Von diesen Gesichtspunkten aus können verschiedene Vorrichtungen, 
welche noch vor dem Haxsen-Künne'schen Propagierungsapparat zur 
Vermehrung von Reinhefe dienten, nicht als Hefenreinzucht-Anlagen an- 
erkannt werden. 

Im nachfolgenden sollen nun alle jene Systeme von Hetenreinzucht- 
Apparaten, welche eine praktische Bedeutung für die Brauerei erlangten 
oder sonst Interessantes bieten, besprochen werden, soweit dies dem 
Rahmen eines Handbuches der technischen Mykologie entspricht. 15 

Gleichsam als Vorläufer der Hefenreinzucht-Apparate haben wir 
jene Gefäße anzusehen, welche große Pasteur-Kolben darstellen. So ze- 

rauchte Eriox (1) Glaskolben von 75 I Inhalt, welche mit je 50 | Würze 
gefüllt waren! Wegen der Gebrechlichkeit dieser Glaskolben ging man 
rasch zu Metallgefüben (verzinntes Kupfer) über, und es entwickelte sich so 


- 


Re 


bald aus dem Pasteur’schen Kupferkolben, welchen wir bei A. KLöcker (1) 
beschrieben und abgebildet finden, das bereits auf S. 78 erwähnte Carls- 
berg-Gefäß, über dessen Behandlung und Sterilisieren bei E. UHR. 
Hansen (11) nachzulesen ist. E. Prıor (1) hat dieses Gefäß durch eine 
sselbsttätig wirkende Lüftungseinrichtung wesentlich verbessert (s. Fig. £). 


Das Schwanenhals-Rohr dieses Kolbens be- 
sitzt eine Abzweigung v, welche in A ein- 
mündet, so dab bei geschlossenem Quetscher 
z die Außenluft durch die Würze hindurch- 
streicht, sobald nach dem Sterilisieren beim 
Abkühlen über der Würze ein Vakuum ent- 
steht. Auch P. Lixpxer (1) hat beim Carls- 
berg-Kolben eine Lüftungsvorrichtung, wel- 
che durch Druckluft betätigt wird, ange- 
ı;bracht. Alle diese Gefäße, welche noch 
heute vielfach zur Vermehrung von Rein- 
hefe verwendet werden, können aber nicht 
als Reinzucht-Apparate angesehen werden, 
weil sie einer der wichtigsten, oben aufge- 
» stellten Bedingungen nicht entsprechen: sie 
gestatten keinen kontinuierlichen Betrieb. 
Wenn wir uns jetzt der Besprechung 

der Hefenreinzucht-Anlagen selbst zuwen- 


Fig. 4. 
Vermehrungsgefäße für Reinhefe. 

C Carlsberg-Gefäß, 
P mit der Lüftungseihrichtung 
nach Prıor. 
i Impfröhrchen, A Rohr zur 
Entnahme der Hefe, s Auspuft- 
rohr für Kohlensäure mit Filter f, 
v Lüftungsrohr, z Quetschhahn. — 
Auf ungefähr ein Fünfund- 
zwanzigstel der nat. Größe ver- 


den, so müssen wir unter Hinweis auf kleinert. 
die zahlreichen „Systeme“ solcher Apparate 
hervorheben, daß diese Abarten teils wohl durch lokale Bedürfnisse oder 
besondere Liebhaberei entstanden, teils aber in der Art der Reinhefen- 
Vermehrung bzw. Fortführung im Betriebe begründet sind. 
Es gibt nämlich zwei voneinander grundsätzlich verschiedene Arten 
soder Anwendung von reingezüchteter Hefe, oder sagen wir besser von 
„Apparathefe*: in dem einen Falle wird nur die Bodensatzhefe 
nach verlaufener Gärung und Klärung dem Apparate entnommen und 
im Betriebe einer entsprechenden Würzemenge zugesetzt; im anderen 
Falle aber wird mit der dem Apparate in kräftigster Gärung ent- 
35 nommenen, mit Würze gemengten Hefe, dem sogen. Kräusenbier oder kurz- 
weg den Kräusen, im Gärkeller angestellt. Da Kräusen kräftigere Hefe 
enthalten als Bodensatzhefe (man kann sagen, die Kräusen sind 3—4 mal 
so kräftig als Satzhefe), so reicht die Apparathefe im Kräusenstadium für 
bedeutend größere Würzemengen aus als die Bodensatzhefe. Gerade 
„also von der Art der weiteren Vermehrung der Apparat- 
hefe im Gärkeller hängt die Größe und Konstruktion der 
Reinzuchtapparate ab. 
Im Prinzipe besteht jede Hefenreinzucht-Anlage aus drei Teilen, die 
in verschiedener Weise kombiniert sein können; zu mindest müssen aber 
4 zwei Gefäße vorhanden sein, um den früher aufgestellten vier Bedingungen 
gerecht werden zu können. Diese Teile sind: 1. Der Würzezylinder, 
Sterilisierzylinder oder Sterilisator, in welchem die Bierwürze 
gelüftet und gekühlt, und, wenn sie nicht steril war, zuvor durch Er- 
hitzen keimfrei gemacht wird. 2. Der Anstellzylinder, Hetenkolben, 
50 Mutterhefengetäb, in welchem die sterile Bierwürze das erstemal mit 
der Laboratoriums-Reinkultur versetzt, geimpft, angestellt wird, und in 
welchem bei jeder Entnahme von Apparathefe eine kleine Menge von 
Reinhefe zum Anstellen der nächsten Gärung im Apparate zurückbehalten 


ea 


wird. 3. Der Gärzylinder oder Propagator, in welchem die 
Gärung verläuft und welcher in bestimmten Zeiträumen Hefe für den 
Gärkellerbetrieb liefert. 

Es wären daher ideal drei Apparate für eine Anlage notwendig, 
doch sind bei den meisten Systemen die Fähigkeiten zweier Teile in 
einem Apparate kombiniert, so dab man fast stets mit zwei Ge- 
fäßen das Auslangen findet. 

Zum Betriebe jeder Hefenreinzucht-Anlage sind notwendig: 1. Dampf 
zum Sterilisieren der Bierwürze, der Apparate und Leitungen, 2. Druck- 
luft zum Lüften der Würze und zum Füllen und Entleeren der Apparate, 
3. Wasser zum Kühlen. Dies alles liefert der Brauereibetrieb selbst, so 
dab es nur in Ausnahmsfällen nötig ist, die Reinzuchtanlage durch eine 
Luftpumpe u. dgl. zu vervollständigen. 

Die älteste und weitest verbreitete Hefenreinzucht-Anlage ist der 
von E. CHr. Haxsen in Verbindung mit dem Brauereidirektor Künne in 
Alt-Carlsberg bei Kopenhagen im Jahre 1885 konstruierte Reinzucht- 
apparat, über welchen Hansen (9) zuerst im Jahre 1887 eine kurze Mit- 
teilung machte und später eine ausführliche Beschreibung (10) veröftent- 
lichte. Dieser Apparat, nach wohldurchdachtem Plane unter Berück- 
sichtigung aller theoretischen und praktischen Momente konstruiert und 
in technisch vollendeter Weise ausgeführt, ist das Vorbild aller folgenden 
Systeme geworden, welche häufig kaum als Verbesserungen angesehen 
werden können. 

Der Reinzuchtapparat nach Hansen-Kühle (s. Fig. 5) besteht aus 


zwei Gefäßen von gleicher Größe, einem Würzezylinder und einem» 


Gärzylinder, und ist für die Abgabe von Bodensatzhefe berechnet. 
Der Würzezylinder S muß meist durch Einfügung einer Dampf- 

schlange oder durch einen Dampfmantel als Sterilisator eingerichtet 

werden. In Brauereien, wo (wie in Alt-Carlsberg) die Bierwürze kochend- 


heib direkt vom Sudhause in den Apparat strömen kann, entfällt dies 


Notwendigkeit des Sterilisierens, weil diese Würze ja vollkommen keim- 
frei ist; sie braucht nur gelüftet und gekühlt zu werden. Kann die 
Würze aber, entweder wegen zu großer Entfernung oder aus anderen 
Gründen (wie seinerzeit in Oesterreich-Ungarn wegen der finanzamt- 


lichen Kontrolle), nur abgekühlt und also schon infiziert bezogen werden, x 


so muß sie unbedingt nochmals gekocht, sterilisiert werden. Der Würze- 
zylinder oder Sterilisator ist ein kupferner, innen verzinnter, ca. 300 | 
fassender Zylinder mit flachem oder gewölbtem Boden und einem mittelst 
Flanschen gut aufgedichteten Deckel. Die Höhe beträgt rund 120 cm, 
der Durchmesser 60 cm. Seine Armatur ist sehr einfach. Ein weiter 
Hahn «a dient als Würzeeinlaß; er ist entweder direkt mit der Bier- 
würzeleitung vom Sudhause oder mit einem besonderen Gefäße verbunden, 
in welchem die Bierwürze vorgemessen wird. Der Probehahn b zeigt 
die normale Füllung des Sterilisators an. Durch e wird die Würze in den 
Gärzylinder abgelassen; um das Geläger zurückzuhalten, mündet er etwas 
über dem Boden, während durch e‘ der Sterilisator ganz entleert werden 
kann. Die Lüftung erfolgt durch ein bis ungefähr in die Mitte des 
Sterilisators in die Würze tauchendes, am unteren Ende geschlossenes. 
fein gelochtes, enges Rohr, welches mit einem kleinen dichten Hahn « 
versehen und mit einem Luftfilter f verbunden ist, das an die Luft- 
leitung anschließt. Dieses, sowie jedes an Reinzuchtapparaten angebrachte 
Luftfilter ist ein Messingrohr von 22 em Länge und 3 cm innerem 
Durchmesser, am oberen Kinde mit abschraubbarem Deckel, welches mit 


Fer 


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35—50 g Baumwolle gestopft und vor dem Gebrauche bei 150° C durch 
2 Stunden sterilisiert wird. Meist teilt man unterhalb des Filters die 
Luftleitung in zwei Aeste, jeder durch ein eigenes Hähnchen verschließ- 
bar: der eine in die Würze führend, der zweite im Deckel mündend, so 
sdab die Luft auch, ohne durch 
die Würze zu gehen, auf die 
Oberfläche direkt wirken kann. 
Das Kühlwasser überströmt 
in einfachster Form die Außen- 
wand des Würzezylinders, 
aus einem ringförmige um den 
Zylinder gelegten Rohre durch 
feine Löcher an der Innenseite 
ausfließend, und wird in einer 
ı flachen Schale, in welcher der 
Zylinder steht, aufgefangen. 
Ist zum Sterilisieren ein Dampf- 
mantel oder eine Heizschlange 
vorhanden, so können diese 
»auch zum Kühlen verwendet 
werden, doch ist zu bemerken, 
dab die Kühlung durch die 
Schlange nur sehr langsam 
vor sich geht und daher stets 
sein leichter Kühlmantel (8. 
Fig. 5) oder der Kühlring mit- 
verwendet wird. Bezüglich 
der Heizschlange, wie sie von 
den Fabrikanten JENsEN in Re 
so Kopenhagen oder Baumann in Fig. 5. Hefenreinzucht-Apparat 
ne SE; nach Hasen und Künte. 
Wien an den Hansex-KÜHtr- S Würzezylinder-Sterilisator, @ Gärzylinder, 
Apparaten angebracht wird, Z Luftleitung. a Würzeeinlauf, 5 Probehahn, 


ist aufmerksam zu machen,  Würzeablaßhahn, <* Hähnchen für an 

’ \ rn 75 d d‘ Dampfventile, e Dampfaustritt bzw. Kühl- 
dab | die unterste Windung wassereintritt, / Luftfilter, g Glasrohr als Flüssig- 
35 möglichst nahe dem Boden des keitsstandzeiger,  Hefenabzugshahn, i Impfröhr- 
Sterilisators liege, damit nieht chen, o oberer Lüftungshahn, p Kondenswasser- 
eine zu große Würzepartie ablaßhähnchen, x Rührwerk, s Auspuffrohr für 


of h o. Luft und Kohlensäure mit Wasserabschluß 
ungekocht odeı ungenügend t Thermometer, « unterer Lüftungshahn, 
sterilisiert bleibt.  Mittelst rsehan 


seines Dampfmantels, welcher 
höchstens bis zu zwei Dritteln der Höhe hinaufreichen müßte, erzielt 
man ein sichereres Sterilisieren. Vom Deckel geht noch, durch ein 
Hähnchen verschließbar, das Auspuffrohr s weg, dessen Ende in ein Ge- 
fäb mit Wasser taucht; dieses bildet keinen wirklichen Wasserver- 
sschluß, sondern soll nur die Luftbewegung aus dem Zylinder markieren. 
Ein Thermometer, eventuell auch ein Manometer vervollständigen die 
Armatur. Das letztere ist unbedingt dann notwendig, wenn der Sterili- 
sator nicht viel höher aufgestellt ist als der Gärzylinder, weil dann die 
Würze aus dem Sterilisator in den Gärzylinder mittelst Druckluft hin- 
so übergeprebt wird; der Druck soll 0,5 at nicht übersteigen. 
Vom Ablaßhahn e führt zum Würzehahn « des Gärzylinders ein mög- 
lichst kurzes Rohr für die Würze, welches außerdem noch zwei Hähne 


a 


besitzt, einen als Anschluß an die Dampfleitung d’ (am besten mit Schlauch), 
den anderen p als Auspuff und zum Ablassen des Kondenswassers. 

Der Gärzylinder @ ist aus gleichem Material und in ähnlicher Ge- 
stalt wie der Sterilisator angefertigt; bei gleichem Durchmesser ist er 
etwas niedriger. Der Flanschendeckel, die Hähne etc. müssen voll- 
kommen dicht schließen, da jede Undichtheit zur Infektion des Apparates 
Anlaß geben kann. Der Zylinder ist mit einem Kühlmantel, welcher 
über den höchsten Würzestand reichen soll, versehen. Er kann ent- 
fallen, wenn der Apparat an einem kühlen Orte aufgestellt ist; befindet 
er sich aber im Gärkeller selbst, so ist er mit einer Isolierung, z. B. 
Holzleisten wie in Alt-Carlsberg, zu versehen, damit die Temperatur 
nicht gar zu sehr sinke. Der Gärzylinder ist eigentlich einem Pasteur- 
Kolben nachgebildet: z ist das Impfröhrchen, welches hier und bei allen 
Züchtungsgefäßen dieser Art die gleiche Dimension besitzt, so dab der 
kleinste Kolben mit dem größten Gefäße direkt verbunden werden kann. 
Statt des gebrechlichen Glasstöpsels kann man einen Aluminiumstöpsel 
verwenden und verschließt überdies mit einem Quetschhahn. Nachdem 
das Impfröhrchen auch zur Entnahme von Proben für die Kontrolle des 
Apparates bestimmt ist, so leidet häufig der Gummischlauch durch das 


oftmalige Oeffnen und Schließen. KıckEeLHayv hat deshalb das Impf-: 


röhrchen mit einem sorgfältigst gearbeiteten, eigenartig konstruierten 
Hahn abgeschlossen, welcher vor und nach jeder Benutzung durch ab- 
soluten Alkohol steril gemacht werden kann. Neben dem Impfröhrchen 
befindet sich ein sackartiges Rohr, welches schief in das Innere geht 


und ein Thermometer aufnimmt. Zur Herstellung eines besseren Kon-: 


taktes füllt man etwas Glycerin hinein. Das Auspuftrohr s entspricht dem 
Schwanenhalsrohr des Pasteur-Kölbchens; es läßt Kohlensäure und Luft 
während der Gärung entweichen und taucht ebenfalls in ein Gefäb mit 
Wasser als Indikator. Die sterilisierte Würze tritt durch den Hahn « 
in den Zylinder, durch den derselbe auch vollständig entleert wird, 
während sonst Bier oder die Hefe durch den eigenartigen Hahn A ent- 
nommen wird. Der Hefenhahn Ah besitzt eine bogenförmige Verlängerung 
in das Innere, und auch außen kann ein Bogenstück angeschraubt werden, 
dessen Mündung tiefer steht als die des inneren Bogens; der Hahn wirkt 


daher wie ein Heber, das Rohr muß stets voll fließen und die Auben- ss 


luft wird nicht durch den Halhın eindringen, woferne das Niveau nicht 
unter die innere Mündung sinkt. Ferner wirkt das Kegelventil des 
Hefenhahnes nach aufwärts, so dab etwaige Verunreinigungen, die von 
auben sich angesetzt haben könnten, durch die ausfließende Flüssigkeit 
fortgespült werden, eine Infektion auf diesem Wege daher so gut wie 
ausgeschlossen ist. Häufig sieht man diesen Hahn unrichtig montiert 
— mit dem Handrad nach aufwärts stehend — vielleicht durch die un- 
gewohnte Stellung der Hahnspindel irritiert, da der Hahn eben beim 
Öefinen nach abwärts, beim Schließen aufwärts geschraubt wird, während 
dies sonst umgekehrt ist. Also die scheinbar verkehrte Stellung ist 
beim Hefenhahn die richtige! Wird der Hahn nicht benutzt, so ver- 
schließt man die Mündung mit einem gut passenden Schraubendeckel. 
Die Lüftungsvorrichtung ist an diesem Gärzylinder mit einem 
Flüssigkeitsstandrohr verbunden. Nahe am Boden und nahe dem oberen 


Rande gehen zwei horizontale Rohrstutzen ab, welche durch die Hähne ws 


und o abgeschlossen sind, und die zwischen sich ein starkes, ca. 90 cm 
langes Glasrohr gut eingedichtet tragen, an welches sich oben die Luft- 
leitung und das Luftfilter / anschließt. Gut ist es, unterhalb und ober- 


19 
- 


19 
[>70 


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1072 


So 


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4uU 


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halb des Filters noch je einen Hahn einzuschalten. Das Glasrohr ver- 
sieht man mit Marken (nach Hansen für 25, 50 und 170 1), indem 
man den Gärzylinder abaicht; es dient so als Würzestandzeiger, wenn 
o und « offen sind. Will man lüften. so schließt man den oberen Hahn, 

;worauf die Luft durch « eintritt und durch die Würze strömt; ist « 
geschlossen, so streicht die Luft durch o über die Würze weg und ent- 
führt bloß die Kohlensäure. Die Hähne o und x müssen sehr gut ein- 
geschliffen sein. Sehr zweckmäßig bringt man in Verlängerung des 
unter en Endes des Würzestandrohres noch einen kleinen Hahn an, welcher 

ı»zum Ausdämpfen der Lüftungsvorrichtung verwendet wird, wenn "während 
des Betriebes das Glasrohr zerbricht, daher durch ein neues ersetzt 
werden muß. Obwohl dieses Glasrohr wegen seiner Gebrechlichkeit und 
exponierter Lage recht bedenklich zu sein scheint, erfüllt es seinen 
Zweck als Würzestandzeiger doch in einfachster Weise, namentlich für 

ısgroße Apparate, und es kann gesagt werden, daß ein Zerbrechen bei 
einiger Vorsicht nicht häufiger vorkommt als andere Beschädigungen an 
minder empfindlichen Teilen des Apparates. 

Auf dem flachen oder schwach gewölbten Boden des Gärzylinders 
setzt sich die Hefe sehr fest ab, weshalb ein Rührwerk r mit Hand- 

»»kurbel angebracht ist, dessen Flügel nahe am Boden ziehen, ohne zu 
schleifen. Der eine kann eine Kautschukplatte tragen, welche direkt 
am Boden und auch an der Wand streift, um die Hefe ganz fortzube- 
kommen. Die Spindel von » muß in einer Stopfbüchse, die am besten 
mit schwach gefettetem Hanf gedichtet wird, laufen; auf diese Dichtung 

ist stets besonders zu achten. 

Die runden Glasfenster, welche hier und da am Gärzylinder an- 
gebracht werden und mit Gummiring und Schraubenmutter aufgedichtet 
sind, geben leicht zu Infektionen Anlab und erfüllen doch nur ganz un- 
vollkommen ihren Zweck, so dab sie am besten ganz wegbleiben. 

30 Was die Aufstellung dieser und der Hefenreinzucht-Apparate im 
allgemeinen anbelangt, so stehen sie am besten in einem kühlen, luftigen 
und lichten Raume, dessen Pflaster dicht und glatt ist, dessen Wände 
glatt verputzt, mit Oelfarbenanstrich oder dgl. versehen sind, so dab 
peinliche Reinheit herrschen kann. Sterilisator und Gärzylinder befinden 

sich am besten in demselben Raume Wenn hier auch durch das 
Sterilisieren die Temperatur etwas erhöht wird, so ist dieser Uebelstand 
doch weniger groß als die Unbequemlichkeit der Arbeit, sobald der 
Sterilisierzylinder in einem anderen Lokale steht als der Gärzylinder. 

Zu einer Hansen-Künte’'schen Anlage eehört ein Würze- oder 

40Sterilisierzylinder und ein Gärzylinder; doch reicht für beliebig viele 
(sechs und noch mehr) Gärzylinder ein einziger Sterilisator aus, wie 
man dies in Großbrauereien häufig sieht. 

Die normale Füllung des Gärzylinders der ersten Hansen-Künue'schen 
Anlage in Carlsberg betrug 170 1 und danach wurden alle folgenden 

45 Apparate für diese F üllung” gearbeitet. Es unterliegt aber keinem An- 
stande, die Apparate erößer zu bauen und die von St. Baumann für 
Wiener Brauereien gelieferten haben eine Füllung von 400 1, ja die 
American Pure Yeast Co. in New-York hat Gärzylinder mit 900 1 
Fassung, zu welchen ein Sterilisator mit 21 hl Fassunesraum erehört. 

so Ueberhaupt werden in letzterer Zeit häufig -Sterilisatoren aufgestellt, 
welche die 2—4-fache Gärzylinderfüllung aufnehmen können. Bei großen 
Anlagen ist dies, um Arbeitszeit zu ersparen, recht vorteilhaft. 


BER. 
$ 24. Andere Systeme von Reinzuchtapparaten für Brauereihefe. 


Außer den schon erwähnten kleinen Abweichungen von dem ersten Carls- 
berger Modell Haxsen-KünLe finden wir bemerkenswerte Abänderungen 
bei den Apparaten von Eriox (1), der Wiener V ersuchsstation 
für Brauerei, von Baver (1), A. DoemEns (1) und A. SCHIFFERER (1), 
während die von L. Marx (1), J. E. Sıeeen, (1) und ©. PorL und 
H. Baver (1) durch wichtige Details als eigene Systeme zu betrachten 
wären; alle gehören sie aber der Haxsex-Künue’schen Type an. Erıox 
wendete zuerst bei Sterilisatoren einen Dampfmantel an; die Hähne für 
Würze, Bier und Hefe (c, w und h entsprechend) sind Dreiweghähne, ıo 
welche untereinander durch eigene Rohrleitungen verbunden sind, damit 
sie selbständig mittelst Dampf sterilisiert werden können: Dreiw erhähne 
sind aber gerade bei Reinzuchtapparaten sehr bedenklich. BavEr ver- 
wendet, da der Betriebsdampf unangenehme Geschmacksstoffe enthält. 
den durch Kochen von Wasser im Sterilisator selbst erzeugten Dampf ıs 
zum Sterilisieren der Verbindungsleitung und des Gärzylinders. DoEMENS 
läßt an den Haxsen-Künur'schen Apparaten nicht bloß die Glasfenster 
sondern auch das Glasrohr des Würzestandzeigers weg: die Würze wird 
hier eingemessen. SCHIFFERER bringt dagegen ein Würzestandglas auch 
am Sterilisator an, welcher durch eine verschraubbare Oefinung im» 
Deckel gefüllt wird, und wendet ein altes Verfahren zum Keimfreimachen 
der eintretenden Luft an, indem er das Ende des Schwanenhals-Rohres 
mit einer Gasflamme erhitzt. Der für die Wiener Versuchsstation 
für Brauindustrie von Baumann ausgeführte und von ScHhwack- 
HÖFER (1) beschriebene, mit Dampfschlange und Kühlmantel versehene » 
Sterilisator trägt sämtliche Armatur am Deckel oder Boden, wodurch die 
doppelte Diehtung der durch den Mantel in den Zylinder führenden 
Hähne und Leitungen vermieden wurde. Alle bisher aufgezählten 
Apparate sind für 150-200 1 Beschiekung gebaut. 

Von den mehr selbständigen Systemen hat das von Marx nur mehr 
historisches Interesse, da es (wenigstens in Deutschland) kaum in Fr 
Praxis gedrungen sein dürfte. Marx, einer der ersten Schüler Hansen 
ist noch viel peinlicher bestrebt keimfreies Arbeiten zu ermöglichen, wo- 
durch aber sein Apparat allzu kompliziert und unpraktisch wird. Die 
kleinen, 45—501fassenden Apparate sind wohl auch mehr für Laboratoriums- 35 
zwecke bestimmt. Bei den Apparaten von Stesen findet sich im Gär- 
zylinder ein mit Filterstoff belegter Siebboden. welcher bestimmt ist, 
Hefe aufzuspeichern, bzw. von der Würze abzufiltrieren, ferner ein Rück- 
schlagventil hinter dem Hefenhahn und separate Luftfilter für das obere 
und untere Lüftungsrohr. Der Sterilisator steht unterhalb des Gär-ı 
zylinders. 

Der Reinzuchtapparat von €. Pont und H. Baver verlangt größere 
Beachtung, weil er in rg her Hinsicht recht praktische Ein- 
richtungen besitzt. Wesentlich Neues zeigt wohl nur der Gärzylinder 
(Fig. 6), der mit Ausnahme von A sämtliche Armatur am Deckel trägt. 
und mit Kühl-, bzw. Dampfmantel versehen ist, indem das eigenartig 
ausgebildete Rührwerk als Lüftungseinrichtung und Flüssirkeits- 
Standzeiger dient. Seine hohle Achse steht durch ein Querrohr y mit 
der Luftleitung in Verbindung und trägt knapp oberhalb der Rührflügel 
zwei gekreuzte. nach oben zu gelochte Rohre », durch welche die Lüftung so 
der Würze erfolgt, welche aber auch bei der Entleerung jenen Moment 
markieren, in welchem der Würzespiegel unter ihr Niveau gesunken ist. 


an 


30 


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) 


92 


Der Hahn « reguliert den Luftzutritt zu v. Der Hahn o ist ein Drei- 
weghahn und läßt durch den einen Weg die Luft oberhalb der Würze 
eintreten. durch den anderen öffnet er den Gärzylinder gegen s (hier 


„Ausgärvorrichtung“ genannt). Diese Vereinigung der Lüftung mit dem 

s Auspuff kann nicht als glücklich bezeichnet 
werden. schon darum nicht, weil ein Drei- 
weghahn in Verwendung kommt. Die ganz 
eigenartig konstruierten Apparate FERN- 
BacH's (1), welche im „Institut Pasteur“ zu 
Paris und sonst an vielen Orten Frank- 
reichs zur Gewinnune von Reinhefe für 
Brauereien, vornehmlich aber für Brenne- 
reien, in Verwendung stehen, unterscheiden 
sich auch sonst durch die Art des Sterilisierens 
ısund Lüftens der Würze. Sie sind ausführ- 
lich im 10. Kapitel dieses Bandes beschrieben. 
Durch Konstruktion eines Hefenrein- 
zucht-Apparates hat P. Lixvxer (2) im Jahre 
1888 eine neue Type geschaffen, die sich 
»»oim Wesen von der Haxsenx’schen dadurch 
unterscheidet, daß die zum Anstellen der 
nächsten Gärung im Propagator nötige Hefe 
sich in einem eigenen Gefäbe, getrennt 
von der für den Betrieb bestimmten Rein- 
hefe, befindet. Dieses Gefäß, der Anstell- 
apparat, ist, der geringen Hefemenge ent- 
sprechend, bedeutend kleiner als der Gär- 
zylinder, kann daher auch viel einfacher 
eebaut sein, wodurch er von Haus aus 
sogeren Infektion besser geschützt ist als 
grobe Apparate mit einer oft komplizierten 
Armatur. Lixpxer war auch der erste, 
welcher in einem und demselben Gefäße 
die Würze sterilisierte, lüftete, kühlte und 
vergeären ließ, kurz der den Sterilisator 
auch als Gärzylinder verwendete. Der 
kleine Reinzuchtapparat System 
Lindner ist für kleine und mittlere 
Brauereien sowie Laboratorien ge- 
so dacht und liefert bei einer Füllung 
von 50—601 ungefähr 1 kg Reinhefe. 
Derselbe besteht (s. Fig. 7) aus einem 
Kupferkolben A und dem Sterilisier- 
und Gärzylinder S@. Der kupferne 
s Anstellkolben A fabt 5—6 1, und es 
wird die normale Füllung durch Ab- 
wägen mittelst einer Federwage er- 
hoben. In diesem Kolben wird die zur 
Einführung bestimmte Reinkultur vor- 
sobereitet. Der Sterilisier- und Gär- 
apparat, ein liegender Zylinder von 


1 
or 


w 
oO 


Fig. 6. Hefenreinzucht-Apparat 
von Pour und Bauer. 
@ Gärzylinder, Z Luftleitung, 
D Dampf- und Wasserzufluß. 
d Dreiweghahn für Dampf und 
Wasser, d! Dampfhahn für den 
Zylinder, e Dampf- und Wasser- 
Austritt, / Luftfilter, % Hefenhahn, 
i Impfröhrchen, o Dreiweghahn 
für die Lüftung oberhalb der 
Würze, p Kondenswasserablaf, 
q Schauglas, r Rührwerk, s Aus- 
puffrohr, t Thermometer, « Lüf- 
tungshahn, v Lüftungsrohr, % Ver- 
bindungsrohr zwischen Luftfilter 
und Rührwerk. 


Fig. 7. Kleiner Hefenreinzucht-Apparat 


nach Lixpner. 


A Kupferkolben als Anstellapparat, 
SG Sterilisier- und Gärzylinder, 5 Würze- 
einfill-Stutzen, a Stutzen für das 
Lüftungsrohr v, f f* Luftfilter, © Impf- 
röhrchen von A, x Quetschhahn. 


ca. 80 1 Inhalt, ruht auf einem Eisengestell, so dab er leicht um seine 
Längsachse gerollt werden kann. Durch Gummischläuche und Glasröhren 


93 


sind A und S@ verbunden; das Lüftungsrohr » ist in den Stutzen a 


durch ein darübergeschobenes Schlauchstück eingedichtet. 
filter f‘ schließt an eine Wasserstrahlluftpumpe an. 


Das Luft- 
Die Montage ist 


also hier sehr einfach: Hähne fehlen ganz, und zur Verbindung dienen 


ausschließlich Gummischläuche. 


Diese sind aber andrerseits auch die 


verwundbare Stelle, welche stets größte Sorgfalt bei der Bedienung 
dieser Apparate erfordert. Auch die leichte Infektionsmöglichkeit durch 
ein zufällig durchnäßtes Filter ist sehr zu beachten. 

Später, im Jahre 1891, hat P. Lispxer (3) dieses System zu einem 
großen Reinzuchtapparat, welcher der ausführenden Firma F. W. Prsr 


[2 
Fig. 8. Großer Hefenreinzucht-Apparat nach Lınpxer. 
A Anstellapparat (Hefengefäß), S@ Sterilisier- und 

Gärzylinder, F Federwage, D Dampf-, L Luft-, 
W Wasser-, Wz Würze-Leitung,. «a Würze-Einlab- 
hahn, d d' d? Dampfventile, e Dampfaustritt, f Filter, 
9 Glasrohr des Würzestandrohres, A Ablaßhahn für 
lefe und Kräusen, A‘ Dreiweghahn zur Entleerung 
des Hefengefäßes, i Impfröhrehen mit Dreiweghahn, 
k Spritzkranz für Kühlwasser, ! Kühlwasserablauf 
aus der Schale, m Brause, o oberer Lüftungshahn 
mit Sterilisierhahn 0%, s Auspuffrohr für Luft und 
Kohlensäure samt Wasserabschluß, « unterer Lüftungs- 
halhın, «'! Verbindungshahn zum Hefengefüb, u? Luft- 
hahn zur Durchlüftungsvorrichtung mit den Durch- 
lüftungsrohren » »' o* samt Dreiweghähnen, w Ab- 
schlußhahn des Zylinders, © Bierablaßhahn. 


in Berlin patentiert wurde, 
ausgestaltet (Fig. 8). Als 
Anstellapparat (Hefenge- 
fäb) dient wieder ein dem 


or 


Carlsberg-Kolben ähnlicher ı5 


Kupferkolben 4 (oder auch 
der liegende Zylinder des 
kleinen Apparates, welcher 
mit einem Impfstutzen ver- 
sehen wird). Das Impfröhr- 
chen ? sowie der Abfüll- 
stutzen A sind mit Drei- 
weghähnen versehen. Mit 
sehr reicher Armatur ist 


der stehende Sterilisier-: 


und GärzylinderS@G aus- 
gestattet, in welchem 500 | 
Würze vergoren werden. 
Der gewölbte Deckel be- 


sitzt eine Brause m, durch: 


die der Apparat mit Wasser 
ausgespült werden kann: der 
Boden ist spitzkonisch. Der 
Hahn x (in der Zeichnung 


nur angedeutet) ist wie der: 


Hefenhahn am Hansen- 
Künne'schen Gärzylinder 
eebaut und dient zur Ent- 
nahme des Bieres, während 
die Hefe durch 4 abgzelassen 
wird. Das Sterilisieren und 
Kühlen wird dureh ein 
Schlangenrohr bewirkt. letz- 
teres noch durch den Spritz- 
kranz % verstärkt. Einen 
wesentlichen Bestandteil 
bildet die Durchlüf- 
tunges und Rührvor- 
richtung. Von dem hier 
wiederals Würzestandzeiger 


auseebildeten Lüftungs- 
rohre 7 geht am unteren 
Ende von dem Hahne w«’ 


. 


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20 


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1) 


- 


I 


eine kurze Leitung ab und mündet in dem konischen Boden mit den 
Hähnen v, v!, v* ein, welche sich durch ganz kurze, gebogene Rohrstücke 
in das Innere fortsetzen; die durch diese Durchlüftungsrohre einströmende 


Luft wirbelt die Hefe und Würze kräftig auf. 


sweghahn v? einerseits und die Dreiweg- 
hähne A! und z andrerseits wird der An- 
stellkolben mit dem Zylinder in Verbindung 
gesetzt. 
Die für den praktischen Betrieb grobe 
ıo Vorteile bietende Idee Lixpxer's, wie sie 
sich besonders in seinem kleinen Apparate 
ausprägt, wurdeauch anderen Konstruktionen 
zugrunde gelegt. Die Zweckmäßigkeit eines 
eigenen Anstellapparates für bestimmte 
ıs Aufgaben ist augenscheinlich, und wir 
treffen deshalb öfter einen (oder mehrere) 
Anstellapparate neben Sterilisator und Gär- 
zylinder als Erweiterung von Hefenrein- 
zucht-Anlagen, so bei H. Wichmann (1) 
»ound G. JacauEmin (1). Die Anlage des 
letzteren ist abervornehmlich für Brennereien 
bestimmt und wird im 10. Kapitel dieses 
Bandes beschrieben werden. 
Von Systemen, welche mehr oder weniger 
5 der Type Lispxer’s folgen, wären zu er- 
wähnen das von A. .JÖRGENSEN (4) im Verein 
mit BERGH ersonnene, dann eine Variante 
von Pont und BaAuvEr (1),! weiters die 
von L. Hrsıus (1), A. Dormexs (1) und 
30 N. BENDIXEN (1). Die Reinzuchtanlage 
von Hexıvs besteht aus zwei Anstell- 
apparaten und einem kombinierten Sterili- 
sier- und Gärzylinder, welcher sich aber 
an die Konstruktion von Hansen anschließt. 
35 Der Laboratoriums-Reinzucht- 
apparat von Dormens, welchen er im 
Jahre 1895 in seiner Lehr- und Versuchs- 
anstalt in München aufstellte, wird aus 
einem ca. 60 1 fassenden, als Sterilisator 
a eingerichteten Gärzylinder ns einem Hefe- 
kolben gebildet, der durch zwei Schläuche 
mit ersterem verbunden ist, so dab durch 
den oberen ein Luftaustausch zwischen 
beiden Gefäßen erfolgen kann, durch den 
sunteren aber einerseits (durch einfaches 
Senken des Kolbens unter das Niveau im 
Gärzylinder) der Kolben gefüllt wird und 


Durch Hahn «! und Drei- 


Fig. 9. Hefenreinzucht-Apparat 
von JÖRGENSEN und BERGH. 

A Anstellzylinder, S@ Sterilisier- 
und Gäreylinder, Wz Würze- 
leitung. a Würzeeinlaßhahn, 

c Waschwasserablauf, d Dampf- 
ventil für die untere Mantelhälfte, 
e Dampf- und Kondenswasser- 
austritt, / Luftfilter, % Verbin- 
bindungsrohr zwischen A und 
SG, i Impfröhrchen, % Spritzrohr 
für Kühlwasser, Z Kühlwasser- 
ablauf aus der oberen Mantel- 
hälfte, n Schwimmer mit Zeiger 
(der punktierte Kreis ist die 
Schwimmkugel im Innern), o obe- 
rer Lüftungshahn für A, o‘ für 
S@, r Rührwerk, getrennt für 
jeden Zylinder, ss‘ Auspuffrohr 
mit Wasserabschluß, « unterer 
Lüftungshahn mit Schnatterrohr, 
v Metallrohr der Lüftungs- 
einrichtung. 


andrerseits (durch Hochheben) die Ansatzhefe wieder in den Gärzylinder 


zurückfliebt. 
5o Federwage. 


Die richtige Füllung bestimmt man auch hier mittelst 


Bei dem Apparat von N. Bexpixen wird die Lüftung durch einen 


Aspirator besorgt. 


Die Füllung des Anstellgefüßes erfolgt automatisch, 


En 


sobald die Gärung im Gärzylinder kräftig einsetzt, und wird ebenfalls 
automatisch unterbrochen. Näheres s. im 10. Kapitel dieses Bandes. 
Das System von Jörgensen und Bergh zeichnet sich dadurch aus, 
daß die beiden Gefäße übereinander angeordnet sind (s. Fig. 9). Der 
obere Anstellzylinder A faßt 50 I, der untere SG aber 160 1. Die 
Lüftungseinrichtung fungiert hier nicht als Würzestandzeiger; es ist v 
daher ein Metallrohr, und die Füllungshöhe wird durch einen Zeiger n 
mit Schwimmer angegeben. Die Gefäße stehen durch den Hahn h in 
Verbindung. Ein aus zwei Kammern bestehender Mantel umgibt SG; 
die untere kleinere ist für Dampf, die obere nimmt das Kühlwasser auf, 
das durch den Spritzkranz k zugeführt wird. Den großen Vorzügen 
einer übersichtlichen Anordnung und des geringen Platzbedarfes stehen 
als Nachteile die Dreiweghähne, die Stopfbüchse des Zeigers, der Hahn 
gegenüber; auch ist baldiges Undichtwerden als Folge der ungleich- 


> 


10 


mäßigen Ausdehnung beider Apparate durch Sterilisation und Kühlen zu» 


befürchten. 

Eine dritte Type stellt der Hefenreinzucht-Apparat von Wich- 
mann (2) dar. Er besteht (Fig. 10) aus zwei sehr einfach gebauten 
Gefäßen von gleicher Größe; in beiden wird 
gleichzeitig Hefe für den Betrieb er- 
zeugt. In jedem werden je 25 1 Würze 
vergoren, doch faßt jeder mehr als 501. 
Der Anstellapparat A besitzt eine 
eigenartige Lüftungsvorrichtung, 
welche außer zum Lüften der Würze und 
Aufrühren der Hefe auch als Flüssigkeits- 
standzeiger dient: der linke Ast o derselben 
setzt sich in ein dünnes Rohr fort, welches 
genau bis in das Niveau von 25 1 reicht, 
der rechte « trägt am Ende ein Ringrohr », 
das bloß auf der unteren Seite durchlöchert 
ist. Die Würze wird bei a in den Sterilisator 
mittelst eines Trichters eingemessen. 

Wenn auch nicht zu einem eigenen 


Fig. 10. Hefenreinzuchtapparat 


von WIcHMAanN. 


20 


25 


30 


A Anstellapparat, SG Sterilisier- 
und Gärzylinder, V Verbindungs- 
leitung, a Würzeeinlaßhahn, 
ce Ablaßhahn, d d'‘ Dampfventile, 
e Dampfaustritt, / Luftfilter, 
h Hefenhahn, i Impfröhrchen, 
k Kühlwassereinlauf, ! Kühl- 
wasser- und Kondenswasserablauf, 
0 oberer Lüftungshahn, p Probe- 
hähnchen, r Rührwerk, s Auspuff- 
rohr, « unterer Lüftungshahn, 
v® Lüftungsrohr, w Verbindungs- 
hahn (Dreiweghahn). 


Systeme ausgebildet, so verdient doch be-s 
sonders erwähnt zu werden der „Han- 
sena“ genannte Apparat von L. NATHAN (1), 
welcher für Reinzuchtzwecke ausgezeichnet 
geeignet ist und auch zur Ausgestaltung 
von Reinzuchtanlagen in Verwendung kommt. 
Dieses Gefäß, von NarHnan im großen Mab- 
stabe als geschlossener Gärbottich für die 
Bierbrauerei gedacht, ist in einem Stücke 
aus Gußeisen hergestellt und innen mit einer 
weißen glasharten, glänzend glatten Emaille 
überzogen, welche sich gegen Würze und 


40 


Bier vollständig indifferent verhält, was bei dem gebräuchlichen Materiale 
der Reinzuchtapparate (verzinntes Kupfer) nicht stets der Fall ist (vel. 
Bd. IV, S. 129). Aehnlich können auch kleinere Modelle der Vacuum- 


Tanks aus emailliertem Stahlblech als Reinzuchtapparate eingerichtet « 


werden. 
Die besprochenen Apparate sind alle in erster Linie für die Zwecke 
der untergärigen Bierbrauereien konstruiert. Die Obergärung ver- 


er 


langt etwas modifizierte Apparate, da die obergärige Hefe abweichende 
Gärungserscheinungen hat. Diesen Rechnung tragend haben die HansEn- 
Künue'schen Apparate eeringfügig verändert: .JENSEN, JÖRGENSEN, 
Koxosısskı und Wırsox; man vergleiche darüber Haxsex (11). PonHu 
sund BAvEr haben ihren Sterilisier- und Gärzylinder auch für den Ge- 
brauch in Obergärungsbrauereien eingerichtet, indem sie den Deckel des 
Gefäßes konisch gestalteten, von dessen Spitze aus ein Rohr die hier 
durch den Trieb sich sammelnde Oberhefe in einen Kolben abführt. 


$ 25. Betrieb eines Reinzuchtapparates. 


10 Die Art der Arbeit mit einen Hefenreinzucht-Apparate ergibt sich 
mit Leichtigkeit aus seiner Beschreibung, wofern man mit dem Wesen 
irgend eines Reinzuchtapparates überhaupt vertraut ist. Es wird daher 
genügen, an dieser Stelle gleichsam als Beispiel die Vermehrung der 
Reinhefe an einem Apparate ausführlicher zu beschreiben, und wir 

ıs wählen hierzu den von Hansen und Künte, welcher wohl die meiste 
Verbreitung gefunden hat. Von dem Carlsberg-Kolben und ähnlichen 
Gefäßen kann hier ganz abgesehen werden, da diese ja genau so wie 
Pasteur-Kolben zu behandeln sind. 

Vorausgeschickt seien einige für alle Systeme allgemein gültige 

»Regeln. Vor Imbetriebsetzung sind die Apparate auf Dichtheit zu 
prüfen, was am besten mittelst Wasser- oder Luftdruck unter Zu- 
hilfenahme eines Manometers geschieht; doch darf ein höherer Druck 
als 1 at nicht angewendet werden ohne Schädigung des Apparates. Der 
Innenraum der Gefäße sowie die Verbindungsleitungen sind (dureh 

»Dämpfen) vollkommen steril zu machen und so abzukühlen, dab sie 
steril bleiben. Dabei mub sorgfältig die Bildung eines Vakuums ver- 
mieden werden, weil dadurch der Apparat Schaden leiden könnte — er 
wird eingedrückt — oder es würde doch durch die eingesaugte unfiltrierte 
Luft eine Infektion herbeigeführt werden. Es ist daher stets für einen 

soentsprechenden Ueberdruck in den Apparaten Sorge zu tragen, 
und es genügen 0,5 at, hergestellt mittelst filtrierter Luft. 

Der Betrieb einer jeden Hefenreinzucht-Anlage spielt 
sich in folgenden Abschnitten ab: 1. Sterilisieren der Apparate bei der 
ersten Inbetriebsetzung. 2. Sterilisieren, Lüften und Kühlen der Bier- 

3 würze, 3. Impfen mit der Reinzucht resp. Anstellen der neuen Gärung, 
4. Gärung im Apparate, 5. Hefenentnahme. Die Arbeiten unter Punkt 
2—5 wiederholen sich weiterhin, so dab der Apparat im „kontinuierlichen“ 
Betriebe steht, bis eine Infektion eine neue Impfung erforderlich macht. 

Das Sterilisieren der Apparate erfolet durch Dampf. Ist der 

Druck in der Betriebsleitung zu groß, so soll er auf 1 at reduziert 
werden. Man läßt den trockenen Dampf durch d’ in Fig. 5 auf S. 88 
eintreten und sterilisiert einen Zylinder nach dem anderen. Die Luftfilter 
und Thermometer wurden vorher entfernt, der Glas- oder Metallstöpsel 
bei © herausgezogen, alle Hähne sind geöffnet. Nachdem sich bei wenig 

s Dampf der Apparat erwärmt hat, gibt man vollen Druck und dämpft 


einen Hahn nach dem anderen aus, die weiteren durch 15, die engeren. 


durch 5—10 Minuten. Um Dampf zu sparen, kann man alle übrigen 
Hähne geschlossen halten und öffnet nur den zu sterilisierenden. Zuerst 
verschließt man (am Gärzylinder) das Impfröhrchen mit Quetschhahn 
sound dem in einer Flamme erhitzten Stöpsel, setzt das Luftfilter auf, 


5 


I 7 Da 


dessen untere Mündung man ebenfalls abgeflammt hat. und stellt hierauf 
sofort die Verbindung mit der Luftleitung her, um das Filter unter 
Druck zu setzen, damit nicht etwa Dampf durch das Hähnchen unter- 
halb des Filters eindringt, die Baumwolle durchnäßt und so das Filter 
unbrauchbar macht. Das Ausdämpfen ist so zu leiten, daß nirgends 
kalte, nicht-sterile Stellen bleiben können. Sobald alle Hähne durch- 
gedämpft sind, läßt man den Dampf nur durch s entweichen, drosselt ihn 
entsprechend und leitet beim Gärzylinder durch « nach und nach 
Luft mit einem Drucke von 0,5 at ein. Indem man den Lufthahn immer 
mehr öffnet, das Dampfventil aber schließt, verdrängt die Luft den 
Dampf, kühlt den Apparat und erzeugt den gegen Vakuum schützenden 
Druck. Hat sich der Apparat einigermaßen abgekühlt. so kann die 
weitere Kühlung durch Ueberspritzen mit Wasser, durch die Mantel- 
oder Schlangenkühlung beschleunigt werden. Der Sterilisator braucht 
nicht ganz abgekühlt zu werden, sondern kann sofort mit Bierwürze 
beschickt werden, wobei aber wieder auf die Entstehung eines Vakuums 
zu achten ist. Vor dem Einfüllen der Würze drückt man das Kondens- 
wasser aus dem Sterilisator und ebenso aus dem Gärzylinder heraus. 
Das Sterilisieren jedes Zylinders wird ungefähr 45—50 Minuten in An- 
spruch nehmen. 

Die Würze wird meist durch Anschluß an die Leitung vom Sud- 
hause oder Kühlschiffe in den Sterilisator eingeleitet. Man erkennt die 
richtige Füllung an dem Ausfließen der Würze beim Probehahn 5b. Bei 
mehreren Systemen mißbt man die Würze in den Sterilisator ein. 


Zum Sterilisieren der Bierwürze benutzt man ebenfallss 


Dampf: im kleinen Lıypser’schen Apparate und bei einer Abart des 
Pour’schen wird die Würze mittelst direkter Feuerung gekocht. Der 
Dampf wirkt entweder durch eine Heizschlange oder in einem ze- 
schlossenen Heizmantel, welcher auf eine höhere Spannung geprüft sein 


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muß; in beiden Fällen wendet man aber nur strömenden Dampf an. so 3 


dab kein Druck in dem Schlangenrohre oder Mantel herrscht. Bei Heiz- 
schlangen kommt es gewöhnlich vor, dab der unterste Teil der Würze, 
welcher unterhalb der letzten Windung und in dem Rohrstutzen des Ab- 
laßhahnes steht, nicht zum Kochen kommt. Deshalb muß man bei so 
eingerichteten Sterilisatoren, sobald die Würze kocht, immer die kalte 
Würze durch die untersten Hähne ablassen. Man kocht durch eine bis 
anderthalb Stunden, je nach Jahreszeit und Würzetemperatur. Auf 
das Sterilisieren wird man nicht verzichten dürfen, auch wenn die 
Würze heiß in den Sterilisator gelangt, da nur bei sehr kurzer Leitung 
und Entnahme der siedend heißen Würze vom Hoptenkessel auf Sterilität 
gerechnet werden könnte. Der beim Kochen aus der Würze sich ent- 
wickelnde Dampf sterilisiert beim Entweichen die Hähne oberhalb des 
Würzespiegels, so 5 und insbesondere s. 

Die kochend heibe Würze wird nach Absperrung des Dampfes ze- 
lüftet, wozu 15 Minuten hinreichen. Man beachte hierbei sehr die 
Schaumbildung und verhindere durch rechtzeitiges Abbrechen der Lüftung, 
dab der Schaum bei s austritt. Sollte dies doch geschehen, so muß nach 
beendeter Sterilisierung das Schwanenhals-Rohr abgenommen und noch- 
mals ausgedämpft werden. 


Dann beginnt man mit dem Kühlen dureh Spritzkranz, Mantel oder; 


Schlange, wobei man unausgesetzt darauf achtet, daß ein Druck von 
ca. 0,2 at im Apparate herrscht. Dies erkennt man an dem Wasser- 
abschluß des Schwanenhals-Rohres, welchem ein mäßiger aber ununter- 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. \ ‘ 


wo 


35 


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brochener Strom von Luftblasen entweichen muß: dementsprechend 
reguliert man den Lufteintritt. Sehr gut ist es, auf jedem Zylinder ein 
Manometer oder noch besser ein. Vakuomanometer anzubringen. Sobald 
die Würze auf die Anstelltemperatur herabgekühlt ist, läßt man sie 
;sdurch die vorher ausgedämpfte Verbindung sleitung in den inzwischen 
erkalteten Gärzylinder ab oder drückt sie “mit Luft hinüber. Vor der 
Impfung darf naturgemäß nur so viel Würze in den Gärzylinder gebracht 
werden, als mit der Laboratoriumszucht in Gärung versetzt werden 
kann; jedenfalls aber nicht mehr, als daß die Würze bis © reicht. 

10 Die zum Impfen des Gärzylinders bestimmte Reinhefe wird 
entweder nach den ausführlichen Angaben Hansen’s (11) oder nach WıcH- 
MANN (2) in einem größeren, 1—2 1] fassenden Pasteur-Kolben vorbereitet 
und durch © unter den für diese Arbeit vorgeschriebenen Verhaltungs- 
maßregeln eingeimpft. Mittelst des Rührwerkes mischt man die Rein- 

1» zucht unter die Würze und bringt dann einen etwaigen Würzerest noch 
herüber. Die Anstelltemperatur kann zwischen 16—25" C gewählt werden. 

Die Gärung im Apparate führt man die erste Zeit nach 
der Impfung etwas wärmer als gewöhnlich und lüftet dabei, um die 
Hefenvermehrung zu fördern, jedoch ohne Uebermaß (vel. Bd. IV, S. 124). 

»Man kann täglich kurze Zeit kräftig lüften („aufziehen“, wie der 
Brauer sagt), oder man leitet einen ganz schwachen Luftstrom die ersten 
Tage längere Zeit durch die Würze; was in einem bestimmten Falle 
besser ist, ergeben vergleichende Versuche, jedenfalls aber muß man sich 
vor einem Zuviel hüten. H. Wırn (7) hat darauf aufmerksam gemacht, 

»dab durch sehr starkes Lüften im Gärzylinder wohl eine größere Hefen- 
ernte als durch mäßiges Lüften erzielt wird, daß aber die so gewonnene 
Apparathefe wegen ihrer geringeren Gärkraft bei den ersten Gärungen 
in der Brauerei nicht befriedigt. Brersch und SCHWEITZER (1) empfehlen 
deshalb, die Lüftung im Gärzylinder einzustellen, sobald Gärung ein- 

su getreten ist, und weiterhin die Luft bloß über die Flüssigkeit streichen 
zu lassen. Was die Gärtemperatur anbelangt, so ist leicht einzu- 
sehen, daß diese soviel als möglich an die im Betriebe gebräuchliche 
Gärtemperatur angepaßt werden soll, ohne daß darunter die Hefen- 
vermehrung leidet, oder die Gärdauer zu lange wird. Haxsen führt die 

;Gärunge im Apparate die ersten 5 Tage unter mäßiger Lüftung, läbt 
dann weitere 5 Tage die Hefe absetzen bei kühler Temperatur und 
verwendet die Bodensatzhefe für den Betrieb. 

Die Entnahme der Reinhefe geschieht folgendermaßen. Nach- 
dem ein kleiner Ueberdruck im Gärzylinder hergestellt wurde, wird das 

4 Bier (vergorene Würze) unter Beachtung der Marken am Standrohre bis 
auf 50 I bei A abgelassen. Mit diesem Rest wird die Hefe kräftig auf- 
gerührt und w erden 25 1 Hefe mit Bier in ein sauberes Gefäß durch A 
entnommen. Mit der schon vorher im Sterilisator vorbereiteten Würze 
füllt man wieder bis zur 50 l-Marke auf, mischt kräftig auf und läßt 

s weitere 25 1 Hefe mit Würze ab, welche 50 1 man in den Gärkeller 
bringt. Im Gärzylinder verbleiben noch 25 1 Würze mit Hefe (un- 
gefähr ein Viertel der in der vorhergehenden Gärung gebildeten Hefe) 
als Ansatz für die nächste Gärung im Apparate, welche sofort eingeleitet 
wird, indem man den Gärzylinder bis zur obersten Marke auffüllt, gründ- 

solich durchmischt und Jüftet. Man kann so nach Hansen alle 10 Tage 
einen frischen Satz Reinhefe in den Betrieb einführen. 

Der Zylinder des kleinen Apparates von Linpxer wird mit 
56 1 Würze gefüllt und diese durch direktes Feuer zum Kochen ge- 


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bracht, wobei der Stutzen a sich oben befindet, dann rollt man ihn in 
die Stellung der Fig. 7 auf S. 92 und kocht weiter, bis alle Schläuche 
steril sind. Die Lüftung erfolgt, indem durch f Luft beim Abkühlen 
eingesaugt wird. Die Impfung erfolgt, sobald sich die Würze von selbst 
abgekühlt hat, aus A, in welchem 5—6 1 Würze vergären und so Boden- 
satzhefe zum Anstellen jedes nächsten Ganges liefern. Der Betrieb des 
großen Lixpvxser’schen Apparates schließt sich im allgemeinen an 
den des Haxsen’schen an; das Bier wird bei z, die Hefe durch ih ent- 
nommen; A ist während der Gärung leer und nimmt nur kurz vor der 
Entleerung von SG die zum Ansatze notwendige Hefe oder Kräusen auf. 

Bei JÖRGENSEN-BERGH findet das Sterilisieren der Würze in S@ der 
Fig. 9 auf S. 94 statt, das Impfen und die erste Gärung in A. Sobald 
hier die Würze in Gärung ist, läßt man sie durch k zu der frisch steri- 
lisierten Würze in SG ab, mischt und drückt wieder einen Teil durch h 
nach A hinauf. Die jetzt in S@ gebildete Hefe wird in den Gärkeller 
gebracht, die Hefe in A dagegen dient zum Ansetzen der neuen Gärung 
in SG. Während also in dem unteren Zylinder die Würze sterilisiert 
wird, befindet sich gleichzeitig im oberen schon der Satz für die nächste 
Gärung. 


Bei der Wıchmann’schen Anlage liefern beide Apparate Hefe im: 


Kräusen-Stadium für den Betrieb, und nur ein kleiner, in der koni- 
schen Spitze von A der Fig. 10 auf S. 95 zurückbleibender Rest wird 
für den Ansatz der nächsten Gärung benutzt. S@ wird jedesmal ganz 
entleert, gewaschen und mit 251 Würze gefüllt, welche nach dem Steri- 


lisieren, Lüften und Kühlen in den Zylinder A hinübergedrückt und mit: 


dem Hefensatze vermischt wird. Dann werden neuerlich 25 1 in S@ 
sterilisiert, hier mit der angesetzten Würze aus A vermischt und davon 
wieder 25 ] nach A zurückgebracht. Hierbei tritt das Lüftungsrohr o 
bei A in Tätigkeit. Während langsam die Würze von unten in A 


emporsteigt, läbt man durch o ruckweise Luft eintreten. Sobald man: 


jenes eigenartige Glucksen hört, welches die durch Flüssigkeiten 

strömende Luft hervorbringt, schließt man A, denn dann hat die Würze 

die untere Mündung von o erreicht. und A enthält 25 1. 
Ausführlichere Angaben über den Betrieb der wichtigsten Systeme 


der Hefenreinzucht-Apparate finden sich in den Schriften von Hassen (11), 


Lisoxer (1) und Wichmann (2) und a. a. O. 


$ 26. Die verschiedenen Arten der Aufbewahrung der Hefe für 
technische Zwecke. Historisches. 


Solange die Gärungsbetriebe sich in vollem Gange befinden, bietet 
die Konservierung der Hefe keine besonderen Schwierigkeiten. In der 
Regel steht nur eine Aufbewahrung von einem Tag zum anderen oder 
höchstens für mehrere Tage in Frage, und hierfür genügt in der Haupt- 
sache eine niedere Temperatur, 

In der Brennerei und in den Preßhefenfabriken wird die 
sogen. Mutterhefe, d. h. die dem Hefengärgefäß zur Fortpflanzung und 
zur Aussaat für die nächste Hefenerzeugung entnommene Hefe (s. d. 11 Kap. ), 
in Gefäßen aus Metall in kaltes Wasser gestellt, um die lebhafte Gärung 
zu unterbrechen. 

Im Brauereibetrieb wird die nach der Hauptgärung im Gär- 
bottich in drei verschiedenen Schichten abgesetzte Hefe zunächst in der 


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Weise sortiert, dab nur die mittlere, feste Schichte, die sogen. Kern- 
hefe (s. Bd. IV, S. 121), als Samenhefe verwendet wird. Durch sorg- 
fältiges Waschen in der Hefenwanne und Schlämmen in besonderen 
Bottichen oder anderen zu diesem Zweck konstruierten Apparaten mit 
smöglichst kaltem, hartem und reinem Wasser wird sie von den in 
ihr enthaltenen Bierresten und von den während der Gärung ent- 
standenen Ausscheidungen meist eiweibartiger Natur befreit. Gleich- 
zeitig werden aber auch leichte, nicht völlig ausgereifte und abgestorbene 
Hefenzellen samt dem erößbten Teil etwa vorhandener Bakterien ent- 
ıfernt. Die weitere Behandlung dieser gewaschenen und sortierten Hefe 
ist nun eine verschiedene, je nachdem sie innassem oder introckenem 
Zustande bis zur weiteren Verwendung, welche entweder schon am 
nächsten Tag oder wenigstens innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes 
erfolgt, aufbewahrt wird. In ersterem Falle bleibt die Hefe in den 
ısHefenwannen unter reinem Wasser, in welches ein flacher Eis- 
schwimmer eingesetzt ist, an einem kühlen Ort (gewöhnlich im Gär- 
keller, wenn nicht ein besonderer, von diesem abgegrenzter Raum als 
Hefenkammer benützt wird) stehen. Sehr wichtige für die Aufbewahrung 
von Brauereihefe erscheint, dab sie gegen Infektion mit bierschädlichen 

»» Organismen durch und während des Waschens und Schlämmens geschützt 
ist, sowie dab sie aus den Hefenwannen selbst keine bierschädlichen 
Organismen aufnehmen kann. 

Bei der Aufbewahrung in trockenem Zustande wird die gewaschene 
und geschlämmte Hefe, in Säcke gefüllt. durch Pressen von dem Wasser 

» befreit. Eine möglichst niedrige Temperatur hält die Entwicklung von 
schädlichen Keimen zurück und schützt die Hefe gegen weitere Schwächung 
der Gärkraft durch Selbsterwärmung und gegen Verderben. 

Der Verbrauch von Preßhefe für Backzwecke wechselt sowohl 

in den einzelnen (regenden als auch in den verschiedenen Jahreszeiten; 
zo besonders zur Zeit der hohen Festtage ist der Bedarf ein gesteigerter. 
Die Preßhefenfabriken sind, da sich der Bedarf und der Versand auf 
einen sehr kurzen Zeitraum zusammendrängen, nicht in der Lage, die 
ganze Menge in dieser kurzen Zeit herzustellen, und es muß deshalb auf 
Vorrat gearbeitet werden. Beim Versand wird die aufbewahrte Hefe 

3 mit frischer vermischt und umgepreßt. Die Aufbewahrung geschieht 
an einem trockenen und kühlem Orte in der Weise, daß die Hefe während 
des Lagerns austrocknet. Hierbei wird nach Durst (1) auf zweierlei 
Art verfahren: entweder stampft man die Hefe in große flache Gefäße, 
welche 8 bis 10 Zentner fassen, stellt letztere, oben offen, übereinander, 

‚oder man stopft die Hefe in Beutel und legt sie auf Lattengerüste. Ein 
Zusatz von konservierenden Mitteln (Weinsäure, Salieylsäure), wie er 
vielfach empfohlen wird, ist bei einer guten Hefe unnötig, denn diese 
hält sich schon an und für sich; eine schlechte Hefe wird aber auch 
dadurch nicht vor dem Verderben geschützt. 

45 Schwieriger gestaltet sich die Konservierung der Samenhefe, wenn 
längere Pausen im Betrieb eintreten. Bei der Preßhefenfabrikation 
mit ihrem kontinuierlichen Betrieb wird dies nur in Notfällen vor- 
kommen, und es bietet die Beschaffung frischer Samenhefe kaum irgend- 
welche Schwierigkeiten. Die Brennereien können sich durch Preßhefe 

so oder obergärige Bierhefe ein neues Saatgut beschaffen, dessen Bezug in 
gutem Zustande allerdings manchmal nicht leicht ist und eine gute Kon- 
servierung voraussetzt, besonders wenn die Saathefe aus entfernteren 
Orten herbeigeführt werden muß. In früherer Zeit schritt man im äubersten 


— 111 — 


Notfall, wenn der Bezug von Hefe nicht möglich war, zur Bereitung 
einer sogen. Naturhefe. M. Drrsrück (3) berichtet aus eigener An- 
schauung, daß noch im Jahre 1894, also zu einer Zeit, wo in deutschen 
PBrennereien schon Bemühungen im Gange waren, Reinhefe zu verwenden, 
in den Vereinigten Staaten von Nordamerika selbst in Großbetrieben 
„allerersten Ranges“ der Brenner, wenn er schlechte Gärungserfolge 
seiner Hefe zuschrieb, sich selbst eine neue Hefe machte, indem er eine 
passend bereitete Maische der Infektion durch die Luft aussetzte und 
diese „wilde Hefe“ weiter züchtete. Wie in der Brauerei so ging Jedoch 
auch in der Brennerei das Bestreben dahin, eine Mutterhefe. welche in 
der abgelaufenen Kampagne bestimmte gute Eigenschäften gezeigt hatte, 
auch für die kommende zu erhalten. In früheren Jahren bildete die 
Konservierung der Hefe in den Gärungsbetrieben selbst im Inlande unter 
den damals herrschenden V erhältnissen eine Lebensfrage. Das gewöhnliche 
Verfahren in der Brennerei besteht darin, daß man die Hefe in ein ver- 
schließbares Metallgefäß füllt und auf eine sehr niedere Temperatur bringt, 
indem man sie in den Vorraum eines Eiskellers stellt oder in der ein- 
fachsten Weise in das Wasser eines sehr kühlen Brunnens einhängt. Auch 
direkt im Eiskeller kann die Hefe übersommert werden. Vom historischen 


Standpunkt aus sei erwälnt, dab man in der Spiritusfabrik in Albore ins 


Dänemark die Hefe in einer eisernen Bombe von birnenförmiger Gestalt 
aufbewahrte, welche an dem verjüngten Ende mit einem starken Hahn 
verschlossen war. Bei Verwendung der Hefe wurde ein Rohr, welches 
sich an dem Hahn befand, in das “Hefengefäß geleitet und unter lang- 
samem Oeffnen des Hahnes die stark aufschäumende Masse ausgespritzt. 
Diese Art der Aufbewahrung scheint in dem patentierten Verfahren von 
SCHÜTZENBERGER und Lron Maurice (1) wieder aufgelebt zu sein, nach 
welchem die gut gewaschene Hefe mit sterilem Wasser in eine Art von 
Syphon eingefüllt und unter Druck, welcher in Verbindung mit gleich- 
zeitig eingeführten Glas- oder Porzellankugeln eine gleichmäßige Ent- 
leerung nach Bedürfnis ermöglicht, gehalten wird. 

Sehr zahlreich sind die Vorschläge zur Aufbewahrung der Hefe 
unter Zusatz von Konservierungsmitteln. Hierbei spielt Zucker allein 
oder gleichzeitig mit anderen Zusätzen, wie Malzmehl oder getrocknete 


Stärke, eine Rolle. Durch Ueberstreuen der Hefte in halbfeuchtem Zu- x 


stande mit Zucker schmilzt derselbe und wirkt so konservierend. Auch 
Alaun, schweflige Säure, untersalpetrigsaures Wismut, Chinolin, Gerb- 
säure, Chloralhydrat und Salieylsäure wurden ausprobiert. Davon haben 
sich jedoch nur die drei letzteren, und zwar die Gerbsäure in der Menge 
von 0,5 g, das Chloralhydrat von 0,1 & und die Salieylsäure von 0.2 & 
auf 100 & gepreßter Hefe, für die Konservierung förderlich erwiesen, 
ohne der Gärkraft zu schaden. Hassan und Henxer (1) waschen die 
Hefe zunächst 24 Stunden in dem dreifachen Volumen möglichst kalten 
Wassers. Hierauf wird ein halb so großes (Juantum Wasser und dann 
soviel Kalkmilch oder Sodalösung zugesetzt, bis die Flüssiekeit nur noch 
schwach sauer reagiert. Nach Zusatz von 42 g Salieylsäure oder salieyl- 
Sauren Natrons auf 50 ke Hefe läbt man entweder die Hete bis zum 
Gebrauch stehen oder setzt nach dem Abziehen des Wassers gleiche 
Mengen Malzmehl und Zucker im Verhältnis von 5 ke auf 100 kr Hefe 


hinzu und mischt jene gründlich mit der Hefe. Um die Gärfähigkeit der so 


Hefe zu erhöhen, wird außerdem der Zusatz eines löslichen Phosphates 
im Verhältnis von 225 & auf 100 kg Hefe empfohlen. Durch solche Zu- 
Sätze vermag allerdings die Hefe bis zu einem gewissen (Grad konserviert 


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zu werden; sie haben jedoch auch ihre sehr bedenkliche Seite, da sie 
auf die Hete in der Weise einwirken können, daß deren Zusammen- 
setzung sich wesentlich zu ungunsten ihrer Eigenschaften ändern kann. 
Gewöhnliche Betriebshefen bestehen aus einem Gemisch von Kultur- 
5hefenarten, Kahm- und anderen Pilzen sowie Bakterien, sei es nun, daß 
letztere, wie in der Brennerei und Preßhefenfabrikation, einen normalen, 
zum Teil notwendigen oder wie bei der Brauereihefe einen unerwünschten 
Bestandteil bilden. Flubsäure bzw. Fluorsalze begünstigen nach den 
Untersuchungen von ALFRED .JÖRGENSEN und JUST. CHR. Horm (1) gerade 

weine Reihe von Krankheitskeimen, so daß sie überhandnehmen und die 
gute Kulturhefe unterdrücken. Aehnliches gilt zufolge E. Cnr. Hansen (5) 
für Weinsäure, wie auch für Karbolsäure und Salieylsäure (s. $ 30 
au. Kap.d. IV. Bds.): 

Die beste Aufbewahrungsmethode ist ebenso wie für die 

ıs Brauereihefe auch für die Brennereihefe das Austrocknen. Es wird 
sogar, wie E. Kayser (5) berichtet, von manchen Winzern benutzt, um 
gute Weinhefe von einem Jahre zum anderen zu erhalten. 

Im übrigen stehen bei uns heutzutage der Brennerei ebenso wie der 
Brauerei, welche jener in dieser Hinsicht in raschem Lauf voran- 

20 geeilt ist, reingezüchtete Hefen von bestimmtem Charakter zu Beginn 
der Kampagne in ausreichender Menge zur Verfügung und sind selbst 
für die Säuerung der Maische Milchsäurebakterien in Reinkultur er- 
hältlich. Die Brauerei, deren Arbeitsweise zwar schon in früheren 
Jahren eine hochentwickelte war, sich jedoch noch in dem handwerks- 

»ssmäßigen Stadium befand, war teils durch gesetzliche Schranken, teils 
durch äußere Verhältnisse gezwungen, den Betrieb während der Sommer- 
monate einzustellen. Die Erhaltung des „Satzes“, der Samenhefe, war 
damals eine Hauptsorge des Braumeisters, und es stammen aus jener 
Zeit, in welcher oft jahrelang in dem gleichen Betrieb die gleiche Hefe 

30 benützt wurde, mehr oder weniger erprobte Rezepte zur Aufbewahrung 
derselben. Aus historischem Interesse seien einige Verfahren, die uns 
teilweise heute gar sonderbar anmuten, angeführt. Schon im Jahre 1771 
war, wie Paurik (1) mitteilt, ein Verfahren bekannt, die Hefe in 
trockenem Zustande aufzubewahren, wobei die mit Asche vermengte 

3; Hefe mit Hilfe eines Tuches so viel als möglich von der Flüssigkeit be- 
freit wurde. In den zu Anfang des foleenden Jahrhunderts erschienenen 
Werken über Bierbereitung, so z. B. bei Baurına (1), sind ausführliche 
Rezepte für die Konservierung von Bierhefe sowohl mit Hilfe von Zucker 
als auch unter Anwendung von pulverisierter Holz- oder Knochenkohle 

a angegeben. 

Batuıs6 (2) empfiehlt auch, die gewaschene und geprebte Bierhefe 
direkt an der Luft zu trocknen. .‚JEvErRsox und Bornpr schlugen, wie 
L. von WAGneEr berichtet (1), vor, das Austrocknen in einem Vakuum- 
apparat vorzunehmen und das verdunstete Wasser durch wasserentziehende 

45 Stoffe, wie Chlorcaleium, zu binden. Schließlich wird die Hefe noch einem 
Strom von ‚gewöhnlicher oder vorher ausgetrockneter Luft oder von 
Kohlensäure ausgesetzt. Nach den Angaben von P. Lixpxer (1, S. 369) 
bestreichen norwegische Brennereien lange Leinwandstreifen mit Hefe, 
lassen sie austrocknen und bewahren sie zusammengerollt auf. Die dem 

so Brauer schon seit sehr langer Zeit bekannte konservierende Wirkung 
des Hopfens fand bei einem anderen Verfahren zur Aufbewahrung 
von Hefe in getrocknetem Zustande Anwendung. Frische, nicht gepreßte 
Hefe wurde mit soviel Hopfen vermischt, bis feste Ballen daraus ge- 


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— 13 — 


formt werden konnten. Diese wurden an der Luft so lange getrocknet, 
bis die Hopfendolden wieder vollständig voneinander getrennt waren. 
Der Hopfen mit den an ihm haftenden Hefenzellen wurde in ein feines 
Netz gebracht und an einem trockenen, luftigen Ort aufbewahrt. Auch 
die Konservierung durch Trocknen bei höherer Temperatur war früher 
schon üblich. Die Hefe wurde durch Pressen möglichst entwässert, 
langsam bei 31—56° U getrocknet, pulverisiert und mit gut gedarrtem 
Hopfen in Blechbüchsen gepreßt. Die luftdicht verschlossenen Büchsen 
wurden im Eiskeller aufbewahrt. 

Mit dem Bekanntwerden von antiseptischen Mitteln suchte man die 
Zersetzung der Hefe durch Zusatz von solchen, wie Salicylsäure, zu ver- 
zögern. Meist wurde die Hefe mit oder ohne Zusatz von feinem Hopfen 
stark abgepreßt und, in Blech- oder Holzgefäßen, wie Kisten oder Fässern, 
verpackt, aufs Eis gelegt. Diese Art der Konservierung wird auch 
heute noch zuweilen geübt. In manchen Brauereien ließ man sogar die 
in Beuteln befindliche gepreßte Hefe steinhart gefrieren, um sie erst 
dann zu verpacken und auf Eis zu legen. Nach den Versuchen von 
Augry konservierte sich gepreßte Hefe, die in dem Gefrierkasten einer 
Eismaschine während 6 Stunden einer Temperatur von — 9 bis — 16" Ü 


ausgesetzt war, so dab sie fest gefror, in einem Eiskeller aufbewahrt. : 


sehr gut. Nach Mitteilungen vou Hans vox Der Pranıtz (1), der die 
Hefe bis auf — 10 bis — 15° C durchfrieren ließ und in gefrorenem 
Zustand aufbewahrte, hat sich dieses Verfahren in der Praxis sehr gut 
bewährt. Auch ein Praktiker in Rußland berichtet, dab er eine Hefe, 


welche 18 Tage bei 40° Kälte auf der Reise war, noch mit sehr gutem » 


Erfolg verwendete. In gleicher Weise hat P. Lixpxer (5) gute Er- 
fahrungen mit gefrorener Hefe in der Praxis gemacht. Die Widerstands- 
fähigkeit gegen diese verhältnismäßig noch nicht sehr niedrigen Tempe- 
raturen erscheint nicht auffällig. Ertrugen doch in durch Mersens (1) 


angestellten Versuchen Proben seiner Hefen — 91° C ohne merklichen: 


Schaden. Zu ähnlichen Ergebnissen ist später E. SCHUMACHER (1) ge- 
langt, welcher bei ca. — 113° C gearbeitet hat. Pıcrer und Yune (1) 
berichten jedoch, dab ihre Hefen, nachdem sie 20 Stunden bei — 130° U 
belassen worden waren, sich als unfähig erwiesen, Brotteig zu treiben 
also Gärung zu erregen. Dagegen kann Hefe nach den Angaben von 
A. Dormens (1) selbst noch niedrigere Temperaturgrade, wie sie z. B. 
verflüssigte Luft darbietet (ca. — 190° O), kurze Zeit ohne Schädigung 
ertragen. Das Auftauen der gefrorenen Hefe muß langsam und bei 
niederer Temperatur geschehen. 
Nach einem anderen Verfahren ließ man die Hefe mit einigen 
Hektolitern konzentrierter Würze (16—18 Proz. Buue.) die Haupteärung 
durchmachen und brachte sie dann, auf ein Faß gefüllt, in einen 
möglichst kalten Lagerkeller. Auch in unvergorene, bis nahe auf den 
Nullpunkt abgekühlte Würze brachte man die dem Gärbottich ent- 
nommenene Hefe und stellte sie in einem flachen Gefäß im Eiskeller 
auf, Sogar direkt mit geringen Mengen fertigen Bieres wurde die Hefe 
auf Fässer gefüllt, welche, gut verschlossen, bei + 1,2% U gelagert 
wurden. Zur Verhütung der Bakterienentwicklung wurde später der 
Zusatz einer Säure empfohlen. Man füllte die mit etwas frischem 


Hopfen vermischte Hefe auch in einen leinenen Schlauch und hängtes 


diesen in sogen. Scheps oder Nachbier und zwar Laagerbierscheps (mit 
ca. 7 Proz. Stammwürze), Auch in ein volles Lagerfaß hängte man den 
zugebundenen Schlauch. An Stelle der Würze trat eine 60-proz. Zucker- 


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lösung, in welcher die Hefe in der Kälte aufbewahrt wurde. Nach 
einem anderen Vorschlag sollte die gepreßte Hefe mit eingedicktem 
Malzextrakt auf Eis aufbewahrt werden. 

Nach dem Uebergang der Brauerei zur Großindustrie mit ihrem 
skontinuierlichen Betriebe und seit Einführung der Hefenreinzucht in 
derselben spielt die Hefenfrage, wenigstens nach dieser Richtung hin 
und in unseren Gebieten, kaum mehr eine Rolle. Die kleineren Be- 
triebe, welche durch natürliche Verhältnisse gezwungen blieben, wie 
früher ihre Haupttätigkeit auf die Wintermonate zu verlegen, kommen, 
ıo wenn sie wieder mit dem Brauen beginnen, kaum mehr wegen einer 
Satzhefe in Verlegenheit, da heute solche von bester Qualität im Ueberfluß 
jederzeit angeboten wird. Der Versand von Bierhefe, der in einzelnen 
berühmten Braustätten schon in früheren Jahren einen kaum geahnten 
Umfang besaß, hat eher zu- als abgenommen. Regelmäßige Sendungen 
ıs gehen, zum Teil in gepreßtem Zustande, einfach in Eis verpackt, in die 
größeren Betriebe aller Länder des europäischen Kontinents. Einer 
weitergehenden Konservierung bedarf die Hefe nicht, da diese Betriebs- 
stätten meist an den großen Verkehrswegen liegen und teils zu Land, 
teils zu Wasser in kurzer Zeit erreicht werden können. 

20 Große Bedeutung erlangt die Konservierung der Hefe für den 
eigenen Betrieb auch heute noch in den Ländern der tropischen Gebiete, 
welche während der heißen Jahreszeit nicht zu brauen vermögen und 
bei welchen die Erhaltung der Samenhefe grobe Schwierigkeiten bietet. 

Auch die Konservierung der Hefe für den überseeischen Transport 
spielt heutzutage nicht mehr die Rolle, wie noch in der Mitte des ver- 
gangenen Jahrhunderts. Die Hefenreinzucht bezeichnet auch nach dieser 
Richtung hin einen Wendepunkt. Die ausländischen Gärungsbetriebe, 
in erster Linie die Brauereien, hatten sofort den ungemein großen Wert 
der Reinzucht erkannt, und es wurden sehr frühzeitig Hefenreinzucht- 
so Apparate in einzelnen Betrieben des Auslandes aufgestellt. Damit wurde 
aber der öfter auftretenden Hefennot wenigstens bis zu einem gewissen 
Grade Abhilfe gebracht. War schon der immer wieder notwendig 
werdende neue Bezug von Hefe hinsichtlich des Transportes mit manchen 
Schwierigkeiten verknüpft, so mußten die gewöhnlichen Betriebshefen, 
5 welche, wie wir jetzt wissen, wohl meist aus einer Mischung ver- 
schiedener Kulturhefenarten bestanden, mit allen ihren Verunreinigungen 
an fremden, oft schädlichen Organismen hingenommen werden. Aller- 
dings waren früher, abeesehen davon, dab überhaupt andere Hefe nicht 
zur Verfügung stand und höhere Anforderungen an sie noch nicht ge- 

sostellt wurden, selbst solche einfache Betriebsheten in hohem Grade da 
erwünscht, wo durch notgedrungen lange fortgesetzte Benützung einer 
einmal eingeführten Betriebshefe sich deren Zusammensetzung geändert 
und sie damit auch ihre guten Eigenschaften verloren hatte. Die Kultur- 
hefe verschwand mehr und mehr, und wilde Hefe, Kahm usw. gewannen 

die Herrschaft, so dab manche im Ausland beispielsweise im Brauerei- 
betrieb benützte Hefen wesentlich aus wilden Hefenarten bestanden. 
Kein Wunder, wenn das Produkt, welches ja ohnedies bei der oft noch 
recht primitiven und mangelhaften Einrichtung selbst verhältnismäßig 
grober Betriebe allzuweit gehenden Anforderungen nicht genügen Konnte, 

sonoch weiter verlor, die Herstellung von klarem Bier überhaupt fast zur 
Unmöglichkeit wurde. 

Für den überseeischen Transport wurden diese Betriebshefen auf 
das sorgfältigste vorbereitet und verpackt. Praktische Erfahrung hatte 


— 15 — 


die mannigfachen Schwierigkeiten, welche der Versendung einer so leicht 
verderbenden Substanz auf große Entfernungen unter wechselnden Tempe- 
raturen entgegenstanden, schon zu einer Zeit zu überwinden gewußt, als 
die Hilfsmittel des modernen überseeischen Verkehrs, welche die Ent- 
fernungen abkürzten und durch vorhandene Kühlkammern unterwegs 5 
die Einhaltung für die Konservierung günstiger Bedingungen ermöglichte, 
noch nicht geboten waren. Letztere haben schon wiederholt den Ver- 
such nahe gelegt, für den Versand selbst auf weite Strecken Hefe nur 
durch Verpacken der stark gepreßten und abgekühlten Masse mit 
schlechten Wärmeleitern wie Holzasche und Sägespähnen mit Erfolg zu ıo 
konservieren. Auf verhältnismäßig kürzeren Strecken können selbst 
diese, allerdings nur unter ÖOpferung eines größeren Teiles der Hefe, 
weggelassen werden. 

Die Einrichtung mit allen technischen Neuerungen ausgestatteter 
Braustätten im Auslande, die sich sogar in einzelnen Fällen auf Be-ı 
triebslaboratorien mit entsprechend vorgebildeten technischen Beamten 
erstreckt, hat weiter dazu beigetragen, wenigstens für gewisse Gegenden, 
den Bezug größerer Mengen von Betriebshefe etwas zurückzudrängen, 
da von diesen Stellen aus der lokale Bedarf teilweise befriedigt werden 
kann. In Hinsicht auf Konkurrenzunternehmungen herrscht im Ausland = 
vielfach bezüglich der Abgabe von Hefe eine gewisse Zurückhaltung. 

Das Bedürfnis nach Einführung von neuer Hefe, insbesondere solcher 
von bestimmter Abkunft und berühmten Braustätten, bleibt also auch 
noch in diesem Falle bestehen, jedoch kommen dabei in der Regel nicht 
mehr so umfangreiche Sendungen wie früher in Betracht. Die Ueber- 
mittlung von Reinkulturen nach den Angaben von EnınL CHR. Hansen 
in kleinen, auf steriler Watte eingetrockneten Proben (s. Bd. IV, S. 114), 
oder die Herstellung solcher aus kleinen Proben von Betriebshefe durch 
sachkundige Hand an Ort und Stelle ist gegenüber den mannigfachen 
Schwierigkeiten, welche mit der Versendung großer Mengen von frischer 3 
und selbst von getrockneter Hefe verbunden sind, von sehr einfacher 
Art. Sogar verhältnismäßig große Mengen von Reinhefe kommen in 
flüssigem Zustand in besonders konstruierten Gefäßen zur Beimpfung 
von Reinzuchtapparaten auf sehr weite Strecken zum Versand. 

Die ausländischen Gärungsbetriebe im engeren Sinne sind es aber ss 
nicht allein, welche ein Bedürfnis nach Hefe haben, sondern das all- 
tägliche Leben verlangt für Backzwecke nach Hefe in haltbarer 
und praktischer Form. Die Gärungsbetriebe bedürfen verhältnismäßig 
grober Mengen von Hefe, welche mit einem Male zur Verwendung 
kommen, der tägliche Konsum jedoch in jedem einzelnen Falle nur« 
verhältnismäßig geringer Mengen. Während bei den Betriebshefen die 
Form der Konservierung kaum von Bedeutung ist, wenn sie nur geeignet 
erscheint, eine möglichst große Anzahl von Hefenzellen am lieben zu 
erhalten, kommt es bei der zu Backzwecken konservierten Hete auch 
noch darauf an, dab sie in eine handliche Form gebracht wird, die es 
gestattet, bestimmte kleine Mengen ohne weiteres in Anwendung zu 
bringen. Für Backzwecke kommen Getreidepreßhefe, obergärige Bier- 
hefe oder entbitterte untergärige Bierhefe in Betracht. Zwar ist bei 
der zu Backzwecken bestimmten Hefe eine geringe Verunreinigung dureh 
‚fremde Organismen nicht vorteilhaft, jedoch ist sie nicht gefährlich, das 
die nachfoleenden Generationen in der Regel keine Verwendung finden. 
Dagegen dienen bei Betriebshefen gerade die neuen Generationen zur 
Betriebsführung; die Reinheit der Heften, die Abwesenheit von fremden 


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Organismen, welche die schwersten Störungen der mannigfachsten Art 
hervorzurufen vermögen, sichert den längeren erfolgreichen Gebrauch 
Bei den Betriebshefen hat eine durch die Konservierung bedingte ge- 
ringe Schwächung der Hefenzellen nicht die Bedeutung wie bei der zu 
5Backzwecken bestimmten Hefe, welche innerhalb einiger Stunden mög- 
lichst rasch wirken soll. Betriebshefe kann durch eine geeignete Be- 
handlung wieder gekräftigt und zur vollen Leistungsfähigkeit gebracht 
werden. 


27. Die Lebensdauer von Hefe in feuchtem und in trockenem 
10 Zustande und die Faktoren, welche auf jene einwirken. 


Der Zweck der Konservierung ist der, die Hefe für eine Auf- 
bewahrung während längerer Zeit widerstandsfähig und für den Transport 
geeignet zu machen. Die geringe Widerstandsfähigkeit wird dadurch 
bedingt, daß sie aus lebenden Organismen mit einem sehr hohen Wasser- 

ıs gehalt (70—75 Proz.) besteht, deren Körper in der Hauptsache aus sehr 
leicht zersetzbaren Substanzen besteht. Selbstgärung und gesteigerte 
Atmung bei direkter Berührung mit der Luft und bei höherer Tempe- 
ratur unter Aufizehrung nicht nur der angehäuften Reservestoffe sondern 
schließlich der eigenen Körpersubstanz (Autolyse), sowie die dabei er- 

»zeugten Stoffwechselprodukte sind weitere gewichtige Momente, welche 
für die Konservierung von Hefe in Betracht kommen. Glycogenhaltige 
Zellen der Brennereihefen Rasse II und Rasse XII lebten nach den 
Beobachtungen von HENNEBERG (3) länger als glycogenfreie. Uebrigens 
verhalten sich absolute Reinkulturen in feuchtem Zustande teilweise 

»sanders als abgepreßte Fabrikhefe. 

Bei der Berührung der Hefe mit Luft, insbesondere wenn sie zu 
trocken geprebt und zu locker gestopft ist, erwärmt sie sich ziemlich 
stark. ‚J. Hrron (1) hat die aufeinanderfolgenden Stadien der Zersetzung 
an einer gepreßbten Londoner Brauereihefe beobachtet. Die Temperatur 

sowar anfänglich 14° C; nach 8 Stunden war sie auf 32° C gestiegen, 
und das Hefenbrot zerfiel in mehlige Stücke. Am folgenden Tag war 
die Hefe unter Auftreten ganz charakteristischer Erscheinungen in den 
Zellen weich und schmierig und verflüssigte sich bald vollständig. Sie 
nahm dabei einen unangenehmen Käsegeruch an. Luftabschluß wirkt 
3 auf die verschiedenen Hefenrassen teils günstig (bei Fabrikhefen wahr- 
scheinlich infolge der abgehaltenen Oberflächenvegetation) teils un- 
günstig. Bei Luftzutritt können stärker infizierte Hefen durch Be- 
förderung der Entwicklung der schädlichen Organismen rasch absterben. 
In einer locker gestopften Büchse scheiden sich da, wo Hohl- 
soräume vorhanden sind, Wassertropfen aus. Wenn sich Fäulniskeime 
in der Hefe befinden, so bilden diese den Ausgangspunkt für größere 
Fäulnisherde. Die Hefe nimmt dann an diesen Stellen eine dunklere 
bis bläuliche Farbe an. Die gewöhnlich in der Hefe vorkommenden 
Bakterien, welche die Gärung zu überdauern vermögen, wie Sarcina und 
s manche Milchsäurebakterien, bewirken keine Fäulnis. Fäulniserreger 
können beim Waschen der Hefe in diese eingeführt werden. Sie 
kommen jedoch erst nach dem Absterben der Hefe zur Geltung. Die 
Reinheit der Hefe spielt jedenfalls hinsichtlich der früher oder später 
auftretenden Zersetzung eine wesentliche Rolle. P. Liwpxer (3) Konnte 
soeine nach dem Lufthefenverfahren (s. Bd. IV, S. 124) hergestellte, sorg- 


— 17 — 


fältig in eine Blechbüchse gestopfte Reinhefe 9 Monate lang bei einer 
Zimmertemperatur bis 19° C aufbewahren, ohne dab die Gärkraft sowie 
das Aussehen und der Geruch wesentlich gelitten hatte. 

Nach den exakten Versuchen von W. HEnxEgers (1 u. 3) an Hefen, 
welche sich in einem der Preßhefe möglichst ähnlichen, etwas feuchten 
Zustande befanden, und an Fabrikpreßhefen verkürzt Kahmhefe das 
Leben der Hefenzellen; durch Heubazillen und Penieillium glaucum, ebenso 
durch bestimmte Milchsäurebakterien-Arten, durch Essigbakterien (ins- 
besondere in obergärigen Bierhefen), ferner durch Dact. coli commume, 
B. Proteus Zenkeri, B. Proteus Hauseri, B. prodigiosus und andere 
werden sie abgetötet. Die Hefenenzyme hemmen diese Bakterien teil- 
weise in der Entwicklung. Die Organismen verleihen der sich zer- 
setzenden Hefe einen besonderen Geruch. Durch die Gegenwart einiger 
Arten entsteht ein deutlicher Käsegeruch, bei anderen ein unangenehmer 
Fäulnisgeruch. Schwefelwasserstoffbildung wurde häufig in Fabrikhefen 
beobachtet. Die Bakterien- und Schimmelpilzentwicklung bedingt teils 
eine alkalische, teils eine saure Reaktion der Hefe. Ordium lactis, welches 
in Reinkulturen schädlich ist, wirkt in Brennereihefen (Fabrikhefen) als 
Decke günstig. 


Die Lebensdauer der Hefe in feuchtem Zustande ist von demza 


Wassergehalt, der Hefenrasse und dem Zellindividuum abhängig. Wenige 
widerstandsfähige Zellen überleben lange die Hauptmenge. Die Art und 
Weise der Herzucht bedingt ebenfalls eine längere oder kürzere Lebens- 
dauer. Bei je niederer Temperatur die Hefe lagert, desto länger bleiben 


die Zellen am Leben. Zufolge Hexsegerc sind 12° © schon viel un- 


günstiger als 7° C. Bei 7° C lebte nach 120 Tagen bei Hefe Frohberg 
noch etwa ein Fünftel aller Zellen. Hefe Frohberg lebte bei 22° U 
ungefähr 3 Wochen, über 30° C weniger als 1 Woche, Zasse II und 
Rasse XII wie Hefe Frohberg bei 22" © etwa 3 Wochen, wenn auch nur 
in einer geringen Zahl von teilweise als „Reservezellen“ ausgebildeten 
Zellen. In Gefäßen mit größeren Hefenmengen sterben die Zellen wahr- 
scheinlich infolge Anhäufung der Stoffwechselprodukte im allgemeinen 
früher ab als in geringerer Hefenmenge. Aus demselben Grunde sterben 
die Zellen in der Tiefe früher ab, während sie auf der Oberfläche länger 
am Leben bleiben. In wasserhaltisgem Zustande ist also die Lebens- 
dauer der Hefe eine verhältnismäßig kurze. 

Die Verflüssigung (Autoplasmolyse) der gepreßten Hefe hängt 
nach den Versuchen von A. Harven und S. Rowrann (1) sowie von 
W. Henxegere (3) auch von der Temperatur ab. Eine 4 Tage nach 
dem Abschäumen gepreßte Hefe ee in Kohlensäureatmosphäre bei 
14° volle 16 Tage, bei 50° nur 1'/, Stunden zur Verflüssigung. Auch 
bei niederer Temperatur wird gepreßte Hefe unter Umständen ver- 
hältnismäßig rasch flüssig. Unter möglichstem Ausschluß von Luft in 
Büchsen gepreßte und eingelötete reingezüchtete Bierhefe war nach den 
Beobachtungen von H. Wınu bei 6° © nach anderthalb Monaten fast 
vollkommen flüssig, in der obersten Schicht fast wässerig,. Die Farbe 
der Hefe hatte sich nicht geändert, jedoch war ein scharfer, aber nicht 
unangenehmer aromatisch-weiniger Geruch bemerkbar. Die Vertlüssigung 
der gepreßten Hefe ist nieht immer ein Anzeichen dafür, daß alle Hefen- 


zellen abgestorben sind. Im vorstehenden Falle fanden sich nur wenige» 


tote Zellen vor, und es zeigte die Hefe, in Würze gebracht, nach 3 Tagen 
lebhafte Gärung, Nach den Beobachtungen von W. HENNEBERG (2 u. 3) 
findet ein Weie ‚hwerde n der Hefen schon bei 10—20 Proz. abgestorbener 


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— 18 — 


Zellen statt. Das Weich- und Flüssigwerden ist hauptsächlich durch den 
Austritt des Vakuolensaftes, in geringerem Grade durch das bei der 
Atmung entstehende Wasser bedingt. Das Weichwerden ist, abgesehen 
von der Temperatur, auch von der Hefenrasse, der Anzahl der abgestorbenen 

5 Zellen, der Menge des aus den Zellen ausgetretenen Wassers und der 
Infektion abhängig. Untergärige Hefe ist im allgemeinen am frühesten 
flüssige. 

Die Konservierungstätiekeit muß in erster Linie dahin gerichtet 

sein, den Wassergehalt auf ein möglichst geringes Maß herabzu- 
mindern, ohne dabei die Lebensfähigkeit der Hefe allzusehr zu be- 
einträchtigen. Ein relativ hoher Wassergehalt erhält allerdings die 
Gärkraft, beeinträchtigt jedoch die Haltbarkeit. Bis zu welchem Grade 
der Wassergehalt herabgesetzt werden kann, läbt sich noch nicht mit 
Sicherheit angeben, doch scheint der günstigste Wassergehalt für Hefe, 

» welche mit verschiedenen indifferenten Substanzen gemischt ist, nach 
den eine lange Reihe von ‚Jahren umfassenden Beobachtungen von 
H. Wırr (3) zwischen 3 und 6 Proz. zu liegen. Von Wichtigkeit ist 
jedoch, daß bezüglich des Wassergehaltes der Hefenzellen ein kritischer 
Punkt besteht, der zwischen 20 und 15 Proz. liegt. Wird der Wasser- 

»eehalt noch weiter vermindert, so nimmt die Lebensfähigkeit und die 
Gärkraft unverhältnismäßig rasch ab. Nach O. ReınkeE (3) darf die 
Hefe nicht unter 30 Proz. Wassergehalt getrocknet werden. Zwischen 
diesen beiden einander entgegenstehenden Faktoren den möglichst 
günstigsten Mittelweg zu wählen, dessen Richtung noch durch eine Reihe 

»anderer, in den Hefenzellen selbst gelegenen Art- und Rasseeigen- 
schaften sowie in dem „physiologischen Zustand“, in welchem sich die 
Zellen bei Anfertigung der Konserve befinden, bedingt wird, darin be- 
steht die Kunst, eine Hefenkonserve von möglichst hoher Gärkraft und 
möglichst langer Lebensdauer herzustellen. 

30 Von Bedeutung ist, daß die Gärkraft der Hefe, wie schon Haypuck (1) 
feststellte, schon beim Waschen und Schlämmen, wenn auch nur 
in geringem Grade, geschwächt wird. Die Härte des Wassers spielt 
hierbei eine ausschlaggebende Rolle, und es wird auch allgemein von 
Praktikern empfohlen, Hefen, welche konserviert werden sollen, mit 

> hartem Wasser zu waschen. Nach den Untersuchungen von H. Wirt (2) 
zeigte die Gärkraft einer Hefe schon nach einem 10 Minuten andauern- 
den Schütteln und einstündigem Verweilen unter Wasser eine Ver- 
minderunz um 15.1 Proz. In anderen Fällen betrug allerdings der 
Unterschied in der Gärkraft gegenüber der ursprünglichen Hefe nur 

#5 bzw. 3 Proz. Lurr (1) fand beim Schlämmen bis zu 1 Stunde so gut 
wie gar keine Schwächung; die Hefe nahm sogar bei Anwendung ge- 
nügend harten Wassers Mineralstoffe auf. Länger andauerndes Wässern 
der, Hefe mit weichem Wasser ist jedenfalls nach Mitteilungen von 
F. CernY (1) und SEeYFrERT (1) zu vermeiden. Die Hefen werden nicht 

snur geschwächt, sondern können selbst allmählich völlig degenerieren. 
Wenn auch eine verhältnismäßig geringe Schwächung der Hefe durch 
das Waschen und Schlämmen bei unmittelbarer Verwendung in nassem 
Zustande kaum von Nachteil ist, da sie sich sehr rasch wieder erholen 
kann, ja sogar, wie von H. Fıscner (1) und MunscHE (1) sowie BODEN- 

5oSTEIN (1) hervorgehoben wird, kräftiger und höher vergärt. so hat diese 
Schwächung für die Konservierung der Hefe mit oder ohne Beimengungen 
um so mehr Bedeutung, als durch sie ein weiterer ungünstiger 
Faktor, welcher auf die Erhaltung einer möglichst hohen Gärkraft und 


— -19 — 


möglichst langen Lebensdauer einwirkt, gegeben ist. Bei lagernder ge- 
preßter Hefe wechselt nach den Ausführungen von M. Deusrück (2) die 
Gärkraft nach der Temperatur; sie steigt zunächst mehr oder minder 
rasch und hoch an, um sich dann ebenso wieder zu verringern. Ober- 
gärige Hefen vertragen in Beziehung auf die Gärkraft eine viel höhere 
Temperatur als untergärige. 

In je größerem Umfang die Gärkraft selbst in den abgestorbenen 
Hefenzellen der Konserve erhalten bleibt, einen um so größeren Schutz 
wird jene bei der Verwendung gegen die in der Würze und in der 
Hefe selbst vorhandenen Bakterien so lange gewähren, bis sich die 
überlebenden Zellen gekräftigt und stärker vermehrt haben. 

Wie lange kann getrocknete Hefe in lebens- und entwick- 
lungsfähigem Zustande bleiben, und welche Faktoren wirken 
hierauf ein? Die Antwort der ziemlich umfangreichen Literatur über 


die Lebensdauer der Hefe in trockenem Zustande lautet sehr ver-ı 


schieden. Vereinzelte Angaben aus sehr früher Zeit, wie beispielsweise 
von STÖCKHARDT (1) über lange Lebensfähickeit von Hefe, besitzen 
natürlich nach dem völlig geänderten Maßstab, den wir jetzt an der- 
artige Untersuchungen anzulegen pflegen, höchstens ein historisches 


Interesse. (Größeres Gewicht ist den von BaArLLınc in seinem obenz 


zitierten Buche gemachten Angaben beizulegen, nach welchen die mit 
Holz- oder Knochenkohle vermischte und an der Luft getrocknete Hefe 
sich länger als ein Jahr hielt. 

Einzelne Arten von Hefe sind schon gegen das Austrocknen über- 


haupt ungemein empfindlich, und es ist jedenfalls infolgedessen auch ihre: 


Lebensfähigkeit auf eine sehr kurze Zeit beschränkt. O0. BREFELD (1) 
gibt an, dab trocken aufbewahrte Kulturhefe schon nach 14 Tagen ihre 
Keimkraft verliert. Nach Kayser (1) vertrug eine aus Augustiner- 
Flaschenbier reingezüchtete Hefe nicht. nur nicht die geringste Er- 


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[271 


wärmung nach dem Austrocknen, sondern sie überdauerte zuweilen nicht so 


einmal das Austrocknen bei gewöhnlicher Temperatur. Aehnlich ver- 
hielten sich nach demselben Autor (2) eine Champagne-Hefe sowie 
Saccharomyces lactis DuvcLaux, welch letzterer Sproßpilz dem Austrocknen 
bei 25° O© nicht widersteht. Gleich empfindlich sind nach den von ver- 


schiedenen Seiten vorliegenden Angaben, wie Hansen (2) und Kayser (2),: 


einige Arten von 5. apieulatus. Die Zellen scheinen nur dann so schnell 
abzusterben, wenn sie einzeln oder in einer sehr dünnen Schichte liegen. 
In diekeren Schichten halten sie sich jedoch mehrere Monate lang 
lebendige. Wenn P. Swan (1) angibt, daß die von ihm beschriebene, 
sporenbildende rote Hefe nicht wieder zum Leben erwachte, nachdem die 
vegetativen Zellen 12 Tage an der Sonne getrocknet waren, so ist hier 
der zerstörenden Wirkung des Sonnenlichtes auch ein Hauptanteil an 
der kurzen Lebensdauer beizumessen. Im Gegensatz hierzu stehen die 
allerdings nur ganz allgemein gehaltenen Angaben von Horrmann (1), 
dab an der Luft getrocknete Hete (wie es scheint beliebig lange) aut- 
bewahrt werden kann, ohne daß sie merklich an ihrer Gärkraft einbüßt. 
Pastwur (1) fand, daß mit Gips gemischte obergärige Bierhefe sowie 
Weinhefe nach 6—7 Monaten noch lebende Zellen enthielt. Wırsser (1) 
übertrug eine 8 Monate alte, lufttrockene Hefe (ob Bier- oder Preßhefe 


ist nicht ersichtlich) von etwa 13 Proz. Wassergehalt in 25-proz. Zucker- » 


lösung, worin sie nach 25 Minuten eine intensive Gasentwicklung her- 
vorrief. Den Mitteilungen von Reınk& (2) zufolge war nach der von ihm 
angegebenen Methode für weiteren Transport (durch Verpacken mit 


5) 


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— 110 — 


Gips) konservierte Reinzuchthefe noch nach 12 Monaten brauchbar. 
Durch eine auberordentliche Resistenz bemerkenswert sind die Zellen 
von Saccharomyces Hansenii ZoPF (1). SCHRÖDER (1) fand Bierhefe nach 
17-wöchentlicher Austrocknung noch lebensfähig. 


5 Als Resultat der Versuche, welche Haxsex (2 u. 11) mit zwischen 
sterilisiertem Fließpapier konservierter Hefe bis zum Frühjahr 1883 an- 
sestellt hatte, teilt er mit, daß sie in einigen Fällen ihre Lebenskraft 
während 20, in anderen nur 5 Monate bewahrt hatte. Bei späteren 
Versuchen hat Hasen gefunden, dab ein vollständiges Aussterben der 

zwischen Fließpapier konservierten Hefe nicht früher als nach ungefähr 
5 Monaten stattfindet, und dab die meisten Arten unter den angegebenen 
Verhältnissen ein zweijähriges Leben nicht erreichen; nur eine Probe 
war nach 2'/, Jahren noch lebendig. Die im Jahre 1898 von Hansen (6) 
mitgeteilten Versuche, in welchen Reinkulturen der Hefen auf Filtrier- 

ıs papier, Watte und Platindraht getrocknet wurden, zeigten beträcht- 
liche Schwankungen. S. cerevisiae war schon nach 5", Monaten tot, 
S. Ludwigiü (Saccharomycodes Ludwigiü E. CHR. HANsEX) nach 1 Jahr 
noch lebend, nach 2 Jahren tot. Die Sporen besaßen unter diesen Be- 
dingungen allerdings keine besondere Langlebiekeit, immerhin blieben 

»sie viel länger lebensfähige — bis zu 2 Jahren — als die ent- 
sprechenden vegetativen Zellen. Auf Watte erhielten sich die Arten 
bis zu 3 Jahren am Leben; bei allen waren aber auch Sporen gebildet 
worden. Auf den Platindrähten starben die in sehr dünner Schichte 
angetrockneten Arten teilweise schon innerhalb 5 Tagen ab; andere, wie 

558. Marxianus und 5. anomalus (Willia anomala E. Cur. Hansen), waren 
nach 100 bzw. 50 Tagen noch lebendig. Die Sporen blieben unter den 
gleichen Verhältnissen viel länger lebenskräftie. 


Nach Cr. BERNARD (1) erzeugte getrocknete Hefe noch nach zwei- 

jähriger Aufbewahrung Gärung. Auch soll nach demselben Autor frische 

so Hefe durch einen 3—4-tägigen Aufenthalt in absolutem Alkohol nicht 
eetötet worden sein. 


Kayser (4) schließt aus seinen Versuchen. daß bei der Konservierung 
von an der Luft oder an der Sonne getrockneten und dann in Blech- 
büchsen unter Abschluß von Luft und Feuchtigkeit aufbewahrten 

» Trauben die Lebensfähigkeit der Hefen nicht über 3 Jahre hinausgeht. 
Ducrauvx hatte bereits festgestellt, daß nach 23-jähriger Aufbewahrung 
von Trauben keiner der auf ihnen befindlichen Organismen lebensfähig 
war. Außerdem konservierte Kayser vegetative Zellen sowie Gemenge 
von vegetativen Zellen und Sporen von obergäriger Bierhefe, Weinhefe 

wund S. Pastorianus durch Auftr aren auf steriles Fließpapier. . Die Hälfte 
der Röhrchen, in welchen sich die Papierstreifen mit der Hefe befanden, 
wurde im Laboratorium im zerstreuten Tageslicht, die andere Hälfte im 
Thermostaten bei 28° © aufbewahrt. 5. Pastorianus lebte nach 2 Jahren 
nicht mehr, die Sporen waren jedoch nach 3", ‚Jahren noch lebens- 
skräftig.. Die beiden anderen Hefen lebten 4 Jahre: ihre Sporen haben 
sich dagegen annähernd 5 Jahre lebensfähig erwiesen. Schon früher 
hatte Kayser (3) angegeben, dab sporenhaltige Weinhefe (Rein- 
kulturen) nach mehr als einem Jahre noch nicht tot war. Sie war mehr 
und mehr schwieriger zu beleben, ebenso vermehrte sie sich nicht in 
soallen Flüssigkeiten und bei allen Temperaturgraden. In diesem Falle 
wurde die auf Filtern befindliche Hefe zuerst im Trockenschrank bis zu 
einem gewissen Grad getrocknet. Hierauf wurden die Filter zerschnitten, 


— 11 — 
in Kolben verteilt und wieder in den Trockenschrank zu 25—28" C 
gebracht. 

Aus den Versuchen von SCHUMACHER (1) mit lufttrockener Preb- 
hefe, welche in gegen den Zutritt von atmosphärischen Keimen ge- 
schützten Gefäßen völlig abgesperrt war, ergibt sich, daß die Zellen 
derselben nach vierjähriger Aufbewahrung abgetötet und überhaupt un- 
fähig zur Einleitung von Gärung waren. Dagegen überdauerten gleich- 
zeitig anwesende Maucor-Sporen (und Bakterien) diese mehrjährige Auf- 
bewahrung. Ob gewöhnliche Hefe nach 3 Jahren noch als lebensfähig 
anzusehen ist, bleibt dagegen zweifelhaft. 

Nach meinen eigenen Beobachtungen konnten auf Watte, welche 
sich in FREUDENREICH-Kölbchen befand, in dünner Schichte aufgetragene 
untergärige Bierhefen nach 5 Jahren, während welcher Zeit die Kölbcehen 
im Laboratorium . gestanden, nicht wieder zum Leben erweckt werden. 
Einige von mir (5) mit der Reinkultur einer Mycoderma-Art durchgeführte 
Versuche bestätigten schon früher gemachte Beobachtungen, dab die 
ebenfalls auf Watte angetrockneten Mycoderma-Zellen sehr lange, im 
vorliegenden Falle mindestens 2 Jahre, am Leben bleiben können. 
Niedere Temperatur ist für diese wie bei Hefe für eine längere Lebens- 


dauer in trockenem Zustande günstiger als höhere. Außerdem spielt: 


sehr wahrscheinlich auch hier der Wassergehalt der getrockneten Zellen 
eine Hauptrolle. 

Bei der Beurteilung aller dieser Versuchsergebnisse sind die mit 
rein vegetativen Zellen und die mit Sporen erzielten streng auseinander 


zu halten, nachdem ja die Sporen im allgemeinen von vornherein nach: 


ihrer Organisation und, wenigstens bei Fadenpilzen, häufig durch eine 
spezielle morphologische Ausbildung in höherem Grade befähigt sind, 
ungünstigen äußeren Einflüssen einen längeren Widerstand entgegen- 
zusetzen als die vegetativen Zellen. Außerdem ist zu berücksichtigen, 
dab das Gärvermögen einer konservierten Hefe allein noch nicht für den 
Nachweis genügt, daß sie noch lebens- und entwicklungsfähig ist. Auch 
nicht mehr entwicklungsfähige Hefezellen vermögen ja, wie Wırı (3) 
zuerst mit Sicherheit beobachtet hat, noch Gärung zu erregen. Zuweilen 
wird durch Hefenkonserven noch eine verhältnismäbig lebhafte Gärung 


eingeleitet; es kommt dabei jedoch nur die in den toten Zellen vor-s 


handene Zymase zur Geltung (vgl. d. 17. Kap. d. IV. Bds.). 

Die längste Lebensdaner also, welche angegeben wird, beträgt für 
die vegetativen Zellen einer Weinhefe und einer obergärigen Bierhefe 
in trockenem Zustand 4 Jahre, während die Sporen derselben Heften sich 
annähernd 5 Jahre lebensfähig erhalten hatten. Diese Zeitangaben be- 
Sitzen um so mehr Wert, als sie sich auf Reinkulturen und nicht 
auf gewöhnliche bakterienhaltige Bier- und Weinhefe bzw. Preßhefe, wie 
die meisten älteren, beziehen, wobei unter den überlebenden Hefenzellen 
nicht einmal wenigstens die beiden Gruppen der Kulturhefe und der 
wilden Hefe unterschieden werden konnten. 

Die angegebene Zeitdauer steht hinter der von H. Wırn (4) beob- 
achteten weit zurück. Nachdem sich in einzelnen der von ihm aus 
gewöhnlicher Bierhefe unter Beimengung verschiedener Substanzen her- 

estellten Hefenkonserven längst keine Kulturhefenzellen mehr in lebens- 


higem Zustande befanden, entwickelte sich aus ihnen doch noch: 


wilde Hefe, Sie war es auch allein, welche in der am längsten (17 Jahre 
und 3 Monate) beobachteten Asbestkonserve noch Leben besaß. Die 
wilden Hefen wiesen also auch hier eine viel größere Lebenszähigkeit 


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— 12 — 


und Lebensdauer auf als die Kulturhefen. Diese Zähigkeit ist um so 
höher anzuschlagen, als die wilden Hefen jedenfalls nur in geringer Zahl 
den zum Versuch verwendeten Bierhefen als Verunreinigung beigemengt 
waren. Nicht alle wilden Hefen dürften jedoch unter den gegebenen 
; Bedingungen eine so lange Lebensdauer besitzen; S. apieulatus beispiels- 
weise, der nach 8 Jahren in einer Holzstoffkonserve noch nachzuweisen 
war, fand sich in der gleichen Konserve nach 10',, Jahren lebend nicht 
mehr vor. ‚Jedenfalls sind also nicht alle zur Gruppe S. apieulatus ge- 
hörigen Arten so empfindlich, wie es nach den Angaben von Kayser und 
Hansen den Anschein gewinnen könnte Auch bei anderen Hefenarten 
darf nach den vorliegenden Beobachtungen eine geringere Lebensdauer 
angenommen werden. Von den Kulturhefen sind die obergärigen Bier- 
hefen offenbar empfindlicher als die untergärigen, wenn aus dem Ver- 
halten der wenigen beobachteten Konserven ein allgemeiner Schluß ge- 
ıszogen werden darf. P. Linpxer (5) hat die gegenteilige Erfahrung 
gemacht. Nach 7 ‚Jahren kamen aus den von Wıru mit obergäriger 
Brauereihefe hergestellten Konserven nur wenige Kulturhefenzellen zur 
Entwicklung, nach 10', ‚Jahren waren alle Zellen abgestorben. Da- 
gegen enthielt eine aus untergäriger Bierhefe hergestellte Holzkohlen- 
s»»konserve sogar nach 13 Jahren und 2 Monaten noch lebens- und ent- 
wicklungsfähige Kulturhefenzellen und zwar sichtlich noch in größerer Zahl. 
Die von den verschiedenen Beobachtern gemachten Angaben besitzen 

nur einen relativen Wert; sie sind nur für die gegebenen Versuchs- 
bedingungen gültig. Hierin ist jedenfalls, wenigstens teilweise, der Grund 
sfür die soweit voneinander abweichenden Beobachtungsergebnisse zu 
suchen, Verhältnisse, auf welche einzelne der Beobachter bereits hin- 
gewiesen haben. Abgesehen davon, dab die verschiedenen Hefenarten 
eine recht verschiedene Widerstandsfähigkeit schon gegen das Austrocknen 
allein zeigen, ist auch die Lebensdauer verschiedener Arten oder Rassen 
3ounter gleichen äußeren Bedingungen sehr verschieden; einzelne Arten 
werden durch das Austrocknen mehr geschwächt als andere und sterben 
infolgedessen auch eher ab. Auch das Alter und die Abstammung 
der Hefe ist zweifellos von Einfluß auf ihre Lebensdauer in ge- 
trocknetem Zustande. In je kräftigerem Zustande die Hefe getrocknet 
3 wird und je mehr sie sich in diesem Zustande während des Trocknens 
erhält, je weniger sie durch Selbstgärung und Selbstverdauung während 
des Trocknens von ihren Reservestoffen eingebüßt hat und je weniger 
die Konstitution der Zelle durch das Austrocknen erschüttert wurde, 
desto länger wird sie ihre Lebenskraft unter günstigen äußeren Be- 
sodingungen erhalten. Dies trifft aber wohl im allgemeinen bei den jugend- 
lichen, in einen gewissen Ruhezustand nach der Hauptgärung über- 
serangenen Zellen der Bierhefe zu. Bei der Konservierung durch Trocknen 
nach innigem Vermischen der Hefe mit indifferenten Stoffen, also bei 
sehr starker Verteilung der Zellen, insbesondere auch während des 
s Trocknens bei erhöhter Temperatur, werden die Zellen jedenfalls nicht 
unbedeutend geschwächt; es findet eine sehr lebhafte Selbstgärung und 
Atmung und damit ein rascher Verbrauch der aufgespeicherten Reserve- 
stoffe, in erster Linie des Glycogens, statt. Ob die Hefe in dünner oder 
in dieker Schichte eingetrocknet wurde, kommt bei der Frage nach der 
so Lebensdauer ebenfalls in Betracht. Gealterte und in ihrem Plasmaleib 
sowie in den Reservestoffen reduzierte Zellen, außerdem solche, deren 
Inhalt bereits Anzeichen des beginnenden Zerfalles an sich trägt, 
werden naturgemäß das Austrocknen weniger leicht überstehen. Es ist 


— 13 — 


ja sehr wahrscheinlich, dab mit der Entziehung des Vegetationswassers 
auch andere Veränderungen im Plasma beschleunigt werden und so die 
Zelle dem rascheren Untergang zugeführt wird. Beschleunigt kann bei 
Anwendung gewöhnlicher Bier-, Preß- und Weinhefe die rasche Herbei- 
führung des Lebensendes der getrockneten Zellen werden infolge einer 
während des Trocknens stattfindenden Schwächung derselben durch eine 
ausgiebige Bakterienentwicklung, zumal wenn das Austrocknen bei ge- 
steigerter Temperatur sehr langsam vor sich geht. Je rascher das 
Trocknen erfolgen kann, desto geringer wird auch die Wirkung der 
höheren Temperaturgrade auf die Hefenzellen sein. Selbstverständlich ıo 
findet auch eine Schwächung von Reinkulturen beim Trocknen in fehler- 
haft konstruierten Apparaten statt. 

Daß auch die Abstammung der Zellen für die Widerstandsfähigkeit 
überhaupt und insbesondere auch gegen das Austrocknen von Bedeutung 
ist, geht aus den Untersuchungen von Kayser (1) hervor. Während dies 
vegetativen, direkt aus solchen gezüchteten Zellen der Augustinerhefe 
(Reinkultur) zuweilen selbst ein Austrocknen bei gewöhnlicher Temperatur 
nicht vertrugen, hielten die aus den bei 116" C erhitzten Sporen ge- 
wonnenen vegetativen Zellen derselben Hefe sehr leicht das Austrocknen 
und das Erhitzen aus. 20 

Neben der Höhe des Wassergehaltes, der verschiedenen Widerstands- 
fähigkeit der verschiedenen Arten, dem Alter und der Abstammung der 
Hefe ist der Zutritt bzw. die Absperrung der Luft und des Lichtes so- 
wie die Höhe der Temperatur während der Aufbewahrung der ge- 
trockneten Hefe für die Lebensdauer von hervorragender Bedeutung. : 
Nach den Beobachtungen von H. Wırn erhöht niedere, um 0° sich be- 
wegende Temperatur die Lebensdauer, höhere verkürzt dieselbe. Ab- 
schluß der Luft verlängert die Lebensdauer. 

Das Trocknen der Hefe an der Sonne ist nach den Beobachtungen 
von MaArrınann (1) jedenfalls für die Erhaltung der Lebensdauer der 
Hefe von Nachteil. Hierbei wirken Wärme und Licht zusammen. Im 
übrigen verträgt die Hefe nach den Erfahrungen. welche H. Wırr bei 
der Herstellung von Hefenkonserven gewonnen hat, im allgemeinen 
Temperaturen bis zu 40° U recht gut. Auf getrocknete Hefe können 
sogar noch viel höhere Temperaturgrade ohne wesentliche Schädigung : 
kurze Zeit einwirken. Aeltere Angaben hierüber können allerdings 
wegen der Mangelhaftiekeit der Arbeitsweise nicht berücksichtigt 
werden. So z. B. nicht diejenige von CaGnıarD-Lartour (1) und die von 
Herm. Horrmann (1), welch letztere schon von J. WIEsxEr (1) ange- 
zweifelt worden ist, ebensowenig diejenige von Marıa MaxassEın (1). 
Bei 40° © getrocknete Preßhefe erwies sich bei Versuchen von Groxow (1) 
nach achtstündigem Verweilen bei 70” C noch lebensfähig. Sacch. lactis 
Apameız ertrug bei den Versuchen von E. Kayser (1) noch 118° © 
ganz gut. Der Sacch. Zopfii überdauerte zufolge A. Anrarı (1) eine 
fünf Minuten währende Erhitzung bei 130° ©, Ep. Bucuxer (1) hats 
gezeigt, dab im Vakuum vollständig getrocknete Hefe selbst durch acht- 
stündiges Verweilen bei 100° nicht abgetötet wird, und zwar weder im 
Wasserstoffstrom noch auch im Luftbad. Die vegetativen Zellen der 
durch E. Kayser (1) geprüften Brauereihefen hielten, je nach der 
Rasse, bei Temperaturen von 85—105° © noch Stand; deren Sporen er-: 
trugen sogar noch je 10—20° U mehr. Die Widerstandsfühigkeit ge- 
trockneter Hefe gegen höhere Temperaturen hängt also, abgesehen von 
der Beschaffenheit der einzelnen Zellen, nicht nur von der Art und Rasse 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. Bd. \ ia) 


© 


iv 
[271 


79 
x 


— 114 — 


der Hefe, sondern auch davon ab, ob sie nur aus vegetativen Zellen zu- 
sammengesetzt ist oder gleichzeitig auch Endosporen enthält. Diese 
Tatsache ist nicht auffällig, da ja für die Endosporen schon in feuchtem 
Zustande die Abtötungstemperatur um mehrere Grade höher liegt als 
sfür die vegetativen Zellen. So hat Hansen (2) zuerst gezeigt, dab die 
Sporen des Sacch. ellipsoideus II (Sacch. turbidans E. Cur. HaxsEx) in 
sterilisiertem Wasser bei 66° C innerhalb 5 Minuten abstarben, während 
sie bei 62° C während der gleichen Zeit noch lebend blieben. Die 
vegetativen Zellen starben jedoch unter den gleichen Verhältnissen schon 

bei 56° C ab, ertrugen aber noch 54” C. Für Sacch. Pastorianus I 
(Saech. Pastorianus E. UHR. Hansex) ergaben sich in gleicher Weise die 
Zahlen 62° © und 58° © für die Sporen und 54° © und 52° © für die jungen 
vegetativen Zellen. Zählebiger als jene Arten, übereinstimmend mit 
seinem Verhalten in getrocknetem Zustande, ist der oben genannte Sacch. 

ı Zopfii aus Rübenzuckersaft, welcher unter ähnlichen Bedingungen erst 
bei 67° © abstirbt, wie auch Sacch. thermantitonum, von JOHNSON auf 
Eucalyptus-Blättern gefunden, welcher nach dem Bericht von P. Livpxe&r (6) 
in Flüssigkeiten noch 66—70° C verträgt. Sehr widerstandsfähig ist 
auch die von Wıru (1) mit Nr. 811 bezeichnete und beschriebene Hefe, 

»» welche aus einem Bier mit widerlichem, kratzendem Geschmack gezüchtet 
worden war. Beim Erhitzen in Bierwürze bei 70° © bedurfte es einer 
Einwirkungsdauer von einer halben Stunde, um die vegetativen Zellen 
abzutöten. Die Sporen dagegen trotzten sogar einer Temperatur von 
75° während der gleichen Zeitdauer. 

PR Aehnliche Beobachtungen liegen auch von FIscHEr und BREBECK (1) 
vor, aus welchen zugleich der Einfluß der Zeitdauer, während welcher 
eine bestimmte Temperatur auf die Hefe einwirkt, hervorgeht. Die teil- 
weise auch Sporen enthaltenden Zellen der Hautbildungen der von diesen 
Autoren als Zindoblastoderma pulverulentum bezeichneten, zur Gattung 

30 Wilia E. Cur. Hansen gehörigen Hefenart, ertrugen mehrfach eine 
Temperatur von 8S0—85° C während 10 Minuten, ohne abzusterben. Bei 
einer 20 Minuten dauernden Einwirkung waren sie dagegen schon bei 
60° C abgetötet. Untersuchungen über die Widerstandsfähigkeit gegen 
höhere Temperaturen an vier anderen Arten der gleichen Gattung, 

» welche L. STEUBER (1) beschrieben hat. wurden auch von Wırn angestellt. 

Die sehr sorgfältigen, von T. W. Tuzro (1) mit einigen Hefen durch- 
geführten Versuche lassen ebenfalls erkennen, dab die Widerstandsfähig- 
keit von der Zeitdauer abhängt, während welcher höhere Temperaturen 
auf die Hefenzellen einwirken. Untergärige Bierhefe vermochte nur eine 

#20 Minuten lange Einwirkung von 50° Ü zu überdauern, Brennereihefe 
Rasse II dagegen eine solche in der Dauer von 63 Minuten. Die Gegen- 
wart eines vergärbaren Zuckers scheint dabei ungünstiger zu sein als 
die (regenwart eines nicht vergärbaren Zuckers oder von Wasser allein. 

Einen Gegensatz zu diesen zählebigen Hefenarten bildet der von 

A. LascHne (1) in einem amerikanischen Temperenzbier aufgefundene 
Sacch. Jörgensenii, welcher schon bei 30° C rasch abstirbt. 

Aehnliche Feststellungen, wie die zuerst angeführten, sind dann an 
französischen Weinhefen durch E. Wasserzue (1) und an südländischen 
durch E. Kayser (2) gemacht worden. Der letztere fand die Ab- 

so tötungstemperatur für die Sporen um ca. 5° © höher als diejenige für die 
veretativen Zellen. 

Eine Hauptbedineung für die Erhaltung einer möglichst langen 
Lebensdauer und möglichst hohen Gärkraft beim Trocknen der Hefe 


— 115 — 


durch Zufuhr von Wärme ist, daß diese Zufuhr, mit niederer Temperatur 
(ca. 25° C) beginnend, langsam und allmählich gesteigert wird. Die 
Schwierigkeit bei der Trocknung größerer Mengen von Hefe in keim- 
freien Räumen, die entwickelten Wasserdämpfe rasch abzuführen, mag 
wohl eine der Hauptursachen sein, wenn bei der Herstellung von Hefen- 
konserven durch Trocknen nicht immer ein den praktischen Anforderungen 
entsprechendes Produkt erhalten wird. 

Von maßgebendem Einfluß ist es ferner, ob die Entziehung des 
Wassers direkt oder nach Beimischung von indifferenten, nicht zu stark 
Wasser entziehenden Substanzen erfolgt. Der Zweck dieser Bei- 
mengungen ist ein doppelter. Erstens soll die Hefenmasse, welche 
sich zwar bis zu einem gewissen Grad verhältnismäßig leicht verteilen 
läßt, noch besser zerteilt und damit einer rascheren Austrocknung zu- 
gänglich gemacht werden. Eine sehr feine Verteilung der Hefe ohne 
irgendwelche Beimengung ist jedoch der Erhaltung der Lebensdauer 
nicht günstig. Zweitens sollen die Beimengungen der eintrocknenden 
Hefe einen Schutz gewähren. Auch die ohne Beimengung getrocknete 
und in größeren Klümpchen zerteilte Hefe bedarf eines Schutzes, der 
ihr durch die äußeren, stärker eingetrockneten, zumeist aus toten oder 
wenigstens sehr geschwächten und dieht zusammengeklebten Zellen be- 
stehenden Schichten der Hefenklümpchen geboten ist. Damit wird sich 
aber auch für die Zeit, innerhalb welcher eine Hefenkonserve noch in 
Frage kommen kann, eine verhältnismäbig größere Zahl von Zellen am 
Leben erhalten lassen. Ohne diese Bedeutung der Beimengungen würden 


sie nur als unnützer Ballast erscheinen. Die Natur dieser Bei-: 


mengungen spielt bei der Konservierung eine wesentliche Rolle. Es 
komnt hierbei in Betracht, ob Bestandteile derselben, wie beim Ver- 
mischen mit frischem Hopfen (bei Verwendung von ausgekochtem Hopfen 
— Hopfenstroh — kommt wesentlich die wasseraufsaugende Kraft der 


Blätter der Hopfendolden in Betracht) gleichzeitig konservierend wirken, 3 


ob die physikalischen Eigenschaften des beigemengten Stoffes, beispiels- 
weise die Absorptionsfähigkeit für schädliche auf die Hefe einwirkende 
Gase, wie das bei der Holzkohle in ausgiebigem Mabe der Fall ist, 
günstig auf die Ausdehnung der Lebensdauer einwirken, ob sie eine 


hohe Absorptionsfähigekeit für Wasser besitzen, wie dies beispielsweise : 


beim Gips der Fall ist, oder ob sie sich völlig indifferent verhalten. 


$ 285. Neuere Konservierungsverfahren. 


Holz- und Knochenkohle, frischer Hopfen und Hopfenstroh wurden 
schon sehr frühzeitig von den Praktikern als Beimengungen bei der 


Konservierung von Betriebshefe für den überseeischen Transport ver-: 


wendet. ‚Jedenfalls hat sich die Konservierung mit Holzkohle in vielen 
Fällen bewährt. Aus neuerer Zeit liegen ebenfalls günstige Berichte 
von J. Horz (1) und G. G. Cave (1) vor. Letzterer schlägt vor, das 
Kohlenpulver aus Getreide, insbesondere Gerste, herzustellen, die man 
wie gewöhnlich mälzt, dann wie Kaffee röstet und schließlich zu einem 
feinen Pulver vermahlt. 

Auch Gips, welcher schon von Pasrrur zu Versuchen, insbesondere 
auch bei den Beobachtungen über die Lebensdauer von Hefe und bei 
der Herstellung von „Reinkulturen*“ benützt worden war, wurde der 


[211 


J 


-. 


o 


20 


18 
[27 


Hefe zwecks Konservierung beigemengt. Nach den zuerst in Weihen- so 


I 


— 116 — 


stephan von C. Lintner angestellten Versuchen erhielt sich gepreßte 
Hefe, mit dem 4—5-fachen Volumen Gips vermengt, 4 Monate lang gut. 

Später hat Orro REINkE (1) bei einem Verfahren, welches er zur 
Konservierung von Hefe ausgearbeitet hat und das sowohl für den über- 
sseeischen Transport als auch für den Fall des Aussetzens im eigenen 
Betrieb die Aufbewahrung und Erhaltung größerer Mengen von be- 
währter Hefe sichern soll, Gips sowie überhaupt wasseraufsaugende 
Körper empfohlen. Das Verfahren besteht in dem Verpacken der Hefe 
in sterilisierten Massen, welche leicht Wasser aufsaugen, in dem Trocknen 

ı der Hefe im sterilisierten und entwässerten Luftstrom, sowie schließlich 
in mit sterilisierten, wasseraufsaugenden Körpern gefüllten Gefäßen. Bei 
diesem Verfahren handelt es sich hauptsächlich um die Erhaltung 
größerer Mengen von Hefte, insbesondere von Reinhefe. Praktisch soll 
das Verfahren in der Weise ausgeführt werden, daß ca. 50 & gewaschene 

ıs und scharf geprebte Hefe sehr schnell in einem staubfreien Zimmer mit 
zwei Bogen sterilen Fließpapiers umhüllt und dann breitgewalzt werden. 
Die Hefe wird dann nochmals mit einem Bogen Fließpapier eingehüllt, 
eventuell mit Spuren sterilisierter Borsäure bestreut und nun durch 
Pressen zwischen sterilisierten Asbestplatten entwässert. Nach gehörigem 

»o Eintrocknen der Hefe werden die Pakete in der Weise in eine Blech- 
büchse gepackt, dab jedes Paket mit einer Lage kalten, sterilisierten 
gebrannten Gipses umgeben wird. Der Gips entzieht noch während des 
Lagerns weitere Reste Wassers. Zum Schluß werden die Blechkisten 
(ea. 7 kg Hefe in 100 Paketen enthaltend) verlötet. Nach den An- 

»; gaben von REINKE selbst, welcher viele Sendungen nach den Inseln des 
indischen Ozeans ausgeführt hat, bewährte sich das Verfahren voll- 
kommen. Nach Mitteilungen aus der Praxis aus dem Jahre 1891, über 
welche REınkeE (2) berichtet, war die nach seiner Methode konservierte 
Hefe nach 12 Monaten noch brauchbar. ReıskE bemerkt jedoch an 

so dieser Stelle, daß nach seinen an lagernden konservierten Hefen ge- 
machten Beobachtungen beim Verpacken mit dem sterilen Gips letzterer 
bis zu einem gewissen Grade angefeuchtet werden muß, da sonst bei 
zu langer Lagerung die Hefe wasserarm wird und dann abstirbt. 

Nach den Erfahrungen von J. Horz (1) hat sich ein Vermischen der 

s Hefe mit Gips vor dem völligen Austrocknen derselben nicht so gut be- 
währt, und er zieht die Beimengung von Gips überhaupt derjenigen von 
Holzkohlenpulver vor. 

In Indien ist es während der heißen ‚Jahreszeit nicht möglich zu 
brauen; zur Aufbewahrung der Hefe mischt man sie nach einem 
so Bericht von Heros (1) mit Gips und Wasser, prebt das Gemisch in 
Flaschen, in denen es erhärtet. Man verschließt die Flaschen mit Korken 
und bewahrt sie in fließendem Wasser bis zur kalten Jahreszeit auf. 
Evans hat festgestellt, daß die in Gips aufbewahrte Hefe rascher ab- 
stirbt, als die in Reismehl aufbewahrte. 

D Das Verfahren, Bierhefe (ober- und untergärige) für technische Zwecke 
durch Zusatz von Stärke zu konservieren, wird auch bei uns geübt. 
Insbesondere finden sich für Backzwecke bestimmte Hefenkonserven von 
verhältnismäßig hoher Gärkraft im Handel, welche offenbar wesentlich 
durch Vermischung von Hefe mit gemahlenen Cerealien hergestellt sind. 

50 Reınke (1) berichtet über eine für Backzwecke hergestellte Hefen- 
konserve, welche unter dem Namen „magische Hefe“ in eleganter Ver- 
packung ein bedeutender Handelsartikel in Amerika gewesen sein soll. 
Diese war durch Vermischen der Hefe mit Maisschrot, Formen zu 


— 117 — 


Scheiben und Trocknen hergestellt. Die Gärkraft dieser Hefe, welche 
angeblich vortrefflich wirken sollte, ließ nach den Untersuchungen von 
REINKE sehr zu wünschen übrig. Ob tatsächlich in diesem Falle Fehler 
bei der Herstellung, wie zu starkes Erwärmen beim Trocknen oder zu 
hohe Temperatur des Maisschrotes nach dem Vermischen mit heißem 5 
Wasser behufs der Verkleisterung der Stärke und besseren Bindens, be- 
gangen wurden, wie REInKE vermutet, mag dahingestellt bleiben. Aus 
eigener Erfahrung weiß ich, daß derartige Hefenkonserven mit einem 
Wassergehalt von 11 Proz., sehr guterGär- und Triebkraft sowie angenehmem 
Geruch sich im Handel befinden. Sehr bequem für den Gebrauch sind » 
sie in biskuitähnliche, ziemlich feste Stücke von 5%x30 ccm Größe 
bei 1 cm Dicke abgeteilt. Für eine bestimmte Menge Mehl wird eine 
bestimmte Anzahl der Hefenkuchen zum „Aufgehen“ des Teiges ge- 
nommen. Bei einer Prüfung nach zweijährigem Lagern bei gewöhnlicher 
Temperatur ohne irgend welche Vorsichtsmaßregeln war die Gärfähig- 
keit noch eine ziemlich befriedieende, und es entwickelten sich nach 
24 Stunden in zuckerhaltigen Nährflüssigkeiten Hefenzellen. 

COLLETTE und Boıpın (1) stellen hauptsächlich für Bäckereizwecke 
eine trockene Hefe durch Vermischen der gepreßten Hefe mit wasser- 
freier Stärke her, und es soll die Mischung, was nicht unwahrscheinlich zo 
ist, sehr gute Resultate liefern. Als Anstellhefe ist sie weniger gut 
geeignet. 

Wie verschiedenartige Beimengungen schon versucht wurden, ist 
daraus zu ersehen, daß mir eine vom Ausland stammende Hefenkonserve 
zu Händen kam, welche in der Weise hergestellt war, dab obergärige s 
Hefe mit einem rötlichgelben Ton gemischt zu Kugeln von etwa 20 mm 
Durchmesser geformt und dann getrocknet war. Die Konserve war 
schon zu alt (17—18 Jahre), als daß sich noch hätte erwarten lassen, 
lebende und entwicklungsfähige Zellen in derselben anzutreffen. 

P. Lınpoxer (6) hat auch die Vermischung von Hefe mit Torfmoos so 
versucht. Vorzüglich erscheint nach seinen Erfahrungen, welchen ich 
beistimmen kann, Malzschrot geeignet zu sein, um Hefe in kurzer Zeit 
zu trocknen und ihr jenen frischen Geruch zu konservieren, den sie an 
und für sich hat. 

Umfassende Versuche über die Konservierung von größeren Mengen s5 
von Betriebshefe durch Austrocknen, nachdem sie mit verschiedenen 
Substanzen auf das innigste vermischt worden war, hat H. Wıun (4) an- 
gestellt. Die Beobachtung der Hefenkonserven erstreckte sich teilweise 
über einen Zeitraum von mehr als 17 Jahren. Zu den Versuchen wurde 
zunächst gewöhnliche, gute, untergärige Bierhefe und eine gewöhnliche 
Münchener Weißbierhefe mit allen ihren Beimengungen an wilder Hefe 
und Bakterien, erstere unmittelbar nach dem Fassen verwendet. Außer 
den nur für den Versuch angefertieten Konserven kamen später noch 
solche Hefen in nicht geringer Zahl zur Beobachtung, welche für den 
Versand präpariert worden waren. Die Hefen wurden zunächst durch 4 
Schlämmen in Wasser und durch Sieben von dem noch beigemengten 
Bier und den festen Ausscheidungen (den „braunen Klümpehen“ usw.) 
_ leichten Hefenzellen und Bakterien möglichst befreit. Hierauf wurden 
die untergärigen Bierhefen brottrocken gzepreßt und mit Kieselgur, 
Asbestwolle, Gips, Holzkohle, Holzstoff (Holzschlif) sowie Papiermasse » 
(reine Filtrierpapierabfälle) vermengt. Die obergärigen Hefen wurden 
dagegen nach dem Absetzen im Wasser direkt in feuchtem Zustande zur 
Mischung verwendet. Das gegenseitire Mengenverhältnis war ein ver- 


> 


— 118 — 


schiedenes. Die Hefenkonservierung mittelst Holzkohle hat sich nicht 
nur bei den vorliegenden Versuchen, sondern auch vielfach in der Praxis 
und zwar selbst unter den schwierigsten Verhältnissen bewährt. Jeden- 
falls blieb innerhalb der Zeit, welche praktisch in Frage kommt, bei 
ssonst sachgemäßer Herstellung und Behandlung eine sehr große Anzahl 
von Hefenzellen und mehr als bei den anderen Konservierungsverfahren 
am Leben; auch bei noch längerer Aufbewahrung enthielt in einem Fall 
eine Holzkohlenkonserve zu einer Zeit (nach 10 Jahren), als die meisten 
der durch andere der obengenannten Zusätze hergestellten Konserven 
ıentweder überhaupt keine lebens- und entwicklungstähigen Kulturhefen- 
zellen mehr oder wenigstens nicht mehr vorherrschend enthielten, solche 
in großer Zahl. Reinkulturen, aus diesen überlebenden Zellen hergestellt, 
arbeiteten im Brauereibetrieb sofort normal und lieferten sehr rein- 
schmeckende Biere. Die Gärungen zeigten schönen Bruch. Die Ver- 
ısmehrung der fest abgesetzten Hefe war eine sehr gute; die Zellen waren 
groß und gleichmäßig. Ganz zweifellos konnte die Reinhefe jeden Ver- 
gleich mit anderen Reinhefen bestehen. Brauereihefe ist also befähigt, 
in getrocknetem, konserviertem Zustande lange Zeit hindurch ihre guten 
Eigenschaften zu erhalten. Der Hefenkonservierung mit Holzkohle steht 
»» diejenige mit Holzstoff hinsichtlich ihres praktischen Wertes sehr nahe 
und hat sich ebenfalls in zahlreichen Fällen bei Sendungen ins Ausland 
nach jeder Richtung hin bewährt; sie ‚besitzt sogar gegenüber den Holz- 
kohlenkonserven einige vom praktischen Standpunkt aus nicht zu unter- 
schätzende Vorteile, bei welchen auch die äußere Beschaffenheit der 
Konserve mit in Betracht zu ziehen ist. Gute Resultate wurden auch 
mit Asbestkonserven erzielt; immerhin dürften die mehr oder weniger 
porösen, Wasser aufsaugenden Substanzen, wie Holzstoft, Holzkohle usw., 
welche auch das Trocknen der Hefenmischung ohne Beschädigung der 
Zellen erleichtern, den Vorzug verdienen. Eine Vermischung der Hefe 
mit Gips und Kieselgur hat sich als weniger günstig für eine längere 
Erhaltung der Hefenzellen erwiesen. Um die Vorteile, welche sowohl die 
Holzkohle als auch der Holzstoff für die Konservierung bietet, auszu- 
nützen, werden Hefenkonserven auch in der Weise hergestellt, daß man 
als Hauptzusatz Holzstoft wählt, während pulverisierte Holzkohle nur 
3in verhältnismäßig geringer Menge beigemischt wird. Gewöhnlich 
werden auf 1 Teil trockengepreßte Hefe 2 Teile Holzstoft und '/, Teil 
Holzkohle genommen. Letztere wird fein zerstoßen und zuvor aus- 
eeelüht, während der Holzstoff ausgekocht wird. 

Einen anderen Weg, die Hefe, insbesondere Brennereihefe, vor dem 
Trocknen zu mischen und zwar mit den natürlichen, während der Be- 
reitung der Hefe selbst vorhandenen Bestandteilen, schlägt J. Errront (1) 
vor. Außerdem akklimatisiert Errroxt die Hefe erst an allmählich 
stärker werdende Gaben von Antiseptika, wodurch die Zellen sehr wider- 
standsfähig werden. Vergorene Maische aus Getreide, Mais u. dgl. wird 
mit: der Hefe, den Trebern und den Rückständen in eine Filterpresse 
gepumpt. Sodann werden die Preßkuchen entweder an der Luft oder 
in einem Vakuumapparat bei etwa 40—50° U getrocknet und können 
unmittelbar als Stellhefe gebraucht werden. Eine nach diesem Verfahren 
hergestellte Trebertrockenhefe wurde in einem offenen Gefäb aufbewahrt 
sound hielt sich ohne irgend welche Aenderung in ihrer Wirksamkeit 

länger als anderthalb Jahre. Zur Konservierung von Bierhefe, wozu 
Errront ebenfalls den Weg zeigt, erscheint das Verfahren nicht geeignet. 
Ein anderer Vorschlag geht dahin, die zu konservierende Hefe mit 


1 
[37] 


3 


So 


4 


_ 
(271 


— 119 — 


Hopfenextrakt zu behandeln und der im Hefengefäb befindlichen Hefe 
soviel Maismehl hinzuzufügen, bis eine bröckliche Masse entsteht. Die 
Mischung soll sodann in einem Luftstrom von 30° ©, und schließlich im 
Trockenofen getrocknet werden. 

Die Konservierung von Hefe durch Beimischung der angegebenen 
Stoffe hat neben den unzweifelhaften Vorteilen, welche sie bietet, auch 
ihre schwerwiegenden Nachteile. Vor allen Dingen ist eine Forderung, 
welche gestellt werden muß, nämlich diejenige der möglichsten Rein- 
erhaltung, nur schwer zu erfüllen, da die notwendigen Manipulationen 
längere Zeit in Anspruch nehmen und bei aller Vorsicht eine Infektion 
mit Bakterien und unter Umständen mit wilder Hefe, welche sich in- 
folge der nicht zu umgehenden Schwächung der Kulturhefezellen in der 
unangenehmsten Weise geltend machen können, nicht auszuschließen 
ist. Das Durchkneten der Hefe mit den Beimengungen, das Vortrocknen 
der verteilten Mischung auf Horden in erwärmten Räumen bietet, wenn 
auch mit größter Vorsicht gearbeitet wird, immer die Möglichkeit einer 
Infektion. Weiter kommt hinzu, dab bei Verwendung von Hefenkonserven 
im Betrieb die Beimengung auf das sorgfältigste wieder von der Hefe 
getrennt werden muß, wenn sie sich nicht, wie beispielsweise Gips, von 
selbst rasch absetzt oder in die Decke übergeht. Jedenfalls kann die 
erste Gärung, manchmal auch noch die zweite, je nach der Natur der 
Gemengteile, nicht verwertet werden. Bei Holzkohlenkonserven ist es 
notwendig, wenn sie erst einmal in Würze wieder aufgeweicht sind, 
die Kohle möglichst rasch und sorgfältig zu entfernen, um die Ver- 


mehrung der Hefe und den Beginn der Gärung durch Absorption desa 


Sauerstoffes von seiten der Holzkohle nicht zu verzögern. 

Die verschiedenen Einwände, welche gegen die Konservierung der 
Hefe mittelst absorbierender Stoffe und Trocknung erhoben werden können, 
haben J. Hrrox (2) veranlaßt, ein anderes Verfahren auszuarbeiten, 


welches darin besteht, dab die Hefe mit einer vergärbaren Substanz: 


(Glucose) gemischt wird. Diese bildet mit der Hefe eine harte und 
kompakte Masse, welche den Transport erleichtert, ohne dab das Ge- 
misch künstlich getrocknet werden muß. Der Vorteil dieses Verfahrens 
soll darin bestehen, daß die Hefe beim Verbringen in Würze rasch 


Gärung hervorruft, und daß die Substanz, mit der die Hefe vermischt war, 3; 


sich löst und selbst in Gärung übergeht. Ob das Verfahren praktische 
Bedeutung erlangt hat, ist unbekannt. 

Schon Reıske (1) berichtet im Jahre 1888 über ein ähnliches Ver- 
fahren, nach welchem zur Konservierung von Hefe diese mit Zucker in 
einem solchen Verhältnis gemischt wird, daß eine dickbreiige Masse ent- 
steht; andernfalls soll sie mit 60-proz. Zuckerlösung gemischt und kalt 
gelagert werden. 

H. Bönm (1) zerkleinert die Hefe durch ein Sieb, trocknet sie bei 
35° bis auf einen Feuchtiekeitsgehalt von etwa 10—12 Proz. und mischt 
dann mit 7,5 Proz. Traubenzucker und 3 Proz. doppeltkohlensaurem Natron. 

Von anderen Beimengungen und zwar flüssigen hat A. Kırs#- 
WALTER (1) das Glycerin empfohlen. Die gewaschene und getrocknete 
Hefe soll mit gleichen Teilen gewöhnlichen Glycerins gemischt, dann 
sofort auf gut zu verschließende Flaschen gefüllt und im Kiskeller aut- 


bewahrt werden; vor der Verwendung als Stellhefe muß sie mit Wasser , 


ausgewaschen werden. Nach den Untersuchungen von Wıru (3) aus 
dem Jahre 1886 empfiehlt sich diese Art der Aufbewahrung in keiner 
Weise. Die mit Glycerin nach den Angaben von Kınsewanter konser- 


or 


I 


20 


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[271 


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— 120 — 


vierte Hefe roch sehr unangenehm (wie ein altes anatomisches Präparat), 
und es war in einem Fall die Gärkraft der Hefe schon innerhalb 
10 Tagen von 47,8 Proz. auf 3,14 Proz. vermindert. Nach den Beobach- 
tungen von Wırz enthielt die mit Glycerin konservierte Hefe noch nach 

59 Monaten lebende Hefenzellen. Versuche, welche REınke (1) im Jahre 1888 
anstellte, gaben ebenfalls mangelhafte Resultate. Bei größeren Zusätzen 
von Glycerin starben die Hefenzellen ab; sie sind schon gegen 5-proz. 
Glycerinlösungen sehr empfindlich. Nach den Beobachtungen von Wir (5) 
bedarf es jedoch einer sehr innigen Berührung von Glycerin und Hefe, 

io wenn letztere abgetötet werden soll, und es ist eine solche nur schwer 
herzustellen, da die Hefe durch die während der Aufbewahrung ein- 
tretende Selbstgärung zum größeren Teil in die Höhe gehoben wird. 
Nach 4 Monaten waren in diesem Falle nur wenige tote Zellen vor- 
handen. 

15 Außerdem hat KıEsEWALTER (1) empfohlen, die gewaschene und ge- 
preßte Hefe mit Alkohol von 25 Vol.-Proz., den man vorher mehrere 
Tage auf gutem Hopfen hatte stehen lassen, im Verhältnis von 2:1 zu 
mischen und im Eiskeller aufzubewahren. Vor dem Gebrauch wird der 
Alkohol von der abgesetzten Hefe abgegossen, die Hefe mehrmals mit 

»o Wasser ausgewaschen und dann sofort als Stellhefe verwendet. Für 
verhältnismäßig kurze Zeit mag diese Aufbewahrungsmethode genügen, 
ohne daß sie jedoch die Hefe vor der Entwicklung und Ueberhandnahme 
der in ihr als Verunreinigung enthaltenen Bakterien schützt. Bei 
monatelanger Aufbewahrung leiden jedoch auch die Hefenzellen sehr 

stark. wie Wırı festgestellt hat. 

Erwähnt sei noch ein englisches Patent aus dem Jahre 1891, nach 
welchem zur Konservierung sterile Würze mit einem Zusatz von 5 bis 
15 Proz. Gelatine angewendet werden soll. Diese soll in sterilen Ge- 
fäßen auf die Reinhefe gegossen werden. Angeblich behält die Hefe 

„lange Zeit ihre Eigenschaften bei. 

Neben der Herstellung von konservierter Hefe durch Beimengung 
der verschiedensten Stoffe wurde gleichzeitig die Konservierung durch 
direktes Trocknen der gut gewaschenen und mechanisch gereinigten, 
gepreßten Hefe geübt. Teilweise war hierbei das Verfahren ein sehr 

3 primitives, doch wurden auch schon zu diesem Zweck besondere Apparate 
konstruiert. REISENBICHLER (1) empfiehlt schon im Jahre 1879, Hefe auf 
feinporöse, wohl ausgetrocknete Platten oder Ziegel aus geformtem Gips 
oder gebranntem Ton zu streichen. Die Ziegel werden ihrer Länge 
nach von Hohlräumen durchsetzt, durch welche fortwährend ein Strom 

o vorher ausgetrockneter, kühler Luft geführt wird, um die von der auf- 
gestrichenen Hefe aufgenommene Feuchtigkeit aus den Ziegeln zu ent- 
fernen. In einfachster Weise wird über Gips oder Chlorcaleium Lein- 
wand ausgebreitet und auf diese die Hefe gestrichen. K1ESEWALTER (1) 
behandelte die zu konservierende Hefe nach dem Pressen, wie oben an- 

‚gegeben, mit Alkohol von 25 Vol.-Proz., welcher wieder mit Hopfen 
präpariert war, mehrere Stunden lang. Nach wiederholter Pressung 
wurde sie an einem schattigen, zugigen Orte auf einem Tuch aus- 
gebreitet und getrocknet. Die getrocknete Hefe wurde in verschlossenen 
Flaschen aufbewahrt, und es sollen die mit ihr angestellten Gärungen 

gut gewesen sein. In gleich primitiver Weise wurde Hefe offen an der 
Luft auf schwach erwärmten Flächen, wie auf Eisenplatten, ja selbst 
nur auf Mauern getrocknet. Ein Fortschritt machte sich hierbei in- 
sofern geltend, als die Hefe zwecks leichterer Trocknung durch 


— 121 — 


eine besondere, zu diesem Zweck von REICHENKRoN (1) konstruierte 
Maschine zu dünnen Fäden geformt wurde. Die gewaschene Hefe wird 
gepreßt und in der Maschine gegen ein Sieb mit Löchern von einem 
Durchmesser bis zu 15 mm durch eine Schnecke gepreßt. Die aus- 
tretende Hefe wird auf Blechen oder Platten aufgefangen, welche durch 5 
ein gleichzeitig mit der Schnecke unterhalb der Maschine bewegliches 
Tuch ohne Ende weiter geführt werden. Die Hefenfäden werden zu- 
nächst 6 Stunden an der Luft und dann noch 24—36 Stunden bei 20° 
in einem geheizten Raum mit mäßigem Luftzuge getrocknet. Solche 
Hefe gelangte nach REINKE (1) mit eingedickter Weißbierwürze im 
Exporthandel zur Weißbierfabrikation auf den Markt. Selbstverständ- 
lich war die Hefe selbst dann, wenn nach Vorschrift ein „sauberes“ 
Tuch zum Ausbreiten derselben verwendet wurde, der Infektion in weit- 
gehendstem Maße ausgesetzt. 

Ein Vorschlag von HEINZERLIsG ging dahin, die Hefe durch Ent-ıs 
wässern bei niederer Temperatur (ca. 31—44° C) im Vakuumapparat in 
Pulverform überzuführen. Einen Fehler dieses Verfahrens bildet die 
mangelhafte Gärkraft des gewonnenen Produktes. Offenbar konnte diese 
aber nicht durch das Trocknen bei erhöhter Temperatur veranlabt sein. 
Die von Wıru zu seinen Beobachtungen über die Lebensdauer von ge-2 
trockneter Hefe unter Beimenzung verschiedener Substanzen hergestellten 
Konserven waren alle unter langsamer Steigerung der Temperatur bis 
auf 40° C innerhalb 1—3 Tagen getrocknet worden, wobei die Natur 
der Beimengeungen nicht ohne Einfluß war. Trotzdem besaßen sie zu- 
meist eine befriedigende Gärkraft. Bei entsprechender Verteilung, lang-: 
samer Wasserentziehung durch allmähliche, größere Schwankungen aus- 
schließende Steigerung der Temperatur, wobei die Maximaltemperaturen 
nur kurze Zeit einwirken dürfen, wird die Gärkraft der Hefe beim 
Trocknen nur verhältnismäßig wenig geschwächt. Das erste Erfordernis 
ist dabei die rasche Entfernung des beim Trocknen verdampften Wassers. so 

Gänzlich fehlerhaft sind solche Vorrichtungen, bei welchen die Hefe 
auf mehrere übereinander liegende Horden aufgetragen wird, so daß der 
von den unteren entweichende Wasserdampf die auf den oberen Horden 
befindlichen Schichten der Hefe oder der Hefenmischung durchstreichen 
muß, bevor er abgeführt wird. Die auf den oberen Horden befindlichen 
Zellen werden hierbei geradezu gedämpft. Wird gewöhnliche Betriebs- 
hefe in derartigen fehlerhaften Apparaten getrocknet, so kann neben- 
bei in dem feuchtwarmen Raum eine starke Bakterienentwicklung die 
Hefe in weitgehender Weise schädigen. 

Nach den Angaben von REıskE (3) hat Parrerırz einen Apparat so 
konstruiert, mittelst dessen es möglich sein soll, nach dem Prinzip der 
sterilen Behandlung größere Mengen von Hefe zu trocknen und zu ver- 
packen. In einem geschlossenen, durch Dampf sterilisierbaren Kasten 
wird durch Schwefelsäure getrocknete und sterilisierte Luft oder durch 
Watte filtrierte Luft eingeleitet. Den im Innern des Apparates beim 
Hefentrocknen auftretenden kondensierten Wasserdämpfen, ein Haupt- 
übelstand bei der Konservierung in geschlossenen Räumen bei erhöhter 
Temperatur, ist durch eine Rinne Gelegenheit zum Abtließen gegeben. 
Ueber einem Dampfrohr zum Erwärmen des Apparates liegen zwei enge 
Horden. Die stark gepreßte Hefe gelangt, etwa in dünnen Stangen, auf: 
die Horden und soll im Anfang nicht über 31° C, nach einiger Ent- 
wässerung höher, doch nicht über 62° C weiter getrocknet werden. Die 
einströmende sterile Luftmenge muß ausreichend sein, auch mit ge- 


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— 12 — 


nügender Geschwindigkeit den Apparat passieren. Nach den Angaben 
von REınke liefert ein solcher Apparat täglich ca. 15 kg trockene Hefe. 
In neuester Zeit ist man in der Erkenntnis, daß die unmittelbare 
Trocknung der Hefe bei erhöhter Temperatur trotz größter Sorgfalt 
smanche Schwierigkeiten bereitet, dazu übergegangen, das Trocknen zu- 
nächst bei gewöhnlicher oder sogar niederer Temperatur, im kalten, 
trocknen und sterilen Luftstrom unter Anwendung von intensiv wirken- 
den Ventilatoren vorzunehmen, und zwar bleibt die sorgfältig gewaschene, 
stark abgepreßte und gekühlte Hefe unvermischt mit anderen, indiffe- 
ırenten Substanzen. Das Trocknen selbst größerer Hefenmengen nimmt 
nur sehr kurze Zeit in Anspruch. Insbesondere haben einzelne hervor- 
ragende Braustätten dieses Verfahren, dessen Einzelheiten nicht näher 
bekannt sind, ausgebildet und bringen in gefälliger Verpackung in Blech- 
büchsen eine für den Welthandel bestimmte getrocknete Hefe auf den 
ısMarkt. Der Inhalt der Büchsen bildet eine aus unregelmäßig geformten, 
groben Körnern bestehende Masse von hellgelb-bräunlicher Farbe und 
angenehmem Hefengeruch. In einzelnen Fällen scheint die ursprünglich 
in gröberen Körnern getrocknete Konserve durch Zermahlen nachträg- 
lich noch zerkleinert zu werden. Die Gärkraft dieser steril, aus Nach- 
»»zucht von Reinhefen, mit einem Wassergehalt von 10—12 Proz. her- 
gestellten Konserven ist eine gute und auch deren Haltbarkeit eine 
befriedigende. 
Nach einem in jüngster Zeit unter Nr. 74201 im Deutschen Reich 
zum Patent angemeldeten Verfahren von Heıskıch Hau wird die ge- 
2 waschene und gepreßte Hefe in fein verteiltem Zustande in einem ge- 
schlossenen Behälter durch filtrierte Preßluft, deren Temperatur durch 
eine entsprechende Einrichtung successive von ca. 10—15° C auf 
30—40° C gesteigert werden kann, kontinuierlich getrocknet. 


$ 29. Die Verwertung der Brauereihefe und Abfallhefe zur 
30 Darstellung von Nährpräparaten. 


Die großen Mengen von Hefe, welche täglich in den Brauereien an- 
fallen (s. Bd. IV, S. 121), ohne dab selbe ihrem eigentlichen Zwecke zugeführt 
werden können, haben seit langem das Bestreben wachgerufen, eine 
anderweitige nutzbringende Verwendung hierfür zu finden. Bei diesen 

3im Brauereibetriebe ausgeschiedenen Hefen handelt es sich nicht nur 
um minderwertice Abfallhefe, wie solche beim Abschöpfen, Schlemmen, 
bei der Reinigung der Anstellhefen usw. entfernt wird, sondern um 
große Mengen von tadellosem Zeug, der, da momentan kein Absatz da- 
für da ist und bei der raschen Zersetzbarkeit ohne besondere Konser- 
so vierung ein längeres Aufbewahren nicht möglich ist, entfernt werden 
mub. Nach einer Berechnung DeELerück’s (1) stehen in Deutschland allein 
jährlich 60000000 kg guter Hefe, welche in Brauereien nicht weiter 
Verwendung finden Können, zur Verfügung. Nach FERRoX werden in den 
bierbrauenden Ländern 132450000 kg Hefe verwertet und 172600000 kg 
ssnicht verwertet. Während man in früheren Jahren Abtallhefe nur als 
Viehfutter zu verwerten suchte oder hie und da als Düngemittel empfahl 
und verwendete, traten in den letzten Jahren zahlreiche Bestrebungen 
auf, den hohen Gehalt der Hefe an KEiweibkörpern und anderen wertvollen 
Bestandteilen besser auszunützen, indem man versuchte, aus denselben 
somenschliche Nährpräparate und Genußmittel, insbesondere Extrakte, 


— 13 — 


darzustellen, welche dem Fleischextrakte an Wohlgeschmack gleich- 
kommen und demselben Konkurrenz zu machen imstande sind. Eine 
andere Art der Verwertung von Hefe, bei welcher es sich allerdings 
nur um einen geringen Verbrauch derselben handelt, ist die für thera- 
peutische Zwecke. Ferner wird nach W. Kuzs (1) aus der Hefe durch 
geeignete Behandlung (Zusatz eines sauren Phosphats und Trocknen) ein 
Nährstoff für die Züchtung der Hefe in der Brauerei dargestellt. 
R. SCHRÖöDER (1) stellt aus Abfallhefe Hefenalbumin dar, indem er wässerige 
Auszüge aus gereinigter, mit Aether behandelter Hefe durch Kochen mit 
Essigsäure fällt. Der entstandene Niederschlag. der 15,9 Proz. Stick- 
stoff enthält, liefert die Albuminreaktion. Auch in der Lederindustrie 
sollen die Hefe und daraus hergestellte Extrakte zufolge .J. L. Backer (1) 
Verwendung finden. Eine übersichtliche Zusammenstellung der Verfahren 
und Vorschläge zur Verwertung der Hefe insbesondere zur Verarbeitung 
derselben zu Nahrungs- und Genußmitteln hat HEıszEeLmann (1) ge- 
geben, ferner J. L. Backer (1), der auch selbst Versuche über die 
Extraktgewinnung aus Hefe anstellte, sowie L. Ausryr (1). Weiter 
wurde die gewerbliche Verwertung der Hefe in eingehender Weise von 
DELBRÜCK (1) und DoRrMEYER (1) besprochen; auch P. ScHürLer (1) 
macht Angaben über die Verwertung der Brauereiabfallhefen zu mensch- 
lichen Nahrungsmitteln. 

Die Verfahren, welche zur Verarbeitung der Hefe zu Nahrungs- 
und Genußmittel dienen, lassen sich in zwei Gruppen teilen: 1. Ver- 
arbeitung der ganzen Hefensubstanz zu einem Nahrungs- und Genußmittel 
und 2. Herstellung von Nährextrakten aus Hefe. 

Bei Darstellung beider Arten von Präparaten muß der Verarbeitung 
der Hefe eine Reinigung derselben von den in ihr befindlichen Hopfen- 
harzen, Eiweißkörpern und sonstigen Ausscheidungen (vel. $ 40), welche 
den aus der Hefe bereiteten Produkten einen bitteren Geschmack ver- 
leihen würden, vorausgehen. Eine solche wird erzielt durch Behandlung 
der Hefe mittelst eines Alkalis, verdünnter Sodalösung oder kohlensauren 
Ammoniaks, durch Kalkwasser, durch wiederholtes Wässern und Durch- 
treiben der Hefe durch feine Siebe, wobei vorhandene Eiweibßaus- 
scheidungen etc. entfernt werden. Zur Entfernung der Bitterstoffe aus 


der Hefe zwecks Herstellung von Nährpräparaten empfiehlt J. Prerers (1): 


das Waschen mit verdünnter Essigsäure (0,1 Proz.), wobei auch ein 
viel rascheres Absetzen der Hefe erzielt werden soll. 

Die Herstellung von Hefenpräparaten für Nähr- und Genußzwecke, 
bei welcher die ganze Hefe, Zellinhalt mit Zellwand, Verwendung findet, 
soll zuerst betrachtet werden. Für diese Art der Hefenpräparate wird 
die Hefe bei den meisten Verfahren nicht für sich allein verwendet, sondern 
erhält Zusätze, die entweder das Trocknen und das Verarbeiten der 
Hefe erleichtern oder geschmacklich verbessernd wirken. 

H. Wesener (1) trocknet die gewaschene Hefe und versetzt sie 
nach vorhergehendem schwachem Rösten mit einem geringen Prozentsatz 
gebrannten Kaffees oder gerösteter Cichorien. Der Aufzuß eines solchen 
Präparats soll an Fülle des Geschmacks und an Nährstoff dem Katflee 
überlegen sein. Nach demselben Autor soll auch getrocknete Hefe ein 
gutes Grundmaterial für Schnupfpulver geben. Auch als Streupulver an 


Stelle von I,ykopodium kann nach seinen Angaben die eetrocknete Heftes 


verwendet werden. Kurisschmivr (1) schmilzt feste Hefe mit einem für 
den menschlichen Genuß geeigneten Fett unter Zusatz von Kochsalz in 
offenen Pfannen und setzt die Eindiekung bis zum Verdampfen des Zell- 


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wassers fort, wobei die Mischung einer Temperatur von 150° C und 
darüber ausgesetzt wird. .J. MÜLLER (1) stellt Speisemehl dadurch her, 
dab er verflüssigter und auf 70—80° Ü erwärmter Hefe Stärke beliebiger 
Art oder Mehl zusetzt, wobei die Stärke verkleistert wird. Die Mischung 
swird hierauf getrocknet und durch Mahlen in Pulverform übergeführt. 
Das Speisemehl soll hauptsächlich für Suppen. Saucen, Gemüse u. del. 
benutzt werden. SIEBEL (2) bringt trockene Hefe mit Traubenzucker 
und feiner Stärke zusammen, wobei die vorher trockenen und festen Be- 
standteile sich zu einem Sirup vereinigen, der sowohl nach Konsistenz 
und Aussehen als auch in der Zusammensetzung mit kondensierter Milch 
Aehnlichkeit haben soll. Trocknet man diesen Sirup bei genügend hoher 
Temperatur, so tritt eine teilweise Caramelisierung ein. Das Resultat ist 
ein braunes aromatisches Produkt, das mit kochendem Wasser ein Ge- 
tränk liefert, das in Farbe und Geschmack an Kaffee und Schokolade 
erinnern soll. 

Von weit größerer Bedeutung als die Verfahren, welche die ge- 
samte Hefe für Nährzwecke verwerten, und auch weiter ausgearbeitet 
sind jene Verfahren, welche nur die extraktiven Bestandteile der Hefe 
zur Herstellung von Nährpräparaten und Genußmitteln verwenden. Es 

2ohandelt sich bei letzteren Verfahren einerseits darum, möglichst hohe 
Extraktausbeute zu erzielen, und andrerseits, Bedingungen einzuhalten, 
welche günstig auf die Zusammensetzung und den Geschmack des Produktes 
wirken. Die Vorschläge, welche zur Erreichung dieser Ziele gemacht 
worden sind, sind sehr mannigfaltige. Wir wollen nur in kurzen Zügen 

5die wichtigsten der Verfahren aufführen. Die meisten davon sind 
patentiert, manche derselben sind im großen zur Ausführung gekommen 
und es sind auch verschiedene dieser Nährpräparate im Handel. 

Want und Hextvs (1) waren unter den ersten, welche aus Hefe 
einen Extrakt bereiteten, um denselben als Nahrungsmittel zu verwenden. 

30Sie kochen die vom Hopfenharz befreite, mit gleichen Teilen Wassers 
verdünnte Hefe 30 Minuten lang. Das Dekokt wird filtriert und die 
klare Flüssigkeit bis zur Sirupdicke eingedampft. E. Kresse (1) kocht 
die Hefe nicht, sondern erhält dieselbe 3 Stunden lang bei einer 58° C 
nicht überschreitenden Temperatur. Diese Temperatur reicht hin, die 

3 Hefe zu töten, ist aber nicht hoch genug, die Eiweißstoffe zu koagulieren. 
Zum Schluß wird mit Wasser verdünnt und durch eine Filterpresse die 
Flüssiekeit vom Rückstande getrennt. Die klare Flüssigkeit wird zur 
Pastenkonsistenz eingedampft. 5 kg gepreßte Hefe geben ungefähr 
0,75 kg Extrakt von 20 Proz. Feuchtigkeit. In ganz ähnlicher Weise 

warbeitet RÜCKFORTH (2), nur erhält er das Gemisch von Hefe und Wasser 
bei einer höheren Temperatur als 58" C; die Grenze von 85° wird jedoch 
nicht überschritten. Auch das Verfahren von Eur (1) ist den beiden 
vorhergehenden ziemlich gleich, nur wird die Hefe in kleinen Portionen 
in größere Mengen Wasser von 60°—70" U eingetragen. 

45 C. O. Sunrıvan (1) setzt die Hefe S—10 Tage einer Temperatur 
von 26—38° C aus, mischt die halbflüssige Masse mit gleichen Teilen 
Wasser und filtriert. Das Filtrat wird auf 65—71° Ü gebracht, um die 
Eiweibstoffe zu koagulieren, und dann ca. 30 Minuten im Sieden erhalten. 
Die nochmals filtrierte Flüssigkeit wird zur Sirupdicke eingedampft. 

so Diesem ähnlich ist das Verfahren von Warsox (1). 

Um den Zellsaft der Hefe zu gewinnen, läbt RückrFortH (1) die Hefe 
bei Temperaturen von — 12 bis —15° Ü getrieren und unterwirft die ge- 
frorene Hefe rasch einer höheren Temperatur. Die so aufgeschlossene 


Hefe kann nun auf beliebige Art zur Löslichmachung und Gewinnung 
des Zellinhaltes mit Reagentien behandelt werden. Während bei obigem 
Verfahren sämtliche Extraktivstoffe der Hefe in das Nährpräparat ge- 
langen, hält DormeyEr die in der Hefe vorhandenen Extraktivstoffe, 
insbesondere auch das phosphorsaure Kali, für diätetische Eiweißpräparate 
schädlich. Er bringt deshalb die Hefe auf 91° C, um das Eiweiß zu 
koagulieren, entfernt die Extraktivstoffe durch Filtration und gewinnt 
aus dem Filterrückstand durch 4—12-stündige Behandlung desselben 
mit gespannten Wasserdämpfen Eiweiß in nicht koagulierbarer Form. 
E. Joassox (1) behandelt Brauerei- und Brennereihefe mit 0.5-proz. 
Salzsäure oder Phosphorsäure und erhitzt dann das Gemisch ', bis 
1'/, Stunden unter dem Druck von 2!/, at. Nach dem Filtrieren wird 
die erhaltene Flüssigkeit mit Natronlauge neutralisiert und zur Extrakt- 
konsistenz eingedampft. Auch PEETERS (2) verwendet bei einem früheren 
Verfahren gewisse Säuren oder Salze zur Extraktion der Hefe, gibt 
aber in einem späteren Patente (4) ein Verfahren zur Reinigung von 
Hefenextrakten an, um den unangenehmen Geschmack und Geruch zu 
entfernen, der bei Extrakten auftritt, die durch Aufschließung der Hefe 
mittelst verdünnter Säuren erhalten werden. Es wird zu diesem Zweck 


der eingedickte Hefenextrakt wiederholt mit 95-proz. Weingeist ausge- 2 


zogen, wodurch auch die für die Ernährung wertlosen Stoffe, wie Leucin, 
Tyrosin u. dgl., entfernt werden. Die Entfernung eines Teils der Kalium- 
salze aus den Hefenextrakten sucht PEETERS (3) dadurch zu erreichen, 
dab er bei 60" abgetötete Hefe 12—15 Stunden mit ca. 0,3 Proz. Wein- 


säure behandelt. Die Kaliumsalze werden hierbei in Bitartrate übergeführt, : 


die sich ausscheiden und durch Filtration entfernt werden. Ein Drittel 
der Kaliumsalze kann so aus den Hefenextrakten ausgeschieden werden. 
Um Eiweiß aus Hefenextrakt abzuscheiden, behandelt S. W. Gans (1) 
den bis auf 70—80 Proz. Trockengehalt eingedickten Hefenextrakt mit 


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[271 


Wasser und Kochsalz; der entstandene Eiweibniederschlag wird abfiltriert, 30 


das Filtrat zur Sirupdicke eingedampft. 

Eine Reihe von Verfahren basieren auf Verwendung von eiweib- 
verdauenden Mitteln. Soschlägt PErTERS(2) die Verwendung von Pepsin, 
Pankreas und Papain vor. Ein ähnliches Verfahren hat sich GOoDFELLOW (1) 
patentieren lassen. Derselbe dizeriert einen Teil der Hefe in salzsaurer 
Lösung mit Pepsin, der andere Teil der Hefe wird in alkalischer Lösung 
mit einem Glycerinauszug aus Ochsen- oder Hammelspankreas behandelt. 
Ebenso benutzen Tu. Hırr-Joxes (1) und Kressen (2) proteolytische 
Enzyme. Außerdem wird von denselben auch Formaldehyd oder über- 
hitzter Wasserdampf zur besseren Ausnutzung der Hefe vorgeschlagen. 
Auch Dexaver (1) benutzt solche Enzyme, die er auf Hefe, deren Zell- 
wände zuerst durch Erhitzen unter Druck bis zu drei Atm. zerstört 
wurden, einwirken läßt. Overseck (1) digeriert die durch Kochen ver- 
flüssigte und auf 60° O abgekühlte Hefe mit Malzkeimen, worauf nach 
erfolgter Einwirkung die Mischung gekocht, filtriert und eingedampft wird. 

Um die Ausscheidung des Protoplasmas aus der lebenden 
Hefenzelle zwecks Gewinnung von Hefeneiweiß behufs Verwertung als 
Nahrungsmittel zu bewirken, lassen H. Bucnhxer und M. Gruser (1) auf 
die in einem Ballon befindliche, von Luft befreite Hefe Aetherdämpte 
einwirken. Das Eiweiß wird nach dem Abfiltrieren von den Zellresten 
aus der erhaltenen Flüssigkeit durch Erhitzen koaguliert und getrocknet, 
um als nährender Zusatz zu Speisen zu dienen. Das Filtrat vom KEiweiß- 
coagulum kann eingedickt und in Extraktform als Nährsubstanz für die 


35 


die 


ER, 


Züchtung von Hefen, Bakterien etc. verwendet werden. In einem weiteren 
Patente benutzen dieselben Autoren (2) zur Ausscheidung des Proto- 
plasmas aus der Hefe geringe Mengen (etwa 5 Proz. der feuchten Hefe) 
verschiedener indifferenter organischer Lösungsmittel, wie Aether, Benzol, 
s Toluol, Chloroform, Essigäther oder einen anderen Fettsäureäther, 
Schwefelkohlenstoff, Methylalkohol, Aceton, Methylpropylketon oder 
Glycerin in flüssiger Form, welche in die feuchte Hefe hinein- 
geknetet werden. In einem Zusatzpatente mischen sie (3) der feuchten 
abgepreßten Hefe, bevor sie mit geringen Mengen genannter organischer 
ıo Lösungsmittel versetzt wird, die Hälfte oder das gleiche Gewicht Wasser 
zu. Ransrorp (1) behandelt feuchte Hefe mit flüchtigen und flüssigen 
Lösungsmitteln (mit Ausnahme des Aethyläthers). Auch L. W. Gans (2) 
bringt zum Abscheiden des Zellinhaltes aus Hete dieselbe mit kleinen 
Mengen organischer Flüssigkeiten, z. B. Essigsäureäthyläther, zusammen. 
15 Um den Eiweißabbau und die Umsetzung der Eiweißkörper der 
Hefe zwecks Extraktgewinnung ohne gewaltsamen Eingriff zu bewirken, 
läßt G. EıicHhereaun (1) auf durch Erhitzen getötete Bier- oder Brennerei- 
hefe oder auch auf das getrocknete und gemahlene und wieder an- 
gefeuchtete Hefenpulver Sporen einer Kultur von Aspergillus Oryzae oder 
»eines verwandten Pilzes mindestens 8—10 Tage bei einer Temperatur 
von 32—38° © einwirken. Nach dieser Zeit werden 10 Proz. der an- 
gewandten Hefe Kochsalz zugefügt, die Masse mit heißem Wasser 
extrahiert, das abfiltrierte Extrakt eingedampft. Es sollen 20 Proz. der 
angewendeten feuchten Hefe an wohlschmeckendem Extrakt erhalten 
> werden. 

Andere Verfahren, die Hefe zu verflüssigen, resp. einen groben Teil 
des eiweißhaltigen Zellinhaltes aus der Hefe austreten zu lassen, basieren 
darauf, dab gewisse in Wasser lösliche indifferente Körper, wie Gummi 
arabicum und Kochsalz, der gereinigten und geprebten Hefe bei niederen 

30 Temperaturen zugesetzt werden, wodurch nach kurzer Zeit Verflüssigung 
eintritt. Die Patente, welche auf diesem Verfahren beruhen, lassen sich 
streng in zwei Gruppen teilen: 1. Die Plasmolyse sowie der ganze Prozeb 
der Extraktgewinnung geht unter Vermeidung von Selbstgärung 
vor sich. 2. Die mit den plasmolysierenden Zusätzen versetzte Hefe 

wird der Selbstgärung überlassen. Zur ersten Gruppe gehört das 
Verfahren der Extraktgewinnung aus Hefe von L. Ausry (2) und der 
Wissenschaftlichen Station für Brauerei in München. Die gereinigte 
und geprebte Hefe wird mit 5—10 Proz. Kochsalz versetzt, bei niedriger 
Temperatur einige Zeit stehen gelassen und dann 2—3 Stunden bei 50° 
sdigeriert; darauf wird die flüssige Masse in kochendes Wasser ein- 
getragen. Das Ganze wird noch 2 Stunden gekocht und dann heiß ab- 
geprebt. Der hohe Kochsalzgehalt verhindert Selbstgärung, welche den 

Wohlgeschmack des Extraktes wesentlich vermindern würde. A. ScHuaip (1) 

behandelt die Bierhefe zuerst mit Wasser, welches mit Weinsäure an- 
gesäuert ist, gibt dann 5 Proz. Kochsalz zu, worauf 7—8 Stunden auf 
72—92° erwärmt wird. Die Flüssigkeit wird abfiltriert und eingedampft. 

Nach den Verfahren der zweiten Gruppe arbeitet die Aktiengesell- 

schaft ForcE (1), welche die trockene Hefe durch Behandlung mit 

Gummi arabicum, Chlornatrium, kohlensaures Natron usw. bei niederen 

Temperaturen verflüssigt und die in Gärung befindliche Mischung von 

Zeit zu Zeit mit einer neuen Menge Hefe vermischt. Diese Operation 

wird bis zu 20 Tagen und darüber, während welcher Zeit sich die Hefe 
in Selbstgärung befindet, ausgedehnt. Aehnlich ist das Verfahren von 


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H. van Laer (2), welcher mit 2 Proz. Kochsalz verflüssigt und das Ge- 
misch nach längerer Selbstgärung mit groben Mengen Wasser vermischt. 
Die von der Hefe durch Filtration getrennte Flüssigkeit wird zur Ge- 
winnung des Alkohols destilliert, das hierbei sich ausscheidende Albumin 
wird gesammelt und getrocknet. Der flüssige Anteil, bestehend aus 
Albumosen und Peptonen gibt eingedampft ein zu Nährzwecken ge- 
eignetes Präparat. Nach Ausryv enthält der bei der Bereitung des 
Hefenextrakts nach seinem Patent erhaltene Rückstand, der aus Zellresten 
und koaguliertem Eiweiß besteht, noch hohen Nährwert. Aus demselben 
kann durch künstliche Ver dauung ein weiterer, aber minderwertiger und 
weniger wohlschmeckender Extrakt zur Bereitung von Nährzwieback 
und anderen konzentrierten Nahrungsmitteln hergestellt werden. Auch 
als Zusatz bei der Käsebereitung kann dieser Rückstand zufolge Augry (3) 
benutzt werden. 

Die große Anzahl von Patenten, welche zur Umwandlung der 
Brauereiabfallhefe in ein menschliches Nahrungs- und Genußmittel ge- 
nommen wurden, die vielen Verfahren, welche zu diesem Zwecke bis 
heute ausprobiert wurden und zur Anwendung kamen, lassen die grobe 
Bedeutung erkennen, welche dieser Sache beigemessen wird. Es soll 


jedoch auch nicht verschwiegen werden, dab “manche von derartigen: 


Präparaten, welche auf dem Markte erschienen sind, im Laufe von 
wenigen Jahren wieder aus dem Handel verschwunden sind oder eine 
bedeutend geringere Nachfrage erfahren. 

Mit der Verbreitung der verschiedenen Hefenextrakte im Handel 


erschienen auch in der einschlägigen Literatur Arbeiten, die sich mita 


der Zusammensetzung und Untersuchung solcher im Handel befindlichen 
Präparate beschäftigten. So hat A. Searu (1) eine Methode zum Nach- 
weis von Hefenextrakt im Fleischextrakt ausgearbeitet, die 1 Proz. Hefen- 
extrakt im Fleischextrakt erkennen lassen soll. Hefenextrakt soll mit 


Fenuıng’scher Lösung einen hellblauen Niederschlag geben, was Fleisch- s 


extrakt nicht tut. H. E. Davies (1) hält die Searr'sche Reaktion für 
quantitative Untersuchung nicht geeignet. M. WıntGen (1) benutzt zum 
qualitativen Nachweis von Hefenextrakt im Fleischextrakt die Tatsache, 
daß die mit Zinksulfat ausgesalzenen Eiweißstofte bei Fleischextrakt 
völlig klar ablaufen, während die Hefenextrakte starke Trübung zeigen. 
A. Worrr (1) bringt eine Mitteilung über die Sp IeLNDE und Zu- 
sammensetzung der Hefeneiweibpräparate. Lessıx (1) teilt die chemische 
Zusammensetzung von Ovos, eines aus Hefe hergestellten Fleischextrakt- 
ersatzmittels, A. "Wourr (2) die der Hefenextrakte Sırıs, Ovos und Wuck 
mit. Eingehende vergleichende Untersuchungen von Fleischextrakt und 
deren Ersatzmitteln hat K. Mıcko (1) ausgeführt. Insbesondere wurde 
in dieser Arbeit auf die Menge des Xanthinbasen-Stickstofis in den ver- 
schiedenen Fleisch- und Hefenextrakten des Handels Rücksicht genommen. 
Daran anschließend veröffentlichte derselbe Autor (2—4) weitere Unter- 
suchungen über die Xanthinbasen der Fleisch-, Hefen- und anderer Nähr- 
extrakte. Aus seiner Arbeit geht hervor, dab das Adenin die Hauptmasse der 
in dem Hefenextrakt enthaltenen Xanthinbasen bildet. Dem Adenin 
folgen dann der Menge nach das Guanin, das Hypoxanthin und schlieb- 
lich das Xanthin. Carnin, welches in der Hefe vorkommen soll, konnte 


nicht nachgewiesen werden (vel. Bd. I, S. 250). Ueber die Zusammen- 


setzung einiger neuer Speisewürzen berichtet J. Grarr (1). Es wurden 
die Erzeugnisse aus Fleisch, ferner die Hefenextrakte sowie sonstige 
meist aus Pflanzen hergestellte Suppenwürzen in den Kreis der Unter- 


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suchung gezogen. 


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im Handel vorkommenden Hefenextrakten. 


Nachstehende Tabelle bringt die Analysen von zehn 


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1. Siris 28,45 50,40 7,22 0, 50 2,68 0,2911,044| 0,53 | 11,27 |15,15|1,29) 6,93 | 9,50 
2. Pana 60,52 18.88 1,53 0,19 |0,58| — 0,112 0,41. 9,32 20,609,72 1,49 6,00 
3. Beduin 55,81 22,69 2,67 0,33 | 1,19 /0,12.0,521| 0,27 | 6,00 '21,50/9,20| 2,68 | 3,46 
4. Obron 66.50 14.05 2.05 0.28 0.83 0.10 0,326 0,30, 1.42 19.458,97 1.99 3.75 
5. Ovos, flüssig |71,09/11,42| 2,97 | 0,29 | 1,38 0. 15 0,410 0,22| — 117,49 6,49 3,29 _ 
6. Ovos, fest 25,99/48,47| 5,71|1,18 3.03 02 71,869) 0,30 | 12,78 '25,54.8,39) 5,67 | 7,50 
7. Sitogen, flüssie]61,51 21.19 1.980,33 | 0.85 0.13 — 0,31, 882 17.306,70 2,35| — 
8. Sitogen, fest [33,43 45.65 5,33 11,4111,79|— | — 0,32 12,33 22, ‘927 { 07 5,49| 5,16 
9. Bios (Hefen- | 
preßsaft?), flüssig |31, 73 47,65 4,54 |0,71 2,20 — 0,363 0,42 19,21 '20,627,36 3,65 110,60 
10. Bios, fest 27,9250,50 6,68 | 1 02. 3834| — 0,523|024| 8,75 |21,58'5, 13 5,67 112,36 


$ 30. Die Verwertung der Brauereihefe zu therapeutischen Zwecken. 
Schon seit alters her fand die Hefe als anregendes und antisepti- 
;ssches Mittel Anwendung. So haben zufolge Cossmann schon Hırro- 
KRATES und D1oSKORIDES geröstete Hefe empfohlen. Sie wurde auch 
später vielfach bei Skorbut und typhusartigen Fiebern in innerlichen 
(saben sowie zu Umschlägen bei offenen und übelriechenden Geschwüren 
verwendet. In neuerer Zeit ist sie besonders von französischen Forschern 
wieder als wirksames Heilmittel lebhaft empfohlen worden. In der 
deutschen Literatur wurde schon im ‚Jahre 1852 von J. R. Mosse£ Mit- 
teilung gemacht, dab in schwierigen Fällen von Furunkulose rasche und 
vollkommene Heilung durch Bierhefe erzielt wurde. Nach neueren Er- 
fahrungen soll die Hefe auch bei Milzbrand, bei Pocken und Masern, 
ı Akne und Rotlauf mit günstigstem Erfolge verwendet worden sein. Die 
Hefe soll vom Magen nur wenig angegriffen werden und noch kräftig 
in den Darm gelangen. Wenn auch die allgemeinere Verwendung der 
Hefe in der Therapie erst seit kurzer Zeit “zebräuchlich ist, So liegen 
doch schon sehr viele günstige Erfahrungen “darüber vor. Eingehende 
» Mitteilungen finden sich darüber in der Arbeit von P. Krause (1). Aut- 
schlüsse über die medizinische Verwendung der Hefe und ihrer Präpa- 
rate gibt auch E. Merck (1). 
Ueber die Frage, welchen Bestandteilen der Hefe die hauptsäch- 
lichste Heilwirkung zuzuschreiben ist, sind die Meinungen noch geteilt. 
» Von einer Seite wird diese der Gärwirkung der Hefe zugeschrieben und 
die in der Hefe vorhandenen Enzyme, vor allem die Zymase, als die 
Träger der bakterieiden Eigenschaften betrachtet. Auch das in der 
Hefe vorhandene Nuclein und die Nucleinsäuren (s. Bd. I, S. 248 u. 252) 
gelten von anderer Seite als heilkräftig. So hat Tnomsox im Jahre 1899 


30 '!, Aus der Differenz von 100 -—- (Wasser + Stickstofisubstanz — Aetherauszug 


—- Mineralstoffe) berechnet. 


— 129 — 


ein Patent auf die Gewinnung von Hefennuclein genommen. SCHMOLL (1) 
stellt ein eisenhaltiges Nucleinpräparat durch Züchten von Hefe auf 
eisenhaltigem Nährboden und Verdauen der Hefe dar (vgl. auch Bd. I, 
S. 248). Roos und Hıxsgere (1) halten das Hefenfett für das wirk- 
same Prinzip. Sie stellten aus Hefe ein Neutralfett dar, Cerolin genannt, 5 
welches als mildes Abführmittel empfohlen wird. Selbe haben zefunden, 
daß auch die günstigen Wirkungen, welche Hefe bei Furunkulose und 
ähnlichen Erkrankungen der Haut hervorbringt, in einer Reihe von 
Fällen durch Cerolin erreicht wurden. SARGENT (1) hat auf andere Weise 
versucht, die wirksame Substanz, welche die Heilwirkung der Hefe be- ıo 
dingt, zu gewinnen. Er stellte einen wässerigen Auszug aus einer Hefe 
her, welche durch 24-stündigen Aufenthalt in absoluten Alkohol abgetötet 
und dann bei 37° C zwischen sterilem Papier getrocknet war. Die 
filtrierte Flüssigkeit rief bei Tieren dieselbe heilende und prophylaktische 
Wirkung hervor wie die lebende Hefe. Bei der lang andauernden Ein- ıs 
wirkung des absoluten Alkohols auf die Hefe ist kaum anzunehmen, dab 
die auf diese Weise vorbereitete Hefe und dementsprechend der daraus 
dargestellte wässerige Auszug wirksame Zymase in bemerkenswerter 
Menge enthalten wird. 

Bis in die letzten Jahre kam für therapeutische Zwecke fast aus- 20 
schließlich die frische Brauereihefe zur Verwendung. Da sich jedoch 
die Hefe nur ganz kurze Zeit frisch hält und in gutem Zustande und 
von gleichmäßiger Beschaffenheit nicht zu jeder Zeit und an allen Orten 
leicht zu erlangen ist, hat man in neuerer Zeit der Darstellung von 
gleichmäßigen und haltbaren Hefenpräparaten das Augenmerk zugewendet. 25 
Derartige Präparate werden dargestellt, indem man der Hefe den größten 
Teil ihres Wassers entzieht. Dies kann auf zweierlei Weise geschehen: 
durch vorsichtiges Trocknen anfangs bei niedrigen Temperaturen, 
oder indem man die Hefe mit indifferenten wasserentziehenden Flüssig- 
keiten, wie Alkohol, Aceton usw., zusammenbringt. Bei den meisten 30 
derartigen Hefenpräparaten ist die Hefe zwar tot, sie ist steril, aber sie 
enthält noch mehr oder weniger Zymase und kann deshalb noch eine 
gewisse Gärwirkung ausüben, wenn auch dieselbe im Vergleich mit der 
Gärwirkung der gleichen Menge frischer Hefe eine minimale ist. 

Hefe, die auf gewöhnliche Weise abgestorben ist, enthält keine 
Zymase mehr. Die Isolierung dieses Enzyms gelingt nur, wenn die 
frischen Zellen bei niederer Temperatur getrocknet und erst nachher bis 
zur Sterilisation erhitzt werden (vgl. d. 17. Kap. d. IV. Bas... Ein 
anderes Verfahren, sterile haltbare „Dauerhefe* zu erhalten, ist das von 
R. Augertr (1), welcher Hefe in ein Gemisch von Alkohol und Aether4 
einträgt. Es muß hierbei rasch verfahren werden, der Alkohol möglichst 
rasch abgesaugt und mit Aether sorgfältig auszewaschen werden, da 
derselbe bei längerer Einwirkung einen deutlich schädigenden Einfluß 
auf die Zymase ausübt. Die auf obige Weise erhaltene Dauerhete ent- 
hält 5—8 Proz. Wasser und weist noch wunveränderte Zymase auf. # 
R. Auvert, E. Buchner und R. Rarr (1) haben versucht, die Anwendung 
von Alkohol zu umgehen, und haben im Aceton einen geeigneten Ersatz 
efunden. Ihr Verfahren zur Herstellung von „Acetondauerhefe* ist 
olgendes. Frische gewaschene Brauereiunterhefe wird bei einem Druck 
von 15—30 kg auf 1 qem entwässert. 500 & der gepreßten Hete werden: 
zu grobem Pulver zerrieben, auf einem Sieb in 3 | Aceton eingetaucht 
und durch Heben und Senken des Siebes durch die engen Maschen ze- 
schwemmt. Nach 10 Minuten langem Liegen der Hefe in Aceton wird 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. V. y 


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— 130 — 


die Flüssigkeit nach dem Absetzen der Hefe abgegossen und die Hefe 
durch Absaugen vom Aceton möglichst befreit. Der zerkleinerte Hefen- 
kuchen wird dann nochmals in Aceton verteilt, und dann wird nach 
2 Minuten langer Einwirkung das Aceton wieder auf einer Nutsche ab- 
sgesaugt. Der Hefenkuchen wird nun grob gepulvert und mit 250 cem 
Aether übergossen. Nach 3 Minuten langer Einwirkung filtriert man 
den Aether auf der Nutsche unter kräftigem Saugen ab. Nach Zer- 
kleinern der Hefe wird der Aether zum größten Teil an der Luft ab- 
dunsten gelassen und die Hefe dann bei 45° C im Trockenschrank 
ıo getrocknet. Die so gewonnene Acetondauerhefe stellt ein fast 
weibes staubtrockenes Pulver dar, dessen Geschmack im ersten Augen- 
blick wenig ausgeprägt ist, dann aber intensiv an Hefe erinnert. Das 
Produkt enthält noch 5,5. —5,6 Proz. Wasser; die Ausbeute beträgt 30 
bis 32 Proz. vom Gewichte der angewandten entwässerten Hefe. Die 
1 Sterilität der so dargestellten Acetondauerhete ist eine vollkommene, 
die Gärkraft derselben ist im Vergleich,mit der Alkohol-Aether-Dauerhefe 
eine bedeutend kräftigere. 
P. Krause teilt in seiner oben erwähnten Abhandlung eingehende 
Untersuchungen über sieben derartige Hefentrockenpräparate mit. Zur 
z» Untersuchung kamen Zymin, Levure de Biere, Roos’sche Tabletten, 
Cerevisine, Levurinose, Furunculine und Reolkugeln. Die 
Ergebnisse der Untersuchungen lassen sich in folgender Weise zusammen- 
fassen: Vom Standpunkte der therapeutischen Verwendbarkeit ist das- 
jenige Hefenpräparat als das beste anzusehen, welches keine Hefenzellen 
ss mehr besitzt, dagegen bei geringem Wassergehalte die größte Gärkraft, 
baktericide und verdauende Eigenschaften aufweist. Unter diesem Ge- 
sichtspunkte ist zweifellos Zymin das beste und empfehlenswerteste 
Präparat, als zweites folgt Levure de Biere. 
Ueber die kräftige Heilwirkung von Bierhefe überhaupt und von 
3o gärkräftigen Dauerhefenpräparaten insbesondere veröffentlicht H. PascH- 
kıs (1) eine Reihe von Beobachtungen an Fällen von Akne, Furunku- 
lose usw. Ebenso erzielte W. Auserr (1) bei vaginaler Verwendung 
gute Erfolge. Ueber die baktericide Wirkung verschiedener Hefen- 
präparate berichten R. LEpErRMANN und M. Knoppstock (1) sowie R. Rap (1), 
35 welch letzterer der Acetondauerhefe (Zymin) eine beträchtliche Ueber- 
legenheit gegenüber den anderen Präparaten zusprechen kann. Auch 
A. Worrr (3) bespricht die Hefe als Arzneimittel; er hält das Furunculine 
für ein Gemisch von trockener Hefe mit viel Mehl, dessen wirksamer 
Gehalt schwer zu kontrollieren ist, und hält die Buchxer’sche Alkohol- 
40 Aether-Hefe für haltbarer. Derselbe Autor (4) weist in einer weiteren 
Mitteilung darauf hin, daß die Hefe vom Magen nur wenig angegriffen 
wird und deshalb vorteilhaft bei Zuckerkranken zur Verarbeitung größerer 
Mengen von Kohlenhydraten gegeben werden kann. 


$S 31. Die Verwendung der Brauereiabfallhefe zu Fütterungs- 
45 ’ zwecken und als Düngemittel. 


Der hohe Gehalt der Hefe an leicht verdaulichen stickstoffhaltigen 
Stoffen, an Fett sowie an phosphorsauren Salzen machen dieselbe zu 
einem Futtermittel sehr geeignet. C. BRUCKER (1) teilte im Jahre 1898 
mit, dab er Hefe bereits vor 14 Jahren mit Erfolg als Futtermittel ver- 

sowendete. Sie wurde mit heißer Schlempe übergossen, das Ganze noch 


— 131 — 


einmal aufgekocht und mit anderen Futtermitteln vermischt gegeben. 
E. Port (1) machte schon im Jahre 1889 auf den hohen Nährwert der 
Hefen aufmerksam und brachte praktische Vorschläge zur Zubereitung 
der Hefe für diese Zwecke. Um dieselbe zu verfüttern, ist es jedoch 
unumgänglich notwendig, durch Kochen oder Dämpfen die Hefenzellen 
und die anderen etwa in der Hefe vorhandenen Organismen zu töten, 
um Gärwirkung im Magen der Tiere auszuschließen. Die gut abgekochte 
oder gedämpfte Hefe kann an Milchkühe oder Mastrinder als Neben- 
futter verabreicht werden; selbes soll entschieden günstig auf die Milch- 
produktion einwirken. In der Regel verwertet sie sich am besten als 
Futter für Schweine, weil diese Tiere ohnehin meistens Koch- oder 
Dämpffutter erhalten. Wichtig ist, daß die Hefe immer ganz frisch und 
unverdorben ist, da dieselbe im gegenteiligen Falle gesundheitsschäd- 
liche, faulige Substanzen enthält. Porr schlägt vor, die frische Hefe 


in solche Form zu bringen, daß sie als Handelsfuttermittel zu verwerten ı 


wäre, und gibt an, in welcher Weise frische Hefe zu behandeln wäre, 
um daraus haltbare Hefenzwiebacke und Bierhefenkuchen herzustellen. 
Wenn man zu ihrer Herstellung außerdem holzfaserhaltige Materialien. 
wie z. B. Biertreber und Strohhäcksel, verwendet, würden diese Zwie- 
backe auch für Pferde, und zwar zum teilweisen Ersatz der sonst 
üblichen Körnerration, verwendbar sein. J. STEICKEL (1) kocht möglichst 
von Wasser befreite Hefe mit Dampf, mischt dieselbe mit Brauerei- 
abfällen, wie Trebern, Malzstaub, Trub usw., sowie Futterstoffen, wie 
Heu, Hafer usw. Das Gemenge wird entweder direkt verfüttert oder 


zu Kuchen gepreßt und getrocknet. Nach einem englischen Patent 20060: 


wird Hefe zwischen heißen Walzen in dünne Plättchen ausgerollt:; dieselben 
trocknen an den heiben Walzen rasch aus und werden dann mit anderen 
Futterstoffen zu Kuchen gepreßt. Ausry (2) schlägt vor, die Preßrück- 
stände von der Extraktbereitung aus Hefe durch Mischen mit geeigneten 
Materialien als Mischfutter zu verwenden. Auch Ü. DormEvEr (1) hat 
durch Mischen von gleichen Teilen von Rückständen von der Hefen- 
extraktbereitung mit Trockentrebern ein als Viehfutter geeignetes Präparat 
hergestellt. Die Vorbereitung für die Verwertung der Abfallhefen ge- 
schieht nach J. TEN DOORNKAAT-KOOLMANN (1) am besten durch halb- 
stündiges Aufkochen mit Dampf in einem Holzbottich. Die erhaltene 
breiige Masse läßt man nach dem Erkalten in Mengen bis zu 1 kg 
per Tag und etwa 100 Pfd. Lebendgewicht dem Viehfutter beimischen. 
Solche Hefe, welche ungefähr eine Woche haltbar ist, wird auch an 
landwirtschaftliche Betriebe verschickt. Wegen der in letzter Zeit viel- 
fach hervorgehobenen enzymatischen Wirkung der Hefe läßt derselbe 
Autor versuchsweise die ungekochte Hefe dem aus Glattwasser, Malz- 
polierstaub, minderwertigen Trebern und anderen Rückständen bereiteten 
Schweinefutter bei einer Temperatur von 30--35° U bis zu 1 kg per Tag 
und 100 Pfd. Lebendgewicht beimengen, eine Stunde bei dieser Tempe- 


ratur halten und darauf eine halbe Stunde das Gesamtfutter aufkochen, « 


nach dem Erkalten mit entsprechenden Mengeh von Gerstenmehl mischen 
und verfüttern. 

Bei dem hohen Gehalt der Hefe an Stickstoftsubstanzen, an Phosphor- 
säure und Kalium eignet sie sich vorzüglich auch zur Düngung. Die 


Zusammensetzung einer abgepreßten Hefe (vgl. Bd. IV, S. 92) mit 70 Proz. » 


Wasser ist nach Backer (1) folgende: Phosphorsäure 5,6 Proz. Kali 
8,5 Proz. Kalk 0,50 Proz, Stickstoff (als NH.) 9,96 Proz. Der Wert 
der Hefentrockensubstanz stellt sich auf ungefähr 13,6 Mk. pro 100 kg. 


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— 12 — 


‚Ein großer Nachteil bei der Verwendung der Hefe für diesen Zweck 
ist die Schwierigkeit der Konservierung. JoHxsox schlug im Jahre 1897 
vor, die Hefe zu trocknen und sie dann noch mit Phosphaten oder Mergel 
zu mischen. WaArnpLE mischt die Hefe mit ausgebrautem Hopfen und 
strocknet im heißen Luftstrome. BAacker (1) erhielt auch gute Resultate, 
indem er die Hefe mit kleinen Mengen von Schwefelsäure bei ca. 100° 6 
behandelte, dann mit Caleiumkarbonat oder einem Gemisch mit Pottasche 
neutralisierte. Die Gasentwicklung macht das Produkt sehr porös und 
ermöglicht die leichte Austrocknung und nachfolgende Pulverisierung. 

ı0 Die Phosphate sind in diesem Dünger in leicht löslicher Form vorhanden. 
P. Schprowirz und T. Kave (1) mischen getrocknete Brauerei- und 
Brauereiabfallhefe mit Kalk und gewinnen daraus durch trockene 
Destillation Ammoniak, ein dem Knochenteer ähnliches Produkt und 
Koks, welcher als Düngemittel verwendet werden kann. 


Literatur 
zum Kapitel Die Züchtung von Brauereihefe im u, 


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— 14 — 


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1897, Bd. 20, S. 91; 1898, Bd. 21, S. 75; 1899, Bd. 22, S. 43; 1900, Bd. 23, 8.235 
1901, Bd. 24, S. 3; 1902, Bd. 25, S. 49: 1903, Bd. 26, S. 57; 1904, Bd. 27. 8. 269. — 
(5) Ebenda, 1899, Bd. 22, S. 132. — (6) Ebenda, 1900, Bd. 23, S. 229. — (7) Ebenda, 
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*Zopf, W., (1) Die Pilze, Breslau 18%, S. 217. 


6. Kapitel. 
Hauptgärung und Nachgärung des Bieres. 
Von 


Aup. KLÖCKER, und Dr. G. BARTH, 
Kopenhagen München. ') 


$ 32. Die Reinhefe im Brauereibetriebe. 


In den s$ 23—25 ist angegeben worden, wie die verschiedenen 
Reinzuchtapparate konstruiert sind und auf welche Weise ihre Anwendung 
stattfindet. Wir sind also jetzt zu dem Punkte gelangt, wo die Hefe 
saus dem Apparat herausgenommen wird, um im Betriebe zur Tätigkeit 
zu gelangen. Wir wollen bei der Untergärung anfangen; hier wurde 
ja auch die Reinzucht zuerst in Anwendung gebracht und hier liegen 
die meisten Erfahrungen vor. 

Die im Apparate gezüchtete Hefenmenge richtet sich selbstver- 

ıoständlich nach dessen Größe. Gewöhnlich ist jene jedoch nicht so grob, 
dab sie direkt als Stellhefe für einen Gärbottich der betreffenden Brauerei 
angewendet werden kann. Hansen (4) empfiehlt, die in einem Apparate 
von 170 1 Beschiekung gezüchtete Hefenmenge zu 8 hl Würze in einem 
Hefenbottich zu geben, um dann hier die nötige Menge Stellhefe für 
seinen normalen Gärbottich zu züchten. Manchmal sind die Reinzucht- 


') Es sind eingelaufen: $$ 32 und 33 von H. Ar». Kröcker am 17. 9. 1904 und 
SS 34—36 von H. Dr. Geor6 Barrn, Vorstand d. Betriebslaboratoriums d. Aktien- 
brauerei zum Löwenbräu in München, am 17. 5. 1909. 


— 125 — 


apparate so groß, wie sie Tuausıns anwendet. so daß man ihnen hin- 
längliche Stellhefe direkt entnehmen kann. Hat man auf irgend eine 
Weise, entweder direkt in dem Apparat oder durch weitere Züchtung 
in einem kleineren Gärbottich, eine hinlängliche Menge reiner Stellhefe 
bekommen, so wird diese dann der Würze in den gewöhnlichen großen 3 
Gärbottichen der Brauerei zugesetzt. Man bezeichnet diesen Akt als 
Zeuggeben oder Anstellen und unterscheidet zwischen Trocken- 
geben einerseits und Naßgeben oder Herführen andrerseits. Beim 
Trockengeben wird die erforderliche Hefenmenge in ein 16—18 1 
fassendes und zur Hälfte mit Würze beschicktes Gefäß (Zeugschaffel) ıo 
eingetragen. Wenn die Würze und die Hefe gut gemischt sind, fängt 
man mit dem Aufziehen an. Dies geschieht in der Weise, daß man 
den Inhalt des Zeügschaffels in ein anderes ähnliches Gefäß giebt. dann 
wieder zurück in das erste, und so fortfährt, bis die Hefe gut in der 
Würze verteilt ist; hierdurch erreicht man zugleich eine starke Lüftung, 
welche für das Wachstum der Hefe von Bedeutung ist. Das Nab- 
geben oder Herführen (vgl. Bd. IV, S. 117) wird dann geübt, wenn 
man die Hefe zuerst zu kräftigen wünscht (oder wenn man zu wenig 
Hefe hat). Es ist dies die oben beschriebene Gärung in einem kleinen 
Gärbottich. Sobald jene eine lebhafte geworden ist, wird der ganze » 
Inhalt des Bottichs dann der Würze in dem großen Gärbottich zugegeben. 
Eine Abart dieser Methode ist das Darauflassen, welches darin be- 
steht, daß man zu einem mit gärender Würze nur zum Teil angefüllten 
Bottich frische Würze hinzufügt. Das letztgenannte Verfahren wird 
auch bisweilen bei der Züchtung in dem Gärzylinder des Reinzucht- 
apparates selbst angewendet, indem man die gärende Würze hier ab- 
zieht, statt zu warten, bis die Hefe sich am Boden abgesetzt hat (s. S. 86). 
In den Obergärungsbrauereien ist das Verfahren in der Hauptsache 
dasselbe. In den dänischen Obergärungsbrauereien, jedenfalls in den 
hervorragenden, verfährt man in folgender Weise: In dem Reinzucht- 
apparate läßt man die Hefe so lange wachsen, bis diese sich am Boden 
abgesetzt hat. Drei Viertel des Bieres werden dann abgezogen und das 
Uebrige des Bieres wird mit der Hefe gemischt. Es wird dann so viel 
von dieser Mischung (ca. 3 Eimer) abgezapft, dab von dieser in dem 
Apparate ungefähr ein Zwanzigstel seines Fassungsvermögens noch übrig ss 
bleibt. Die abgezogene Mischung von Hefe und Würze in den drei 
Eimern wird zu 4 hl Würze in einem kleinen Bottich hinzugefügt. Nach 
dem Ankommen wird der Inhalt in gewöhnlicher Weise geschlaucht, 
und er gärt in den Gebinden weiter. Die Hefe, welche hier ausgestoßen 
wird, kommt dann im Betriebe für die groben Würzemengen zur Ver-« 
wendung. Hat sie hierauf drei oder vier Gärungen durchgeführt, so 
wird sie von einem neuen Satz aus dem Reinzuchtapparate abgelöst. 
Für die Anwendung der Reinhefe in den deutschen Obergärungs- 
brauereien gibt Scnönrenn (4) die folgenden Regeln für die von der 
Station von Berlin versandte reine OÖberhefe. Er fügt jedoch hinzu, dab 
diese Regeln nicht als ein starres Schema aufgefaßt werden müssen; sie 
sollen nur dazu dienen, um die ersten Versuche in der Praxis vor Fehl- 
schlägen und Mißgriffen zu bewahren und um der Reinhefe den Wer in 
die Praxis nicht zu versperren. Er empfiehlt, die Hefe in einem 
Wännchen oder kleinen Bottich mit wenig Würze bei 22— 25" Ü vor- 
zustellen (herzuführen). Die Anstelltemperatur für Bottichgärung 
(Standgur) soll 17—19" C betragen. Die Würze ist nach dem Anstellen 
im Bottich mehrere Male energisch aufzuziehen. Die Hefengabe soll 


5 


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— 136 — 


etwa 1 kg auf 5 hl Würze betragen; sie kann beim nächstfolgenden 
Male erniedrigt werden, wenn sich herausstellt, daß der Verlauf der 
Gärung zu stürmisch wird. Bei Benutzung von Faßgärung (Spundgur) 
ist die Hefe aus dem kleinen Bottich oder Wännchen nach dem An- 
skommen in den Anstellbottich zu entleeren. Die Anstelltemperatur in 
diesem soll möglichst hoch sein, 22—25° U. Die Würze ist aus dem 
Stellbottich, wo sie mehrere Male energisch aufzuziehen ist, erst nach 
dem Einsetzen der Gärung auf die Fässer zu verteilen. Die Hefengabe 
soll etwa 1 kg auf 4—5 hl betragen, kann aber, wenn erforderlich, 
später ebenfalls erniedrigt werden. Weil die Hefe in den Obergärungs- 
brauereien in so hohem Grade der Infektion ausgesetzt ist. empfiehlt 
SCHÖNFELD ferner, das Zusetzen der Hefe zur Würze auch nicht um 
5 Minuten zu verzögern. Mit dem ersten Hektoliter, welches in den 
Stellbottich fließt, muß auch schon die Hefe hineinkommen. Die Spund- 
ısgur gibt viel eher zu Infektionen Veranlassung als die Standgur in 
glattwandigen lackierten Bottichen. 
Ein besonderer Zweig der ÖObergärung ist die Weibbierbrauerei. 
Wir haben schon auf S. 82 erwähnt, daß die Stellhete hier eine Mischung 
von Oberhefe und Bakterien ist, erstere in 4—6-mal so großer Menge 
»owie letztere vorhanden. Die Hefengabe ist gewöhnlich 1 1 für 5 hl 
Würze. Wir werden auf Seite 138 darauf noch zurückkommen. Von 
der Gärung der typischen englischen gelagerten Biersorten und den Ver- 
suchen Hs. Uraussen’s (1) ist schon auf S. 84 gesprochen worden. 
Von den technischen Fortschritten, welche die Einführung des Hefen- 
» reinzuchtsystems im Brauwesen zur Folge hatte, ist einer der wichtigsten 
die Verwendung geschlossener Apparate zur Lüftung und Kühlung 
der Würze. Wenn diese die Pfanne in kochendheißem Zustande ver- 
läßt, ist sie ja steril; es gilt also, diese Sterilität während der Kühlung 
zu bewahren, bis die Temperatur erreicht ist, bei welcher die Hefe 
sodann: zugegeben werden soll. In früheren Zeiten ging diese Kühlung, 
wie bekannt, überall auf offenen Kühlschiffen vor sich. Man trachtete, 
eine so grobe Menge Würze wie möglich in Berührung mit der Luft 
zu bringen, teils der Kühlung wegen, teils um die notwendige Luft- 
menge aufzunehmen, damit dann die Vermehrung der Hefe und also auch 
35 die Gärung in zufriedenstellender Weise vor sich gehen könne (vgl. Bd. IV, 
S. 124). Weil die Luft zu den verschiedenen Zeiten des ‚Jahres eine 
größere oder kleinere Anzahl von Mikroorganismen mit sich führt, ist 
die Würze auf den Kühlschiffen auch immer mehr oder weniger einer 
Infektion ausgesetzt. Schon vor langem hatte man die Beobachtung 
‚ogemacht, daß besonders die Sommermonate leicht Störungen mit sich 
brachten, und das Brauen wurde deshalb in früheren Zeiten in diesen 
Monaten eingestellt. Aber was es eigentlich war, das die Schuld an 
dem Miberfolge trug, wubte man nicht. Es sind vor allen Pasreur und 
Hansen, welche Aufklärungen hierüber gebracht haben. Sie zeigten, 
sdab die Luft insbesondere zu jener Zeit des Jahres sowohl an Bakterien 
als auch an anderen Mikroorganismen reich ist. Weitere Aufklärungen 
über diese Verhältnisse gab Hassen (1—3) in seinen grundlegenden 
Untersuchungen über den Kreislauf der Hefenarten in der Natur. ÖOb- 
wohl die Einführung der reinen Hefe die Gefahr bei der Benutzung der 
sooffenen Kühlschiffe in hohem Grade eingeschränkt hat, so bringt die 
Anwendung der letzteren doch immer noch eine größere oder geringere 
Unsicherheit mit sich. Man hat deshalb angefangen, geschlossene Be- 
hälter zur Lüftung und Kühlung der Würze zu verwenden. Solche Vor- 


— 137 — 


‘richtungen sind selbstverständlich mindestens von ebenso großer Be- 
deutung für die obergärigen wie für die untergärigen Brauereien. Bisher 
finden wir sie aber fast nur in den letzteren. 

Ehe man noch wußte, was eine wirkliche Reinhefe war, hatte 
PıAsteur (1) die Aufmerksamkeit auf die Anwendung geschlossener 
Kühlapparate gelenkt. Er betont, wie wichtig es ist, daß die Luft, mit 
welcher die Würze in Berührung kommt, rein ist. Er gibt auch eine 
Beschreibung eines Apparats, der so eingerichtet ist, dab während der 
Kühlung eine gewisse Menge steriler Luft in die Würze eingeführt 
werden kann. Das Prinzip war wesentlich dasselbe, welches im „Gegen- 
stromapparate“ verwendet wird, die Würze läuft aber hier in Rohr- 
leitungen und das Kühlwasser außerhalb. Wenn die Würze aus dem 
Kühlapparate in den Gärbottich fließt, begeenet sie einem Strom steriler 
Luft, die sie in sich aufnimmt. Die Luft wird derart sterilisiert, dab sie 
durch ein mittelst einer Gasflamme erhitztes Kupferrohr streichen muß. 
Der Gärbottich war ferner geschlossen; in der Decke fanden sich zwei 
Röhren, welche mit Watte geschlossen waren. Vor dem Gebrauch wurde 
der ganze Apparat mittelst Dampf sterilisiert. Pasteur (2) macht auch 
den Vorschlag, man könne anstatt dieses Kühlapparates einen groben 


Behälter benutzen. in welchem die Würze vermittelst eines Rühr-: 


apparates in Bewegung zu setzen wäre, indem man zugleich Sorge 
tragen müßte, dab der Würze sterile Luft zugeführt würde. Dies sei 
eine leichte Sache, wenn der Behälter mit einer mit Baumwolle gefüllten 
Röhre versehen würde, durch welche die Verbindung mit der äußeren 


Luft hergestellt sei. Die Luft, die im Behälter ist, wenn die heiße: 


Würze ihn durchströmt, werde durch die Wärme der Würze sterilisiert. 
Aus dem Behälter geht die Würze durch einen Kühlapparat hindurch 
in den Gärbottich über. Dieser Apparat Pastzur’s fand keine Ver- 
breitung. Die Ursache war einfach die, daß man damals ja nur unreine 


Stellhefe zur Verfügung hatte; von welchem Nutzen konnten da alle: 


Vorrichtungen zur Herstellung einer sterilen Würze sein? Der Apparat 
bekam übrigens den Namen VEuren’s Apparat. weil dieser bekannte 
Brauer ihn in seiner Brauerei in Marseille aufstellte Als Hansen im 
Jahre 1883 seine Reform in der Brauerei Gamle Carlsberg einführte, 


war es ganz natürlich, dab man daran dachte, einen ähnlichen Apparat 


aufzustellen. Es zeigte sich jedoch, dab Verrex’s Apparat in mehrerlei 
Hinsicht sehr unpraktisch war, insbesondere in betreff der Sterilisierung 
der Luft durch Erhitzen, weshalb man jene nun durch Watte filtrierte. 
Die Einrichtung dieses Carlsberg-Apparates findet man bei J. Onr. Houa (1) 
und bei A. Prrersen (1) beschrieben. 

In den letzten Jahren ist eine große Anzahl verschiedener Apparate 
zur sterilen Kühlung und Lüftung der Würze konstruiert worden. Ge- 
wöhnlich ist deren Einrichtung derart, dab die Würze zuerst in einem 
geschlossenen Behälter gelüftet wird und darnach über ein Rohrsystem 
hinabfließt, welches von kaltem Wasser durehströmt wird. Nähere An- 
gaben über diese Apparate sind in den Handbüchern über Brauerei- 
technik zu finden. Ueber die Reinhaltung der Rohrleitungen solcher 
Apparate wird im folgenden (7.) Kapitel die Rede sein. 


[371 


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— 133 — 


$ 35. Mischsaaten in der Brauerei. Reinigung und Reinhaltung 
der Betriebshefe. 


Die Anwendung von Mischsaaten ist in einzelnen Zweigen der 
Gärungstechnik seit langem üblich gewesen. So hat man in den 
5 Brennereien zusammen mit der Hefe Milchsäurebakterien gezüchtet, weil 
die Erfahrung gelehrt hatte, daß durch die Berünstigung der Entwick- 
lung der Milchsäurebakterien die schädlichen Buttersäurebakterien in 
ihrem Wachstum gehemmt wurden und die Ausbeute größer ausfiel. Erst 
weit später bekam das Verfahren seine wissenschaftliche Erklärung und 
ıofand das Reinzuchtsystem auch hier seine Anwendung; nähere Angaben 
darüber wird das 11. Kapitel bringen. 

Aber auch im Brauereibetriebe, nämlich in der Weißbierbrauerei, 
hat man seit altersher eine Stellhefe benutzt, die. wie wir schon auf 
S. 82 gehört haben, außer der Hefe aus Milchsäurebakterien bestand. 

ıs Letztere waren absolut notwendig, um das richtige Prodkt zu erhalten. 
Ein rationelles Verfahren ging jedoch erst dann hervor, als die Misch- 
saat aus ihren Bestandteilen in reingezüchtetem Zustande, einer Oberhefe 
und einer Milchsäurebakterie, zusammengesetzt wurde. Die Methode zur 
Anwendung des Reinzuchtsystems in diesem Zweige der Gärungstechnik 
»ist zuerst in der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin 
ausgearbeitet worden; die im’ folgenden mitgeteilten Feststellungen 
rühren von SCHÖNFELD (4) her. Das Verhältnis der Anzahl der Zellen 
der zwei Organismen (Hefe : Bakterien) variiert sehr in den verschiedenen 
Brauereien; gewöhnlich ist es wie 4:1 oder 5:1 oder 6:1. Wenn die 
> Stellhefe der Würze zugegeben wird, macht sie sich sofort ans Werk, 
und sie vermehrt sich stärker als die Bakterien; später wird das Um- 
gekehrte der Falle Um das Verhalten zu veranschaulichen, verweisen 
wir auf die nachfolgende Uebersicht, welche SCHÖNFELD veröffentlicht hat. 


Prozentgehalt Eu. 
Zeit der Beobachtung vom Zusatz |der Würze resp. Temperatur des Ver zn 
3 = BRETT De efe zu Bak- 

der Hefe an des Bieres nach Bieres °C dert 
. ‚erien 
BALLING 

beimwänstellen u... =. ler 9. ©, 11 17,5 4:1 

Nach Ablauf von 18 Stunden . . . 10 19,0 Ve 

" n „ 40 2 re 5,5 21,9 35:1 

A A n.1 64 5 ae 3 23,1 14021 


Eine Bedingung für die Anwendung der isolierten Bakterienkultur 
soin der Praxis ist, dab sie daran gewöhnt ist, mit der Hefe zusammen 
zu wachsen. Diese Anpassung an ein Zusammenleben mit der Hefe ge- 
schieht durch Züchtung der Bakterien in Würze in großer Ueberzahl 
zusammen mit sehr wenige Hefe. Dieser Anpassung ist es zuzuschreiben, 
daß sich die Stellhefe in der Weißbierbrauerei trotz ihrer aus zwei ganz 
» verschiedenen Organismen bestehenden Zusammensetzung wie eine ein- 
heitliche Hefe von ziemlich gleichbleibender Wirkung halten und fort- 
pflanzen kann. 
Vor der Einführung des Reinzuchtsystems in den Brauereien waren 
es in der Wirklichkeit Mischsaaten, welche die Brauer überall benutzten, 
wund zwar ein Gemenge, welches nicht allein, wie gewöhnlich, aus 
mehreren Kulturhefenarten sondern oft auch noch aus wilden Hefen und 
Bakterien zusammengesetzt war. Ein solches Verhältnis mußte selbst- 


— 139 — 


verständlich starke Schwankungen, große Unsicherheit und Verluste im 
Betriebe hervorrufen. Bald herrschte die eine Art, bald die andere in 
der Brauerei vor, was in hohem Grade die Einheitlichkeit des Produktes 
beeinflußtee Mit der Einführung der gedachten Reform verschwand 
alles dies. Bei der Darstellung einzelner Biersorten in Belgien findet 5 
noch immer die Anwendung von Mischsaaten statt, indem nämlich die 
Würze der Selbstgärung überlassen wird. In betreff dieser Biersorten 
und ihrer merkwürdigen Gärung sei auf das 9. Kapitel verwiesen. 

Als eine allgemeine Regel wird man aussprechen können, daß man, 
wenn zwei oder mehrere Saccharomyces-Arten in einer Nährflüssigkeit ıo 
beisammen sind, auf die Dauer nicht die Gärung beherrschen können 
wird, und daß sie großen Schwankungen ausgesetzt sein wird, indem ein 
Konkurrenzkampf (s. Bd. I, S. 510) zwischen den Hefenarten sich ein- 
stellt. Der erste, welcher Versuche über Mischgärungen mit bestimmten 
Species anstellte, war Hansen (2). So findet man in seiner Abhandlung ı5 
aus dem Jahre 1881 Untersuchungen über das gegenseitige Verhalten 
in Würze zwischen Saecch. apiculatus und Brauereiunterhefen. Als Haupt- 
resultat ging hieraus hervor, dab Sacch. apieulatus, als der schwächere, 
geren Ende der Hauptgärung in dem Konkurrenzkampfe mit Sacch. 
cerevisiae zurückgedrängt wird, daß er aber auch eine hemmende Ein-e 
wirkung auf die Vermehrung seines. stärkeren Gegners und teils auch 
auf dessen Gärtätigkeit auszuüben vermag. Wenn jede Art für sich in 
ihrem Kolben war, vermehrte sich Sacch. apieulatus stärker als Sacch. 
cerevisiae, bei gleich großer Aussaat war das Verhältnis wie 3:1. Man 
vergleiche darüber auch die weiteren zugehörigen Angaben im 15. Kapitel: 
des IV. und im 8. Kapitel des vorliegenden Bandes. 

Auch unter den im praktischen Betriebe obwaltenden Verhältnissen 
hat Haxsex (5) verschiedene Versuche mit Mischsaaten von Hefenarten 
unternommen, und zwar teils von wilder Hefe und Brauereiunterhefe 
und teils von verschiedenen Brauereihefen. Hierher gehören besonders 30 
die folgenden zwei mit überraschenden Resultaten. Der eine Versuch 
zeigte, dab eine unter gewissen Verhältnissen schädliche Krankheitshefe 
eine zuträgliche Einwirkung auf die Gärung der Kulturhefe unter be- 
sonderen, wohl abnormen Verhältnissen haben kann. Es hatte sich 
herausgestellt, daß sowohl Carlsberg Unterhefe Nr. 1 wie auch Carlsberg s5 
Unterhefe Nr. 2 in nicht gelüfteter Würze ein Bier ergab, das stark 
opalisierend war. Wurde aber eine kleine Menge der Krankheitshefe 
(Sacch. Pastorianus III) zugegeben, so wurde das Bier blank; die Krank- 
heitshefe hatte also hier als eine Art Heilmittel gewirkt. Der andere 
Versuch wurde mit einer Mischung von zwei Kulturhefen angestellt und« 
zwar mit Carlsberg Unterhefe Nr. 1 und Nr. 2. Hier zeigte sich, dab 
die Anstellhefe weniger haltbares Bier gab, wenn sie aus einer Mischung 
der zwei Brauereihefenarten, als wenn sie nur aus einer der Arten allein 
bestand. In diesen Mischungen trat die in dem geringsten Mengen- 
verhältnis vorhandene Art als Krankheitshefe auf, indem sie das Bier 
weniger haltbar machte, wenn die Lagerung des Bieres nach 1', bis 
1”, Monaten unterbrochen wurde. Weitere Angaben über Haxsex's 
Untersuchungen über Mischsaaten finden sich im 8. Kapitel dieses Bandes. 

In seinen Versuchen über Mischsaaten fand Vuyıstere (1), daß, 
wenn eine Mischung von Sacch. cerevisiae I und Sacch. Pastorianus I in» 
Würze ausgesäet wurde, die Anzahl der Zellen von der erstgenannten 
Art vom ersten bis zum zweiten Tage in der Volumeinheit von 1 auf 
4,81 bzw. 5,18 stieg; die Anzahl der Zellen von Sacch. Pastorianus 1 


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hingegen stieg von 1 auf 13,3 bzw. 12,2. Demnach war die Vermehrung 
des Sacch. Pastorianus I 13,3:4,81 2 mal und 12,2:5,18 = 2,35-mal 
größer gewesen als jene des Sacch. cerevisiae I. Wenn ein (semenge von 
Sacch. cerevisiae I und Sacch. Pastorianus III zum Anstellen genommen 
;swurde, vermehrten sich die Zellen von Sacch. cerevisiae I innerhalb der 
ersten 24 Stunden in dem Verhältnisse von 1:5,02 und 1:4,62, ferner 
die Zellen von Sacch. Pastorianus III in dem Verhältnisse von 1:3,57 
und 1:3,02. Die Vermehrung der Zellen des Sacch. Pastorianus IIl 
im Verhältnisse zu der der Zellen des Sacch. cerevisiae I war also 
10 3.97:5,02—= 0,71 und 3,02 : 4,62 = 0,65. 


Auch G. SyrEe (1) hat eine größere Arbeit über den Konkurrenz- 
kampf einer Kulturhefe (Frohberg) mit Sacch. Pastorianus III unter- 
nommen; weil die Versuche jedoch außerhalb des Rahmens des Brau- 
wesens liegen, werden wir hier nicht näher darauf eingehen. 


15 Falls eine Stellhefe aus zwei Saccharomyces-Arten in einem be- 
stimmten Verhältnis besteht. wird dieses in den allermeisten Fällen sich 
sehr bald ändern, was aus den im vorhergehenden mitgeteilten Ver- 
suchen schon zur Genüge erhellt. Wie schnell das unter Umständen 
eintreten kann, ist aus nachfolgender Angabe ScHönrELp's ersichtlich, 

» welche sich bei DELBRÜCK und SCHÖNFELD (1) findet: „Es war einmal 
eine Hefe aus einer kleinen österreichischen Brauerei in unsere Versuchs- 
brauerei eingeführt, welche keine Reinhefe war, auch sonst nicht in der 
Zusammensetzung ein einheitliches Saatgut bildete, sondern aus einem 
Gemisch von zwei ganz verschiedenen Hefenrassen bestand, nämlich aus 

setwa 30 Proz. niedrig vergärenden und 70 Proz. hoch vergärenden 
Hefen. Und diese Hefe, welche nach Mitteilung des Besitzers der 
Brauerei, von welchem wir sie bezoren hatten, schon einige ‚Jahre mit 
gleich gutem Erfolge ohne Wechsel in seinem Betriebe geführt wurde, 
änderte sich bei uns nach dreimaligem Durchgehen in der Zusammen- 

3osetzung derart. dab die hoch vergärende bis auf 90 Proz. zunahm, und 
die niedrig vergärende auf 10 Proz. herabgedrückt wurde, aber trotzdem 
war das Gärungsbild, Aussehen, Höhe der Kräusen, Geruch des Bieres, 
Bruchbildung und Vergärung gleich niedrig wie zu Anfang geblieben. . 
Es war das ein schlagender Beweis für den Satz, daß in einem Betriebe 

3; mit systematischer eleichmäßiger Fortzüchtung der Saathefe ein Gleich- 
gewichtszustand, gleichsam ein modus vivendi, zwischen zwei verschieden- 
artigen Hefenrassen nicht gut möglich ist und am Ende immer eine der 
beiden weichen muß.“ Auch von Horm und JÖRGENSEN liegen derartige 
Beobachtungen vor. 

40 Becker (1) stellte Versuche mit Mischungen von wilder Hefe mit 
Kulturhefe an und gelangte zu dem Resultat, daß der Vergärungsgrad 
dadurch wesentlich beeinflußt werden kann, ohne daß abnorme Gärungs- 
erscheinungen zum Vorschein kommen. 


Als Resultat seiner Untersuchungen teilt E. Prror (1) u. a. folgendes 
smit: „Es ist durchaus irrig zu glauben, durch Verwendung von zwei 
Hefenrassen sei man in der Lage, Bier mit konstanten Eigenschaften 
zu erhalten, wie dies von einigen Zymotechnikern behauptet worden ist. 
Es ist natürlich sehr wohl möglich, in dem einen oder anderen Falle 
mit Gärungssymbiose günstige Resultate zu erzielen, allein niemals wird 
soein gesicherter Betrieb und ein Bier von konstanten Eigenschaften auf 
diesem Wege zu erhalten sein. Der einzige dieses Ziel er- 
reichende, absolut sichere Weg ist die Verwendung rein- 


— 141 — 


gezüchteter Hefe nach Hansen’s Methode, d. h. die in der Unter- 
gärung übliche einfache Form der Reinzucht.“ 

Es liegen jedoch auch einzelne Mitteilungen darüber vor, dab 
Mischungen von Hefenarten unter gewissen Umständen sich in den 
Brauereien eine Zeitlang in einigermaßen demselben Verhältnisse halten 5 
können, so von J. Scahukow (1), von H. vay Larr (3) und von 
H. Wir: (3). 

Wir haben im vorhergehenden gesehen, dab selbst in einem Be- 
triebe, in welchem mit dem Reinzuchtsystem gut gearbeitet wird, man 
einer Infektion doch hin und wieder ausgesetzt ist, z. B. von den offenen ı0 
Kühlschiffen, von nicht gereinigten Leitungen usw.. kurz die Gefahr ist 
während der ganzen Zeit vorhanden. Deshalb muß selbstverständlich 
der Brauer für die Erhaltung der eingeführten ausgewählten Reinkultur 
sorgen. Zur Reinhaltung und Reinigung der Hefe in den Untergärungs- 
brauereien verwendet man die im vorhergehenden erwähnten Methoden, 
und zwar das Herführen der Hefe, das Darauflassen und das Umpumpen 
der Würze. Die gärende Würze wird nach dem letzteren Verfahren in 
andere Bottiche nach dem Ankommen der Gärung umgepumpt. Diese 
Methode wird auch in der Weise angewendet, daß man die Würze mit 
dem doppelten Quantum Hefe wie gewöhnlich zur Gärung bei 8,8° Ca 
anstellt und die Gärung bei einer i0° Ü nicht überschreitenden Temperatur 
durchführt. Die Erklärung bekam man erst durch Haxsex’s Versuche. 
Er beobachtete nämlich, dab die Kulturhefen am Anfange der Haupt- 
särung im Uebergewicht über die wilden Hefen sind; letztere kommen 
erst in den späteren Stadien der Gärung zum Vorschein (vgl. S. 77). 3 

Die Arbeitsverfahren zur Reinhaltung der eingeführten ausgewählten 
Reinkultur hat Dergrück (1) in der neuesten Zeit mit einem besonderen 
Namen, natürliche Reinzucht, belegt. Es ist hier keine Rede von 
Reinzucht in dem gewöhnlichen Sinne des Wortes, sondern nur von alten 
Brauereierfahrungen. Nach ihm gilt es, von dieser Seite alle Mittel zur so 
Erhaltung der Reinkultur zu benutzen, um einer Infektion vorzubeugen 
oder eine schon vorhandene wieder zu beseitigen; er spricht in dieser 
Angelegenheit beachtenswerte Worte aus. Er faßt seine Betrachtungen 
über diese Frage, welche auf die Ergebnisse der von ihm und seinen 
Mitarbeitern S. AurrsacHn, W. HENNEBERG, A. MunscHE und F. ScHön-tss 
FELD angestellten Versuche gegründet sind, in folgenden Worten zu- 
sammen: „Der Ausgang bei der Gärungsführung ist absolute Reinhefe 
nach Hansen. Daß eine solche Reinhefe im Betriebe nicht rein bleibt, 
wissen wir alle; die Infektion ist nicht zu verhindern. Die Aufgabe ist: 
die Infektion auf das möglichste Maß einzuschränken, das heißt: Ab-« 
schaffung des Kühlschiffes, absolute Reinhaltung der Gärbottiche und 
Leitungen. Dann aber kommt es darauf an, die Infektion nicht zur 
Entwicklung kommen zu lassen; das ist die Aufgabe der natürlichen 
Reinzucht!* Seine Leitsätze sind deshalb: „Schnelles Kühlen, so schnell 
wie möglich Zusatz der Hefe zur Würze, nicht zu kalt anstellen. Dann «s 
Reinigung durch Beobachtung der Schichtenbildung der Satzhefe (s. Bd. IV, 
S. 121) und so weit nötig, nach 24—42 Stunden Umpumpen, wenn man 
Infektion beobachtet. Endlich grün fassen, nicht lauter schlauchen, 
nicht auf Bruch arbeiten. Vor allen Dingen aber schnell arbeiten: 
Schnellgärung! Dazu ist eine Erhöhung der Temperatur des Gärkellers » 
erforderlich, damit die Gärdauer auf 6—8 Tage reduziert werden kann.“ 

Eine wichtige Grundlage für Deuprück'’s Anschauungen bilden die 
Untersuchungen Hanssen’s über das Verhalten der Hefen bei den ver- 


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schiedenen Temperaturen. Für Densrück ist das Wesentlichste bei der 
Hefenzüchtung das „Klima“, worunter er in der Hauptsache die Temperatur 
während der Gärung versteht. Die schnelle Entwicklung der Kultur- 
hefe sucht er also dadurch zu fördern, dab er eine höhere Temperatur 
während der Gärung anwendet. Er geht davon aus, daß unter den 
Konkurrenzverhältnissen in den Brauereien für alle Kulturhefenarten 
eine verhältnismäßig hohe und für alle wilden Hefenarten eine ver- 
hältnismäßig niedrige Temperatur günstig ist. Dies paßt auch in vielen 
Fällen und jedenfalls für die von Haxsen beschriebenen Krankheits- 
ıhefen; man hat aber keine Sicherheit dafür, daß alle Krankheitshefen 
Kalthefen sind; es sind nämlich nur wenige, welche in dieser Be- 
ziehung bis jetzt daraufhin untersucht worden sind. Das Programm, 
welches DELBRÜCK vorschwebt, fordert für seine Lösung noch eine große 
Reihe von Untersuchungen, einerseits über die Kulturhefen, andrerseits 
ısüber die wilden Hefen. 

Die technischen Bestrebungen der neuesten Zeit gehen dagegen in 
einer anderen Richtung, nämlich dahin, Bier bei Ausschluß aller Kon- 
kurrenz mit der ausgewählten Hefenart herzustellen, so z. B. nach NarHax’s 
Verfahren. In dem von ihm für diesen Zweck konstruierten Apparat 

»Hansena (vergl. S. 95) wird die reingezüchtete Hefe der sterilen 
Würze in einem geschlossenen Behälter zugegeben, und die während der 
Gärung entwickelte Kohlensäure wird fortgeleitett. Wenn die Haupt- 
eärung vorüber ist, wird die Bodensatzhefe herausgenommen, und die 
Bouquetstoffe des Jungbieres werden mittelst Durchblasens von Kohlen- 

»säure beseitigt. Das Bier wird nach diesem Verfahren im Laufe von 
10—12 Tagen reif, und man erspart also die lange Lagerzeit. Die 
Methode hat jedoch noch nicht festen Fuß in der Praxis gefaßt; denn 
es scheint, als ob noch einige technische Schwierigkeiten zu überwinden 
wären. Die bisherigen Versuche versprechen aber ein gutes Resultat 

sound es ist offenbar das Brauverfahren der Zukunft. 

Von allen Seiten her werden wir also immer wieder darauf hin- 
gewiesen, überall. wo es möglich ist, unsere Gärungen mit einer Rein- 
kultur einer einzigen Art oder Rasse durchzuführen. 


$ 34. Bruch und Klärung im Bottich und im Lagerfaß. 


35 Ungefähr 12—20 Stunden nach dem Anstellen treten an der Ober- 
fläche der Würze weiße Bläschen auf, welche der Mitte des Bottichs 
zuströmen. Nach 18—24 Stunden entsteht am Bottichrand ein Kranz 
von Bläschen und schließlich eine gefaltete Schaumdecke. Man sagt 
dann „das Bier schiebt herein“, während man das erste Stadium als 

sdas „Ankommen der Würze“ bezeichnet. Wegen des gekräuselten Aus- 
sehens der Schaumdecke führt jenes Stadium den Namen Kräusen. 
Daß an dem Aufbau der Kräusen ein löslicher Eiweibkörper sich be- 
teilige, ist zuerst von Hasıcn (1) vermutet und dann von (. Lixtxer (1) 
und ReıscHaurr im ‚Jahre 1876 durch dessen Abscheidung erwiesen 

s worden. Dieses sogen. Kräusenglutin soll angeblich aus der Würze selbst 
bzw. aus dem Malze stammen. Durch vergleichende Gärversuche mit 
verschiedenen Bierhefen hat Au». ReıcHarn (2) festgestellt, dab neben 
jenem Eiweißkörper des Malzes auch noch gewisse schleimige Aus- 
scheidungen der Hefe, und zwar insbesondere auch solche von eiweib- 

soartiger Beschaffenheit, zur Erzeugung eines normalen feinblasigen 


’ 


— 13 — 


Schaumes im Bier unentbehrlich sind. Nach ZEınLEer (1) spielen die 
Albumosen hierbei eine gewisse Rolle, während (©. J. Lixtxer (1) die 
kolloidalen Substanzen überhaupt als die Träger der Schaumhaltigkeit 
bezeichnet. Nicht unwahrscheinlich ist es auch, daß das Hefengummi 
(s. Bd. I, S. 232) sowie das gelatinöse Netzwerk (s. Bd. IV, S. 46) nicht 
unwesentlich die Schaumbildung beeinflussen. Zweifellos sind aber auch 
die Hopfenbestandteile bei der Kräusenbildung hervorragend beteiligt. 
Die Ergebnisse der durch E»rıca (1) angestellten Versuche lassen diesen 
Schluß berechtigt erscheinen, und auch nach Beobachtungen in der 
Praxis zeigen Würzen, welche mit konserviertem oder durch längere 
Zeit gelagertem Hopfen bereitet wurden. weniger schöne Kräusen als 
solche Würzen, zu welchen Hopfen von neuer Ernte verwendet wurde. 
Auch Reıcrarp (1) weist auf die Bedeutung des Hopfenharzes in dieser 
Beziehung hin. Infolge der Extraktabnahme des gärenden Bieres tritt 


3 


10 


zugleich mit der Kühlung des Bottichinhalts eine Verlangsamung der ı5 


Gärung ein, welche sich im Zurückgehen der Kräusen ausdrückt; der 
Praktiker sagt: der Bottich schiebt weg. Nach dem Zurückgehen der 
Kräusen findet sich auf der Oberfläche des Bottichbieres eine braune 
klebrige Masse, welche man als Decke bezeichnet. Sie besteht zum 
geringsten Teile aus dem während der Gärung abgeschiedenen Hopfen- 
harz, sowie aus Extraktbestandteilen des Bieres, dagegen hauptsächlich 
aus Eiweißkörpern, welche Wirr (1) in seiner ausführlichen Untersuchung 
braune Klümpchen nennt. Die sogen. Blasengärung der Bier- 
würze, welche darin. besteht, daß sich kurz vor Beendigung der Haupt- 
gärung mehr oder weniger große Blasen auf der Oberfläche des Bieres 
bilden, kann hier außer Betracht bleiben. Die Gerüstteile für die großen 
zähen Blasen werden nicht von der Hefe geliefert, sondern von dem Trube, 
wie dies A. REıcHArD (1) zeigte. Ferner kann bei sehr geringem Kalk- 
gehalt der Würzen sehr leicht Blasengärung vorkommen, wie dies 
SEYFFERT (1) nachgewiesen hat (s. Bd. IV, S. 89). 

Wie schon bemerkt, sind die von der Hefe ausgeschiedenen Schleim- 
stoffe bei der Bildung der Schaumdecken hervorragend beteiligt. Viel 
größer aber ist die Bedeutung derselben für die Veranlassung jenes Vor- 
ganges, welchen man in der Brauerei als das Eintreten des Bruches 


bezeichnet. In dem Maße, als die Kohlensäureentwicklung gegen das: 


Ende der Gärung zu allmählich nachläßt, schwindet damit auch die 
treibende Kraft, durch welche bisher die in der gärenden Flüssigkeit 
in Schwebe erhaltenen Hefenzellen in Bewegung gebracht worden sind. 
Der Zug der Schwerkraft auf die Zellen, welche ja ein höheres spezifisches 
Gewicht als das Jungbier haben, kann nun zur Geltung kommen. Dem 
dadurch angestrebten Niedersinken der Zellen wirken aber zwei Wider- 
stände entgegen, das sind die Zähigkeit der Flüssigkeit und die Reibung, 
welche die einzelnen Zellen in ihr erfahren. Die Minderung dieser 
Gegenkräfte wird nun in dem Falle erreicht, wenn mehrere Zellen sich 
zu einem kleinen Ballen zusammenschließen. Dessen Gewicht ist gleich 
der Summe der Gewichte der einzelnen Zellen. Dessen Oberfläche ist 
hingegen beträchtlich kleiner als die Summe der Oberflächen der Teil- 
Stücke. Es drückt also das gleiche Gewicht wie früher nach unten, 
während die der Flüssigkeit zugekehrte Angriffsfläche und somit auch 


der ihr entgegengesetzte Widerstand nun kleiner ist. Dieses Zusammen- » 


schließen der Zellen zu vollführen, sind die erwähnten gummiartigen 
und eiweibähnlichen Schleimstoffe (Lispser [1]), welche sich auf der 
Zellhaut absondern, nach Wırt (5) auch das gelatinöse Netzwerk sehr 


20 


25 


30 


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— 14 — 


gut geeignet und unentbehrlich. Haben sie dies Werk getan und also 
die einzelnen Zellen zu Kolonien vereint, welche schon dem unbewaffneten 
Auge einzeln kenntlich sind, dann ist dasjenige zustande gekommen, 
was man als Bruch bezeichnet. Auch die Glutinkörperchen befinden 
ssich dann, wie dies Wırr (6) zeigte, im Zustande des „Bruches“, in- 
dem sie sich zu traubigen Massen vereinigen. Das sogen. Brechen 
der Würze, wie es gegen Ende der Hauptgärung nach und nach sich 
einstellt, wird als das neben der Saccharometeranzeige wichtigste Merk- 
mal für die Beurteilung der Reife des Jungbieres von dem Praktiker 
wsorgfältig verfolgt. Der Bruch wird in einem kleinen Schaugläschen in 
der Weise beobachtet, daß man den Inhalt desselben gegen ein dahinter 
gehaltenes Licht betrachtet. Ist die Hefe zu kleinen griesigen Klümpchen 
geballt, während die Flüssigkeit blank hindurchglänzt. so ist das Bier 
schön „durchgefallen“, der Bruch „griesig“. Dann ist der Bottichinhalt 
ısreif zum „Fassen“, worunter man das Umfüllen („Umschlauchen“) des- 
selben auf das Lagerfaß versteht. Je nachdem das Fassen des Jung- 
bieres früher oder später vorgenommen wird, bringt der Brauer damit 
eine mehr oder weniger große Anzahl von Hefenzellen in das Lagerfab 
hinüber. Er sagt im ersten Falle, er habe „grün gefaßt“, im letzten 

» Falle hingegen, er habe „lauter gefaßt“. Nach einer größeren An- 
zahl von ScHÖnrFELD (1) an Ort und Stelle in Brauereien durchgeführten 
Hefenzählungen bestehen folgende Beziehungen zwischen Bruch und Zellen- 
zahl: bei lauterem Schlauchen, feinem sehr uten Bruch 4000— 8000 Zellen 
pro Kubikmillimeter, bei gutem, griesigem Bruch S000— 14000 Zellen, bei 

» mäßigem Bruch 14000— 20000 Zellen pro Kubikmillimeter. Bei 20000 Zellen 
im Kubikmillimeter ist der Bruch mäßig und bei 30000 Zellen ist das 
Bier noch grün. Diese Zahlen decken sich auch mit denjenigen Wırr's 
auf S. 150. 

Lagerbiere, an welche in bezug auf Haltbarkeit höhere Anforderungen 

so gestellt werden, pflegt man lauter zu fassen, während Schankbiere meist 

grün gefabt werden. Ein Zeichen eines guten normalen Bruches ist es 

auch, wenn die Hefe im Schaugläschen sich rasch absetzt und dann 

fest am Boden sitzt, so dab das Bier abgegossen werden kann, ohne 
dab die Hefe mitgerissen wird. 

35 Für den Praktiker gilt die Bruchbildung als ein wertvolles Moment 
für die Beurteilung der Gärunge. Da nun die Reinhefe nach den ersten 
(Gärungen im Bottiche meist schlechten Bruch zeigt, stand in den ersten 
Jahren nach Haxsex’s (1) Entdeckungen der Praktiker der Einführung 
rein gezüchteter Hefe in den Brauereibetrieb ablehnend gegenüber. 

Worin dies seine Ursache hat, ist noch nicht genügend geklärt. Dab 
sowohl durch zu starke wie auch durch ungenügende Lüftung der Würze 
schlechte Klärung erzielt wird, hat Hassen (1) bereits gezeigt. Viel- 
leicht sagt auch der Hefe die längere Berührung mit den Metallzylindern 
des Reinzuchtapparates nicht ganz zu. Zu niedriger Kalkgehalt der 

s Würze (s. Bd. IV, S. 88), zu kalte Gärführung u. dgl. m. können Ver- 
anlassung zu schlechter Bruchbildung geben. Die Zusammensetzung der 
Würze ist zweifellos nicht ohne Einfluß auf die Bruchbildung; oft 
kommen Fehler bei der Malzbereitung oder beim Maischprozesse auf 
diese Weise zum Ausdrucke. So zeigen sehr schlecht verzuckerte Würzen 

sonur selten Bruch. 

Nachdem Kusserow (1) bereits darauf hingewiesen hatte, dab Menge 
und Art der Stickstoffernährung der Hefe auf das Absetzen derselben 
von Einfluß sind, setzte Lax6E diese Versuche fort. Dabei zeigte sich, 


— 15 — 


daß die mit Pepton ernährten Hefen (s. Bd. IV, S. 102) sich klumpiger 
absetzten als die mit Asparagin ernährten, welche mehr staubigen 
Charakter zeigten. LaxGe (1) glaubt, dieses verschiedene Verhalten da- 
mit erklären zu können, dab der bei der Gärung entstehende Alkohol 
Pepton in Form kleiner Flöckchen ausscheidet, welche mechanisch das ; 
Zusammenballen der Hefe zu Flocken ermöglichen. 

Nach Versuchen von SCHÖNFELD (1) herrscht über die zur Herbei- 
führung des Bruches notwendigen Bedingungen noch keine völlige Klar- 
heit. Im großen und ganzen erreicht man bei größerer Aussaat eine 
schnellere Beendigung der Hauptgärung („Durchfallen“ des Bieres) als 
bei geringerer Hefengabe. Versuche von REıcHArD und Rızrar (1) be- 
stätigten auch, daß bei geringer Hefengabe die Bruchbildung in die 
Länge gezogen wird. Bei seinen weiteren Versuchen stellte REICHARD, 
im Gegensatz zu SCHÖNFELD (1), fest, daß bei reichlichen Hefengaben 
(75 kg auf 100 hl Würze) oft infolge starker Glutinausscheidung die ı; 
Klärung nur schwer erfolgt. Der Einfluß der Temperatur auf die Bruch- 
bildung soll nach SCHÖNFELD (1) nicht nennenswert sein. Auch er glaubt, 
dab der Peptongehalt der Würzen eine gewisse Rolle bei der Bruch- 
bildung spielt. 

Nicht nur die chemische Zusammensetzung der Würze bedingt mehr » 
oder weniger die Bruchbildung, sondern es ist auch der Charakter der 
Hefe von entscheidendem Einfluß auf jene Erscheinung. Es sind näm- 
lich Hefenstämme bekannt, welche unter allen Umständen einen schlechten 
Bruch geben und keine feste sondern eine dünnflüssige Satzhefe im 
Bottich liefern. Trotzdem das Arbeiten mit solchen Stämmen ein größeres 
Maß von Sorgfalt erheischt, bedient man sich ihrer dennoch, und zwar 
dann, wenn sie andere schätzenswerte Eigenschaften besitzen, so ins- 
besondere grobe Haltbarkeit des damit erzeugten und also bei der Aus- 
fuhr sich bewährenden Bieres. Eine solche Hefe ist die Carlsberg Unter- 
hefe Nr. 17, mit welcher Hansen zuerst sein Reinzuchtverfahren in die» 
Gärungsgewerbe eingeführt hat. Hingegen wird es für die Erzeugung 
eines Bieres, welches bald zum Konsum kommen kann, wirtschaftlich 
vorteilhaft sein, mit einer rasch klärenden Hefe zu arbeiten. Nach 
einer Annahme von DruLerÜück (2) sollen die bruchbildenden Hefen 
weniger peptische Enzyme enthalten als die Hefen mit Staubcharakter. 3 

SCHÖNFELD (1) hat 1896 über den Verlauf der Klärung bei Lager- 
bier Untersuchungen angestellt, welche die Feststellung der Hefenmengen 
mittelst der Hefenzählkammer zum Gegenstand haben. Er fand dabei 
im Kubikmillimeter nachfolgende Anzahl an Hefenzellen: 


9 
[271 


die mit Hefe eben angestellte Würze 14 600 10 
Jungbier vor dem Fassen 54 000 

Pr lauter gefaßt 500 
Lagerbier schankreif 0,1—10. 


Man sieht aus diesen Zahlen, welch große Mengen von Hefenzellen 
während der Lagerung des Bieres, vom Einschlauchen des Jungbieres ıs 
auf das Lagerfaß an gerechnet, zu entfernen sind. Dieses Absetzen kann 
man auch dadurch fördern, dab man Späne in das Faß einwirft, und 
zwar entweder solche aus Haselnußholz oder solche aus Aluminiumblech. 
worüber Näheres bei Wırı (4) zu finden ist. Auch ungebranntes Porzellan 
soll schon zur Klärung verwendet worden sein. Auf solcher Unterlage 
nun setzen sich die Zellen fest. Die mikroskopische Untersuchung des 
Belages von Klärspänen, welche aus einem kurz vorher entleerten Lager- 
fasse herausgenommen worden sind, läßt erkennen, daß die Zellen dureh 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bi. V, 1) 


, 


— 146 — 


Schleimstoffe festgehalten sind. Auf die Klärung des Bieres durch 
Filtration wird im 7. Kapitel noch näher eingegangen werden. Die 
durch REıskE (3) im Jahre 1896 vorgeschlagene Förderung der Klärung 
des Bieres durch Belichtung wird kaum zu empfehlen sein, da nach 

5 W. Schutze (2) das Licht den Wohlgeschmack des Bieres sehr beein- 
träehtigt. Sollte die natürliche Klärung des Bieres aus irgend welchen 
Gründen nicht erreicht werden können, so kann eventuell die Ver- 
wendung künstlicher Klärmittel in Betracht kommen. Als solche gelten: 
Hausenblase, Gelatine, Raya clavata und Isinelas. Man pflegt von 

diesen Mitteln 7—10 & mit 4—20 g Weinsäure pro Hektoliter Bier zu- 
zusetzen. REINKE (2), SCHÖNFELD (3) und DinKkLAGe (1) haben darauf 
hingewiesen, dab Bier nach Passieren eines verzinnten Filters und über- 
haupt nach Berührung mit Zinn sich nach verhältnismäßig kurzer Zeit 
trüben kann, ohne daß Organismen dabei beteiligt sind. SEYFFERT (2) 

ıs wies nach, daß die betreffende Trübung durch die Ausscheidung einer 
Zinn-Eiweiß-Verbindung hervorgerufen wird. 


$ 35. Der Vergärungsgrad der Biere in seiner Abhängigkeit 
von mykologischen Faktoren. 


Der Vergärungsgrad gibt die in Prozenten ausgedrückte Menge der 
vereorenen Extraktbestandteile der ursprünglichen Würze an. Dessen 
Berechnung erfolgt nach der Formel = 

en Y—e 
V—=10%0.- 5 

worin Y den Vergärungsgrad, E den Extraktgehalt der ursprünglichen 

» Würze, e den Extraktrest der vergorenen Würze (des Bieres) bedeutet. 
Je nachdem man für e den wirklichen oder den ohne Berücksichtigung 
des Alkohols aus dem spezifischen Gewichte sich ergebenden schein- 
baren Extraktrest einführt, unterscheidet man den wirklichen und den 
scheinbaren Vergärungsgrad. 

30 Für die Höhe des Vergärungsgrades ist in erster Linie die Menge 
vorhandener Kohlenhydrate maßgebend, welche durch die Hefe vergoren 
werden kann. Bei dem während des Maischprozesses stattfindenden 
Abbau der Stärke werden Amylodextrin, Erythrodextrin, Achroodextrin 
und Maltose gebildet. Die beiden erstgenannten Dextrine finden sich 

3; nur in anormal zusammengesetzten Würzen. Die übrigen Kohlenhydrate 
bilden zugleich mit dem aus dem Malze stammenden präexistierenden 
Zuckern, nämlich Rohrzucker, Lävulose und Dextrose, die normalen 
Kohlenhydratbestandteile des Würzeextraktes. Wie im 18. und im 
19. Kapitel des IV. Bandes gezeigt wurde, verhalten sich die einzelnen 

‚0 Zuckerarten in bezug auf ihre Vergärbarkeit verschieden. Infolge dieses 
Umstandes wie auch infolge der wechselnden Zusammensetzung des 
Würzeextraktes wird der Vergärungsgrad mehr oder weniger varlieren 
können. Die Zusammensetzung des Extraktes ist 1. durch die Beschaffen- 
heit des Malzes und 2. durch das Maischverfahren (s. Bd. IV, S. 103) 

sbedingt. Bezüglich dieser Faktoren sei hier auf Prıor (2) verwiesen. 

Wie in Bd. IV, S. 86 und S. 101 schon gezeigt wurde, können die 
mineralischen Nährstoffe der Hefe die Eigenschaften derselben und den 
Vergärungsgrad stark beeinträchtigen. Es ist daher nicht ausgeschlossen, 
dab abnorm zusammengesetzte Brauwässer auf den Vergärungsgrad von 

5 Einfluß sind. Die älteren Versuche Scuurtze's (1), welche allerdings 


20 


— 147 — 


nicht mit Reinhefe angestellt sind, bezogen sich auf die Abhängigkeit 
' des Vergärungsgrades von gewissen Mineralsubstanzen und seien hier 
nur der Vollständigkeit halber erwähnt. 
Starkes Wässern der Hefe soll derselben größere Mengen ihrer 
- Mineralbestandteile entziehen und infolgedessen eine anfängliche Er- 
niedrigung des Vergärungsgrades zur Folge haben; vergl. S. 100 u. 108. 
Außer von der Zusammensetzung des Nährsubstrates wird der Ver- 
 gärungsgrad aber auch noch von den Vegetationsbedingungen abhängig 
sein, unter welchen die Hefe arbeitet. So will man durch das Herführen 
des Zeuges eine (wenn auch geringe) Erhöhung des -Vergärungsgrades 
beobachtet haben. Das gleiche soll man auch durch „Umpumpen“* oder 
„Umschlauchen“ der gärenden Würze in einen anderen Bottich erreichen 
können. Die dabei stattfindende Entfernung der Kohlensäure und gleich- 
zeitige Lüftung werden dies in erster Linie veranlassen. REICHARD (3) 
berichtet, daß die mit einem Flächenberieselungskühler gekühlten Würzen 
höher vergären als weniger stark gelüftete Würzen. Er führt dies auf 
die durch die heibe Lüftung stattfindende chemische Bindung des Sauer- 
stoffs (s. Bd. IV, S. 124) zurück. 
Durch entsprechende Wahl der Gärtemperaturen ist der Praktiker 


in der Lage, den Vergärungsgrad am Ende der Hauptgärung nach Er-> 


fordernis zu regeln. Man pflegt die Hauptgärung gewöhnlich so weit 
zu treiben, dab für die Nachgärung noch hinreichende Extraktmengen 
vorhanden sind. 

Welchen Einfluß die Größe der Aussaat auf die Höhe des Ver- 


gärungsgrades hat, ist wiederholt geprüft worden. W. ScHULTZE (1): 


hatte im Bottich gleich starke Vergärung erhalten, gleichgültig, ob 0,4 
‘oder 1,2 1 Samenhefe auf den Hektoliter Würze zugesetzt wurden. 
TuavsınG (1) konnte auf Grund eigener Erfahrungen diese Angaben be- 
‚stätigen, sofern sich die Hefenaussaat zwischen 0,53 und 0,66 1 Hefe pro 
-Hektoliter Würze bewegt. J. Murray (1) trat diesen Ansichten auch 
für die Gärungen 
nach englischem 
Brauverfahren 
bei. Im Gegen- 


Proz. zo, 
E.’% 


Anschauuneen 
elaubten REınkE 
(1) und F. (ErRNY 
(1) bei Erhöhung 
der Aussaatmen- 
een auch eine 
Steigerung des 

Vergärungs- 
erades beobach- 


393 0 MH 12 13 da IE 46 Güreg ten zu können. 
Eingehende Un- 
tersuchungen, 
welche wir hier- 
über A. Reı- 


‚Fig. 11. Einfluß der Größe der Hefengabe anf die Geschwindigkeit 
der Vergärung einer Bierwürze während des 8.—14. Tages der 
Bottichgürung. — Nach Rercnarp und Rıkurı.. 


CHAarD und A. Rırrmu (1) verdanken, haben für die letzteren Be-x 


‚hauptungen eine Stütze geliefert. Die Fig. 11 veranschaulicht die Ab- 

nahme der Saccharometeranzeige einer rürenden hellen Würze von 

14,6 Proz. Bauuına vom 8, Tage ab und zeigt, dab deren Saccharo- 
10* 


satz zu diesen » 


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E = = Blasse Biere p = 14,6. Blasse Biere p = 13,5. Dunkle Biere p = 13,0. 
7 


Fig. 12. Beeinflussung des Vergärungsgrades von Bierwürzen durch verschieden hohe Hefengaben. — Nach Reıcnarp und Rırnr.. 


— 149 — 


Hefengabe die Saccharometeranzeige schon vom 14. Tage ab auf 4,3 Proz. 
hinuntergegangen war. Ein solcher Einfluß der Größe der Hefengabe auf 
den Vergärungsgrad konnte durch die genannten Forscher sowohl an 
Würzen für lichtes Bier als auch an dunkler Würze bemerkt werden, 
sofern man mit der Beurteilung am Schlusse der Haupteärung stehen 5 
blieb. Nach Ablauf der Nachgärung konnte nur noch bei den hellen 
Bieren die erwähnte Differenz im Vergärungsgrad beobachtet werden, 
während der Vergärungsgrad der dunklen Biere bei allen Versuchen mit 
verschiedener Hefengabe gleich war. Diese Ergebnisse kommen in neben- 
stehender graphischer Darstellung (Fig. 12) deutlich zum Ausdruck. Die ıo 
mit A bezeichnete Kurve stellt die Vergärungsgrade bei 33 1 Hefen- 
gabe, die mit BD bezeichnete Kurve bei 50 1 Hefengabe und die mit € 
bezeichnete Kurve bei einer Hefengabe von 75 l auf 100 hl dar. Eine 
zureichende Erklärung der Ursache dieser geringen Erhöhung des Ver- 
gärungsgrades durch Steigerung der Hefengabe läßt sich derzeit noch ı5 
nicht finden. Der Mehrverbrauch an Würzebestandteilen wird zum Auf- 
bau neuer Zellen kaum Verwendung finden, denn nach den Ausführungen 
auf S. 120 des IV. Bandes ist der in der Volumeinheit des Nährbodens 
entstehende Zuwachs an Zellen bei größerer Aussaatmenge gleich oder 
sogar geringer als bei kleinerer. Versuche von IrumıscH (1), welche sich 20 
auf die Hefen Saaz und F’rrohberg erstreckten und bei denen Gärungen in 
verschieden starken Würzen durchgeführt wurden, ergaben, dab die 
Konzentration keinen wesentlichen Einfluß auf den Vergärungsgrad 
jener Hefen ausübe. 


Außer von den bereits erwähnten Faktoren ist aber der Vergärungs- 25 
grad auch noch von der zur Gärung verwendeten Art und Rasse ab- 
hängig. Man unterscheidet deshalb nach dem Vorschlage von A. Bau (1) 
folgende drei Hauptklassen: 1. Hefe Saaz (Berliner Sammlung Nr. 6), 2. Hefe 
Frohberg (Berl. Samml. Nr. 19), 3. Hefe Logos. Zu dieser Gruppe gehört 
auch noch der Schizosaccharomyces Pombe. Die Hefen vom Typus 1, zuso 
welchem nach ScHhukow (2) die meisten wilden Hefen gehören, vergären 
am niedrigsten, während die Hefen vom Typus 2 einen weit größeren 
Teil des Extraktes vergären. Die Hefen vom Typus 3 vergären nicht 
nur die vorhandenen Zuckerarten sondern auch eventuell Dextrin. ‚Jene 
drei Hefentypen werden von Prror (1) in folgender Weise charakterisiert: 5 
Die Hefen Saaz lassen bei der Vergärung am meisten Achroodextrin Ill 
und infolgedessen auch mehr Maltose unvergoren als diejenigen vom 
Typus Frohberg und diese wiederum mehr als die Hefe Logos. Prior (1) 
erkennt übrigens die Typen Saaz und Frohberg im gärungsphysiologischen 
Sinne nicht an. Nach diesem Verfasser erreicht man nämlich mit beiden « 
Hefen denselben Endvergärungsgrad, wenn nur die Gärung unter den 
günstigsten Umständen (starker Hefengabe, hoher Temperatur, starker 
Lüftung) vor sich geht. 


Nach H. van Laer (2) ist der Vergärungsgrad zweifellos als eine spezi- 
fische Eigenschaft der einzelnen Rasse zu betrachten. Dies folgt auch aus ıs 
Versuchen von Linpxer (1), Irmiscn (1) und Groxow, welche stets die 
gleiche Würze unter gleichen Bedingungen mit verschiedenen Hefen 
impften und in gleicher Weise vergären ließen. Die Unterschiede 
zwischen den einzelnen Hefen waren dabei recht erhebliche. Einen 
weiteren Beweis für den oben aufgestellten Satz erbrachte Scnönrkun (2) 0 
in der Weise, daß er aus einem Gemenge von hoch und von niedrig 
vergärenden Hefen 500 Zellen isolierte und die Nachkommenschaft der- 


— 10 ° — 


selben auf Vergärungsgrad näher untersuchte. In der Tat ergaben sich 
hierbei Unterschiede im Vergärungsgrad von 11—13 Proz. 

Wie bereits im $ 33 auf S. 140 ausgeführt wurde, kann durch gleich- 
zeitiges Zusammenwirken zweier oder mehrerer Hefenarten der Ver- 

;seärungsgrad wesentlich beeinflußt werden. Auf die Versuche BEcKER’s (1) 
mit wilder Hefe wird im 8. Kapitel einzugehen sein. 

Um den Vergärungsgrad sehr dextrinreicher Würzen zu erhöhen, 
läßt man die Diastase während der ganzen Gärung fortwirken, wodurch 
ein allmählicher Abbau und Vergärung der Dextrine bewirkt wird. Man 

ıkann die Diastase in Form von Malzmehl, Malzauszug, Vorderwürze oder 
Hopfen, welcher geringe Mengen hiervon enthält, zusetzen. Außer Bruch- 
bildung und Klärung ist für den Praktiker nach dem Verlaufe der 
Hauptgärung auch die Höhe des Vergärungsgrades zur Beurteilung des 
ganzen Gärungsverlaufes maßgebend. Zur Erhöhung der Haltbarkeit 

ıs des Bieres ist nämlich die Arbeitsweise so einzurichten, daß der Ver- 
särungsgrad beim Ausstoße der meisten Biere, insbesondere der Flaschen- 
biere, möglichst nahe an den Endvergärungsgrad heranreicht, d. h. dab 
beim Ausstoße fast der gesamte vergärbare Extrakt vergoren ist. Man 
wird daher auch die Gärung auf dem Bottiche so zu leiten suchen, daß 

»nur so viel Extrakt in dem fässigen Jungbier enthalten ist, als zur 
Bildung der Kohlensäure im Lagerfasse erforderlich sein wird. Hingegen 
werden gewisse Spezialbiere (Bock, Salvator) und rasch zu konsumierende 
Biere nicht bis zum Endvergärungsgrad getrieben. 


$ 36. Biologie der Lagergärung. 


25 Zur vollständigen Ausreifung des Bieres einerseits, sowie zum Zwecke 
einer weiteren Vergärung andrerseits, überläßt man das Bier noch der 
Nachgärung im Lagerfasse. Das Stadium, in welchem das ‚Jungbier 

nach dem Lagerfasse gelangt, kann je nach dem Fortschreiten der 
Gärung auf dem Bottiche als „grün“ oder als „lauter“ bezeichnet werden 

30 (S. S. 144). Bei „grünem“ Fassen geht die Absicht dahin, verhältnis- 
‚mäßig viel Hefe dem Biere in das Lagerfaß mitzugeben und damit eine 
raschere Nachgärung einzuleiten. Es wird von der Voraussetzung aus- 
gegangen, daß ein Bier, welches im Schaugläschen viel suspendierte, im 
Zustande des Bruches befindliche Bestandteile enthält und im durch- 

ss fallenden Licht weniger klar erscheint, auch dementsprechend mehr 
Hefenzellen enthält und umgekehrt. 

Nach den Untersuchungen von Wir (5) enthält Bier beim lauteren 
Fassen 880000 Zellen im Kubikzentimeter, während es beim grünen 
Fassen 6880000 — 19600000 Zellen aufweist. Diese Zahlen stimmen 

„auch durchweg mit den von SCHÖNFELD (1) gut überein. Außer von dem 
Auftreten des Bruches nach Beendigung der Hauptgärung macht aber 
der Praktiker den Zeitpunkt des Fassens von der mehr oder weniger 
vorgeschrittenen Vergärung auf dem Bottiche abhängig. Er strebt eben 
danach, in das Lagerfaß noch soviel Extrakt zu bringen, daß sich in 

45 jenem noch eine entsprechende Nachgärung und Kohlensäureentwicklung 
vollziehen kann. Um die Nachgärung andrerseits aber auch nicht wieder 
zu stürmisch verlaufen zu lassen, wird er in bezug auf jene Extrakt- 
mengen nicht zu weit gehen dürfen. Der Brauer trachtet somit da- 
nach, daß die Saccharometeranzeige mit dem Aussehen des Bieres in 

sorichtigem Einklang steht, daß bei richtigem Bruch der Vergärungsgrad 


— 151 — 


ein nicht zu hoher ist. Dann bleibt auch für die Nachgärung eine ge- 
nügende Menge an vergärbarem Material übrig, und das Bier zeigt bis 
zum Abziehen Leben. Man wird mit Rücksicht auf die Haltbarkeit einen 
gewissen Endvergärungsgrad des Bieres zu erreichen suchen, der jedoch 
bei einem gesunden Bier durchaus nicht zu weit getrieben zu werden 
braucht. Je geringer die Hefenmenge ist, wölche mit dem Bier in das 
Lagerfaß kommt, desto kleiner ist der Gäreffekt derselben und desto 
länger braucht die Hefe, bis sie sich soweit vermehrt hat, daß eine 
kräftige Gärung eintreten kann. Die Nachgärung zieht sich also dem- 
entsprechend längere Zeit hinaus, und es muß das Bier, um seine volle 
Reife zu erhalten, auch viel längere Zeit als bei grünem Fassen lagern. 
Bei grünem Fassen kann zweifellos die Lagerzeit abgekürzt werden, 
und außerdem soll durch die rasche Entfernung der im ersten Stadium 
der Nachgärung sich ausscheidenden Stoffe der Geschmack des Bieres 
reiner werden. Von grobem Vorteil ist das Grünfassen bei einer In- 
fektion mit wilder Hefe, welche gegenüber den reichlichen Mengen von 
Kulturhefe dann weniger zur Entwicklung kommt. Als wesentliche 
Nachteile des grünen Fassens kämen nach Wırr (2) folgende in Be- 
tracht: Grünfassen setzt eine gleichmäßig niedrige Kellertemperatur 


voraus, bei Schwankungen der letzteren tritt leicht zu hohe Vergärung: 


ein., Nachgärungen auf dem Transport können bei nicht normal ver- 


gorenen grüngefabten Bieren leichter vorkommen. Die Klärung auf 


natürlichem Wege wird erschwert; die Gegenwart von viel Hefe kann 
insofern nachteilig wirken, als der Geschmack des Bieres um so mehr durch 
Stoffe, welche von Hefe herrühren, beeinflußt werden kann, auf je mehr 
Hefe das Bier lagert. 

Die Klärung des Bieres auf dem Lagerfasse vollzieht sich durch 
Absetzen der Hefe; hierbei spielen die im $ 34 behandelten Faktoren die 
Hauptrolle. Bezüglich der bei der niedrigen en noch allenfalls 
stattfindenden Vermehrung der Hefe sei auf Bd. IV, S. 116 verwiesen. 

Ueber die Temperatur des zum Fassen ER Jungbieres 
macht Wıru (2) Mitteilungen. Er bezeichnet es aus nachfolgenden 
Gründen im allgemeinen als vorteilhaft, das grüne Jungbier vor’dem 
Einschlauchen in die Lagerfässer abzukühlen: 1. Die Dauer der Haupt- 


gärung wird hierdurch abgekürzt. 2. Das Bier bleibt kohlensäurereicher 


und haltbarer. 3. Es wird einer Erwärmung des Lagerkellers vorgebeugt 
und damit an Kühlung gespart. 4. Dagegen wird durch das Abkühlen 
ein ungünstiger Einfluß auf die Hefe und damit auf die Haltbarkeit 
ausgeübt. 5. Kann unter Umständen durch das plötzliche Abkühlen 
eine Eiweißtrübung im Bier hervorgerufen werden, durch welche die 
Klärung desselben ganz wesentlich beeinträchtigt wird. In Beziehung 
auf die einzuhaltende Temperatur wird sehr wesentlich ins Gewicht 
fallen, ob grün oder lauter geschlaucht wird, ob das Bier Neigung be- 
sitzt, hoch oder niedrig zu vergären. Ob grün oder lauter zu fassen 
ist, darüber entscheidet das Alter, welches das Bier erreichen soll. 

Biere, welche nach 4—6 Wochen zum Ausstoß kommen sollen, wird 
man mehr grün fassen; dagegen läßt man das Bier im Bottich mehr 
durchfallen, wenn dasselbe erst nach 4—6 Monaten reif sein und zum 
Ausstoß kommen soll. 

Das fässige Bier besitzt einen verhältnismäßig unreifen, hefigen 
Geschmack, welcher gegenüber dem des fertigen Bieres noch wenig ab- 
gerundet erscheint. ki ine Verbesserung im Geschmack kann zwar durch 
künstliche Klärung mit Filtrierapparaten,, oder durch Einblasen von 


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3) 


35 


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Luft oder Kohlensäure (PFAUDLER, NarHax [1]) stattfinden, insofern als das 
Bier einen Teil des hefigen Junggeschmackes hierdurch verliert; dennoch 
sind aber derartig künstlich geklärte Biere im Geschmack kenntlich; 
vgl. Aupey (1) und Want und Hexıvs (1). Diese allgemein bekannte 
Tatsache beweist, dab während der Nachgärung und Lagerung sich 
chemische Prozesse abspielen, welche den Geschmack und die Bekömm- 
lichkeit des Bieres wesentlich beeinflussen. Inwiefern hierbei enzyma- 
tische Wirkungen in Betracht kommen, ist bis jetzt noch nicht genügend 
aufgeklärt. Prior (2)- hat enzymatische und osmotische Vorgänge bei 
ıoder Nachgärung speziell für Kohlenhydrate nachgewiesen, und zweifellos 
spielen solche Prozesse bei der die Nachgärung durchführenden, in einem 
gewissen Ruhezustand befindlichen Hefe eine nicht zu unterschätzende 
Rolle. Die Bildung von Estern, wie solche Grar (1) an einigen alten 
pasteurisierten Bieren nachgewiesen hat, trägt zweifellos bei der 
ıs Lagerung des Bieres zur Abrundung des Geschmacks bei. Auch bei 
einem 12'/, Jahre alten Biere hat Lang (1) einen an Südwein erinnern- 
den Geschmack festgestellt. 
Wenn die Nachgärung im Lagerfasse besonders stürmisch erfolgt, 
so kommt dies in der Weise zum Ausdruck, daß Schaumpartien in 
» größeren Mengen aus dem Spundloche heraustreten. Man spricht hier 
von dem „Käppeln“ des Bieres oder von dem „Stoßen“ desselben. Ist 
die Vergärung in dem Lagerfasse in dem wünschenswerten Maße vor 
sich gegangen, so erfolgt in den meisten Fällen das Spunden des Fasses, 
d. h. das Faß wird am Zapfloch durch einen Spund verschlossen, so dab 
» die sich bildende Kohlensäure unter Druck dem Biere einverleibt wird. 
Seit einiger Zeit bedient man sich hierzu auch einfacher Quecksilber- 
Manometer, welche bei einem gewissen Ueberdruck im Fasse die über- 
schüssige Kohlensäure entweichen lassen. Ueber die beim Spunden 
herrschenden Druckverhältnisse, sowie über den Einfluß des Druckes auf 
soden ganzen Verlauf der Gärung hat Pranprr (1) eine Reihe von Ver- 
suchen angestellt und gefunden, dab der Druck beim Spunden bis zu 
0,4 at steigt; vgl. auch die Angaben auf S. 134—135 des IV. Bandes. 
Um dem lagernden Biere noch weitere Extraktmengen zuzuführen, 
welche bei der Vergärung die zur Bildung eines guten Mousseux erforder- 
3 liche Kohlensäure liefern sollen, herrscht vielfach die Gepflogenheit, dem 
Biere „Kräusenbier“, d. i. in Gärung befindliche Würze (s. S. 86), zu- 
zusetzen. Man spricht hier vom sogenannten „Aufkräusen“ des Bieres, 
welches sich speziell für Biere, die auf dem Bottich stark vergoren sind, 
gut eignet. Zum Auffüllen des während der Nachgärung sich etwas 
so verringernden Faßinhaltes kann Kräusenbier, fertiges Bier oder auch 
Wasser verwendet werden. Man bezeichnet dies als das „Nachstechen“ 
des Bieres mit Kräusenbier, Bier oder Wasser. 
Wie Untersuchungen von Want (1) und ScHönreLp (1) gezeigt 
haben, nimmt der Keimgehalt des Bieres während der Nachgärung wie 
sfolet ab: 


[>11 


Bier nach dem Aufkräusen 1830 Zellen in 1 cmm 
Bier vor dem Spunden ba 7. BEN 
Fertiges Bier staubig Ba ne 
Fertiges Bier fein ia0.e, no a 
50 Fertiges Bier glanzfein N a We 4 


Zu ganz ähnlichen Zahlen kam auch Dornmens (1), nach dessen 
Untersuchungen 1 ccm eben abgefüllten Bieres 5750—39250 Kolonien 


—- 1593 — 


auf Würzegelatine und 5750—33 750 Kolonien auf Fleischwasser-Pepton- 
gelatine entwickelte. 

Auf dem Boden des Lagerfasses setzt sich während der Lager- 
gärung die Hefe als „Geläger“ ab. Dasselbe soll bei normal verlaufender 
Gärung ausschließlich aus Kulturhefe bestehen, welcher Glutinkörperchen 
und in geringem Grade wohl auch einige Bakterien beigemengt sind. 
Langgestreckte Formen der Hefen finden sich im normalen Geläger 
nur selten. Daß übrigens die Hefenzellen im Geläger nachteilig 
verändert werden, geht aus der Tatsache hervor, dab Reinkulturen 
jener Hefen dem Biere einen eigenartigen Geschmack zu verleihen im- 
stande sind, wie dies von Braux (1) nachgewiesen wurde. Ueber das 
Vorkommen von Erregern von Bierkrankheiten im Geläger vgl. das 
8. Kapitel. In früheren Jahren herrschte wohl die Ansicht vor, dab zur 
Durchführung der Nachgärung andere Hefen erforderlich seien als zur 


Hauptgärung. Dieser Anschauung huldigten vor allem H. vax Laer (1), 1: 


sowie auch Brown und Morrıs (1) und Morris und Werıs (1) u. a. 
Sie ist, wie wir nun wissen (s. S. 84), nur für die englischen (Porter-) 
und nicht auch für die kontinentalen (untergärigen Lagerbier-)Brauereien 
zutreffend. 


Literatur 
zum Kapitel Hauptgärung und Nachgärung des Bieres. 


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(2) Ebenda, 1895, Bd. 18, S. 373. (3) Ebenda, 1896, Pd. 19, S. 364. — (4) Ebenda, 
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S. 314. *Zeidler, A., (1) W. £. Brauerei. 1901, Bd. 18, S. 101. 


7. Kapitel. 


Betriebskontrolle. 
Von 


Prof. Dr. P. Lisposer una Dr. H. Wichmann. !) 


$ 37. Allgemeine Betrachtungen über die Aufgaben der biologischen 
Betriebskontrolle. 


Die Kontrolle mit dem bloßen Auge, mit Nase, Zunge und dem Ge- 
fühl in den Fingerspitzen ist in erster Linie wichtig, da sie in kürzester 
5Zeit eine grobe Anzahl orientierender Analysen ermöglicht und uns oft 
mit überraschender Deutlichkeit die Stellen aufdeckt, wo etwas nicht in 
Ordnung ist. Sie genügt aber nicht; sie entziffert uns nicht immer die 
wahre Ursache einer Unregelmäßigkeit. Hier tritt das Mikroskop 
ergänzend ein, und wenn nötie noch die Kultur der Mikrobenvegetation, 
ıodie uns Anhaltspunkte über Art, Zahl und Eigenschaften gewinnen läßt. 
Umgekehrt reicht die bloße mikrobiologische Analyse nicht aus. 
Gesetzt, wir finden eine auffallende Veränderung im Geschmack des 
Bieres, und das Mikroskop zeigt uns wilde Hefen darin. Das verleitet 
uns zunächst, einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Dingen zu 
ısargwöhnen. Der Verdacht ist vielleicht nicht ganz unbegründet; es 
kann aber der Geschmack anderswoher, z. B. von der Filtermasse, stammen 
oder von durchgefallenen Decken (s. S. 143) im Bottich oder von an- 
gebrannter Maische (in der Maischpfanne) oder von (in der Weiche) er- 
stickter oder von (auf der Tenne) verschimmelter Gerste oder von ver- 
»räuchertem Malz (undichte Heizrohre in der Darre, angesengte Malz- 
keime) u. a. m. Hier heißt es zunächst, mit Zunge und Nase die 
voraufgehenden Stadien der Gärung und alles, was mit ihr in Berührung 
eekommen, auf Geruch und Geschmack zu prüfen. Ein schlecht im- 
prägnierter Faßspund z. B. kann nach Lixpxer (5) schon das ganze 
Faß Bier verderben, fast ungenießbar machen, ebenso ein in Fäulnis 
übergegangener Hefenbelag, der sich vielleicht hinter dem Pech oder in 
den Pechblasen angesammelt hat. Es kann ferner aus der Luft die 
Kalamität stammen. Es kann reicher Schimmelbelag an Kellerwänden 


y Es sind eingelaufen: $$ 37—45 von H. Prof. Dr. Paus, Lixpser, Vorstand der 
biologischen Abteilung des Institutes f. Gärungsgewerbe in Berlin, am 6. 6. 1905 und 
IN 4649 von H. Dr. Heısr. Wıcnmans in Wien am 11. 7. 1905. 


— 15 — 


‘die Luft muffig gemacht und diese den Geruch wieder auf das Bier 
übertragen haben, ohne daß Schimmelpilzsporen selbst in das Bier ge- 
langt sind. Wer den dumpfen, muffigen Biergeschmack auf die Keller- 
luft zurückzuführen geneigt ist, möge gesundes Bier mit grober Ober- 
fläche einige Zeit der Kellerluft aussetzen und dann die Kostprobe 
machen. Wichtig für den Betriebskontrollor ist, daß er den näheren 
Zusammenhang zwischen Ventilation und Schimmelbildung erkannt hat, 
wie auch die Rolle, welche die Feuchtigkeit der Luft dabei spielt. Die 
Luft selbst kann nahezu keimfrei sein und doch höchste Keimentfaltung 
an den Kellerwänden und Bottichen sowie in Rohrleitungen bedingen. 
Als die Luftfilter aufkamen, hat man Unmengen beinahe keimfreier 
Luft in die Keller gedrückt und doch wucherte es an Gefäßen und 
Wänden. Erst als man daran ging, die Luft trocken zu machen und zu 
filtrieren, da wurde es besser. Dasselbe geschah da, wo man mit 
Lıspoxer (3) merkte, daß unten ausfließende kalte Luft wieder warme 
feuchte Luft von oben durch die Kellerschächte oder Fenster nach sich 
‚zieht, durch dieselben Schächte, durch die man nur die warme Luft aus 
dem Keller zu entfernen gedachte. Das Beschlagen der Wände, sei es 
der Mauern oder der Bottiche und Fässer, mit Feuchtigkeit ist der erste 
Schritt zur Verpestung der Luft und zur dauernden Verseuchung eines 
Betriebes. Wo trockene Luft herrscht, da gibt es keine starke Ver- 
mehrung der oberflächlich befindlichen Keime, und selbst Spritzer von 
Würze oder Bier können hierzu nicht verhelfen, da sie selbst bald an- 
trocknen. Lurr (1) erwähnt eine Beobachtung, wonach Spritzer von 
gärender Würze, die beim Aufziehen derselben an die Gärkellerdecke 
gelangt waren, an dieser trotz zeitweisen Uebertünchens mit Kalkmilch eine 
Sareina-Entwicklung im Mörtel ergeben hatten. Den Schimmel riecht man 
oft schon, wenn man bei oberflächlichem Zusehen noch nichts davon merkt. 
Um ihn zu erschauen, bedarf es oft eines besonderen Kunstgritfes. All- 


zuhelle Beleuchtung der davon befallenen Fläche läßt den zarten Flaum: 


nicht erkennen; im Halbdunkel bei seitlicher Beleuchtung durch ein ein- 
faches Kellerlicht kann man ihn aber deutlich wahrnehmen, zumal wenn 
man durch Darüberstreichen mit den Fingern die zarten Hyphen nieder- 
drückt. Diese Fingerspuren erscheinen dann feuchtglänzend im Gegensatz 


zu den unversehrten Stellen, wo die Fäden die Reflexe mildern. Aber 


selbst im Dunkeln würde uns der muffige Geruch an den Fingern ver- 
raten, daß sie eine schimmelige Fläche gestreift haben. 

Bakterien- und Hefenansammlungen fühlen sich schlüpfrig und 
schleimig an, sind aber in bezug auf den Geruch harmloser als die 
Schimmelpilze. Nur wenn die Beläge der Selbstverdauung und Fäulnis 
anheimfallen, geben ihre Gerüche denen der Schimmelpilze nichts nach. 
Es mag hier vorweg bemerkt werden, daß zurzeit wohl noch die Schädi- 
gungen des Bieres durch schlechte Geruchs- und Geschmacksstoffe bei 
weitem diejenigen überwiegen, die durch direkte Infektion mit Bakterien 
und wilden Hefen zustande kommen. Selbst da, wo die Gärungen an 
sich rein sind, kann das Bier doch durch jene schlecht geworden sein. 
Es mag daraus entnommen werden, welche Bedeutung der VUebung der 
Sinne in der Auffindung des Ursprungs jener Stoffe zugemessen werden 
sollte. Wer gut zu sehen, schmecken und riechen versteht, hat drei Viertel 


1 


0 


20 


19 


der Betriebskontrolle schon erledigt. Es ist hier nicht der Ort, auf alles 


Umstände, die im Betrieb der Entstehung schlechter Geschmacks- und 
Geruchsstoffe Vorschub leisten, näher einzugehen; ebenso ist es nicht 
angezeigt, die für eine direkte Infektion in Betracht kommenden Stellen 


— 16 — 


alle aufzuzählen. Es sei nur ganz allgemein bemerkt, daß der Begriff 
Reinlichkeit bislang nur von den Wenigsten richtig erfaßt worden ist. 
Man kannte eben nur eine Reinlichkeit, die dem Auge genügte. Man 
wollte alles sauber sehen und sorgte für weiße Holzflächen, blanke 
; Metallteile, frisch gestrichene Kellerwände Man fragte nur nach der 
reinen Außenseite, nicht ob darunter noch Schmutz im biologischen Sinne 
verborgen war. Die Schäden, die durch anscheinend saubere Bottich- 
wandungen, Korke, Spunde, Holzgeräte, Lederschuhe, Lederscheiben an- 
gerichtet worden sind, sind zufolge Linpxer (4) ganz bedeutend. Erst 
im letzten Jahrzehnt wurde man auf die Gefahren solcher poröser Gegen- 
stände, Gefäße usw. aufmerksam. Aus einem sauber scheinenden Holz- 
spund des Gärbottichs oder aus einer Lederscheibe, wie sie zum Ab- 
dichten der Ablaßventile usw. dient, kann man minutenlang durch eine 
Art Massage immer neue Hefenmassen (wilde Hefen) aus den Poren 
1: herausbringen. 

Die Devise lautet jetzt: Nachforschen, ob milchige Trübungen beim 
Reiben oder Scheuern mit Wasser zum Vorschein kommen. 

Die Entscheidung, ob diese „Milch“ gefährlich oder ungefährlich ist, 
muß das mikroskopische Bild geben: es gibt oft genug milchige 

»Trübungen, die äußerlich vollkommen solchen von wilden Hefen ähneln, 
in Wirklichkeit aber nichts Lebendes einschließen. Weiterhin ist ein 
wichtiger Punkt die Kontrolle der zur Reinigung dienenden Gegen- 
stände, der Bürsten, Besen, Schwämme usw. Da sie am meisten mit 
lebendem Schmutz in Berührung kommen, speichert sich dieser in ihren 

» Poren auf und vermehrt sich da tüchtige. Beim erneuten Gebrauch kann 
es vorkommen, dab durch sie mehr Organismen auf die zu reinigende 
Fläche gebracht werden, als auf dieser selbst waren. Man wird also 
auch bei Bürsten, Besen usw. die Probe auf milchigen Schmutz machen 
müssen. Bei Bürsten geschieht dies am zweckmäßigsten so, daß man 

soklares Wasser durchlaufen läßt und dann mit der Hand über die 
Borsten so kräftig streift, daß die dabei wegspritzenden Tropfen von 
einer vorgehaltenen Glasscheibe, Objektträger oder Fensterscheibe auf- 
sefangen werden können. Wo man bei dem Rundgang durch den Be- 
trieb gleich mehrere Proben solcher „Milch“ einsammeln will, wird es 
sich empfehlen, die von ScHhönrzuo (3) zur Bestimmung des Keimgehaltes 
in Bottichwürze eingeführte Spiegelglasscheibe mit eingeschliffenen Ver- 
tiefungen zu benutzen. Man kann in die Vertiefungen je einige Tropfen 
der milchigen Proben bringen und diese so bequem transportieren, nach- 
dem man sich über die Reihenfolge und über die Entnahmestellen ent- 
sosprechende Notizen gemacht hat. Von Bottichwänden nimmt man die 
Probe am besten so, daß man sich Wasser aus dem mitgebrachten 
Wasserkrug in die hohle, vorher sauber gewaschene Hand gießt und 
damit die Bottichwand reibt. Das was an der Hand hängen bleibt, 
kratzt man an der Kante eines sauberen Objektträgers oder einer Glas- 

Scheibe ab. 

Wenn auch die vorangegangenen Bemerkungen manchen Fingerzeig 
sereben haben, worauf man zu achten hat, so muß doch gesagt werden, 
dab es wochen- und monatelang dauert, bis man sich die nötige 
Virtuosität in der Auffindunge aller Schlupfwinkel der gefürchteten 

so Mikroben angeeignet hat. Jeder Betrieb, ja jeder neue Apparat, der in 
der Kellerwirtschaft Verwendung findet, hat seine Besonderheiten in be- 
zug auf Mikrobensiedelungen. Man kann sogar sagen, daß jeder Hand- 
griff, jede Art Handhabung bei der Kellerarbeit beaufsichtigt werden 


— 17 — 


muß. Wer z. B. mit derselben Bürste die Innen- und die Aubenseiten 
der Hefenwannen bearbeitet, der führt von der schmutzigen Außenseite 
des zuletzt gereinigten Gefäßbes viel mehr wilde Keime in das nächste 
ein, als vielleicht darinnen waren. 

Wer mit einer schon defekten Bürste, deren Deckblatt z. B. schon 
locker geworden ist, den Bottich bürstet und recht tüchtig aufdrückt, 
der quetscht die ganze Vegetation, die unter der Deckplatte gesessen hat, 
seitlich hervor und spült sie beim nächsten Eintauchen der Bürste in 
das Schaffel in das lJauwarme Waschwasser hinein. Zuletzt ist der ganze 
lebende Schmutz der Bürste hier vereinigt, und bei den letzten Bürsten- ıo 
striehen an der Bottichwand bleibt durch Adhäsion so viel kleben, daß eine 
richtige Adhäsionskultur zustande kommt. Dab genügend organische 
Substanz als Nahrung da ist, wird man schon daraus entnehmen können, 
daß selbst an rein gewaschenen Bottichen beim oben erwähnten Reiben 
mit der Handfläche und mit Wasser zumeist ein Schaum entsteht. Bloßesıs 
Abspülen einer Wand, an der früher Würze oder Bier sich befand, 
nimmt von dieser also nicht alles weg. Bekannt ist ja auch, wie schwer 
Rohrleitungen durch Wasser rein zu spülen sind, bis kein Schaum mehr 
kommt. Mit der Größe der von Würze und Bier bespülten Oberfläche 
eines Betriebes wächst die Gefahr der Infektion. In größeren Betrieben » 
sind lange Rohrleitungen nötig, dafür wird in den großen Gär- und 
Lagergefäßen das Verhältnis zwischen Innenwandfläche und Fassungs- 
raum kleiner. In kleinen Betrieben sind kurze Rohrleitungen, viel Innen- 
wandfläche und geringer Inhalt bei den Gefäßen. Alle in den Wandungen 
und porösen Materialien, Holzspunden, Korken, Lederscheiben u. dgl. 
sich bildenden Infektionsherde haben das gemeinsam, daß sie dem Kon- 
kurrenzkampf mit der normalen Hefe gleichsam entrückt sind, da diese 
wegen ihrer zu vollen Gestalt nicht in die Poren gelangen kann. Aber 
auch wenn sie es könnte, so fehlt doch die genügende Menge ver- 
eärbarer Substanz, um durch deren Spaltung energisch wirken zu können. 30 
So sehen wir oft friedlich inmitten des Bodensatzes von reinster Kultur- 
hefe am Boden des Bottichs die Lederscheiben der Ablaßventile, die 
inmitten der Hefe liegen, beinahe mit Reinkulturen von wilder Hefe 
erfüllt. Da die Würze ihren Weg auch in den Wandungen der Holz- 
zellen selbst nehmen kann, gelangt sie auch tief ins Innere des be-s 
treffenden porösen (Gegenstandes und kann da zur Hefenvermehrung 
Veranlassung geben. Die Folge davon ist, dab die am Ausgange der 
Poren sitzenden Infektionsmassen nach außen herausgedrückt werden 
und so sich dem Kulturhefenbodensatz oder der gärenden Würze bei- 
mischen. 0 

Dieses Herausdrängen der Infektionsmasse dauert aber auch noch 
an, wenn längst der Bottich entleert und gewaschen ist. Das Wasser, 
mit dem gewaschen wird, ehe man Desinfektionsmittel anwendet, bringt 
die Zellen zum Aufquellen (Erhöhung des Turgors). So braucht man 
sich nicht zu wundern, dab einige Zeit nach dem Reinigen des Bottichs 
es gerade wilde Organismen sind, die plötzlich in größerer Zahl an den 
feuchten Flächen oder in den kleinen Pfützen am Boden sich breit machen. 

Wenn man sich die Struktur des Holzes vergegenwärtigt, so wird 
es klar, dab bei Verletzung einer Lackschicht oder einer anderen Deck- 
schicht (Paraffin, Pech) am Grunde des Bottichs die Würze oder das» 


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Bier in den Gefäßen des Holzes das am meisten verwendete EKichen- 
holz hat bekanntlich die weitesten Gefäße — hoch emporsteigt, bis zur 


gleichen Höhe wie im Bottich, ja vermöge der Kapillarität in den engen 


— 18 — 


Röhren darüber hinaus. Da zuerst Würze in den Bottich gelassen wird, 
saugen sich also die Poren zunächst mit Würze voll. Ist es da zu 
wundern, wenn sich nachher als F üllung der Röhre eine Hefenmasse 
ergibt, die einen permanenten Infektionsherd darstellt? Was nützt es, 
wenn unten an der Eintrittsstelle in das Gefäß durch das Desinfektions- 
mittel ein paar Zellen getötet werden? Deren Leichen bilden ja in dem- 
selben Augenblick schon eine Schutzwehr gegen die dahinterliegenden. 
Nehmen wir noch an, daß in den Teil der Holzmasse, der nicht aus 
durchgehenden Röhren sondern aus allseitig geschlossenen Holzzellen 

ı aufgebaut ist, gar keine Hefe sondern höchstens Würze oder Bier hinein- 
gedrungen ist, so können wir uns vorstellen, wie diese Zellen geradezu 
als Proviantkammern für die Hefen in den benachbarten Röhrengefäßen 
wirken. Wir werden bei Besprechung der Desinfektionsmittel ($ 45) noch 
Gelegenheit haben, auf diese Verhältnisse zurückzukommen. 

15 Es möge hier noch bemerkt werden, daß auf die Auffindung der 
Infektionsherde naturgemäß das Hauptaugenmerk gerichtet werden muß, 
ehe der Vernichtungskampf zu beginnen hat. Die biologische Analyse 
von der Würze und vom Bier wird dann zeigen, wie weit das Ziel er- 
reicht ist. 

.20 Die Aufgabe des Betriebskontrollors wird weiter sein, diejenigen 
Anordnungen zu treffen, die ein Aufkommen von Entwicklungsherden 
in Zukunft verhindern, und seine Leute nach entsprechender Belehr ung 
auch zu beaufsichtieen , damit sie die Anordnungen richtig befolgen. 
Eine Betriebskontrolle, die nur vom Laboratorium aus in Gang gesetzt 

5 wird, kann nie zu befriedigenden Erfolgen führen. 

Natürlich ist eines unerläßlich: daß für einen reinen Gärungserreger 
gesorgt wird. Der Anstellhefe kann man es mit den bloßen Augen nicht 
ansehen, ob sie frei von fremden Organismen ist. Nur wenn ein saurer 
oder fauliger Geruch ihr entströmt und sie sich in Wasser staubig ver- 

so teilt, oder wenn sie gar schon suppig geworden ist, wird man auch ohne 
Mikroskop voraussagen können, dab sie zu beanstanden ist. Ohne reine 
Hefe ist jede andere Anstrengung, den Betrieb sauber zu halten, ein- 
fach zwecklos. 

Nur da, wo man sich durch mikroskopische Prüfung aller ein- 

3 gesammelten Proben und durch eingehendere biologische Analyse der 
Hefe und des Bieres von der Abwesenheit fremder Organismen über- 
zeugt hat, ist eine größere Bewegungsfreiheit gestattet, sowohl nach der 
Seite der kälteren als auch der wärmeren, längeren oder kürzeren Gär- 
führung. Wo Reinzuchtapparate in Tätigkeit gehalten werden, deren 

regelmäßige Kontrolle ebenfalls dem Betriebskontrollor zufällt, ist noch 
weniger Grund vorhanden, an einem bestimmten Schema in der Gär- 
führung ängstlich festzuhalten. In solchen Brauereien läßt sich die 
Infektion durch Geschirr, Leitungen usw. besonders leicht verfolgen, 
weil der sonst störende Faktor der Verunreinigungen der Anstellhefe 

sin Wegfall kommt. Gerade die Erfahrungen in diesen Betrieben haben 
gelehrt, dab man diese Infektion nicht unterschätzen darf. Wo sie nicht 
von heut zu morgen auszuschalten geht, wird man zusehen müssen, ob 
sie nicht durch die Hilfsmittel der natürlichen Reinzucht wenigstens 
etwas einzuschränken ist. 

50 Wenn wir im vorhergehenden dem Betriebskontrollor die Aufgabe 
zugewiesen haben, im Betrieb fleißig Umschau zu halten, das Personal 
zur Reinlichkeit zu erziehen und dann noch im Laboratorium die Proben 
zu untersuchen, so dürfen wir überzeugt sein, daß er nicht viel freie 


— 19 — 


Zeit haben wird. In größeren Betrieben muß natürlich eine weitere 
Arbeitsteilung eintreten; es werden die Proben hier von anderen im 
Laboratorium verarbeitet werden müssen. Ueberall aber wird sich das 
Bedürfnis geltend machen, möglichst schnell das Resultat zu erfahren. 

„Schnellanalysen“ das ist das Ziel, das in jedem intensiven 
Betrieb angestrebt werden muß; aber nicht schnell und schlecht, sondern 
schnell und gut. Am wenigsten eilt es vielleicht mit der Untersuchung 
der Hefe aus dem Reinzuchtapparat, denn bis zur Entleerung vergehen 
doch immer einige Tage. Aber die Bottichproben in erster Linie ver- 
langen eine schnelle Analyse. Hier muß man bei der üblichen Methode 
des gleichmäßigen Verteilens des Bottichbieres auf die Fässer einer 
Lagerabteilung vor dem „Schlauchen aufs Faß“ wissen, ob nicht ein 
mißratener Bottich darunter ist, mit dem man die ganze Abteilung 
verderben kann. Erfahrungsgemäß (s. S. 77) gibt die empfind- 
lichste Reaktion jene Probe, welche am Ende der Hauptgärung unter 
der Kräusendecke geschöpft wird. Gelingt es, von dieser bis zum Fassen 
noch die Analyse fertig zu stellen, dann ist eine große Sicherheit ge- 
wonnen. 

Die Untersuchung der Würze, die in den Bottich läuft, kommt leider 


mit ihrem Resultat immer zu spät, indem ja die Würze unmittelbar: 


mit Hefe angestellt wird. 

Aus der Bottichbierprobe, die einen Tag vor dem Fassen entnommen 
wurde, kann man auch schon Schlüsse auf die Reinheit der Hefe und darauf 
machen, ob es geraten ist, diese zum Anstellen von frischen Bottichen 
zu verwenden. Ist das Resultat unbefriedigend ausgefallen, dann wird 
man den Bottich auf ein besonderes Faß schlauchen und die Hefe aus- 
scheiden. 

Wieviel Aerger würde den Brauereien erspart bleiben, wenn sie 
immer rechtzeitig wüßten, welche Lagerfässer ohne Gefahr für die Halt- 


barkeit des für die auswärtige Kundschaft bestimmten Bieres zusammen: 


abgezogen werden können, und bei welchen es ratsamer ist, sie dem 
schnellen Konsum zuzuweisen. 

Eine besondere Betrachtung darüber anzustellen, wie bei Revisionen 
kleinerer oder mittlerer Betriebe, wo wegen der Kosten besonders mit 


der Zeit gegeizt werden muß, die biologische Kontrolle am zweck- s: 


mäßigsten auszuführen wäre, scheint mir an dieser Stelle nicht an- 
gebracht, zumal die wesentlichen Punkte ja aus dem (Gresamtbilde dieses 
Kapitels von selbst herauszufinden sein werden. 

Auch die Arbeitsweise in den Laboratorien eröberer Brauereien, wo 
wissenschaftliche Arbeitskräfte zur Genüge vorhanden sind und alle 
Arbeiten in ungestörter Ruhe ausgeführt werden können, kann nicht 
Gegenstand dieser Erörterungen sein. Erfahrungsgemäß läßt sich kein 
Laboratorium auf irgend welche in Vorschlag gebrachte Methode test- 
legen. Ueberall macht sich vielmehr ein selbständiges Streben be- 
merkbar, und das ist durchaus kein Fehler. 


$ 38. Der Keimgehalt der Luft und die Bestimmung desselben. 


Es ist eine bekannte Erscheinung, daß vor Eintritt regnerischen 
Wetters die Atmosphäre reiner und staubfreier wird und einen klaren 
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Fernblick gestattet. Ihre Staubteilchen haben sich, von dem auf- 


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— 160 — 


genommenen Wasserdampf beschwert, zu Boden gesenkt. Auch unmittel- 
bar nach dem Regen herrscht meist eine wunderbare Klarheit. Die 
biologische Luftanalyse zeigt jetzt keine Keime an. Bei trockenem, 
staubigem Wetter hingegen wächst deren Zahl beständig mit der Wind- 

sstärke und dem Mikrobengehalt des Bodens und seiner Decke. Sonniges 
Wetter dezimiert denselben ganz bedeutend durch die Kraft der Licht- 
strahlen und die hohen Wärmegrade. Im Sommer kann daher der Staub 
von Aeckern und Straßen oft weniger infektionstüchtig sein als an 
schneefreien Wintertagen. Brauereien, die mit Kühlschitfen (s. S. 79 u. 136) 

warbeiten, haben auf die Windrichtung sehr zu achten, sofern die Um- 
gebung verschieden starke Infektionsmassen angehäuft enthält. Auf 
Kühlschiffen wird man auch bei regnerischem Wetter die Luft unter- 
suchen, um zu ermitteln, wieviel Staub von dem inneren Dach und dem 
Gebälk losgewirbelt wird. Man wird auch daneben den Staub selbst 

ıs untersuchen. Alter Staub ist oft ganz unschädlich, weil die Keime be- 
reits abgestorben sind. 

Da bei Entnahme einer bestimmten Menge Luft der Zufall zu sehr 
mitspielt, ob viel oder wenig Keime im Augenblick der Entnahme gegen- 
wärtig sind, ist es geboten, eine möglichst große Luftmenge zu analy- 

»sieren oder innerhalb kurzer Zeiträume mehrere kleine Proben zu unter- 
suchen. Eine besondere Bedeutung gewinnt die Analyse der Luft für 
den Nachweis der Keimdichtigkeit etwa aufgestellter großer Luftfilter. 

Der Keimgehalt an sich ist noch nicht das Entscheidende für die 
Infektionsgefahr; es kommt noch sehr darauf an, ob die Keime an Staub- 

% partikelchen haften, die ihrerseits beim Auffliegen auf eine feuchte Fläche 
dem Keime Nahrung liefern. Für Brauereien spielt der Malzstaub, der 
Staub von Gerstenputzmaschinen und von T'rockentrebern eine große 
Rolle. Namentlich Malzstaub gilt als besonders gefährlich; nicht als 
ob die Keimzahl so besonders groß wäre, sondern weil das Malzstäubchen 

zo auf feuchter Unterlage den Keimen sofort eine massenhafte Vermehrung 
sichert. Sehr instruktiv wirkt die Aussetzung einer WıJsmAan’schen 
Stärkegelatineplatte (s. 22. Kap. d. I. Bds.) in einem Raum, wo vorher 
Malzstaub in die Luft gekommen ist. Es stellen sich nach einigen 
Tagen an den verschiedensten Stellen der Platte helle Diffusionstelder 

sein, ein Zeichen, daß hier Diastase wirksam geworden, bzw. dab Malz- 
staub dahin gelangt ist. Wo auch nur ein Keim mit dem Malzstäubchen 
hingelangt ist, da werden unter Mitwirkung der Feuchtigkeit innerhalb 
kurzer Zeit tausende derselben Art sein; in Bier oder Würze gelangt, 
wird um das Malzstäubchen herum die Diastase das Dextrin oder die 

ao Maltodextrine weiter abbauen und verzuckern und zu neuer Entwick- 
lung der benachbarten Keime Veranlassung geben. 

Der Betriebskontrollor wird also gut tun, den Staub, den er im 
Betrieb antrifft, auch mikroskopisch zu sichten, ob er Malzteilchen, Malz- 
stärke u. dgl. enthält, und er wird alle Hebel in Bewegung zu setzen 

4 haben, solchen Staub vom Kühlschiff fernzuhalten. Gerade in den letzten 
Jahrzehnten, wo man das Getreide und Malz so staubfrei wie möglich 
für das Verwiegen herrichten will. ist viel Staub in die Luft gewirbelt 
worden. Neuerdings allerdings nimmt die Anschaffung von Staubfängern 
immer mehr zu. Daß die Erkenntnis der Gefährlichkeit des Malzstaubes 

soschon alt ist, geht aus dem zeitweisen Krieg zweier benachbarter 
Brauereien hervor, die einander dadurch zu schädigen suchten, dab 
sie eünstieen Wind abwarteten und dann von ihm anhaltend Malzstaub 
auf das Nachbarkühlschiff tragen ließen. 


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— 161 — 


Interessant ist die Erscheinung, daß die Gärungsphysiologen mit 
Vorliebe ihre ersten Studien mit Luftuntersuchungen begonnen haben. 
So war es bei Hasen (1) der Fall. der in ihnen ein Mittel suchte, um 
den Infektionsquellen nachzuspüren. Das öftere Auffinden. von wilden 
Hefen in der Luft legte ihm den Gedanken nahe, dab einige der all- 5 
gemeinsten und gefährlichsten Krankheiten des Bieres nicht durch 
Bakterien sondern durch gewisse Saccharomyceten verursacht werden 
mögen, welche Idee der Ausgangspunkt seiner späteren erfolgreichen 
Forschungen war. Zur Methodik sei bemerkt, dab Haxsen die Keime 
in derselben Weise, wie PastEur bereits getan, mittelst Vakuumkolben ı0 
einfing. In den Kolben wird etwas Würze oder dgl. zum Kochen erhitzt 
und während des Kochens der enge Hals des Kolbens zugeschmolzen. 
An Ort und Stelle, wo die Luft untersucht werden soll, wird die Spitze 
abgebrochen, und nun stürzt die Luft in das Vakuum hinein und mit 
ihr die Keime. Die Methode hat den Vorteil, daß sie angibt, wieviel ıs 
verschiedene Arten in einem ungefähr bestimmten Volumen Luft ent- 
halten sind. Ueber die Zahl der Keime gibt sie keinen zuverlässigen 
Aufschluß, es sei denn über jene Schimmelpilze, die in isolierten flottieren- 
den Kolonien heranwachsen. Bezüglich der Hefen gibt bei ruhigem 
Stehenlassen der Kolben die Zahl der Hefenflecke (s. Bd. IV, S. 108) Aus- zo 
kunft. Die Methode hat den Nachteil, daß sie zu wenig Luft analysiert. 

Als die Koch’sche Methodik der Gelatineverwendung um sich grift, 
wurde auch die Gelatine zur Luftuntersuchung benutzt. Kock nahm 
einen Standzylinder, senkte auf den Boden desselben ein Schälchen mit 
Nährgelatine und stellte das Ganze eine Zeitlang der Luft irgend einer > 
Oertlichkeit aus. Diese Methode hat den Vorteil. dab sie wenig Vor- 
bereitungen erfordert, und den Nachteil. dab sie nicht den Keimgehalt 
abgemessener Luftmengen angibt und dab sie hauptsächlich nur Aero- 
bionten anzeigt, denen die betreffende Nährgelatine zusagt. 

Lispser modifizierte diese Kocn’sche Methode dahin, dab er sterile so 
Standzylinder ohne Nährgelatine aussetzt und erst nachher im Laboratorium 
die letztere zufügt, sie aber auf der ganzen Innenfläche des Standzylinders 
erstarren läbt. Indem er sowohl Fleischsaft- als auch Würze-Gelatine 
verwendet, erhält er in ersterem Fall hauptsächlich die Bakterien und 
in letzterem die Hefen und Schimmelpilze. Diese Methode hat den 
Vorteil der leichten Anwendbarkeit selbst bei Revisionsreisen, auf denen 
so zebrechliche Ware wie Vakuumkolben sehr lästig ist. LiwpsEr 
verfolgt hauptsächlich den Zweck, durch die gleichzeitige Aufstellung 
einer größeren Anzahl von Luftzylindern bei abgepaßter Windrichtung 
den Nachweis führen zu können, woher die Keime stammen. “0 

Aus dem qualitativ gleichartigen Befund bei quantitativer Ver- 
schiedenheit schließt er auf eine gemeinsame Infektionsquelle. Auch 
brautechnisch bedeutungslose Organismen können so Wegweiser zu den 
Infektionsquellen werden. Diese Methode ist wegen ihrer leichten Aus- 
führbarkeit häufig genug von Praktikern angewendet worden. Sie hat» 
ihnen die mikroskopische Welt der Luft makroskopisch erschlossen; an 
ihr konnten sie bequem die häufigsten Organismen studieren. Mit einem 
Wort, sie hat erzieherisch gewirkt. 

Einen neuen Vorschlag machte dann Hansen (2), indem er wie 
Miquen (1) die Luft durch Wasser leitet und darin die Keime auffüngt. » 
Die Luftanalyse wird zur Wasseranalyse. Wie diese auszuführen ist, 
wird in dem von der biologischen Analyse des Brauwassers handelnden 
Paragraphen vorliegenden Kapitels beschrieben werden. Bei der Methode 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. Bd. \ 11 


G: 


RR = 


von Hesse (1) wird eine abzumessende Luftmenge durch eine lange, 
innen mit Nährgelatine ausgekleidete Röhre gesaugt. Prrrı (1) saugt 
die Luft durch kleine Sandfilter an und schüttet dann den Sand in eine 
Nährgelatine aus, die zur Platte gegossen wird. 
5 Für die Untersuchung großer Luftmengen verwendete LinpxeEr (8) 
bei der Prüfung des Mörrer'schen Luft-Filters einen Dampfstrahl als 
Dephlegmator für die Keime. Mit dem in der Luftleitung vorhandenen 
Druck strömt die Luft durch einen breiten Schlauch in die 75 1 fassende 
Trommel des Lixpxer'schen kleinen Reinzuchtapparates. Der Dampf 
wird durch eine dünne Glasspitze, welche durch den Schlauch geführt 
ist. in den Luftstrom eingeführt. Der Dampfstrahl ist so dünn, dab 
ein Verbrühen der Keime in dem schnell vorbeistreichenden Luftstrom 
ausgeschlossen ist. Die Wasserdämpfe kondensieren sich in der Trommel, 
die außen mit Eisstücken belegt ist. Das Kondenswasser wird später 
ısauf den Keimgehalt untersucht. Das Möruer'sche Luftfilter war zur Zeit 
der Versuchsanstellung schon ein halbes Jahr fast ununterbrochen (mit 
Ausnahme der Nachtzeiten) im Gang gewesen, mit einer stündlichen 
Leistung von 1000 cbm. Zur Analyse kamen jedesmal 5—6000 1; diese 
Menge wurde aus dem Querschnitt des Ausflußstutzens und der (mittelst 
»o Anemometer gemessenen) Geschwindigkeit berechnet. Es ergaben sich 
auf 1000 1 Luft im Dezember 2, im Januar 20, im Februar 10, i 
März 100, im April 2 Keime. Unter den durchgegangenen Keimen 
fanden sich solehe kleinster Dimensionen, z. B. auch Sarcinen. Neuer- 
dings ist das Möter’sche Filter aber noch dadurch verbessert worden, 
»daß die Luft vor dem Filter gekühlt und eetrocknet wird. 

Man nimmt als Keimgehalt der atmosphärischen Luft durchschnitt- 
lich 5 Keime pro Liter an. Hansen (3) fand in der Luft des Gär- 
kellers von Alt-Carlsberg im Durchschnitt erst in 1591 ccm einen Keim. 
Der betreffende Gärkeller wurde mittelst einer Eismaschine mit kalter 

so Luft versehen und diese außerdem noch einer besonderen Reinigung in 
einem mit Chlornatrium gesättigten Regenbade unterworfen. 


Ergebnis einer Luftuntersuchung mittelst der LixpxeEr'schen (8) Luft- 
zylinder in einer Brauerei Schlesiens. Mai 1888. Eine Stunde lang ausgesetzt, 
dann mit Fleischsaftgelatine beschickt: 


2 Pediokokken "han Torula 
Straße mit viel Viehverkehr. . . . . 40 .. 20 . 40 
Garten in einiger Entfernung davon. . 0 .. 10 . 20 

40 Brauhof nach d. Besprengen m. Wasser. . 1... 5. 3 „1 Stäbchenbakterie 
Klee SET Tr a 1922 N 
Br a RBB) E ITETR AT 4, 
BRelleRn. .. m. 2 00er ge" m u el. Nahyagl 
Lagerkeller . . . . : 2 2 2.2... 1 .. 12 einige 2 Paketsarcınen, 

45 1 Bact. megaterium 


Taubenschlag (ca. 10—20000 Kolonien) . sehr viel . wenig . sehr viel Bakterien. 


Schließlich sei noch auf die ausgedehnten Untersuchungen von SAıTto (1) 
hinge wiesen, der von verschiedenen Oertlichkeiten in jedem Monat; jeeine Ana- 
Iyse der Schimmelpilzkeime ausführte. Die Arbeit ist mit sehr vielen Zeich- 

so nungen von Schimmelpilzen erschienen und deshalb noch besonders wertvoll. 

SCHIFFERER (1) und Lurr bedienen sich ebenso wie SAaıro der 
Petrischalen zum Auffangen der Luftkeime; Sarro benutzt Soja-Gelatine, 
deren Herstellune Mıyosnı (1) angegeben hat. Die Bestandteile sind: 
5 cem Soja, 10 cem konz. Zwiebeldekokt, 5 & Rohrzucker, 85 ccm 
Leitungswasser, 7—15 Proz. Gelatine. 


E” 


+ 


> 
n 


— 18 — 


G. Lurr (1) machte auf Grund der durch E. DE FınE-BUNKEFLOD 
angestellten Untersuchungen folgende Angaben über die Menge der in 
der Gärkellerluft eingefangenen Keime. Auf eine oberhalb des Gär- 
bottichs befestiete Petrischale von 63.6 qem Fläche fielen innerhalb 


12 Stunden auf Würzegelatine entwicklungsfähige Keime von 5 
Schimmelpilzen Hefen und Bakterien 
103 (115) 842 (188) am 30. Mai 
123 (144) 288 (216) nal Mal 
288 (289) 297 (243) a ni 
216 (236) 1339 (105) 2. Juni. 


Die eingeklammerten Zahlen geben die nachts eingefangenen Keime 
an. Zum Vergleich waren noch neben den Petrischalen mit Würze- 
gelatine solche mit einer Wasserschicht ausgestellt. In diese wurde erst 
nach dem Ausstellen Würzegelatine zugegeben. Die Befunde waren 
ähnliche. Auch das Tropfen von der Decke war bei diesen Unter- ıo 
suchungen mit in Betracht gezogen. Lurr rechnet aus. dab auf 
1 cem gärender Würze im Bottich nicht mehr wie 1,83—2 Keime aus 
der Luft kommen und schließt, daß gegenüber den 10—20 Millionen 
Hefenzellen, die sich nach den Zählungen ScHöxreELp’s darin unter 
normalen Verhältnissen befinden, die Gefahr eine durchaus geringe sei. ıs 
Lurr hat bei der Rechnung außer acht gelassen, dab die am ersten 
Tage in die Gärung fallenden Keime ja innerhalb der Gärdauer in den 
Kräusen reichlich Gelegenheit haben, sich zu vermehren. Ob sie das 
tun, hängt natürlich von der Art der Keime ab. 


$ 39. Gerste, Malz und Hopfen als Träger von Infektionskeimen. zo 


Bei dem Mikrobenreichtum des Ackerbodens bleibt es nicht aus, dab. 
die Pflanzen darauf an trocknen, windigen Tagen mit dem Staub des 
Ackers auch dessen Mikroben reichlich angeweht erhalten. Außerdem 
findet nach Burrı (1) auf den Oberflächen der lebenden Pflanzenteile an 
und für sich eine reiche Bakterienentwicklung statt. Die Zeit der Blüte: 
bei der Gerste ist mit einer Invasion verschiedenster Keime in das 
Innere der Blüte verknüpft. Die Spelzen sind etwas auseinander ge- 
klappt, um die Staubbeutel und die Narbe herauszulassen. Auf letzterer 
sowie auf den behaarten Schüppchen, die zu der Zeit sehr saftig und 
zuckerreich sind, siedeln sich neben dem eingefangenen Pollen die fremden: 
Keime an und wuchern dort, je nach den Witterungsverhältnissen, mehr 
oder weniger üppig. Lispxer und auch Umkzaczsz (1) haben solche 
Schüppchenvegetationen beschrieben und abgebildet. Es finden sich 
darunter die verschiedensten Schimmelpilze, Brandpilzsporen, (ladosporium, 
Dematium usw., ferner Hefen und Bakterien. Dieses Vorhandensein von» 
Keimen unter der Spelze macht eine Entfernung derselben auf mechanischem 
Wege mit Hilfe der Gerstenputzmaschinen einfach unmöglich. Man mub 
schon mit alkoholischem Sublimat und anderen energischen Desinfektions- 
mitteln vorgehen, wenn man diese Keime vernichten will. Dabei kann 
aber leicht der Keimling selbst zugrunde gehen. 10 

Wenn man eine anscheinend trockne und reife Aehre auf dem Felde 
vom Halm abschneidet und in ein steriles Reagensglas steckt, dann 
bilden sich, sofern man dies mit einem Wattepfropf verschlossen hält, auf 
Grannen und Spelzen schleimige Massen oder Schimmelpilzbeläge, und 
zwar so reichlich, dab man im mikroskopischen Präparat sich Kaum 

11° 


Io 
[27 


ee 


durchfindet. Anhaltend feuchtes Wetter vor der Ernte schafft bakterien- 
reiches Getreide; noch mehr das Lagern feuchten Getreides.. Der 
Bakterienschleim. ebenso der Schleim, welchen die Zellen des Dematium 
pullulans ausscheiden, verstopfen die Poren des Kornes und verzögern 
soder hindern dann dadurch gerade die Keimung. 

Die Zahl der Keime der Gerste ist natürlich sehr wechselnd. 
Horrmans (1) fand auf 0,1 g Gerste aus der Umgegend Berlins 403200 Keime, 
die auf Fleischsaftagar zur Entwicklung kamen. Eine tadellos gesunde 
Gerste gab noch 20000 Keime. Dieselbe Gerste, in einer Blechbüchse 

verwahrt, gab 3 Monate später nur noch 112 Keime. Der Keimgehalt 
steigt ins Ungeheure bei zerquetschten Körnern. Manche rotgefärbte 
Körner sind zufolge H. Wırz (6) von einem Belag roter Hefe eanz ein- 
gehüllt. Zerquetschtes Grünmalz, etwas zusammengeknetet, gibt zufolge 
Liıxpxer (1) eine enorme Hefenentwicklung, und zwar fast ausschließlich 

von Anomalus-Arten. Die ganze Masse riecht intensiv nach Frucht- 
äthern. Eine eünstice Ansiedelungsstätte für Hefen und Bakterien ist 
die Wurzelhaube; in ihrem Schleim findet man ganze Kolonien von 
Torulen usw. Es ist klar, dab das Weichwasser und der Tennenbelag 
außerordentlich keimreich sein müssen. Wo die Weiche nicht gut aus- 

»» gesäubert oder die Tenne nicht gut gescheuert und desinfiziert wird, 
kann sich eine Infektion in eroßem Maßstabe ergeben. 

Beim Darrprozeß geht ein großer Teil der “Keime zugrunde, aber 
nicht alle, denn der Malzstaub ist ja, wie wir schon gehört haben, sehr 
infektionstüchtig. Zahlen über den Keimgehalt verschieden hoch ab- 

»gedarrter Malze fehlen. Je höher die Abdarrtemperatur und je länger 
sie gewirkt hat, desto weniger Keime werden lebend geblieben sein. 
Ausschlaggebend ist aber vor allem der Feuchtigkeitsgehalt, mit dem 
die Keime auf die untere Horde kommen. ‚Je feuchter die Keime, desto 
mehr sind sie durch höhere Temperatur gefährdet; vel. Bd. IL S. 447. 

30 Bei der Lagerung des Getreides ist das Schwitzen desselben eine 
öfter auftretende Erscheinung. Nach Horrmaxx kommt die Wärme- 
entwicklung im Innern des feuchten Korns infolge intensiverer Atmung 
als Ursache in Betracht; das Wasser aus der Mitte des Korns verdichtet 
sich in den peripheren Geweben. Oder aber er erklärt sich das Schwitzen 

5aus der Berührung stark abgekühlter Haufen mit warmer feuchter Luft. 
Das Schwitzen des Getreides wird auch eine Vermehrung der Mikroben 
zur Folge haben. Nähere Angaben darüber sind im 24. Kapitel des 
I. Bandes zu finden. 

Eigenartige Verhältnisse werden durch den Befall lagernden Ge- 

10 treides oder Malzes durch tierische Schmarotzer (Kornkäfer. Kornmotte u. 2.) 
geschaffen. Die Exkremente dieser Tiere bilden infolge ammoniakalischer 
Zersetzungsprodukte einen eünstigen Entwicklungsboden für gewisse 
Pilze (Aspergillus albus) und Bakterien. Ein Malz, welches aus der Luft 
etwas größere Mengen von Feuchtigkeit angezogen hat und in ge- 

45 schlossenen Behältern aufbewahrt wird, kann einen ähnlichen weißen 
Anflug bekommen, wie wir ihn auf der Oberfläche von Dauerwurst oder 
auf der roten Kruste von Eidamer Käse usw. bemerken. Gewöhnlich 
handelt es sich hier um Torula- oder um Sareina-Arten. 

Für das Studium der Keime des Getreides hat Horrmann die 

so Lisoxer’sche Tropfenkultur in Verbindung mit der Plattenkultur ver- 
wertet. Nachdem in die untere Petrischale die Gelatine ausgegossen 
worden ist, wird der im Reaeensglas verbliebene Rest in Tropfenform 
auf der oberen Schale verteilt. Hier werden eine Anzahl Tropfen frei 


von gelatineverflüssigenden Bakterien sein. Horrmanx geht auch noch 
in folgender anderer Weise vor: Sechs Reagenseläschen mit je 5—10 cem 
sterilem Wasser werden bereit gehalten. Nr. 1 wird mit einigen Tropfen 
der zu untersuchenden F lüssickeit beschickt und gut geschüttelt. Einige 
Tropfen davon werden in das zweite Gläschen gegeben und damit ebenso s 
verfahren. Dies geht so bis zum sechsten Gläschen, welches die größte 
Verdünnung aufweist. Alle sechs Gläschen werden nun eänzlich aus- 
gegossen. Jetzt wird ein Gelatineröhrchen mit Fleischsaftgelatine an- 
gewärmt und die flüssig gewordene Gelatine in das sechste Röhrchen 
gegossen und darin tüchtig geschüttelt. Nachher wird die Gelatine ıo 
weiter in das fünfte Röhrchen gegossen, darin geschüttelt und so wird 
in derselben Weise bis zum ersten Röhrchen fortgefahren. In diesem 
oder einem folgenden Röhrchen kann man die Gelatine erstarren lassen, 
um die Entwicklung von Gasblasen, Kolonienbildung usw. zu beobachten. 
Handelt es sich um eine Zählung der Keime, dann wird zuletzt eine ıs 
Platte gegossen und sämtliche beobachteten Kolonien gezählt. Die beim 
Ausgießen der einzelnen Röhrchen darin verbliebenen Gelatinereste 
werden bis zur Verwendung zur Tropfenkultur warm und flüssig erhalten. 
Horrmann bekam so mit einem einzigen Gelatineröhrcehen Tropfenkulturen 
mit sechs verschiedenen Verdünnungen. Zur Anlage der Kulturen waren »o 
drei Petrischalen nötig; jede Schalenhälfte bekam die in je einem 
Röhrchen zurückgebliebene Gelatine in Tropfenform aufgetragen. Die 
Tropfen erstarren sehr bald, und es wachsen allmählich die Kolonien 
heran. In einer oder in mehreren der sechs Kulturen wird eine solche 
Verdünnung erreicht sein, daß die Kolonien zumeist einzeln in denz 
Tropfen auftreten. So kann sich die Beobachtung auf längere Zeit er- 
Strecken, ohne dab verflüssigende Bakterien sich störend geltend machen. 
Die Ausgangstlüssigkeit für seine Keimgehaltsbestimmungen bei den ver- 
schiedenen Getreidesorten hatte Horrmann erhalten, indem er je 7,5 & 
(setreide mit 300 ccm Wasser eine halbe Stunde unter häufigem Schütteln 3 
stehen ließ und dann einen Tropfen (= 0,04 cem) des Waschwassers für 
die Plattenkultur verwendete. Für die am schnellsten über Art und 
ungefähre Zahl der auf dem Getreide sitzenden Mikroben Aufschluß 
gebende Methode halte ich die Adhäsionskultur. Das aufs feinste ge- 
mahlene Getreide wird in bestimmtem Verhältnis mit sterilem Wassers 
gemischt; mit einem Tropfen der nicht zu dünnen aber auch nicht zu 
dieken Emulsion wird die Fläche eines Deckeläschens bestrichen. 

Die Bedeutung der Mikroben des Malzes für den Brauprozeß als 
solchen ist eine ganz geringe, da ja das Sudhaus für sie das Grab ist. 
Nur die mit dem Malzstaub auf das Kühlschift usw. gelangenden Keime » 
können Gefahren heraufbeschwören. Weiter wäre noch die in den 
Brauereibetrieben lange bekannte Methode des Zugebens von Malzschrot 
oder Malzauszug zu schlecht vergärenden Würzen im Gärbottich oder 
zu kleistertrüben Bieren auf dem Lagerkeller hier in Betracht zu ziehen 
(vgl. S. 150). Erfahrungsgemäß haben sich bei diesen Manipulationen 4 
keine besonderen Infektionen gezeigt. Der Sprung in gürendes oder 
fast vergorenes Bier ist eben für lange Zeit in ausgetrocknetem Zu- 
stand verbliebene Mikroben ein zu erobßer, als dab sie ihn unbeschadet 
vertragen könnten. Anders werden sich die Keime verhalten, die mit 
dem Malzstaub auf feuchte Oberflächen verschlagen werden. Hier werden so 
sie zu neuem Leben und zu kräftiger Vermehrung kommen, Kine üble 
Sitte ist es z. B., die Wasserreserven auf Malzböden unterzubringen, 
womöglich dicht neben Schrotmühlen, und nieht für einen diehten Ver- 


— 16 — 


schlag zu sorgen. Man sieht oft eine dicke Staubdecke auf dem Wasser 
schwimmen. Verfasser hat darin Sarcina- und Hefenentwicklungen beob- 
achtet. Solche Reserven müssen häufig gereinigt werden, wenn sich 
nicht ein fauliger Bodensatz bilden soll, der dem Wasser einen üblen 
sGeruch und Geschmack verleiht. 

Wenn auch die in Lösung gebrachten Bestandteile der Hopfendrüsen 
eine bedeutende antiseptische Kraft haben, so können sie auf der 
Pflanze selbst dieselbe gar nicht betätigen. Wie die Hopfenblätter oft 
reich an Blattläusen und Milbenspinnen sind. so finden sich auf ihnen 

wauch Schimmelpilze, Hefen und Bakterien ein, nicht zum wenigsten in- 
folge der Ausspritzung von Zucker durch die Blattläuse Je nach der 
Witterung des Jahres und je nach den sonstigen Verhältnissen wechselt 
natürlich der Keimgehalt des Hopfens. Zutolge BEHreEns (1) enthielt 
1 g Hopfen aus der Anlage der landwirtschaftlich-botanischen Versuchs- 
1sanstalt in Karlsruhe in ungeschwefeltem Zustande 13,6 Millionen Keime, 
darunter 0,4 Millionen Schimmelpilze: derselbe geschwefelt S Millionen 
Keime, davon 0.1 Millionen Schimmelpilze. Russischer Hopfen geschwefelt 
0,14 Millionen Keime, davon 0.023 Millionen Schimmelpilze. Californier 
Hopfen seschwefelt 0,0035 Millionen Keime, darunter keine Schimmel- 
»pilze. Beim Lagern in trocknem Zustande nimmt der Keimgehalt des 
Hopfens allmählich ab. So hatte der ersterwähnte Hopfen nach sechs- 
monatlichem Verweilen im Zimmer nur noch ein Viertel der Keime 
lebend. Der Keimgehalt des Hopfens hat mit seiner Bewertung nicht 
viel zu tun; nur bei feuchter Lagerung wird der keimreiche Hopfen 
»seher verderben. Hopfen mit mehr als S—10 Proz. Wasser ist gefährdet, 
indem er leicht der Selbsterhitzung (s. 24. Kap. d. I. Bds.) anheimfällt. 
In einzelnen Hopfenernten fand BeEHrexs Hefen reichlicher vor und 
konnte so ähnliche Angaben von Brown und Morrıs bestätigen. Be- 
sonders reichlich und fast ausschließlich vermehrten sich die Hefen jener 
30 Hopfen, wenn diese in feuchtem Zustande bei Sauerstoffabschluß (s. Bd. IV, 
S. 121) gehalten wurden. Auch Schimmeipilze können dem Hopfen 
auberordentlich schaden, und ist es namentlich der Pinselschimmel 
(Penieillium glaucum), der sich da öfters breit macht und den Hopfen 
im Geruch bedeutend verschlechtert. Der mikroskopische Befund bei 
3; Hopfenuntersuchungen wird nach dem Gesagten ganz gute Aufschlüsse 
auch über die voraufgegangene Behandlung geben können. Auch den 
Hopfenmikroben wird im Sudhaus ein Ende bereitet. Nur da, wo das 
Hopfenstopfen in die Lagerfässer (s. S. 150) üblich ist, könnte noch eine 
Infektion sich geltend machen, z. B. bei hefenreichem Hopfen. Der Ge- 
sohalt der Hopfendolden an diastatischen Enzymen wird hier ebenfalls 
fördernd auf die weitere Vermehrung der wilden Hefen wirken, während 
die Bakterienentwicklung durch die in Lösung gehenden Hopfenbestand- 
teile gelähmt wird. 


$ 40. Die Hefe als Infektionsträger und die biologische 
45 Hefenanalyse. 


So gut sich unsere Bierhefe im Stadium der lebhaften Gärung gegen 
alle fremden Keime zu wehren versteht, so machtlos ist sie, wo ihr der 
Zucker fehlt (s. Bd. I, 8. 350). So lange sie noch einen genügenden 
Vorrat von Glycogren in ihrem Zellinnern besitzt, steht es auch noch 

sonicht schlimm, denn dieses kann sie jederzeit wieder in Glucose um- 


— 167 — 


wandeln und zur Selbstgärung benutzen (s. Bd. IV, S. 97). Ist aber 
auch dieser Vorrat erschöpft, dann machen sich die peptischen Enzyme 
an die Arbeit und suchen das aufgestapelte Eiweiß zur Lösung zu 
bringen. Die Stoffwechselprodukte bei dieser Selbstverdauung diffun- 
dieren nach außen hin und kommen da allen fremden Keimen mehr oder 5 
weniger zugute. Oft sieht man an noch gesunden een, schon die 
Zellhaut mit Bakterien vollgespickt (| „verlauste Hefe“ Der sogen. 
Hefentanz beruht auch auf dem Angriff der Bakterien En die Hefen- 
zelle. Bewegliche Bakterien spieben ‘sich mit dem einen Ende in der 
Zellhaut fest, während sie mit den Geißelfäden am anderen Ende zu ıo 
peitschen beginnen. Daher wurde die Hefe früher. zu den Tieren ge- 
rechnet und von Desmazr&res (1) als Animalcula monadina bezeichnet. 
Bei dem Beginn der Selbstverdauung (s. 20. Kap. d. IV. Bds.) findet 
schon ein massenhaftes Absterben der Hefenzellen statt. 

Für das Verderben der gewässerten oder geprebten Hefen (s. S. 107) 15 
kommen in erster Linie gerade diejenigen Bakterien in Betracht, die 
während der Gärung selbst durch die Hefe vollständig aus dem Felde 
geschlagen werden, also die Fäulnisbakterien, die vorwiegend mit dem 
Waschwasser in die Gefäße, Hefenwannen u. dgl. gelangen. Diejenigen 
Keime, welche die Gärung zu überdauern imstande waren, gehören nicht: 
zu diesen Fäulnisbakterien. Ihre Gegenwart verrät sich durch nichts 
in einer vorgelegten Hefenprobe, weder durch den Geruch noch durch 
den Geschmack noch durch Verfärbung der Hefe. Nur das Mikroskop 
kann sie aufdecken. Gerade der Nachweis von Sareinen und Milch- 
säurebakterien in anscheinend ganz gesunden Hefen hat gelehrt, dab der» 
Praktiker sich nicht auf den Augenschein, Geruch und Geschmack allein 
verlassen darf. Das Mikroskop ist eben für die Hefenbewertung un- 
erläbßlich; ja es kann sogar uns dazu ermutigen, eine schon schlecht und 
faulig riechende Hefe im Notfall doch noch zu verwenden, sofern sie 
nur frei von jenen Bakterien ist, die Bierschädigungen und Bierkrank- so 
heiten hervorrufen können. Wir wissen von vornherein, dab die durch 
das zunächst anzuwendende Wässern nicht wegzubringenden Fäulnis- 
bakterien während der ersten beiden Tage in der gärenden Würze un- 
fehlbar zugrunde gehen; vergl. darüber S 47. 

Aber nicht um Bakterienbeimengungen allein handelt es sieh. Auch: 
wilde Hefen und Schimmelpilze können sich auf der Hefe leicht 
einnisten, welche die Selbstverdauungsprodukte der Hefe am energischsten 
zu assimilieren vermögen. So ist vor allen die Kahmhete (Mycoderma) 
auf gepreßter Kulturhefe zu sehr üppiger Entwicklung zu bringen. Wenn 
man gepreßte kahmhaltige Hefe in eine Petrischale knetet und darin. 
einige Tage zugedeckt beläßt, wie es HexxeperG vorgeschlagen hat, 
dann erscheinen bald weiße Pusteln, Kolonien von Kahmheten. Wie 
Linoser (7) gezeigt hat, vermag gerade die Kahmhefe fast alle Stofl- 
wechselprodukte der Kulturhefe, wie Leuein, Tyrosin, Arginin, Lysin, 
Asparaginsäure, Asparagin, Adenin, Cholin, Thymin, Hypoxanthin und«s 
Uraeil, zu assimilieren. Aehnliches Assimilationsvermögen wie die Kalım- 
hefe hat z. B. auch das Oidium lactis, das ja auch ebenso häufig wie 
Kalımhefe sich auf der Oberfläche gepreßter Hefe (s. S. 107) und über- 
haupt an allen Stellen anzusiedeln pflegt, wo Hefte vorkommt, so an 
Hefenpressen, Lagerfaßspunden und an den Pforten der Lagerfüsser. so 
Auch die wilden Hefen vermögen die Stoffwechselprodukte der Kult 
hefen für sich zu verwerten, wie es ja die überlebenden Zellen diesen 
letzteren selbst tun, wenngleich bei ihnen der Prozeß viel langsamen 


> 
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[371 


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5 


— 18 — 


und nicht so auffällig verläuft, da sie zu große Zellen bilden müssen, 
die mehr Zeit zum Aufbau bedürfen. Ueberdies hat der Verfasser ge- 
funden, daß untergärige Hefe von den oben erwähnten Stoffwechsel- 
produkten der Bierhefe selbst wieder nur Tyrosin, Arginin, Lysin, 

;sAsparaginsäure, Asparagin und Adenin verarbeiten konnte. 

Der Verfasser hat eine kräftige Kolonienbildung von wilder Hefe 
in Adhäsionskulturen, zu denen eingetrocknete Bierhefe, mit etwas 
Wasser angerührt, verwendet wurde, öfter beobachtet und darauf eine 
Methode zum Nachweis der wilden Hefe in Bierhefe gegründet. 

ıDiese Methode stützt sich auf die Tatsache, dab beim Eintrocknen von 
Kulturhefe nur einige Prozent Zellen lebend bleiben, während die wilde 
Hefe nur wenig geschädigt wird. Für die Kolonienbildung der wilden 
Hefe wirkt die Selbstverdauung der schon abgestorbenen Kulturhefen- 
zellen fördernd. Auch in abgepreßter Hefe, sowie in Hefe, die unter 

ıs Wasser gelagert wird, kann sich wilde Hefe auf Kosten der normalen 
vermehren. BERGSTEN (1) hat diese von Lınpxer (5) zuerst angeregte 
Vortrocknungsmethode nach der Richtung hin ausgearbeitet, dab er die 
Hefe geradezu mit trockenem Chlorcaleium vermischt und so eine schnelle 
Wasserentziehung veranlaßt, die auf die Kulturhefe besonders schädigend 

»o wirkt. Das seit langem geübte Verfahren, Hefe in diekflüssigen Tropfen 
auf Filtrierpapier eintrocknen zu lassen und so an die Versuchsstationen 
zur Untersuchung zu senden (s. Bd. IV, S. 108), bereitet nach dem Ge- 
sagten die Probe für den Nachweis der wilden Hefe in zweckmäßiger 
Weise vor. 

25 Andere Methoden zum Nachweis der wilden Hefen stützen sich 
darauf, dab die wilde Hefe sehr leicht und sehr schnell Sporen bildet, 
die Kulturhefe dagegen nur langsam und in einem ganz geringen 
Prozensatz. Hansen hat durch seine Arbeiten über die Sporenbildung 
seiner bekannten Hefen die Zeitpunkte des Beginns der Sporulation für 

so verschiedene Temperaturen bestimmt und so den Grund zur biologischen 
Analyse der Hefe mittelst der Sporenkultur gelegt (s. Bd. IV, S. 30). 
Diese ist dann insbesondere durch J. Our. HorLm und S. V. PouLsen (1) 
weiter entwickelt worden, indem sie zeigten, dab durch Parallelproben 
auf dem Gipsblock sowohl bei 15° als bei 25° © auf jeden Fall die Ent- 

s scheidung zu treffen ist, ob der Kulturhefe wilde sporenbildende Hefe 
beigemengt sei. Die untergärige Bierhefe bildet bei 15° ihre Sporen 
nicht vor 70 Stunden, bei 25° nicht vor 40 Stunden, während die wilden 
Hefen unter gleichen Bedingungen damit schon längst begonnen haben. 
Dab der Prozentsatz der sporenbildenden Kulturhefen sehr gering, der 

der wilden im allgemeinen dagegen ziemlich bedeutend ausfällt, ist ein 
besonders günstiger Umstand für die Analyse. Die Sporenkultur ver- 
sagt nur da, wo es sich nicht um sporenbildende Hefen handelt, oder 
wo der Prozentsatz der Verunreinigung mit wilden sporenbildenden 
Hefen sehr geringe ist. Horm und PouLsen haben noch 0,5 Proz. wilde 

Hefe in Kulturhefe nachweisen können. Sie verfuhren so, dab sie die 
Hefe innerhalb 24 Stunden bei 25° © in Würze auffrischten, die Boden- 
sätze in dünner Schicht auf feuchte Gipsblöcke (s. Bd. IV, S. 27) ver- 
strichen und diese bei 25° und 15° stehen ließen. Nach 40 bzw. 72 Stunden 
wurde der Befund aufgenommen. Am leichtesten wird man nach HANsEN 

soder wilden Hefe habhaft, wenn man die Hefenprobe in Würze einsät 
und am Ende der Hauptgärung die oberste Bierschicht abhebt, um eine 
frische Würze zu beimpfen. Mit der hier sich bildenden Bodensatzhefe 
wird eine Gipsblockkultur angelegt. Bei obergäriger Hefe, die zumeist 


h — 169 — 


sehr leicht und schnell zur Sporenbildung zu bringen ist, ist die Tempe- 
_ ratur für die Gipsblockkultur nach JÖRGENSEN (1) unter Umständen auf 
12° C zu erniedrigen. 

Die wilden Hefen, die aus der freien Natur sich in die Brauerei 
und in die Gärungsflüssigkeit Eingang zu verschaffen gewußt haben, 5 
finden in den kalten Temperaturen der Gär- und Lagerkeller ein 
günstiges Moment zur Anreicherung gegenüber der Kulturhefe vor. 
Eine Nutzanwendung dieses Verhaltens für analytische Zwecke ist noch 
nicht gemacht worden, liegt aber ebenso nahe wie die Anwendung 
möglichst hoher Temperaturen, die die wilde Hefe ebenfalls besser zu ıo 
vertragen vermag als die normale Hefe. Der Verfasser beobachtete auf 
dem Boden eines durch längere Zeit leer gestandenen Bottichs eines 
kalten Gärkellers einen weiben Belag, der sich fast ausschließlich aus 
wilder Hefe zusammensetzte: In fast jeder Zelle hatten sich trotz der 
niederen Temperatur Sporen gebildet. Die wilde Hefe ist genügsam in ıs 
bezug auf Nahrung. Ihre Zellen sind klein; mit wenig Würze kann 
eine verhältnismäßig große Zahl Zellen erzeugt werden. Daher die Ge- 
fahr der Infektion in Bottichen, deren Wände ungenügend gewaschen 
und nicht völlix von Würze oder Bier befreit worden sind. 

Wie DELBRÜCK und MunscHE gezeigt haben, bietet eine niedere An- 
stelltemperatur der Weiterausbreitung wilder Hefen eine günstige Ge- 
legenheit, während Gärungen mit höheren Anstelltemperaturen (5—6° und 
darüber) auffallend frei von wilder Hefe bleiben. Es dürfen allerdings 
aus den Gefäßwandungen keine Zufuhren von wilder Hefe stattfinden, 
sonst kommt sie am Ende der Hauptgärung doch auf. Da die wilden 
Hefen am Schluß der Gärung in den oberen Schichten sich anhäufen, 
bleiben sie auch beim Ablassen des Bottiches zahlreich an der Wand 
kleben. ‚Ja, wo sich Bierstein gebildet hat, findet man nicht selten 
wilde Hefe in diesem eingebettet, und kein Bürsten und Spülen ist im- 
stande, sie daraus zu entfernen. 30 

Die wilde Hefe in der freien Natur findet saure Säfte vor und ist an 
solche gewöhnt. Die untergärige Bierhefe vermag sich mit den Frucht- 
säuren (s. Bd. IV, S. 1357) weniger gut zu vertragen, wenigstens nicht 
bei einer Konkurrenz mit der wilden Hefe. In sauren Lösungen wird 
von beiden die wilde die Oberhand gewinnen. In der Weinsäuremethode 
findet dieses Verhalten eine Nutzanwendung für die biologische Analyse 
der Hefe. Hansen hat sie in der Weise ausgebildet, dab er die Hefe 
in eine 10-proz., mit 4 Proz. Weinsäure versetzte Rohrzuckerlösung bringt 
und die Kultur bei Zimmertemperatur stehen läbt. Nachdem nach je 
24 Stunden diese Kultur viermal erneuert wurde (bei 25° © genügt «o 
eine zweimalige Erneuerung), bringt man die Hefe in ein Würzefläschehen 
und verfährt dann wie bei der gewöhnlichen Sporenkultur. Nach Wınns (3) 
Erfahrung erscheint die Behandlung der Hefen mit jener Weinsäure- 
lösung selbst zum Nachweis geringster Mengen wilder Hefte, Torula, 
Muycoderma sowie verschiedener Fadenpilze, wie Oidium, Mucor, Dematium, 
so sicher, dab er die Kontrolle der Reinhefen in den Reinzuchtapparaten 
ausschließlich mittelst der Weinsäurebehandlung ausführt. Krfahrungs- 
gemäb entwickelt sich die wilde Hefe in schwach vergorenem Bier 
auffallend schnell, namentlich bei wärmerer Temperatur, während die 
Kulturhefe hier gänzlich im Hintertreffen bleibt. Verlust an Kohlen-: 
säure und Aufnahme von Luft machen das Bier besonders hinfällig für 
Hefentrübung durch die wilde Hefe. Auf Grund dieser Erfahrung 
dürfte sich auch die Anwendung eines nicht zu stark vergorenen sterili- 


12 
o 


10 
[27 


- 


sierten oder besser nur pasteurisierten Bieres besser als Würze eignen, 
um in einem eingesäten Hefengemisch mit einer Spur wilder Hefe ein 
verstärktes Wachstum der letzteren gegenüber der Kulturhefe herbei- 
zuführen und so für den Nachweis durch die Sporenkultur besser erreich- 
sbar zu machen. Vielleicht auch wird durch Darbietung bestimmter 
Stickstoffnahrung eine einseitige Vermehrung der wilden Hefe zu erzielen 
sein, ähnlich wie durch Darbietung von Ammoniumsalzen für die Kahm- 
hefe besonders eünstige Bedingungen bei einer Konkurrenz mit anderen 
Hefen geschaffen werden (s. Bd. IV, S. 100). Die Sporenkulturmethode 
wird von Törxern (1) direkt mit der Hefe, die am Ende der Haupt- 
eärung sich aus Ei, oberen Schichten ausschleudern läbt, oder mit der 
frischen Bodensatzhefe ausgeführt. Dadurch wird zufolge Lixpxer (8) 
der Vorteil erzielt, daß man eher ein Resultat erzielt. 
Ein ängstliches Einhalten bestimmter Temperaturen, wie die Sporen- 
ıs analyse dies voraussetzt, braucht dann nicht mehr in Betracht zu kommen, 
wenn mit asporogenen Kulturrassen gearbeitet wird, wie Hansen Vvor- 
geschlagen hat (s. Bd. IV, S. 30). Würde man Sporen überhaupt an- 
treffen, gleichgültig bei welcher Temperatur und nach welcher Zeit, dann 
wäre eben wilde Hefe vorhanden. Wenn solche asporogene Rassen sich 
»mehr einbürgerten, würde man auch die Sporenkultur öfter anwenden 
als es heute geschieht, wo nur erst vereinzelte Brauereien sich Thermo- 
staten angeschafft haben, die dazu ja unbedingt nötig sind. 
Ein weiteres Moment, das ihre nicht allzu häufige Verwendung er- 
klärt, ist ein psychologisches. Wem die Aufgabe obliegt, jahraus jahr- 
sein Hefenpräparate zu durchmustern, in denen die Zellen immer das 
oleiche Aussehen haben und die Auffindung einiger Sporen die einzige 
Abwechslung bietet, der empfindet die Beschäftigung mit dieser Methode 
als außerordentlich ermüdend. Zudem ist durch eine Spore, die man in 
einer Zelle findet, die betreffende Hefe doch noch zu wenig charakte- 
3orisiert. Endlich gibt die Methode quantitativ zu wenig befriedigende 
Aufschlüsse. Von der Möglichkeit, daß auch asporogen gemachte wilde 
Hefen einmal mit einer Betriebshefe eingeschmuggelt werden können, soll 
ganz abgesehen werden; in dem Falle würde sie ebenso versagen, wie 
bei anderen, nicht sporenbildenden Hefen, die gar nicht so selten en. 
35 Die Satzhefe der untergärigen Brauereien ist ein cht 
mannigfaltiges Gemisch. Abgesehen von der Möglichkeit des 
Vorkommens mehrerer Arten von Hefen und von Bakterien (Sar einen usWw.; 
s. d. 8. Kap.) darin, weist sie auch noch verschiedene Beimengungen auf. 
Die iohlesten sind: 1. Kalksalze, und zwar hauptsächlich das“ Oxalat, 
0 dessen oktaedrische oder rhomboedrische oder flachtafelige Kristalle beim 
Mikroskopieren sofort die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie sind 
während der Gärung ausgefallen. Deren Entstehung ist nur zu einem 
geringen Teile auf den Stoffwechsel der Hefe zur ückzuführen; sie finden 
sich auch in unv ereorener Würze und also auch in Würzegelatine und 
stören daselbst, nebenbei bemerkt, den Anfänger, wenn er eine damit 
hergestellte Gelatineplatte zwec ks Anlegung von Einzell-Kulturen oder 
Abimpfung darauf herangezüchteter Mikroorganismen unter dem Mikro- 
skope mit der schwachen Vergrößerung (30—100) durchsucht. 2. Aus- 
geschiedenes Hopfenharz in Gestalt sehr kleiner Kügelchen, die oft zu 
so Haufe n vereint sind. Sie geben die Harzreaktion, färben sich also auf 
Zusatz von (alkohol.) Alkannatinktur schön rot. 3. Die sogen. Glutin- 
körperchen; das sind feine Bläschen eiweißartiger Natur, welche aus 
dem Malze stammen und durch die niedrige Temperatur des Gärkellers 


171 


aus der Würze ausgefallen sind. H. Wırr (8) hat darüber eingehende 
Untersuchungen angestellt. 4. Dunkelbraune Bröckelchen, welche von 
den Praktikern meist für Hopfenharzausscheidungen gehalten werden, 
in Wirklichkeit aber, zufolge H. Wir (9), alle Eiweißreaktionen geben. 
Besonders die oberste Schicht (s. Bd. IV, S. 121) der im faßreifen Bottich 
liegenden Satzhefe ist an solchen Ausscheidungen reich und dadurch 
dunkelfarbig. 5. Schleimstoffe verschiedener Art, welche aus den Hefen- 
zellen ausgestoßen oder herausgelöst worden sind. 6. Reste der Maisch- 
materialien und des Hopfens, Lupulinkörner, wie auch nicht selten 
Hopfenblattläuse u. dgl. m. 


g 41. 


In kleineren oder mittleren Betrieben, die keine besonderen Labo- 
ratoriumseinrichtungen haben, hat Lispxer’s Tröpfehenkultur (s. Bd. IV, 
S. 111) einen Ersatz für die Sporenkultur geschaffen. Es bedarf zu 
ihrer Ausübung weder eines 
Thermostaten, noch der 
Gipsblöcke und Glasschalen, 
sondern nur hohler Objekt- 
träger, nebst Deckgläschen, 
einer Schachtel Vaselin 
nebst Pinsel und einiger 
Zeichenfedern. Die Deck- 
gläschen müssen in einem 
solchen Zustand sein, daß 
die Würze- oder Biertröpf- 
chen, die mit der Feder 


Die Tröpfehenkultur und die Adhäsionskultur. 


Fig. 13. Tröpfchenkultur nach Liypxer. 
Das Bier der Zwickelprobe aus dem Lagerfaß ist 
mittelst einer Zeichenfeder auf der unteren Seite des 
Deckgläschens in Form von kleinen Tröpfehen oder 
Strichen oder einer langen Linie aufgetragen. Gegen 
das Eintrocknen schützt ein Vaselinring, welcher um 


die Höhlung gezogen war. aufgetragen werden (Fig. 
13), daran haften bleiben, 


ohne in den Rändern auszufließen. Letzteres deutet immer an, dab 
das Deckgläschen zu sehr entfettet ist. 

Das entfettete Deckgläschen ist andrerseits wieder erwünscht bei 
Liıspxer’s Adhäsionskultur, bei der die zu untersuchende Flüssigkeit 
nicht in Tröpfehentorm, 
sondern als dünner 
Flüssiekeitsbelag auf die 


"Bottich- x h 
innere Seite des Deck- 


8 eläschens aufgetragen 
I, Oo . zu. x T N 
SET Dortmund. wird (Fig. 14). Die 


6.X1.4/900. 


Tröpfehenkultur war ur- 
sprünglich lediglich da- 
zu ausgedacht, um das 
Verhalten eealterter 
Hefenzellen bei der Aut- 


5 


10 


15 


20 


25 


30 


35 


40 


Fig. 14. Adhüsionskultur nach Lısoxer. 
Das Bottichbier ist anf der völlig fettfreien Unterseite 
des Deckglüschen in dünner Schicht aufgetragen. Der 
Rand des letzteren ist alsdann außen durch einen Vaselin- 
ring abgedichtet worden. Die untere Figur stellt den 
(Querschnitt dar. 


jüngung noch zu bilden vermag. 


nötig gewesen, dab der Verfasser Tax und 


Zu einer solehen Beobachtung 
Nacht 


frischune in Würze fort- 
laufend zu beobachten » 
und die Zahl der Tochter- 
zellen festzustellen, die 
eine solche zealterte 
Zelle nach ihrer Ver- 
wäre so 


im Liaboratorium 


— 12 — 


hätte anwesend sein müssen. Aus der Ueberlegung, wie dies zu um- 
gehen sei, entstand die Idee von der Tröpfchenkultur. Die darnach 
angefertieten Präparate ließen sich bequem transportieren, ohne daß die 
Entwicklung der Hefe irgendwie gefährdet war. Später erst dachte 
s der Verfasser daran, diese Methode auch für die Trennung der Zellen 
und für die biologische Analyse von Flüssigkeiten zu verwerten. 

Beiden Methoden ist eigentümlich, dab Form und Größe der einzelnen 
Zelle hier weniger den Ausschlag gibt als das Gesamtbild der ganzen 
Kolonie. Sie arbeiten beide qualitativ und quantitativ, lassen also die 

ıoverschiedenen Arten und deren Mischungsverhältnis erkennen. Sie 
geben in kürzester Zeit ein Resultat, dessen Feststellung schon bei 
schwacher Vergrößerung möglich ist. Die Methoden sind besonders wert- 
voll für den Unterricht in der mikroskopischen Betriebskontrolle, da sie 
die Entwicklung der Vegetation in allen Einzelheiten zu verfolgen ge- 

statten und die Präparate nach Wochen und Monaten noch als Beleg- 
sticke des Analysenbefundes vorgewiesen werden können. Ueber die 
Vegetationsbilder, die in diesen Kulturen ihre Entstehung nehmen, be- 
lehrt ein Blick in des Verfassers „Atlas der mikr oskopischen Grundlagen 
der Gärungskunde“, der in erster Linie für die biologische Analyse 

20» Vergleichsmaterial liefern sollte. 

“Die Tröpfehenkultur eignet sich insbesondere für die Untersuchung 
des Bottich- und Lagerfaßbieres, indem hier das Bier, so wie es ist, 
ohne weiteres in Tröpfehen- oder Strichform auf das Deckgläschen auf- 
getragen werden kann, ohne vorherige Vermischung mit Würze. Für 

ss die Probeentnahme aus Lagerfässern “durch sogen. Zwickel bedient sich 
Wir (3) kleiner Vakuumkölbchen. deren Spitze mitten im Bierstrahl 
abgebrochen wird. In filtriertem Bier ist die Keimzahl gering; soll die 
Tröpfchenkultur hier in Anwendung kommen, dann sind die Striche so 
eng wie möglich zu ziehen, um von einer möglichst großen Flüssigkeits- 
s menge die Analyse zu bekommen. Bei der Hefenuntersuchung ist eine | 
solche Verdünnung zu wählen, daß im Präparat mindestens 10000 Zellen ° 
zur Untersuchung kommen. | 

Die Adhäsionskultur eignet sich hauptsächlich zur Untersuchung 
der milchigen Emulsionen, von denen auf S. 156 die Rede war, zur Unter- 

suchung der Hefe auf Gegenwart von Bakterien, zur Untersuchung 


schleimiger Beläge von Bottich- und Kellerw andungen, zur Feststellung 


der Vegetation auf Gersten- und Malzkörnern usw. Ob man nur mit 
sterilem Wasser oder mit Bier oder Würze die Kultur anzulegen hat, 
ist von Fall zu Fall zu entscheiden. Wo es angängig ist, beläßt man 

„die Keime in ihrem ursprünglichen Nährboden, sofern dessen Nährstoffe 
noch nicht ganz aufgebraucht sind. 

Sowohl bei der Hefenuntersuchung wie bei schleimigen Belägen 
empfiehlt sich nach Lixpser (10) neben der Adhäsionskultur noch die 
Kultur im sogen. Vaselinetnschlußprankent Die Probe wird hier 

zwischen flachem Objektträger und Deckgläschen ausgebreitet, mit Würze 
oder Bier oder Hefenwasser vermischt "und dann durch einen Vaselin-- 
ring um den Rand des Deckgläschens von der Luft abgeschlossen 
(Fig. 15). Hier ist den anaeroben Keimen Gelegenheit zur Entwicklung 
gegeben. Sofern in dem Präparat keine Gärung einsetzt, bemerkt man 
50 ähnliche Kolonienbildungen wie in der Adhäsionskultur. 

Das am häufigsten und seit Jahrzehnten bereits angewandte Hilfs-- 
mittel zur Hefenuntersuchung ist die Natronlauge. Diese hat die 
Fähigkeit, den Schleim, durch welchen die Unterhefe sich zu Flocken 


4 
INT — 


BE nmenbailt, zu lösen und die Zellen voneinander zu tr ennen: ferner 
\ löst sie das beigemengte Hopfenharz und hellt auch die Eiweißgerinnsel 
£ auf. Man verfährt bei dieser Methode zweckmäßig wie folgt. Nachdem 
} die Hefe mit Wasser so weit verrührt worden ist, daß man kein zu 
dichtes Präparat zu 
erwarten hat. bringt 
man einen Tropfen 
der gut durchge- 
schüttelten Hefen- 
emulsion auf den Ob- 
jektträger. In einiger 
Entfernung davon 
tupft man einen klei- 
nen Tropfen Natron- 
-- — mE lauge auf. In diesen 
Fig. 15. Kultur im ee Ba Lrsoxer. taucht man eine Ecke 
Nachdem auf dem flachen Objektträger ein dem Deck- desDeckgläschens und 
and ne Vaselinwall, gezogen Bo verrührt mit dieser 
st, W U Tropfen ınm Ss is aul- an : & 

Een mai Ariel der SufgelEste Deskplinchen Eee den Hefentropfen. Soll- 


breitet. Die untere Figur zeigt das Präparat im Querschnitt. ten die Flocken noch 
nicht verschwinden, so 


schöpft man noch einmal mit der Ecke des Deckgläschens etwas Natron- 
lauge und wiederholt dies so oft. bis eben alle Flocken verschwunden 
sind. Ist dies der Fall, so ordnen sich sämtliche Zellen in einer Ebene, 
das Bild sieht jetzt ganz anders, wie gewaschen. aus. Hat man etwa 
konzentrierte und nicht Normal-Natronlauge verwendet, dann bekommt 
man weniger hübsche Bilder, weil das Plasma in den Zellen ganz auf- 
gequollen ist und die Vakuolen vollkommen aufgesaugt hat. Das 
Präparat soll also so ausfallen, daß die Vakuolen tadellos erhalten 
sind. Weiterhin kann man zweckmäßig so verfahren. daß man mit 
Filtrierpapier die Flüssigkeit, die über den Rand des Deckgläschens 
herausgetreten ist, absaugt und nun mit flüssigem Vaselin einen Ring 
um das Deckgläschen zieht. Jetzt ist eine Bewegung der Flüssiekeit 
und der Zellen im Präparat nicht mehr möglich und man kann es in 
aller Ruhe durchmustern, wobei insbesondere auf Bakterien «efahndet 
werden kann. Es wird sich weiter empfehlen, dieses Präparat auf- 
_ zubewahren und nach einigen Tagen nachzuschauen. ob etwa die 
Bakterien zu Kolonien heranzewachsen sind. 

Aehnlich der Untersuchung der Betriebshefe auf Bakterien ist die 
auf abgestorbene Zellen. Hier wird statt der Natronlauge ein 
Anilinfarbstoff, z. B. Methylenblau, der wässerigen Hefenemulsion 
zugefügt, und zwar in solchem Ueberschuß, dab das zwischen den Zellen 
liegende Wasser noch deutlich blau zefärbt ist. Nur wenn dies der 
Fall ist, kann man sicher sein, daß alle toten Zellen wirklich Gelegenheit 
genug gehabt haben, sich blau zu färben. Die lebenden färben sich 
nicht oder nur spurenweise. Die Gegenwart vieler toter Zellen dürfte 
für die Haltbarkeit der Hefe nicht besonders vorteilhaft sein. Sehr viel 
tote Zellen weisen auch darauf hin, daß die Hefe auf dem Versand sich 
überhitzt hat. Dies ist meist die Folge eines zu starken Krümelns der 


= ze 2 


Verpacken (s. S. 106). Solche Hefe zeigt natürlich eine ganz träge An- 
gärung, wenn sie überhaupt noch gärt. 
Eine sehr vorteilhafte Methode zur Untersuchung von Hefe und 


Hefe und zu langen Stehenlassens der Krümel an der Luft vor dem: 


iD 


10 


“> 


35 


_ 


[3] 


0 


NE 


hefenhaltigen Flüssigkeiten ist die Koc#’sche Plattenkultur, insbesondere 
in der Abänderung, dab die zu untersuchende Flüssigkeit in einer zweck- 
mäßigen Verdünnung auf der Oberfläche der Gelatineplatte ausgebreitet 
wird. Um die Verdünnung einigermaßen richtig zu treffen, kann man 
ssich der Zählkammer bedienen. Noch einfacher aber ist die Anwendung 
von Lıxwvxer’s (10) Pinselstrichkultur. Man schüttet etwas Hefe in 
steriles Wasser, schüttelt tüchtig und entnimmt daraus mit dem in 
kochendem Wasser abgebrühten Tuschpinsel eine Probe, die in nicht 
zu dünnem Streifen auf die Gelatineoberfläche aufgetragen wird. Dicht 

daneben kommt dann ein Strich von der zweiten Verdünnung, daneben 
der von der dritten usw. So braucht man für 5—6 Verdünnungen nur 
eine Gelatineplatte. Die oberflächlich wachsenden Kolonien lassen sich 
gut unter dem Mikroskop mustern und ergeben auch häufig sehr deut- 
liche Unterschiede, aus denen auf verschiedene Arten geschlossen werden 

ıskann. Auch die Bakterien- und Schimmelpilzkolonien heben sich meist 
gut ab. 

Ueber den Bakteriengehalt der Betriebshefe liegen einige Angaben 
vor. Lascht (1) fand in amerikanischer untergäriger Bierhefe meist 
2—3, manchmal aber bis 50 Bakterien auf je 100 Hefezellen. R. F. Woon- 

»SmıtH (1) fand für englische obergärige Betriebe ein Verhältnis von 
1: 10000 als Durchschnitt; im einzelnen schwankten die Zahlen aber 
so bedeutend, daß obige Angabe einen sehr problematischen Wert be- 
sitzt. Zur Zählung der Bakterien benutzte er die Oberflächenkultur 
auf Agarplatten. Die Hefen wachsen hier sehr wenig, die Bakterien da- 

»geeen verhältnismäßig kräftig. Es muß jedoch hier bemerkt werden, 
daß nesterbildende Bakterien, wie die Sarcina und die Milchsäurebakterien, 
sehr ungleiche Befunde geben können, je nachdem es gelingt, die Nester 
zu zerstören, oder nicht. SCHÖöNrFELD (1) hat gezeigt, daß die Hefe ober- 
gäriger Brauereien (s. S. 107) oft an Essigsäurebakterien ziemlich reich 

soist; dies gilt auch für die Weibbierhefe, die aber unter normalen Ver- 
hältnissen lediglich Milchsäurebakterien (s. S. 138) beigemischt enthält. 


$ 42. Die biologische Untersuchung der Bierwürze 


ist insofern wichtig, als sie über die Sauberkeit der Kühlschifte, Rohr- 
leitungen und Bottiche guten Aufschluß gibt. Wo man Gelatine zur 

3 Verfügung hat, wird eine Plattenkultur bzw. eine Pinselstrichkultur sehr 
zu empfehlen sein; 0,5 bzw. 1 ccm der Würze wird auf der Gelatine- 
oberfläche verteilt. Die Kolonien wachsen an der Luft meist kräftig 
heran und lassen die Unterschiede besser erkennen als die bei Misch- 
kulturen im Innern der Gelatine herangewachsenen Kolonien. 

40 Sehr einfach gestaltet sich die Analyse mittelst der von Lınpxer (11) 
angegebenen Tropfenkultur, welche nicht mit der auf S. 171 erwähnten 
Tröpfehenkultur verwechselt werden darf. Es wird mit einer aus- 
gedämpften oder sonstwie steril gemachten Pipette 1 ccm Würze in Tropfen- 
form auf der inneren Fläche einer Petrischale aufgetragen und die letztere 

ssdarauf durch ein Gummiband luftdicht verschlossen. Die Vegetationen 
entwickeln sich sehr schnell; es bilden sich Hefenflecke, die sich zählen 
lassen, und ebenso Bakterienanhäufungen, die bald als Kolonien er- 
scheinen, bald den ganzen Tropfen gleichmäßig verschleiern. 

SCHÖNFELD (3) hat die auf 8.156 erwähnte Glasplatte mit Vertiefungen 
sozur Würzeuntersuchung empfohlen. In jede Vertiefung werden ca. 0,5 ccm 


Bl H: > 


Würze gegeben. Diese Methode ist für sehr saubere Betriebe durchaus 
zu empfehlen. Es ist ein außerordentlich günstiger Befund, wenn nur 
in einzelnen Vertiefungen eine Vegetation aufkommt. 

Besonders wichtig ist die Untersuchung der Würze kurz vor Zu- 
gabe der Hefe, da man hier die Infektion durch Leitungen usw. gut > 
bemessen kann. Die wilden Hefen sind in den Hefenflecken durch ihre 
staubige Verteilung, die Kulturhefen an ihrer Flockenbildung fast durch- 
gehends gut zu erkennen. Es empfiehlt sich, die in einer Würze vor- 
gefundenen Hefen zu isolieren und Riesenkolonien (s. Bd. IV. S. 23) da- 
von anzulegen. Um Gelatine und Kolben zu sparen, kann man in einem 10 
Kolben gegen 6—8 Kolonien wachsen lassen. Die Verschiedenheit der 
Struktur der Kolonien gibt uns einen Fingerzeig über die Verschieden- 
heit der Arten. Man wird diese Kulturen dann auch zweckmäßig mit 
den Riesenkolonien der wilden Hefen vergleichen, die sich aus dem 
Lagerfaßbier in ähnlicher Weise haben isolieren lassen. Hieran werden ı5 
sich einige vergleichende Gärversuche und Kostproben der dabei er- 
haltenen Biere, kurz eine genaue Charakteristik der in Reinkultur ge- 
wonnenen Hefen und Bakterien, anschließen lassen. Worauf sich diese 
Charakteristik hauptsächlich zu erstrecken hat, ist von Linpxer (8) ge- 
nauer bezeichnet worden. Ueber die sogen. Würzebakterien im besonderen 20 
handelt der S 47. 

In denjenigen Brauereien, in welchen Reinzuchthefe erzeugt wird 
und eine Infektion durch Hefenbezug von anderen Brauereien aus- 
geschlossen ist, läßt sich besonders gut das Verhalten der einheimischen 
Infektion verfolgen. Der Betriebskontrollor muß sich die Aufgabe 
stellen. die einheimischen wilden Hefen so zu studieren, dab er sie wo- 
möglich schon im mikroskopischen Bild eines gewöhnlichen Präparates 
oder einer Tröpfchenkultur erkennt und daß er ungefähr angeben kann, 
welche Veränderungen des Bieres man bei der vorliegenden Infektions- 
sröbe zu erwarten hat. 30 

Unter Umständen wird es angezeigt sein, den Kampf der wilden 
und der normalen Hefe im Bottich etwas genauer zu verfolgen, nament- 
lich bei der Wahl anderer Gärtemperaturen. Für diese Untersuchungen 
wird es oft erforderlich sein, Zählungen in der Zählkammer vorzunehmen. 
Es wird dies für den vorliegenden Fall allerdings nur dann einen Zweck s 
haben, wenn man die wilden Hefenzellen als solche sogleich von den 
Kulturhefenzellen zu unterscheiden imstande ist. 


10 
or 


$ 43. Gebrauch der Hefenzählkammer. Bestimmung der 
Anstellhefenmenge. 


Einen ungefähren Ueberschlag über die Menge der in einer gärenden 40 
Würze vorhandenen Hefe kann man sich schon mit Hilfe der Tröpfehen- 
kultur machen, sofern man sich angewöhnt, die Striche oder Tröpfehen 
alle gleich groß zu machen, und sofern man nur einmal 1 g Hefe in 
1 1 Würze gut verteilt und dann gezählt hat, wieviel Zellen auf das 
einzelne Tröpfehen gekommen sind. Aus der Durchschnittszahl vona«s 
einer gröberen Menge Tröpfehen kann man folgern, wieviel Gramm Hete 
in jedem Liter dieser Würze enthalten sind. Sicherer geht man zu 
Werke, wenn man sich einer Zählkammer bedient; wie sie z. B. von 
Canı, Zeiss in Jena geliefert wird. Deren Einrichtung ist in der Pig. 10 
im Grundriß (A) und im senkrechten Durehschnitt (PD) dargestellt. Autso 


— 16 — 


einem starken gläsernen Objektträger ist ein Deckglas (a) aufgekittet 
das einen kreisförmigen Ausschnitt hat. Innerhalb dieses letzteren ist 
konzentrisch ein zweites, um 0,1 mm dünneres, kreisrundes Glasplättchen 
(e) aufgekittet, in das an seiner oberen Seite zwei zueinander senkrechte 


;Systeme von je 21 parallelen Geraden eingeätzt sind, deren gegenseitiger 


Fig. 16. Zählkammer. 
Nat. Größe. Beschreibung im Text. 


Abstand je 0,05 mm beträgt. so daß also dadurch 100 quadratische Felder 
von je 0,0025 qmm Flächeninhalt gebildet sind. Bringt man nun auf 
die Mitte von c ein hinreichend großes Tröpfehen der auszuzählenden 
Probe und bedeckt es mit dem (ca. 0,5 mm dicken) Deckglas 5b, so kann 
man nun unter dem Mikroskope verschiedene Stellen der an allen Punkten 
0,1 mm dicken Flüssigkeitsschicht auf die Anzahl der daselbst vor- 
handenen Zellen prüfen. Man zählt einige (10—50) Felder aus und zieht 
aus den Befunden das Mittel; dieses sei M. Der Keimgehalt der Probe 
pro Kubikmillimeter ist dann M:0,00025 — 4000 M. Um Zellen mit 
ıs Eigenbewegung zur Ruhe zu bringen oder um die Vermehrung der 
Zellen (z. B. sprossende Hefe) zu verhindern, versetzt man den für die 
Zwecke der Auszählung zu verwendenden Teil der Probe zuvor mit dem 
oleichen Raumteil 10-proz. Schwefelsäure. Bei der Ausrechnung des 
Keimgehaltes hat man in solchem Falle auf diese Verdünnung Rücksicht 
»zu nehmen und also M mit 8000 zu multiplizieren. 

J. J. vax Hesr (1) hat mit Hilfe der Zählkammer auch festzustellen’ 
gesucht, wieviel Zellen in einem Liter obergäriger Anstellhefe enthalten 
sind. Nach guter Mischung der Anstellhefe wurde eine kleine Menge 
Hefe abgenommen und diese mit 5-proz. Schwefelsäure in einen Liter- 

»skolben gebracht und mit Säure von derselben Stärke bis auf 1 1 auf- 
eefüllt. Nach guter Mischung wurde dieses Gemisch in einen größeren 
Kolben übergeführt und noch eine Viertelstunde geschüttelt. Von diese 
Flüssigkeit wurde ein Tropfen auf den Zählapparat gebracht und stets 
die Menge Hefenzellen in 400 Quadratchen gezählt. Die mittlere An- 

so zahl der Zellen von 23 Proben gewaschener Anstellhefe war 2,527 Billioner 
auf den Liter: das Maximum betrug 3,9 Billionen und das Minimum 
1,8 Billionen Zellen. Für abgesetzte Hefe (aus 22 Proben) sind ent- 
sprechend die Zahlen gefunden worden: 2,438 bzw. 4 und 1,6 Billionen 
Zellen. Weil die Hefenzählung zu umständlich ist, suchte van Hesr noch 
»durch Bestimmung der Trockensubstanz und daneben auch des Stick» 


> 


— 11 — 


 stoffgehaltes (s. Bd. IV, S. 92) sowie durch Filtration der Hefe zu brauch- 
baren Zahlen zu kommen. 


Demnach enthielten 


100 & nasse Stellhefe: 19 g. Trockensubstanz 81 g Wasser 1, er g Stickstoff 
oder 32 „ 2 Bar, 3,136 „ 5 
100 cem desg].: 80 cem 3 20 ccm Hefenwasser 


oder 33 „ > See 


Diese Unterschiede lassen deutlich ersehen, wie 06 die Ab- 
weichungen in der Hefengabe sein können, wenn keine scharfe Kontrolle 
geübt wird. 

Es wurde auch noch das Gewicht eines Liters obergäriger Anstell- 
hefe bei 6° © bestimmt. Je nach dem Gehalt an Kohlensäure und an Hefe 
fällt dies verschieden aus. Es wurde als geringstes Gewicht 854 g, als 
Maximum 1101 & und als Mittel 972 & gefunden. Der beim Zentrifugieren 
einer großen Zahl obergäriger Anstellhefen in Säckchen (aus sogen. 
Englisch-Leder) von 24 cm Länge, 7,5 cm oberer und 5,5 em unterer 
Breite mit rundem Boden und etwas konischer Form erhaltene Durch- 
schnitt lieferte die empirische Grundlage zur Aufstellung des sogen. 
Liters Normal-Anstellhefe. Ein Liter Normal-Anstellhefe ent- 
hält nach van Hesr: 

Gewogen: 0,6 kg Wasser 0,4 kg Zentrifugenhefe (d. 20 Min. langes Ausschleudern erhalten) 


Gemessen: 0,6 1 „0,3714 1 Zentrifugenhefe 
oder: 09kg ,„  0,1ke Hefentrockensubstanz oder 3 Billionen Hefenzellen. 


Je nachdem man aus der Probe Anstellhefe viel oder wenig Hefe 
ausschleudern kann, wird das gewöhnliche Anstellquantum (m) her- 
unter- oder heraufgesetzt. Die Berechnung geschieht nach der Formel 

= 
BG = —_- mxhl. 

J. . van Hest hat eine Tabelle ausgearbeitet, aus der man ohne 
weiteres nach Feststellung des Gewichts der Zentrifugenhefe (a) aus 
100 cem Anstellhefe die Anzahl (G) der für ein bestimmtes Würze- 
quantum (hl) erforderlichen Liter Anstellhefe ablesen kann. 


$ 44. Die Kontrolle der Reinzuchtapparate. 


Das wichtigste Erfordernis bei der Kontrolle der Apparate ist eine 
sachgemäße Probeentnahme. Ist der Stutzen, aus dem das Bier oder die 
Hefe abgezapft wird, nicht genügend sterilisiert worden, dann kann 
man ein bedenkliches Resultat erhalten, während die Reinheit der Kultur 
im Innern des Apparates tadellos sein kann. Es ist selbstverständlich, 
dab ein Apparat auf die gute Dichtung aller Hähne, Schrauben, Ver- 
packungen, auf Trockenheit des Luftfilters usw. geprüft werden mub. Es 
wird öfter die Meinung ausgesprochen, als ob die Prüfung der Heten- 
proben aus dem Reinzuchtapparat ganz besonders peinlich ausgeführt 


kann. Das ist zum Teil große Uebertreibung. Kine minimale Verun- 
reinigung braucht man bei der Weitervermehrung nieht mehr zu fürchten, 
als bei der gewöhnlichen Anstellhefe auch; vel. S. 70. 

Eine Gefahr ist nur da vorhanden, wo eine starke Infektion im 
Reinzuchtapparat übersehen wird. Eine solche kann aber sehr leicht 
vorkommen, da die Würze oft tagelang im Würzezylinder stehen bleibt. 
Es braucht, nur durch einen undichten Hahn oder durch eine Undicht- 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle, Bid, \ r- 


> 


5 


30 


werden müßte, da sonst ein besonders grobes Unheil angerichtet werden » 


40 


® 

— 18 — % 

heit der Kühl- bzw. Dampfschlange eine wilde Hefe in die Würze ge- 
langt sein, dann hat sie in den nächsten Tagen Gelegenheit, sich ohne 
jede Konkurrenz reichlich zu vermehren. 2 


Wenn solche Würze in den Gärzylinder gelassen wird, dann steht 
ses schlimm, aber auch nur dann, wenn der Betriebskontrollor es unter- 
läßt, vor Herausnahme des Bieres und der Hefe dieselbe zu untersuchen. 
Der Verfasser möchte auch hier die Tröpfchenkultur neben der Wein- 
säuremethode angewendet sehen, und zwar aus dem Grunde, weil die 
letztere erst nach längerer Zeit ein Resultat gibt. wenn der Apparat 
ıschon längst entleert worden ist, erstere aber, am Tage vor der Ent- 
leerung angesetzt, an diesem schon nachgesehen werden kann. 
Da gewöhnlich über allen Bedarf gelüftet wird, ist besonders die 
Gefahr der Kahmhefen- und Torula-Infektion groß. 
Je stärker gelüftet wird, desto unregelmäßiger werden auch die 
ı» Zellformen sowie die Größenabmessungen der Hefe. Es bilden sich dabei 
auch Zellen der Hautgeneration (s. Bd. IV, S. 17), auf welche H. Wirt (2) 
besonders aufmerksam gemacht hat. Hier wäre eine Analyse auf Gegen- 
wart dieser Zellen mitunter am Platz. Am empfindlichsten hat sich die 
Biergelatine hierfür gezeigt. Je mehr unregelmäßige und strahlige 
» Kolonien in der dünnen Gelatineschicht am Deckgläschen sich bilden, 
desto zahlreicher sind schon die Hautgenerationen vorhanden. Sind die 
Kolonien vom Typus der Maulbeerform (s. Bd. IV, S. 22), dann haben 
wir es mit der Alkoholeärungsform zu tun. Nur die letztere ist bei 
unseren Gärungen erwünscht. 
25 Eine sehr einfache Orientierung bietet auch das Stehenlassen einiger 
abgefüllter Proben und das Beobachten derselben auf Klärung, Haut- 
bildung, Trübung usw. 


$ 45. Reinigungs- und Desinfektionsmittel in der Brauerei. 


Ein Betrieb, in welchem so ausgezeichnete Nährstoffe wie Gerste, 

30 Malz und Würze verarbeitet werden, bildet naturgemäß sehr bald einen 

Anziehungspunkt für Kosteänger der verschiedensten Art: In der Mälzerei 

ist es hauptsächlich der Schimmel, im Sudhaus, auf dem Kühlschiff und 

auf den Trebern sind es zumeist Bakterien, in den Leitungen und Ge- 

fäben des Gär- und Lagerkellers hauptsächlich wilde Hefen, welche sich 
s da unnütz machen. 

Ihre Fernhaltung oder, wo sie einmal unvermeidlich gewachsen 
sind, ihre Entfernung bildet eine der Hauptsorgen des Praktikers. 
Diese Sorge wächst im alleemeinen mit der Größe des Verhältnisses 
zwischen infizierbarer Oberfläche und der Menge des erzeugten Bieres. 

Aber auch die Beschaffenheit der Oberflächen spielt hier noch eine Rolle. 
Ist es schon umständlich eine glatte Fläche genügend von einer ad- 
härierenden Würze- oder Bierschicht zu befreien, so bietet eine rauhe 
Fläche der Reinigung noch größeren Widerstand. Man betrachte nur 
einmal ein Stück Bierstein, der sich in einer Rohrleitung, z. B. zwischen 

sSudhaus und Kühlschiff gebildet hat. Auf den qem wird man 30 bis” 
40 Hüzel und ebensoviel Vertiefuneen zählen können. Was können da 
die Borsten einer Bürste viel ausrichten! Wie ist es ferner denkbar, 
dab die von Würzebestandteilen durchtränkte Masse jene so leicht an 
vorüberfließendes Spülwasser abgeben kann! 

50 Die mechanische Reinigung bleibt unzulänglich, sie 


” 


Sei ei titten 


- 19 — 


muß durch Anwendung von Hitze oder von chemischen 
Reinigsungs- oder Desinfektionsmitteln unterstützt 
werden. f 

Aber auch im Verein mit diesen neu hinzutretenden Mitteln ist 
noch nicht in allen Fällen eine gründliche Reinigung zu gewärtigen. 
Wo in den Gefäßen oder Leitungen die Infektionskeime nicht bloß an 
den Oberflächen, sondern auch in größeren Tiefen sitzen, wie z. B. in 
Holz, dessen Poren nicht verkittet sind, in den Krusten, welche der 
Würzetrub mitunter in schwer zugänglichen Rohrleitungen bildet, in 
Lederscheiben, in hölzernen Spunden usw., da vermag das Desinfektions- 
mittel oft nicht über die Leichen der Mikroben an der Oberfläche hin- 
wegzuschreiten, indem diese selbst eine fast undurchdringliche Mauer 
bilden im Verein mit Niederschlagsmembranen und sonstigen Fällungen, 
oder mit ihren eigenen stark verschleimten oder gequollenen Zellwänden. 

Aus dieser Betrachtung ergibt sich die wichtige Forderung für die 
Praxis: Vermeidung aller Ansiedlungsmöglichkeiten der 
schädlichen Keime in tieferen Schichten. Selbst durch Hitze 
ist ihnen hier nur schwer beizukommen. Am radikalsten geht man 
bei dem Ausbrennen der Gefäße, z. B. der ungepichten Transportfässer 


mancher Weibbierbrauereien, vor. Das Ausdämpfen der Leitungen ist wenig: 


wirksam, wenn diese zu lang sind und im Innern schon zu dicke Trub- 
krusten aufweisen. In letzterem Fall ist zu empfehlen, die Rohrstücke aus- 
einanderzunehmen und durch Feuer zu ziehen, bis sich die Trubkruste 
infolge der Verkohlungz in der dem Metall anliegenden Schicht lockert 
und schließlich herausgeklopft werden kann. 

Um eine Krustenbildung in den Leitungen überhaupt zu verhindern, 
wendet man die mechanische Reinigung öfter an, indem man Bürsten 
in Form von Bomben mittelst Dampf hindurchdrückt oder mit der 
Schnur hindurchzieht. Für Schläuche hat man zu ähnlichem Zweck 


auch Gummibälle mit Erfolg benutzt. Besäbe die Würze oder das Bier: 


oder das Wasser dieselbe Scheuerkraft wie z. B. die Maische, so würden 
die Metallleitungen ebenso sauber und blank bleiben wie im Sudhaus 
das Rohr zwischen Maisch- und Läuterbottich, durch das die Maische 


mit ihren verkieselten Spelzen gejagt wird. Wie es die Bakterienzelle 
versteht. sich mit dem einen Ende in die verschleimte Außenseite ders: 


Hefenzelle einzubohren, so kann sie auch in der schleimigen Trubkruste 
sich der Strömung des Wassers entziehen. Das gilt ebenso von den 
Vegetationen, die in den Vertiefungen des Biersteins sich eingenistet 
haben. 

Beim Trocknen bilden die Schleimschichten der Zellwände den Kitt 
zwischen den einzelnen Zellen, und die ganze Kolonie ist jetzt einem 
Parenchymgewebe mit kräftig entwickelter Intercellularsubstanz ver- 
gleichbar. Stark verschleimte Zellwandungen bilden aber auch einen 
sehr wirksamen Schutz gegen höhere Temperaturen. So wissen wir vom 
Leuconostoc dissiliens und auch vom stark klumpigen Sacch. thermantitonum 
(s. S. 114), dab sie außerordentlich hohe Temperaturen, wenn auch nur 
kurze Zeit, vertragen können, ohne dab alle Zellen absterben. 

Gefährlich für den Bestand solcher verschleimten Mikrobenkolonien 
werden insbesondere schleimlösende Stoffe. Es gibt solche, welche den 


nunmehr isolierten Keimen außerordentlich zusagen (z. B. die Malzwürze): 


und solche, welche die isolierten Keime sehr schnell abtöten. Diejenigen 

Desinfektionsmittel, welche schleimlösend und gleichzeitig tödlich aut 

die Keime wirken, werden bei stark vernachlässigten Leitungen zunächst 
12" 


10 


15 


19 
= 


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45 


— 1890 — 


in Frage kommen. Bei Leitungen und Gefäßen, bei denen es sich nur um 
junge, oberflächlich sitzende Vegetationen handelt, ist die Frage, welches 
Desinfektionsmittel zum Töten der Keime genommen werden soll, eine 
mehr nebensächliche. Allerdings ist noch der Gesichtspunkt festzuhalten, 
sdab für vertikal stehende Flächen die Adhäsionskraft der Desinfektions- 
mittel gegenüber der Wandung eine gewisse Rolle spielte An Holz- 
wandungen, die mit Paraffin getränkt sind. wird die desinfizierende 
Flüssigkeit weniger haften und schneller auf den Boden hinabfließen 
als an lackierten oder gar an rohen Holzwänden. Die Einwirkungs- 

ıwdauer wird hier also stellenweise sehr verschieden sein. Bei geschlossenen 
Systemen, z. B. bei dem Narnan’schen Bierherstellungsverfahren, kann 
von Desinfektionsmitteln ganz abgesehen werden, da hier mit Dampf 
nachhaltig desinfiziert werden kann. Bezüglich der reinigenden Wirkung 
muß noch bemerkt werden, daß nicht die Menge der angewandten Flüssig- 

ıs keit sondern die innige Berührung maßgebend ist. Auch für die Praxis 
gilt der Satz: Nicht zu viel Flüssigkeit zum Reinigen nehmen, dafür 
letztere kräftig auf den Flächen verreiben. 

In eingetrockneten Vegetationen sind nicht selten Dauerformen, 
Sporen, anzutreffen, für welche die gewöhnlich vorgeschriebenen Ver- 

»o dünnungen der Desinfektionsmittel zur Abtötung zumeist nicht aus- 
reichen. Weiter ist zu bedenken, daß die von der Vorreinigung mit 
Wasser an den Wänden zurückgebliebene Flüssigkeitsschicht das Des- 
infektionsmittel etwas verdünnt, es also etwas weniger wirksam macht. 
Man muß also die Lösung etwas stärker wählen, alsnach dem Laboratoriums- 

»s versuch für genügend erachtet werden konnte. 

Das besondere Verdienst, die in der Brauerei gebräuchlichen Des- 
infektionsmittel einer systematisch vergleichenden Prüfung unterworfen 
zu haben, gebührt H. Wınz (1, 4, 5) in München. Er unterscheidet 
zwischen keimtötender und entwicklungshemmender Kraft. 

30 Zur Bestimmung der keimtötenden Kraft vermehrt er die 
zu prüfenden Hefen zunächst in möglichst klarer Würze bei Zimmer- 
temperatur, bringt dann die Bodensätze auf ein steriles Scheibchen 
Filtrierpapier, wägt je 1 und 2 g Hefe ab und schüttet Scheibehen und 
Hefe in Erlenmeyerkölbchen von 60—70 cem Inhalt. Darin übergiebt 

3er mit 50 ccm des Desinfektionsmittels, schüttelt tüchtig und läßt stehen, 
um nach 5, 10, 15 Minuten je 10 ccm der trüben Flüssigkeit zu ent- 
nehmen und die Hefe auf einem sterilen Filter zu gewinnen. Nachdem 
die Hefe mit sterilem Wasser ausgewaschen worden ist, bis das Filtrat 
keine saure oder alkalische Reaktion mehr zeigt, wird sie mit dem 

‚0 Filter in ein kleines Erlenmeyerkölbehen mit 20 cem Würze gebracht 
und hier bei 25° © der Eintritt und Verlauf der Gärung beobachtet. 

Die entwicklungshemmende Kraft bestimmt Wırr, indem 
er zu je 20 cem gehopfter Würze die entsprechenden Zusätze des Des- 
infektionsmittels gibt, darauf mit einer Platinöse diekbreiiger, eben aus- 

ss gegorener Hefe (nach 3—4-tägiger Gärung bei 25°) impft und Eintritt 
und Verlauf der Gärung beobachtet. 

Für die praktische Bewertung kommt die entwicklungshemmende 
Kraft weniger in Betracht als die keimtötende; denn es ist dringend 
erforderlich, das Desinfektionsmittel nach stattgehabter Einwirkung so 

so vollständig wie möglich aus Leitungen und Gefäßen zu entfernen. 
Wichtig ist allerdings jene Bestimmung dann, wenn es sich um Zusätze 
von Konservierungsmitteln zum Bier, z. B. für den Export, handelt. 

Für die von Wıwv untersuchten und schon im 21. Kapitel des 


a Du A et 


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— 131 — 


I. Bandes besprochenen Desinfektionsmittel hat sich in bezug auf keim- 


tötende Kraft folgende, vom schwächeren zum stärkeren aufsteigende 


- Reihenfolge ergeben: Antinonnin, Mikrosol, Montanin, Anti- 


germin, Fluorammonium, Flußsäure, Antiformin. Die 
Reihenfolge bezüglich der entwicklungshemmenden Kraft ergab an unterster 5 
Stelle Antiformin, dann folgte Fluorammonium, Montanin, Antinonnin, 
Mikrosol, Antigermin und Flußsäure. 

Außer diesen Mitteln kommen noch vielfach die schon im 21. Kapitel 
des I. Bandes genannten altbekannten Pilzeifte Soda. Kalk, Chlor- 
kalk, doppeltschwefligsaurer Kalk und Schwefel in An-o 
wendung. Auch Salicylsäure wurde hin und wieder in alkoholischer 
Lösung zur Desinfektion von Bottichen gebraucht. Die gleichzeitige 
Verwendung verschiedener Desinfektionsmittel bringt oft Mißerfolge, 
wenn sie in ihren Wirkungen einander gegenseitig aufheben. Wo z. B. 
Chlorkalk oder Antiformin gebraucht wird, darf an derselben Stelle s 
nicht mit schwefliger Säure oder doppeltschwefligsaurem Kalk gearbeitet 
werden. Antiformin erzeugt zufolge LixpXer (6) bei Gegenwart kleiner 
Mengen von Salicylsäure einen Kreosot-Geruch und Geschmack. Doppelt- 
schwefligsaurer Kalk und Aetzkalk, sowie Soda dürfen nicht nach- 
einander an Bottich- oder Kellerwandungen aufgetragen werden; Fluor-: 
ammonium darf nicht nach Soda oder Aetzkalk, Montanin nicht auf 
Aetzkalk oder umgekehrt gebracht werden. 

Die Benützung zu konzentrierter Lösungen ist ebenso verkehrt und 
nachteilig wie die zu sehr verdünnter. Durch erstere wird oft der 
Bottichlack oder das Metall oder Holz zu stark angegriffen, durch letztere 3 
werden die Kulturhefen getötet, die wilden aber z. T. noch lebend er- 
halten, so daß in nachher hinzutretender Würze die letzteren fast aus- 
schließlich sich bis zur Zeit entwickeln können, wo der Bottich mit Hefe 
angestellt wird. 

Der Kalk darf nicht an der Bottichwand antrocknen, da seine Ent- » 
fernung dann sehr viel Mühe macht und das nötig werdende starke 
Scheuern die Lackschicht oder dergleichen stark abnutzt. Feuchte Wände 
und Fußböden werden zweckmäbig mit gebranntem Kalk eingerieben 
oder bestreut. Aetzkalk wird vielfach mit anderen Desinfektionsmitteln 
(Mikrosol, Antinonnin und Antigermin) vermischt, um die blaue bzw. 
gelbe Farbe derselben etwas zu verdecken. Aetzkalk sowie Chlorkalk 
werden öfter dem Weichwasser zugesetzt, um Pilzbildung auf dem Malz 
zu verhindern. Nach Benukrexs (2) sind beide jedoch keine Universal- 
mittel zur Wiederherstellung mangelhaft keimender Braugersten. 

Soda wird häufige mit gelöschtem Kalk zu diekem Brei angerührt w 
und heiß auf die Bottichwand aufgetragen, um den Lack zu entfernen, 
oder zum Reinigen von Kühlapparaten benützt. Das entstehende Aetz- 
natron greift Lack und Holz außerordentlich stark an; es empfiehlt sich 
deshalb, tüchtie mit Wasser, dem Säure (am besten Schwefelsäure) bei- 
gemischt ist, nachzubürsten, andernfalls wird das Holz leicht schwammig, 
und der spätere Lackanstrich haftet nicht. Heibe Sodalösung dient zum 
Füllen von Rohrleitungen, um den Trubansatz in denselben zu lockern 
und das darauffolgeende Durchbürsten erfolgreicher zu machen. Für 
Rohrleitungen sind 5-proz. Lösungen ausreichend, bei Bierstein 10-proz. 
nötie. Am wirksamsten ist ein fortgesetztes Durchpumpen der heiben 
Lösung durch die Leitung. Zu schwache Lösung macht den Bierstein 
sehr rauh, ohne ihn zu entfernen. Unverzinnte Kupferrohre werden 
immer etwas angeerillen werden. Wenn nachher nicht durch längere Zeit 


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— 12 — 


mit warmem und mit kaltem Wasser nachgespült wird, kommen in der 
Würze bzw. im Bier leicht Metall-Eiweißtrübungen (vgl. S. 146) zustande. 
In vielen Brauereien behandelt man nur einmal in der Woche die Rohr- 
leitung mit Soda, in der Zwischenzeit spült man nur mit Wasser nach 
soder mit anderen Lösungen (Fluorammonium, Montanin, Antiformin). 
Für Gummischläuche sollen mehr als 2-proz. Sodalösungen nicht ge- 
nommen werden, da die Innenfläche sonst schnell rissig und brüchig 
wird. Zum Flaschenreinigen benutzt man 3-5-proz. Lösungen. Da die 
Hände der Arbeiter aber stark angegriffen werden, und schmerzhafte 

Wunden sich bilden, empfiehlt sich die Benutzung von Gummihand- 
schuhen. Wo mechanische Flaschenreinigung betrieben wird, macht sich 
eine starke Abnutzung der betreffenden Apparate durch die Sodalösung 
geltend; es bilden sich Eisenverbindungen, und es ist nicht ausge- 
schlossen, daß im Biere in der Flasche dann eelegentlich Metall-Eiweiß- 

strübungen auftreten. Auch bei dem Reinigen verzinnter Filterplatten 
darf nicht mit zu starker Sodalösung gearbeitet werden; es muß ein 
ganz schwacher Ueberzug von Bierstein auf den Platten verbleiben, 
sonst kommt dieselbe Trübung im Bier zum Vorschein neben einem Metall- 
geschmack und geringer Schaumhaltigkeit. Sodalösung wird schließlich 

»auch noch zum Waschen der frischen Späne (s. S. 145) benutzt. Sie 
werden 1—2 Stunden lang in Wasser gekocht, das einen Zusatz von 
ca. 0,3 kg Soda pro Hektoliter erhält; hierauf läßt man diese Lösung 
ablaufen und kocht abermals mit frischem Wasser, das aber nur noch 
die halbe Sodagabe erhält. Wenn die Flüssigkeit noch gefärbt er- 

»sscheint, kocht man noch ein drittes Mal, aber mit noch weniger Soda, 
schließlich ohne solche. Das Wasser muß dann farblos bleiben. Durch 
Kochen mit zu viel Soda wird der Holzgeschmack nicht beseitigt, sondern 
geradezu intensiver. Späne sollen nicht in eisernen Behältern, welche 
rostig sind, gekocht werden, da sie dann schwarzblau werden und dem 

3o Bier einen aufdringlichen metallischen (reschmack verleihen. 

Der doppeltschwefligsaure Kalk wird in 6-facher Verdünnung der 
käuflichen Ware zum Desinfizieren der Bottichwände und Gerätschaften 
verwendet. Auch als Beimischung zur Satzhefe hat man es verwandt. 
P. Mumme (1) nimmt auf eine 250 1 fassende Zeugwanne 2 1 doppelt- 

ssschwefligsauren Kalk, den er dem ersten Wasser kurz nach dem Sieben 
der Hefe zusetzt. Nach einer Stunde wird das Wasser abgelassen und 
wie gewöhnlich verfahren. Doppeltschwefligsaurer Kalk wird auch öfters 
nicht ganz infektionsfreiem Bier zur Erhöhung der Haltbarkeit mit Er- 
folg zugesetzt, jedoch nimmt das Bier einen harten Geschmack an. 

40 Das Antiformin ist zufolge Lixpser (2) ein ausgezeichnetes 
Reinigungs- und gleichzeitig Desinfektionsmittel. Namentlich Rohr- 
leitungen mit starkem Biersteinansatz sind damit zu behandeln. 
F. Törsern und E. Morerr (1) haben Bierstein, aus der Rohrleitung 
zwischen Hopfenseiher und Kühlschiff entnommen, auf Löslichkeit ge- 

sprüft. In Wasser, 5-proz. Natronlauge und unverdünntem Antiformin 
wurden Gewichtsabnahmen von 14,5—23 und 97 Proz. festgestellt. Heibe 
Soda löste von dem Bierstein fast gar nichts, doppeltschwefligsaurer 
Kalk machte ihn sogar noch schwerer löslich durch Fällung wasserlöslicher 
Biersubstanz. Noch mehr war dies bei Montanin der Fall. Und 0,5-proz. 

50 Fluorammonium löste nur 15,5 Proz. Das Antiformin ist ein stark alkalisch 
reagierendes Gemisch von 5.2 Proz. Natronhydrat und Natriumhypochlorit. 
Die stark lösende Wirkung kommt in erster Linie auf Rechnung des 
aktiven Chlors. Solches ist ja auch im Natriumhypochlorit und im Chlor- 


—- 13 — 

kalk vorhanden, jedoch eignen sich diese Mittel nicht so gut, da sie zu 
stark riechen und zu wenig haltbar sind. Besonders auffallend ist die 
Wirkung des Antiformins bei der Behandlung der Malztenne. Der dort 
aufgelagerte Schleim quillt vor der Zerstörung so stark auf, daß größte 
Vorsicht geboten ist, um nicht auszugleiten. Bottichlack wird von der 5 
gewöhnlichen Verdünnung 1:20 nicht gelöst. Für Rohrleitungen, Kühl- 
apparate und Gummischläuche hat es sich ebenfalls bewährt. Es riecht nur 
wenig, belästigt die Arbeiter nicht sehr. Es wird kalt angewendet. 

Montanin, ein Nebenprodukt der Ton-Industrie, enthält hauptsächlich 
Kieselfluorwasserstoffsäure (s. Bd. III, S. 317). Es greift zufolge Livpxer ı0 
und MATTHEs (1) in 4-proz. Lösung Holz wie auch Bierlack so gut wie 
gar nicht an, kann daher in jedem Holzgefäß aufbewahrt werden. Wo 
es eingeführt ist, empfiehlt G. Lurr (2), die gesamte Metalleitung 
wöchentlich einmal (im Sommer zweimal) mit 4-proz. Montaninlösung 1 bis 
2 Stunden lang, wenn möglich die ganze Nacht hindurch, zu beschicken. ı5 
Bei ausreichend langer Einwirkung (12 Stunden) genügt eine 2-proz. 
Lösung, so namentlich für Gummischläuche. Montanin in 20-proz. 
Lösung eignet sich vortrefflich als Wandanstrich, weil es die Wand 
hart und glatt macht, indem es die Poren allmählich verstopft. Es ist 
in geschlossenen Gefäßen sehr lange haltbar. 20 

Das Mikrosol und das Antinonin sind zufolge Lixpxer und 
SCHELLHORN (1) als Wandanstriche oder für Außenflächen von Holz- 
gefäben mit Erfolg angewendet worden; sie dienen namentlich zur Ab- 
haltung von Schimmel und Feuchtigkeit an Kellerwänden (vel. d. 21. Kap. 
d. I. Bds.). 235 

Das Mikrosol erteilt den Wänden einen bläulichen Schein, da es 
hauptsächlich aus Kupfersalzen besteht (aus 0,75 Proz. Kupfersulfat, 
10 Proz. phenolschwefelsaurem Kupfer und 2,3 Proz. freier Schweftel- 
säure, auch etwas Flubsäure). Es wird gewöhnlich in 4-proz. Lösung 
in Anwendung gebracht. Die zu behandelnden Flächen werden zunächst so 
durch Abwaschen mit heißem Wasser gründlich abgebürstet, und hierauf 
wird das Mikrosol 2—3-mal nach jedesmaligem Trocknen aufgetragen. 

Das Antigermin, das schon im 21. Kapitel des I. Bandes an- 
geführt worden ist, wird in der Brauerei so wie das Antinonin ver- 
wendet; vgl. H. Wırr (7). Es scheidet in Wasser ein zwar schwer 
lösliches, jedoch entwicklungshemmendes Salz ab. Die Lösung, welche 
geruchlos ist, wird folgendermaßen hergestellt: 2kg Antigermin werden 
mit kochendem Wasser angerührt, und dann wird durch Zugießen von 
kochendem Wasser zu 1 hl aufgefüllt. Diese gelbe Lösung wird, mit Kalk 
vermischt, 2—3-mal aufgetragen. 40 

Der Formaldehyd, über dessen keimtötende Kraft das 21. Kapitel 
des I. Bandes ausführliche Angaben enthält, läßt sich zufolge H. Wıch- 
MANN (1) und Tomann (1) gut zur Desinfektion von Rohrleitungen und 
Schläuchen in einer Verdünnung von 1—21 Formalin und 1 hl Wasser 
verwenden. Nach 10—15 Minuten langer Einwirkung muß mit kaltem 
oder lauem Wasser so lange nachgespült werden, bis der Geruch des 
Formaldehyds verschwunden ist. Gärbottiche und Fässer werden mit 
solcher Lösung nach dem Reinigen leicht überwaschen und dann mit 
Wasser abgespritzt. Auch Kellerwände pinselt man mit der Lösung ein, 
entweder allein oder mit Kalk. Um den Geruch zum Verschwinden zu» 
bringen, läßt man schließlich Ammoniakdämpfe einwirken. 

Saures Fluorammonium ist fest und kristallinisch, leicht in 
Wasser löslich. Scnönreno (2) fand eine O,4-proz. Lösung von genügen- 


= 


> 


— 14 — 

. 
der Wirksamkeit. Am zweckmäßigsten wird die Lösung in einem Holz- 
bottich aufbewahrt. Schläuche werden, nachdem sie damit gefüllt worden 
sind, in dem Bottich am besten die Nacht über liegen gelassen. Alle 
14 Tage wird die Lösung neu hergestellt. Dieses Salz zählt nach 

;J. Branp (1) mit zu den besten Desinfektionsmitteln, das gute Gummi- 
schläuche nicht angreift, andere (mit ungeeigneten Füllmaterialien) je- 
doch spröde und brüchig macht. Das reine Präparat enthält 35,68 Proz. 
Flußsäure; es wurden jedoch auch Präparate mit 22,3—31,5 Proz. 
beobachtet. 

10 Weniger in der Brauerei selbst als in zugehörigen Stallungen und 
leerstehenden feuchten Räumen ist ein als Pinol bezeichnetes Des- 
infektionsmittel gut verwendbar. Es ist dies eine von der Nürnberger 
Vertriebsgesellschaft gleichen Namens hergestellte konzentrierte teer- 
artiee Flüssigkeit, die aus dem Harze der Schwarzföhre gewonnen wird. 

1; Stoffe, die Gerüche leicht aufnehmen, dürfen in damit frisch gestrichenen 
Kellern nicht aufbewahrt werden. | 

Zum Schluß sei noch ein Vorschlag nach HEınr. Zıxes (1) zur 
Prüfung wasserlöslicher Desinfektionsmittel auf Wirkungs- 
kraft angefügt. Danach bringt man eine kräftige Kultur der Organismen 

»oin eine sterile Schleudereprouvette, setzt etwas vorher ausgeglühtes und 
wieder abgekühltes Talkpulver zu, schüttelt gut durch und schleudert 
aus. Besonders zweckmäßig ist die Schleudereprouvette von Moskovicz, 
bei welcher der Bodensatz in einer besonderen, abnehmbaren Kapsel 
aufgefangen wird. Diese wird jetzt an einer zweiten Eprouvette be- 

»festigt, und der Bodensatz mit sterilem Wasser aufgeschüttelt. Nach 
dem Ausschleudern wird er in einer dritten Eprouvette mit dem Des- 
infektionsmittel zusammengebracht und bestimmte Zeit darin gelassen. 
Hierauf wird wieder ausgeschleudert, der Bodensatz wieder mit sterilem 
Wasser gewaschen und endlich in einem günstigen Nährboden ausgesät 

sound so auf Entwicklungsfähigkeit geprüft. 


$ 46. Biologische Analyse des Brauwassers. 


Die Grundlage für die brautechnische Untersuchung des Wassers 
in biologischer Hinsicht hat E. Cur. Hansen (4) gegeben. Er zeigte, 
daß von den oft sehr zahlreichen Organismen, welche in Wässern vor- 

3: kommen, nur diejenigen unsere Beachtung vom brautechnischen Stand- 
punkte aus beanspruchen, welche in Bierwürze und Bier entwicklungs- 
fähig sind und hier in mannigfacher Weise schädlich werden können. 
Alle übrigen Mikroorganismen, die weder in Bier noch in Würze zu ge- 
deihen vermögen, sind als indifferent zu vernachlässigen. Die von 

so Haysex ausgearbeitete Methode nimmt daher wohl auf die gewöhnlichen 
Wasserbakterien gar keine Rücksicht und verzichtet auf die Anlage von 
Plattenkulturen mit Gelatine-Nährböden ganz, begünstigt dagegen andere, 
brauschädliche Mikroben, welche auf den gewöhnlichen Platten- 
zuchten mit Eiweißpeptongelatine gar nicht und auf Platten mit Würze- 
ssgelatine nur spärlich Kolonien bilden. So finden wir auf den Platten- 
zuchten einer Wasseranalyse weder gewisse Würzebakterien noch Essig- 
bakterien, es fehlen manche Milchsäurebakterien sowie Sproßpilze. Ferner 
ist zu beachten, daß von einigen Gruppen der auf den Plattenzuchten 
erscheinenden Wasserbakterien, wie z. B. von den Fluorescenten, manche 
so Arten unschädlich sind. andere dagegen Bierwürze zersetzen. Dasselbe 


— 15 — 


gilt von Heubazillen u. a. Es ergäbe sich daher bei ausschließlicher 
Anwendung von Plattenzuchten die Notwendigkeit, alle die fraglichen 
Arten noch nachträglich auf ihr Verhalten gegen Würze bzw. Bier zu 
prüfen oder gar eine genaue Species-Bestimmung durchzuführen. Auf 
die Schwierigkeiten solcher Arbeiten wurde schon im 12. Kapitel des 
III. Bandes hingewiesen. 

Eine genaue Anleitung zur Ausführung der biologischen Wasser- 
analyse hat Hansen nicht gegeben, sondern nur das Prinzip der tropfen- 
weisen Aussaat in Würze und Bier aufgestellt und in einer 
zweiten Abhandlung (5) die Beobachtungsdauer mit sieben Tagen 
bei 25° © normiert. Seine Untersuchungen und die zahlreichen Analysen, 
welche J. Cur. Horm (1) ausführte, hatten ergeben, daß innerhalb dieser 
Zeit fast alle lebensfähigen, kräftigen Keime zur Entwicklung kamen 
und nur ausnahmsweise auch noch später. ; 

Die biologische Analyse von Brauwässern nach Hansen wird, 
wie aus den citierten Abhandlungen sowie aus dem Handbuche 
A. Kröcker’s (1) zu entnehmen ist, in folgender Weise ausgeführt. Die 
Wasserprobe, welche unter Anwendung all der, im 12. Kapitel des 
III. Bandes geschilderten Vorsicht entnommen werden muß und eine 
Durchschnittsprobe darstellen soll, wird gut durchgeschüttelt und mit 
steriler Pipette in sterilisierte, klare Bierwürze sowie in Bier ausgesäet. 
Die Aussaatmenge darf nur gering sein, da durch zu großen Wasser- 
zusatz die Widerstandsfähiekeit der Nährflüssigkeit herabgesetzt. d. h. 
ihr Charakter als Würze oder Bier zu Sehr abgeschwächt wird. Nach 


Horn soll die Wassermenge nicht 0,83 Proz. bei Würze und nicht: 


3.35 Proz. bei Bier übersteigen. Am zweckmäßigsten ist es, das Wasser 
tropfenweise auszusäen, um eine möglichst weitgehende Verdünnung 
zu erzielen. Sollte auch dies nicht ausreichen, so ist eine Verdünnung 
des Wassers mit Würze oder sterilem Wasser vor der Aussaat vorzu- 
nehmen. Gewöhnlich erreicht man aber ein zuverlässiges Resultat, wenn 
man 100 Freudenreich-Kölbchen, die je 10 cem Würze enthalten, mit je 
einem Tropfen Wasser beschickt. Die Aussaat in Bier kann man unter- 
lassen; auf Grund der Beobachtungen Horm’s kommen alle im Bier ent- 
wicklungsfähigen Organismen auch in der Würze fort. Immerhin gibt 


es aber Fälle, in denen die Beobachtung auch in Bier für die Praxis»: 


bedeutsame Resultate liefert. Zeigten sich nach sieben Tagen bei 25° © 
in einzelnen Kölbehen Entwicklungen, so werden sie mikroskopisch 
untersucht, ihre Art und Zahl festgestellt und die Menge für 1 ccm 
Wasser berechnet. Wenn z. B. in 100 Kölbehen 5 cem Wasser ins- 
gesamt ausgesäet worden waren und in 18 Kölbehen 20 Vegetationen 
(z. B. in 16 je eine, in 2 je zwei) gezählt wurden, enthält das Wasser 
pro 1 cem 4 Keime. Es wird dabei angenommen, dab jede Vegetation 
in den Zersetzung zeigenden Kölbehen nur von einem Keime hervor- 
gebracht wurde, 

Die Hassen’sche Methode erwies sich in jeder Beziehung als sehr 
entwicklungsfähig und wurde von verschiedenen Seiten in mehrfacher 
Richtung ausgebaut. Von diesen erlangte größere Verbreitung die 
biologische Wasseruntersuchung nach Wiehmann (2). Dieser wies 
auf Grund seiner durch mehrere Jahre forteeführten vergleichenden 
Wasseranalysen auf die besondere Wichtigkeit hin, welche die Zeit, 
nach der in den Kölbehenzuchten Zersetzungserscheinungen auftreten, 
für die Beurteilung hat. Weiter bemühte sich Wıonmann einen besseren 
zahlenmäßigen Ausdruck für die „Schädlichkeit* eines Wassers zu finden, 


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[271 


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— 16 — 


als dies die Keimzahl pro 1 ccm ist, wie sie aus den Haxsex’schen 
Kölbchenzuchten berechnet werden kann. Diese Keimzahlen lassen sich 
nur schwer untereinander vergleichen, weil sie nicht stets auf gleiche 
Weise zustande kommen. WıcHMmann sieht daher von der Erhebung der 

5 Keimzahlen, die ja doch nur bei Plattenzuchten annähernde Richtigkeit 
besitzen, ganz ab und führt mit dem „Zerstörungsvermögen“ "des 
Wassers einen neuen Begriff in die biologische Wasseranalyse ein, 
wodurch die Einwirkung des Wassers selbst auf Würze und Bier in den 
Vordergrund gestellt wird. 

10 „Ze erstörungsvermögen“ ist der Ausdruck für die zersetzende Wirkung 
eines Wassers (in Würze oder Bier) infolge seines Gehaltes an schäd- 
lichen Mikroorganismen, unter Berücksichtigung ihrer Menge und 
Energie. Die Menge der Mikroorganismen wird durch die Aussaat 
des Wassers in mehreren, verschieden großen Teilen zur Geltung ge- 

ıs bracht, ihre Energie durch Beachtung der Zeit, welche sie zu ihrer Ent- 
wicklung brauchen. Die Anwendung größerer Wassermengen als bei 
Haxsen gibt die Sicherheit, daß alle in einem Wasser vorhandenen 
Keime bei der Untersuchung auch zur Ansicht gelangen, und begünstigt 
durch die zum Teile größere Verdünnung der Nährflüssigkeiten, welche 

»dadurch etwas weniger widerstandsfähig werden, auch schwächere Arten. 

Zur Ausführung werden je vier Freudenreich-Kölbehen mit recht 
klarer, sterilisierter Würze und Bier genommen, mit den Ziffern 1, 2, 
3, 4 bezeichnet und Nr. 1 mit 1,0 cem, Nr. 2 mit 0,75 ccm, Nr. 3’mit 
0,50 cem und Nr. 4 mit 0,25 cem des Wassers beschickt, gut durch- 

» gemischt und in den Thermostaten bei 25° gebracht. Durch fünf Tage 
beobachtet man jeden Tag diese Kölbehen und ver zeichnet den Ein- 
tritt von Z ersetzungserscheinungen (Trübung, a Hautbildung), 
z. B. in Probe I: Alle Würzekölbchen 1—4 trübe am 1. Tage und in 
Probe Il: Würzekölbchen Nr. 1 am 2. Tag trüb, Nr. 2 am 3. Tag, 

soNr. 3 am 3. Tag, Nr. 4 am 5. Tag. 

Als Grundlage für die Beurteilung im allgemeinen gilt die durch 
Versuche begründete Annahme: je rascher die Zersetzung ein- 
tritt und je geringer die hierzu notwendige Wassermenge 
ist, desto schlechter wird das Wasser sein. Dasjenige Wasser 

also, welches schon nach 24 Stunden (am 1. Beobachtunestage) in allen 
vier Würzekölbchen Zer setzung hervorgerufen hat, ist als das schlechteste, 
sein „Zerstörungsvermögen“ für Würze als das höchste anzusehen. Wir 
können dieses daher mit der Zahl 100 bezeichnen, um zu einem zahlen- 
mäßigen Ausdruck zu gelangen, und dementsprechend das Zerstörungs- 

40 vermögen eines Wassers, welches am 2. Tage alle Würzekölbchen trübt, 
mit 50, das des 3. Tages mit 60, das des 4. Tages mit 40 und das des 
5. Tages mit 20. Aus dieser Reihe ergeben sich Zeitfaktoren, und 
zwar ist f — 10, bzw. 8, 6, 4 und 2 für den 1. bzw. 2, 3, & und 
5. Tag, mit deren Hilfe die Zeit (der Zersetzung) in Rechnung gezogen 

‚wird, während für die Menge (des Wassers, bzw. der in demselben 
enthaltenen Mikroorganismen) im Sinne obiger Annahme die Nummern 
der Kölbchen (1, 2, 3, 4) d. i. die ausgesäete Wassermenge (4, 3, 2, 
1 Viertel Kubikzentimeter) in umgekehrter Reihe, in die Rechnung ein- 
gesetzt werden. Demnach würden wir das Ergebnis obiger zwei Bei- 

sospiele zu rechnen haben wie folgt: 


SUR IAT ae 


T II. 
Nr. d. Kölbehens Tagesfaktor Nr. d. Kölbehens Tagesfaktor 
1 x 10 —t0 1 x 8 — 
2 x 10 2 2 >4 6 =, 
3 x 10 — 30 3 x 6 18 
4 5% 10 40 4 x 2 —E8 
Zerstörungsvermögen — 100 Zerstörungsvermögen — 46 


Zur Berechnung des Zerstörungsvermögens hat man also die Nummer 
des Kölbchens, in welchem Zersetzung eingetreten ist, mit dem Faktor 
für den betreffenden Tag, an welchem die Zersetzung zuerst beobachtet 
wurde, zu multiplizieren und die vier Produkte zu addieren. Die so 


erhaltene Zahl ist (bei den Würzekölbchen) der Ausdruck für das Zer- 5 


störungsvermögen des Wassers für Würze. Um das Zerstörungsver- 
mögen für Bier zu erhalten, ist die Summe der Produkte der Bier- 
kölbehen noch mit 1,67 zu multiplizieren. Weil Bier eine größere 
Widerstandsfähigkeit gegen den Einfluß des Wasserzusatzes zeigt, wurde 
erfahrungsgemäß bei Bier das höchste Zerstörungsvermögen — 100 auf« 
den 3. Tag gesetzt (gegen Würze am 1. Tage). Weil das Zerstörungs- 
vermögen für Würze am 3. Tage = 60 ist, so verhält sich jenes (B) 
zu diesem (W) wie 100:60, und es ist also B —= 1,67 W. 

P. Lınpxer (8) hat seine handliche Tropfenkultur (s. S. 174) 


) 


auch für die biologische Wasseranalyse empfohlen. Ein Gemisch von ıs 


10 ccm steriler Bierwürze mit 1 ccm »der Wasserprobe wird mit einer 
Meßpipette tropfenweise in Petrischalen ausgesät. Die aus einer be- 
stimmten Würzemenge entstandenen Kolonien werden gezählt und auf 
l cem Wasser berechnet. Die beiden letzten Methoden von LixDNEr 


und WıcHmann eignen sich besonders in solchen Fällen, in denen es sich» 


darum handelt, rasch ein Resultat zu erhalten, welches sich zahlenmäßig 
ausdrücken läßt. Unter Vernachlässigung dieses Momentes entstanden 
noch andere Methoden, welche den möglichst vollständigen Nachweis 
aller im Wasser befindlichen brauschädlichen Organismen anstrebten. 
Zu diesem Zwecke wurden namentlich von H. Wırv (11) noch andere» 
Nährflüssigkeiten außer Bierwürze in Verwendung genommen, so Würze 
mit Alkoholzusatz, Bouillon, neutrales Hefenwasser, welche aber bald 
wieder aufgegeben wurden. Dagegen legt Wrrs ein besonderes Gewicht 
auf das ammoniakalische Hefenwasser zur Feststellung des Ge- 
haltes an Sareina (s. $59 d. 8. Kap.) im Wasser, welches zu dem Zwecke 
in Freudenreich-Kölbehen mit S—10 cem sorgfältig sterilisiertem Hefen- 
wasser, dem 1 Tropfen Ammoniak vom spezifischen Gewicht 0,96 zuge- 
Setzt wurde, tropfenweise ausgesät wird. Gibt die mikroskopische Unter- 
suchung nach 7—8 Tagen kein Resultat, so wird die Beobachtung tort- 
gesetzt, da manche Sarcinen mehrere Wochen zur deutlichen Entwicklung: 
brauchen. 

In einem sehr lesenswerten Vortrage hebt Wıru (12) auch den 
Wert der Gärprobe für die Wasseranalyse hervor, bei welcher durch 
den Einfluß der sich vermehrenden, gärenden Hefe eine große Gruppe 
von Würzebakterien unterdrückt wird, so daß nur solche Bakterien zur« 
Ansicht gelangen, welche die Gärung überdauern, daher dem Biere 
schädlich werden können. Diese der Praxis angepaßte Gärprobe wurde 
für brautechnische Untersuchungen schon früher von E. Prror (1) und 
neuerdings unabhängig von G. Lurr (1) vorgeschlagen, welch letzterer 
l ccm Wasser in 10 cem mit etwas Reinhefe geimpfter Würze bringt, # 
bei Gärkellertemperatur durch 8—9 Tage stehen läßt, dann den Boden- 


x 


— 188 — 


satz mittelst der Weinsäuremethode (s. Bd. IV, S. 137 u. Bd. V, S. 169) 
auf wilde Hefe prüft. Die über dem Bodensatze stehende vergorene 
Würze wird in ein steriles Fläschchen abgegossen, dicht verschlossen 
und bei 25° zu Ende vergoren („forciert“). Hier entwickeln sich jetzt 
snach S—10 Tagen vornehmlich die Milchsäurebakterien und Sareinen, 
so daß die Lurr'sche Methode einen guten Ueberblick über die Bier- 
schädlinge eines Wassers gibt. Sie beansprucht jedoch sehr viel Zeit. 

Anhangsweise sei hier noch der Plattenzuchten gedacht. Ob- 
wohl diese, wie schon anfangs hervorgehoben (vgl. auch d. 12. Kap. d. 

ı III. Bds.), kein zuverlässiges. Resultat ergeben können, so besitzen sie 
doch für bestimmte Fragen größeren Wert, so z. B. in der Brauerei- 
Betriebskontrolle, wenn es sich um Ueberprüfung der qualitativen Leistung 
von Wasserfiltern (s. 13. Kap. d. IlI. Bds.) handelt, oder wenn der Erfolg 
der Reinigung von Brunnen, Wasserbehältern oder Leitungen zahlen- 

»s mäßig festzustellen wäre. Es genügt dann, vier Platten zu gießen, mit 
1.0, 0.25 und 0,05 cem Wasser auf Peptongelatine und 1,0 cem auf 
Würzegelatine. Ist das Wasser anerkanntermaßen sehr rein, so nimmt 
man 3—5 cem für die Würzegelatine-Platte. 

Die Resultate der biologischen Analyse des Brauwassers wurden 

»obesonders von Horm (1) und Wiırzu (12) eingehend besprochen. Es sei 
hier nur soviel hervorgehoben, daß am häufigsten, namentlich in Bier- 
würze, Bakterien beobachtet werden, und von diesen wieder vorherrschend 
die sogen. Würzebakterien, von denen der nächste Paragraph handelt, 
während Sareinen und Pediokokken nur ausnahmsweise „esehen 
» werden. Die Schimmelpilze, welche sich nicht selten, aber in geringer 
Menge finden, haben untergeordnete Bedeutung als Bier schädlinge, können 
daher meist vernachlässigt werden, abgesehen natürlich von besonderen 
Fällen, wie z. B. bei der Beurteilung eines Mälzereiwassers. Sprob- 
pilze sind am seltensten, unter ihnen am häufigsten noch Torula-Arten, 

so wie Rosahefe, während echte Saccharomyceten nur in ganz vereinzelnten 
Fällen beobachtet wurden. 

Schließlich soll noch hervorgehoben werden, daß der Wert der bei 
biologischen Analysen gefundenen Mikroorganismen nicht stets bloß nach 
ihrer Schädlichkeit für den Brauereibetrieb einzuschätzen ist, sondern 

> daß häufig auch weniger gefährlichen ja vielleicht unschädlichen mit 
Rücksicht auf die Beurteilung des Wassers ebenso grobe Bedeutung bei- 
zumessen ist, und zwar dann, wenn sie einen Hinweis auf Quellen der 
Verunreinigung, auf schwere Infektion u. dgl. geben können. 


$S 47. Die Bakterien der Betriebswürze. 


40 Die gehopfte Bierwürze, wie sie im Brauereibetriebe für unter- 
gärige Biere erzeugt wird, ist im allgemeinen, trotz des reichlich 
vorhandenen Eiweißes und Zuckers, kein günstiger Nährboden für 
Bakterien. Einerseits verhindert schon der nicht unbedeutende Säure- 
gehalt die Entwicklung zahlreicher Spaltpilzarten, andrerseits wirken 

4 bestimmte Hopfenbestandteile ( s. Bd. IV, S. 138), an denen die Würze 
reicher ist als das Bier Anee antiseptisch. Demgemäß sind auch die 
(schwächer gehopften) Würzen gewisser obergäriger Biere und noch 
mehr die noch nicht mit Hopfen gekochte Würze, die sogen. Sübwürze, 
bedeutend hinfälliger als gehopfte Würzen für untergäriges Bier, ja 


— 189 — 


die Süßwürze ist sogar eın guter Nährboden auch für empfindlichere 
Bakterien. 

Die gehopfte Würze, welche hier in erster Linie in Betracht kommt, 
bietet daher nur einer beschränkten Anzahl von Spaltpilzen zusagende 
Lebensbedingungen. Diese Bakterien zeigen so mannigfache Eigenschaften 
und sind in der Würze in so verschiedenem Grade wirksam, dab sie 
kaum von einem Gesichtspunkte aus betrachtet werden können. Das 
Gemeinsame ist eben nur die Fähigkeit, Bierwürze zu zersetzen, zu 
verderben. 

Einige Arten tun dies mit solcher Heftigkeit und unter ganz 
charakteristischen Erscheinungen, so daß sie als eigentliche Würze- 


or 


10 


bakterien von den übrigen in Würze zedeihenden Spaltpilzen unter-. 


schieden werden können. Die hierher gehörigen Arten werden von 
P. Lıspxer (8) als Termobakterien bezeichnet, in Anlehnung an das 
Bacterium termo CoHx (s. Bd. III, S. 87), mit dem sie, wie allerdings 
auch noch andere Bakterien, in Zellform und Bewegungsvermögen größte 
Aehnlichkeit zeigen. 

Bei der durch Würzebakterien veranlaßten Zersetzung der Bier- 
würze werden auch gewisse Bestandteile des Hopfens angegriffen; die 


Würze trübt sich nicht bloß sehr stark, fast milchig, sondern gleich- > 


zeitig tritt ein eigentümlicher, als sellerieartig bezeichneter Geruch 
auf. Eine Begleiterscheinung ist auchSchaumbildung, welche Gärung 
vermuten lassen würde; sie ist auf -Entwicklung von Wasserstofigas 
zurückzuführen. In älteren Zuchten in Würze kommt es zur Ausbildung 
von Häuten (Decken) aus schleimigen Massen oder doch zur 
Ringbildung, ohne dab aber die Würze selbst schleimig (fadenziehend) 
würde. 

Gegenüber der Gärtätiekeit der Hefe sind diese Termo- 
bakterien sehr empfindlich. Die eintretende Gärung unterbricht sofort 


deren Lebenstätigkeit, Bewegung und Vermehrung; die Würzebakterien : 


sterben ab, und "nach der Hauptgärung finden sich kaum noch lebens- 
fähige Stäbchen vor. Es könnte scheinen, daß demnach die Würze- 
bakterien für den Brauereibetrieb wenig Bedeutung hätten und für das 
Bier ganz ungefährlich seien, weil sie ja durch die gärende Hefe getötet 
werden. Dementgegen muß auf den Sellerie geruch aufmerksam gemacht 
werden, der als Folge ihrer Tätigkeit der Würze anhaftet und während 
der Gärung nicht mehr verschwindet, auch wenn die Bakterien ab- 
sterben; das Bier aus einer so befallenen Würze zeiet dann einen 
dumpfen Geruch, eine Art „Kellergeschmack“, welcher Fehler es wesent- 


lich schädigt. Einzelne Arten aber überdauern sogar die Bottichgärung. : 


bleiben latent und können in schwach gehopften Bieren Veranlassung 
von Biertrübung werden. 

Entsprechend ihrer außerordentlichen Vermehrungsfähigkeit finden 
sich die Würzebakterien überaus häufig innerhalb des Brauereibetriebes 
und treten überall, wo Bierwürze längere Zeit ohne Hefenzusatz steht, 
in Wirksamkeit. So wird z. B. eine Würze, welche aus irgend einem 
Grunde im Sterilisator eines Hefenreinzucht-Apparates unsterilisiert über 
Nacht gestanden hat, den Selleriegeruch zeigen. Das gleiche beobachtet 
man häufige im Laboratorium an vergessenen Würzeresten. Das gewöhn- 


liche Feld ihrer Tätigkeit in der Brauerei ist das Kühlschiff, aufs 


welchem die Bierwürze oft längere Zeit eine für die Bakterienentwick- 
lung günstige Temperatur behält, so an schwülen Sommertagen, an denen 
die Abkühlung nur sehr langsam vor sich geht. In die Würze gelangen 


15 


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— 1% — 


die Termobakterien in der Regel als Luftinfektion aus der nächsten 
Umgebung des Kühlschiffes. Sie sind nämlich geradezu als Geräte- 
bakterien anzusprechen, weil sie sich infolge ihres Luftbedürfnisses 
und der Fähiekeit, auf festen Nährböden sehr gut zu gedeihen, auf der 
5feuchten, Spuren von Würze festhaltenden Oberfläche der mit Würze in 
Berührung kommenden Werksvorrichtungen und Leitungen ansiedeln 
und lebend erhalten. Hier können sie nur durch peinliche Reinlichkeit 
und entsprechende Desinfektion vertrieben werden. Einige hat man 
wohl auch in Wässern beobachtet. Finden sie sich aber in größerer 
ıo Menge im Betriebswasser, so deutet dies auf eine Infektion der schlecht 
verwahrten Wasserbehälter oder gar auf eine Infiltration der Brunnen 
durch Abwässer hin. Letztere bilden wahrscheinlich den natürlichen 
Aufenthaltsort dieser Gruppe. 
Ihre Einreihung in das Bakteriensystem ist wegen unserer noch 
geringen Kenntnis, insbesonders wegen des Fehlens der wichtigsten 
diagnostischen Merkmale, nicht möglich gewesen. Aus diesem Grunde 
finden die Termobakterien bei den Fachbakteriologen wenig Beachtung. 
Die wichtigsten Arten mögen im folgenden kurz beschrieben werden. 
Termobacterium lutescens, von A. ZEIDLER (1) beschrieben: Einge- 

»schnürte, an den Enden zugespitzte, lebhaft bewegliche Kurzstäbchen 
von 1 « Breite, oft in langen, deutlich eingeschnürten Ketten (Hautform) 
oder in ungegliederten Scheinfäden (auf festen Nährböden). In Bier- 
würze erregen sie schon nach 24 Stunden Trübung und Selleriegeruch, 
später langsame Klärung unter Bildung einer dicken, gelblichen, 

» schleimigen Decke und eines starken, schleimigen, schmutzig gelbbraunen 
Bodensatzes. (Gärende Hefe tötet dieses Bakterium rasch, dagegen 
wird abgepreßte Hefe durch dasselbe in Fäulnis versetzt. In Bier 
tritt keine Vermehrung ein, doch erhält es sich darin bei höchstens 
6° C lebensfähig. Die Strichzucht auf Fleischsaftgelatine ist hellgelb 

somit glänzender Oberfläche und glattem Rande, langsam verflüssigend; 
im Stich kein Wachstum. Auf Würzeeelatine entsteht ein schmutzig 
gelber, schleimiger Belag. Weibbier-Würze zeigt nach mehreren Monaten 
einen eigenartigen Geruch nach Rauchfleisch und eine Zunahme des 
Säuregehaltes (0,4 cem Normal-Natronlauge auf 20 ecem Würze). 

35 Termobacterium fuscescens LiNDNEr (8). Zellform ähnlich derjenigen 
der vorigen Art. Auf Würzegelatine entsteht bei älteren Zuchten um 
die bräunliche Kolonie herum in der Gelatine ein breiter Hof von bräun- 
licher Färbung. Die Säurebildung ist stärker als bei der erstgenannten 
Art (1,5 ccm), vornehmlich von Milchsäure herrührend, keine flüchtige 

40 SÄUTE. 

Termobacterium album LisDNer (8) ist im allgemeinen ähnlich dem 
T. Iutescens, jedoch sind die Zellen mehr abgerundet, sehr selten lang- 
gestreckt; Fäden fehlen ganz. In Würze, welche etwas weniger heftig 
angegriffen wird, tritt eine dicke, weibe, flockig-schleimige Decke und 

s Ringbildung, weißlicher Bodensatz, Klärung und schwache Entfärbung 
auf. In Bier entsteht eine dünne flockige Schichte an der Oberfläche. 
Die Strichzucht auf Fleischsaftgelatine zeigt glatte Oberfläche und fein- 
gezähnten Rand. Ist auch im Wasser gefunden worden. 

Termobaeterium üridescens Mırrav, von P. Linpxer (12) beschrieben, 
sozeigt dicke, fast kugelige Doppelstäbchen, welche keine Ketten oder 
Fäden bilden und ohne Eigenbewegunge sind. In Würze treten auber 
Trübung und Selleriegeruch noch Gasblasen, langsame Klärung, starke 
Eintfärbung, keine Hautbildung und festliegender Bodensatz auf. Die 


— 11 — 


Striehzucht auf Fleischsaftgelatine wächst zu einem dünnen, bläulich 


irisierenden, fischschuppenartigen Belag aus; im Stich zeigt sich nur 
schlechte Entwicklung. Auf Würzegelatine bemerkt man weniger kräftiges 
Wachstum. Das reichlich gebildete Gas (ca. 80 ccm pro 1 Liter Würze) 
besteht aus Wasserstoff (70 Proz.), Kohlensäure (20 Proz.) und Stick- 
stoff (10 Proz.), etwas Sauerstoff und Methan. Dieses Bakterium gibt 
wahrscheinlich zu dem „chlorigen Geruch“ mancher Biere V eranlassune 
(s. $ 57 des 8. Kap.). 

Termobacterium erythrinum LISDNeEr (8). Zellform wie bei der vorher- 
gehenden Art, 0,9 « breit, Doppelstäbchen (Beweglichkeit?). In Würze 
zeigt sich sehr rasches Wachstum, rötliche Oberflächenschichte und Ring- 
bildung, schwache Gasentwicklung. Auf Fleischsaftgelatine ist die Ver- 
mehrung schlecht, oft ganz ausbleibend. Dagegen ist sie sehr kräftig 
auf W ürzegelatine, die rasch verflüssigt wird; auf dem Grunde findet 
sich dann eine blaß rötliche Zooglöa. Die rote Farbe verschwindet bei 
Zusatz von konzentrierter Natronlauge und erscheint wieder auf Zusatz 
von konzentrierter Schwefelsäure. Diese Art wurde im Wasser einer 
Weißbierbrauerei gefunden. 

Man wird nicht fehlgehen, wenn man die Termobakterien den echten 
Fäulnisbakterien nahestellt; insbesonders die Wuchsformen des Termo- 
bacterium lutescens und dessen Kolonien auf Fleischsaftgelatine zeigen 
gewisse Aehnlichkeiten mit Proteus-Arten. Und umgekehrt vermögen 
tatsächlich fast alle jener bei der Proteinfäulnis eine Rolle spielenden 
Spaltpilze die Bierwürze zu zersetzen. So prüfte H. Zıes (2) aus ver- 
schiedenen Wässern isolierte Bakterien auf ihr Verhalten gegen gehopfte 
Würze und fand von den echten Fäulnisbakterien auber dem 
Bacterium vulgare (s. Bd. III, S. 89) aus der Proteus-Gruppe auch das 
gasbildende Dact. vernicosum MEz, welche der Würze einen unangenehmen 
Geruch verleihen und sie auch dann, wenn sie mit Hefe versetzt ist, 
zerstören. 

Besonders reich sind nach Zıkes die fluoreszierenden Fäulnis- 
bakterien vertreten, am häufigsten Bacterium fluorescens MEz (— Bae. fluor. 
liquefaciens Fu ÜGGE), dann Dact. pyocyaneum Lenum. et Neum. Baeillus 
erythrosporus ÜOHNn, welche bereits auf S. 92 des III. Bandes beschrieben 


worden sind. Weiter treten noch auf: Dae. eyanogenes FLüsse, Bae.viridificans :: 


Mez, Bact. Zimmermanni M&z, Bact. eretaceum M&z, Baet. "putidum Lenm. 
et Neu m. Bact. carabiforme M&z, Bact. minutissimum M&z, Baet, ranieida 
Lenm. et Neum., Bact. ferrugineum RULLMANN, Bact. fluorescens fuscans 
Zıxes, Bact. Tataroffi MarzuscHrta. Alle diese Fluorescenten sind Lang- 
stäbchen, oft sehr zart, von lebhafter Beweglichkeit. In Bierwürze tritt 
infolge der sauren Re: ıktion die Fluorescenz nicht in Erscheinung. Baet. 
minutissimum bildet lebhaft grüngefärbte Häute auf Bierwürze, Süßwürze 
und Bouillon. Baet. pyocyaneum entfärbt in auffallender Weise die 
Würze, was Zıes auf die Ausscheidung des Pyoeyanins zurückführt. 
Dieser blaue Farbstoff verhält sich nahezu komplementär zur gelbbraunen 
Farbe der Würze, so daß diese mit Zunahme des Pyoeyanins immer 
mehr ausgelöscht wird. Welch kräftige Würzeschädlinge die Fluores- 
centen sind, geht am besten daraus hervor, daß von allen aus Wässern 
isolierten Arten dieser Gruppe nur eine, Bact. turcosum Lunm. et Neun, 
gegen Würze sich indifferent verhielt, die meisten aber die Alkohol- 
gärung überdauern, und dab einige (Dact,. minutissimum und Baet. ranieida) 
sogar die Gärung verzögern. Kine interessante Erscheinung ist das 
durch Bact. Tataroffi bewirkte Alkalischwerden der Süßwürze und ge- 


So 


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5 


30 


5 


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— 12 — 


hopften Würze. Baet. fluorescens und Bact. ranicida vufen auch in Bier 
Veränderungen hervor. 

Von anderen farbstoffbildenden Bakterien, welche Würze zu zer- 
stören vermögen, ist das auf S. 90—91 des III. Bandes beschriebene 

s bact. prodigiosum hervorzuheben, welches seinen Farbstoff in Würze 
wohl bei 10° C, aber nicht auch bei 25° C bildet. Von den übrigen 
Pigmentbakterien zeigten sich als Würzezerstörer vornehmlich alle blauen, 
so Bact. janthinum ZoPr, Bact. violaceum Mez, Bact. coeruleum VoGEs, für 
deren Unterscheidung die Züchtung in Bierwürze wertvoll ist, und von 

wden gelbbraunen Dact. fuscans ZixEs, Bact. helvolum Le#um. et NEUM,, 
bact. solare Leum. et Neum. Ihnen wären aus der älteren Literatur 
nach einer Arbeit von L. Apamerz (1) anzureihen: Mierococeus candidus 
CoHn, M. versicolor FLüGGE, Bac. flavocoriaceus ADAMETZ et WICHMANN, 
der grüngelbe Bazillus EisenBEre’s u. a. m. 

15 Auch die Bakterien der Darmfäulnis (s. Bd. III, S. 95) und Ver- 
wandte (Coligruppe) erwiesen sich nach Zıkes als Würze zerstörend, so das 
Bact. coli commune EscHherıcH, dann Dact. levans LEHMANN et WOLFFIN 
und Dact. Busse MarzuscHita, während Dact. typhi Würze nur bei 
höherer Temperatur angreift, in frischem Bier (d. h. nicht sterilisiertem, 

sondern durch Vergärung von steriler 12-grädiger Würze mit Reinhefe 
gewonnenem Bier) aber sehr rasch schon nach einigen Minuten abstirbt. 
Bacterinm aerogenes Mur. schließt sich auch im Verhalten gegen Würze 
an Dact. coli an. 

Von anderen an Fäulnisprozessen beteiligten Spaltpilzen finden wir 

sim gehopfter Würze den Daec. turgescens Mez, einen sporenbildenden, auf 

Nährgelatine in mycelähnlichen Strängen wachsenden Verwandten des 

Bac. mycoides FLüsGe, während dieser letztere selbst, wie auch Bae. 

subtilis Coun und die übrigen Angehörigen dieser Gruppe nur in Süb- 
würze fortkommen. 

30 Sehr reich sind auch die schleimbildenden Arten vertreten: Daet. 
gliserogenum MALERBA et Sarvarıs, Dact. viscosum Mez und Bact. lactis 
viscosum LEHM. et Neun. (s. 11. Kap. d. II. Bds.), Dact. helicosum ZıKks, 
baet. pitwitosum Mez und Bae. setosus ADAMETZ (S. 10. Kap. d. II. Bds.), welch 
letzterer die Bierwürze sehr kräftig zersetzt, fadenziehend macht und 

5: die Hefengärung verlangsamt; auf festen Nährböden wachsen seine Schleim- 
massen ungemein schnell. Bact. helicosum, welches auch in Bier gedeiht, 
bildet auf den gewöhnlichen Nährböden zähschleimige, glasartige Beläge. 
bact. lactis viscosum macht die Würze fadenziehend und stark sauer. 
Durch Baet. gliserogenum wird Würze nur sehr wenig schleimig, trotz- 

‚dem in allen anderen Nährböden hohe Viskosität auftritt. Durch Dat. 
pitwitosum wird wohl Milch nicht aber auch Bierwürze fadenziehend. 
Hierher gehören auch noch: der etwas fragliche Mierococeus viscosus 
PAstEur und Bae. viscosus I und II van Laer und Dae. viscosus I1I 
VANDAM, von denen im $ 56 des 8. Kapitels die Rede sein wird. 

45 Die Milchsäurebakterien besitzen selten ein größeres Zerstörungs- 
vermögen für gehopfte Bierwürze. Zıxes beobachtete nur Dact. Groten- 
feli Mxzz (= BDac. acidi lactiei I GROTENFELT; Ss. Bd. II, S. 70), Baect. 
lactis aerogenes EscHericH (— Bac. aerogenes Kruse; s. Bd. Il, S. 83 u. £.), 
welche in Würze reichlich Milchsäure bilden und gärungshemmend 

sowirken. A. HEnneBERG (1) gibt bei einigen der von ihm studierten 
Bier-Milchsäurebakterien an, dab sie in gehopfter Würze mehr oder 
weniger kräftige Entwicklung zeigen, so die im $ 55 des 8. Kapitels 

‚noch zu betrachtenden Arten Saccharobacillus pastorianus VAN LAER, 


— 19 — 


Saccharobacillus pastorianus var. Berolinensis HENNEBERG und der mit 
diesem nahezu identische Dacillus fasciformis SCHÖNFELD et RoMMEL. 

Von Kokkenformen wären hier die sogen. Sareinen zu erwähnen, 
auf die im nächsten Kapitel zurückzukommen sein wird. Von diesen 
gedeihen die meisten auch in gehopfter Würze, so Pediococeus 
cerevisiae FRANCKE-LINDNER, Ped. damnosus und Ped. perniciosus Hr. 
CLAUSsEn, Ped. sarcinaeformis REICHARD, Ped. acidi lactici LinDxer, Sar- 
cina aurantiaca FLÜsGE, Sarc. flava DE Bary, Sarc. alba ZIMMERMANN. 
Alle diese Arten haben aber als Würzeschädlinge erst in zweiter Linie 
eine Bedeutung; denn sie kommen neben den kräftigeren Würzebakterien 
kaum zur Geltung. Die Mehrzahl der Milchsäurebakterien, so z. B. der 
Mierococcus acıdi lactici MarPmAnN, kommt in gehopfter Bierwürze auch 
gar nicht fort, sondern nur in Süßwürze. Nichtsdestoweniger treten 
zahlreiche Arten nicht selten als Bierschädlinge auf und werden als 
solche im nächsten Kapitel noch eingehende Würdigung finden. 

Es wird nicht wundernehmen, wenn auch noch andere gärungs- 
erregende Bakterien in Bierwürze auftreten, so z. B. der Micrococcus 
fervitosus WIıcHMAnN et ADAMETZ, welcher Alkoholgärung hervorruft, 
und verschiedene Buttersäurebakterien. Schließlich können noch 
die Essigbakterien erwähnt werden, deren einige auch Bierwürze 
zersetzen, so Bact. industrium und Dact. acetosum HENNEBERG, Termo- 
bacterium aceti ZEIDLER (2), welch letzteres, wie schon sein Name besagt, 
mit echten Würzebakterien viele Aehnlichkeit besitzt. 

Auch gewöhnliche Wasserbakterien rufen unter Umständen in 


Bierwürze Trübungen hervor. Zıkes reiht Bac. albus gasoformans Ta-: 


TAROFF, Dact. coronatum Mez, Bact. reticulare Jorvan, Bact. mucosum non 
hiquefaciens Zıxes dem schon von ADameErz genannten BDae. stolonatus an. 
Gröbere Bedeutung kommt ihnen hier nicht zu. 


$ 485. Biologie der Bierfilter. 


Damit das Bier ausstoßfähig, zum Genusse geeignet sei, muß es: 


vor allem klar sein, welche wichtigste Eigenschaft es durch längeres 
ruhiges Liegen bei schwacher Nachgärung im Lagerkeller erlangt. 
Häufig tritt aber diese Klarheit nicht vollkommen oder nicht rasch ge- 
nug ein, und wir haben schon auf S. 145 das Spänen als ein Hilfs- 


mittel, um die Klärung zu beschleunigen, kennen gelernt. Infolze fehler- a 


hafter Arbeit kann es vorkommen, dab auch das Spänen erfolglos bleibt 
und das Bier, nur weil es trüb ist, nicht konsumfähig erscheint. In 
solchen Fällen wendete man schon vor vielen Jahren die Filtration 
an. welche, seitdem an die Klarheit des Bieres immer höhere Anforde- 
rungen gestellt werden, so allgemeine Verbreitune «efunden hat, dab 
gegenwärtig Bierfilter zur regelrechten Einrichtung der Brauereien ge- 
hören. Denn der Konsument verlangt jetzt nicht allein klares, sondern 
vielmehr „glanzfeines“ Bier, und dieser Glanz ist auch bei sorgfültigster 
Arbeitsweise ohne Filter nicht zu erzielen. 

Die Beschreibung der verschiedenen Systeme von Bierfiltern muß 
der Leser in den Handbüchern über Brauereitechnik nachlesen. Hier 
darf nur kurz darauf hingewiesen werden, daß das erste Bierfilter für 
den Großbetrieb im Jahre 1879 durch Exziınser in Worms am Rhein 
in das Brauwesen eingeführt wurde. Es war den Filterpressen der 


Zuckerfabriken ähnlich eingerichtet; anstatt der Filtertücher waren je» 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. \ 13 


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— 14 — 


doch Scheiben aus besonders hergestellter Pappe in Anwendung, an deren 

Stelle später solche aus Zellulose (Holzzellulose) traten. Das von Stock- 

HEIM in Mannheim gebaute Bierfilter von trommelähnlichem Aussehen ver- 

wendet eine zwischen Siebplatten dicht eingepreßte Schicht von Zellulose, 
sdurch welche hindurch das Bier getrieben wird. 

Durch die Filtration werden feinflockige Ausscheidungen, die sich 
nur sehr langsam absetzen und den Glanz des Bieres beeinträchtigen, 
entfernt. Aber es wird auch der biologische Bestand des Bieres wesent- 
lich verändert; während durch ersteres das Bier gleichsam fürs Auge 

ıo verbessert wird, wird es durch das zweite innerlich verschlechtert. 

S. Roun und H. Wıcnmann (1) haben durch Versuche mit einem 
Stockheim-Bierfilter nachgewiesen, dab sich im filtrierten Biere mehr 
Keime befinden können, als im unfiltrierten vorhanden waren. Die 
Zunahme der absoluten Keimzahl stammt aus der Filtermasse her. Diese 

ısletztere wird, falls sie auch ganz rein, ja sogar steril wäre, durch bio- 
logisch unreines Waschwasser in hohem Grade infiziert oder 
andererseits, falls sie schon gebraucht worden war, ist sie, trotz sorg- 
fältigen Waschens, mit Hefenzellen und noch mehr aber mit Bakterien 
gesättigt. Beim Filtrieren werden hernach die in der Filtermasse sitzenden 

»» Keime herausgewaschen und in das Bier geschlemmt. W. SCHWACKHÖFER (1) 
beobachtete in einer Brauerei, in welcher nur einzelne Lagerfässer vom 
Bacillus Lindneri befallen waren, eine Verbreitung dieser Infektion auf 
das gesunde Bier noch im Transportfasse, indem das gesamte Bier, das 
nach einem infizierten Lagerfasse durch dasselbe Filter lief, ebenfalls 

»sinfiziert wurde und seine Haltbarkeit einbübte. 

F. Larar (1), welcher ein Enzinger-Filter auf seine biologische 
Leistung prüfte, fand, dab das filtrierte Bier besonders mit wilden Hefen 
aneereichert wird, welche, ebenso wie die Bakterien, infolge ihrer ge- 
ringen Größe, leichter als die Kulturhefenzellen das Filter passieren, 

soauch wenn dessen Poren kleiner sein sollten als die Zellen, welche, da 
sie weich und schmiegsam sind, durch den einseitigen Druck hindurch- 
geprebt werden. 

Zur richtigen Durchführung der Filtration ist es notwendig, dab 
der Apparat vor dem Filtrieren mit Wasser gefüllt und anfangs Wasser 

»sdurchgedrückt wird, auf welches erst das Bier folgt. Larar weist nun 
nach, daß auch bei diesem Wässern des Filters der Keimgehalt des 
filtrierten Bieres vermehrt wird, weil die Filtermasse den größten Teil 
der Keime des Wassers (Bakterien) zurückhält und diese dann wieder 
nach und nach in das Bier eingeschlemmt werden. Uebereinstimmend 

somit WIcHMmann stellt Larar (2) fest, daß auch deshalb eine Verschlechte- 
rung des Filtrates eintritt, weil eben durch das Filtrieren das Mengen- 
verhältnis von Hefen (H) zu Bakterien (D) im Filtrate ungünstig ver- 
ändert wird. So war dieses (nach Plattenkulturen auf Würzegelatine) 
auch bei Verwendung von sterilem Wasser zum Wässern im unfiltrierten 

sBier H:B = 57:43, im filtrierten aber H: B—= 25:75. WıIcHMANN 
gibt dieses Verhältnis (nach Plattenkulturen auf Fleischsaftgelatine) im 
unfiltrierten Biere mit 4: B = 32:68, im filtrierten mit 7: b = 9:91 
an, und zwar bei Anwendung von steriler Filtermasse und sterilem 
Waschwasser im sterilisierten Filter. 

50 Haltbarkeitsproben, welche Larar (2) mit filtriertem und 
nichtfiltriertem Biere anstellte, ergaben, dab sich bei 11,3% C das filtrierte 


Bier nach 33 Tagen trübte, wogegen das unfiltrierte noch nach 63 Tagen. 


— 15 -— 


klar geblieben war. Absatz bildete das unfiltrierte Bier naturgemäß 
früher als das filtrierte. 

Aus diesen Versuchen geht hervor, daß die Filtration in vielen 
Fällen Ursache einer ungünstigen biologischen Veränderung des Bieres 
werden kann, weil das filtrierte Bier mit Bakterien und wilden Hefen 
angereichert wird, was wieder zu einer Verminderung der Haltbarkeit 
führt. H. Wir (10) spricht sich deshalb auf Grund dieser und eigener 
Versuche mit Recht gegen die regelmäßige Verwendung von Bierfiltern 
aus und hebt neben der Verminderung der Schaumhältigkeit und Voll- 
mundigkeit noch besonders hervor, daß das Bier durch das Filtrieren 
auch in biologischer Hinsicht verschlechtert wird. 

G. Lurr (4) hat in jüngster Zeit gemeinsam mit BAUER, JakoB und 
REIFEnSTUEL an einem Braun-Filter diese Versuche mit steriler 
Filtermasse wieder aufgenommen. Sie ergeben vorerst, daß in vielen 
Fällen die Zahl der Keime im filtrierten Biere größer ist als im unfil- 
trierten, ferner im filtrierten Biere selbst wieder größer zu Beginn der 
Filtration. kurz nach dem Anlassen, als im weiteren Verlaufe, und daß 
im unfiltrierten Biere fast ausschließlich Kulturhefe vorkommt. welche 
im filtrierten fast ganz fehlt. Das Plus der Keime stammt bei steriler 
Filtermasse aus dem (unvollkommen gereinigten) Filter selbst oder wieder 
aus dem Druckwasser. Bei mehrtägiger, über Nacht unterbrochener 
Filtration werden die tags zuvor abfiltrierten Keime zu Beginn der 
nächsten Periode in das Filtrat hineingeschwemmt, womit auch von Tag 
zu Tag die Keimzahl des filtrierten Bieres steigt, so z. B. am 1. Tag: 


unfiltriert 3700, filtriert 80, am 2. Tag: unfiitriert 2100, filtriert 2900, 


am 3. Tag: unfiltriert 1300, filtriert 11300, aus welcher Reihe sich er- 
gibt, daß das Filter eigentlich nur am ersten Tage richtig arbeitet. 
Auch die Haltbarkeitsproben bei 20° © zeigten, daß das am dritten 
Filtrationstage abgeezogene Bier schlechter war als das unfiltrierte, wenn 


auch das filtrierte Bier vom ersten und zweiten Tag sich länger ohne: 


Satz und Trübung hält als das unfiltrierte. Lurr kommt zu dem Schlusse, 
dab filtriertes Bier haltbarer sei als unfiltriertes, was sich aber wohl 
nur auf sonst gesundes Bier beziehen dürfte, welches frei von bierschäd- 
lichen Sproß- und Spaltpilzen ist. Denn im Gegensatze dazu und in 


Bestätigung der Versuche der Früheren teilt H. Vocer (1) mit, daß Bier- 


proben, welche vor dem Eintreten in das Filter genommen und in Flaschen 
aufbewahrt wurden, viel länger klar bleiben als die dazu zehörieen 
Proben von demselben filtrierten Biere. Auch OÖ. Fürnronr (1) berichtet 
in neuester Zeit, daß sich unfiltriertes Bier aus dem Lagerfaß entnommen 
vier Wochen lang in Flaschen hielt, dasselbe Bier vom Filter aber schon 
nach sechs Tagen umschlug, was er auf eine Luftinfektion der Filter- 
masse zurückführte. 

Das günstige Urteil Lurr's beruht wohl hauptsächlich auf den Fort- 
schritten, welche die Filtertechnik gemacht hat und auf einer sehr sorg- 
fältigen Ausführung der Filtration selbst, was aber im Betriebe noch 
nicht so allgemein geworden ist, als es notwendir wäre Zur Vorsicht 
mahnen jedenfalls die bestätigten Beobachtungen, daß filtriertes Bier 
meist mehr Keime enthält als das unfiltrierte, und daß die durchgehenden 
Keime nahezu ausschließlich wilden Hefen und Bakterien angehören. 


Namentlich in letzterer Tatsache ist das Mißtrauen, welches man gegen » 


das Filtrieren noch vielfach hegt, nur zu gut begründet. 


02 


10 


15 


v 


20 


iv 
w 


> 


w 
= 


— 1% — 


$ 49. Biologie des Pasteurisierens der Biere. 


In einzelnen Fällen, z. B. bei Flaschenbieren für den überseeischen 
Export, wird an das Bier die Anforderung fast unbegrenzter Haltbarkeit 
gestellt, welcher auch bei besten Materialien und sorgfältigster Arbeits- 

sweise nicht entsprochen werden kann. Nachdem durch Filtrieren ein 
vollkommen haltbares Bier nicht zu erzielen ist, ja die Haltbarkeit eher 
herabgesetzt wird, greift der Brauer zu einem vielfach angewendeten 
Hilfsmittel, um durch Erwärmen die den Glanz und die Klarheit des 
Bieres gefährdende Entwicklung von Mikroben zu unterdrücken, nämlich 

ızu dem sogen. Pasteurisieren (vgl. $ 122 d. 21. Kap. d. 1. Bds.). Bis- 
her wird das Pasteurisieren nur mit Flaschenbieren durchgeführt, ob- 
wohl in neuerer Zeit sich die Versuche mehren, auch Bier im Transport- 
fasse selbst zu pasteurisieren, leider bisher nur mit wenig Erfolg. 

Beim Pasteurisieren des Bieres sind einige Momente wirksam, welche 

ıs beim Pasteurisieren des Weines, der Milch oder des Obstes nicht zur 
Geltung kommen. Die Erwärmung des Bieres findet in geschlossenen 
Gefäßen unter Druck statt und der Erfolg wird durch den Alkohol, 
die Kohlensäure und den (Milch-)Säuregehalt, sowie durch den Extrakt 
des Bieres beeinflußt. Dieser spielt insofern eine wichtige Rolle, als 

»eine Reihe von unliebsamen Begleiterscheinungen auf seine eigenartige 
Zusammensetzung zurückzuführen ist. 

Die Pasteurisiertemperatur, wie sie gegenwärtig in der 
Praxis angewendet wird, übersteigt erbeblich die von PAstEur für Wein 
angegebenen 50—55" C und kann in der Regel mit 70° angenommen 

>; werden, welche Temperatur man eine halbe Stunde einwirken läßt. Auf 
die Zeit, auf die Einwirkungsdauer kommt es wesentlich an: je niederer 
die Temperatur ist, desto länger muß sie einwirken, und rascheres 
Pasteurisieren verlangt höheren Temperaturgrad. Die Angaben sind 
daher ungleich, so bei TuAausına 50° durch anderthalb bis zwei Stunden, 
30J. ©. Lintner zwei Stunden bei 50—60° und €. F. GABEL (1) 69—70° 
durch eine Stunde. Als Grundsatz kann aber gelten: die Höhe der an- 
zuwendenden Pasteurisiertemperatur richtet sich ganz nach dem zu er- 
reichenden Zwecke, weshalb am besten die Pasteurisiertemperatur für 
jeden einzelnen Fall durch Vorversuche ermittelt wird. Die Pasteurisier- 
sstechnik stützt sich eigentlich nur auf solche praktische Versuche, da 
wissenschaftliche Versuche in dieser Beziehung kaum gemacht worden 
sind. Bei Wein hatte ©. Scuuzze (1) festgestellt, daß die Hefe in jenem 
bei 45" nach einer Einwirkung von zwei Stunden abgestorben ist; im 
Moste verträgt sie 50° durch sechs Stunden, während sie bei 60° schon 
aoin einer halben Stunde getötet ist. Ferner sehen wir aus den Versuchen 
T. W. Turuvo’s (1), daß Brauereihefe in Wasser und Zuckerlösung schon 
bei 52° sehr rasch abstirbt; fünf Minuten langes Erhitzen verträgt sie 
nur bei 51°. Brennereihefe und Saccharomyces ellipsoideus II halten sich 
noch bei 54°, während andere wilde Hefen, wie Sacch. Pastorianus III, 
sschon bei 49°, Sacch. anomalus bei 51° zugrunde gehen. Für Bakterien 
des Weines oder Bieres fehlen solche Untersuchungen und wir können 
nur aus den Versuchen Is. van GEuns’ (1) ersehen, daß fast sämtliche 
Spaltpilze durch kurzes Verweilen (eine und eine halbe Minute) bei 80° 
getötet oder doch stark abzeschwächt werden, allerdings aber in Nähr- 
so gelatine. Die Pasteurisiertemperatur muß daher besonders mit Rück- 
sicht auf die Bakterien höher gewählt werden als dies für die Hefe 


— 11 — 


nötig wäre, doch genügt in der Regel ein halbstündiges Aushalten 
von 70° © für die Zwecke der Praxis. 

Es ist als ein seltener Fall zu bezeichnen, wenn so pasteurisiertes 
Bier eine Verderbnis durch Mikroben zeigt, welche nur dann eintritt, 
falls ungleiche Erwärmung der Flasche "im Pasteurisierapparate oder 5 
nachträglich Infektion stattgefunden hat. "So beobachtete ©. BLeisc# (1) 
Bakterientrübung infolge schlechter Korke, in deren Poren sich häufig 
auch Schimmel findet. Pasteurisierte Biere erweisen sich in der Regel 
auch bei eingehender biologischer Untersuchung frei von lebenden Sprob- 
und Spaltpilzen, und es finden sich in den Kulturen höchstens noch un- ıo 
vollkommene Mycelien höherer Pilze, welche im Biere aber nicht ent- 
wicklungsfähig sind. So pasteurisierte Biere sind daher praktisch keimfrei. 

Dagegen machen sich in pasteurisierten Bieren Veränderungen 
anderer Art unangenehm bemerkbar. Vor allem stellt sich ein eigentüm- 
licher Kochgeschmack, der sogen. Brotgeschmack oder Pasteurisier-ıs 
geschmack, ein, welcher um so auffälliger ist, je länger und höher 
pasteurisiert wurde. Seine eigentliche Ursache ist nicht bekannt, doch 
kann er durch diskontinuierliches Pasteurisieren bei niederer Temperatur 
vermieden werden. Noch mißlicher ist eine zweite Veränderung: in 
pasteurisierten Bieren tritt fast stets eine feine Trübung und Absatz-2o 
bildung ein. H. Wırz (4) hat diese Ausscheidungen eingehend be- 
schrieben, welche alle auf Eiweißsubstanzen zurückzuführen sind. Sie 
können vermieden werden, wenn schon bei der Bereitung des Malzes 
und der Erzeugung des Bieres Rücksicht auf den Endzweck genommen 
wird, da die Hauptursache in der Zusammensetzung des Bieres gelegen 35 
ist; manche Sorten zeigen starke, manche schwache Pasteurisiertrübung. 
Auch die Farbe des Bieres erleidet durch das Pasteurisieren eine 
Veränderung, das Bier färbt nach; als Seltenheit wurde auch eine rote 
Verfärbung beobachtet. 

Wenn wir schließlich die Veränderung, welche der biologische Be- so 
stand des Bieres durch das Pasteurisieren erfährt, besprechen, so können 
wir uns sehr kurz fassen, da lebensfähige Zellen von Organismen, wie 
schon erwähnt, nur vereinzelt vorkommen und Arten angehören, die 
keine praktische Bedeutung haben. Unter dem Mikroskope zeigen die 
Hefenzellen die Einwirkung der höheren Temperatur in verschiedenem » 
Maße je nach dem Hitzegrade, welcher zur Anwendung kam. Manchmal 
ist das Plasma wie eeronnen oder zeigt doch das Aussehen jenes der 
toten Zellen; meist sind die Zellen selbst nicht prall sondern mehr oder 
weniger geschrumpft. In anderen Fällen aber ist kaum ein Unterschied 
gegenüber dem gewöhnlichen Aussehen der in Bierabsätzen sich vor-«o 
findenden Zellen zu bemerken, und nur der Mangel jeder sprossenden 
Zelle läbt auf pasteurisiertes Bier schließen. Die Bakterien lassen 
höchstens durch stärkere Lichtbrechung die Wirkung des Pasteurisierens 
erkennen. 


Literatur 
zum Kapitel Betriebskontrolle. 


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*Will, Hermann, (1) Z. f. d. ges. Brauwesen, 1893, Bd. oe S. 151. — (2) Ehbenda, 
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Bd. 25, S. 113. — (5) Ebenda, 1903, Bd. 26, S. 865. — (6) benda, 1904, Bd. 27, 8. 521. 
— (7) Brauerkalender für 1905, S. 10. — (8) Z. f. d. ges. Brauwesen, 1894, "Ba. 17, 
S. 187; 1897, Bd. 20, S. 77. — (9) Ebenda, 1894, Bd. 17, S. 315. — (10) Ebenda, 1896, 
Ba. 19, 8. 616. — (11) Ebenda, 1901, Bd. 24, S. 289. Ele ‚Ebenda, S. 745. — (13) Ebenda, 
1902, Bd. 25, S. 708, *Will, H., und Braun, R (1) ges. Brauwesen, 1904, 
Bd. 27, S. 521. *Wood-Smith, R. F., (1) J. federated Er ee 1898, Bd. 4, S. 
115. * Zeidler, A, (LEW. E Brauerei, 18%, Bd. 7, S. 1213. — (2) Centralbl. f. Bakt., 
2. Abt., 1896, Bd. 2, S. 729. *Zikes, Heinr. ‚(1 Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., 1904, Bd. 13, 
a Fein Mitt. d. Oesterr. Versuchsstation f. Brauerei u. Mälzerei in Wien, 1903, 


— 19 — 


8. Kapitel. 
Bierkrankheiten. 
Von 


JuST. CHR. HoLm, Au». ReicHArp, Prof. Dr. H. Wırı.') 


$ 50. Einleitung. Hefentrübung; Geruchs- und Geschmacksstörungen 
in untergärigen Bieren durch wilde Hefen. 


Unter Krankheiten verstehen wir hier die unangenehmen Verände- 
rungen, welche ein Bier infolge des Eingreifens von Mikroorganismen 
erleiden kann. CHartTarL (1) mag wohl der erste gewesen sein, welcher 
den Ausdruck „Krankheit“ — und zwar nicht von Bier sondern von 
Wein — gebraucht hat, wie er auch in dieser Beziehung von einer 
„Vegetation“ spricht. Man darf jedoch auf diese Aeußerungen nicht viel 
Gewicht legen; sie haben auch keinen merklichen Einfluß auf den Gang 
der Forschung gehabt. Erst bei Baızn (1) findet man eine Andeutung 
darüber, daß einige der Alkoholgärungspilze möglicherweise selbst auch 
als Krankheitserreger auftreten können; über Versuche wird jedoch noch 
nichts berichtet. Dasselbe ist bei Reess (1) der Fall, welcher auf die 
Möglichkeit hinweist, daß das Wechseln der Hefe, damals ein in Braue- 
reien übliches Verfahren, etwa darin begründet sein könnte, daß die 
Hefe von verschiedenen, in den Lokalen befindlichen Pilzen verunreinigt 
werde, und daß letztere während ihres Wachstums in schädigender 
Weise in die Wirksamkeit der Hefe eingreifen. Auch spricht er die 
Vermutung aus, dab neben Saccharomyces cerevisiae zugleich Alkohol- 


gärungspilze, welche schädliche Gärungen bewirken, auftreten können.» 


Auch Horzser (1) und €. Lintser (1) geben Mitteilungen über Krank- 
heiten im Biere, die durch Alkoholgärungspilze hervorgerufen werden, 
auf die wir bei Besprechung der Flughefe zurückkommen werden. Später 
war die allgemeine Auffassung eine andere geworden: es seien nicht 


fremde Arten, welche von außen her in die Brauereihefe eindrangen um » 


hier mit dieser in Konkurrenz zu treten, sondern vielmehr eine Aus- 
artung -der Brauereihefe selbst unter verschiedenen Ernährungsbedin- 
gungen. Solche Auffassungen, welche besonders von CIENKOWSKI (1) und 
Harz (1) ausgesprochen wurden, indem sie meinten, daß die Hefenzellen 


einer grenzenlosen und schnellen Variation unterworfen wären, und daß: 


es keine bestimmten Saccharomyces-Arten gab, mußten ja zu der ganz 
natürlichen Schlußfolgerung führen, dab es auch keine Krankheitshefen 
gäbe. Dies alles waren noch immer nur Diskussionen; exakte Versuche 
wurden nicht gemacht, weder von den obengenannten Forschern noch 
von Pasteur (1), welcher im Jahre 1876 auch die Frage über die Bier- 
krankheiten, die durch Alkoholgärungspilze verursacht werden, diskutiert, 
') Es sind eingelaufen: 
HH 50—58 von H. Jusw, Cr. How, Laboratoriumsvorstand in Kopenhagen, am 7. 8. 1909, 
8-6 „ „ Aus. Reıcnanp, Vorstand des Betriebslaboratoriums der Spatenbrauerei 
in München, am 8. 8. 1905, 
8 62 von H. Prof. Dr. H. Wir in München am 22. 8. 1908. 


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— 200 — 


obwohl in dieser Richtung vornehmlich die Bakterien seine Aufmerksam- 
keit in Anspruch genommen haben. In der Hefenfrage bewegt er sich 
zwischen den einander entgegengesetzten Auffassungen seiner Vorgänger, 
ohne ein wirkliches Resultat zu erreichen. Wie bekannt, gibt PastEur 
;sauch kein Mittel an, wie man aus einer unreinen Stellhefe eine reine 
bekommen kann; sein Verfahren zur Reinzüchtung oder vielmehr Reinigung 
der Hefe zielt ja nur darauf ab, die Bakterien zu töten (vergl. S. 75). 
So wenig Verständnis für den Kernpunkt dieser wichtigen Frage herrschte 
noch im Jahre 1876. C. Lister (2), welcher seine frühere Auffassung 
ı<zeändert hat, ist im Jahre 1850 nun der Meinung, dab die unregel- 


mäßigen Gärungen und die fehlerhaften Biere — er spricht besonders 
von Hefentrübungen — teils vom schlechten Malz herrühren, teils aber 


auch darin ihre Ursache haben, daß die Brauer mit einer ungenügenden 
Menge Hefe ihre Würze anstellen, und daß sie die Gärung bei einer zu 
ıs niedrigen Temperatur führen. Es sind also jetzt die Ernährungsver- 
hältnisse, unter welchen die Brauereihefe sich befindet, welche die Krank- 
heiten hervorrufen sollen. Die Diskussionen über die Ausartung und 
Umbildung der Hefe treten wieder in den Vordergrund, und die Forscher, 
welche sich dieser Meinung anschließen — außer Lintner besonders 
20 HOLZNER, DELBRÜCK und Haypuck — stützen sich auf die von NÄGELI 
(1) im Jahre 1879 aufgestellten physiologischen Theorien. Man hatte 
sich jetzt von der Lehre über bestimmte Arten vollständige entfernt. 
Das Experiment war auf diesem Gebiete noch nicht eineeführt worden. 
Durch die Untersuchungen Hansen’s (5) in den Jahren 1882 und 
51883 sind wir zu einem Wendepunkt gekommen. In wenigen Zeilen hat 
ALFRED .JÖRGENSEN (2) die folgende Charakteristik davon vegeben: „Der 
erste Schritt zum wirklichen Verständnis der Zusammensetzung der 
Hefe wurde gemacht, als Hansen im Jahre 1883 die verschiedenen Hefen- 
arten in absolut reinen Kulturen darstellte und experimentell nachwies, 
sodaß es nicht nur verschiedene Arten von dem sogenannten Saccharomyces 
cerevisiae, von Sacch. Pastorianus, von Sacch. ellipsoideus usw. gibt, sondern 
daß in der Hefe, wie sie in der Praxis verwendet wird, Hefenarten, 
welche Krankheiten im Biere erregen, sich befinden. Von den unter 
dem Namen Sacch. cerevisiae zusammengefabten Bierhefen zeigte Hansen 
»auberdem, dab sie Gärunesprodukte verschiedener Beschaffenheit geben, 
und dab eine einzige Hefenart imstande ist, die ganze Gärung, 
Nachgärung wie Hauptgür ung, durchzuführen.“ Es bot sich bald eine 
Gelegenheit dar, Hansen s Methoden in der eroben Praxis zu prüfen. 
Zwei grobe Brauereien in eg Tuborg und Alt-Carlsberg, wurden 
sin den Jahren 1881—1883 von gefährlichen Bierkrankheiten heimgesucht, 
und zwar war das Bier in der ersteren Brauerei hefentrüb geworden, 
während es in der letzteren einen sehr unangenehmen bitteren Geschmack 
angenommen hatte. Die Betriebshefe dieser Brauereien wurde in ihre 
Bestandteile zerlegt, Reinkulturen wurden dargestellt und Gärungsver- 
ssuche ausgeführt, teils mit jeder Art für sich, teils mit Mischungen von 
denselben, um die gute Brauereihefe von den Krankheitshefen unter- 
scheiden und die Wirkung dieser letzteren auf die Biere genau studieren 
zu können. Das erhaltene Resultat ginge dahin, daß die oben erwähnten 
Krankheiten durch Hefenarten hervorgerufen waren, welche von den 
so Kulturhefen, von denen jede für sich allein gutes Bier gab, total ver- 
schieden waren. Es war also jetzt zum ersten Mal durch exakte Ver- 
suche festgestellt worden, dab die zwei häufigen Bierkrankheiten, Trübung 
und unangenehmer bitterer Geschmack, durch besondere Spezies von 


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— 201 — 


Saccharomyceten („Krankheitshefen“) hervorgerufen werden. Wir werden 
nun diese Krankheiten etwas näher betrachten. 

Die Hefentrübung wird von Haxsen (7) in folgender Weise be- 
schrieben: „Gleich nach dem Abziehen des’ angeeriffenen Bieres in den 
kalten Lagerkellern nach Schluß der Lagerung war dasselbe klar und 
scheinbar fehlerfrei; nachdem es aber in den Fässern oder Flaschen, in 
welche es abgezogen war, einige wenige Tage einer höheren Temperatur 
als der des Lagerkellers ausgesetzt war, z. B. nur gewöhnlicher Zimmer- 
wärme, so bildete sich ein mehr oder weniger reichlicher Hefenbodensatz, 
der bei einer auch nur ziemlich geringen Bewegung der Flüssigkeit 
diese trübte. Bei starker Entwicklung der Krankheit wurde das davon 
ergriffene Bier bereits ein paar Tage nach dem Abzapfen so hefentrüb, 
dab es ganz und gar untrinkbar wurde.“ Das Bier ist also auf den 
Lagerfässern vollkommen klar, und es ist auf die während des Abzapfens 
auf kleine Fässer oder Flaschen bewirkte Lüftung und auf die später 
eintretende höhere Temperatur zurückzuführen, wenn die im Biere vor- 
handenen wilden Hefen dann zu starker Vermehrung gelangen. Diese 
Zellen bilden einen sehr locker liegenden Hefenbodensatz. Daß man 
hier mit wilder Hefe zu tun hat, darüber wird eine gewöhnliche Gips- 
block-Kultur mit Hefenzellen direkt vom Bodensatz genommen uns leicht 
überzeugen können. 

Es war, wie oben gesagt, in dem Tuborger Bier, in welchem HaxsEn 
diese Krankheit zuerst ausfindig machte, und es gelang ihm, aus der 
Betriebshefe dieser Brauerei nicht weniger als zwei verschiedene wilde 


Hefenarten abzuscheiden, von welchen jede für sich imstande ist, die: 


obengenannte Krankheit hervorzurufen. Es sind die zwei in der Literatur 
unter den Namen sSaccharomyces Pastorianus III und Saccharomyces 
ellipsoideus II wohlbekannten und im 9. Kapitel des IV. Bandes genauer 
gekennzeichneten Arten; von diesen ist die letztere die am meisten ge- 


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fährliche. Durch die umfassenden Untersuchungen Hansen’s (11), welche so 


darauf abzielten, Klarheit darüber zu bekommen, in wie großer Menge 
die Krankheitshefe in der Stellhefe vorhanden sein muß, um die Krank- 
heit hervortreten zu lassen, und welchen Einfluß eine geringere oder 
stärkere Attenuation in der Haupteärung sowie eine kürzere oder längere 


Zeit der Lagerung ausüben würde, wurden foleende Resultate erreicht s 


(die Versuche sind alle unter Brauereiverhältnissen in besondern Gär- 
und Lagerkellern gemacht worden. Die Krankheit kann ein- 
treten, wenn Sacch. Past. LII oder Sacch. ellipsoideus II nur ',, der 
Anstellhefe beträgt, aber nur, wenn das Bier mit einem Extrakt- 
gehalte von wenigstens 7,5 Proz. Balline in den Lagerkeller gebracht 
wurde, und wenn die Lagerung unter diesen Verhältnissen nach 2", 
Monaten unterbrochen wurde. Wurde die Gärung dageren im Gärkeller 
weiter fortgeführt, so daß der Extraktgehalt auf 6,7 Proz. Ball. herunter- 
ging, und lagerte man dieses Bier wenigstens 3 Monate lang, so zeigte 


sich die Krankheit nicht mehr. Es zeigte sich außerdem durch die « 


vielen Veı une Hansen’s, dab die beiden Krankheitshefen die 
Krankheit nicht hervorrufen, wenn sie erstam Ende der 
ee elrnne dem Biere zugefügt werden. Wenn das Bier 
erst nach beendigter Lagerung mit den beiden Arten in Berührung 


kommt, also in den kleinen Fässern und in den Flaschen, war das Re-: 


sultat das folgende: Erstens zeigte sich, wie auch bei den oben er- 
wähnten Versuchen, der Sacch. ellipsoideus II als der kräftigere von 
beiden Krankheitshefen. Ferner war die Wirkung der Infektion eine 


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— 202 — 


bedeutendere, wenn sie mit jungen, kräftigen Zellen, als wenn sie mit 
der einer langwierigen Gärung entstammenden Vegetation (Zellen von 
Faßgeläger) vorgenommen wurde Damit Sacch. Past. III sich unter 
diesen Verhältnissen geltend machen konnte, mußten so große Mengen 

5sdavon zugegeben werden, wie sie wohl kaum in der Praxis vorkommen. 
Die andere Art, Sacch. ellipsoideus II, verhielt sich etwas anders. Wenn 
die zur Infektion angewendete dünnflüssige Hefe aus jungen Zellen be- 
stand, war es hinreichend, einen Tropfen davon in jede Flasche zu 
bringen, um zu bewirken, daß das Bier nach 14 Tagen hefentrüb wurde. 

ıoDiese Art wird sonach auch in diesem Punkte in der Praxis Störungen 
hervorrufen können. 

Eine starke Lüftung des Bieres während des Abziehens, sowie 
mangelhafter Verschluß der Flaschen fördert die Entwicklung wilder 
Hefenzellen. Schwach vergorenes und an Extrakt reiches Bier ist denn 

sauch der Ansteckung mehr ausgesetzt als andere Biere. 

Während diese Hefen Trübungen hervorrufen, und zwar besonders 
dann. wenn sie schon in der Anstellhefe vorhanden sind, geben sie dem 
Biere keinen unangenehmen Geschmack und Geruch. Diese Arten sind 
nicht nur (von Hansen) in dänischen Brauereien, sondern auch sowohl 

soin französischen (von KoxosınskI) wie in amerikanischen Brauereien 
(von LascH£) beobachtet worden. Hefen, die sowohl Trübung wie 
schlechten Geschmack geben, sind z. B. von Wırn gefunden worden und 
sollen später erwähnt werden. Unter gewissen Verhältnissen kann auch 
Sacch. Past. I Hefentrübung verursachen. 

25 Unangenehmer Geschmack und Geruch treten nicht nur in dem 
fertig gelagerten Biere, sondern auch schon in der gärenden Würze am 
Ende der Hauptgärung auf. Als Erreger dieser Krankheit hat Hansex (11) 
den Saccharomyces Pastorianus I, welcher seinerzeit in dem Üarlsberg- 
Bier auftrat, nachgewiesen. Nach seinen Versuchen tritt die Krank- 

heit nur dann auf, wenn die Infektion am Anfang der 
Hauptgärung stattfindet. Wenn ein Fünftel der Stellhefe aus 
Sacch. Past. I bestand, trat die Krankheit in ausgeprägtem Grade auf; 
wenn diese Hefenart ein Zweiundzwanzigstel der Stellhefe betrug, konnte 
sie nur noch eben verspürt werden. Wenn die Infektion erst in den 

ss Lagerfässern oder am Ende der Lagerung im fertigen Biere erfolgt, 
bleibt sie wirkungslos, wenn nicht verhältnismäßig große Mengen zu- 
gegeben werden. Nicht nur auf den Geschmack und Geruch, sondern 
auch auf die Haltbarkeit des Bieres kann Sacch. Past. I in schädlicher 
Weise einwirken, sogar in kleiner Gabe (ein Zweiundzwanzigstel der 

40 Anstellhefe,. Auch eine Benachteiligung der Klärung am Ende der 
Hauptgärung ist bemerkt worden. Unter den Forschern, die später sich 
mit diesen Fragen beschäftigt haben, ist GröntLunn (1) zu erwähnen, 
welcher die letztgenannte Art in einem anderen dänischen Lagerbier 
nachgewiesen hat, wo sie ganz ähnliche Krankheitserscheinungen hervor- 

srief. Wırv (2) beschreibt zwei wilde Hefenarten, die er aus kranken 
Bieren isoliert hat. Die eine gibt dem Biere einen eigentümlichen süb- 
lichen nachher bitteren kratzenden Geschmack. Selbst bei Gegenwart 
von nur sehr geringen Mengen (0,1 Proz.) in der Stellhefe war das Bier 
bei 4—5° Ü öfters noch nach 2 Monaten durch die wilde Hefe getrübt. 

5o Diese Hefe hat eine starke Gärungsenergie und Vermehrung und ist die 
gefährlichere von den beiden. Die andere gibt einen süßlichen met- 
artigen und unangenehm aromatischen Geschmack; der Nachgeschmack 
ist ungemein bitter, herb und adstringierend. Der Geruch ist aromatisch 


— 208 — 


wie nach fauligem Obst. Bei Beimengungen von ca. 29 Proz. der wilden 
Hefe war der Geschmack sehr stark ausgeprägt und konnte auch bei 
ca. 5 Proz. noch immer erkannt werden. Die Hefe verursacht eine Ver- 
färbung des Bieres, es wird heller und bekommt ein fuchsiges Aussehen. 

Mitteilungen über wilde Hefenarten, welche eine Verringerung der 
"Haltbarkeit und zugleich einen üblen Geschmack des Bieres bewirken, 
sind auch von KRIEGER in der Brauerei-Station in New-York und von 
Lasca# in der Brauerei-Station in Chicago gemacht worden. Wınpısch (1) 
hat mit einer wilden Hefe aus der Gruppe Sacch. Pastorianus Versuche 
gemacht: die mit dieser Art infizierten Biere wurden nicht blank und 
hatten einen unangenehmen bitteren Geschmack mit Kratzendem Nach- 
‚geschmack. 

Bisher wurde die Gegenwart von wilden Hefen wesentlich unter 
dem Gesichtspunkte betrachtet. dab sie Geschmacksveränderungen und 
Trübungen im Biere verursachen können. Die nachfolgenden Versuche 
von C. BEckeEr (1) ergeben genügende Anhaltspunkte, die Gegenwart 
von wilden Hefen bei Betriebsstörungen auch von dem Gesichtspunkte 
aus zu beurteilen, daß einzelne Arten unter Umständen nicht nur bei 
abnormen Gärungen in Betracht zu ziehen sind, sondern daß durch die 


gleichzeitige Gegenwart mehrerer Arten und deren Zusammenwirken mit 


Kulturhefe der Gärungsvorgang wesentlich beeinflußt werden kann. 
Eine Brauerei klagte über hohe Vergärung wie auch darüber, daß sie 
ihr Bier nicht spunden könne, und dab es im Lagerkeller gegen geringe 
Temperaturschwankungen sehr empfindlich sei. Sobald die Temperatur 


etwas stieg, trat Nachgärung ein. Die Untersuchung ergab als Resultat: 


viel wilde Hefe und zwar zwei verschiedene Arten. Da angenommen 
werden konnte, dab die Nachgärung davon herrühren könne, dab die 
wilden Hefen dextrinvergärend seien, wurden in dieser Hinsicht Ver- 
suche gemacht. Das Resultat war aber ein negatives. Ferner wurden 


Versuche angestellt, um den Vergärungsgrad der wilden Hefen im Ver-: 


gleich mit bekannten Kulturhefen festzustellen und um eine eventuell 
durch die wilden Hefen hervorgerufene Geschmacks- und Farbenver- 
änderung, sowie Trübung zu konstatieren. Es zeigte sich, daß die beiden 
wilden Hefen einen ziemlich niedrigen Vereärungsgrad hatten 
und dem Biere einen etwas bitteren, faden Geschmack erteilten, dagegen 
wurde die Farbe nicht beeinträchtigt, und die Biere waren blank. Ver- 
suche, um das Zusammenwirken der Kulturhefe (Reinkultur) mit den 
wilden Hefen zu studieren, gaben folgende Resultate. Kolben mit Kultur- 
hefe und 1 Proz. (bezw. 2 Proz.) von einer der wilden Hefen oder beiden 
vermischt, zeigten die merkwürdige Erscheinung, daß die Angärung viel 
heftiger verlief, und daß die Gärung länger andauerte als in den Kolben, 
die nur mit Kulturhefe geimpft waren. Wurde die wilde Hefe erst 
nach der Hauptgärung zugesetzt, so fiel die Gärung nicht stürmisch aus, 
sondern dauerte länger (11 Tage) als in den Kolben mit der Kulturhefe 


allein (7 Tage). Die Vergärung war überall, wo 1 Proz. wilde Hefe zu- « 


gesetzt worden war, eine erößere. Die Haltbarkeit war überall eine 
ute; wo wilde Hefe vorhanden war, zeigte sich der bittere Geschmack. 
s scheint, als ob diese wilden Hefen, wenn sie in einem bestimmten 
Verhältnis und gleichzeitir mit der Kulturhefe tätir sind, auf diese 


letztere anregend wirken, ihr gewissermaßen als Reizmittel dienen. Um; 


zu erfalıren, ob bei T’emperaturschwankungen eine Nachgärung eintreten 
werde, wurden Gärungen bei 6° vorgenommen, und die Biere nach der 
Gärung in eine höhere Temperatur gebracht. In sämtlichen Proben, mit 


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Ausnahme derer, in welchen sich das Bier von der reinen Kulturhefe 
befand, trat Nacheärung ein. Also im ganzen ähnliche Erscheinungen, - 
wie sie in der Praxis auftraten. C. Bueiscn hat in einer anderen 
Brauerei einen gleichen, wenn auch nicht so scharf ausgeprägten Fall 
sdes Einflusses wilder Hefen auf die Gärung beobachtet, so daß der er- 
wähnte Fall nicht vereinzelt im praktischen Betriebe vorzukommen scheint. 
Dem Ausdruck Flughefe wird man schon früh in der zymotech- 
nischen Literatur begegnen können. Die Brauer verstanden darunter 
kleine, leichte Zellen, die nur mit Schwierigkeit sich zu Boden setzen 
ıwund längere Zeit sich im Biere schwebend halten und dies trübe machen. 
Schon HoLzZxeEr (1) und C. Lixtser (1) fanden in Bieren, die hefentrüb 
geworden waren, zahlreiche kleine Hefenzellen, die sie für die von Reess (1) 
beschriebene Art (Saccharomyces exiguus) hielten. Und Esser (1) unter- 
suchte eine Bierkrankheit bei dem Brauer Gruber in Straßburg, fand 
ıs kleine Hefenzellen und betrachtete sie als die Ursache der Krankheit. 
In den folgenden Jahren findet man in den Brauerei-Zeitschriften immer 
wieder Klagen über Störungen in der Gärung und über Verluste und 
Schwierigkeiten u Krankheiten im Biere, und fast immer wird dann, 
z. B. von Lintser (2), als Erreger dieser Kalamität die unangenehme 
20 „Flughefe“, Sacch. a erW ähnt. Diese Theorien werden aber wieder 
aufgegeben, und man wendet sich, wie früher gesagt, gegen die Er- 
nährungsverhältnisse als die vermuteten eigentlichen Ursachen der Bier- 
krankheit. Es war nun die Brauereihefe selbst, welche einer Umbildung 
unterworfen wurde und dadurch in Flughefe verwandelt werden sollte. 
» Es waren damals nur mikroskopische Untersuchungen und allgemeine 
Betrachtungen, auf welche man sich stützte; Experimente wurden gar 
nicht gemacht. Die Frage über Sacch. exiguus und dessen Auftreten in 
kranken Bieren wurde erst von Hansen (11) zum Gegenstand einer 
experimentellen Untersuchung gemacht. Das Resultat war, dab sogar 
soeine starke Zugabe von Sacch. exiguus E. Ch. Hansen am Anfang der 
Hauptgärung, am Schluß derselben oder am Schluß der Lagerung keine 
Krankheitserscheinungen im Lagerbier hervorruft. Es ist natürlich 
nicht möglich zu "entscheiden, was es eigentlich für Hefenzellen gewesen 
sind, an welche man in der Periode, in welcher Sacch. exiguus REESS 
seine so große Rolle spielte, gedacht hat. Seitdem man aber die Bier- 
' krankheiten einer experimentellen Behandlung unterzogen hat, ist von 
dieser Hefenart nicht mehr die Rede gewesen. 


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$ 5l. Durch wilde Hefen in obergärigen Bieren hervorgerufene 
Krankheiten; Summereloud, Burton Stench. . 


40 In den Ländern, in welchen eine längere Gärung sowie Lagerung 
des obergärigen Bieres nicht stattfindet, wird kaum davon die Rede 
sein, daß Krankheitshefen sich entwickeln können, und die groben An- 
sprüche an Geschmack und Aussehen, die in einem so hohen Grade 
sich geltend machen, wenn von untergärigen Bieren die Rede ist, werden 

shier nicht gemacht. In den Ländern dagegen, in denen das obergärige 
Sa einer wirklichen Nachgärung und Lagerung ausgesetzt wird, wie 

B. in England und Holland, spielen, wenn von Störungen im Betriebe 
Sie Rede ist, die wilden Hefen sicher eine ebenso große Rolle wie in 
den untergärigen Brauereien. 

50 H. van Laer (3) bespricht die fehlerhaften Nachgärungen ober- 


er 


— 205 — 


gäriger Biere in England, wobei entweder heftige Gärung statt der nor- 
malen langsamen Nachgärung eintritt, und das Bier trübe erscheint, 
oder erst langsame und dann heftige Gärung einsetzt und das Bier 
wolkig aussieht, oder endlich das Bild nur Hefentrübung ohne heftige 
Gärung zeigt. Im ersten Falle findet man leicht elliptische oder ge- 
streckte, sich pulverig absetzende Hefen, im zweiten solche von ver- 
schiedener Form. Schließlich klärt sich das kranke Bier von selbst. Er 
nennt diese Hefen „fremde Hefen“, und hier muß wohl von einer Krank- 
‚heit durch wilde Hefen die Rede sein. ALFRED JÖRGENSEN (3) hat in 
einem englischen obergärigen Biere, welches trüb (fretty) geworden war, ıo 
eine sehr kräftige Vegetation einer zu der Gruppe Saccharomyces ano- 
malus gehörenden Art gefunden; diese hatte sich im Bier (Ale) so stark 
entwickelt, daß jede andere Hefe vollständig zurückgedrängt war. Die- 
selbe trat deutlich als biertrübende Hefe auf. Cmarman (1) teilt mit, daß 
den Untersuchungen zufolge, welche er in England gemacht hat, Krank- 
heiten in Bieren durch wilde Hefen hervorgerufen, viel häufiger sind, 
als man glaubt; und er bemerkt, dab viele der schlechten Resultate, 
welche in Brauereien oftmals erreicht und auf andere Ursachen zurück- 
geführt wurden, in der Tat einer oder vielleicht mehreren krankheits- 
erregenden Spezies zu verdanken waren. So ist seiner Meinung nach » 
der unter dem Namen Yeast-bite allgemein bekannte bittere Ge- 
schmack in mehreren Fällen die Folge einer Infektion mit Saccharomyces 
Pastorianus I oder ähnlichen wilden Hefenarten. In zwei alten Brauereien, 
und zwar eine in London und eine auf dem Lande, in welchen das 
Bier einen intensiven bitteren Geschmack bekommen hatte, ist es ihma 
gelungen, nachdem er die wilde Hefe isoliert hatte, durch zahlreiche 
exakte Versuche nachzuweisen, daß man hier mit Saccharomyces Pasto- 
rianus I zu tun hatte. 

In Australien tritt in den obergärigen Bieren eine Krankheit auf, 
welche Summer-cloud genannt wird und sich dadurch kund gibt, so 
daß das Bier trübe wird und einen säuerlich-bitteren Geschmack an- 
nimmt. Die Krankheit wird als eine der größten Fatalitäten in den 
Brauereien jenes Weltteiles erwähnt. Dr Bavary (1) in Melbourne hat 
durch eine experimentelle Untersuchung dargetan, daß diese Krankheit 
durch einen Saccharomyces verursacht wird. Frew (1) spricht über ver- 
schiedene Ursachen von „Stench“ (Gestank) im Biere und erwähnt den 
sogen. Burton-Stench, der durch die Gegenwart und das Wachstum 
einer wilden Hefe (Saccharomyces foetidus I) bedingt ist. Die Krankheit 
tritt wahrscheinlich ausschließlich während der Nacheärune auf. Der 
besondere Geruch nach Schwefelwasserstoff oder verdorbenen Eiern ist 4 
nicht an Schwefelwasserstoff oder irgend eine Schwefelverbindunz ge- 
knüpft, sondern wahrschemlich durch die Gegenwart gewisser Fettsäuren 
oder höherer Alkohole, welche durch die „Stinkhefe* erzeugt werden, 
bedingt. Vom Verfasser angestellte Versuche haben gezeigt, daß Biere, 
welche aus Wässern mit wenigen oder gar keinen Sulfaten zebraut 
waren, der Entwicklung von Organismen und den Krankheitserschei- 
nungen einen günstigeren Boden darbieten als solche, bei welchen Wasser 
mit hohem Gehalt an schwefelsauren Salzen verwendet wurde. 

Wir haben aus dem bisher Gesagten ersehen, daß die wilden Hefen 
als Regel nur dann die Krankheiten hervorrufen können, wenn sie schon : 
zu Beginn der Gärung vorhanden sind. Diese Regel eilt in allen Fällen 
für die von Hansen beschriebenen und untersuchten Arten: daß aber 
auch eine Infektion in einem späteren Stadium die Krankheit hervor- 


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— 206 — 


rufen kann, wird auch erwähnt. So bemerkt ScHösrELD (10) u. a. daß 
die Flaschen mit Patentverschlüssen (Gummischeiben), wenn die Scheiben 
brüchig oder rissig sind, Anlab zur Infektion geben können; ebenso 
können natürlicherweise unreine Stückfässer gefährlich sein. Uebrigens 
sspielen hier verschiedene Faktoren, z. B. die verwendete Kulturhefe, 
eine bedeutende Rolle, indem nämlich einige Kulturhefen sich gegen- 
über wilden Hefen als widerstandsfähiger als andere zeigen. Auch die 
ganze Gärführung, z. B. wenn das Bier „lauter“ gefaßt wird, sowie die 
‚ verwendeten Temperaturen haben viel zu sagen. Zufolge MunschHe (1) 
sind die wilden Hefen „Kalthefen“, d. h. sie sind weniger empfindlich 
gegen niedere Temperatur, während diese auf die Kulturliefe im Kon- 
kurrenzkampf hemmend wirkt; vergl. S. 142 u. 169. Diese Regel eilt 
aber jedenfalls nicht für alle wilde Hefen. So wird von G. SyrEE (1) 
angegeben, dab er in seinen Konkurrenzversuchen mit der Kulturhefe 
ıs Frohberg und dem Saccharomyces Pastorianus III gefunden hat, daß die 
Regel für die letztgenannte Art keine Gültigkeit hat. 

Die Zusammensetzung der Würze ist durchaus nicht ohne Bedeutung 
für die Entwicklung der wilden Hefen. Augry (1) hat durch Versuche 
dargetan, dab, wenn die Würze unveränderte Stärke enthält, das Bier, 

»falls wilde Hefe zugegen ist, viel leichter zur Trübung neigt, als wenn 
die Würze normal ist. Laschk (2), welcher die Versuche wiederholt 
hat, fand, daß nicht nur die Zusammensetzung der Würze, sondern auch 
die Art der Hefe von Bedeutung war. 

Durch die Lösung der Frage über Krankheiten im Biere wurde 

» HAnsen ganz natürlich zur Darstellung der reinen Kultur einer ausge- 
wählten Art oder Rasse geführt. Nach dem Einführen dieser Reform 
in den Brauereien haben die erwähnten Krankheiten indessen nicht auf- 
gehört; sie sind, obzwar selbstverständlich vermindert, doch heutzutage 
noch recht häufig. Im Jahre 1903 haben die wilden Hefen den Braue- 

soreien besonders viel zu schaffen gemacht; das außergewöhnlich schlechte 
Malz dürfte wohl hier eine mitwirkende Ursache gewesen sein. Ver- 
mittelst der Ascosporenkulturen (s. S. 168) sind aber diese Feinde der 
Brauerei zufolge der Untersuchungen von J. Cur. Horm und S. V. 
PouLsen (1) sowie von G. Syr&£E (1) leicht nachzuweisen, selbst wenn 

3sie in sehr kleinen Mengen vorhanden sind, also lange bevor sie Störungen 
im Betriebe hervorrufen können. Auch sind die verschiedenen von 
P. Lispser (12) angegebenen Kulturmethoden (z. B. Tröpfchenkultur und 
Adhäsionskultur) zu verwenden; Näheres darüber s. S. 171 u. £. 

Daß gleichzeitig mit den durch wilde Hefen hervorgerufenen Krank- 

sheiten auch Bakterienkrankheiten auftreten können, soll hier nur be- 
merkt werden. 


$ 52. Durch Mischungen von Brauereihefenarten (Mischsaaten) 
verursachte Krankheiten. Das Ausarten der Betriebshefe. 


Nachdem Reinkulturen von Brauereihefenarten in den Betrieb ein- 
seeführt worden waren, ist der Gedanke, statt einer Art zwei Arten zu 
verwenden, besonders während der ersten ‚Jahre oft aufgetaucht. Die 
Ursache war u. a. die Furcht, daß eine einzige Rasse nicht imstande 
wäre, die ganze Gärung, sowohl Haupt- wie Nachgärung, durchführen 
zu können. Man kam auch ganz natürlich auf den Gedanken, ob man 
sonicht mittelst einer Mischung von zwei Hefenarten, von welchen z. B. 


— 207 — 


die eine ein besonders haltbares, die andere efn vollmundiges und kohlen- 
säurereiches Bier gab, imstande wäre ein Bier darzustellen, in welchem 
die Eigenschaften dieser beiden Biere vereinigt seien. Es ist leicht 
verständlich, daß solche Mischungen sowohl die Arbeit im Betriebe mehr 
kompliziert machen, als auch den Analytikern größere Schwierigkeiten 
verursachen, und nachdem ferner durch Hansen’s Versuche erwiesen 
ist, daß solche Mischungen Krankheiten im Biere geben können, 
müssen sie vermieden werden, und die Arbeit muß überall, wo es mög- 
lich ist, mit einer ausgewählten und passenden Art, welche die ganze 
Gärung durchführen kann, ausgeführt werden. Ueber einige von 
Hansen’s (11) Versuchen unter den Verhältnissen des großen Betriebes 
mit Oarlsberg Unterhefe Nr. 1 und Nr. 2 war schon auf S. 139 die Rede. 
Andere Versuche wurden in der Weise gemacht, daß die Biere jedes für 
sich mit diesen Hefen vergoren und erst nach der Hauptgärung ver- 
mischt wurden, so dab die Lagerfässer beide Biersorten enthielten und 
zwar immer größere Mengen von dem mit Carlsberg Unterhefe Nr. 1 ver- 
gorenen und kleine Mengen von dem mit Nr. 2 vergorenen Biere. 
Auch hier war das „Mischungsbier“ weniger haltbar als das ausschließ- 
lich mit Carlsberg Unterhefe Nr. 1 hergestellte. 


Ueber Störungen, welche durch die Brauereihefen selbst, also durch: 


ihr Ausarten, hervorgerufen werden, liegen in der Literatur nicht viele 
Mitteilungen vor. Wie Hansen (14) in seinen Untersuchungen über die 
Variation der Brauerei-Unterhefenarten im Betriebe hervorhebt, können 
auch diese Arten selbstverständlich sowohl nach der schlechten wie nach 
der guten Seite variieren. In einigen Fällen treten dann abnorme Er- 
scheinungen (Schwierigkeiten bei der Klärung und unliebsame Ge- 
schmacksänderungen) sofort beim Einführen der Reinkultur auf, in 
anderen Fällen machen sie sich erst bemerkbar, nachdem die Hefe schon 
eine Zeitlang zufriedenstellend gearbeitet hat. Hansen (15) bespricht, 
welche Bedeutung es u. a. für die Arbeit der Hefe hat, ob die Würze 
gelüftet worden ist oder nicht, wenn die Hefe zugegeben wird; im letz- 
teren Falle wurde das Bier opalisierend und unklar. Der Versuch wurde 
mit Carlsberg Unterhefe Nr. 1 gemacht. Auch ALFRED JÖRGENSEN (7) 
spricht sich darüber und zwar in folgender Weise aus. Wenn man die 
für den Betrieb am meisten passende Rasse ausgewählt hat, wird diese 
unter normalen Betriebsverhältnissen im wesentlichen gleichmäßig 
arbeiten; gerade hierin liegt der große Fortschritt, welchen die An- 
wendung reiner Hefe gebracht hat. Da nun aber die Hefe immer von 
der Nährflüssigekeit und den äußeren Umständen abhängig ist, so werden 
folelich auch fortgesetzte Einwirkungen besonderer Art eingreifende 
Veränderungen im Charakter der Hefenrasse zur Folge haben, und sie 
kann unter solchen Umständen z. B. einige von den gerade in der Praxis 
erwünschten Eigenschaften fast gänzlich verlieren. Dieses Ausarten der 
Brauereihefe bekundet sich darin, daß die vergorene Flüssiekeit einen 
fremden Geschmack annimmt, oder daß die Vergärung oder Klärung 
anders ausfällt als gewöhnlich. Prror (4) erwähnt, dab die Biertrübung 
lediglich von Kulturhefen herrühren kann und sucht die Ursache dieser 
Hefentrübung in der Zusammensetzung des Nährbodens, der Würze, oder 
in der Verwendung von träge vergärenden oder durch unrichtige Be- 


handlung geschwächten Hefen oder in der Gärführung, z. B. Temperatur- 5 


schwankungen, auch wenn solche gerine sind. Wırn (7) hat die 
Schwierigkeiten (Aenderungen im Geschmack) nachgewiesen, die in 
mehreren Fällen dadurch entstehen können, wenn als Ausgangspunkt zur 


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Darstellung der Reinkultur für die Brauerei eine Hefe verwendet wird, 
welche Hautzellen enthält, und er spricht die Meinung aus, daß solche 
Hautzellen auch bisweilen sich in den Gärbottichen der Brauereien 
entwickeln können (vergl. Bd. IV, S. 18—19). ALFRED JÖRGENSEN (4) 
shat eine Mitteilung gegeben, die in einer ähnlichen Richtung geht. 
Rayman und Kruıs (1) sowie A. KLöcker (s. Bd. IV, S. 21) konnten 
dagegen zeigen, daß man auch durch Verwendung von Hautzellen ein 
vorzügliches Bier darzustellen imstande war. Es läßt sich also daraus 
schließen, daß diese Zellen nicht immer gefährlich sind. Im allgemeinen 

wrufen die Variationen, denen die Reinhefe in den Brauereien ausge- 
setzt ist, keine Störungen hervor; wenn das der Fall wäre, würde das 
Reinzuchtsystem ja auch bei weitem nicht die große Verbreitung be- 
kommen haben, welche es jetzt hat. Ausführlichere Angaben über die 
Variation der Hefen finden sich im 8. Kapitel des IV. Bandes. 


ı$ 53. Krankheiten durch Mycoderma und Torula hervorgerufen. 


Die Untersuchungsresultate, welche über das Auftreten von Myco- 
derma in den Brauereien vorliegen, sind höchst verschieden, indem einige 
Forscher gefunden haben, dab sie als Krankheitserreger auftreten kann, 
während andere, und zwar vielleicht die meisten, meinen, dab sie eine 

s»ofür das Bier unschädliche Form ist, wenn dieses unter normalen Betriebs- 
verhältnissen sich befindet, und daß sie nur bei einer besonders un- 
günstigen Behandlung des Bieres als Schädling auftritt. Die Ursache 
dieses Meinungsstreites liegt darin, daß unter dem Namen Mwycoderma 
cerevisiae sich nicht eine, sondern mehrere Arten verbergen; darüber be- | 

5sagt Näheres das 14. Kapitel des IV. Bandes. Vielleicht hat, wie 
Kuxkrva glaubt, die größere oder geringere Extraktmenge der Würze 
auch einen Einfluß. Wie wir sehen werden, sind mehrere der Versuche, 
die uns einen Beweis für die Gefährlichkeit der Mycoderma geben sollten, 
nicht unter solchen Verhältnissen gemacht worden, welche mit den in 

so den Brauereien gewöhnlichen genau übereinstimmen. Es würde deshalb 
erwünscht sein, wenn solche Untersuchungen wieder aufgenommen 
würden, denn nur dann ist es möglich, über diese praktische Fragen 
ins klare zu kommen. 

Der erste, welcher die Anschauung aussprach, daß Mycoderma unter 

»eewissen Umständen Schaden in Brauereien verursachen könnte, war 
B&roHougeR (1). Einige Jahre später wird von Kukua (1) ebenfalls 
aus Böhmen eine Mitteilung über ähnliche Krankheitsfälle gemacht. 
Die Krankheit trat in zweierlei Weise auf. Im einen Falle war das 
Bier nach 3—4-wöchentlicher Lagerung g„teichsam mit einem feinen 

4 Staube erfüllt, und diese Verstaubune nahm von Tag zu Tag zu. In 
dem andern Falle war das Bier im Lagerkeller klar, und erst nachdem 
es nach dem Abziehen einige Zeit in den Kellern der Konsumenten zu- 
gebracht hatte, wurde es verstaubt. Er ist der Meinung, daß die schwache 
zehngrädiee Würze einen besonders günstigen Nährboden für den ge 

snannten Pilz bilde, und glaubt, daß das Malz eine abnorme Zusammen- 
setzung gehabt habe, und daß in der Würze ein Mißverhältnis zwischen 
Zucker und Nicht-Zucker gewesen sei. Lascnt (1) hat öfters Biere 
untersucht, welche fast nur Kahmhefe als Verunreinigung enthielten 
und dann zuerst leichte Trübung und später auch unangenehmen Ge- 
soruch und Geschmack zeigten. Er isolierte aus den Bieren vier ver- 


— 209 — - 


schiedene Arten, von welchen er sagt, dab Nr. 3 die für die Praxis ge- 
fährlichste Form sei. Seine Versuche sind in Kolben oder in Flaschen. 
also nicht unter Brauereiverhältnissen, angestellt und entweder nach der 
Hauptgärung untersucht oder so früh abgebrochen worden, dab wir gar 
nichts darüber erfahren, in welchem Zustande das Bier sich nach Voll- 
endung der normalen Lagerung befand. 

Wıru (11) wurde im Jahre 1893 ein obergäriges Bier zur Unter- 
suchung übergeben, da sich an demselben Krankheitserscheinungen geltend 
machten, welche in der Weise zum Ausdruck kamen, dab die Farbe des 
Bieres in unliebsamer Weise immer heller wurde, also bis zu einem ge- 
wissen Grade eine Entfärbung auftrat. Daß bei der Gärung durch 
Hefe, und zwar durch Kultur- und wilde Hefe, regelmäßig der Farben- 
ton der Würze heller wird, ist eine Tatsache. Durch Versuche wurde 
konstatiert, daß hier die Mycoderma Schuld daran war. Das Bier zeigte 
starke Trübung, die biertrübenden Organismen waren hauptsächlich 
Mycoderma-Zellen, während dagegen wilde Hefe nur in geringer Menge 
nachgewiesen werden konnte. Nachdem die Mycoderma reingezüchtet 
worden war, wurde konstatiert, daß diese eigentlich nur bei höherer 
Temperatur (Öbergärung) ihren schädlichen Einfluß ausübte. Es treten 
dann sowohl die oben erwähnte Entfärbung als auch Geschmacksver- 
änderung und Trübung auf, und gleichzeitig wurde eine stärkere Säure- 
bildung (keine Aehnlichkeit mit Essigsäure) gefunden. Durch die Gegen- 
wart der Mycoderma wurde die Gärung verzögert, eine Erscheinung, 
welche auch durch H. van Laer (5) beobachtet worden ist. Endlich hat 


LaArAr (1) aus einem Fabßgeläger eines kranken Bieres eine Mycoderma- : 


Art isoliert, welche im Bier starke Säuerung bewirkte; die gebildete 
Säure war Essigsäure. 

Im Gegensatz zu den Aussprüchen dieser Verfasser findet man 
Untersuchungen und Bemerkungen, die darauf ausgehen, dab Mycoderma, 


obwohl ein häufiger Gast in den Brauereien, doch keine Krankheiten ins 


dem fertigen Biere hervorruft, wenn dessen Behandlung eine normale ist. 
Hansen (11) hat seiner Zeit umfassende Studien in den Lagerkellern 
der Kopenhagener Brauereien und besonders in Alt-Carlsberg gemacht. 
Ein jedes Faß war von dem genannten Sproßpilze angegriffen; aber 


dennoch war nie ein Anzeichen davon zu bemerken, daß das Bier aus» 


diesem Grunde von irgend einer Krankheit befallen sei. Die Zellen 
waren auch in jenen Perioden häufig, in welchen das Bier sich in 
besonderem Grade durch Haltbarkeit und Wohlgeschmack auszeichnete. 
Aehnliche Untersuchungen sind auch von A. Prrersen in derselben 
Brauerei vorgenommen worden, und zwar mit demselben Resultate. 
Dasselbe gilt ebenfalls von GrönzLunn’s Untersuchungen in der Brauerei 
Neu-Carlsberg. AurreD JÖRGENSEN (5) gibt auch an, daß in den zalıl- 
reichen Proben kranker Biere aus mehreren Ländern, die in seinem 
Laboratorium untersucht wurden, niemals Mycoderma als Krankheits- 
ursache gefunden worden ist. Auch von Prior (3) liegt dieselbe Er- 
klärung vor. Wie oben gesagt, haben wir unter dem Namen Myeoderma 
mit mehreren verschiedenen Arten zu tun, deshalb möglicherweise die 
verschiedenen Resultate. Die verschiedene Zusammensetzung der Nähr- 
flüssigkeit, sowohl der Würze als des Bieres, spielt selbstverständlich 
auch eine Rolle. 

Was nun die verschiedenen Torula-Arten anbelangt, deren Be- 
trachtung im allgemeinen schon im 13. Kapitel des IV. Bandes gegeben 
worden ist, so finden sich unter diesen ganz sicher auch solche, die 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. Bd. \ 14 


19 


19 


2 


Fr 


> 


) 


— 210 — 


Krankheiten im Biere hervorrufen können. Viele von diesen werden 
aber ohne Zweifel im Kampfe mit der Kulturhefe, wegen ihrer geringen 
Gärungsfähigkeit oder des vollständigen Mangels einer solchen, unter- 
drückt. Es ist aber kein Zweifel, daß sie, wenn die Bedingungen 
s wieder günstig werden (die Lüftung beim Abzapfen auf Flaschen und 
Stückfässer, die höhere Temperatur), wieder zu erneuter Wirksamkeit 
und neuem Leben erweckt werden können. Von bestimmten Aeube- 
rungen über das Auftreten dieser Organismen als Krankheitserreger ist 
eine Bemerkung von ALFRED JÖRGENSEN (6) anzuführen. Er fand, dab 
ı Torula-Zellen in schwach vergorenen obergärigen Bieren, wenn diese 
auf Flaschen abgezogen werden, sich sehr stark vermehren und eine 
Art Trübung hervorrufen, welche jedoch in ihrem Aussehen etwas ver- 
schieden ist von der im Biere durch wilde Saeccharomyceten 
hervorgebrachten. GRÖNLUND (2) hat eine Torula Novae Carlsbergiae be- 
ıs schrieben, welche der Würze EN unangenehm bitteren Geschmack er- 
teilt und deshalb zu den Krankheitsformen zu zählen ist; diese Torula 
bildet ca. 4,7 Vol.-Proz. Alkohol in gewöhnlicher Bierwürze, ist also eine 
Maltose vergärende Art. J. J. van Hesr (1) fand in verschiedenen 
Retourbieren, in Bieren aus den Lagerfässern und einige Mal im jungen 
» Bier am Ende der Hauptgärung, welche alle opalisierend oder schwach 
trübe waren und nebenbei einen mehr oder weniger starken Frucht- 
geschmack besaßen, kleine Hefenzellen. Mittelst Reinkulturen, mit denen 
Biere infiziert wurden, wurde der Beweis erbracht, dab diese kleinen 
Hefen als Ursache der obengenannten Bierkrankheiten zu betrachten 
» waren (die Versuche sind jedoch kaum unter Brauereiverhältnissen ge- 
macht worden). Am stärksten treten sie während der Erntezeit in den 
Bieren auf und sind dann auch in großen Mengen in der Luft zu finden. 
Diese Hefe ist vom Verfasser mit dem Namen Saccharomyces pinophthorus 
melodus bezeichnet worden; sie gibt aber auf Gipsblöcken bei 28° C 
sonach 10 Tagen keine Sporen, trägt also den ihr zugeteilten Gattungs- 
namen zu Unrecht und ist den Torula-Formen zuzurechnen. Die Zellen 
sind klein (4—5 u), oval oder beinahe rund, variieren jedoch sehr unter 
verschiedenen Ernährungsbedingungen und können sogar, z. B. in der 
Haut, Mycelfäden bilden. Sie gibt in Würze eine ziemlich starke 
»@Gärung. Auber dieser Art wurde manchmal neben dieser und auch 
allein in denselben Flüssigkeiten ein zweiter Sproßpilz, Saccharomyces 
pinophthorus enervans, gefunden, der in vielen Punkten mit der erstge- 
nannten Art übereinstimmt. Die Zellen sind jedoch kleiner (2—6 u) 
und rund, sie bilden weniger Alkohol und geben kein Aroma. Sporen 
‚werden nicht gebildet. Sie rufen Trübung hervor und verderben den 
(seruch und Geschmack des Bieres. Diese zwei Arten wurden in ober- 
eärigen holländischen Bieren gefunden. 


S$S 54. Essigstichige Biere. 
Wir gehen jetzt zu den Bakterienkrankheiten des Bieres über. Die 
Bakterien werden häufig mit der Anstellhefe in die Brauerei hinein- 
eeführt (s. S. 167 und 174), oder sie befinden sich schon vor der Hefen- 
abe in der Bierwürze, wenn diese auf dem Kühlschiffe oder Beriese- 
luneskühler infiziert worden ist (s. S. 136); auch die Trubsäcke sind 
häufige Ansteckungsherde. Während der Haupt- und Nachgärung gelangen 
sosie durch unsaubere Leitungen, Bottiche und Fässer in die Biere; mit 


— 2ll — 


der Luft oder mit dem Waschwasser können sie ebenfalls eingeschleppt 
werden. Es sind im großen und ganzen dieselben Ansteckungsherde für 
die Bakterien wie für die wilden Hefen, und hier wie dort ist eine gründ- 
liche Reinigung und Desinfektion am rechten Platze (vgl. S. 178#f.) 
sowie auch gegebenenfalls die Einführung einer neuen Reinkultur, 5 
wenn die Hefe verunreinigt worden ist. Wir wollen nun von den durch 
Bakterien verursachten Erkrankungen des Bieres zunächst das als Essig- 
stich bezeichnete Sauerwerden betrachten. 

Wie bekannt, ist Kürzıss (1) der erste, welcher in der Literatur 
Aufklärungen darüber gegeben hat, wie diese Krankheit entstehen kann. ıo 
Paste£ur (1), welcher die Untersuchungen Kürzıng’s aufgenommen und die 
Frage einer eingehenden experimentellen Behandlung unterzogen hatte, 
gibt eine Beschreibung nebst einer Abbildung von dem Mikroorganismus, 
welcher infolge seiner Untersuchungen die Essigbildung hervorruft. 
Hassex (1) und später andere Forscher haben indessen gezeigt, dab diese ı5 
Gärung nicht von einer sondern von mehreren Bakterienarten hervor- 
gerufen werden kann. Ausführliche Angaben über die Morphologie und 
die Physiologie der Essigsäurebakterien überhaupt wird der Sechste 
Abschnitt des vorliegenden Bandes bringen. 

Die Essigsäurebakterien kommen im Biere zwar oft vor; sie treten 20 
aber selten in so großen Mengen auf, dab sie in einem normalen und 
wohlgeordneten Betriebe zu Krankheiten Veranlassung geben, besonders 
wenn von untergärigen Brauereien die Rede ist. In den obergärigen 
Brauereien treten sie häufiger auf. Daran ist sowohl die höhere Tem- 
peratur, bei welcher die Gärung vor sich geht, sowie auch die weniger 3 
peinliche Reinlichkeit, welche oft in diesen Brauereien herrscht, Schuld. 
In Landbrauereien, welche Lagerbier bereiten und das Bier in warmen, 
schlecht ventilierten Kellern während vieler Monate einlagern, spielen 
die Essigbakterien noch häufig eine unliebsame Rolle. 

Experimentelle Untersuchungen sind von Hassex (12) mit den zwei 30 
von ihm beschriebenen Arten Dacterüum aceti und Bacterium Kützingianum 
unter Brauereiverhältnissen gemacht worden. Diese Arten wurden dem 
Biere teils am Anfang der Gärung teils am Anfang der Lagerung zu- 
gesetzt. Das Resultat war, dab die Bakterien zwar in dem fertig ge- 
lagerten Biere noch lebendig waren, dab sie aber nie als Infektion im: 
Gär- oder Lagerkeller auftraten; nur wenn das fertige Bier nach dem 
Abzapfen einer höheren Temperatur (gewöhnliche Zimmerwärme) durch 
vierzehn Tage ausgesetzt wurde, trat bisweilen auf der Oberfläche des 
Bieres eine schwache Entwicklung auf; in gut verkorkten Flaschen 
wurde das Bier jedoch nicht sauer. Wenn die Flaschen dagegen nur 
mit Filtrierpapier versehen waren, bildete sich immer eine starke Haut, 
und das Bier wurde sauer. Dasselbe findet auch statt, wenn die Bak- 
terien erst in das fertige Bier hineingeführt werden, wenn es den Lager- 
keller verläßt. Will man eine Essigsäurebildung im Biere vermeiden, so 
ist es von großer Wichtigkeit, daß die Transportfässer und Flaschen « 
gut verschlossen und selbstverständlich auch gut gefüllt sind. Diese 
von Hansen beschriebenen Arten bilden auf dem Biere eine Haut ohne 
es aber zu trüben. 

A. Zuivuer (2) hat aus einem Wlaschenbierbodensatze eines unter- 
gärigen Bieres eine essigsäurebildende Bakterie, Termobaeterium aceli,s 
isoliert. Die Form zeigte volle Uebereinstimmunge mit dem von (ons 
beschriebenen Bact. termo (vgl. 8. 189). Kin Unterschied besteht nur in 
der großen Neigung dieser Bakterie zur Bildung von Involutionstormen. 

14 


27 


e- 


- 
“ 


— 2122 — 


Die Bakterie hat Eigenbewegung; diese hört in Bierkulturen nach Bil- 
dung einer Acidität von 30—35 cem auf. Als Acidität ist die Anzahl 
von cem einer Zehntel-Normal-Natronlauge angenommen, die nötig ist, 
um 10 cem der Versuchsflüssigkeit zu neutralisieren. In Bier ruft die 
> Bakterie eine Trübung mit Bildung kleiner Häutchen auf der Oberfläche 
hervor, ohne jedoch eine über die ganze Oberfläche sich erstreckende 
Decke zu bilden. Nach Beendigung der Entwicklung hat sich am Boden 
ein locker liegendes Sediment abgelagert, und die Flüssigkeit ist stark 
opalisierend. Die Bakterie ist aerob und entwickelt sich wenig in gut 
ıoverkorkten und gefüllten Flaschen. Ihre Gefährlichkeit für die Brauerei 
ist nicht bedeutend. Spezielle Versuche zeigten, daß Gefahr nur bei 
Zusammenwirken dreier Faktoren eintreten kann, nämlich starke Infek- 
tion durch die Bakterie, längere Gärdauer (14 Tage) und wärmere Gär- 
führung (bei durchweg 9°C), und zwar liegt die Gefahr nicht so sehr 
ısin der Zunahme der Acidität (1—2 cem) als im Verlust der Glanzfeinheit 
des resultierenden Bieres. Aber auch hier wird dem Ubel bei recht- 
zeitigem Eingriff (Abkühlung des Bieres auf Lagerkellertemperatur und 
möglichste Einschränkung des Luftzutritts) leicht vorzubeugen sein. 
HENNEBERG (1) erwähnt zwei von ihm in Bier entdeckte Arten von 
» Essigsäurebakterien, nämlich Dacterium oxydans aus einem untergärigen 
Biere aus Halle und Bacterium acetosum aus einem obergärigen Biere 
(Döllnitzer Gose). Die erstere bildet eine dünne Haut, und das Bier 
wird trüb. Die letztere bildet eine dicke Haut, und das Bier hält sich 
klar; diese Bakterie ist unbeweglich, während dagegen die erstere schwärm- 
» fähig ist. Versuche unter Brauereiverhältnissen sind mit diesen Bakterien 
nicht gemacht worden. 


$ 55. Das Umschlagen des Bieres. Biere tournee, turned beer. 


Das Umschlagen ist eine Krankheit, welche immer in Verbindung 
mit einer Milchsäuregärung steht. Schon Pasteur (1) hat darüber einige 
so Beobachtungen angestellt und Bakterien als Erreger erklärt. Er be- 
schreibt diese als Stäbchen oder Fäden, die entweder vereinzelt oder zu 
Ketten verbunden sind. Die Länge ist eine verschiedene, die Breite 
ungefähr 1 u. Er hat diese Bakterienart nicht reinkultiviert und infolge- 
dessen auch keine weiteren Versuche damit angestellt, er gibt jedoch an, 
daß ein Erwärmen der Biere bis auf 55—60° C genügt, um die Bakterien 
zu töten oder jedenfalls abzuschwächen, so daß die Krankheit sich nicht 
entwickelt. Die Bakterien sind im Biere sehr häufig zu finden und ent- 
wickeln sich sehr oft so stark, dab das Bier vollständig ungeniebbar 
wird. Die Aeidität ist größer als in gesunden Bieren und zwar im 
4 Verhältnis von 5:1. Sind die Biere stark gehopft, so entwickelt 
sich die Krankheit nicht. Pasreur hat diese Bakterien sowohl in 
untergärigen (französischen) wie in obergärigen (englischen) Bieren 
gefunden. 
Eine nähere Untersuchung verdanken wir H. van Laer (2), welcher 
«den Erreger dieser Bierkrankheit in Reinzucht gewonnen und als Sac- 
charobaeillus pastorianus bezeichnet hat. Der Bazillus kommt in belgischen 
Bieren häufig vor, und zwar immer mit anderen Bakterien vermischt. 
Das Eintreten der Krankheit beeinnt sich dadurch kundzugeben, dab 
das bis dahin blanke Bier allmählich den Glanz verliert, um endlich ganz 
sotrübe zu werden und nach und nach einen unangenehmen Geruch und 


— 213 — . 


Geschmack anzunehmen. Die durch diese Bakterien getrübten Biere 
lassen beim leisen Hin- und Herbewegen deutlich „Schlieren“ erkennen, 
also feine, seidenglänzende Wellen in der Flüssigkeit, wie man solche 
auch durch sehr fein verteilten Asbest hervorrufen kann. Dieses Bild 
ist so auffällig, daß man daran allein schon das in Rede stehende Uebel 


erkennen kann. Bei längerem Zuwarten scheidet sich dann ein Nieder- 


schlag aus, welcher, außer aus Hefezellen, noch aus einer durch die 
Milchsäure bewirkten stickstoffhaltigen Ausfällung und aus Einzelzellen 
und Zellverbänden des Saccharobacillus zusammengesetzt ist. Die letz- 
teren sind die Träger der oben beschriebenen, beim Schütteln der 
Proben auftretenden optischen Erscheinung. 

Zur Reinzüchtung dieses Spaltpilzes ist Würzegelatine oder Fleisch- 
wassergelatine unbrauchbar, dagegen läßt er sich mit Hilfe einer bei 
niederer Temperatur sterilisierten Biergelatine oder mit Alkohol ver- 
setzten Würzegelatine isolieren, wächst aber dabei sehr langsam, was 
als charakteristisches Merkmal hervorgehoben wird. Der Saccharo- 
bacillus verwendet als Energiequelle die Umbildung von Kohlen- 
hydraten in Säuren und Alkohol; da dieser Prozeß aber wenig Energie 
liefert, erklärt sich das langsame Wachstum des Spaltpilzes. Der Bazillus 
lebt sowohl bei Zutritt als auch bei Abschluß von Sauerstoff und wächst 
am besten in ungehopfter Würze, besonders wenn diese neutral oder 
schwach alkalisch ist. Die von H. vav LAER vorgenommenen Ueber- 
tragungen einer Reinzucht in gesundes Bier haben zu der beweisenden 
Feststellung geführt, daß der Saccharobaeillus tatsächlich der Erreger 
des Umschlagens des Bieres ist. Er vermag jedoch nur dann sich zu 
entwickeln und Unheil zu stiften, wenn der Gehalt des Nährbodens an 
Hopfenextrakt niedrig ist. 

Wie schon der Name dieses Schädlings vermuten läßt, vergärt der 
Saccharobacillus pastorianus die Zuckerarten (vgl. Bd. II, S. 91 und 93), 
und zwar Saccharose, Maltose und Dextrose leicht, Lactose hingegen 
schwierig. Die Saccharose scheint ohne vorhergehende Invertierung ver- 
arbeitet zu werden, denn es gelang nicht, in den Zuchten die Anwesen- 
heit von Invertin nachzuweisen. In Nährlösungen, welche eine dieser 
Zuckerarten enthalten, erzeugt der Bazillus hauptsächlich inaktive Milch- 


säure, daneben noch Aethylalkohol und eine geringe Menge flüchtiger. 


Säuren (Essigsäure und Ameisensäure) in einem Gewichtsverhältnisse, 
dessen Größe mit der Zuckerart und den übrigen Züchtungsbedingungen 
sich ändert. Eine genügende Menge von Zucker vorausgesetzt, ist die 
Höhe des Säuregrades, welchen der Bazillus hervorbringt, nur noch von 
der sonstiren Beschaffenheit des Nährbodens abhängig: in ungehopfter 
Würze steigt er (auf Milchsäure berechnet) bis zu 1,26 & pro 100 cem, 
in gehopfter hingegen nur auf 0,27 &. Durch Alkohol wird die Ent- 
wicklung dieses Schädlings erst dann gehemmt, wenn mehr als 7 Proz. 
davon im Biere vorhanden sind. Setzt man den Bazillus der Würze vor 


der Hefenzugabe oder während der Gärung zu, so verläuft letztere normal, « 


und von dem Bazillus ist nichts zu bemerken. Nach einiger Zeit ent- 
wickelt sich aber doch die Krankheit. Wenn der Bazillus gleichzeitig 
mit einem Bacterium aceti und Bacillus viscosus oder mit beiden zusammen 
kultiviert wird, stören diese einander gegenseitig in ihrer Entwicklung, 


und H. van Laer glaubt, dab auf die Wirkung dieser am häufigsten im: 


Bier anzutreffenden Organismen es zurückzuführen ist, wenn man die 
Krankheiten des Sauerwerdens und Fadenziehens im Biere in der Praxis 
nie so stark wie in Reinkulturen findet. In der Wärme gedeiht er besser. 


So 


20 


© 


0 


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— 214 — 


In Ländern mit mangelhaften Kellern wird also das Umschlagen des 
Bieres im Sommer häufig auftreten. So erklärt sich auch die bei den 
Flamländern gangbare Bezeichnung von „Zomerbier“ für umgeschlagenes 
Bier überhaupt. Die durch einige Zeit andauernde Einwirkung einer 
>s Temperatur von 55—60° C vermag dieser Bazillus nicht zu überstehen. 
Man wird also das Bier, insbesondere das zur Ausfuhr in die Tropen 
bestimmte, gegen das Umschlagen dadurch feien können, daß man es 
einige Zeit bei der bezeichneten Temperatur hält, also pasteurisiert. 
Die Morphologie dieses Spaltpilzes gibt H. vay Laer nicht. Eine 
ıosolche finden wir in einer Abhandlung von W. HENNEBERG (3). Außer 
Saccharobaeillus pastorianus werden hier noch zwei andere in Bieren vor- 
kommende Milchsäurebakterien, die auch das Umschlagen bewirken, 
nämlich Saccharobaeillus pastorianus var. berolinensis und Bacillus Lindneri, 
sowohl morphologisch wie physiologisch geprüft. Diese drei besitzen 
ısuntereinander morphologisch so viel Aehnlichkeiten, dab sie im Zu- 
sammenhang beschrieben werden müssen. Es sind dünne, lange Bazillen, 
die seltener als einzelne Zellen vorkommen, meist zu zwei, drei oder 
mehreren vereint auftreten und dann gerade, gekrümmte oder winklige 
Linien darstellen. Es finden sich scheinbar ungegliederte, mehr oder 
»oweniger lange Zellfäden und Zellketten, d. h. in einzelne Zellen ge- 
gliederte Zellfäden. Charakteristisch für Saccharobaeillus past. und Sac- 
charobaecillus past. var. berol. sind die häufig zu beobachtenden unregel- 
mäßig geborenen Zellfäden und für alle drei Arten bei der Kultur im 
hängenden Tröpfchen das Auswachsen zu einem äußerst langen, vielfach 
25oewundenen, winkligen Fadengewirr. Diese Fadenmassen zerfallen bei 
den einzelnen Arten später, bei Bacillus Lindneri schon früh, in einen 
Haufen verschieden langer Zellen oder Fadenstücke. Die drei Arten 
haben nicht das Vermögen, Geißeln oder Sporen zu bilden. Gärung wird 
hervorgerufen, wenn ein vergärbarer Zucker, eine gewisse starke Kon- 
30 zentration, eine größere Menge Flüssigkeit und ein nur mäßiger Luft- 
zutritt vorhanden sind. Rücksichtlich des Verhaltens zu den Zucker- 
arten (Säuerungsvermögen) und zur Temperatur sei auf Bd. II, S. 91 u. 
93 bzw. 97 verwiesen. 
Züchtungsversuche in Bier haben das Resultat gegeben, dab Baeillus 
35 Lindneri sich regelmäßig sehr gut in gehopftem Bier entwickelte, während 
Saccharobaeillus pastorianus var. berolinensis nur manchmal und dann nur 
in geringem Grade Wachstum zeigte. Soweit Saccharobacillus pastorianus 
untersucht ist, verhält er sich so wie Baeillus Lindneri. Saccharobacillus 
past. var. berolinensis kommt in obergärigen Bieren (Berliner Weißbier; 
408. S. 220) vor. Soweit bisher untersucht ist, findet sich auch im Porter 
aus Dublin diese oder eine sehr ähnliche Art. Baeillus Lindneri wird 
äußerst häufig in Lagerbier gefunden. Der Geruch und Geschmack 
dieses Bieres ist öfters auffallend verändert, das Bier klärt sich all- 
mählich in den Flaschen nach Bildung eines losen Bodensatzes; die Säure 
shat nur wenig zugenommen (10 cem brauchen 0,4 ccm Zehntel-Normal- 
lauge). Das dunkle Lagerbier scheint widerstandsfähiger als das helle 
zu sein. 
Unter dem Namen Baeillus fasciformis haben ScHönrEnLD und 
Rommer (1) einen Trübungen im Lagerbier verursachenden Spaltpilz be- 
soschrieben. Derselbe ist nach HExnegerG eine Varietät des Saccharobae. 
past. var. berol. 
In einer Abhandlung von F. Scnönrerp (8) über die Bakterien- 
infektionen bei den obergärigen Brauereien bemerkt er, dab fast bei den 


— 25 — . 


meisten obergärigen Bieren gleichsam als ständiger Begleiter der Hefe 
ein derbes, ziemlich grobes, dem Milchsäurebakterium des Berliner Weib- 
bieres ziemlich ähnliches Stäbchenbakterium beobachtet wird, welches 
dem Biere einen schwach milchsäuerlichen Geschmack verleiht. Länger 


gelagerte Flaschenbiere werden durch diese Bakterien teilweise schleierig. : 


Dieselben Bakterien kommen auch in obergärigen Bieren vor, welche 
bei 9—14° C gehalten werden. Bei der (wenn auch trägen) Nachgärung 
hält sich das Bakterium schwebend. Das Bier wird und bleibt etwas 
trüb, hat aber durch diese Bakterien einen angenehm säuerlichen Ge- 
schmack angenommen. FELLoWwESs (1) teilt mit, dab Saccharobacillus pasto- 
rianus VAN LAER fast in jedem englischen Biere vorhanden ist, dab seine 
Wirkung aber nicht immer besonders hervortritt, wahrscheinlich wegen 
der Säure- und Hopfenmenge der Biere. In verhältnismäßig wenigen 
Bieren hat er eine andere Bakterie gefunden, welche ähnliche Erschei- 
nungen hervorbringt wie obengenannte. Es sind Kurzstäbchen, in der 
Mitte ein wenig eingeschnürt; sie kommen entweder vereinzelt, zu zwei 
oder in Ketten vor, in alten Kulturen finden sich geschwollene Fäden 
von 5—15 u Länge. Die Bakterie entwickelt sich leichter in unge- 
hopfter als in gehopfter Bierwürze und bildet nur eine geringe Menge 
Säure. Sie hat keinen Einfluß auf das Bier, wenn sie erst nach der 
Hauptgärung eingeführt wird. 

Ein schwacher Gehalt an Milchsäure ist sogar den besten Bieren 
eigen. Dieser stammt zum Teil aus dem Malze selbst, welches durch- 
schnittlich 0,05 Proz. von dieser Säufe aufweist; hauptsächlich aber 


kommt er während des Maischens zustande. Die Menge von Milchsäure, :; 


welche dabei entsteht, ist jedoch eine geringe, in normalen Bieren findet 
man davon 0,05—0,2 Proz. E. Prior (2) hat über die Art und Menge 
der beim Mälzen der Gerste, beim Darren und Maischen des Malzes und 
beim Kochen der Bierwürze entstehenden Säuren einige Untersuchungen 
gemacht, auf die hiermit verwiesen sei. 

In manchen Fällen sieht man das Auftreten von starker Milchsäure- 
gärung in den Bierwürzen ganz gerne und begünstigt deren Entwicklung. 
Dies gilt z.B. von den sog. Weißbieren (s. 8.138). Hier ist es, jeden- 
falls nach Hesnesere’s (3) Untersuchungen am Berliner Weißbier, der 


obenerwähnte Saccharobacillus pastorianus var. berol., welcher als Säue-s: 


rungserreger eine Rolle spielt. Auch zeigt das Weibbier fast genau 
dieselbe Erscheinung der Schlierenbildung wie die Reinzuchten des oben 
genannten Bazillus. Neben diesem kommen, wie es scheint, noch andere 
stäbehenförmige Milchsäurebazillenarten vor. HENNEBERG meint, unter 
diesen auch Baeillus Lindneri gefunden zu haben. 


$ 56. Das Langwerden des Bieres. Biere filante. Ropiness. 


Diese Krankheit ist zuerst von Pasrzur (1) einer Untersuchung mit 
Hilfe des Mikroskops unterworfen worden. Ein in den Bieren in großer 
Anzahl beobachteter, zu vielgliedrigen Ketten vereinter und als Micro- 
coceus viscosus bezeichneter Spaltpilz wurde von diesem Forscher für 
den Erreger dieser Krankheit erklärt, welche mit dem Zähewerden der 
Weine viele Merkmale gemein hat. Diesem Organismus in morphologi- 
scher Hinsicht sehr ähnlich ist ein Spaltpilz, den J. Brrson (1) in Bier- 
würze beobachtet hat, welche, nachdem sie mit Hefe angestellt worden 
war, anstatt in normale Gärung zu geraten, dickflüssig, ölig und schlieb- 


v 


20 


IV 
o 


30 


ws 


10 


— 216 — 


lich zähe und fadenziehend wurde. Die Gewinnung eines solchen Krank- 
heiterregers in Reinzucht ist zuerst P. Lixpner (7) im Jahre 1889 ge- 
lungen. Es ist der in Weißbier ($ 58) auftretende Pediococcus viscosus. 

In den gehopften Bieren machen sich andere Spezies geltend. Zwei 
sderselben sind von H. va Larr (1) in zahlreichen Proben von faden- 
ziehenden Bieren aufgefunden, daraus reingezüchtet und als Baeillus 
viscosus I und II bezeichnet worden. Diese beiden Arten haben einige 
Merkmale gemeinsam, so z. B. die Gestalt und Größe ihrer Zellen: 
Stäbchen von 0,8 « Breite und 1,6—2,4 u Länge, meist einzeln, nicht 

selten aber zu Paaren zusammenhängend. Sie bilden Sporen und zwar 
in der Regel eine, bisweilen aber auch zwei in einer Zelle. Sie wachsen 
auf der Oberfläche einer gehopften Würzegelatine gar nicht und geben 
in der Tiefe ganz kleine, kaum sichtbare Kolonien. In ihrem Verhalten 
gegen Bierwürze weichen sie in bemerkenswerter Weise voneinander 
ısab. Diese wird zwar durch jede der beiden Arten schleimig gemacht, 
allein das Bild ist nicht das gleiche. Ist Bac. viscosus I am Werke, 
dann entstehen in dem Maße, als die Zähigkeit der Flüssiekeit zunimmt, 
auf deren Oberfläche schleimige, gelblich-w eiße Inseln, welche nach unten 
zu Verzweigungen aussenden. Es wächst so eine Schleimdecke heran, 
»»deren Oberfläche durch eingeschlossene Blasen der bei dieser Zersetzung 
entbundenen Kohlensäure nach und nach zahlreiche Höcker und Aus- 
stülpungen erhält. Diese Deckenbildung unterbleibt hingegen dann, 
wenn man die Schleimgärung durch Bae. viscosus II vollzieht; überdies 
ist dann auch die Kohlensäureentwicklung mäßiger und die erreichbare 
»Zähigkeit geringer als im ersten Falle. Die F arbe der Würze «eht 
während dieser Umwandlung in ein Zichorienbraun über, zugleich ent- 
wickelt sich ein eigentümlicher Geruch, an dem allein schon man eine 
zähe gewordene Würze als solche zu erkennen vermag. Ein weiteres 
Merkmal, durch das man diese beiden Bakterienarten unterscheiden 
sokann, ist ihr Verhalten gegen eine sterilisierte Lösung von 3 g Rohr- 
zucker und 10 & Pepton in 100 ccm Wasser. Solcher Nährboden wird 
nur durch Bac. viscosus I fadenziehend und zähe gemacht, während ae. 
viscosus II hingegen bloß eine bleibende Trübung und Kohlensäureent- 
wicklung hervorruft. Kohlensäureentwicklung tritt aber auch bei ersterem 
sin der oben erwähnten Lösung auf. 

Von Interesse ist die Feststellung, daß diese beiden Arten auch 
solche Nährlösungen zähe machen, welche von Zucker frei sind und von 
organischen Substanzen keine anderen enthalten als milchsauren Kalk 
oder weinsaures Ammon (Pasteur’s Flüssigkeit, Mayer’s Flüssigkeit). 

0.Ja, es ist ein höherer, Gehalt an Zucker der Entwicklung dieser Krank- 
heitserreger sogar schädlich. Mit diesem Befunde stimmt auch die Er- 
fahrung der Praxis überein, daß die Biere mit niedrigem Vergärungsgrad 
(also hohem Zuckergehalt) verhältnismäßig seltener zähe werden. Die 
nächste Ursache dieser Zustandsänderung des Nährbodens ist ein von 
sden Bakterien auszeschiedener Schleim. Bei Anwesenheit von Zucker 
wird nebst jenem noch Kohlensäure entwickelt und vermutlich auch noch 
eine geringe Menge einer anderen Säure gebildet, denn die Acidität 
steigt während des Zähewerdens an. Der Schleim ist kein einheitlicher 
Körper, sondern setzt sich aus mindestens zwei Bestandteilen zusammen, 
5ovon denen der eine in Wasser löslich ist und sich durch einen Gehalt 
an Stickstoff auszeichnet. Mit dieser Tatsache steht auch die Wahr- 
nehmung im Einklang, dab die Krankheit um so eher sich einstellt, je 
gröber der Gehalt des Nährbodens an Stickstoffsubstanzen ist. Von 


— 217 — 


diesem Gesichtspunkte aus erklärt sich auch der den Praktikern wohl 
bekannte Erfahrungssatz, daß es insbesondere die an Peptonen, Proteinen 
usw. reichen Würzen sind, welche leicht zähe werden. Ein größerer 
Gehalt an Säure (auf Milchsäure berechnet 0,15 Proz.) ist der Entwick- 
Jung dieser beiden Bakterienarten hinderlich. Der Alkohol vermag ihnen 
selbst in einer Konzentration von 6 Vol.-Proz. noch nicht zu schaden. 
Ueber das Verhalten dieser Spaltpilze gegenüber verschiedenen Hopfen- 
mengen liegen keine Versuche vor. Die günstigste Temperatur für die 
Schleimbildung liegt bei ca. 35° C; unterhalb 7° und oberhalb 42° C 
wird kein Schleim gebildet. 10 

Rücksichtlich des Verhaltens dieser Bakterien der Hefe gegenüber 
bemerkt H. van Larr, daß es von großer Bedeutung ist, ob diese Spalt- 
pilze gleichzeitig mit der Hefe, oder früher oder später (nach der Haupt- 
gärung) in die Würze eingeführt werden. Ist die Würze schon zu An- 
fang mit den Bakterien infiziert worden, so wird das Bier trübe und ıs 
fadenziehend und nimmt eine eigentümliche Farbe wie Milchkaffee an, 
die selbst nach drei Monaten noch nicht verschwunden ist. Werden die 
Bakterien gleichzeitig mit der Hefe eingeführt, dann hängt es von der 
Menge ab, ob das Bier lang wird oder nicht; aber immer wird man 
finden, daß die alkoholische Gärung je nach der Menge der Bakterien 
mehr oder weniger beeinflußt wird. Werden die Bakterien erst nach 
der Haupteärung eingeführt, so rufen sie gar keine Störungen hervor. 

Die zwei obengenannten Bakterienarten sind immer beide in den 
Bieren gegenwärtig, die fadenziehend geworden sind (van Laer spricht 
hier von den belgischen Bieren). Dac. viscosus II ruft schneller das» 
Langwerden hervor, wenn die Flaschen, in welchen die Aussaat statt- 
gefunden hat, vollständig hermetisch verschlossen sind. Damit in Ueber- 
einstimmung steht die Beobachtung der Praxis, daß die Biere in Flaschen 
viel leichter als in den Stückfässern lang werden. 

H. van Laer (4) hat später einen anderen Spaltpilz isoliert, welcher 30 
eine Krankheit hervorruft, die in enger Beziehung zu der schleimigen 
Gärung steht. - Es ist der Bacillus viscosus bruzxellensis; die von ihm 
verursachte Krankheit wird als „Bier mit doppeltem Gesicht“ („biere ä 
double face“, „Tweeskinde“) bezeichnet. Die Krankheit ist aber bei den 
mit Hefe angestellten Bieren sehr selten und auch sehr wenig intensiv, 
tritt dagegen bei Lambie, Faro und Mars häufig auf (s. S 63 d. 9. Kap.). 

A. Zeıpver (1) erwähnt eine kurze Stäbchenbakterie (welche Essig- 
säure bildet), die besonders bei höheren Temperaturen (20° C) das Bier 
schleimig macht. Die Versuche sind nur Laboratoriumsversuche. 

Fernowes (1) bemerkt, dab Bac. viscosus van LAER unter den ins 
englischen Brauereien herrschenden Verhältnissen nicht ähnliche Resul- 
tate wie in den belgischen Brauereien zu geben scheint. Er hat ver- 
schiedene englische Biere untersucht, die fadenziehend geworden waren, 
und die darin gefundenen Bakterien reingezüchtet; es gelang ihm aber 
nicht, durch Einimpfung der Reinkulturen ein Bier darzustellen, welches « 
eine ähnliche Viscosität zeigte wie die Probe, aus welcher die Bakterie 
herrührte. Er glaubt, daß die Organismen während der Züchtung ihre 
Fähigkeit zur Schleimbildung möglicherweise verloren haben, meint aber 
auch, daß die chemische Zusammensetzung der Würze eine Rolle spiele 
und spricht endlich auch die Vermutung aus, daß die Gärung hier eines 
symbiotische sei. 

Brown und Morris (2) glauben, daß Bac, viscosus van Laer in eng- 
lischen Bieren nur selten auftritt, dagegen haben sie in fadenziehenden 


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— 218 — 


englischen Bieren einen kleinen Kokkus gefunden, der in Gruppen zu 
2—4 Individuen vorkommt, und dieser sei als die vornehmliche Ursache 
für das Schleimigwerden englischer Biere anzusehen. 
L. vav Dam (1) hat in der Hefe einer Brauerei in Burton-on-Trent 
seinen Bazillus gefunden, welcher von ihm Daeillus viscosus III genannt 
wird. Er ist 1,3—2,0 u lang und 0,7 « breit und kommt entweder ver- 
einzelt oder in zwei- bis dreigliedrigen Ketten vor. In Würze geht die 
Schleimbildung ohne Gasentwicklung vor sich, und bei Abwesenheit von 
Zuckerarten wächst die Bakterie viel schwächer, weshalb er glaubt, daß 
ıo Kohlenhydrate (Zucker) für die Schleimbildung notwendig sind, während 
stickstoffhaltige Substanzen nur in zweiter Linie Bedeutung haben; der 
Schleim selbst hat auch nur sehr geringen Stickstoffgehalt. Auch scheint 
es nicht ein von diesem Bazillus ausgeschiedenes Stoffwechselprodukt 
sondern die stark «equollene Zellhaut zu sein, welche den Nährboden 
ıszähe macht. Dadurch unterscheidet sich dieser Bazillus von Dae. vis- 
cosus I und /I van LAErR. Er kann in Bier die Hefe nur dann unter- 
drücken und das Bier fadenziehend machen, wenn er in großer Menge 
und im kräftigen Zustande vorhanden ist. Die Krankheit ist nur dann 
zu fürchten, wenn die Infektion vor oder gleichzeitig mit der Hefenzabe 
20 stattfindet, wie vom Verfasser experimentell nachgewiesen worden ist; 
vergorene Biere werden nicht angegriffen. Ein längeres Verweilen der 
Würze auf dem Kühlschiffe oder im Gärbottiche bei der Optimaltem- 
peratur (23—30°) des Bazillus wird der Infektion günstig und gefährlich 
sein. Stark gelüftete Würzen werden leichter von der schleimigen 
5 (Gärung ergriffen. Diese Bakterie vergärt (wie die zwei von H.vay LAER 
beschriebenen) Milchzucker, und diese Eigenschaft wird von van Dam 
benutzt, um geringe Mengen dieser Art in der Hefe nachzuweisen. 
Heros (1) erwähnt in einer Abhandlung über das Schleimigwerden 
des Bieres, dab diese Krankheit durch einen Kokkus von besonderer 
30 Kleinheit hervorgerufen wird. Derselbe nimmt nach und nach eine ver- 
längerte Form an, indem er sich zu gleicher Zeit in der Mitte einschnürt, 
bis er das Aussehen eines Schwinekolbens bekommen hat, an dessen 
Enden deutlich ein Kern sichtbar ist, wie bei der ursprünglichen Form. 
Nach Verlauf einiger Zeit nehmen diese beiden Enden eine in die Quere 
3 verlängerte Form an, während sich zugleich die mittlere Partie wie 
früher einschnürt und die Bakterie dann das Aussehen von zwei Schwing- 
kolben hat, die gegeneinander gestellt sind, oder wie Sareina aussehen. 
Später trennen sich die beiden Kolben voneinander, während sie von der 
schleimigen Membran umgeben bleiben. Nach Verlauf einer längeren 
ao Zeit schrumpft die Membran ein, und die Bakterien bilden jetzt rosen- 
kranzähnliche Ketten (die Zooelöa-Form). Diese Ketten werden nur in 
Bieren gefunden, die schon lange schleimig sind. Die Biere haben einen 
eigenartigen ekelhaften Geschmack aber keine oder fast keine Acidität. 
Bisweilen, wenn die Bakterien längere Form annehmen, bekommt das 
4 Bier binnen einigen Tagen einen stark sauren Geschmack, und jede Spur 
von Schleim ist dann verschwunden. Das Schleimigwerden wird nur 
dann hervorgerufen, wenn Hefe zugegen ist, und wenn die Würze 
schwach gehopft und von geringerer Acidität als gewöhnlich ist. In 
dem von Heron erwähnten Falle wurde mit Sicherheit konstatiert, dab 
so das Schleimigwerden des Bieres von der direkten Ansteckung der Würze 
durch Malzstaub herrührte. 
Wie man aus Obenstehendem ersieht, sind es in der Regel die ober- 
särigen Biere, welche von dieser Krankheit angegriffen werden; hohe 


— 219 — 


Temperaturen, geringe Hopfenmengen und wenig Säure begünstigen die 
Entwicklung dieser Bakterien. 


$ 57. Buttersäure im Biere. Bacillus subtilis und Termobakterien 
im Biere. Der sog. ehlorige Geruch. 


Wenn Buttersäure im Biere vorhanden ist, hat ohne Zweifel Butter- 5 
säuregärung in der Würze stattgefunden, ehe die Gärung eingeleitet 
worden ist, also irgendwo auf dem Wege zwischen Kühlschiff und Gär- 
bottich oder vielleicht in diesem letzteren, falls die Würze hier einige 
Zeitlang steht, ehe die Hefe zugegeben wird. In der Literatur liegt 
über diese Frage nur sehr wenig vor. TmausınG (1) sagt darüber: „In ı 
zuckerhaltigen Flüssigkeiten kann sich bei höheren Temperaturen Butter- 
säure bilden. Auch Bierwürzen sind dieser Gefahr ausgesetzt. Würde 
der unangenehme, schweißartige Geruch und ranzige (Geschmack der 
Buttersäure auch nur in geringer Menge einem Biere mitgeteilt, so würde 
dieses sehr geschädigt. Wenn Bierwürze ohne Hefe bei mittlerer Tem- 1 
peratur längere Zeit stehen bleibt, so können vorhandene Buttersäure- 
organismen neben anderen zur Entwicklung kommen.“ Wıru (4) er- 
wähnt, daß er in gebrauchten Trubsäcken u. a. auch Clostridium buty- 
ricum gefunden hat. 

ADRIAN BrowN (1) bemerkt in einer Abhandlung über Dacillus sub-: 
tilis, dab dieser früher fälschlich als die Bakterie des umgeschlagenen 
Bieres bezeichnet worden ist. Er untersuchte deshalb, ob dieser Bazillus 
eine schädliche Wirkung auf Bier ausüben könnte. Das Resultat war, 
daß er in Ale bei normalem Säuregehalt nicht wächst; ein Säuregehalt 
von 0,07 Proz., als Essigsäure berechnet, läßt in Jungbier den Bazillus 
nicht mehr aufkommen. SCHÖNFELD (8) kommt dagegen zu einem anderen 
Resultate. In einer Abhandlung über die Bakterieninfektionen bei den 
obergärigen Brauereien hebt er hervor, dab die obergärigen Biere mehr 
unter der Infektion von Bakterien leiden als die untergärigen; besonders 
kommen solche Bakterien vor, welche bei den wärmeren Temperaturen 30 
vor anderen die am meisten intensive Vermehrungsfähigkeit mit größt- 
möglicher Widerstandsfähigkeit gegen die Hefen der Hauptgärung ver- 
binden und gegen Kohlensäuredruck am wenigsten empfindlich sind. 
Auch sind die obergärigen Biere — jedoch nicht auch die englischen — 
als Regel schwach gehopft, und die schon in der Würze möglicherweise 35 
vorhandenen Termobakterien (8. 189), die nieht immer während der 
Gärung getötet werden, können in solchen schwach gehopften Bieren 
eine Trübung hervorrufen. Schönrerp bemerkt, dab eine mit Termo- 
bakterien und Baeillus subtilis stark infizierte Würze zu den auffälliesten 
Gärungserscheinungen Veranlassung geben kann. Anstatt dab die Hefe 
nach oben treibt, geht sie zu Boden; die Gärung bleibt matt, das Bier 
riecht und schmeckt schlecht und wird ungenießbar. Dieser Geruch 
und Geschmack rührt wohl häufig von dem in der Würze von den 
Würzebakterien hervorgerufenen „Selleriegeruch* her. 

Hierher sind auch die Infektionen zu rechnen, welche den sogen. 
chlorigen Geruch bei den Stellbieren veranlassen. Der Erreger dieser 
Krankheit soll angeblich das auf S. 190 genannte Termobacterium üridescens 
sein. Die sich rapid vermehrenden Bakterien hemmen die Gärung und 
Nachgärung auf den Flaschen; durch Reduktion von Salpetersäure ent 
steht salpetrige Säure (bei Verwendung eines Wassers, welches erheb- » 


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— 20 — 


liche Mengen von salpetersauren Salzen enthält), deren Geruch irrtümlich 
für Chlorgeruch gehalten wird. Dieser Geruch macht sich besonders auf 
den Flaschen, weniger im Bottich geltend. 


$ 58. Die Krankheiten des Weißbieres, insbesondere des 
5 Berliner Weißbieres. 


Wenn die auf S. 215 erwähnten Milchsäurebakterien im Uebermaß 
(vgl. S. 138) vorhanden sind, wird man sie als Krankheitserreger auf- 
fassen können. Essiebakterien können natürlicherweise auch zu Krank- 
heitserscheinungen (.„Essigstich“) Veranlassung geben. Die besonders im 

ı Berliner Weißbier am meisten gefürchteten und gewöhnlichsten Krank- 
heiten sind jedoch das Langwerden und die Rotfärbung. 

Das fadenziehende Weißbier, auch „Ziehbier“ genannt, 
wurde zuerst von H. SCHRöDER (1) im Jahre 1885 beschrieben. Die 
Krankheitserscheinungen sind nach diesem Verfasser höchst merkwürdig 

ı und höchst fatal, sie sind, wie es scheint, nur dem Weißbiere eigentüm- 
lich und noch wenig oder gar nicht aufgeklärt. Das Bier hat einen 
faden, süßlich-pappigen Geschmack. Die Krankheit stellt sich gewöhn- 
lich da ein, wo die Kruken und Flaschen oder die Transportfässer ohne 
jede Sorgfalt behandelt werden, und wo am Aufbewahrungsort eine 

»ohöhere Temperatur zu herrschen beginnt. Die Biere können schon nach 
5—8 Tagen auf der Flasche lang werden, in anderen Fällen geschieht 
dies erst verhältnismäßig spät. Von ein und demselben Sud abgezogene 
Biere zeigen bei einzelnen Kunden die Erscheinung des Langwerdens, 
während bei anderen sämtliche Flaschen tadellos blieben. Da die 

» wenigsten Weißbierbrauereien selbst das Bier auf Flaschen füllen, sondern 
dieses Geschäft gewöhnlich von den Abnehmern besorgt wird, welche 
meistens das Bier noch durch Wasserzugabe verdünnen, ist ein derartiges 
ungleichmäßiges Verhalten der Biere nicht schwer zu erklären. Aber 
auch aus den Brauereien kann der Krankheitskeim stammen. SCHRÖDER 

soteilt mit, daß in den kranken Bieren ein Mikrokokkus vorhanden ist, 
daß es aber nicht gelungen ist, diese Bakterie rein zu züchten. Dies 
geschah erst im Jahre 1889. Die von P. Linpxer (7) reingezüchtete 
Bakterie wurde von ihm Pediococcus viscosus genannt. Sie macht eine 
Weißbierwürze (nicht aber auch eine gehopfte Bierwürze) fadenziehend 

;und bildet gleichzeitig eine gewisse Menge Säure. Die Bakterie hat 
etwas Aehnlichkeit mit dem in Wein auftretenden Pediococeus, und weil 
das Zähewerden des Weines durch sehr geringe Mengen von schwefliger 
Säure verhindert werden kann, meint Linpxer, dab diese sowie viel- 
leicht auch schwefligsaure Salze zur Bekämpfung der Krankheit verwendet 

so werden können. Hopfen hat auch, wie oben erwähnt, gegenüber diesem 
Organismus eine stark antiseptische Wirkung. O. Reınke (3) bemerkt, 
dab bei Anwendung von alkalischen Wässern die Bakterienentwicklung, 
wie bekannt, eine leichtere ist, und daß das Langwerden also unter 
Umständen leichter eintreten könnte, wenn das Weißbier mit Wasser 

4 verdünnt wird, das reich an kohlensaurem Kalk, arm an Gips ist. Durch 
Zusatz von Weinsäure werden die Biere wieder normal, weil die faden- 

-ziehende Eigenschaft des Weißbieres bei einem höheren Säuregehalt 
aufhört. In dem langen Weißbiere findet man nach Scnönrerp (12) an 
Stelle der vielen Milchsäurebazillen hauptsächlich andere Organismen, 

;o namentlich Pediokokken. Es ist gelungen, diese zu isolieren und fest- 


; 
4 


— 2231 — 


zustellen, daß es mehrere Arten gibt, von denen zwei deutlich charak- 
terisiert, aber vom Entdecker nicht genauer beschrieben wurden. Sie 
sind in der Wachstumsgeschwindigkeit, in der Stärke der Schleimbildung, 
in dem Säuerungsgrad und in dem Widerstand gegen Alkohol von ein- 
ander verschieden. Das Optimum des Wachstums sowie der Säure- 
bildung und Schleimbildung liegt bei-Temperaturen von 20—26° C. Die 
Bakterie entwickelt sich am besten in der nicht gekochten und ge- 
hopften Würze (Weißbierwürze), besser in einer Weizenmalzwürze als 
in einer Gerstenmalzwürze. .Je höheren Alkoholgehalt das Bier hat, 
um so viel schwieriger wird es schleimig. Der Gehalt an Milchsäure 
ist auch ein wertvoller Schutz gegen den schleimbildenden Bazillus. Die 
schützende Wirkung der Milchsäure ist noch viel größer, wenn man zu 
gleicher Zeit Hefe hinzubringt. Die Essigsäure ist dagegen kein so 
scharfes Antiseptikum gegen den Pediokokkus. Es ist noch eine offene 
Frage, welchem der verschiedenen Stoffe im Weibbier resp. in der 
Würze (Zuckerarten, Dextrine, Eiweißstoffe) der wesentliche Anteil bei 
der Schleimbildung zukommt. Ueber den Ursprungsort des Pediokokkus 
bemerkt ScHönreELo, dab er im Malz liegen könnte; als Infektionsherd 
wird das Holz der Bottiche angegeben. 


Ueber das rote Bier spricht ebenfalls Schröper (1). Die Ur-> 


sache ist ihm nicht bekannt; er vermutet, dab Fehler bei der Malz- 
bereitung oder beim Maischprozeß, oder daß vielleicht das Wasser Schuld 
daran sind. Das Bier ist schal, trübe und fuchsig, Geruch und Ge- 
schmack sind schlecht. ©. REınkE (1) vermutet im Jahre 1885, dab 


diese Krankheit von Pediococcus cerevisiae verursacht wird, später, im» 


Jahre 1898, sagt er (3), dab die Ursachen, seines Erachtens nach, nicht 
nur im Auftreten gewisser Organismen sondern auch in der Beschaften- 
heit des Weizens zu suchen sind. ScHönrELp (9) hat bei den roten 
Weibbieren die Beobachtung gemacht, daß die Milchsäurebakterien, 


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welche im Weißbier in großen Mengen vorhanden sein sollten, fehlen. so 


Das Bier leidet unter Umständen an einem ganz eigentümlichen Ge- 
ruch, meist ist dieser ein fein aromatischer, der auf eine Aetherbildung 
zurückzuführen ist, bisweilen dagegen ist er unangenehm wie ein 
Geruch von Stickstoffdioxyd, in der Praxis häufig als „Chlorgeruch“ be- 


zeichnet. SCHÖNFELD erwähnt, daß schon dieWürze eine rote Farbe annehmen ;; 


kann. Als wirksame Faktoren werden u. a. gewisse Maischtemperaturen, 
Beschaffenheit des Malzes, Einfluß des Wassers und des Hopfens ange- 
führt. Diese Färbung kann durch die gärende Hefe wieder aufgehoben 
werden; mit der Erhöhung der Hefengabe steigert sich die Entfärbung. 
Die Gärung muß aber auch so geführt werden, daß die Milchsäurebak- 
terien kräftig zur Entwicklung kommen (warme Gärführung), diese ent- 
färben nämlich (sowie auch die Essigbakterien) auch die Würze. Scnön- 
FELD bemerkt, dab es Bakterien gibt, welche rotfürbend wirken können. 
In den roten Weißbieren sieht man häufig eine starke Sareinainfektion, 
diese ist aber nicht als die Ursache des Rotwerdens zu betrachten, son- 
dern steht mit der Verwendung eines, die Entwicklung der Sareina 
außerordentlich fördernden Wassers — Wasser mit salpeter- und salpetrig- 
saueren Salzen oder ammoniakhaltires Wasser in ursächlichem Zu- 
sammenhange. Ist eine starke Sareinainfektion vorhanden, so sind die 
Milchsäurebakterien stark unterdrückt, und die Sareina wirkt gar nicht 
oder sehr wenige entfärbend. 


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$ 59. Existenz und Zustandekommen der Sareinakrankheit. 


Der erste, welcher über das Vorkommen von „Sarcina“ im 
Biere berichtete, war Pasteur (1) im Jahre 1876. Er beschrieb und 
zeichnete ihre Form, ohne ihr einen besonderen Namen zu geben. 
;5Nach PastEeur gibt die Sareina dem Biere einen abscheulichen 
Geruch und macht es ungenießbar. Späterhin, im Jahre 1880, er- 
wähnte Hansen (2) die Bakterie unter dem Namen Sarcina und gab 
eine Zeichnung davon. Er fand sie in der Betriebswürze, dann (6) im 
Jahre 1882 in der Gärkellerluft, wo er sie mittelst gehopfter Bierwürze 
wnachwies. Er (8) legt im Jahre 1883 Gewicht darauf, daß Versuche 
über künstliche Erzeugung der Sarcinakrankheit möglichst unter den 
Bedingungen der Praxis gemacht würden, beginnend mit Infektion der 
Stellhefe. Eingehend beschäftigte sich Batcke (1) im Jahre 1884 mit 
der „Sarcinakrankheit* des Bieres. Er zuerst bezeichnete als deren 
ıs Urheber den Pediococceus cerevisiae im (segensatz zu der Bezeichnung 
Sareina, um damit auszudrücken, dab der betreffende Organismus nur 
ein zweidimensionales Wachstum habe im Gegensatz zu den echten 
Sareinen, die nach drei Richtungen des Raumes wachsen (vgl. Bd. I, 
S. 96 u. 143). BaLckeE gibt von seinem Pediococcus eine kurze Morpho- 
»logie und Physiologie. Die durch ihn verursachte Krankheit besteht 
in einer Trübung nebst Geschmacksverschlechterung der Biere. Die 
Herkunft des Pediococcus sucht er hauptsächlich in der Mälzerei, von 
wo aus er in die Brauerei verschleppt werde, hauptsächlich durch die 
Schuhe der Mälzer auf das Kühlschiff. 

25 Die Erfahrungen von FRANckE (1) im Jahre 1884 stimmen mit denen 
Batcke’s überein. Als Hauptinfektionsursachen bezeichnet FRANXCKE 
noch die Unreinlichkeit insbesondere der Rohrleitungen, das Faßgeläger, 
sowie die Einschleppung durch fremde Hefe; Hefenextrakt sei ein vor- 
zügliches Nährmittel für den Pediococeus. Als Gegenmittel empfiehlt er 

»außer rationeller Reinlichkeit den Zeugwechsel und das Zeugschlemmen, 
sowie einen hohen Vergärungsgrad. FRANncKE behält auch die von 
BaucKE vorgeschlagene Namensbezeichnung Pediococeus bei. Doch pflegt 
der Sprachgebrauch dessenungeachtet auch heute noch die in Rede 
stehende Krankheit als „Sarcinakrankheit* zu bezeichnen; im nach- 

folgenden wird diesem Sprachgebrauch Rechnung getragen. Ebenso 
spricht man von „Sareinaorganismen“ im allgemeinen, worunter außer 
den echten Sarcinen häufig auch die Pediokokken verstanden werden. 
Da letztere das Bild einer kreuzweis zusammengeschnürten Kugel bieten, 
also auch wie ein Paket (lat.: sarcina) aussehen, so ist es gerechtfertigt, 

‚die Pediokokken der Sarcinagruppe anzureihen. 

Auf den Hopfen, als eines der besten Schutzmittel gegen den 
Pediococeus macht Hayvuck (1 u. 3) im Jahre 1885 und 1888 aufmerk- 
sam. Ueber Rotfärbunge von Bieren durch Sareina s. S. 221. 

In eingehender Weise behandelt S. vox Hurs (1—35) in den Jahren 
1885 —1888 die Sarcinafrage nach folgenden Gesichtspunkten: 1. Her- 
kunft der Sareina von außen; 2. Infektionsstellen in der Brauerei 
selbst; 3. Bekämpfung der Krankheit im Entstehen, sowie nach 
bereits erfoletem Ausbruch. Aus Pferde- und Menschenharn stammend 
gelangt nach von Hurm die Sareina in den Erdboden, in die Luft 
und ins Wasser, so dab jene Keime allgemein in der Natur ver- 


_— 23 — 


breitet sind und leicht in die Brauerei Eingang finden können. Wie 
schon BALckE bezeichnet auch von Hura das Kühlschiff als den Ver- 
mittler für die Uebertragung der Sarcinaorganismen aus Gerste in den 
Brauereibetrieb, woselbst sie dann auf mancherlei Art verschleppt werden 
und zu Selbstinfektionen Veranlassung geben können. Zur Abtötung 
der Sarcina in der Stellhefe empfiehlt er, letztere mit Weinsäure 
(6 & auf1 kg breiiger oder dünnflüssiger Hefe) zu behandeln; die sogen. 
„Weinsäurekur“. Die in wässeriger Lösung gegebene Säure wird mit 
der Hefe tüchtig verrührt und 6—12 Stunden ruhig stehen gelassen; 
dann gibt man das Ganze zur Würze in den Bottich. Die damit er- 
zielten Erfolge sollen angeblich zufriedenstellend sein. S. von Hurs 
machte die Beobachtung, daß die Sarcina in ammoniakalischen Nähr- 
böden vorzüglich gedeiht, weshalb er auch zum Nachweis, z. B. in der 
Gärkellerluft, ammoniakalische Würze mit Erfolg anwandte. Ueberhaupt 
wies der Autor auf den Einfluß der Reaktion des Nährbodens und deren 
Veränderung infolge der Sareinavegetation als einen wesentlichen Faktor 
hin. Er konstatierte bereits den ungünstigen Einfluß säurebildender 
Konkurrenten auf die Entwicklung der Sarcina. 

Mit den bahnbrechenden Arbeiten Lixpxer’s (1—5) begann im 
Jahre 1886 die Periode exakter Sarcinaforschung, da er und seine 
Nachfolger mit Reinkulturen dieser Organismen arbeiteten. Der von 
diesem Forscher aus sarcinatrübem Biere abgeschiedene, in Fleischsaft- 
gelatine und Fleischsaft gezüchtete Pediococeus cerevisiae tritt als einzelner 
Kokkus von 0,9—1,5 u Durchmesser, als Diplokokkus und in Tetraden 
auf; er war jedoch niemals zur Form echter Sarceinen zu bringen. Unter 
gewissen Bedingungen bildet er auch abnorme Formen (Involutions- 
formen). Dauersporen bildet der Pediococeus cerevisiae nicht; bei 8 Mi- 
nuten langem Erhitzen auf 60° C werden die Zellen getötet. Er ist 
luftliebend, erzeugt nur wenig Milchsäure und wuchs bei den Labora- 


10 


15 


20 


25 


toriumskulturen nur in neutralen oder alkalischen Nährböden. In ge-» 


hopfter Bierwürze ging er nur an, wenn er aus neutralem Malz- 
extrakte in jene übertragen wurde, nicht aber aus Fleischsaft. Letzterer 
und auch Malzextraktlösung wurden durch das Wachstum des Orga- 
nismus getrübt, ebenso auch gehopfte Bierwürze; jedoch waren keine 


erheblichen Geruchs- und Geschmacksveränderungen darin wahrzunehmen. s 


Da auch alle Versuche, den Pediococcus an steriles Bier zu gewöhnen, 
erfolglos waren, so blieb es vorerst noch zweifelhaft, ob er außer 
Trübungen dem Biere auch noch geschmackliche Nachteile bringe, ob 
also der Pediococeus cerevisiae wirklich der Erreger der sogen. Sarcina- 
krankheit des Bieres in ihrem vollen Umfange war. Lixpser fand 
seinen Pediococeus an verschiedenen Oertlichkeiten der Brauerei. Ein 
der Form nach ähnlicher Pedioeoceus ist der im 11. Kapitel zu betrach- 
tende, gleichfalls von Lıwpner (2) im Jahre 1887 aufgefundene Pedio- 
eoceus acidi lactiei, 

Im Jahre 1888 faßte Linoser (5) die Beschreibung dieser, sowie 
einer Reihe anderer Sareinaorganismen in seiner Dissertation zusammen. 
Es ist daraus ersichtlich, daß in den Gärungsgewerben die Sarcina- 
gruppe durch zahlreiche Arten vertreten ist. Außer den beiden ge- 
nannten Pediokokken dürften jedoch nur noch Sareina flava, Sarcına 
aurantiaca und Sarcina alba einiges Interesse für die Brauerei erregen, 
da sie in amerikanischen Bieren Krankheit erzeugt haben sollen. Dazu 
kam dann noch im Jahre 1889 die Auffindung des Pediococeus viscosus 
durch Linoner (7) in Berliner Weißbier, das fadenziehend geworden 


“ 


—_ 24 — 


war (s. S. 220). Ein Pediocoeccus von ähnlichen Eigenschaften wurde 
auch von Brown (2) und Morrıs im Jahre 1895 aufgefunden und zwar 
in der Gärkellerluft, welche durch die Nähe einer Schlächterei infiziert 
war. Von englischen Forschern beschreibt Heron (1) im Jahre 1899 
;snoch einen sarcinaartigen Organismus, der die Biere schleimig macht 
(5.38:5218). 

Da es Linpxer nicht gelungen war, mit einer Reinkultur seines 
Pediococcus ein sarcinakrankes Bier zu erzeugen, trotzdem diese Krank- 
heit von einer Reihe von Forschern beobachtet worden war, so wurde 

ıodie Existenz einer Sarcinakrankheit überhaupt in Abrede gestellt und 
zwar zuerst von PETERSEN (1) im Jahre 1900. Dieser hatte häufig Ge- 
legenheit, Sareinaentwicklung in Bieren zu beobachten, ohne dab "diese 
Krankheitserscheinungen zeigten. Auch Hansen (10) bezweifelte die 
krankheiterregende Eigenschaft des Pediococcus. Kurz danach, im Jahre 
151890, gelang es LINDNER (8), durch Impfen von Reinkulturen seines 
Pediococcus auf reingezüchtete Anstellhefe ein Bier zu erzeugen, das 
Trübung, Geschmacksverschlechterung und Entfärbung zeigte, also die- 
jenigen Eigenschaften besaß, die für sareinakranke Biere charakteristisch 
waren. Doch trat dabei die eigentümliche Erscheinung auf, dab nur 
»ein Teil der künstlich erzeugten Biere die Krankheit bekam und zwar 
in verschieden starkem Grade; ein anderer Teil der Proben blieb trotz 
Anwesenheit des Infektionskeimes von der Erkrankung verschont. Wenn 
nun auch die Existenz dieser Krankheit erwiesen war, SO 
waren doch die Umstände, unter welchen sie eintrat, experimentell 
s nicht sicher gestellt. Dies gab JÖRGENSEN (1) im Jahre 1890 Veran- 
lassıng, geren Linpxer den Vorwurf zu erheben, seine Versuche seien 
nicht in enger Anlehnung an die Bedingungen im praktischen Betriebe 
angestellt und daher auch — selbst die Versuche mit positivem Erfolg 
— für die Praxis wertlos. Jedenfalls gäbe es Sarcinaarten, die keine 
30 Krankheit erzeugten. Auch Prıor spricht die Ansicht aus, daß gemäß 
seiner Beobachtungen die mit den Sarcinen stets einhergehenden anderen 
Organismen die Krankheitserreger sein dürften, nicht die Sareinen selbst. 
Wıru (1 u. 3) äußerte sich in den Jahren 1890 und 1891 zu der Frage 
in dem Sinne, dab es allerdings Sarcinakrankheit gäbe und hauptsäch- 
3lich bei hellen, selten bei dunklen Bieren; ihm scheine aber diese Bier- 
trübung das Symptom einer präexistierenden, durch Fabrikationsfehler 
hervorgerufenen Bierkrankheit, nicht durch die Sareinen direkt veran- 
laßt. Wıru schließt dies daraus, daß er in sarcinatrüben Bieren stets 
größere Gummimengen antraf; durch den schleimigen, gequollenen Zu- 
40stand dieser Körper würden die Sarcinaorganismen, sowie eiweibartige 
Körper in der Schwebe gehalten und daher zu Trübungserregern. Ob 
außer Trübung und Entfärbung auch noch geschmackliche Veränderung 
der Biere eintritt, hielt Wırı (5) für ungewib. 

Diese verschiedenen Meinungen über die Existenz der Sareinakrank- 

s heit erfuhren im Jahre 1894 zugunsten der Ansichten Lixpxer’s ihre 
einstweilige Klärung durch die Arbeit von Reıcnarp (1). Der von ihm 
aus krankem Biere auf gehopfter Würzegelatine gezüchtete Pediococeus 
sarceinaeformis war nicht luftliebend, wie der Lisoxer’ 'sche, sondern mehr 
luftscheu (welchen Charakter auch im allgemeinen die von späteren Ver- 

so fassern isolierten Pediokokken tragen), obwohl er zum Wachstum des 
Sauerstoffs, aber nur einer sehr eeringen Menge desselben, bedurfte. 
Er wuchs gut in Gerstenwaschwasser und sterilem Bier, jedoch nicht 
in pasteurisiertem. Mit Reinhefe vermischt und auf Würze gebracht, 


—_— 23 — 2 


wuchs er jedoch in dem so entstandenen Biere. Säure bildete er mehr 
als der Lıinoxer’sche, und ebenso wie dieser erregte er manchmal Krank- 
heit, manchmal nicht. 

Bezüglich des Entstehens und des Unterbleibens der Krankheit im 
Betriebe beobachtete man folgendes: Wurde die Würze mit Luft über- 
sättigt und mit einer hochvergärenden Hefe schon bei der Hauptgärung 
stark vergoren, so daß auf dem Lagerfasse die Nachgärung ruhig ver- 
lief (Nachreife), so wuchsen die Pediokokken ruhig am Boden des Fasses 
"im Faßgeläger, und die Biere wurden später, obwohl pediokokkenhaltig, 
nicht krank. Verlief die Nachgärung des pediokokkenhaltigen Bieres 
jedoch kräftig unter Ausstoßen des Schaumes, oder wurden Biere mit 
pediokokkenhaltigem Geläger aufgekräust, so dab sie unter Ausstoben 
von Schaum in kräftige Nachgärung kamen, dann wurden die Pedio- 
kokken aus ihrer Ruhe am Grunde des Fasses aufgestört, die Nester 
zerrissen, die Einzelindividuen durch die Kohlensäure des Bieres in eine 
Region geringer Sauerstoffspannung hinaufgehoben und dort in der 
Schwebe gehalten. Durch dieses, je nach der Dauer der Nachgärung 
kürzere oder längere Schwebenbleiben der Einzelindividuen im 
Biere gewinnen diese für sich, sowie für ihre Nachkommen die Fähig- 
keit, das Bier später, ja selbst schon auf dem Lagerfasse, krank zu 
machen, und zwar hängt bei ursprünglich gleich starker Infektion und 
gleicher Disposition des Bieres für die Krankheit die Intensität der- 
selben von der Dauer der Nachgärung- ab. Solche krankmachende, in 
der Nährflüssigkeit schwebende Keime bezeichnet ReıcHarp als viru- 


lent im Gegensatz zu den lediglich am Boden der Gefäße lebenden,: 


unschädlichen Pediokokken. In ungehopfter Würze kultivierte Pedio- 
kokken erwiesen sich als nicht virulent, da sie das Bier nicht krank 
machen konnten (also ähnlich wie die von Lixpxer auf Fleischsaft ge- 
zogenen Pediokokken). Die Pediokokken der Stellhefe erwiesen sich als 


bedingungsweise virulent, da sie je nach der Behandlung der: 


- Biere auf dem Lagerfasse Krankheit erregten oder nicht. Unter 
_ allen Umständen jedoch virulent waren die Keime, die aus krankem 
Biere herstammten, da sie, auf gesundes Bier verpflanzt, dieses stets 
sehr rasch trüb und schlechtschmeckend machten, ohne erst vorher 


am Boden Kolonien gebildet zu haben. Diese im Betriebe ge- x 


machten Beobachtungen fanden im Laboratorium ihre experimentelle 
Bestätigung. Es ist demnach bei vorhandener Infektion mit „Sarcina“ 
das sogen. Aufkräusen (s. S. 152) zu unterlassen; ferner sind alle sar- 
einahaltigen Provenienzen aus dem Lagerkeller peinlichst vom Betriebe 


fern zu halten, da die in jenen enthaltenen Sarcinaorganismen (bzw.: 


Pediokokken) einen bösartigen (virulenten) Charakter besitzen. 

In Gemeinschaft mit Rıens (1) setzte Rrıcnarp im Jahre 1895 
seine Versuche behufs Erforschung der Mittel zur Bekämpfung der 
Krankheit im Betriebe fort. Empfehlenswert erwies sich das Stopfen 
frischen rohen Hopfens aufs Lagerfaß, ca. 30 & auf 1 hl, worauf das 
Fab verspundet wird. 

Am meisten empfehlen die beiden oben genannten Verfasser folgendes 
Verfahren: Man macht einen stärker als gewöhnlich gehopften Sud und 
kräust damit die mit den Sareinakeimen behafteten Biere, ja selbst 


solche, die bereits in den ersten Stadien wirklich ausgebrochener KEr-: 


krankung stehen, auf, und zwar in der Menge von 2 Liter Kräusen 

auf 1 hl Bier, dann schlägt man die Fässer sofort zu Die 

'Kellertemperatur muß dabei eine niedere sein. Auf diese Weise gehen 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle, Bd. V, 1b 


[31 


10 


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—_— 26 — 


die bereits virulent gewordenen Pediokokken allmählich zu Boden 


und stellen ihre krankmachende Tätigkeit ein. Nach längerer Spund- 
dauer zieht man das Bier ab und filtriert es scharf, wobei ein bereits 
auf dem Lagerfaß etwa vorhanden gewesener unangenehmer Geruch in 

;sder Filtermasse bleibt. Dieses Verfahren wurde auch von anderer Seite 
in der Praxis wiederholt als bewährt gefunden. Prıor (3) hat es mit 
gleich günstigem Resultat nachgeprüft und hält es auch zur Unter- 
drückung anderer Bakterien für wirksam; ebenso Vocer (1). Um die 
Stellhefe möglichst von Sarcinen zu befreien, wird das kräftige Waschen 

und Abschlämmen mit Wasser empfohlen. Unvollständiges Waschen 
kann die Gefahr eher vergrößern. In noch höherem Maße ist dies bei 
der vo Hurn’schen Weinsäurekur der Fall, durch welche — außer 
einer Begünstigung der wilden Hefe — infolge zu geringer Weinsäure- 
gabe eine Zerteilung der Sarcinanester ohne Abtötung der Einzel- 

ısindividuen herbeigeführt wird; vgl. SCHÖNFELD (6) und Lınpxer (10), 
welch letzterer in solchem Falle von „Miliarsareinose“ spricht. Was die 
Veranlagung des Bieres selbst für die Erkrankung durch Sareina be- 
trifft, so wurde von ReıcHarp und RıEHu die Erfahrung mitgeteilt, dab 
Würzen mit schlechter Verzuckerung, sowie solche aus harten Gersten 

»zur Erkrankung disponieren. Die Mitteilungen der Wissenschaft- 
lichen Station in München (1888/89) über die Gefahren, welche 
schlecht verzuckerte Würzen bringen, wurden demnach auch bezüglich 
der Sarcinakrankheit als zutreffend befunden. Auch Pkror (1) machte 
hier einschlägige Beobachtungen über glutinreiche Gersten des Jahres 

21893, und Wınpısch (2) Konstatierte im Jahre 1895 und ScHÖNFELD (5) 
im Jahre 1899 gutes Sarcinawachstum besonders in Bieren mit schlechter 
Verzuckerung (vergl. S. 206). In Jahrgängen, die uns schwer lösliche, 
stickstoffreiche Gersten und schwer verzuckernde Malze bringen, kann 
demnach die Sarcinakrankheit gewissermaßen epidemisch werden. 

30 Mit Zuhilfenahme des von ihm eingeführten Hefenwassers bzw. 
der Hefenwasser-Gelatine gelang es SCHÖNFELD (1), weitere wichtige 
Einblicke in das Sareinaleben zu tun. So vermochte er im Jahre 1897 
vermittels Sarcinakulturen, die in Hefenwasser-Gelatine herangezüchtet 
waren und aus trübem Biere stammten, pasteurisierte Biere derart zu 

»; infizieren, dab sie krank wurden. Also in Hefenwasser behauptet sich die 
Virulenz der Sareinen. Sarcinen aus feuchtem Malz und aus Mälzerei- 
staub, welche auf Würze und Bier nicht wuchsen, gediehen im Hefenwasser, 
so dab dieses zufolge SCHönrELD (4) gewissermaßen das Sprungbrett 
dieser Bakterien für den Betrieb bilde. Was die Hefe selbst anbelangt, 

so sind verschiedene Rassen in verschiedenem Grade widerstandsfähig 
gegen Sarcinen; wilde Hefe hat die stärkste Widerstandskraft. Von 
den Bieren hält Schönreuo (4) die dunklen für empfänglicher als die 
hellen. Bezüglich des Luftbedürfnisses seiner Pediokokken sagt er, die- 
selben seien mehr anaerob als aerob und würden virulent, wenn „kaum 

sein Atom“ Sauerstoff hinzuträte. Um also eine etwaige Infektion im 
Biere zu erkennen, bewahre man es in voll gefüllten Flaschen luftdicht 
verschlossen auf und zwar bei 16—21° C, da die Luft das Sarcina- 
wachstum hemmt. 

Ueber die Quellen der Sarcinainfektion stellte Scnönrernn (3) im 

so Jahre 1898 ausgedehnte Versuche an. Vermittels gewöhnlichen oder 
ammoniakalisch gemachten Hefenwassers bzw. -Gelatine fand er die 
Hauptinfektionsquelle in der Luft, welche über gedüngte Felder (s. 
S. 160) streicht; ihr Zutritt muß durch Schließen der Gärkellerfenster 


bei der von den Feldern kommenden Windrichtung, bzw. durch Zufuhr 
filtrierter Luft vermieden werden. Eine besondere Gefahr liegt im 
Pferdestalldünger. 

Weitere Studien SCHÖNFELD’S (5) beschäftigen sich mit der Viru- 
lenz der Sarcinaorganismen, einen Begriff, über welchen er (2) folgende 
Definition gibt: „Unter Virulenz soll die physiologische Eigenschaft zu- 
sammengefaßt werden, welche ein Freischweben der Keime bedingt und 
in diesem Zustande bei kräftiger Vermehrung eine zur Krankheit 
führende Entwicklungsrichtung in sich schließt, die sich in der Bildung 
eines lang anhaltenden Schleiers resp. einer Trübung der Kulturflüssig- 
keit geltend macht.“ Unter den Hopfenbestandteilen hemmt das Lupulin 
die Vermehrung nur in geringem Maße; die Virulenz dagegen wird er- 
heblich unterdrückt, wie überhaupt bei allen Angriffen gegen die Sarcina 
zuerst die Virulenz Einbuße erleidet, während das bloße Weiterwachsen 
noch gut vor sich gehen kann. Das Hopfenweichharz, und zwar, wie 
Barr# (1) im Jahre 1901 fand, insbesondere das 8-Harz, ist ein intensiv 
wirkendes Sarcinagift, also in dieser Beziehung der wichtigste anti- 
septische Hopfenbestandteil; doch verhalten sich nach Barr# nicht alle 
Sarcinaorganismen den Hopfenharzen gegenüber gleich. Nach SCHÖNFELD 


gewähren 2,5—5 kg Hopfen auf 100 kg Malz wenn auch nicht immer 


absoluten, so doch hinreichenden Schutz gegen die Krankheit. Inter- 
essant sind auch noch die Versuche ScHönreELp’s über Schutzimpfung 
von Bieren, vermittels eines Bieres, das die Sareinakrankheit über- 
standen und sich bereits wieder geklärt hat. Erhöhter Kohlensäure- 


druck hemmt die Virulenz der Sareina. Unter den Eiweißstoffen wirken: 


Peptone und Amide auf die Virulenz der Sarcinen gleichmäßig ein, 
während für die Vermehrung die Peptone zünstiger sind. 

Die letzte Schönreuv’sche (7) Abhandlung dieser Reihe im ‚Jahre 
1899 befaßt sich mit der Fortzüchtung verschiedener, aus Lagerbier 


isolierter Sareinaarten, wobei sich je nach Wechsel der Nährböden eine: 


manchmal sehr bedeutende Formveränderung zeigte, bestehend in der 
Bildung und dem Zerfall von Paketen. Auf Grund solcher Erscheinungen, 
die geeignet sind, die Variabilität der Sarcinaorganismen zu veran- 
schaulichen, versuchte ScHönrELD seine verschiedenen Arten zu klassifi- 
zieren. 

Eine ähnliche Rolle, wie nach SchönreLn das Hefenwasser, spielt 
nach Reıcharn (2) ein mit Brauereiabtällen, insbesondere zerfallender 
Hefe, durchsetzter Erdboden, in welchem die Pediokokken der Feldlutt 
unter zahlreichen Konkurrenten eine durch zunehmende Eintrocknung 
begünstigte Auslese erfuhren und, allerdings nur in geringen Mengen, 
zum Ueberdauern der alkoholischen Gärung gebracht werden konnten, 
ohne jedoch das Bier krank zu machen. Ebenso schlugen Versuche, die 
in ammoniakalischem Hefenwasser aufgefangenen Sareinen der Feldluft 
an die Biergärung zu gewöhnen, fehl. Enthält der Brauereiboden jedoch 
bereits aus dem Betriebe selbst stammende Pediokokken, dann ist kein 
Akklimatisationsprozeß mehr, wohl aber noch eine Auslese nötig, um 
jene von ihren vielen Konkurrenten zu befreien. Diese Auslese geschieht 
durch die mit Luftbeschränkung einhergehende alkoholische Gärung des 
Betriebs, in welcher solche Pediokokken über ihre Konkurrenten vor- 
herrschen und dann direkt bierschädlich werden können. 

Vermittels Gärung mit Luftbeschränkung und der successiven, in 
kleinen Mengen fortgesetzten Impfung der Gärflüssigkeit mit sareina- 
haltigen Medien verschiedener Herkunft wurde gefunden, daß die „Sar- 


10* 


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—_ 22383 — 


cinen“ des Mälzereistaubs (s. S. 164) schon nach Verlauf weniger Gärungen 
imstande waren, ein sarcinakrankes Bier hervorzubringen. REICHARD 
nimmt ein durch verschiedene Beobachtungen begründetes parasitisches 
Verhältnis zwischen der Sarcina und der Kulturhefe an. 

5 Aus Grünmalz isolierte Soruıen (1) im Jahre 1904 Pediokokken, 
indem er jenem bei 32° C 5—10 Proz. Alkohol zusetzte. Weitere zwei 
Pediokokken-Arten isolierte er aus mit 10 Proz. Alkohol versetzten rohen 
Kartoffeln. Einer derselben, Pediococeus Hennebergi, ist mit den bekannten 
Pediokokken nicht identisch. Im gleichen Jahre fand und isolierte 

ıoSCHÖNFELD (12) zwei Arten von Pediokokken, welche als Erreger der 
Schleimkrankheit beim Berliner Weißbier (s. S. 221) anzusehen sind. 


$ 60. Der gegenwärtige Stand der Sarcinafrage. 


Ein weiterer Fortschritt in der Klärung der Sarcinafrage, be- 
stehend in der Auffindung zweier wohl charakterisierter Pediokokkus- 
arten, wurde durch die im Jahre 1903 vollendete Arbeit von N. HJELTE 
Öraussen (1—3) gemacht. Er isolierte Pediokokken aus dänischen, 
deutschen, a und amerikanischen Bieren vermittelst Reinkulturen 
in gehopfter Würze, indem er die der Pediokokkenkultur schädlichen 
Konkurrenten mit schwächeren Lösungen von saurem Fluorammonium 
2, abtötete; die Bierpediokokken sind relativ unempfindlich gegen die Ein- 
wirkung solcher Agentien. Die isolierten Pediokokken wuchsen ohne 
Schwierigkeit in gehopfter Würze und in pasteurisiertem Biere und 
riefen in letzterem Krankheitserscheinungen hervor. Sie ließen sich als 
zwei wohlgesonderte Arten auffassen: Pediococeus dammosus gibt 
» den meisten Bieren einen unangenehmen Geruch und Geschmack, aber 
nur unbedeutenden Bodensatz, ohne das Bier zu trüben. Pediococeus 
perniciosus gibt einen gleich schlechten Geruch und Geschmack und 
auberdem noch Tr übung. Gewisse Biere lassen keine Geschmacks- und 
Geruchsverschlechterung erkennen, trotz guter Entwicklung des Pedio- 
30 coceus damnosus; hier ist die Beschaffenheit des Bieres ausschlaggebend, 
nicht die des Pediococeus. Ein und dieselbe Art ruft im gleichen Biere 
stets wesentlich die gleichen Krankheitserscheinungen her vor, falls die 
Eigenart des Bieres eine Entwicklung überhaupt gestattet. Durch ge- 
eignete Züchtungsweise in verschiedenen Nährböden konnte eine Ver- 
3zögerung des Wachstums im Biere hervorgerufen werden, ja selbst ein 
völliges Aufhören der Entwicklung, während ein Schütteln des 
Zuchtgefä bes die Entwicklung in hohem Grade begünstigt. 
Auch das Sauerstoffbedür fnis kann je nach dem Nährboden und 
der Temperatur sehr variieren. In einem günstigen Nährboden, z. B. 
soin Würze, und bei mittleren Temperaturen sind die Pediokokken gegen 
den Sauerstoff ziemlich indifferent; im allgemeinen jedoch ist eine ge- 
ringere Sauerstoffspannung als die der Atmosphäre die günstigste für 
das Wachstum. Sämtliche isolierte Bierpediokokken bilden Säure in 
kohlenhydrathaltigen Nährflüssigkeiten und wachsen in saueren oder 
sneutralen Nährlösungen. In ammoniakalischem Hefenwasser, sowie über- 
haupt in alkalischen Flüssigkeiten gingen sie nicht an. Auf Grund 
seiner Befunde hält Craussen auch die Annahme einer verschiedenen 
Virulenz bei ein und demselben Pediokokkus für nicht begründet oder 
doch überflüssie. Es ist ihm nicht gelungen, zu beobachten, dab der- 
soselbe Pediokokkus, welcher in gewissen Fällen in irgend einer Biersorte 


— 229 — 


Krankheit erregt, in anderen Fällen (z. B. auf andere Weise gezüchtet) 
in demselben Biere sollte wachsen können, ohne es krank zu machen. 

Bereits gelegentlich der Kontroversen über die Existenz einer 
Sarcinakrankheit hat Linpser betont, daß eine Pediokokkuszelle, die 
aus einer Kultur aus Fleischsaftgelatine stammt, etwas ganz anderes 5 
ist als eine im Bier geborene Zelle, daß ein auf neutralem oder gar 
alkalischem Nährboden entstandener Keim für sauere und alkoholische 
Nährmedien nicht genug angepaßt ist, um sich hier wie ein ein- 
geborener Keim zu verhalten. Lispxer hat dadurch den Grund zu der 
Anschauung über Anpassungsfähigkeit und Variation der Bierpedio- ıo 
kokken gelegt, d. h. über ihre Eigentümlichkeit, sich je nach den 
Lebensbedingungen andere Eigenschaften zu erwerben. Es würden sich 
dadurch die manchmal widersprechenden Angaben der Forscher über 
manche Eigenschaften der von ihnen gezüchteten Pediokokken erklären, 
vorausgesetzt, daß keine wirklich verschiedenen Arten vorlagen. Diese ıs 
Lrvpoxer’sche Ansicht ist die herrschende geworden, weshalb die gegen- 
teiligen Schlüsse CLaussen’s auf Widerspruch stießen, sowohl jene betrefis 
der Brauchbarkeit ammoniakalischer Nährböden für Bierpediokokken, 
als auch jene betreffs deren Virulenz und Variabilität. 

Wisr (12), der schon im Jahre 1901 das ammoniakalische Hefen-: 
wasser zur Untersuchung des Brauwassers auf Sarcina eingeführt hatte 
(s. S. 157), hat in Gemeinschaft mit R. Braun (1) im Jahre 1904 ge- 
funden, daß bei direkter Einimpfung »von Sarcina aus kranken Bieren 
auf ammoniakalisches Hefenwasser allerdings nicht immer eine Entwick- 
lung erfolgte; andererseits aber ergab eine Sarcinareinkultur, welche » 
vorher nicht in ammoniakalischem Hefenwasser wuchs, dann eine starke 
Entwicklung darin, wenn diese Sarcina etwa 14 Tage lang ungünstigen 
Bedingungen ausgesetzt war. Wırz hält demnach an der sehr guten 
Brauchbarkeit des ammoniakalischen Hefenwassers fest. Auch ScHöx- 
FELD (11) ist noch nicht von der Unbrauchbarkeit des ammoniakalischen so 
Hefenwassers überzeugt und glaubt, gestützt auf Erfahrungen und auf 
Analogien bei anderen Organismen, daß die Sarcinafrage nicht nur mit 
der Auffindung neuer Pediokokkenarten ihre Lösung finden könnte, 
sondern daß sie auch eine Frage der Akklimatisation, Variabilität und 
Virulenz sei. Weitere Mitteilungen über erfolgreiche Anwendung von: 
ammoniakalischer Nährflüssiekeit hat auch Hase (1) gebracht. 

In seiner Stellungnahme zu der Arbeit von ÜLAaussen betont Zıkes (2) 
im Jahre 1904 seine Uebereinstimmung mit den Ansichten SchönrkuLp's 
über Variabilität, Akklimatisation und Virulenz und fügt den von diesem 
dafür angeführten Beispielen noch solche aus eigener Erfahrung bei.ı 
Wegen der großen Variabilität in fast allen Eigenschaften bei Variierung 
des Nährbodens könne überhaupt nicht von bestimmten bier- 
schädlichen Sarcinen gesprochen werden. Zıkks ist nicht für die 
Verwendung ammoniakalischen Hefenwassers als Propagierungstlüssigkeit 


ID 
S 


I 


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für die bierschädliche Sarcina, da sie darin ihre Biervirulenz — also 
das, worauf es gerade ankomme — einbüße. 


In diametralem Gegensatz zu diesen Anschauungen stellt sich neuer- 
dings Uraussen (4), indem er nochmals auf die trotz verschiedenartiger 
Behandlungsweise völlige Konstanz seiner beiden Pediococeus-Arten hin- 
weist. Der Glaube an eine Umwandlung echter Sarceinen in Bierpedio- ; 
kokken dürfte seiner Ansicht nach auf einem Irrtum beruhen, hervor- 
gerufen durch die dem Hansen’schen Grundsatz zuwiderlaufende Ver- 
wendung von Hefenwasser und Kleischsaft, welche einer spontanen 


— 230 — 


Luftinfektion durch Sareina außerordentlich leicht zugänglich seien. — 


Es ist möglich, daß die Züchtungsbedingungen, unter welchen CLAussEN - 


arbeitete, insbesondere die verwendeten Nährsubstrate Würze und Bier, 
etwa infolge besonders günstiger Beschaffenheit, weniger geeignet waren, 
sgewisse Anpassungsstufen seiner Pediokokken schärfer in die Erscheinung 
treten zu lassen, während Anläufe dazu immerhin auch bei ÜLAussEN 
nicht ganz fehlen. Auch mag Crnaussen Pediokokken unter den Händen 
gehabt haben, die, wenn auch identisch mit manchen Arten seiner Vor- 
gänger, doch bereits derart angepaßt und in ihren Eigenschaften ge- 
ıfestigt waren, dab sie nur wenig Neigung mehr zu Rückschlägen nach 
früheren Abstammungsformen zeigten. ‚Jedenfalls steht das Eine fest, 
dab es Bierpediokokken und überhaupt Sarcinaorganismen der Brauerei 
gibt, die unter den Einflüssen chemischer, physikalischer und biologischer 
Einwirkungen nicht unwesentlichen Schwankungen und Aenderungen 
ıs mancher belangreicher Eigenschaften zugänglich sind. Es läßt dieses 
Verhalten einesteils auf eine gewisse Empfindlichkeit der betreffenden 
Organismen schließen, welcher sie auch häufig genug zum Opfer fallen; 
andererseits aber zeigt sich auch manchmal eine auffallende Fähiekeit 
der Anpassung und des Festhaltens erworbener Eigenschaften und eine 
zo dadurch bedingte ganz unerwartete, besonders bei Gegenwart von Hefe 
zu beobachtende Lebenszähigkeit. Durch ihre Empfindlichkeit einerseits 
und ihre Anpassungsfähigkeit andererseits ist die Möglichkeit einer 
Bildung von Varietäten nahe gerückt und der Schlüssel für ein ver- 
schiedenes Verhalten dieser Organismen je nach ihrer Herkunft geliefert. 
25 Bei einer genügenden Variierung des Sarcinamaterials, sowie insbesondere 
deren Lebensbedingungen dürften sich Verhältnisse ergeben, welche diese 
Eigentümlichkeiten zum Ausdrucke bringen, eine Aufgabe, die im Gegen- 
satz zu den bisher mehr oder minder bloß gelegentlichen Erfahrungen 
darüber einer methodischen, zielbewußten Bearbeitung würdig wäre. 
30 Darüber liegen bereits mehrfache Beobachtungen vor, daß der Durch- 
gang reingezüchteter, bierschädlicher Pediokokken durch gewisse Nähr- 
böden die Virulenz der Pediokokken abstumpfen kann; die künstliche 
Herstellung eines kranken Bieres aus solchen Kulturen ist, wenn über- 
haupt, dann nur durch einen länger dauernden Anpassungsvorgang 
3 möglich. In den Zwischenstadien der Anpassung kann eine gewisse 
Zeit hindurch Sarcinawachstum ohne Krankheitserscheinung bemerkt 
werden; hingegen ist die Herstellung eines sarcinakranken Bieres ver- 
mittelst virulenter Pediokokken ein einfacher, sich rasch abwickelnder 
Infektionsvorgang, wobei die Neigung zur Krankheitserscheinung unab- 
so hängig von der Stärke des Wachstums erscheint. Bezüglich des Begriffes 
„Virulenz“ ist übrigens nicht außer acht zu lassen, daß dieser als 
Konsequenz des längst eingebürgerten Begriffs „Bierkrankheit* . ebenso 
wie letzterer eine Verschiebung gegenüber dem in der medizinischen 
Bakteriologie üblichen erleiden muß. Pflanzliche und tierische Individuen 
4 gleicher Art reagieren trotz der eine gewisse Rolle spielenden indivi- 
duellen Disposition in wesentlich gleichem und daher für die be- 
treffende Art wissenschaftlich festgestelltem Sinne auf 
Eingriffe in ihren Organismus und wehren sich dageren. Man kann 
daher aus dem Grade dieser Reaktion auf die physiologische Beschaffen- 
so heit der angreifenden pathogenen Bakterie schließen. Das Bier jedoch, 
als lebloser Körper von sehr verschiedenartiger und selbst schon während 
seines Entstehens wesentlichen Aenderungen seiner Bestandteile 
unterworfener Zusammensetzung, die sich unserer Kenntnis noch vielfach 


_— 31 — 


entzieht, gestattet oftmals nicht, zu entscheiden. inwieweit seine infolge 
Bakterienangriffs erfolgte Zustandsänderung auf Rechnung des Angreifers 
und inwieweit auf die Disposition des Angegriffenen zurückzuführen ist. 
Noch verwickelter werden diese Verhältnisse durch die biologische Mit- 
wirkung der Bierhefe und den Einfluß ihrer Ausscheidungen auf die s 
größere oder geringere Empfänglichkeit des Bieres für die „Erkrankung“. 
Von diesem Gesichtspunkte aus müßte erst eine Einigung über die 
Ausdehnung erstrebt werden, welche man dem Begriffe „Virulenz“ 
geben darf. 


$ 61. Weg zur Lösung der Sareinafrage. Technisches. 10 


Die Gesichtspunkte, unter welchen die Prüfung eines Organismus 
der Sareina- bzw. Pediokokken-Gruppe auf sein Verhältnis zum Bier- 
bereitungsprozeß geschehen kann, seien etwa folgendermaßen angedeutet. 
In erster Linie ist der Herkunft des Keimes Aufmerksamkeit zu schenken; 
es ist festzustellen. aus welcher Phase des Bierbereitungsprozesses oder ı5 
aus welchem Stadium der Verderbnis fertigen Bieres der fragliche Keim 
stammt. Ferner, ob die Verhältnisse der Brauerei, aus welcher der be- 
treffende Keim herkommt, so geartet sind, daß Infektionsmöglichkeiten 
von Feldern, Mälzereien, überhaupt von außen häufig und in reichem 
Maße gegeben sind. oder ob dies weniger oder nicht der Fall ist und» 
man es gewissermaßen nur mit einer Inzucht zu tun hat. Dann muß 
die Wechselwirkung studiert werden, welche zwischen der „Sarcina“ 
und der jeweiligen Zusammensetzung ihrer Nährböden (Würze und 
Bier), der Kulturhefe in verschiedenen physiologischen Zuständen, 


"sowie den mitwirkenden wechselvollen physikalischen insbesondere s 


kinetischen Einfiüssen besteht. Diese dreifache Wechselwirkung muB 
den jeweiligen physiologischen Zustand der Bierpediokokken und eventuell 
auch deren Nachkommen und dadurch den Grad der für den Pedio- 
kokkus spezifischen Krankheit oder auch deren gänzliches Ausbleiben 
bedingen. Andererseits sind die in verschiedenerlei Entwicklungsstufen 30 
begriffenen Sareinen und Pediokokken verschiedener Provenienz, welche 
von außen auf mancherlei Wegen in den Betrieb eindringen, auf ihr 
Verhalten unter den Einflüssen der Betriebspraxis zu untersuchen, um 
einer etwaigen Anpassung an eine ibrer Phasen auf die Spur zu komınen. 
Eine gewisse Wahrscheinlichkeit hat die Ansicht für sich, dab der Ur-s 
sprung der „Sarcina“ in den menschlichen und tierischen Exkrementen 
zu suchen wäre, und dab aus diesen durch allmähliche Angewöhnung 
an säurebildende Organismen (Zıxes |1|) und hefenähnliche Formen - 
was z. B. auf der Gerste geschehen kann — der Bierpediokokkus sich 
heranbildet. Inwieweit es sich dabei um eine Umwandlung echter 4 
Sareina zu letzterem handelt, muß sich aus vorsichtig und einwandfrei 
durchgeführten Laboratoriumsversuchen ergeben. Die Brücke von der 
Gerste zum Biere ist bereits geschlagen, wenn auch noch nicht ins ein- 
zelne ausgebaut. Dagegen ist die Bierschädlichkeit der mittelst Heten- 
wasser und ammoniakalischer Nährböden nachgewiesenen Sarcinen des 
Feldes ete. noch nieht durch Laboratoriumsversuche in vitro festgestellt, 
wenn auch in der Praxis wahrscheinlich gemacht. 

Im technischen Betriebe mitbestimmend für die Infektion und ihre 
Wirksamkeit ist noch die Konkurrenz fremder Mikroorganismen. Is 
würde z. B. in nicht zu stark gehopften, hellen Bieren die Sarcina 


) 


= 


_ 
- 


— 232 — 


gut gedeihen, wenn jene nicht auch gleichzeitig für die wilde Hefe einen 
vorzüglichen Nährboden abgäben, so daß man wilde Hefe häufig in 
der Ueberzahl darin findet. Es kann dadurch die Täuschung ent- 
stehen, daß helles Bier überhaupt ein schlechter Nährboden für Sarcina 
ssei, was, wenn man von der häufig stärkeren Hopfung desselben ab- 
sieht, bezüglich der sonstigen Extraktzusammensetzung durchaus nicht 
immer der Fall zu sein braucht. Werden die Konkurrenten der Sareina 
durch irgendwelche Eingriffe geschädigt, so kann letztere zur Allein- 
herrschaft gelangen und dies in Fällen, wo ihr Vorhandensein vorher 
nur wenig bemerkt wurde. Auch sei hier das Interesse auf das mög- 
liche parasitische und saprophytische Verhalten der Pediokokken der 
Hefe gegenüber gelenkt. Es liegen Anzeichen dafür vor, daß man jene 
einerseits als Hefenschädlinge betrachten und folgerichtig auch von einer 
durch sie verursachten Hefenkrankheit sprechen könnte, wobei sich die 

ı» Frage aufdrängt, welcher physiologische Zustand der Hefe diesen Parasitis- 
mus am meisten begünstigt. Andererseits lassen es manche Erfahrungen 
als wahrscheinlich erscheinen, daß die Pediokokken an den Zerfalls- 
produkten der Hefe einen guten Nährboden finden. Außerdem wäre ein 
vergleichendes Studium bereits üblicher Nährböden und Züchtungsver- 

»fahren, sowie die Auffindung einer Methode, welche die rasche und 
sichere Erkennung nicht nur bereits akklimatisierter (also unmittelbar 
schädlicher), sondern auch etwa akklimatisationsfähiger (also be- 
dingungsweise schädlicher) Sarcinen und Pediokokken gewährleistet, 
eines der nächsten Ziele der Forschung. 

Pe) Bei Gebrauch von gehopfter Würze und Bier als Nährboden soll 
nicht unterlassen werden, die Stärke der Hopfung mitzuteilen, sowie 
Angaben beizubringen, aus denen man sich ein Bild von der Beschaffen- 
heit dieser Nährböden bezüglich Biertypus, Vergärbarkeit, Verzuckerung, 
Glutinreichtum u. a. machen kann. In engem, ursächlichem Zusammen- 

sohang mit den physiologischen und biologischen Eigenschaften der Sarcina 
steht die Zusammensetzung dieser Nährböden, was sowohl bei wissen- 
schaftlichen Forschungen als auch besonders im Betriebe über dem 
Suchen nach einer Infektion und deren Beseitieung nie auber acht zu 
lassen ist. Unsere Kenntnisse über Beschaffenheit und Herkunft der 

3 Gerste, sowie über die verschiedenen Mälzungs-, Darr- und Brauverfahren 
bedürfen der Zusammenfassung und Erweiterung hinsichtlich des Ein- 
flusses, den sie sowohl auf den chemischen als auch auf den physika- 
lischen Charakter der Würze und des Bieres in ihren Beziehungen zum 
Sarcinawachstum und zur Krankheit selbst ausüben. Zu berücksichtigen 

ssind hier die in die Würze übergehenden Eiweibkörper und ihre Ab- 
kömmlinge, die Abbauprodukte der Stärke und das Verhältnis, in welchem 
sie zueinander stehen, sowie auch noch andere Stoffe, zumal solche 
summöser und kolloider Natur. — 

Zur Auffindung des Krankheitskeims im Gärkeller läßt man 
das zum Fassen reife Bier in verschlossenen Fläschchen einen oder 
mehrere Tage bei Zimmertemperatur stehen und mikroskopiert den Ab- 
satz. Die Stellhefe kann direkt mikroskopiert werden; sehr geringe 
Mengen Sarcina und überhaupt allerlei andere Organismen findet man 
durch kräftiges Verrühren einer gewissen Hefenmenge mit Wasser, 
sokurzes Absetzenlassen der Hefe und Untersuchung des noch trüben 
Schlemmwassers, entweder direkt oder nach dem Absetzen. Ueber den 
Nachweis von Sareina in der Hefe s. S. 174. Ferner läßt sich Sarcina 
in der Hefe nach Lıypxer (9 u. 10) durch Einschließen von Hefe mittelst 


_ 23 — 


Vaselinring auf dem Objektträger auffinden (s. S. 172). Zu gleichem 
Zwecke impft Evass (1) die zu untersuchende Hefe in eine Kohlen- 
hydratlösung, die der Hefe wenig zusagt, z. B. Milchzucker. Nach 
CLaussen (2) verteilt man 2--3 g dickbreiige Hefe in 10 cem einer 
halbprozentigen Mischung von Flußsäure und Fluorammonium, läßt eine 
halbe Stunde stehen und bringt dann 2-3 Tropfen davon auf Würze- 
gelatine, auf welcher dann, wenn die Hefe gut verteilt war, nur Pedio- 
kokken wachsen. Das Verfahren wird auch für die Prüfung der Rein- 
hefenzylinder empfohlen; zu letzterem Zwecke empfiehlt Wıru das 
ammoniakalische Hefenwasser. 19 

Im Lagerkeller findet man die Sarcina durch direktes Mikro- 
skopieren des Bieres nur in Fällen bereits vorgeschrittener Krankheit. 
Anderenfalls behandelt man herausgenommene Zwickelproben ähnlich 
auf Fläschchen wie das Gärkellerbier; die günstigste Temperatur des 
Stehenlassens ist 15—20° C. Die Zeit, welche bis zum Auftreten vons 
Krankheitserscheinungen verstreicht, gilt zufolge vox Hurt (1) und 
Linoxer (10) als Maß der Beurteilung des Infektionsgrades. Auch kann 
man nach SCHÖNFELD (3) einen oder mehrere Tropfen Bier auf sterile 
Fläschehen mit Hefenwasser impfen; Untersuchung nach 8—14 Tagen. 
Ferner Anwendung der Tröpfchenkultur nach Liwpxer für Biere nach» 
der Haupt- und Nachgärung (s. S. 171). 

Zur Feststellung einer Selbstinfektion in der Brauerei hat man 
sein Augenmerk darauf zu richten, ob»-nicht Späne, gebrauchte Filter- 
masse, Faßzeläger, Bier, überhaupt allerlei Provenienzen aus dem Lager- 
keller mit Würze, Stellhefe, gärendem Bier, Waschwasser, Geräten etc.» 
in Berührung kommen. Zu beachten sind in dieser Hinsicht noch be- 
sonders die Herkünfte aus den Schwankhallen, den Trinkstätten, den 
Transportfässern und Flaschen. Besondere Aufmerksamkeit ist den Rohr- 
leitungen, den Wänden und dem Holze der Bottiche, Apparaten, sowie 
den Pflasterungen der Keller zu widmen. Die Uebertragung kann direktso 
geschehen oder durch Vermittlung der Kleider, Schuhe, Hände der Ar- 
beiter, durch den Boden, das Gebrauchswasser, die Geräte, den im Hofe 
entstehenden Staub etc. Die Infektionsmöglichkeiten sind sehr mannig- 


©. 


-faltig und oft unauffällie. Noch beim Ausschank kann das Bier untrink- 


bar werden durch infizierte Pressionen u. dgl. Die Infektion mit ders 
Brauerei selbst entstammender Sarcina ist die gefährlichste. 

Von den von außen stammenden Infektionen kommen in Betracht: 
Staub und andere Provenienzen aus der Mälzerei, entweder direkt durch 
die Luft aufs Kühlschiff, in die Hefe, in die Gärungen getragen, oder 
durch Vermittlung von Wasserreserven, Arbeitern ete. Ferner Luft,«o 


welche Staubteilchen von gedüngten Feldern, Düngerhaufen, Ställen mit- 
führt. Dann Wasser, welches sarcinahaltige Zuflüsse erhält, sei es aus 


industriellen Betrieben oder aus Ackerböden u. dgl. Schließlich Zeug 
aus anderen Brauereien. eine der häufigsten und verderblichsten In- 
fektionen. 5 

Die Untersuchung geschieht entweder durch direkten mikroskopischen 
Nachweis, je nach Lage der Sache, oder durch Nachweis mittelst Kul- 
turen, z. B. durch die Gärprobe nach Wıru und Prıor (s. S. 187) und mit 
Luftbeschränkung nach Rrıcnarn (2), wie auch durch das Verfahren 
von Lurr (1); vergl. 8. 188. 50 

Önraussen verwendet zur Unterdrückung der Konkurrenten der 
Pediokokken eine Mischung von Klußsäure und Fluorammonium. Hana. 
Wir (10) erhitzt zu gleichem Zwecke das Bier auf "0b. 


—_ 234 — 


Besondere Nährböden für Luftuntersuchung auf Sarcina sind Hefen- 
wasser bzw. Gelatine nach ScHönrEeLp (3), für Wasseruntersuchung 
nach Wırı (12) ammoniakalisches Hefenwasser. Prinzipiell sollen ja 
(s. S. 184) nach Hassen für alle biologischen Untersuchungen der 
;sBrauerei, also auch für die auf Sareina, nur Würze und Bier 
Anwendung finden; diese Nährböden setzen nach anderweitig ge- 
machten, oben angedeuteten Erfahrungen voraus, dab man es dabei 
mit bereits an ähnliche Nährböden gewöhnten Sareinaorganismen zu 
tun hat. Sareinaorganismen, die nicht in gehopfter Würze und Bier 
ıowuchsen, gediehen außer in Hefenwasser auch in ammoniakalisch ge- 
machter Würze zufolge von Hurn oder in Fleischsaft zufolge Linpxer. 
Die Schädlichkeit der mit ammoniakalischem Hefenwasser, mit ammonia- 
kalischer Würze oder mit Fleischsaft nachgewiesenen Sarcinaorganismen 
ist allerdings nicht festgestellt; bei unserer lückenhaften Kenntnis über 
1: „Sareina“ ist jedoch eine Auffindung derselben auf diesem Wege immer- 
hin als verdächtig für den Betrieb zu betrachten. Sarcinen bzw. 
Pediokokken, die in gehopfter Würze, Bier, sowie bei Hefengärungen 
gedeihen, darf man unbedingt als schädlich ansprechen, weshalb diese 
Art der Untersuchung zwecks Nachprüfung der mit Hefenwasser oder 
»ammoniakalischen Nährböden erhaltenen Resultate geraten erscheint; 
andererseits würde ein Nichtwachsen in jenen Medien noch kein Beweis 
für die absolute Unschädlichkeit der betreffenden Sareinaorganismen sein. 

Ueber Arbeitsweise im Betrieb und Disposition des Bieres zur 
Erkrankung wurden im S 59 bereits mehrfache Andeutungen ge- 
» macht. Hinzuzufügen ist noch, daß das Malz die richtige Auflösung 
besitze, also weder hart noch überlöst („forciert“) sein soll. Hopfen- 
qualität und Hopfengabe beeinflussen die Empfänglichkeit des Bieres erheb- 
lich. Die Frage, ob helle oder dunkle Biere mehr zur Erkrankung neigen, 
dürfte ebenso eine Frage der Hopfung, als eine solche der Extrakt- 
sobeschaffenheit sein; auch spielt dabei im technischen Betrieb eine Be- 
eünstigung anderer Organismen, also deren Konkurrenz, eine Rolle. 
Beim Abkühlen der Würze soll nicht zu viel Trub in dieser bleiben, 
wodurch die Hefenbewegung eine zu erhöhte wird, und damit 
auch die Angewöhnung der Sareina an das Schwebenbleiben im Biere. 
3 Aehnlich wirkt auch eine schlecht klärende Hefe. Die anzustellende ” 
Würze ist kräftig zu lüften. Die Hefe soll einer widerstandsfähigen ” 
Rasse angehören. Die Hefegabe sei reichlich; man vergleiche darüber 7 
ScHönrenD (4). Durch Gärung in stark gehopfter Würze läßt sich die 
Sareina in der Hefe vermindern. Beim Hefenwaschen ist für Unschäd-” 
slichmachung des abfließenden Wassers peinlich zu sorgen. Sareinahaltige ” 
Hefe soll nicht lange aufbewahrt werden, auch nicht im Eiskasten. ” 
Reinigungsverfahren und Reinigungsmittel für Geräte? 
aller Art sind die gewöhnlichen zur Desinfektion gebrauchten (vgl. 
S. 178 u. £.), wobei jedoch nicht außer acht gelassen werden darf, dab 
+ Fluorsalze in sehr großer Verdünnung das Wachstum der Pediokokken 
nicht mehr verhindern, sondern sogar eher berünstigen können. Fluor- 
salze müssen daher in ausreichender Menge angewendet werden. 
Wırı und Braun (1) empfehlen zur Desinfektion von Gerätschaften eine” 
5-proz. Lösung des sauren Fluorammoniums, für Gummischläuche eine 
50 0,5-proz., bei einer Einwirkungsdauer von 12—24 Stunden. Bei einem 
länger als 3—4 Wochen dauernden Gebrauch dieser Lösung tritt jedoch 
die oben angedeutete Gefahr ein. Ueber Reinhaltung der Gärkeller 
spricht Lurr (2). Bei Anwendung von Desinfizientien mit alkalischer 


Reaktion, z. B. Kalk, rät vox Hur# (2) zur Vorsicht, da zurückbleibende 
‚Reste solcher das Sarcinawachstum eher fördern als hemmen könnten. 
Starke Vergärung bei der Hauptgärung und schwache Nachgärung sind 
anzustreben. Prinzip für die Behandlung der mit Sarcina infizierten 
Biere im Lagerkeller sei vor allem möglichste Ruhe und Kälte. Ist 
Ausbruch der Sarcinakrankheit zu befürchten, dann greife man zur Än- 
wendung des Verfahrens von REıcHArp und RıEHr (s. S. 225) oder des- 
jenigen von Linonxer (13). Kein Verschneiden von gesundem mit krankem 
Biere. Reine Gebinde und Flaschen, kaltes und schaumfreies Abfüllen, 


5 


sachgemäße Behandlung der Lagerfässer. (Genügende Pasteurisation; ıo 


mangelhaftes Pasteurisieren kann zufolge Wıru (10) und ScHÖNFELD (3) 
der Sarcina zur Alleinherrschaft über ihre Konkurrenten verhelfen. 

Die Verhütungsmaßregeln gegen Infektion mit Sarcina im allgemeinen 
richten sich nach der Art der Infektionsquelle. Reinhefe bietet keine 


absolute Gewähr gegen die Sarcinakrankheit, da die Gärungen jener ı5 


mit Betriebswürze bereits in den ersten Generationen beträchtliche 
Sarcinainfektion zeigen können, wenn die reine Hefe nicht auch auf 
reine Würze kommt. Als Fingerzeig allgemeiner Natur soll noch darauf 
aufmerksam gemacht werden, daß die Biersareina gerne der Kulturhefe 
überallhin folgt; vgl. z. B. die Beobachtung von Lurr auf S. 155. Im 
"Betriebe tritt die Sarcina manchmal dann erst verheerend auf, wenn 
Infektionen gröberer Art, etwa mit wilder Hefe, beseitigt sind. Die 
Notwendigkeit einer steten wissenschaftlichen Kontrolle des Betriebs 
mag auch daraus erhellen, dab eine Infektion den Sinnen des Praktikers 
lange latent bleiben (vgl. S. 167) und daß die Krankheit dann plötzlich 
explosionsartig ausbrechen kann. Nur strenge und gründliche Mab- 
nahmen gewährleisten eine Wiederausrottung des Feindes, der kaum 
ganz zu beseitigen ist, wohl aber in Schranken gehalten werden kann. 


$ 62. Saccharomyces apieulatus und Dematium pullulans in der 
Brauerei. 


Ueber das Vorkommen des Saccharomyces apieulatus in den Brauereien 
von untergärigem Bier hat H. Wıru (6, 8, 9) eingehende Feststellungen 
gemacht. Einer ohne weitere Vorbereitung ausgeführten Untersuchung 
von Würze, Hefe und Jungbier unter dem Mikroskop entgeht dieser 
Schädling zumeist, denn die Anzahl seiner Zellen darin ist, abgesehen 
von einzelnen Fällen, in welchen sie häufiger sowohl in Braunbier- wie 
in Weißbierwürzen gefunden wurden, in der Regel eine verhältnismäßig 
geringe Wenn die Würzeproben dagegen zuvor einige Tage unter 
Watteverschluß stehen blieben und die Hefen dem durch Emın Cr. 
Hansen zuerst angegebenen (s. S. 169) und von H. Wını modifizierten 
Weinsäureverfahren unterworfen worden waren, dann konnte Wırı in der 
- Mehrzahl (57 Proz.) der untersuchten Proben von Würze, Betriebshefen und 
Jungbieren den S. apieulatus nachweisen. A. U. Omarman (2) fand diese 
Hefe sogar einmal mitten im Winter öfters in der Würze einer Londoner 
Brauerei, welche weit ab von Gärten lag. Irgend ein Zufall mochte 
diese Infektion herbeigeführt haben, die später wieder vollständig ver- 
schwand. SS. apieulatus gehört im Gegensatz zu der früheren, nur auf 
vereinzelte Beobachtungen gestützten Annahme von L. Exnsen (2), 
E. Cur. Hansen (3) und Monkıs (1) zu den häufigsten, ja fast regel- 


20 


25 


30 


35 


iu 


Ib 


—_— 236 — 


mäßigen Gärungserregern, welche im Brauereibetrieb als Verunreinigung 
vorkommen. In manchen Jahren tritt er epidemisch auf, während er 
wieder in anderen verhältnismäßig selten ist. Oertliche Verhältnisse 
und die in gut geleiteten Brauereibetrieben auf einem hohen Stande 
;stehende Reinlichkeitspflege tragen zu dem mehr oder minder häufigen 
Auftreten jedenfalls wesentlich bei. : So berichtet L. Exsen (2) schon 
im Jahre 1872, daß er den $. apiculatus in sehr reichlichen Mengen in 
Bier aus der Weinbaugegend des Elsaß gefunden habe, und damit 
stimmen die Erfahrungen von H. Wırı mit Bieren aus anderen Gegenden 
mit Weinbau überein. Der Ursprung dieser Hefe ist ohne weiteres klar. 


In einzelnen Betrieben, in welchen der S. apzeulatus neben anderen 
wilden Hefen nicht selten nachzuweisen war, scheint er wie diese durch 
peinlichste Sauberkeit und Einführung von Reinzuchthefe nahezu völlig 
unterdrückt worden zu sein. Die Beseitigung der Trubsäcke, dieser 

ıs gefährlichsten aller Infektionsquellen, in welchen sich der S. apiculatus 
zufolge der Angabe von Wırv (4) häufig als Verunreinigung findet, 
hat offenbar hierbei mitgewirkt. 

Daß dieser Sproßpilz in den untergärigen Brauereien, wenn er in 
größerer Zahl auftritt, einigen Schaden stiften kann, das ist durch die 

»ovon E. Cnr. Hansen (4) gemachten Beobachtungen auber Zweifel gestellt. 
Zusammen mit untergäriger Bierhefe eingesät, beeinträchtigt er wahr- 
scheinlich durch seine Stoffwechselprodukte die Entwicklung seines Ge- 
nossen, wird aber dann allerdings in der Regel von diesem während der 
Hauptgärung zurückgedrängt, vermag aber nach den Beobachtungen von 

»5H. Wıuu im Lagerfaß unter Umständen wieder zu reichlicher Entwick- 
lung zu kommen. Eine Unterdrückung oder wenigstens ein bedeutendes 
Zurückdrängen des S. apiculatus während der Haupteärung findet jedoch 
nicht immer statt, wie ein von H. Wıut eingehend untersuchter Fall 
einer untergärigen Bierhefe zeigte, welche aus einer badischen Brauerei 

sostammte. Hier konnte der Sproßpilz durch seine charakteristische Form 
schon direkt in zwei verschiedenen Proben in grober Zahl nachgewiesen 
werden. Nach einmaliger Vermehrung in Würze war das Verhältnis 
der Zellen der Bierhefe zu denjenigen von 5. apiculatus wie 1:1. Die 
Hefen bestanden also aus einer Mischung von nahezu gleichen Teilen 

3 beider Arten. Beachtenswert ist jedenfalls, daß der Geschmack der mit 

dieser Betriebshefe hergestellten Biere nicht befriedigte. 


Im Faßgeläger und im Absatz von kranken Bieren finden sich 
neben wilden Hefen zuweilen lebensfähige Zellen von $. apieulatus in 
nicht geringer Anzahl, in ersterem sogar in sehr großer vor, und es ist 

nach den Anraben von L. VAN DEN HuLLE und van Laer (1) und nach den 
Beobachtungen von Wirt und P. Linpxer (11), welche sich auf den in 
Bierwürze durch verschiedene Reinkulturen von S. apieulatus hervor- 
gerufenen Geschmack beziehen, nicht ausgeschlossen, daß in diesem Falle 
auch der Geschmack des Bieres durch den $. apieulatus beeinträchtigt 

» wird. Verschiedene von H. Wıru aus Bier gezüchtete Reinkulturen von 
S. apieulatus riefen in Würze einen schimmelig-muffigen Geruch hervor. 
Studien in dieser Richtung würden unsere Kenntnisse von den Bier- 
krankheiten voraussichtlich nicht unwesentlich erweitern. Ueber das 
Auftreten dieses Pilzes im Lambiec vergl. S 63. 

50 Der S. apieulatus besitzt selbst in sehr alkoholreichen Bieren eine 
große Widerstandsfähigkeit. Rıcmarp Braun (1) fand in einem Bier 
trotz des hohen Alkoholgehaltes von nahezu 8 Proz, welchem der 


+ 


— 237 — 


S. apieulatus mindestens fünf Jahre lang ausgesetzt war, noch lebende 
Zellen desselben. 

Die Gefahr der Einschleppung dieses Schädlings wie auch der anderen 
wilden Hefen durch die Insekten und den staubbeladenen Wind ist zu 
jener Jahreszeit besonders groß, in der die süben Früchte reifen. Diese 
sind ja der Ort der Vermehrung und die Hauptquelle, von der aus die 


_ wilden Hefen fortgetragen werden (s. Bd. IV, S. 154—155). Diese Tatsache 


gibt eine wenigstens teilweise Erklärung für den alten Erfahrungssatz 
der Bierbrauer, daß man in den Monaten Juli bis September mit dem 
Brauen aussetzen solle, widrigenfalls man über schlechte Bottichgärungen 
und unrein schmeckende Biere zu klagen haben werde. Und so hören 
wir denn beispielsweise die im Jahre 1616 gegebene Kurfürstlich bayrische 
„Landts und Polizey Ordnung“ befehlen, dab das Bierbrauen während 
der Zeit vom 23. April (Georgi) bis 29. September (Michaeli) bei strenger 
Strafe verboten sei. „Und damit solche Ordnung hierinn stattlich ge- 
halten werden mög, sollen allen Bierbrewern in unseren Stätten und 
Märkten ihre Bierkessel durch die Obrigkeit eines jeden Ortes ver- 
petschiert werden.“ 

Von der Gefahr der Ansteckung, wie sie von seiten jener Schäd- 


linge droht, haben jene Brauereien nur wenig oder gar nichts zu be-2 


fürchten, welche die Bierwürze in geschlossenen Gefäßen (s. S. 136) ab- 
kühlen und mit keimfrei gemachter Luft sättigen. Die Berechtigung 
des Rufes nach gänzlicher Abschaffung des offenen Kühlschiffes wird 
aus dem Gesagten nun auch leicht zu entnehmen sein. Daß sie prak- 


tisch durchführbar ist, beweisen einige Betriebe, in welchen solche ge-: 


schlossene Apparate aufgestellt sind. Ihrer weiteren Verbreitung 
haben sich jedoch verschiedene Schwierigkeiten insbesondere hin- 
sichtlich der Lüftung entgegengestellt; auberdem verlieren die Biere 
leicht den gewohnten vollmundigen Geschmack. In einigen Brauereien 
wurde infolgedessen sogar das System der keimfreien Kühlung und 
Lüftung der Würze wieder aufgegeben, und so arbeitet auch heute noch 
die Mehrzahl der Betriebe mit offenen Kühlschiffen. Trotzdem gelingt 
es unter Wahrung einer geordneten Reinlichkeitspflege und unter Beob- 
achtung der Vorsichtsmaßregel. die Würze nur so lange auf dem Kühl- 


schiff zu belassen, bis sich der größte Teil des Trubes abgesetzt hats; 


und die Temperatur nicht weit unter 40° C gesunken ist, sehr haltbare 
Biere herzustellen. 

Wilde Hefen, insbesondere auch solche aus der Gruppe des 5. api- 
eulatus. finden sich, zufolge der Beobachtungen von T. H. Brown und 
G. H. Morrıs (1) sowie von Jon. Benrens (1), auch auf dem Hopfen 
nicht selten (s. S. 166). Sie gelangen dorthin vermutlich mit dem 
Staube der Luft und wohl selten nur durch Insekten (Bienen und 
Wespen); denn diese pflegen dem Hopfenstock nur ganz ausnahmsweise 
Besuche abzustatten. In jenen Brauereien Amerikas und Englands, in 
denen man in das Versandtfaß Hopfen stopft (s. S. 150), kommen also 
damit auch die Zellen des genannten Sproßpilzes und anderer wilder 
Hefen in das Bier. Die kräftige Nachgärung, welche man neben Hervor- 
rufung eines bestimmten Aromas und eines bestimmten Geschmackes 
sowie einer rascheren Klärung des Bieres durch diesen Hopfenzusatz 
bezweckt und erreicht, kommt jedoch nieht durch die Tätigkeit der mit 
dem Hopfen eingeführten wilden Heften zustande, sondern soll nach der 
Anschauung der beiden ersten Forscher dadurch bedingt sein, daß die 
in dem lagernden Biere enthaltenen Amyloine und Dextrine durch die 


10 


15 


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—: 238 — 


in dem zugesetzten Hopfen vorhandene Diastase in Zucker übergeführt 
und hierauf von den im Bier noch schwebenden Bierhefenzellen unter 
Kohlensäureentwicklung verarbeitet werden. Möglicherweise ist jedoch 
der Vorgang nur durch rein mechanische Einflüsse bedingt. Zweifellos 
sentwickeln sich jedoch diese wilden Hefen manchmal im Bier und trüben es. 

Gleichzeitig mit Bakterien und wilden Hefen gelangen auf dem 
gleichen Wege wie diese, insbesondere durch staubbeladene Luft, 
Schimmelpilze der verschiedensten Art, Mucor, Oidium und vor allen 
der überall verbreitete Tintenschimmel, auf das Kühlschiff und in die 

auf demselben liegende Würze. Wenn sich diese Pilze auch in gehopfter 
Würze sehr üppig entwickeln können, also einen günstigen Nährboden 
in ihr finden und die ihnen eigentümlichen Umsetzungen, wie 
alkoholische Gärung bei gewissen Arten, den scharfen Geruch und Ge- 
schmack bei Penicillium, hervorrufen, so haben doch die in die Bier- 

ıs würze eelangenden Keime derselben für die Brauerei keine Bedeutung. 
Sie können bei der verhältnismäßig langsamen Entwicklung neben den 
rasch sich vermehrenden und in lebhaftester Gärung befindlichen Bier- 
hefenzellen nicht aufkommen und gehen zugrunde, bevor sie noch Schaden 
in der Würze stiften konnten. 

20 Dem gleichen Schicksal verfallen wohl in der Regel die Keime des 
im 12. Kapitel des IV. Bandes genauer beschriebenen Dematium pullulans, 
welche auch auf den Braumaterialien (s. S. 163) vorkommen. Bemerkens- 
wert ist, dab bei der Entwicklung des Pilzes in Bierwürze, wie Paun 
Lixpxer (6) zuerst gefunden hat, ebenso wie bei dem W 'achstum in 

5 Wein meist eine Ver schleimung der Würze auftritt und zwar in noch viel 
höherem Grade als beim Wein. "Ungehopfte Würzen lieferten OÖ. von SKERST 
(1) noch günstigere Resultate als gehopftee Der Hopfen scheint also auf 
die Entwicklung des Schleimes hemmend zu wirken. Die Würze, welche 
in ihrem Aussehen wenig verändert ist, zeigt eine intensiv fadenziehende 

so Beschaffenheit. Aehnlich wie in gehopfter Braunbierwürze verhält sich 
Dematium auch in Weißbierwürze und in Rohrzuckerlösung; in letzterer tritt 
jedoch die Zähflüssigkeit weniger deutlich hervor. Am deutlichsten ist 
die fadenziehende Eigenschaft bei der Weißbierwürze ausgebildet; 
letztere scheint überhaupt die günstigste Nährflüssigkeit für den Pilz 

>5zu sein. 

Die Zähflüssigkeit ist durch eine kräftige Verschleimung der Zell- 
haut bedingt; der Schleim selbst ist sehr durchsichtig und sogar unter 
dem Mikroskop nur schwierig zu erkennen. Die Würze wirkt so sehr 
begünstigend auf das Verquellen der Zellhaut ein, dab eine mit Dema- 

tiumzellen beimpfte und flach auf einem Objektträger oder einer Petri- 
schale ausgebreitete Schicht, wie ebenfalls P. Lınpxer (12) beobachtet 
hat, nach einem Tage zu einem Gallertkuchen erstarrt, in welchem sich 
zahlreiche Kolonien bilden. Ein mit dieser Sachlage nicht Vertrauter 
würde ohne weiteres zu der Anschauung gebracht, er habe eine Gelatine- 

+ plattenkultur vor sich. 

Bei Luftabschluß tritt, wie O. von SKErsT gezeigt hat, sowohl in 
sehopfter wie in ungehopfter Würze die Entwicklung des Pilzes später 
auf als bei Luftzufuhr, jedoch wird die ganze Flüssigkeit früher dick 
und ölie. Die Schleimbildung scheint nicht nur durch die Gegenwart 

so bestimmter Zuckerarten sondern auch gewisser stickstoffhaltiger Nähr- 
stoffe (Peptone) beeinflußt zu werden. Die Zähflüssigkeit hört in allen 
Fällen auf, wenn durch Aufzehrung der dargebotenen Nährstoffe das 
Wachstums des Pilzes seinen Abschluß erreicht hat. Auch auf Würze- 


— 239 — 


gelatine, welche von dem Pilz langsam verflüssigt wird, kann es zur 
Bildung beträchtlicher Ansammlungen von feuchtglänzenden, schmutzig- 
grauen bis grauen Schleimkuchen kommen, welche zusammenflieben. Sie 
bestehen fast nur aus mehr oder weniger hefenähnlichen Zellen und den 
Schleimhüllen, von welchen sie umgeben sind. Als Begleiterscheinung 
der Verschleimung tritt in der davon betroffenen Würze ein weicher, 
pappiger Geschmack auf. Dieser erhält sich auch dann noch, wenn die 
Würze durch Zusatz von Hefe vergoren wurde. Während der Gärung 
verschwindet die Zähflüssigkeit fast ganz. 

P. Lınpxer hat die Vermutung ausgesprochen, daß vielleicht in 
einzelnen Fällen, in welchen die Ursache des „Langwerdens“ von Weib- 
bier (s. S. 220) und von Würze noch nicht erkannt wurde, dieses auf 
die Gegenwart von Dematium pullulans zurückgeführt werden kann. 
Genauere Untersuchungen liegen aber hierüber noch nicht vor und es 
fehlen auch noch Erfahrungen aus der Praxis. Ob also Dematium 
pullulans zu den bierschädlichen, krankheitserregenden Organismen ge- 
hört, läßt sich bis jetzt noch nicht beurteilen. 


Literatur 
zum Kapitel Bierkrankheiten. 


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S. 161. — (4) Ebenda, $. 179. — (5) Ebenda, 1882, Bd. 1, S. 197; 1883, Bd. 2, S. 13. — 
(6) Ebenda, 1882, Bd. 1, S. 208. — (7) Ebenda, 1883, Bd. 2, S. 52. — (8) Z. f. d. ges. 
Brauwesen, 1883, Bd. 6, S. 480. — (9) Ebenda, 1888, Bd. 11, S. 7. — (10) Ebenda, 18%, 


Bd. 13, S. 4. — (11) Untersuch. aus d. Praxis d. Gürungsindustrie, München 1892, 
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a 


— 240 — 


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(5) Ebenda, 1899, Bd. 16, S. 665. — (6) Ebenda, 1898, Bd. 15, S. 700. — (7) Ebenda, 1899, 
Bd. 16, S. 681. — (8) Ebenda, 1901, Bd. 18, S. 237. — (9) Jahrb. d. Versuchs- u. 
Lehranstalt f. Brauerei in Berlin, 1902, Bd. 5, S. 389. — (10) W. f. Brauerei, 1903, Bd. 
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anstalt f. Brauerei in Berlin, 1904, Bd. 7, S. 540. *Schönfeld, F., und Rommel, (1) 
W. f. Brauerei, 1902, Bd. 19, S. 585. *Schröder, H., (1) W. f. Brauerei, 1885, Bd. 2, 
S. 155. *Skerst, Otto von, (1) W. f. Brauerei, 1898. Bd. 15, S. 354. *Sollied, P. 
R., (1) W. f. Brauerei, 1904, Bd. 21, S. 2. *Syree, G., (1) Centralbl. f. Bakt., 2. Abt, 
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1890, Bd. 13, S. 458 u. 522. — (2) Ebenda, 1891, Bd. 14, S. 145. — (3) Ebenda, 1891, 
Bd. 14, S. 81. — (4) Ebenda, 1892, Bd. 15, S. 77. — (5) Ebenda. 1893, Bd. 16, S. 344, 
(6) Ebenda, 1893, Bd. 16, S. 29. — (7) Ebenda, 1895, Bd. 18, S. 249; 1898, Bd. 21, 
S. 243. — (8) Ebenda, 1896, Bd. 19, S. 675. — (9) Ebenda, 1896, Bd. 19, S. 555. — 
(10) Ebenda, 1898, Bd. 21, S. 558. — (11) Ebenda, 1899, Bd. 22, S. 391. — (12) Ebenda, 
1901, Bd. 24, S. 289. *Will, H., und Braun, Richard, (1) Z. f. d. ges. Brauwesen, 
1904, Bd. 27, S. 462. *Windisch, W., (1) W. f. Brauerei, 1889, Bd. 6, S. 761. — 
(2) Ebenda, 1895, Bd. 12. S. 245. — (3) Ebenda, 1898, Bd. 15, S. 697. *Zeidler, A, 
(1)_ W. £. Brauerei, 1890, Bd. 7, S. 1213. — (2) Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., 1896, Bd. 2, 
S. 729. *Zikes, Heinrich, (1) Mitteil. d. Oesterr. Versuchsstation f. Brauerei u, Mälzerei 
Wien, 1903, Heft 11, S. 20. — (2) Allg. Zeitschr. f. Bierbrauerei u. Malzfabrikation, 
Wien, 1904, Jahrg. 32, S. 557. 


— 241 — 


9. Kapitel. 


Mykologie einiger besonderer alkoholischer Getränke. 
Von 


Prof. Dr. H. van Laer, Dr. Larar, Prof. Dr. C. WEHMER.!) 


$ 65. Lambic, Faro, Mars, Kriekenbier. 


Die in Brüssel und einigen anderen Orten Brabants unter den Namen 
Lambic, Faro und Mars erzeugten Biere sind fast die einzige 
Erinnerung an jene längst vergangenen Zeiten, in denen man die Bier- 
würze ebenso wie den Weinmost durch freiwillig sich einstellende Gär- ; 
erreger verarbeiten ließ. Ein wenig hat sich das Verfahren aber doch 
geändert, seitdem in Brüssel obergärige und untergärige Brauereien mit 
modernem Betriebe errichtet worden sind, der seinen Einfluß auch auf 
die Bereitungsweise der in Rede stehenden Getränke ausgeübt hat. 

Nach dem alten Brauverfahren wurde in einem Bottich das Ge- 
misch von fein gemahlenem leicht gedarrten Malz und grob gebrochenem 
Weizen mit Wasser von 40—50° Ü gemaischt, hierauf mit kochendem 
Wasser versetzt und mit Weizenspelzen („kaf“) bedeckt. Nun tauchte 
man in die Maische große, schwach konische und durch einen gewölbten 
Boden abgeschlossene Weidenkörbe („stuyk manden“) ein, die ebenso ı; 
hoch wie der Bottich waren und 55—60 em im Durchmesser hatten. 
Die mehlige Brühe („slym“) drang in sie hinein, wurde aus ihnen mittelst 
kupferner Becken („kleyn ketels“) herausgeschöpft, in die Hopfenpfanne 
(„slym Ketel“) gebracht und in dieser dann zusammen mit einer zweiten 
Maische durch ungefähr 20 Minuten gekocht. Nach einer darauf fol-» 
genden Rast wurde zunächst die starke Würze („lambic“) gezogen und 
dann durch Zugießen von kochendem Wasser eine Nachwürze gewonnen. 
Schließlich wurde die auf dem Kühlschiff auf mittlere Temperatur ge- 
brachte Würze in Fässer von 2—3 hl Inhalt eingegossen und ohne 
Hefenzusatz sich selbst überlassen. Die bei einigen Brauern früher ze- » 
bräuchlich gewesene Anstellung mit einer Art von Hefengut wird heut- 
zutage nicht mehr geübt. 

Durch die Fortschritte in der Einrichtung der Sudhäuser und eine 
Aenderung der Steuergesetze sind die stuyk manden fast überall ver- 
schwunden, und man arbeitet heute auf Diekmaische. Manche Brauer » 
haben auch auf den Zusatz von Weizenspelzen verzichtet, was sie aber 
bedauern, weil jene an der Bildung des eigentümlichen Geschmacks des 
Faro mitwirken, indem sie an diesen eine Art Schimmelgeruch ab- 
geben. Gerstenmalz und Weizen (40—50 Proz.) waren früher das aus- 
schließliche Rohmaterial; heute aber beginnt man schon, auch Maisgries » 
und Reismehl mit zu verwenden. Auf die Malzbereitung legt man jetzt 


!) Es sind eingelaufen: 


6 von H. Prof. Dr. Hexkı van Laer, Direktor der höheren Brauerschule zu 
Gent in Belgien, am 25. 5. 1904, 
64 »„ » Prof. Dr. ©. Wenmen am 27. 6. 1905, 
66, Dr. Laran. 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie, Bd, V. 16 


_— 242 — 


etwas mehr Sorgfalt. Nach und nach zieht man beim Maischen auch 
schon das Thermometer zu Rate und bringt nicht so wie früher oft eine 
schlecht verzuckerte, stärkereiche, verbrühte Würze in das Faß. Dennoch 
ist die Arbeitsweise noch immer sehr rückständig; nach wie vor ver- 
swenden die alten Praktiker ein Malz von 5—7 Tagen Keimdauer, das 
bei kaum 80° C gedarrt worden ist und ohne Befreiung von den Keim- 
lingen zusammen mit dem Weizen auf die Schrotmühle gebracht wird. 
An vielen Maischbottichen fehlt das Rührwerk und wird mit hölzernen 
oder mit eisernen Maischkrücken gearbeitet. Oft setzt man der ‚Würze 

ıin der Pfanne 20—50 g ungelöschten Kalkes pro hl zu. Nicht selten 
bleibt sie zwei Tage lang auf dem Kühlschiff liegen. 

Die Lambie-Würze wird durch fünf Stunden gekocht. Man gibt 
auf jeden Hektoliter der in die Pfanne einlaufenden Würze 550—600 & 
Hopfen, und zwar größtenteils vorjährigen, von welchem die eine Hälfte 

ıs bald nach Erreichung der Siedetemperatur und die andere dann drei 
Stunden darnach zugesetzt wird. Die Würzen für die anderen zwei 
Biersorten werden vier Stunden lang gekocht und erhalten 350 & Hopfen 
auf einmal. Wenn man bloß eine Sorte (Faro) erzeugt, kocht man vier- 
einhalb Stunden und gibt 300 e, auf den Hektoliter Ausschlagwürze 

»ogerechnet. Die fertige, kalte Würze für Lambie zeigt ein spezif. Ge- 
wicht von 1,06—1,07 (= 15—17 Proz. Balling), die für Faro 1,04—1,05 
(= 10—12 Proz.) und die für Mars 1,03—1,04 (= 8—10 Proz.). Nach- 
dem die Würze die Nacht über auf dem Kühlschiff gelegen hat, wird 
sie mit einer Temperatur von weniger als 15° C in Fässer gefüllt, 

»s welche im Gärraum zugespundet in zwei oder drei Lagen übereinander 
derart gelagert werden, dab man leicht zu deren Stirnseiten gelangen 
kann. Es wird nur in der kalten Jahreszeit. von Oktober bis Mai, 
gebraut. 

Der Inhalt der Fässer steht mit der Außenluft nur durch eine in 

so den Zapfen eingebohrte Oeffnung von 15 mm Durchmesser in Verbindung. 
An ihr tritt nach einigen Tagen eine kleine, weiße Schaumhaube auf; 
die Gärung hat begonnen. Diese bleibt meist sehr schwach und zieht 
sich durch mehrere Monate hin. Der Schaum wird später dichter und 
schmutzig-weiß und vertrocknet schließlich gegen Ende des Sommers 
seanz und verstopft so die Spundöffnung. Mit Eintritt der ersten Herbst- 
fröste verlangsamt die Gärung ihren Verlauf und kommt im darauf fol- 
senden Winter ganz zum Stillstehen. Im Frühjahr dann lebt sie wieder 
auf und gelangt zu solch starker Entfaltung, dab man die verlegte 
Oeffnung im Zapfen frei machen muß, um der reichlich entwickelten 
4 Kohlensäure das Entweichen zu ermöglichen. Nach und nach wird diese 
zweite Gärung, die auch ein klein wenig Schaum hervorbringt, schwächer, 
sınd am Ende des (zweiten) Sommers ist sie kaum noch merklich. Der 
scheinbare Vergärungsgrad beträgt 10 Proz. nach Ablauf der ersten 
vierzehn Tage nach dem Fassen; nach sechs Wochen wird er zu 20—40 
Proz. befunden und ist nach drei Monaten bei 61 Proz. angelangt. Das 
Eintreten der Gärung läßt manchmal mehrere Wochen auf sich warten; 
inzwischen bedeckt sich die Oberfläche der Würze mit weißen und 
grünen Schimmelrasen, die fest an den Faßwänden haften. In anderen 
Fällen wieder ist die Schaumhaube schon nach 24 Stunden zu bemerken. 
soDie in den Poren des Faßholzes (vgl. S. 157—158) eingenisteten Hefen 
und anderen Organismen sind es, welche die Gärung der Würze in Gang 
bringen; der an und für sich hohe Keimgehalt der Luft in den Brauereien 
kommt hingegen nur wenig in Betracht. Manche Brauer verwenden 


— 243 — 


außer solchen Fässern, welche schon für die Gärung anderer Biere ge- 
dient haben, auch gebrauchte Weinfässer. Der Faro ist nach einem 
Jahre schankreif. Der Lambiec braucht länger, meist mehr als zwei 
Jahre; die Brauer der alten Schule erachten ihn erst nach 3—5 Jahren 
_ für reif. Man hat dann ein Getränk vor sich, welches trotz seines hohen Ge- 
haltes an flüchtigen und nichtflüchtigen Säuren keinen sauren Geschmack 
hat. Ist solcher zu spüren, so gilt das als Fehler; denn der gesunde 
ungezuckerte Lambice hat einen vollen und schwach süben Geschmack, 
welcher den starken Säuregehalt überdeckt, und wird als gueuse 
lambic bezeichnet. Einjähriger Lambie ist kristallklar, schwach säuer- ıo 
lich und mit einem rahmigen, festen Schaume bedeckt. Man trägt ihn 
zusammen mit einigen Stücken Zucker dem Gaste auf. Der scheinbare 
Vergärungsgrad verschiedener zweijähriger Proben wurde zu 72—90 
Proz., der einer dreijährigen zu 100 Proz. befunden. Der Faro und die 
Mars werden zwecks Wahrung der Gleichmäßigkeit entweder in derıs 
Brauerei oder am Verbrauchsorte durch einen erfahrenen Zurichter 
(„gereetmaker“) verschnitten, der hierbei nur von Gaumen und Zunge 
geleitet wird. Mars und gesüßter Lambic erhalten einen Zusatz von 
2—3 Proz. Kandiszucker oder Rüben-Raffinade. Vor dem Versand setzt 
man noch etwas Fischleim („colle Saliansky“) zu. 20 

Nach ihrer chemischen Zusammensetzung beurteilt, müßten Lambie, 
Faro und Mars für kranke Biere gelten, die man zu solchen gemacht 
hat, indem man in ihnen neben der Alkoholgärung auch saure “Gärung 
hat eintreten lassen. Oft werden sie zeitweilig auch noch fadenziehend, 
ohne daß dieses Ereignis den Brauer irgendwie zu betrüben vermöchte:;: 
denn er weiß, dab selbst schon sein bestes Gebräu diesen Zustand durch- 
gemacht hat. H. va Larr (1) hat gezeigt, daß jede Würze für Lambie 
oder Faro im Augenblicke des Fassens die Erreger des Schleimig- 
werdens aufweist, und daß von diesen Bieren eine jede Probe schleimig 
wird, wenn man sie den dafür günstigen Bedingungen, so insbesondere 30 
einer ausreichend hohen Temperatur, aussetzt. Der Gehalt an flüchtigen 
und nicht flüchtigen Säuren, als Essigsäure und Milchsäure berechnet, 
übertrifft denjenigen der durch künstlichen Hefenzusatz vergorenen Biere 
sehr stark. Nachfolgende Tabelle zeigt dies an mehreren, verschieden 
‚alten Proben von Lambic. Man ersieht daraus, dab neben der Alkohol- s5 
gärung auch. Milchsäuregärung sich abspielt. Unter den flüchtigen 
Säuren herrscht die Essigsäure vor, aber neben ihr tritt auch Butter- 
säure auf. 


oa‘ 


1 
or 


Gehalt in Proz. 4 Tage ‚11 Tage | 1 Monat 1 Jahr | 2 Jahre | 3 Jahre | 4 Jahre 


Extrakt 14,83 13,38 10,19 5,30 | 3,52 7.34 5,75 
Alkohol ae 081 2.68 5.32 6.19 539 | 490 
Milchsäure 0,256 0,310 0,306 0,61 | 0,918 0,957 1,051 
Essigsüure _ 0,012 0,012 0,168 | 0,198 0,169 | 0,018 


Ueber die Flora dieser Biere hat zuerst M. Reess (1) im Jahre 1870 
einige mikroskopische Beobachtungen angestellt. In Brüsseler Faro fand 
er verschiedene Hefenformen, darunter auch Kpürenbildende, vor, die er 
den von ihm aufgestellten Arten Saccharomyces cerevisiae, S. ellipsoideus, 
5. pastorianus und S. apieulatus zuteilte. Später hat man dann mit Hilfe 
der Reinzüchtungsverfahren festgestellt, daß an der Vergärung dieser 
Biere dreierlei Gruppen von Kleinlebewesen sich betätigen: 1. Bakterien, # 
welche fähig sind, Milchsäuregärung und Schleimigwerden ee zu 


16* 


_ 24 — 


bringen. 2. Sproßpilze, insbesondere mehrere Arten von Torulen ohne 
ausgesprochenes Gärvermögen und Sacch. apiculatus, welch letzterer diesen 
Bieren ihren eigentümlichen Geschmack und Geruch verleiht. 3. Echte 
Saccharomyceten. Von diesen nun hat H. van LAER zwei Arten rein- 
sgezüchtet und als Sacch. ellipsoideus No. 1 und No. 2 des Lambic be- 
zeichnet, welche bei 25° C Sporenbildung nach 45 Stunden aufweisen, 
und von denen die erstere durch die ausgeprägte Langstreckung der 
Zellen der Hautvegetation (s. Bd. IV, S. 13) dem Sacch. ellipsoideus I 
Hansen nahesteht.. Im Geläger dieser Biere finden sich manchmal 
ıokeinerlei lebende Hefen mehr vor. Einige Brauer stellen zu Beginn und 
am Schluß der Brauperiode ihre Würzen mit obergäriger Bierhefe an 
und vermischen den damit erhaltenen Faro mit einem durch spontane 
Gärung entstandenen. 
Von den Krankheitserscheinungen an diesen Bieren ist vor allen 
ıs anderen jene zu nennen, welche man als die Doppelsichtigkeit 
(vlämisch: tweeskinde, franz.: biere a double face) bezeichnet. Sie äußert 
sich darin, daß die Flüssigkeit im durchfallenden Lichte kristallklar und 
im auffallenden Lichte trüb erscheint, etwa so, als hätte sie einen kleinen 
Zusatz von Milch erhalten. In einer farblosen Flasche von oben her 
» betrachtet, zeigt sie ein opakes, schmutzig weißes Aussehen und eine 
eigenartige gelbe Fluorescenz. Am häufigsten und deutlichsten tritt 
diese Krankheit im Lambie auf, ebenso oft auch im Faro, hingegen 
seltener in der Mars. Manchmal wird das ganze Gebräu von ihr be- 
fallen: meist aber trifft sie bloß einzelne Fässer. Gewöhnlich tritt sie 
s»nach dem Abziehen des Bieres vom Geläger auf, also anderthalb bis 
zwei Jahre nach der Herstellung. Zufolge H. vay Laer steht sie in 
Beziehung zum Erreger des Fadenziehendwerdens, der in den 
Würzen für Lambie und Faro so häufig vorkommt. Es ist dies eine 
mit dem Namen Baeillus viscosus bruzellensis belegte Langstäbchen-Art. 
soSie vermag auch in Hefenwasser mit oder ohne Zuckerzusatz sich zu 
entwickeln, bildet aber darin keinen Schleim. Bierwürze hingegen macht 
sie unfehlbar fadenziehend, und zwar in der Weise, daß diese im Höhe- 
punkte der Entwicklung mit einer weiblichen, zähen Haut überdeckt ist, 
welche nach dem Innern zu Fortsätze hinabstreckt; später wird die 
3 Flüssigkeit allmählich wieder blank und verliert ihre schleimige Be- 
schaffenheit. In Zuchten, in denen es nicht zur Schleimbildung kommt, 
oder in solchen, in denen diese wieder verschwunden ist, erweisen sich 
die einzelnen Stäbchen als von einer elliptischen oder länglichen Schleim- 
hülle (Kapsel, s. Bd. I, S. 52) umgeben und miteinander durch eine 
‚0 Schleimmasse zu einer Zooglöa vereinigt, deren Verband später aber 
wieder gelöst wird, so daß dann die Zucht nicht mehr fadenziehend ist. 
Wie H. van Laer (1) gezeigt hat, ist ein kranker Lambic ärmer an 
Alkohol und reicher an Extrakt als ein gesunder; denn die Hefe ist 
durch den in Rede stehenden Bazillus von Anfang an in ihrer Gär- 
stätigkeit beeinträchtigt. Nachfolgende Tabelle veranschaulicht dies. 


PrbeM | ProbeN | Probe P 


Gehalt in Proz. 


gesund | krank | gesund | krank gesund krank 
Extrakt 5,19 5,85 630 | 6,80 2% | 730 
Alkohol 6,4 5,8 66 | 60 8,9 5,4 
Nichtflüchtige Säuren, als | 
Milchsäure berechnet 1,04 1,02 0% | 08 062 | 0,%0 
Flüchtige Säuren, als 
Essigsäure berechnet 0,08 0,12 0,23 0,11 035 | 0,37 


— 25 — 


Durch dieses Verhalten ist das doppelgesichtige Bier scharf von 

- einem durch andere Ursache fadenziehend gewordenem verschieden; denn 

- in diesem letzteren Falle kommt der Erreger erst nach Ablauf der 

- Alkoholgärung zur Tätigkeit und findet nur noch den von der Hefe 

- übrig gelassenen Extraktrest vor. Der Bae. viscosus bruzellensis greift 3 
auch die stickstoffhaltigen Bestandteile des Lambie an und bildet Milch- 

 säure, Essigsäure und Buttersäure aus den Kohlenhydraten dieses Nähr- 
bodens. 

Kriekenlambic oder Kriekenbier wird in Brüssel auf die 
Weise bereitet, dab man in 250 Liter (ein- oder zweijährigen) Lambic ıo 
40—50 kg zuckerreiche, entstengelte und meist auch noch entkernte 
Schwarzkirschen (oder Himbeeren u. dgl.) einträgt, mit Lambie noch 
auffüllt und dann das Faß mit einem Zapfen verstopft, der eine Bohrung 
hat. Dank dem Zucker und dem Hefengehalt des Obstes tritt eine 
Gärung ein, welche 5—6 Monate dauert, worauf die Flüssigkeit wieder ı5 
klar geworden ist und in ein anderes Faß abgezogen und geschönt wird, 
um schließlich nach einigen Tagen auf Flaschen abgefüllt zu werden. 
Das so erhaltene Kriekenbier, das erst nach einer mehrmonatlichen 

Lagerung genossen wird, ist von roter Farbe, schäumt etwas, schmeckt 
_ ausgesprochen sauer und wird mit Zuckerzugabe dem Gaste vorgesetzt.2 
Ausführlichere Angaben über die Bereitung der in diesem Paragraphen 

- besprochenen Getränke sind bei LacAmBre (1) zu finden. 


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> 


| $ 64. Japanischer Sak@, Myrin und chinesischer Reiswein. 

! Nicht Gerste oder Traube, sondern Reis liefert dem ‚Japaner das 
- wichtigste geistige Getränk, den populären Sak& (Saki, Reiswein, Reis-: 
schnaps). Da sein Alkoholgehalt merklich über dem von Bier und 
Wein steht, er überdies heiß getrunken wird, ist die Aehnlichkeit mit 
diesen beiden nur gering. Sherryartig, von Rheinweinfarbe mit arrak- 
ähnlichem Aroma wird er geschildert. Der Sakekonsum pro Kopf der 
Bevölkerung kommt der Hälfte von dem unseres Bieres nahe, seine dem » 
Staate ca. 50—70 Millionen Mk. Steuer aufbringende Fabrikation spielt 
in Japan also wirtschaftlich eine erhebliche Rolle. Seit dem Jahre 1874, 

- wo wohl die erste Mitteilung über Sak£@darstellung durch Horrmans (1) 
nach Europa gelangte, beschäftigt sich mit ihm eine große } 


tiv 
[271 


Zahl von 

Publikationen; hier erfuhr man zum ersten Mal die technische Ersetz- » 
barkeit unseres Malzes zur Verzuckerung stärkehaltiger Rohmaterialien 
durch einen gleiches leistenden Pilz, den vielgenannten Aspergillus Oryzae, 
- weleher schon im 10. Kapitel des IV. Bandes beschrieben worden ist. 
Die Fabrikation dieses Getränkes zerfällt zufolge der zuerst von 
- Konscnenn (1) im ‚Jahre 1876 (nicht von un oder anderen, wie 
man gelegentlich in der Literatur findet,) gegebenen ausführlicheren 
Schilder ung in vier Abschnitte, und das it zufolge Keutner's (1) Ver- 
‚sicherung auch noch heute so: 1. Darstellung von „Koji*, 

12. „Moto“-Bereitung, 3. Maischen und Gärung (Hauptprozeß), 
4. Trennung der vergorenen Flüssigkeit von den Rück- 

‚ständen (Abpressen und“ Klären). Von diesen vier Phasen haben die 
drei ersten hervorragend mykologisches Interesse. Koji ist der pilz- 
"haltige verzuckernde Hilfsstoff; seine Herstellung entspricht also unserer 
-Malzbereitung. Moto entspricht ungefähr der Hefenmaische unserer 
 Brennereien (s. d. 11. Kap.); in dieser durch spontane Milchsäuregärung » 


| 


— 


_ 


— 246 — 


gesäuerten Reiszuckerlösung wird die Hefe herangezüchtet. In dem 
Hauptprozeß endlich wirken Koji und Moto zusammen; er besteht in . 
Verzuckerung und gleichzeitiger Vergärung der Hauptmaische Die 
Darstellung einer sauren Hefenmaische unterscheidet das Verfahren also 
svon dem der Bier- und Weinbereitung. Ergänzende Einzelheiten zur 
Sakefabrikation lieferten insbesondere Arkınsox (1) im Jahre 1880, 
Oxumura (1) im Jahre 1897, KELLNER, Morı und NaGAorA (1) im Jahre 
1889, YAgE (1) im ‚Jahre 1896 und neuerdings Kozaı (1) im Jahre 1900, 
Fustta im Jahre 1902, sowie Sarro (1) im Jahre 1904. Wir können 
ıodem Verfahren hier nur in kurzen Zügen folgen. 

Betrachten wir zunächst die Koji-Bereitung. Koji (nicht mit Reis- 
malz zu verwechseln, wenn auch von gleicher Wirkung) ist geschälter 
Reis, dessen zuvor gedämpfte Körner von den Hyphen des Aspergillus 
ÖOryzae unter teilweiser chemischer Veränderung durchsetzt und über- 

zogen sind. Bei bereits eingetretener Konidienbildung ist die Masse 
gelblichgrün, sonst farblos, in ersterem Falle auch reichlich von dem 
farbigen Sporenpulver durchsetzt. Man verwendet es lufttrocken (so im 
Handel, desgl. zur Aufbewahrung) oder frisch (also unserem Grünmalz 
entsprechend), dies letztere besonders wenn Kojibereitung und Sakedar- 

20 stellung — was nicht immer der Fall — im gleichen Betriebe vereinigt 
sind. Die in besonderen Kellern ausgeführte Kojibereitung geht von 
dem als Tane-Koji bezeichneten, gr üngelben Sporenpulver des Pilzes 
oder von einem Koji früherer Darstellung aus, mit dem der im Koji- 
keller ausgebreitete, gedämpfte Reis nach dem Erkalten bestreut wird. 

In wenigen Tagen durchsetzt das bei 20—25° sich rasch entwickelnde 
Pilzmycel die mit Strohmatten bedeckte Masse, das einzelne Korn mit 
einem feinen, hellen Schimmel-Rasen überziehend; dabei erwärmt sich 
das Ganze trotz Durchknetens erheblich (bis auf über 40°, rund 15° über 
die Temperatur des Raumes). Gewöhnlich, wenn nicht gerade Tane- 

>o Koji erzeugt werden soll, unterbricht man den Prozeß vor der Konidien- 
bildung, die Masse ist jetzt gebrauchsfertig oder wird durch Trocknen- 
lassen konserviert. Zweck der ganzen Operation ist also kurz die Er- 
zeuzung eines reichlichen, das Reiskorn durchwuchernden diastasehaltigen 
Pilzmycels. Zucker ist bereits frühzeitig im Korn nachzuweisen, gleich- 

35 zeitig findet eine Aufschließung der — spärlichen — Eiweißstoffe statt 
(Hefennahrung). Das Koji enthält, da frei an der Luft gearbeitet wird, 
auch mancherlei Fremdkeime (Bakterien, Hefen, Schimmelpilze) gerade- 
sogut wie man solche z. B. im Malz findet; das bedarf kaum der Her- 
vorhebung. So fand Kozaı (1) neben Penieillium glaueum und Khizopus 

sonigricans in manchen Koji-Proben einen oidiumartigen weißen Schimmel- 
pilz, weiterhin zwei Kahmhefen, eine Torula und eine rote Hefe. 

Ueberdies scheinen aber echte Alkoholhefen als integrierender Be- 
standteil in Frage zu kommen, sodaß dies Material also "nieht nur den 
Zuckerbildner sondern auch die Gärungserreger enthielte. Darauf ist 

sbei Besprechung des Moto noch kurz zurückzukommen. Es liegt a 
Koji faktisch also nur eine unvollkommene Reinkultur des A. Öryza 
vor, in dem dieser freilich millionenfach die Zahl anderer Organiiml 
übertrifft. Statt Reiskoji erzeugt man für manche Zwecke in Japan 
auch billigeres Gerstenkoji. Daß auch wirkliches Gerstenmalz dar- 

so gestellt wird, sei beiläufig erwähnt, seine Qualität soll jedoch geringer 
sein; leistungsfähiger ist es nicht, vielleicht stellt es sich auch teurer. 
Die Herstellung eines guten Brauereimalzes in Japan wird von dortigen 
Fachleuten aller dings als eine wichtige Frage angesehen. 


JE ey a ee ze 


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— 247 — 


Für die chemische VeränderungdeskReisesbeider Koji-Bereitung 
(aus 3,457 g entstanden 2,673 & Koji: man rechnet den Verlust auf 
1320 Proz.) ermittelten Keruner, Morr. und Nacaora (1) u. a. fol- 
gendes: 


Prozent-Gehalt der Trockensubstanz an 


2: ‚In kaltem -- 
Säure “ | = } Nicht- 
Stärke, | F Säure Wasser Eiweiß- ae 
: Maltose | Dextrose | (nicht ee 5 »\ Eiweiß- 
Dextrin ap (flüchtig) | lösl. Be- 'stickstoff 
| ı flüchtig) eieile stickstoff 
Reis 87,97 _ Spur _ — 3,63 1,227 0,022 
Koji 70,97 6,05 4,07 0,351 0,079 38,52 1,246 0,190 


Ueber Kojiwirkung und Aspergillus-Enzyme ist auch das 11. Kapitel 
des IV. Bandes und das 13. Kapitel des vorliegenden Bandes nachzusehen. 

Zur Moto-Darstellung wird Koji mit einer bestimmten (in den 
verschiedenen Betrieben verschieden großen) Portion gedämpften Reises 
und Wassers in Holzkübeln von ca. 100 Liter Inhalt gemaischt, der 
dicke Brei sodann unter wiederholtem Durcharbeiten einige Tage sich 
selbst überlassen, wobei man auf möglichst niedrige Temperatur (unter- 
halb 10°) sieht. Allmählich verflüssiet sich die Masse (Extraktgehalt 
über 20 Proz.), und es tritt, indes man die Wärme langsam steigert 
(auf 20° weiterhin bis über 30°), allmählich Gärung ein, die man 
ca. zwei Wochen sich voll entwickeln läßt. Erst jetzt, nach ca. 18 Tagen, 
ist der Moto als eine säuerlich-alkoholische, hefenreiche, noch zucker- 
haltige Flüssigkeit fertig, die 3—14 Proz. Alkohol neben 0,5—0,8 Proz. 
freier Säure enthält. Die Säure ist jedenfalls in der Hauptsache Milch- 
säure; neben der alkoholischen verläuft also Milchsäureeärung. Die zur 


Entwicklung kommende Hefe soll zufolge Kosaı und YaBE (1) vorzugs- > 


weise aus dem angewandten Koji stammen, mag aber auch wohl mit 
aus der keimreichen Luft der Gärkammern hineineelangen, wie KELLNER (1) 
meint. Die Darstellung des Moto gilt, wie schon KEL LNER (1) hervor- 
hob, als der sc hwierieste Teil der Fabrikation. Von seinem Gelingen 


hängt der ganze Prozeß ab, man verfährt da also möglichst sorgfältig s 


nach bestimmten Erfahrungsgrundsätzen: trotzdem kommt gelegentlich 
völliges Versauern ohne nennenswerte Gärung vor. In einem Falle 
ermittelte Korscheur (1) in dem fehlgesc hlagenen Moto 4,6 Proz. Säure, 
die in der Hauptsache wohl Essigsäure sein muß. Die anfänglich mög- 


lichst niedrig gehaltene Temperatur bezweckt offenbar rasches E intreten 3 


der Milchsäuregärung, welche späterhin die Erreger der Essigsäure- 
bildung hemmt. 

Wennschon es eigentlich am nächsten liegt, dab eine derart 
zusammengesetzte zuckerreiche Hlüssiekeit bei zweiwöchentlichem 


offenen Stehen an der Luft und in Berührung mit keimreichen Geräten s 


geradeso wie Würze, Maische oder steriler Most durch Luftheten 
in Alkoholgärung übergeht, so hat doch die Herkunft der Sake- 
hefe zu langen Diskussionen Veranlassung gereben. Die Frage 
ihrer angeblichen Abstammung von Aspergilleen und anderen Faden- 
pilzen ist schon auf S. 146—147 des IV. Bandes erledigt worden. Neuere 
Untersucher wollen die Herkunft der gärtätigen Hete nicht direkt aus 
der Luft, sondern von dem Koji bzw. dem Reisstroh, mit dem das Koji 
bei seiner Herstellung in Berührung kommt, ableiten, so Kozaı (1), 


[311 


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a 


or 


—_— 2148 — 


YaAgE (1) und ScHIEwEr (1). Sicher werden Hefen von dem Stroh auf 
den gedämpften Reis übergehen, andererseits werden sich hier aber auch 
solche vermehren, die mit dem Saatkoji, falls nicht bloß Sporenpulver 
verwendet wurde, hinzugebracht wurden. Steht freilich das regelmäßige 
5 Vorkommen solcher im Koji fest, wie das zur Zeit der Fall zu sein 
scheint, so wären diese wohl als vorzugsweise beteiligt anzusehen. 
Schon nach den alten Angaben KorscHeErr's aus dem Jahre 1874 ist die 
Saköhefe, wie das auch neuerdings bestätigt wurde, der Bierhefe ähnlich 
und vergärt bei langer Gärdauer selbst bis auf 18 Proz. Alkohol 
ı0(s. Bd. IV, S.130 u. 135); es wird da aber wohl nicht immer die gleiche 
Art oder Rasse und ebenso wenig nur eine einzige beteiligt sein (s. oben). 
Es wäre dankenswert, einmal direkt Moto und Hauptmaische an ver- 
schiedenen Orten genaueren bakteriologischen Analysen zu unterwerfen, 
zumal auch von der eintretenden Milchsäuregärung bislang eigentlich 
ıs nichts weiter als der Name bekannt ist. Eine in Koji wie in Sak& vor- 
kommende säuernde Kahmhefe (Anomalus-Form), die ca. 5 Proz. Alkohol 
erzeugte, beschrieb Saıto (1). Die Sakehefe, wie sie von Kozar (1) 
in der letzten auf diesen Gegenstand bezüglichen Mitteilung genauer 
beschrieben wird, erzeugte in der Maische binnen 13—15 Tagen 
a» 13,2—13,4 Gew.-Proz. Alkohol. Die kugligen Zellen haben 6—12 « im 
Durchmesser und bilden bei der Optimaltemperatur von 30—32° naclı 
14 Stunden je 1—3 Sporen. Minimal- und Maximaltemperatur für die 
Sporenbildung waren 3—4° bzw. 40—41°; in-letzterem Falle trat diese 
nach 36 Stunden, im ersteren nach 15 Tacen ein. Sporenbildung reich- 
lich, Sproßver bände meist klein, bald zerfallend. Vergoren werden neben 
Dextrose und Lävulose auch Maltose, Saccharose, Mannose, Methyl- 
glucosid, Trehalose und Galactose (letztere beiden etwas schwieriger). 
Nicht angegriffen werden Lactose und Rhamnose. Melitriose wird ge- 
spalten, die Melibiose aber nicht weiter verändert, die Hefe verhält sich 
3,also wie die obergärigen. Bei 60° © wurde sie binnen 5 Minuten sicher 
abgetötet. Eintrocknen ertrug sie 20 Monate ohne irgend welche 
Schädigung (v81.38: 109: 1.8). 
Nach diesen beiden vorbereitenden Operationen beginnt der Haupt- 
prozeß. Es wird der zu vergärende gedämpfte Reis unter Koji- und 
35 Wasserzusatz mit dem Moto vermischt und der resultierende Brei bei 
gewöhnlicher Temperatur (10—15°, doch auch auf 20° und mehr steigend) 
der unter allmählicher V erflüssigung eintretenden Verzuckerung (Maltose- 
und Dextrosebildung) und Gärung überlassen; nach ungefähr zwei 
Wochen ist sie nach wiederholtem Reis- und Koji-Zusatz beendet. Ver- 
sozuckerung und Gärung verlaufen hier nebeneinander, der sich bildende 
Alkohol stört die Diastasewirkune erst allmählich. Zufolge Kozar (1) 
setzen 10 Proz. sie auf die Hälfte, 20 Proz. auf ein Fünftel herab. Sie 
dauert also bis zum Ende des Prozesses an. Theoretisch bietet dieser 
Abschnitt nichts neues; technische Einzelheiten dürfen wir hier über- 
s gehen, man findet deren nn: bei KorscHert (1), auch bei 
ATKINSON (1), OKUMURA Kerner (1), Fusıta. (1) und Kozar (Di 
Den Verlauf zeigen olrande Zahlen einer von Arkınsox (1) analy- 
sierten Maische; es sei dazu bemerkt, daß zwischen den 14. und 17. 
sowie 17. und 19. Tag neue Zusätze von gedämpftem Reis und Wasser 
sobzw. Koji fallen. Die Annahme, dab nur Dextrose entsteht, trifft 
übrigens, wie KEvLLxer (1) zeigte, nicht zu; es handelt sich um Gemenge 
von dieser mit Maltose. 


— 249 — 


| . Stärke und | Rotations- | Spezifisches 
Tag Alkohol | Dextrose | Dextrin TE vermögen | Gewicht 
1. = = = ES ee 
m 3. ae 7,32 5,12 50 | ie | 1185 
{ 9. —_ 12,25 5,09 21,49 108° 1,18 
I: 5,2 5,4 7.00 15,04 1350 1,08 
10. 8,01 0,99 2,81 1567 | 10% 1,05 
14. 9,20 0,50 2,57 16.15,% ,.1...,.148° 1,04 
17 5,80 2,06 3,89 19,25 1600 1,03 
19. | 9,44 1,16 2,74 13,26 132° 1,02 
24. 12,41 | 0,27 0,47 10,22 48° 0,99 
Be E33. | ..0w 041 869 | 360 0.98 


Es folgt jetzt, ca. 4 Wochen nach Ansatz des Moto und 2—3 Wochen 
nach Einleitung der Gärung im Hauptbottich, nach rund fünfwöchent- 
licher Arbeit die Trennung des Flüssigen von den Rückständen (Aus- 
pressen in hanfleinenen bzw. baumwollenen Säcken unter Druck), 
Klären, Nachgärung, Pasteurisieren, bezüglich deren auf die Original- 

- mitteilungen KorscHELT’s und anderer verwiesen sei. In Stückfässern 
bis 300 hi kommt der Sak& meist nach monatelangem Lagern (Qualitäts- 
verbesserung) in den Handel. Die Fabrikation beschränkt sich auf die 
Wintermonate (November bis Februar). 

Offenbar ist das Verfahren vom mykologischen Gesichtspunkt aus 
mancher Verbesserungen fähig (Benutzung einer reingezüchteten Hefe 
für den Moto, Verwendung eines möglichst von Fremdkeimen freien 
Kojis u. a.). Eine Grenze wird ihnen aber durch die Unmöglichkeit 
gezogen, in sterilisierter Lösung zu arbeiten, da schwerlich auf die 
während der Gärung noch andauernde, natürlich durch Aufkochen ver- 
lorengehende Diastasewirkung verzichtet werden kann. Die Arbeitsweise 
mübte hierzu wesentlich verändert werden. Vorschläge zur Verbesserung 
des Verfahrens sind schon von OKkumurA (1), neuerdings auch unter 

- Mitteilung von Versuchen mit Verwendung von Reinhefe durch Kozar (1) 
gemacht worden. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sie von der gewöhn- 
lich etwas konservativen Praxis aufgenommen werden. 

Das fertige Erzeugnis, je nach Sorte von sehr verschiedener Qualität, 
ist eine schwach gefärbte (weingelbe) sherryähnliche Flüssigkeit mit 
wechselndem Alkoholgehalt (gewöhnlich 12—15 Proz., bisweilen bis 


Pre ze 


18 Proz.), die relativ wenig haltbar ist und leicht Bakterientrübung und » 


Kahmhaut entwickelt. Dieser wie auch der in der warmen ‚Jahreszeit 
gern eintretenden Säuerung beugt man durch Pasteurisieren (bei 50 — 70° U) 
in eisernen Kesseln, mehrfach auch durch (natürlich zu beanstandenden) 
Salicylsäurezusatz vor. Die Sakedarstellung in Japan ist uralt, schon 


vor ca. 2000 Jahren wird sie erwähnt, seit ca. 200 Jahren wird sie: 


fabrikmäßig betrieben. Offenbar gehört der Aspergillus Oryzae mit zu 
den ältesten pilzlichen Kulturpflanzen, denn notorisch handelt es sich 
bei seiner Verwendung nie um ein spontanes Erscheinen, sondern um 


° eine seit Generationen fortgesetzte Uebertragung als Sporenpulver oder 


‚ arbeitet. Gerste, die auch gelegentlich zur Kojibereitung herangezogen wird, 
| ist (wie Weizen und Hirse) wohlfeiler; an Gerste und Weizen wird übrigens 
| ‚aur c ‘a. ein Viertel bis ein Drittel des geernteten Reises gezogen, von 

dem jährlich ca. 130 kg (160 Liter) pro Kopf konsumiert und auf mehr 


MT Ze 


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20 


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als Koji. An Reis werden hauptsächlich die billigeren Qualitäten ver- » 


— 2350 — 


als der Hälfte des gesamten Ackerlandes durchschnittlich 72 Millionen 
Hektoliter (40 Millionen Koku) geerntet werden. Für 1888/89 wurde die 
Sakeproduktion auf 7,2 Millionen Hektoliter (in 15708 einzelnen, vor- 
wiegend also kleinen Betrieben), der durchschnittliche Konsum pro Kopf 
auf 21,5 Liter angegeben. Im Betriebsjahre 1897/98 wurden dagegen 
ca. 8,4 Millionen Hektoliter produziert, der durchschnittliche Konsum pro 
Kopf belief sich hier zufolge Kozar (1) nur auf 19,5 Liter; der kleine 
Rückgang im Verbrauch ist vielleicht durch die Konkurrenz der auch 
in Japan emporwachsenden Bierbrauerei nach europäischem Muster mit 
Verwendung von europäischem und vorzugsweise deutschem Malz be- 
dingt. Angesichts des harmloseren Charakters des Bieres ist das wohl 
eleichfalls ein Kulturfortschritt dieses in erstaunlicher Entwicklung be- 
oriffenen Volkes; sein reichlicher Genuß ist immerhin minder bedenklich 
als der bisweilen zu einem Laster ausartende des berauschenden Sake. 
15 Die Zusammensetzung des Sak& ist wie die anderer alkoholischer 
Getränke erheblichen Schwankungen unterworfen; schon der Alkohol- 
gehalt bewegt sich zwischen weiten Grenzen (von 10 Proz. bis gegen 
das Doppelte). Für die Sorten einzelner Fabriken gab Kozar (1) unter 
Vergleich mit einem selbst dargestellten Muster folgende Analysen: 


[371 


1 


=) 


Mi | Mit reiner Sake- 
‚ Masamume | Oiran |Hayarimatzu Hefe dargestellt 


Spezifisches Gewicht 0,3933. | 0,992 0,990 0,994 
Alkohol (Gew.-Proz.) 12,33 | 12,61 14,63 13,40 
In Gramm pro Liter: | 
Trockensubstanz 34,74 40.32 27,98 | 36,20 
Nichtflüchtige Säuren (als Milch- , Gesamt- 0,75 
säure berechnet) I säure (als \ 15 | 0.60 | 
Flüchtige Säuren (als Essigsäure ar ber.) J wu | - | 
berechnet) 155 | 0,03 
Zucker (Glucose) 3» 2,3 | 5 
Dextrin 2,5 — 3,6 | 5,5 
Asche _ u 0,56 0,50 
20 Nach Fusıta (1) sind auch Glycerin (9,5—10 g pro Liter) und Eiweib- 


körper (ca. 9 g) vorhanden. 
Myrin (Süßer Sak&) ist ein weniger bekanntes, süßes, liqueurartiges, 
japanisches Getränk von gelber bis brauner Farbe, öliedickflüssiger Be- 
schaffenheit und höherem Alkoholgehalt (15—20 Proz.), dessen Bedeutung 
jedoch erheblich hinter der des Sak6 zurücksteht. Es wird mehr gelegent- 

lich und nicht regelmäßig konsumiert. Seine zuerst von Horrmann (1) im 

‚Jahre 1874 erw ähnte Darstellung nutzt nur die zuckerbildende Wirkung 

des Aspergillus Oryzae aus; eine eigentliche Gärung durch Hefen findet 

dabei also nicht statt. Gew öhnlich” wird der Myrin im gleichen Fabrik- 
so betrieb neben Sak& hergestellt, übrigens in, je nach dem Verhältnis der 
(semengteile, sehr verschiedenen, nach Lokalität und Fabrik wechselnden 
Sorten. Das Verfahren besteht im großen und ganzen darin, daß Koji 
auf sedämpften Reis, und zwar bei Gegenwart von vornherein zuge- 
setzten Alkohols (Reisbranntwein mit höchstens 50 Proz. Alkohol), längere 
Zeit einwirkt. Man verwendet dazu den im Preise höher stehenden 
Klebreis (Kuchenreis), der nach Dämpfen und Erkalten mit Koji und 
Branntwein gemischt wird. Nach häufigerem Umrühren bleibt der Brei 
3—6 Wochen in bedeckten Gefäßen sich selbst überlassen, worauf aus- 
gepreßt, geklärt und auf Stückfässer oder Flaschen gezogen wird. Von 


wo 
or. 


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B 


Ba. - 


_— 23 — 


der je nach Rezept sehr schwankenden Menge des Spritzusatzes muß es 
natürlich abhängen, ob Organismenvegetation sich einstellt. Bei einem 
Alkoholgehalt schon von 15 Proz. können wir aber selbst eine Weiter- 
entwicklung des Aspergillus als so gut wie ausgeschlossen betrachten, 
doch zeigt der hohe Zuckergehalt des Produkts ohne weiteres Fort- s 
dauern der Enzymwirkung. Ein von Arkınsox (1) untersuchtes Myrin 
enthielt: Wasser 61,82 Proz., Zucker 21.06 Proz., Dextrin 4,16 Proz. 
Der Zucker soll nach Angabe Dextrose sein, ist aber wohl ein Gemenge 
von ihr mit Maltose. Besondere, den Geschmack beeinflussende Zusätze 
werden von den Fabrikanten als Geheimnis sorgfältig gehütet. Nach ıo 
einer älteren, von ReEıs (1) angeführten Statistik wurden im Jahre 
1879/80 (von September zu September) an Myrin 38569 Koku (ca. 70000 hl) 
produziert, von denen eine Steuer von rund 300000 Mk. erhoben wurde 
(doppelte Höhe der Sak6steuer pro Koku). Eine besondere Art Myrin 
(Liqueur Meishu) wurde sogar mit 12 Mk. pro Koku versteuert. Sicher 1 
sind seitdem die Abgaben "noch erhöht worden. 

Ueber den chinesischen Reiswein, der nicht mit dem im 13. Kapitel 
zu behandelnden destillierten Reisbranntwein zu verwechseln ist, liegen 
nur kürzere Mitteilungen von VORDERMAN (1) und PRINSEN-GEERLIGS (1) 
vor. Er scheint dem japanischen Sak& zu gleichen, denn er wird gleichfalls »o 
warm getrunken, ist in der Regel jedoch rötlich gefärbt, nach einigen 
durch den benutzten Reis, wahrscheinlicher aber durch besonders zu- 
gesetzten Angh-Khak (s. 11. Kap.d. IV. Bds.), überdies oft mit aromatischen 
Pflanzenstoffen gewürzt. Um der leicht eintretenden Säuerung vorzubeugen, 
pflegt man ihn noch mit Reisalkohol zu versetzen. Nach der auf Java» 
üblichen Bereitung verwendet man ausschließlich Klebreis in Mischung 
einer weiben und roten Varietät. Im übrigen weicht diese ganz von 
der japanischen ab und steht unstreitig auf einer niederen Stufe, denn 
es wird kein gezüchteter Aspergillus für die Verzuckerung verwendet, 
sondern wild eingefangene Mucorineen, wie sie den Bestandteil der dort » 
von Europäern als „chinesische Hefe“, von Malayen als „Ragi“ bezeich- 
neten Reismehlkuchen bilden. Diese mit diastatisch wirksamen Mucor- 
und KRhizopus-Arten sowie Alkoholhefen durchsetzten pfefternußartigen 
(Gebilde werden im 13. Kapitel dieses Bandes näher besprochen werden. 
Zwecks Darstellung wird der eingequollene und gedämpfte Reis nach » 
Abkühlen einfach mit den grob zerkleinerten Mehlkuchen gemischt. Die 
nach wenigen Tagen durch starke Mucorineen-Entwicklung verpilzte Masse 
wird dann, mit Wasser angerührt, in großen Töpfen der alsbald ein- 
tretenden Verflüssigung (Zuckerbildung) und Gärung überlassen, die in 
ca. 6 Tagen beendet ist. Durch Abgießen und Auspressen trennt man so 
den Reiswein von dem Unlöslichen; er ist nach dem Klären sogleich 
konsumfertig. 

Ein chinesischer Reiswein ist auch das auf Formosa als Anchu 
hergestellte rote Reisgetränk. Nach Uveva (1) bedient man sich dabei 
eines dem Angh-Khak ähnlichen Materials (Beni-Koji oder Akakoji) und 
chinesischer Hefe (Shirokoji,. Das bislang nicht näher beschriebene 
Verfahren wird also wohl nicht wesentlich von dem eben erwähnten 
abweichen. Neben dem Monascus enthalten die roten Reiskörner zufolge 
Uyzova einen Sproßpilz sowie eine große Mucorhefe, welche in Gemein- 
schaft mit den Organismen des Reismehlkuchens offenbar Verzuckerung » 
und Vergärung durchführen. 

Wein- oder sak@ähnliche aber ungleich minder vollkommene Ge- 
tränke werden übrigens von fast allen und auch den unzivilisiertesten 


ö 


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_ 22 — 


Völkern im asiatischen Osten aus Reis oder anderen Körnerfrüchten 
bereitet; so in Anam mit Hilfe eines noch nicht näher bekannten 
Fermentes, worüber YERSIN bei CALMETTE (1) berichtet, in Tibet, Laos 
und anderen Ländern, worüber man einige Angaben bei NEUVILLE (1) 
sfindet. Das zeigt wie selbst Naturvölker sich schon frühzeitig der ver- 
zuckernden Wirkung von Pilzen zur Darstellung geistiger Getränke be- 
dienen. 


$ 65. Kwaß, Busa, Braga. 


Das Volksgetränk der Russen ist der Kwaßb. Dieser wird alltäglich 
ıin ungeheuren Mengen verbraucht; der russische Bauer vermeint, ohne 
ihn überhaupt nicht leben zu können. Jedem Soldaten wird zu seiner 
Mahlzeit ein vorgeschriebenes Maß davon gereicht, welche Zugabe so 
wichtig ist, daß für deren Bereitung in den Kasernen eigene Kwaßb- 
Köche bestellt sind, die nach ministeriell festgestellten Angaben zu 
ıs brauen haben. Den ausführlichsten Bericht darüber, auf welchen auch 
die hier zu machende Darlegung im wesentlichen sich stützt, verdanken 
wir RupoLr KoBerr (1). Dieser gibt folgende Begriffsbestim- 
mung: „Kwaß ist ein durch gleichzeitige saure und alkoholische 
Gärung 1. aus Mehl von Weizen, Roggen, Gerste, Buchweizen, oder 
2,2. aus einer diesen Mehlarten entsprechenden Malzart, oder 3. aus Brot, 
oder 4. aus einem Gemische der genannten Stoffe mit oder ohne Zusatz 
von Zucker oder zuckerhaltigen Naturprodukten bereitetes, im Stadium 
der Nachgärung befindliches, alkoholarmes und hopfenfreies Getränk, dem 
meistens gewürzige Zusätze (und zwar namentlich Pfefferminze) hinzu- 
3gefügt werden.“ 

Versuchen wir nun, über die bei der Bereitung dieses Getränkes 
sich abspielenden chemischen und physiologischen Vorgänge ein Bild zu 
gewinnen. Zu dem Zwecke sei aus der Vielzahl von Kwaßrezepten, jenes 
vorgeführt, welches in Helsingfors sich bewährt hat und durch Anton 

30 HEnkıcı mitgeteilt worden ist. Es lautet: Ueber gelindem Feuer wird 
aus 2 kg Malz und der erforderlichen Menge Wasser unter Rühren ein 
Brei hergestellt, den man hierauf in ein Faß bringt und mit 181 
kochenden Wassers verdünnt. Man läßt das Gemisch durch 24 Stunden 
stehen, trennt dann die Flüssigkeit behutsam von dem Bodensatz ab, 

3 bringt sie in ein Gefäß, in das man 400 & Weizenmehl, 800 & gepulverten 
Zucker und für 3 Kopeken (60—100 g) Hefe gegeben hat, mischt durch 
und läßt 12 Stunden stehen. Dann wird der Kwaß auf Flaschen ab- 
gezogen, die man gut verstopft. 

Der Leser wird sofort erkennen, daß durch dieses Verfahren zuerst 

aoeine Milchsäuregärung hervorgerufen wird. Denn man überläßt ja die 
aus Malz hergestellte süße Flüssigkeit durch 24 Stunden sich selbst, 
wobei sie langsam abkühlt und durch längere Zeit innerhalb jener 
Temperaturgrenzen verweilt, die für die Entwicklung der darin sich 
ansiedelnden Milchsäurebakterien entscheidend sind. Später erst wird 

sdie Alkoholgärung einsetzen, dank der zugefügten Hefe. Aber auch 
dann noch wird die Säuerung ihren Fortgang nehmen, und insofern kann 
man der Angabe von Koserr (1) beipflichten, welche von einem gleich- 
zeitigen Verlaufe dieser beiden Zersetzungsvorgänge spricht. Daß jedoch 
die saure Gärung schon viel früher beginnt, darf man um so fester be- 
sohaupten, als das Ergebnis der darüber angestellten chemischen Unter- 


suchungen dies erweist. 


— — 


253 


Nebst Milchsäure entstehen hierbei, hauptsäch- 
lich wohl durch die Tätigkeit der mit dem zugefügten Mehle eingeführten 
Bakterien, auch noch flüchtige Säuren, insbesondere Essigsäure, welch 
letztere aber in größeren und wachsenden Mengen in dem alternden 
Kwasse auftritt, wenn er nicht in verstopften Flaschen sondern in einem 
im Wohnzimmer aufgestellten Fäßchen aufbewahrt wird, aus welchem 
man nach und nach abzapft, und wo nun so die Essigsäurebakterien 
Gelegenheit haben, sich anzusiedeln. 

In viel höherem Maße als bei Wein und Bier ändert sich beim 
Kwaß die Beschaffenheit mit dem zunehmenden Älter. 
ist es auch, welcher einen raschen Verbrauch des Getränkes bedingt. 
Einige Zahlenangaben darüber werden das Gesagte verdeutlichen. Sie 
sind einer Arbeit von N. W. Insınsky (1) entnommen. 


Gehalt an Alkohol und Säuren eines Kwasses, der bei niederer Temperatur 
gor, an sechs aufeinander folgenden Tagen: 


aan LE 8 ee 
Milchsäure . 083 "05 To | 08 032 | 08 
Essigsäure. —ı | == 0,01 001 | 0,10 
Alkohol . Spuren | Spuren 0,50 0,50 1,00 | 1,00 


Kwaß von gleicher ursprünglicher Zusammensetzung wie der vorige, jedoch 
bei höherer er (19—38° 9 gärend: 


Proz. Gehaltn | 1.T. | 2T. EEE T 5. T. 
Milchsäure . . . 0,20 0,35 04 | 05 | 056 
Essigsäure _ 0,01 0,08 | 0,10 | 0,15 
Alkohol 0,50 0,50 200, | = sLO0. a 

Um schließlich einen Anhalt für die Beurteilung der gesamten 


67 


Dieser Umstand ıo 


chemischen Beschaffenheit des in Rede stehenden Getränkes zu bieten, ;; 


seien nachfolgend einige Analysenbefunde zusammengestellt, welche einer 
Abhandlung von Nik. GEORGIEWSKI (1) entnommen sind. 


Tech 1 Urkake | u ee | Te 

Herkunft der Probe Da ıır »< Alkohol | säure PABED EERRES 
1759 0 Gew.- | Gew.- Gew.- Gew.- 

” Proz. |Vol.-Proz.| Proz. Proz. Proz. 

Soldaten-Kwaß a. d. klin. | 

Hospital. . ’ 1:007.12..20 0,7 0,05 0,008 0,20 
Desgl. a. d. Artill. -Kasern. 1,008 | 2,8 1,2 0,06 0,082 0,43 
Desel. d. Moskauer Regim. 1,009 | 3,6 2,0 0,06 0,028 0,46 
Volks-Kwaß . i 1,002 | 10 0,8 0,03 0,007 0,20 
Haus-Kwaß 1,008 | 2,6 1,0 0,06 0,011 0,28 


Diese Angaben sind noch durch den Zusatz zu vervollständigen, 
daß nach den Feststellungen von Wierıso (1) in sehr vielen Fällen auch 


eine beträchtliche Menge von Ameisensäure im Kwasse sich vorfindet, » 


welche wohl durch die Tätigkeit von Bakterien entstanden ist. Der 
Gehalt an Trockenrückstand geht nicht selten noch über die durch die 
zuvor gegebenen Zahlen angedeuteten Grenzen hinaus; in den von 
Kusarew und TERESCHTSCHENKO (1) an neunzehn Proben angestellten 
Untersuchungen wurden bis zu 6,5 Proz. im frischen und bis zu : 


3,4 Proz.» 


— 254 — 


im alten Kwaß vorgefunden. Aehnlich sind die durch A. Sraxse (1) 
mitgeteilten Analysenergebnisse. Zufolge JJ. Nıxırısskı (1), welcher in 
den von ihm geprüften Proben einen Alkoholgehalt bis zu 4,7 Vol.-Proz. 
feststellen konnte, wird der Kwaß in neuerer Zeit häufig durch Zusatz 
5von Saccharin gesüßt, und zwar trotz gesetzlichen Verbotes. 

Wenn wir nun so, dank den Bemühungen der bisher genannten 
Chemiker, über das Wesen des Kwasses einigermaßen im klaren sind, so 
müssen wir doch mit Bedauern bemerken, dab wir über dessen Werden 
noch so gut wie nichts wissen. Denn die Folgerungen, welche 

A. B. Uspenskı (1) aus seinen (vom Standpunkte des Mediziners aus 
unternommenen) bakteriologischen Untersuchungen des Kwasses gezogen 
hat, und durch welche den Bakterien überhaupt eine nur ganz zurück- 
tretende Bedeutsamkeit für die Kwaßbereitung zugeschrieben worden 
ist, stehen mit all dem, was wir über Herstellung und Eigenschaften 

ıs dieses Getränkes wissen, gar nicht im Einklang. Zukünftige Forschung 
hat also auch hier noch ein sozusagen ganz braches Feld nutzbringender 
Tätigkeit. — 

Die (oder der) Bosa oder Busa ist ein dem Kwasse ähnliches Ge- 
tränk, welches, wie KoßBErr (1) angibt. von manchen mohammedanischen 

»o Völkerschaften des russischen Reiches wie auch in Ungarn im 
Banate vorzüglich aus Hirse bereitet wird. In Serbien hingegen dient 
dazu der Mais. Zufolge einer von Zesa und Masstorovic (1) gemachten 
Angabe wird dieser zu dem Zweck 8 bis 12 Stunden lang in Wasser 
mit etwas Weizenkleie gekocht, dann mit etwas Sauerteig versetzt, 

sdurch ein engmaschiges Sieb getrieben und mit Honig oder mit Zucker 
versüßt. Man erhält so eine trübe Flüssigkeit von bräunlich-gelbgrauer 
Färbung und süßlich-säuerlichem Geschmacke, deren Zusammensetzung 
durch nachfolgende Analysenbefunde gekennzeichnet ist, nämlich Gesamt- 
trockenrückstand 9,3—11,5 Proz, Alkohol 0,7—1,9 Proz., freie Kohlen- 
sosäure 0,1—0,3 Proz.. Zucker 2,7—3,0 Proz. 

Unter dem Namen Braga wird in Rumänien von den unteren Volks- 
schichten ein ähnliches Getränk bereitet, von dem eine Probe durch 
CERKEZ (1) einer chemischen Analyse unterzogen worden ist mit nach- 
folgendem Befunde: Trockenrückstand 7,0 Proz., Alkohol 1,6 Vol.-Proz., 

3 Kohlensäure 0,17 Proz., Gesamtsäure (Milchsäure) 0,36 Proz., Essigsäure 
0,03 Proz. Den Angaben von Isrrarı und ProcA (1) zufolge, unter- 
scheidet man zwei Sorten, nämlich süße Braga und saure Braga, über 
die in der bezeichneten Abhandlung nähere Analysenbefunde ange- 
geben sind. 


40 $ 66. Negerbier, Maltonwein, Ingwerbier, Tibi. 


Aus allerlei Arten von Hirse aus den Gattungen Sorghum, Peni- 
cillaria und KEleusine bereiten die einzelnen Neeerstämme Afrikas ein 
berauschendes Getränk, welches man wohl als einen verwilderten Ab- 
kömmling des (aus Gerste hergestellten, ungehopften) Bieres der alten 

4 Aegypter wird auffassen dürfen, in betreff welches letzteren auf die ge- 
schichtlichen Abhandlungen von H. von per Pranırz (1) und von 
C. OÖ. CecH (1) verwiesen sei. Die Besonderheiten in der Herstellung 
des Hirsenbieres wechseln von Stamm zu Stamm; eine Zusammenstellung 
der darüber vorliegenden Berichte der Forschungsreisenden gibt SAnDer (1). 

solm wesentlichen geht man so vor, daß man die Hirsekörner keimen läßt 


in —_ 
und hierauf, allenfalls noch nach Darren in der heißen Sonne, in einem 

' Mörser fein zerstampft, mit Wasser versetzt und das Gemisch nun ent- 

weder ohne weiteres oder aber nach einem Aufwärmen bis zur Siede- 
hitze ruhig stehen läßt, worauf bald Alkoholgärung und Milchsäure- 

- gärung sich einstellen. Eine Abtrennung des flüssigen Anteiles von dem 
dicklichen Bodensatz findet nicht statt. Man genießt das Ganze nach 
einigen Tagen so, wie es ist, gibt sogar ab und zu noch Hirsemehl vor 
dem Trinken hinzu. Das als Pombe bezeichnete Negerbier der Stämme 
Deutsch-Ostafrikas ist zuerst durch O. SaArE (1) untersucht worden. 
Die Probe enthielt 2,4 Proz. Alkohol, 1,4 Proz. Zucker (Dextrose), 
0,5 Proz. Säure (als Milchsäure berechnet). In dem Bodensatze fand er 
allerlei Organismen, Bakterien und Hefen, vor, darunter auch jene Art, 
welche dann später durch A. ZEIDLER daraus reingezüchtet und durch 
P. Linoxer (1) schließlich genauer studiert, als ein neuer Typus von 
Alkoholgärungserreger erkannt und unter den neuen Gattungs- und Art- 5 
namen Schizosaccharomyces Pombe in die Literatur eingeführt wurde. Er 
ist schon im 9. Kapitel des IV. Bandes genauer gekennzeichnet worden. 
Er ist der Erreger der Alkoholgärung in der Pombe, scheint aber nicht 
in jedem Hirsenbier tätig oder vorhanden zu sein. In einer Probe von 
Kaffernbier aus dem Oranje-Freistaat konnte er durch F. RotTHEngac# (1): 
nicht aufgefunden werden, wohl aber waren an seiner statt allerlei 
ellipsoidische Hefen vorhanden. Solche kommen auch auf den Hirse- 
körnern vor. 

Unter der Bezeichnung Maltonwein werden Fabrikate in den 

- Handel gebracht, welche nach dem Verfahren von F. Sauer (1) auf die: 
Weise zustande kommen, daß man Gerstenmalz nach dem aufsteigenden 

- Infusionsverfahren vermaischt und so eine maltosereiche Würze von 

- 17—22 Proz. Balling gewinnt, die man dann durch eine zugesetzte Rein- 

zucht geeigneter Milchsäurebakterien bei 50° C bis zu einem Endgehalt 

- von 0,6—0,8 Proz. Milchsäure durch 18—24 Stunden säuern läßt, dann 

zwecks Abtötung dieser Gärerreger auf 85—90" C aufhitzt, hierauf 

durch Zugabe von eingedickter Würze wieder auf 20 Proz. bringt, ab- 
kühlt und mit einer großen Menge einer Reinzucht einer Südweinhefe 
anstellt. Weiterhin wird der durch die binnen drei Stunden eintretende, 

stürmische und anhaltende Gärung verarbeitete Zucker durch wieder- s 

holten Zusatz (vgl. Bd. IV, S. 132) von Malzextrakt und schließlich von 

reinem Rohrzucker soweit ersetzt, daß binnen 5—6 Tagen ein Produkt 
von 16 Vol.-Proz. Alkohol und nach einigen Wochen ein solches von 

18 Vol.-Proz. entstanden ist, welches sich klar von der Bodensatzhefe 

abziehen läßt, zunächst eine Warmlagerung mit Luftzutritt durch 3—4% 

Wochen und zuletzt eine Nachreife in Gebinden im Keller durchzu- 

machen hat, bevor es auf Flaschen abgefüllt wird. Die Art der Maischung, 
die Höhe der Säuerung und die Rasse der Hefe wird je nach der Sorte 

von Maltonwein, die man zu erzeugen wünscht, entsprechend gewählt. 

- Nähere zuverlässige Angaben mykologischer Natur fehlen aber sowohl 4 
über dieses wie auch über das nur kurz zu erwähnende Verfahren 
A. Munscne’s (1), welches nebst der Weinhefe auch noch eine besondere 
bouquetbildende Hefe zur Wirksamkeit bringt. 

Unter dem Namen Ginger-beer, Ingwerbier, ist in den englischen 
Haushaltungen ein erfrischendes Getränk beliebt, welches auf die Weise so 
bereitet wird, daß man in eine 10 —20-proz. Rohrzuckerlösung einige 
Stücke Ingwer einwirft und dann einige Körner der Ginger-beer 
Plant zufügt. Es sind dies Krusten von hornähnlichem Gefüge, welche 


or 


0 


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——— PR EREEE, 


. 


— 256 — 


in dem süßen Nährboden zu durchscheinenden Klumpen von Haselnuß- 


größe aufquellen und bald heftige Gärung erregen. 


Nach 24 Stunden 


zieht man die Flüssigkeit von den Klümpchen ab, füllt in Flaschen und 


genießt das Ingwerbier im Verlaufe der nächsten zwei Tage. 


Seine 


5 Hauptbestandteile sind Kohlensäure und Milchsäure, daneben etwas 


Alkohol und Essigsäure. 


(Fig. 17) zeigt, dab sie 
als eine Vergesellschaf- 
tung von Hefen und Bak- 
ıterien in innigem Ver- 
bande aufzufassen ist. 
Den Untersuchungen von 
H. M. Warp (1) zufolge 
sind als wesentliche Be- 
ı standteile eine Spaltpilz- 
art und eine Hefenart zu 
betrachten. Die erstere 
ist schon auf S. 54 des 
1. Bandes abgebildet und 
»auf S. 55 unter dem 
Namen Bacterium vermi- 


forme beschrieben worden. 


Ein Dünnschnitt von der Ingwerbierpflanze 


eIE geosua9 


Schnitt durch die Ginger-beer plant. 


Fig. 17: 
Die Zellen des Saccharomyces piriformis sind von den 
Zellen des Bacterium vermiforme umhüllt, deren Mem- 

branen stark verdickt und gequollen sind. — 

Vergr. 680. Nach H. M. Warp. 


Die Hefenart hat wegen der ab und 


zu birnähnlichen Gestalt ihrer Zellen den Namen Saccharomyces piriformis 
erhalten; sie ist in Frg. 51 auf S. 172 des I. Bandes abgebildet und im 


>59. Kapitel des IV. Bandes näher beschrieben worden. 


Besondere Ver- 


suche haben ergeben, daß diese beiden Organismen zueinander im Ver- 


hältnis einer Art Symbiose (s. Bd. I, S. 502) stehen. 


Es ist Warp auch 


gelungen, aus den zwei Komponenten die Ingwerbierpflanze künstlich 


wieder aufzubauen. 


Deren Herkunft ist unbekannt. 


30 In Mexiko findet sich auf der Kaktusfeige (Opuntia) ein als Tibi 
bezeichneter Gärerreger in Gestalt klumpiger, durchscheinender Massen 
von der Größe eines Stecknadelkopfes bis zu der einer Erbse und von 


einem an gekochten Reis erinnernden Aussehen. 


In Zuckerlösung ge- 


bracht, verwandeln sie diese rasch in ein schäumendes, schwach saures, 
» alkoholisches Getränk, welches insbesondere bei den Fabrikarbeitern 


beliebt ist. 


L. Lurz (1) hat diese Massen untersucht. 


Ihm zufolge sind 


sie im wesentlichen als eine Vergesellschaftung einer als Dacillus mexi- 
canus bezeichneten Spaltpilzart mit einer Hefenart aufzufassen, welche 


er Ravaıs zu Ehren Saccharomyces Radaisü benannte. 
neuen Namen Pichia Radaisii 


“unter dem 


IV. Bandes beschrieben worden. 


Dieser letztere ist 
schon im 9. Kapitel des 
Das Verhältnis der zwei Organismen 


zueinander und deren Zersetzungstätigkeit ist noch nicht genügend 


erforscht. 


fähig sein, Gärung zu erregen. 
sund Wirksamkeit beider. 


Angeblich soll weder der eine noch der andere für sich allein 


Zu dieser bedarf es der Anwesenheit 
Den Baeillus mexicanus beschreibt sein Ent- 


decker als einen Kapselbazillus von 1,5—3,3 u Länge und 1,2—1,6 u 
Breite und einer Kapseldicke von 0,4 «, welcher gewöhnlich zu ge- 
wundenen, fädigen Zellverbänden vereint auftritt, Gelatine nicht ver- 


flüssigt und bei ca. 30° © am besten gedeiht. 
so Tibikörner aus den zwei Komponenten wieder aufzubauen. 
(särerreger ist möglicherweise jener 


Es ist auch gelungen, 
Mit diesem 


wesensgleich, welcher zufolge 


Pagst (1) schon seit mehr als 15 Jahren unter den Namen Tiby 
oder Graines vivantes in Paris benutzt wird, um aus Zucker- 


m 


- lösung ein billiges schäumendes Getränk von schwachem Alkoholgehalt 
zu bereiten. 


Literatur 
zum Kapitel Mykologie einiger besonderer alkoholischer Getränke. 


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A. A., (1) Cit. n. Kobert (1). *Yabe, K., (1) Bullet. College Agric., Imp. Univ. Tokio, 
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rovic, R., (1) Chem.-Ztg., 1899, Bd. 23, S. 544. 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. V. 17 


Vierter Abschnitt. 


Mykologie der Brennerei und Preßhefenfabrikation. 


10. Kapitel. 
Reinhefe und Reinzuchtsystem. 
Von 


Ingenieur J. Ha$er, Prof. Dr. P. Linpxser, Dr. W. Kues.') 


$ 67. Die Mikrobenvegetation der Rohstoffe der Brennerei. 


Da die Brennereien und Preßhffenfabriken Gerstenmalz für die 
Verzuckerung der Maischen benötigen und sich dasselbe fast durchweg 
selbst herstellen, mögen hier einige Worte über seine Herstellung ge- 

‚sagt werden. Neuerliche Bestrebungen, die Quell- und Keimungsdauer 
abzukürzen, haben zu der sogen. abwechselnden Luft-Wasser-Weiche ge- 
führt; bei ihr findet sowohl eine genügende Lüftung als auch eine reich- 
liche mechanische Reibung der einzelnen Körner statt. Beides ist wichtig; 
erstere bewirkt ein rascheres Wachsen des Embryos, letztere eine Säube- 

rung der Spelzen von Schmutz und namentlich von Pilzschleim, die 
beide die Poren derselben verschließen und so die Atmung des Korns 
beeinträchtieen. Gerstenkörner, welche aus der Weiche nicht entfernt 
werden, was bei ungenügender Reinigung vorkommt, gehen leicht in 
Fäulnis mit Gasentwicklung über. Lermer (1) hat eine Analyse der 
is Gasarten, die bei sechswöchentlichem Verweilen von Gerste in Wasser 
sich bilden, ausgeführt, und hat gefunden: 58 Proz. Stickstoff, 0,54 Proz. 
Kohlenoxyd, 3,15 Proz. Methan und 37,4 Proz. Wasserstoff. Neben diesen 
Produkten konnten auch Valeriansäure, Buttersäure und Essigsäure 
nachgewiesen werden. Die einzelnen Gärprodukte traten nicht gleich- 


!, Es sind eingelanfen: 
$ 67 69 von H. Prof. Dr. Paul Liwpser in Berlin am 12. 12. 1905, 
Ss 70u.71 „ „ J.Hasex, Oberingenieur der Spiritusabteilung der Firma F. RıaHorrER, 
Maschinenfabrik ete. in Smichow bei Prag, am 13. 12. 1905, 
S 72 „ „ Dr. W. Kuss in Wien am 10. 8. 1900. 


— 


— 2159 — 


zeitig auf, sondern es wurden z. B. der Wasserstoff und der Stickstoft 


erst gegen das Ende des Versuches entbunden. 10 ccm Gerste mit 
10 cem Wasser gaben nach 17 Tagen bei Zimmertemperatur bereits 


10 cem Gas. Schon beim Einweichen und Waschen der Gerste treten 


in dem Weichwasser säuerliche Gerüche auf, die geradezu an tierischen 
Schweiß erinnern. 

Um die eiweißreichen kleinkörnigen Gersten zu starker Diastase- 
entwicklung zu veranlassen, müssen dieselben sehr lange auf der Malz- 
tenne — bei der alten Weichmethode am besten gegen 18—20 Tage 
bei ca. 15° © in ca. 6 cm hoher Schicht — geführt werden. In dieser 
Zeit haben aber Schimmelpilze und Bakterien genug Gelegenheit, sich 
darauf anzusiedeln. Mitunter erscheint das fertige Grünmalz ganz 
dunkel infolge der reichlichen Sporenbildung des Rhizopus nigricans, des 
häufigsten Malzschimmels. Wäscht man fertiges Grünmalz und unter- 
sucht das Waschwasser, vielleicht in der Weise, daß man einfach ein 
Vaselineinschlußpräparat (s. S. 173) davon herstellt, dann bemerkt man 
nach einigen Tagen ein überaus AN Auftreten von Bakterien- 
kolonien und Hefen. Da aber Luftmangel herrscht, kommen nur die 
ersteren zu größerer Ausbreitung. Zumeist sind es sehr kleinzellige 
Bakterien, aber hin und wieder werden wir durch größere lockere fädige> 
Kolonien überrascht: das sind zumeist Milchsäur ebakterien. 

Namentlich im Jusendstadium fällt uns auf, daß die Zwischenräume 
zwischen den locker zusammengeballten Kolonien völlig frei bleiben von 
Eindringlingen, z. B. Zellen benachbarter Bakterienkolonien. Es scheint 
eine schleimige Schutzhülle hier eine Rolle zu spielen, wenigstens 
bei gewissen Arten. Am meisten Ansiedlungen haben natürlich die 
halben Körner aufzuweisen. Von Schimmelpilzen, die auf Gerste 
bei der Keimung sich breit machen und von denen Lixpxer (5) einige 
näher beschrieben hat, seien außer den am häufigsten vorkommenden 
Arten, dem Rhizopus nigricans und dem Penicillium glaucum, noch erwähnt: 
das Fusarium Hordei Marınzws (F usisporium moschatum KıTasaTo, vergl. 


‚Bd. III, S. 413), das die Körner mit einem roten Belag überzieht, das 


rd. IV. Bds.), so Asp. clavatus mit seinen Kanonen wish Ko- 3 


Cladosporium herbarum (s.12. Kap. d. IV. Bds.), das Oidium lactis (s. 16. Kap. 
d. IV. Bds.), Alternaria, dann verschiedene Aspergillus-Arten (s. 10. Kap. 


nidienträgern oder, namentlich auf Körnern, die vom Kornkäfer oder der 
Kornmotte befallen waren, Asp. albus mit seinen weißen Köpfchen, die 
auf dem Querschnitt wie Sonnen aussehen infolge der massenhaft aus- 
strahlenden Sterigmen mit den Sporenketten. Ob die von Fusarium 
Hordei befallenen Körner giftige Eigenschaften haben, ist noch festzu- 


‚stellen. In Rußland hat A. Jarschewskı (1) in nassen Jahren auf 


„trunkenem“ Getreide ein Fusarium roseum massenhaft vorkommen sehen. 
Eine genauere Untersuchung hätte einige Bedeutung wegen der Schlempe- 
oder Treberfütterung. Der Genuß des Mehls von trunkenem Getreide 
ruft schon nach einigen Stunden Schwindel, starke Kopfschmerzen, Er- 
brechen, Störung des Sehvermögens hervor und kann nach einigen Tagen 
sogar den Tod zur Folge haben. In manchen Mälzereien sitzt an den 
Wänden und Decken eine so reichhaltige Schimmelveretation, daß auch 
bei sonst reinem Getreide eine Infektion, namentlich an verletzten Körnern. 


stattfinden muß. Ueber den Einfluß der einzelnen Schimmelpilzarten ist: 


noch wenig bekannt; am unschuldigsten scheinen die Muwcor- Arten zu 
sein, zumal auch wegen ihrer Fähigkeit, selbst Diastase zu erzeugen. 
Nie würden also den Diastasegehalt vermehren helfen. Neben Schimmel- 


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25 


— 260° — 


pilzen spielen auf dem Malz auch Hefen eine Rolle, so insbesondere rote 
Hefen (s. S. 164). Sowohl die Schimmelpilze als auch die Hefen des 
Malzes finden beim Maischen zumeist ihren Untergang; nur die mit 
dem Schrotstaub in die Luft aufwirbelnden Keime erhalten sich und 

;skönnen noch eine Infektionsgefahr abgeben. 

Mitunter stellt sich ein Waschen auch des Grünmalzes in 
der Praxis als sehr nützlich heraus; ja sogar eine Desinfektion ist an- 
gestrebt worden. Somro (1) läbt es 2 Stunden unter 2-proz. Formal- 
dehydlösung stehen und spült darauf 20—30 Minuten mit fließendem 

ıkalten Wasser nach. Das so behandelte Malz soll nicht nur steril sein, 
sondern auch an 15 —25 Proz. diastatischer Kraft gewonnen haben. Ebenso 
vollständig soll die Sterilisation des Malzes durch Eintauchen desselben 
in Wasser von 55° © und nachheriges tüchtiges Nachwaschen mit kaltem 
Wasser erzielt werden. Die etwa vorhanden gewesenen Dauersporen 

sollen inzwischen in vegetative umgewandelt worden sein, für die die 
nachher in Anwendung kommende Maischtemperatur von 59° C tödlich 
wirken soll. Bei schlechtem Malz wird das Waschen mit lauwarmem 
Wasser seit altersher in den Brennereien geübt. Wo in Kartoffel- 
brennereien Entschaler Anwendung finden, durch die die Kartoffelschalen 

»aus der Maische entfernt werden, bleiben auch Gerstenmalzspelzen reich- 
lich darin, wenn nicht das Malz wiederholt und ganz fein gequetscht 
worden ist. Mit diesen Schalen und Spelzen wird ein Teil der ober- 
tlächlich angesiedelten Keime von der Maische ferngehalten. 

Von besonderer Wichtiekeit ist für die Brennerei das gute Auf- 

bewahren der Kartoffel in Kellern und Mieten; darüber ist Näheres 
im 20. Kapitel des II. Bandes enthalten, welches auch Angaben über 
die Kartoffelfäule und ihre Erreger bringt. Beim Dämpfen im Henze- 
Apparat werden faulige Kartoffeln infolge der Klumpenbildung 
leicht der völligen Sterilisation enteehen. Ehe mit Hochdruck gedämpft 

so wurde, mögen noch häufiger, selbst bei gesunden Kartoffeln, die auf 
ihnen sitzenden, aus dem Acker stammenden Sporen der Gramulobacter- 
Arten, der Heu- und Kartoffelbazillen unversehrt die Hitze überdauert 
haben. Die Heubazillen (Bac. subtilis) entwickeln sich leicht auf der 
Oberfläche der süßen Hefenmaischen, die zur Säuerung bestimmt sind, vor 

ss Eintritt derselben. HexsegerG fand in einem solchen Falle, dab sie 
mit dem Kondenswasser vom Holzdeckel in die Maische getropft waren. 
Der Geruch der Maischen und Würzen, die durch den Heubazillus infiziert 
sind, ist süßlich-muffig, etwas an Himbeeraroma oder Akazienduft er- 
innernd. 

40 Ueber die Bakterienvegetationen, die in Getreidemaischen bei 
verschiedenen Temperaturen sich entwickeln, hat Linpxer (9 u. 10) An- 
gaben gemacht. Danach entwickelt sich in einer Mischung von 12 Teilen 
Wasser, 2 Teilen Roggenschrot und 1 Teil Malzschrot bei Zimmer- 
temperatur eine Menge verschiedener Arten. Bei 40° C dahingegen 

(8. Fig. 18) kommt vorwiegend der Erreger der Buttersäuregärung auf, 
begleitet von Pediococeus acidi lactiei, der Sarcina maxima, sowie einem 
Streptococeus. Bei 50° © ist das stäbchenförmige Milchsäurebakterium 
vorwiegend. In der kurz aufgekochten und dann abgekühlten Maische 
hingegen tritt Baeillus subtilis mit einem lebhaften Wachstum an der 

50 Oberfläche auf. Vergl. auch das 11. Kapitel. 

Eine besonders rätselhafte Erscheinung ist bisher stets die Sareina 
mazxima gewesen, doch ist neuerdings auch hier ein gründlicher Einblick 
in ihr Wesen geschehen. Welche Wege zu diesem Ziele geführt haben, 


261 


dürfte zweckmäßig sein, hier in Kürze zu schildern, da die betreffende 
Methodik eine allgemeinere Nutzanwendung bei ähnlich schwer zu kulti- 
vierenden anaeroben Formen finden dürfte. BEIJERIScK und Gosuisss (1) 
haben beim Impfen von Malzwürzen oder Traubenzuckerbouillon mit 
- Gartenerde das Vorkommen großer Paketbakterien beobachtet, die sich 5 
als starke Milchsäurebildner er- 
wiesen, aber daneben noch Gas, 


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Fig. 18. Vegetation in einer kalt einge- 


maischten und 24 Stunden lang bei 40° C 
gestandenen Malz-Roggen-Maische. 


nämlich Kohlensäure (75 Proz.) und 
Wasserstoff (25 Proz.), entwickelten. 
Als einfachste Züchtungsmethode, 
bei der fast ausschließlich großzellige 
Paketsarcinen erhalten wurden, 
geben diese Forscher die folgende 
an: Bouillon, mit 3—10 Proz. Glu- 
cose oder Malzwürze, wird mit 
Phosphorsäure soweit angesäuert, 
dab S ccm Normal-Natronlauge zur 
Neutralisation von 100 ecem Flüssig- 
keit nötig sind. Mit dieser Nähr- 
lösung wird eine Flasche vollgerüllt, 
deren Boden mit einer 5—’7 mm 
dicken Schicht fein gesiebter Garten- 
erde bedeckt ist. Der verschließende 


10 


6] 
< 


a,i,h Buttersäurebakterien. b Kurzstäbchen. 


e Pediococeus acidi lactiei. d Sareina Stöpfen besitzt eine Durchbohrung, 


maxima. e Streptococcus. f Termobak- die das Entweichen von Gasen ge-2 
terien. g Stärkekomn. — Vergr. 1375. stattet. Die Kultur wird bei 37° 
Nach Liwoner. hingestellt. Schon nach 12 Stun- 


den ist sie in voller Gärung, die 
24—36 Stunden anhält, wobei die Oberfläche sich mit großem Schaum 
bedeckt, der von den aus der Tiefe aufsteigenden Gasblasen erzeugt 30 
wird. Während die obere Flüssigkeit fast völlig frei von Mikroben ist, 
zeigt der Bodensatz ein prächtiges Bild einer Sareinakultur, die fast 
rein oder nur wenig andere Beimengungen enthält. Die einzelnen Zell- 
individuen haben ungefähr 3,5 « im Durchmesser, und die großen viel- 
zelligen Pakete sind sogar für das bloße Auge sichtbar. Die Zellen sind» 
farblos und durchscheinend, die Seite der Pakete unregelmäßig. Hin 
und wieder, aber viel weniger allgemein, bemerkt man eine braune, nicht 
durchscheinende Form mit mehr regelmäßigen Paketen, deren Zellen 
2—25 u messen. Der auf der gärenden Flüssigkeit schwimmende 
Schaum besteht aus Schleim, der von den Außenwänden dieser Sarcina «0 
- abgesondert wird, deren Haut übrigens aus Cellulose besteht, denn sie 
- gibt mit Zinkehlorid und ‚Jod blauviolette Färbung. Diese Reaktion 
- hatte Surınsar schon im Jahre 1865 als für die Magensarcina, S. ventri- 
euli, charakteristisch angegeben. Diese großzellige Form ähnelt mehr 
dem Bild der Sareina maxima LısvsEer. Jene beiden Forscher halten es 
nicht für ausgeschlossen, daß beide Formen zusammengehören. Lindner 
(1 u.8) machte jedoch darauf aufmerksam, daß die von ihm beschriebene 
- Sareina maxima nicht die Cellulosereaktion gibt. Kine besondere Kigen- 
 tümliehkeit der Sareina-Gärung ist das frühzeitige Aufhören der Gas- 
entwicklung unter dem Einfluß der sich bildenden Säure. Alle Veber-: 
Impfungen mit altem Material bleiben erfolglos. Es ist unbedingt nötig, 
die Ueberimpfung noch während der Gasentwicklung vorzunehmen, wenn 
man Erfolg haben will. Die kräftigsten Gärungen werden in einer ge- 


Te Ze 


O 


— 22 — 


schlossenen Flasche erhalten, die mit dem Bodensatz der in offener 
Flasche vollzogenen Gärung geimpft wurde, wogegen die stete Erneuerung 
des Versuchs mit dem Bodensatz aus geschlossenen Gärungen bald ein 
Nachlassen und Verschwinden derselben nach sich zieht. Wenn bei dem 
;s Rohanhäufungsversuch nur wenig Säure angewendet wird, dann ent- 
wickeln sich die gewöhnlichen Milchsäurebakterien, die Laktobazillen 
(s. Bd. II, S. 82), auch bei Zutritt von Luft, obwohl ihre sonstigen Lebens- 
bedingungen denen der Sarcina entsprechen. In diesem Fall zeigt sich 
auch, daß wirklich Milchsäurebakterien in jedem Gartenboden zugegen 
sind, was bis dahin noch nicht bewiesen worden war (vergl. Bd. II, S. 87). 
Fällt die Konkurrenz der letzteren weg, dann vermag sich auch die 
Sarcina ohne Säuregegenwart kräftig zu entwickeln. Es sind also die 
Grenzen der Lebensbedingungen der Sarcina sehr weit, sobald sie ohne 
Konkurrenz wächst. Lispxer beobachtete bei Malzmaischen, die bei 
40° C hingestellt wurden, oft ein überaus reichliches Auftreten der 
Sareina mazxima. Es wird in Zukunft darauf zu achten sein, ob im 
Magen und Darm der Pflanzenfresser, deren Dung auf die Kartoffel- und 
Getreidefelder gelangt, dieser Mikrobe häufig vorkommt. Es wird diese 
Frage um so leichter zu bearbeiten sein, als durch BErErINncK’s Ver- 
»suche die Kulturbedingungen desselben erkannt sind. 

BEISERINcK (1) hat zuerst im Jahre 1886 beobachtet, daß bei der 
Einmaischung verschiedener Getreidemehl- und Gerstenmalzvarietäten 
und nachfolgender 24-stündiger Aufbewahrung der Maische bei Brut- 
temperatur eine Butylalkoholgärung unter reichlicher Wasserstoff- und 

» Kohlensäurebildung zustande kommt, während aus anderen Mehlmustern 
neben den genannten Gasen und sehr wenig Butylalkohol der Haupt- 
sache nach Buttersäure entstand. Die hierbei und in der Folge von ihm 
beobachteten Bakterien stellte er zu der Gattung Gramulobacter zu- 
sammen; vergl. darüber Bd. Il, S. 112. Granulobacter butylicum ist der 

> Butylgärungserreger vieler Getreidemehlarten. Er ist anaerob, erzeugt 
aus Maltose normalen Butylalkohol, Wasserstoff und Kohlensäure, aber 
keine Buttersäure. Außer den Granulobacter-Arten fand BEIJERINCK 
in Malzmaischen auch noch einen Streptococeus als Erreger der Butyl- 
alkoholgärung vor. Im allgemeinen läßt sich aber sagen, dab die Butter- 

sssäuregärung heutzutage in der Brennerei kaum noch eine Rolle spielt. 
Ueber die Mittel zur Verhütung ihres Eintretens bringt das folgende 
(11.) Kapitel ausführliche Angaben. 

Auch das Wasser der Betriebe kann eine beträchtliche Mikroben- 
vegetation mit sich führen, welche die Brennereimaischen und Würzen 

soschädigen und die Haltbarkeit der Preßhefen verringern. 

Einige Erwähnung verdienen noch die Essigsäure-Bakterien, 
die hauptsächlich am Malz und an den Gefäßwandungen angesiedelt sind. 
In Maischen, die noch keine Spur Alkohol enthalten, können sie nach 
Beiserinck Gluconsäure erzeugen. HENNEBERG stellte fest, dab letztere 

Säure eine schlechte Vergärung zur Folge hat, indem die Hefe beträcht- 
lich geschwächt wird. Von den eigentlichen Essigsäure-Bakterien (vergl. 
d. 19. Kap.) — Essigsäure in geringer Menge erzeugen z. B. auch ge- 
wisse Milchsäure-Bakterien (s. Bd. II, S. 60) — ist bisher von HENNE- 
perG das Bacterium industrium in Brennereimaischen gefunden worden. 

s0Da ein Prozent Milchsäure manchen Essiebakterien nicht oder nur wenig 
hinderlich ist, ist klar, daß diese sich leicht in Brennereien einnisten 
können, noch mehr in Lufthefenfabriken. In manchen von diesen letzteren 
wird die vergorene Würze geradezu weiter auf Essig verarbeitet. HexxE- 


a: 


— 265 — 


BERG hat wiederholt das Vorhandensein flüchtiger Säure und eine größere 
Säurezunahme in den Hauptmaischen auf die Gegenwart von Essig- 
bakterien zurückgeführt. Vielleicht dürfte in nicht seltenen Fällen auch 
die Gegenwart von Fruchtätherhefen, die ja auch Essigsäure und Essig- 
säureester bilden, Veranlassung zu deren Bildung sein: sitzt doch das 5 
Grünmalz, das gerade in den Brennereien sehr lange auf der Teenne ge- 
halten wird, voll von diesen Hefen, die übrigens sehr leicht und ziem- 
lich widerstandsfähige Sporen bilden. Besonders stark ist ihre Ver- 
mehrung in dem gequetschten Grünmalz (vergl. S. 164), zumal wenn es 
nicht sogleich verwertet worden ist, sondern erst lange Zeit Gelegenheit ıo 
gehabt hat, Sauerstoff aufzunehmen und daraufhin hitzig geworden ist. 
Daß die säurebildenden Organismen auch antiseptischen Stoffen, wie der 
schwefligen Säure u. a. sich leicht anpassen, hat ROTHENBACH gezeigt. 
Bei Bezug von Anstellhefe können unter Umständen zahlreiche Essig- 
bakterien mit eingeschleppt werden. HENXNEBERG hat festgestellt, dab ı; 
durch Essigsäure-Bakterien auch feucht gehaltene Hefe leicht geschädigt 
werden kann. 


$ 68. Orientierender Ueberblick über die Biologie der Brennerei 
und der Preßhefen-Fabrikation. 


Mit dem Nichtüberschreiten einer gewissen Temperatur beim Maischen » 
in der Brennerei und Preßhefen-Fabrikation und dem mitunter gebotenen 
nachträglichen Zusatz von Malz zu der heruntergekühlten Maische ist 
ein Fortleben und eine Weitervermehrung zahlreicher Mikroben, die auf 
der Rohfrucht und dem keimenden Korn angesiedelt waren, gesichert. 
In der Brauerei ist das Sudhaus die Endstation jenes Mikrobendaseins. 2 
Der Gärprozeß in der letzteren hebt in einer fast sterilen Würze an, 
wenn man von der Infektion durch Leitungen und Gefäbwandungen, 
durch Luft und Wasser usw. absieht, die übrigens in der Brennerei auch 
in Betracht gezogen werden muß. Während aber in der Brauerei die 
Infektionskeime wochen- und monatelang Zeit zur Entwicklung haben, 30 
beschränkt sich diese Frist in der Brennerei nur auf wenige Tage. 
Dafür ist aber dort eine niedrige, hier eine hohe Temperatur in An- 
wendung; letztere kann in kurzer Zeit die Mikroben zu solcher Ver- 
mehrung bringen, daß dieselbe Zahl erreicht wird wie bei jener in langer 
Frist. Die Sänerung des Hefengutes und unter Umständen auch ders: 
Hauptmaischen wurde namentlich am Anfang der Kampagne, solange 
man keine Reinkulturen des Milchsäurebazillus kannte, stets durch die 
beim Abmaischen unversehrt gebliebenen Bazillen eingeleitet. In solchen 
gesäuerten Maischen setzt auch eine spontane Hefengärung ein, wenn 
sie lange genug in nicht zu kalten Räumen hingestellt werden. Solche # 
spontanen Gärungen sind zufolge Liınpxer (4) bereits vor 45 Jahren in 
der Preßhefen-Fabrik zu Giesmannsdorf in Schlesien beobachtet und zum 
Anstellen der Hauptmaischen mit Vorteil verwertet worden. Dieses Ver- 
fahren ist zufolge Deusrück (1) auch in Amerika in Uebung und zwar 
in Großbetrieben allerersten Ranges, wie wir sie in Deutschland gar 
nicht kennen.. Ob es sich hier um eine Infektion aus der Luft, wie 
Deuprück vermutet, oder um eine solche aus den Gefäßwandungen (vergl. 
S. 157—158) oder schließlich auch um Hefenkeime (s. oben), die an dem 
Getreide selbst gesessen haben, handelt, ist nicht sichergestellt. Ich 
möchte den letzten zwei Krklärungsversuchen den Vorzug geben. »o 


_ 


— 264 — 


Da die Brennereihefen und die Preßhefen zumeist leicht Sporen bilden, 
ist ein Ueberleben der Abmaischtemperatur durch Hefensporen gut 
denkbar. Diese können dann die „Naturhefe“ erzeugen, doch werden 
an dieser auch die von den Gefäßwandungen stammenden Hefen be- 
steiligt sein. In den Würzen und Maischen der Gärungsbetriebe beginnt 
mit dem Einsetzen der Säuerung bezw. Gärung bald ein harter Kon- 
kurrenzkaınpf, dessen Ausgang von verschiedenen Umständen abhängig ist. 
Deuprück (2) hat es unternommen, in seinem System der natür- 
lichen Hefenreinzucht (vergl. S. 141) gleichsam die Topographie 
ıodes Schlachtfeldes, auf dem jene Kämpfe sich abspielen, zu kennzeichnen 
und die leitenden Gesichtspunkte zu entwickeln, nach welchen in den 
einzelnen Gärungsgewerben die guten, nützlichen Mikroben gegen die 
schädlichen zum Sieg geführt werden können. Er weist darauf hin, wie 
die Praxis rein empirisch in dieser Hinsicht das Richtige getroffen hat, 

1: wenigstens in den meisten Fällen. In einer Reihe experimenteller Unter- 
suchungen, die sich auf die inzwischen neu geschaffenen mikrobiologischen 
Methoden stützen konnten, gibt er den einzelnen praktischen Maßnahmen 
die wissenschaftliche Begründung. Der Sieg wird um so sicherer sein, 
je mehr die Truppe einheitlich zusammengesetzt und ausgebildet ist. 

»Der Feldherr hat nur noch darauf zu achten, daß seine Truppe gut ver- 
pflegt wird und dab sie nicht zu groben Strapazen ausgesetzt wird, um 
im entscheidenden Augenblick mit ausreichender Kraft einsetzen zu 
können. Die wenigen Mitläufer, die von den verschiedenen Seiten her 
der Truppe sich anschließen, haben nur noch selten Gelegenheit. lästig 

»zu werden. Wo Desinfektionsmittel in Verbindung mit einer sachgemäbß 
durchgeführten Reinlichkeit im Gärungsbetriebe zweckentsprechend An- 
wendung finden. da wird bald von solch zweifelhaften Elementen nur 
wenig zu bemerken sein. 

Die ältere Praxis hat übrigens mit den „bewährten“ Rezepten, nach 
sodenen sie arbeitete, öfters auch sehr trübe Erfahrungen gemacht, und 
dann galt es, andere Rezepte zu probieren. Bei unseren heutigen, durch 
die mikroskopisch-biologische Forschung, insbesondere durch das Studium 
der reingezüchteten Mikroben gewonnenen Kenntnissen erscheint uns 
jenes öftere Versagen der Kunst des Praktikers nicht mehr rätselhaft. 

3 Mit dem Wechsel des Rohmaterials und des Gärungserregers kamen 
naturgemäß neue feindliche Mikroben auf, gegen welche die alte Kampf- 
regel nicht mehr ausreichte. Der Schlachtplan muß auf Grund des 
veränderten mikroskopischen Bildes stets neu entworfen werden. Wer 
hier nicht Bescheid weiß, der muß auch heute noch auf Schlappen ge- 

sofabt sein, wie sie jeder noch so bewährte Praktiker früher mehr oder 
weniger oft erlebt hat. Wer aber das mikroskopische Bild zu deuten 
versteht, der kann aus ihm jedesmal die Gröbe der Gefahr erkennen und 
weiter beurteilen, ob die getroffenen Maßnahmen das gute Element in 
der Gärung gefördert haben. 

45 Durch Deusrück ist der Begriff des Hefenklimas (vergl. S. 142) 
eingeführt worden, worunter alle der Hefe im Kampf gegen die Fäulnis- 
pilze vorteilhaften Verhältnisse zu verstehen sind. In den verschiedenen 
Gärungsgewerben werden verschiedene Hefenarten gezüchtet, und für 
eine jede ist auch ein besonderes Klima notwendig, oder umgekehrt, für 

sojedes Klima hat sich eine besonders geartete Hefe eingefunden. Be- 
züglich der Brennereihefe sagte er (4): „Die Brennereihefe mub die 
Eigenschaft haben, hohe Zuckerkonzentrationen, hohen Alkoholgehalt, 
hohen Säuregehalt, starke Temperatursteigerungen (15—31” U) zu er- 


1 


tragen; sie muß gegen Spaltpilze und ihre Umsatzstoffe unempfindlich 
sein, sie muß mit einer geringen Luftzuführung zufrieden sein — anderen- 
falls würde sie dem Kahm nicht widerstehen können, sie muß ferner 
schnell arbeiten, hauptsächlich vermöge starker Sproßkraft. Diesen Be- 
dingungen wird die durch das deutsche System der Kunsthefenbereitung 5 
repräsentierte ‚natürliche Hefenreinzucht‘ in folgender Weise gerecht: 
Die Kunsthefenmaische wird konzentriert gemaischt, stark gesäuert, hoch 
vergoren und in der Temperaturspannung von 15—30° © gezüchtet. 
Besonders charakteristisch ist die Ausnutzung des entstehenden Alkohols 
zur natürlichen Reinzucht; eine von 24° am Saccharometer bis 4° ver- 
gärende Kunsthefe hat einen Alkoholgehalt von 11 Proz., täglich wird 
dieser Gehalt in der reifen Hefe erreicht, die gegen Alkohol nicht wider- 
ständigen Hefenrassen müssen zugrunde gehen. Verstärkt wird die 
Wirkung durch die Verwendung von Mutterhefe zur Fortpflanzung: Die 
Mutterhefe überträgt ihren Alkoholgehalt auf die Hefenmaische; enthält ıs 
die Maische 11 Proz. und wird '/, des Hefengefäßinhaltes als Mutter- 
hefe verwendet, so ist der Anfangsalkoholgehalt einer mit Mutterhefe 
angestellten Kunsthefe fast 3°/, Proz. Die Wirkung des Alkohols auf 
die Hefe besteht nun im wesentlichen darin, daß die Sproßtätigkeit ge- 
hemmt wird, solcher Weise werden also alle Hefen, welchen 3—4 Proz. » 
Alkohol unangenehm ist, von vornherein ausgeschlossen.“ Bei einem 
Fabrikversuch, den MuxscHhE auf Deuprück’s Veranlassung anstellte, 
war nach dreimaligem Durchgehen einer Mischung von Rasse II und 
einer untergärigen Brauereihefe letztere vollkommen unterdrückt, und 
auch die Gärungserscheinungen der eroßen Maischen nahmen schnell 
wieder die der Rasse II zukommenden Eigenschaften an. ScHukow (1) 
hat die von Linpxer im Jahre 1889 aus einer Schaumgärungsmaische 
(s. S. 266) isolierten drei Hefen Rasse II, Hefe Nr. 129 und Nr. 150 in 
gleichem Verhältnis gemischt in ungehopfter Würze und sauer gemachter 
Würze sowie in konzentrierter Würze zur Aussaat gebracht und die 
Zu- und Abnahme der Konkurrenten mit Hilfe der Lixpxer'schen 
Tröpfchenkultur (s. S. 171) und der Riesenkolonienbildung (s. Bd. IV, 
S. 23) verfolgt, also derselben Methoden, welche bei sämtlichen Versuchen 
Derzrück’s und seiner Mitarbeiter eine leichte Feststellung der Vege- 
tationsverhältnisse ermöglicht hatten. Nach wenigen Uebertragungen : 
und Erneuerungen der Gärung gelang es, bald die eine, bald die andere 
Hefe zur Alleinherrschaft oder wenigstens zur Vorherrschaft zu bringen. 
Später sind auch von HEnn£egerG Konkurrenzversuche mit den beiden 
bisher bewährtesten Hefen der Hefenzuchtanstalt des Vereins der Deutschen 
Spiritusfabrikanten, nämlich der ARasse II und Rasse XII, unter Be-ı 
nutzung des ungleich schnellen Auftriebes derselben durchgeführt worden. 
Man vergleiche auch S. 139—140. Bei jenen deutschen Brennern, welche 
durch die Berliner Schule gegangen sind, haben die Deusrück’schen 
Regeln der Gärführung allgemein Anwendung gefunden. 

Nicht bloß Heften, auch Bakterien und Schimmelpilze treten als Be- « 
werber um die in den Würzen und Maischen zum Verzehr bereitgestellten 
Nährstoffe auf, und auch zwischen ihnen entspinnen sich harte Kämpfe. 
Die von ScHwann und Pasteur geschaffenen Lehren von dem ursäch- 
lichen Zusammenhang zwischen Gärung, Fäulnis und Mikrobenwachstum 
waren zwar vom Gewerbe verständnisvoll aufgegriffen worden, jedoch » 
kamen sie für die Spiritusindustrie erst durch die Markorer’schen Be- 
strebungen, die „Unreinlichkeit der Gärung* zu beseitigen, zu praktischer 


= 


) 


— 266 — 


Verwertung. Das nächste (11.) Kapitel wird darüber ausführliche An- 
gaben bringen. 


$ 69. Die Reinhefe in der Brennerei und in der Preßhefen- 
Fabrikation. 


5 Die natürliche Reinzucht ohne Reinkultur setzt voraus, dab der 
Organismus der höchsten Leistungsfähigkeit in den Rohmaterialien schon 
vorhanden ist. Dies kann aber oft nicht zutreffen. Die für eine Maische 
beste Hefenrasse steckt nicht immer in der Anstellhefe, und alle Kunst- 
stückchen würden sie nicht herbeizaubern. Die Berliner Versuchsstation 

mußte, ehe sie für die Praxis reine Anstellhefe abgab, auch erst unter 
den Hefen des Landes Umschau und da Auslese halten. Die erste 
von ihr in die Praxis hinausgeschickte Hefe war die später als Rasse II 
bezeichnete Hefe, die Verfasser aus einer Brennerei in Gronowo bei Tauer 
in Westpreußen. die an Schaumgärung litt, isoliert hatte. Die Anstell- 

ıshefe hatte die Brennerei von der Preßhefen-Fabrik Oswald Gehrke in 
Thorn bezogen, und der Brennereiverwalter H. Diemke berichtete, dab 
gleich der erste damit angestellte Bottich Schaumgärung gegeben hatte. 
Die Brennerei von Eugen Haase in Pensa in Rußland war die erste, 
welche diese Rasse II als Reinzucht und zwar im August 1890 erhielt 

»und sie in einem kleinen Lixpxer’schen Reinzuchtapparat (vergl. S. 92) 
auch rein weiterführte. Der Bericht vom Juni nächsten Jahres, also 
1891, lautete, dab „der Apparat während der Kampagne befriedigend 
gearbeitet und der Zweck, zu dem er angeschafft, nämlich wöchentlich 
einmal einen Satz reingezüchteter Hefe zur Darstellung neuer Mutter- 

> hefe zu gewinnen, zu vollständigster Befriedigung erreicht worden sei. 
Die ausgewählte Hefenrasse ließ ebenfalls nichts zu wünschen übrig: 
Vergärung, Ausbeute, Qualität des Spiritus waren gut“. 

Zwei Jahre später (1892), nachdem die Hefenzuchtanstalt des „Ver- 
eins der Deutschen Spiritusfabrikanten“ unter Mitwirkung Lixpxer’s durch 

30 DELBRÜCK ins Leben gerufen worden war, wurde dieselbe Hefenrasse in 
vorößerem Maßbstabe nun als „Zasse II“ gezüchtet. Mit Aasse ], einer 
aus Rostock stammenden Prebhefe, die Lixpxer durch die besonders 
kräftig aussehenden Zellen zur Züchtung empfehlenswert schien, wurden 
keine guten Erfahrungen gemacht; ebenso fielen Versuche mit einer 

» Weißbierhefe, die besonders hohe Alkoholausbeute (16 Vol. Proz.) in ge- 
lüfteten konzentrierten Maltoselösungen gegeben hatte, ungünstig aus. 
Von der Rasse II waren bis 1896 bereits ungefähr 10000 kg an die 
deutschen Brennereien abgegeben worden. In den folgenden Jahren 
wurden zeitweise auch andere Rassen durch MATTHes ausprobiert, nament- 

„lich war für die Preßhefen-Fabriken das Bedürfnis nach einer ihren 
Zwecken mehr zusagenden Rasse fühlbar geworden. MarrHes fand zu- 
nächst bei der Zasse IX, später in der Rasse XII die gewünschten Eigen- 
schaften. Heute ist Rasse X1I in vorwierendem Gebrauch. sowohl in 
Kartoffelbrennereien als auch in Preßhefen-Fabriken. Rasse II neigt zu 

‚sehr zur Schaumgärung und wird dadurch manchmal unangenehm. Wie 
sehr sich die Praxis mit der Reinhefe bereits vertraut gemacht hat, geht 
aus der Tatsache hervor, dab im Jahre 1904 bereits über 12000 kg von 
Rasse XII und Rasse II von der Hefenzuchtanstalt abgegeben worden sind. 
Ein interessanter Versuch wurde noch mit der Pombehefe (s. S. 255) Schizo- 

0 saccharomyces Pombe Lispner, gemacht. Dieselbe hat sich nach den Unter- 


— 2367 — 


suchungen ROTHENBAcH’s (1) als eine dextrinvergärende Hefe erwiesen 
(vergl. d. 9. u. 19. Kap. d. IV. Bds.), und man durfte von ihr eine höhere 
Ausbeute an Alkohol erwarten als von der Rasse II. Die Versuche in 
der Praxis blieben aber ohne Erfolg, jedenfalls weil RoTHEnBacH das 
Temperaturoptimum zu niedrig geschätzt hatte: er arbeitete bei 28 bis 
33°C. In einer argentinischen Brennerei hat zufolge Lixoxer (10) die- 
selbe Hefe aber sehr gute Erfolge ergeben. Zufolge brieflicher Mit- 
teilung „verursachte sie sehr lebhafte Gärungen und entwickelte sich 
voll bei Temperaturen von 32—42° C, was für ein warmes Klima eine 
brillante Eigenschaft ist; es wurde aber auch beobachtet, daß bei 25 bis 
30°C die Hefe enorm schnell degeneriert und anderen Saccharomyceten 
Platz macht, ohne indes dabei abzusterben. Sobald nämlich die Temperatur 
infolge der hohen Außentemperatur wieder stieg, bekam wieder die 
Pombehefe die Oberhand. Es haben sich bedeutende Alkoholmehraus- 
beuten mit dieser Hefe ergeben“. Die Pombehefe produziert ziemlich 
viel Säure und schafft sich durch diese einen Schutz gegen Bakterien- 
angriffe. Zufolge RornengacH (1) wurde in einer Maische von 28,6 Proz. 
Balling und 0,3° Säure ein Endsäuregrad von 1,2° erreicht (1° ent- 
spricht 1 ccm Normal-Natronlauge auf 20 ccm Maische). Ferner war be- 
merkenswert, dab im Gegensatz zu Rasse II die Pombehefe an Flußsäure 
wenig anpassungsfähig war, eine Eigenschaft, die sie mit den Spalt- 
pilzen der Maische teilt. 

Die vielen Hefen, welche Linpser. aus Brennereimaischen und Preß- 
hefen isoliert hatte, wurden Gegenstand zahlreicher Untersuchungen; das 


allzu reichliche Material machte eine Arbeitsteilung nötig, und es sind» 


so von Deusrück’s Mitarbeitern eine Anzahl von Untersuchungen aus- 
geführt worden, welche sich auf die technische Leistungsfähirkeit der 
Hefen in bezug auf Alkoholbildung und Vermehrungsfähigkeit beziehen. 
In letzterer Hinsicht wurde insbesondere der Einfluß der Lüftung 


(vergl. Bd. IV, S. 122 u. 124) studiert. Es ergab sich dabei die über- » 


raschende Tatsache, dab in klaren Würzen das 2—3-fache der bisher 
in den Preßhefen-Fabriken nach dem Wiener Verfahren erzeugten Hefen- 
mengen erhalten werden konnte. Zufolge DELBRÜCK (3) liefern 100 Teile 
Malz in Form von Maische in der Praxis 10—11 Teile Preßhefe, in 


Form von Würze ohne Anwendung von Lüftung 21—23 Teile Hefe, in» 


Form von Würze mit Lüftung 30 Teile Hefe. Auch die Frage über 
die zweckmäßigste Dauer der Lüftung wurde experimentell beantwortet. 
Das Maximum der Ausbeute wurde bei 4'/,-stündiger Lüftungszeit er- 
reicht, nämlich 31 Proz., wobei die Aussaathefe bereits in Abzug ge- 
bracht war. Nach dem Lüftungsverfahren werden die Rassen II und 
AII, wie auch die obergärigen Bierhefen (vergl. S. 135 —136), welche 
als Anstellhefe für obergärige Biere benützt werden sollen, gezüchtet. 

Der Gang der Züchtung von Brennereihete im großen zwecks Ab- 
gabe an die Brennereien ist in der Hefenzucht-Anstalt des Institutes für 
Gärungsgewerbe in Berlin der folgende: Im Laboratorium wird von den 
Würzegelatine- oder Würzeagarkulturen der Sammlung zunächst ein 
kleiner Satz von ca. 100 & Hefe in einem Carlsbere-Kolben (s. S. 86) 
hergestellt; damit wird ein großer Lixpxer'scher Reinzucht-Apparat 
(s. S. 93) geimpft. Für die Herstellung der Züchtungswürzen kommt 


Darrmalz, unter Umständen auch etwas Roggen, zur Verarbeitung. Beis 


ca. 40° C wird in einem Maisch- und Läuterbottich eingemaischt. 
'/; Stunde stehen gelassen und dann innerhalb 1'/, Stunden auf 62° Ü 
aufgemaischt. Nun wird 2 Stunden zum Verzuckern stehen gelassen. 


22 


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Nach Herunterkühlen auf 50°C wird das Milchsäure-Bakterium ein- 
geimpft und dann die Maische durch etwa 12 Stunden der Säuerung 
überlassen, bis 20 cem etwa 0,75 Normallauge zur Neutralisation er- 
fordern. Um die Bakterien abzutöten, wird die Maische vor dem Ab- 
;läutern und Nachschwänzen auf 75— 77" Ü angewärmt und 2—2!/, Stunden 
der Ruhe überlassen. Wenn alles abgeläutert ist und die Würze infolge 
der Zufuhr von Anschwänzwasser nur noch 0,3—0,35 cem Normal-Natron- 
lauge auf 20 ccm erfordert, wird mit Hefe im Lüftungsbottich angestellt. 
Die etwa 8000 Liter fassenden (am besten kupfernen) Gärbottiche sind 
ı vorher ebenso wie die Leitung gereinigt und durch Dampf sterilisiert 
worden. Die Kühlung erfolgt durch ein im Gärbottich aufgestelltes Be- 
rieselungssystem. Während die Würze in den Gärbottich läuft, wird 
die Aussaat aus dem Reinzucht-Apparat zugeführt. Die zur Lüftung 
nötige filtrierte Luft wird mittelst durchlochter Rohrkreuze am Boden 
ıs des Bottichs eingeblasen. Der Bottich darf wegen der kräftigen Schaum- 
entwicklung nur bis zur Hälfte befüllt werden. Bei einer Gärtemperatur 
zwischen 25—28° C ist in 10 Stunden die Vermehrung der Hefe von 
5 kg Aussaat auf 100 kg gelangt. Die Luftzufuhr wird eingeschränkt, 
sobald die Würze von anfänglich 6—7 Proz. auf ungefähr 2 Proz. Balling 
»vergoren ist. Nun wird gekühlt und bis zum nächsten Tag die Gär- 
flüssigkeit der Ruhe überlassen. Vor dem dann folgenden Zentrifugieren 
des Bottichinhaltes wird mit Luft nochmals aufgerührt. Die Zentri- 
fugen machen 2300 Umdrehungen in der Minute. Die so von der ver- 
gorenen Würze rasch abgetrennte Hefe wird schließlich mit sterilem 
» Wasser daraus in dünnflüssigem Zustand entnommen und in eine Filter- 
presse gepumpt. In geprebtem Zustand wird sie dann in sterile Blech- 
büchsen verpackt. Vor dem Verpacken darf die Hefe nicht zu sehr 
zerkrümelt lange Zeit der Luft ausgesetzt bleiben, weil sonst, nament- 
lich bei zu lockerem Einstampfen in die Büchse, in letzterer Selbst- 
»erwärmung stattfinden kann; vergl. darüber S. 106. Am Orte ihrer Be- 
stimmung wird diese gepreßte Hefe dann zur Bereitung des Hefensatzes 
(„Kunsthefe*) verwendet, über welche das folgende (11.) Kapitel nähere 
Angaben bringen wird. 
Die Vorteile der Reinhefe Rasse II hat G. HEINZELMANN (2) 
»auf Grund von Versuchen in der Praxis zuerst geschildert. Sie gab 
eine bessere Vergärung, also höhere Alkoholmengen, eine geringe Zu- 
nahme der Säure (0,3°) vom Anstellen an bis zur Vereärung im Bottich 
wie in dem Hefensatz. Der Alkohol hatte, soweit sich aus Destillations- 
versuchen im kleinen ersehen ließ, einen bedeutend angenehmeren Ge- 
‘„schmack und Geruch als der sonst aus Maismaischen gewonnene Roh- 
spiritus. Die Aasse XII hat besonders im nassen Jahre 1902, in welchem 
die Kartoffeln nur geringen Stärkegehalt aufwiesen und für das die 
schlimmsten Befürchtungen bezüglich der Schaumgärung gehegt wurden, 
außerordentlich gute Dienste geleistet. BrAUER und NEUMANN (1) be- 
srichten, wie Maischen von 21 Proz. Balling von Kartoffeln mit nur 
16 Proz. Stärke bis 0,6—0,2 Proz. Balling vergoren, ohne dab dabei 
Schaumbildung auftrat. Dementsprechend konnte an Steigraum bedeutend 
gespart werden. Von anderen Praktikern wurde jedoch mitgeteilt, daß 
tasse X1] in hochkonzentrierten Maischen nicht soviel Alkohol erzeuge 
soals Rasse II, und es wurde daher ein Preisausschreiben veröffentlicht, 
durch das die Praxis zu vergleichenden Versuchen mit beiden 
Rassen aufgefordert wurde. Das Resultat war, daß in der Vergärung 
Rasse XII genau dasselbe zu leisten vermochte wie Rasse II, dab aber 


— 269 — 


in der einen oder in der anderen Brennerei die eine Rasse mehr als die 
andere zu leisten vermag. Auch in der Preßhefen-Fabrikation wurden 
frühzeitig mit Reinzuchthefe Versuche gemacht, so von STENGLEIN und 
Hörter (1), die auch bei Durst (1) eingehend geschildert sind. Die 
Versuche erstreckten sich sowohl auf das alte Abschöpfverfahren als 5 
auch auf das Lüftungsverfahren. Im Durchschnitt eines Monats wurde 
mit beliebiger Anstellhefe 185 Proz. Hefe und 9 Proz. Spiritus 
und mit Reinzuchthefe 21,5 Proz. Hefe und 10,0 Proz. Spiritus er- 
halten, was ein Mehr von 3 Proz. Hefe und 1 Proz. Spiritus zugunsten 
der Hefenreinzucht bedeutet. 10 

Von den verschiedenen Reinhefen, die bisher ausprobiert wurden, 
ist nicht viel zu sagen. Es wurde auf Grund von Gärversuchen und 
Triebkraftbestimmungen die Auswahl zwischen den reinkultivierten Rassen 
getroffen und dann eben abgewartet, wie die Praxis mit ihnen zufrieden 
war. Die Ursache der Mißerfolge zu untersuchen, ist eine schwierige, 15 
zeitraubende und kostspielige Arbeit. Es mag hier nur kurz angedeutet 
werden, wie verfehlt es ist, Versuche unter äußerlich gleichartigen Be- 
dingungen mit verschiedenen Rassen in demselben Nährsubstrat auszu- 
führen. Man vergärt z. B. eine Maische, wählt die gleiche Konzen- 
tration, Temperatur und Gärdauer und vergleicht nun das Resultat beie 
verschiedenen Rassen. Die gewonnene Hefenernte wird als Anstellhefe 
benutzt. Esist klar, dab diese gleichartigen Versuchsbedingungen höchst 
ungleiche Verhältnisse schaffen; diejenige Hefe, die mit der Vergärung 
schon früher fertig ist, kann z. B. am Ende der Gärdauer derart stark 
geschwächt sein, dab sie bei neuem Anstellen hinter den übrigen Hefen: 
zurücksteht. Es muß also jede Rasse gewissermaßen individuell be- 
handelt und für vergleichende Versuche der gleiche physiologische Zu- 
stand der Anstellhefe nach Möglichkeit angestrebt werden. Genau ge- 
nommen, läßt sich auch für zwei verschiedene Hefen kein völlig über- 
einstimmender physiologischer Zustand finden. Vielleicht ergäbe sichso 
auch für die vom Institut für Gärungsgewerbe wegen verschiedener 
Mängel ausgeschiedenen 10 Reinhefen deren Brauchbarkeit bei geeigneter 
Anpassung der Gärungsbedingungen an die Eigenschaften derselben. 
Reinhefe /// hat sich z. B. an vielen Orten ebensogut wie Rasse II be- 
währt, ja in manchen Brennereien besser als letztere; die ab und zus 
aufgetretene Schaumgärung ist wahrscheinlich nicht ihr sondern anderen 
Umständen zuzuschreiben gewesen. Reinhefe /V zeigte nach Berichten 
aus verschiedenen Brennereien keinen oder so gut wie gar keinen 
Schaum, brauchte dagegen viel Steigraum, bildete eine starke Decke und 
ergab eine schlechte Vergärung. Reinhefe /V wurde in mehreren Fabriken # 
mit Rasse II und I/II verglichen, reichte aber an deren Alkoholproduktion 
nicht heran und wurde daher durchgängig verworfen. Zur Hälfte mit 
Rasse III vermischt, gab Rasse IV sehr gute Resultate, ohne daß Schaum 
eintrat, wie es bei Kasse III, allein verwendet, zu geschehen pflegte. 
Vergleichende Gärversuche mit verschiedenen Brennerei- und Preßhefen 4 
sind außerordentlich zahlreich angestellt worden, so insbesondere durch 
Linoner (6). Gronow und IrmiscH, Uebersichtlich geordnet finden sie sich 
bei Linoxer (9 u. 10), welcher auch in graphischer Darstellung in zwei 
großen Tabellen Angaben über das Verhalten einer großen Anzahl 
von Brennerei- und Preßhefen bezüglich des Keimungsbildes, des Wachs- » 
tums in Riesenkolonien u. dergl. m. bringt. Man beachte auch die zu- 
gehörigen Abbildungen in dem „Atlas“ von Lıypner (vergl. S. 172). 

Hier mögen noch einige Bemerkungen zur Charakteristik von 


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— 20 — 


Tasse II und Rasse XII nach den Untersuchungen von HENNEBERG (1) 
angeschlossen werden. Rasse XII ist diejenige von den 12 Reinhefen 
gewesen, welche zuerst auch bei den Preßhefen-Fabrikanten Beifall fand. 
Im Keimungsbild bildet sie sparrige Sproßverbände und stimmt somit 
smit den Hefen der renommiertesten Preßhefen-Fabriken von Wien, 
Dresden, Hamburg überein, bei denen Lixpxer (7) dasselbe Verhalten 
in der Tröpfehenkultur feststellte. Rasse II bildet keine so sparrigen 
und längere Zeit ausdauernden Zellverbände. Die Riesenkolonien zeigen 
bei Rasse II eine glatte, nur durch wenig tiefe konzentrische und radiäre 

ı» Linien zerteilte Oberfläche, die am Rande ziemlich gleichmäßig abgegrenzt 
wird, bei Rasse XII hingegen eine durch radiär verlaufende Furchen 
und Erhöhungen, die eine äußerst feine konzentrische Ringelung tragen, 
zerteilte unebene Oberfläche. Durch die nicht gleich weit vom Mittel- 
punkt endenden Furchen entsteht ein unebener Rand. Die beiden Rassen 

ıs lassen sich also gut auseinanderhalten. BEIJERINcK (2) hat in holländischer 
Preßhefe häufig eine wilde Hefe beobachtet, die er wegen ihrer Essig- 
äther-Bildung Saccharomyces fragrans genannt hat. Ueber Fremdkeime 
in Fabrikpreßhefe und über das sogen. Weichwerden der Preßhefe vergl. 
S. 107 und die Bemerkungen bei ZEIiDLER (1) und bei Lispxer (2). 

20 Der Bezug von Reinhefe in geprebter Form von einer Hefenzucht- 
Anstalt ist jetzt das Gewöhnliche bei den Rohfrucht-Brennereien; sie 
verwenden sie dann, wie schon auf S. 268 angedeutet ist, zur Herstellung 
der Kunsthefe. Manche Brennereien sind jedoch schon dazu übergegangen, 
sich die Hefe in eigenen Reinzucht-Apparaten selbst zu züchten. Die 

» wichtigsten der dafür in Betracht kommenden Konstruktionen sind in 
den SS 70 und 71 beschrieben. Ueber die Vorteile und Besonderheiten 
des Reinzuchtsystemes in der Melassenbrennerei handelt schließlich 
der S 72. 


S$ 0. Jacquemin’s Apparat für die Reinzüchtung von Brennereihefe. 


30 Die Verschiedenheit des Zieles, wie auch der Art der Rohstoffe und 
der Gärführung verursachen in der Spiritusbrennerei und in der Preßhefen- 
fabrikation eine Reihe von besonderen Schwierigkeiten, so dab hier das 
Reinzuchtsystem in einer etwas anderen Gestalt als in der Brauerei zur 
Durchführung gelangt und die für die Heranzüchtung der Reinhefe zu 

ss gebrauchenden Apparate einige Eigenheiten aufweisen, die nun in Kürze 
besprochen werden sollen. Weitere Angaben findet man bei P. Lixpxer (10), 
bei G. DEIONGHE (1) u. a. a. 0. 

JacQuEmın (1) war der erste, welcher (im Jahre 1892) die Ver- 
eärung der Rübenmaischen durch geeignete reine Hefenrassen in die 

„eroße Praxis eingeführt hat; sein Verfahren ist seitdem, gestützt auf 
gute Erfolge, zu grober Verbreitung in den Rübenbrennereien und später 
auch in den Melassenbrennereien und in den Getreidebrennereien gelangt. 
JACQUEMIN (2) arbeitet mit stufenweise angeordneten Propagierungs- 
apparaten um eine kontinuierliche, rasche und billige Vermehrung von 

‚reinen Hefen aller Art, insbesondere von reinen Weinhefen, zu erzielen 
und dadurch die als äußerst vorteilhaft anerkannte Verwendung letzt- 
genannter Hefen als Ersatz für Bier- und Preßhefe in der Spiritus- 
industrie zu verallgemeinern. Die Nährlösung wird nach diesem Ver- 
fahren zuerst in einem Kochapparate durch Dampf sterilisiert, hierauf 

;oin einen kleinen Propagierungsapparat gebracht, durch zugeleitete kom- 


ir 2 


primierte Luft kräftig gelüftet, gleichzeitig abgekühlt und dann mit 
Reinzuchthefe zwecks Gewinnung von Mutterhefe („erste Hefe“) beimpft. 
Diese wird nach genügend weit vorgeschrittener ne in einen großen 
Propagierungsapparat zum Teile abgelassen, darin mit sterilisierter 
Maische aus dem Kochapparat zwecks weiterer Vermehrung („zweite 
Hefe“) zusammengebracht und gelüftet, der Gärung unterzogen und dann 
in einen Hefenbottich (Zwischen- oder Vorgär-Bottich) abeezogen und 
hier mit gewöhnlicher Maische vermischt. Nachdem so im Vorgärbottich 
neuerdings Hefe gebildet wurde („dritte Hefe“), wird diese direkt in 
die Hauptgärbottiche geleitet. Der erste kleine Propagierungsapparat 
wird wieder mit sterilisierter Nährflüssigkeit beschickt, um die Arbeit 
kontinuierlich weiter führen zu können. Das Sterilisieren der betreffenden 
Maischen für die erste und zweite Hefe mit Dampf wird auch in den 
betreffenden Propagierungsapparaten selbst ausgeführt. 

Bei der ersten Ausführung von JacQuEumiv’s System diente der große 
Propagierungsapparat (für die zweite Hefe) als Kochbottich, Sterilisator 
und Kühlapparat und war ein Holzbottich von 20 hl Fassungsvermögen. 
Der kupferne kleine Propagierungsapparat (für die erste Hefe) von 3 hl 
Inhalt war mit Deckel im Wasserverschluß und mit Kühlung durch 
Außenberieselung eingerichtet. Der Zwischenbottich (für die dritte Hefe) 
faßte 100 hl. Die Hauptbottiche waren in den Größen von 600—1500 hl 
und wurden allmählich befüllt. Sowohl in diesen wie auch im Zwischen- 
bottich wurde während der Gärung gelüftet. 

Später ersetzte Jacguemın den Holzbottich für die zweite Hefe durch 
ein kupfernes Gefäß mit Dampf- und Luftverteilungskranz, mit Wasser- 
kühlung durch äußere Berieselung des Mantels und oberem Deckel im 
 Wasserverschluß. Für drei Hauptgärbottiche von je 1500 hl Inhalt, daher 
für täglich 4500 hl Rübenmaische, wurden aufgestellt: vier kupferne 
Propagierungsapparate zu je 1,5 hl Inhalt (für die erste Hefe), weitere 
drei Propagierungsapparate zu 15 hl Inhalt (für die zweite Hefe) und 
drei hölzerne offene Vorgärbottiche zu 150 hl Inhalt (für die dritte Hefe). 
Die Maischen wurden bei 101— 102° C in den Apparaten selbst sterilisiert, 
nachdem ihnen zuvor Nährsubstanzen (Maltopepton) zugesetzt worden 
waren. Bei gewissen Melassensorten wurde die Sterilisierung in einem 


besonderen Autoklaven bei 120° vorgenommen, die Maische in einem be- 3; 


sonderen Kühler abgekühlt und dann in die Propagierungsapparate über- 
geführt. Bei dieser Arbeitsweise wurde die erste Hefe immer durch 
Zugabe von frischer Reinhefe angestellt, so dab es nötig war, noch 
selbständige Laboratoriums-Reinzuchtapparate aufzustellen. 

Um die Arbeitsweise unabhängig von letzteren und kontinuierlich 
zu gestalten, konstruierte JacQvemin im Jahre 1896 folgende Apparat- 
kombination, die in vielen Melassenbrennereien volle Anwendung ge- 
funden hat, und wählte folgende Größenverhältnisse: 1. Propagierungs- 
apparate für die erste Hefe zu 1,5—2 hl Rauminhalt, 2. desgleichen für 


die zweite Hefe zu 15 20 hl Rauminhalt, 3. offene Vorgärbottiche für « 


die dritte Hefe zu 40— 200 hl Rauminhalt und 4. offene Hauptgärbottiche 
zu 200-1000 hl Rauminhalt. 

Die Propagierungsapparate (s. Fig. 19) sind zylindrische Ge- 
füße aus Kupfer, innen verzinnt, mit festem, ebenem Unterboden und 


gewölbtem Oberboden. An letzterem ist ein Stutzen für die Kohlensäure-: 


Abführung mit Absperrhahn, ein Putzloch von 200 mm bei den kleineren 
Apparaten #1 für die erste Hefe und ein Mannloch von 400 mm bei 
den größeren Apparaten FT" für die zweite Hefe mit Bügelverschluß 


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— 272 — 


und Impfungsschraube, ein Gabelstutzen mit Luftventil und Sicherheits- 
ventil nebst einem Maische-Füllstutzen mit Absperrung angebracht. An 
der Zarge sitzen ein Berieselungskranz mit Wasserverteilungskonus und 
Absperrhahn, ein T-Stutzen mit einem, im Inneren des Apparates ein- 
; montiertem gelochten Kranz für Dampf und Luftzufuhr samt Absperrungen, 


Fig. 19. Hefenreinzucht-Apparat von JAcQuEnIm. 


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— 273 — 


ein Thermometerstutzen nebst Kontrollhülse für das Thermometer und 
das Kontrollthermometer und zwei oder drei den Füllungen entsprechend 
hoch angebrachte Probehähnchen, die gleichzeitig als Kontrollhähne 


zwecks Prüfung des Verlaufes der Gärung dienen. Der Unterboden hat 


einen Stutzen mit Absperrungen, der nach Bedarf als Füllstutzen oder 
als Ablaßstutzen für die Hefenmaische benützt wird. Bei den größeren 
Apparaten war ursprünglich noch seitlich an der Zarge ein Füllstutzen 
mit Absperrhahn für das Einführen der ersten Hefe. Weil die Küh- 
lung durch Aubenberieselung des Mantels mit Wasser vorgenommen 
wird und im Inneren der Apparate nur die einfachen Luft- bezw. Koch- 
kränze angebracht sind, ist die Reinigung der Apparate eine bequeme 
und sichere, und da während der Kühlung auch gelüftet werden muß, 
entspricht die Außenkühlung der bewegten Flüssigkeit vollkommen dem 
gewünschten Zwecke. 


Die eisernen Vorgärbottiche @ werden auch mit Wasserberieselung :; 


des Mantels und mit Lüftung analog den Propagierungsapparaten ver- 
sehen. Die Gärbottiche erhalten ebenfalls eine Luftschlange. 

Die Außenluft wird an einer reinen Stelle der Brennerei in ent- 
sprechender Höhe entnommen, dann komprimiert, filtriert und gewaschen. 


Weil die Pressung der Luft 1 at Ueberdruck nicht zu überschreiten : 


braucht, ist es nicht unbedingt nötig, die Kompressoren A mit Mantel- 
kühlung zu versehen, da die Abkühlung der mäßig komprimierten Luft 
in dem Luftsammelreservoir © und den Leitungen ZL eine genügende ist. 
Das gußeiserne Luftfilter 5 ist in Form eines viereckigen Behälters mit 
Querwänden, welche mit Hydrophilwatte gefüllt sind, ausgeführt. Die 
Ablaßhähne dienen zur Entfernung der Schmieröle und der Feuchtig- 
keit, die mit der Luft aus dem Kompressor mitgeführt wurden. Beim 
Wechseln der Watteeinlagen wird der Deckel abgeschraubt und ab- 
gehoben. Die Luft-Waschvorrichtung bestand ursprünglich aus vier gleichen, 
gußeisernen Behältern D‘, die innen mit Bleiverkleidung versehen waren. 
Der erste Behälter wurde leer gehalten, der zweite war mit Schweftel- 
säure beschickt, der dritte war wieder leer und der vierte enthielt eine 
Sodalösung. Diese Batterie von vier Gefäßen wurde später durch ein 
innen verzinntes Kupfergefäß D mit oberem Füll- und Putzloch, gefüllt 
mit Porzellankugeln und einer Borsäurelösung, ersetzt. Die kleinen 
Filter f, welche den Propagierungsapparaten manchmal vorgesetzt sind, 
werden ebenfalls mit Hydrophilwatte gefüllt. Die Rohrleitungen sind 
als feste, zusammengeschraubte, für das Reinigen mit Wasser und Sterili- 
sieren mit Dampf eingerichtete Leitungen ausgeführt. 


Die kleinen Reinzuchtapparate (# und E°) für die erste Hefe dienen 


zur Sterilisierung und Abkühlung der Maische, Wiederbelebung der 
Reinkultur, Vermehrung und kontinuierlichen Weiterzüchtung derselben. 
Sie werden zuerst durch einige Minuten mit Dampf sterilisiert, bis der- 
selbe in vollem Strahle durch den geöffneten Kohlensäure-Abführungs- 
hahn des Oberbodens entweicht, dann durch den oberen Füllstutzen zu 
zwei Dritteln mit verdünnter, angesäuerter, mit Nährmitteln versehener 
Melassenmaische befüllt; diese wird durch Kochen mit Wasserdampf 
sterilisiert und dann bei ununterbrochener Lüftung auf die Anstell- 
temperatur abgekühlt. Die Reinhefe wird dann aus einem Glasballon 
durch den Impfungsstutzen zugeführt. Die Hefenmaische wird bei ent- 
sprechender Lüftung in ca. 10 Stunden auf die Hälfte vergoren. Mit 
einem Teil derselben wird ein zweiter, in derselben Höhe aufgestellter, 
inzwischen bemaischter kleiner Apparat durch schwachen Luftdruck 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle, Bd. \ IS 


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— 2714 — 


durch den am Unterboden befindlichen und mit einem Dreiweghahne 
versehenen Stutzen beschickt und die Mutterhefe in dieser Weise kon- 
tinuierlich weitergeführt, indem von der reifen Hefenmaische des einen 
Apparates (E) immer die sterilisierte und abgekühlte Maische des anderen 
;sApparates (E‘) beimpft wird, und umgekehrt. 

Die größeren Kupferapparate (F und F*) für die zweite Hefe dienen 
ebenfalls zur Sterilisierung und Abkühlung der verdünnten, angesäuerten, 
zu zwei Dritteln des Apparatinhaltes aufgefüllten Maische und werden 
mit dem Rest der reifen Hefenmaische aus dem entsprechenden kleinen 

Apparat (# oder #°), welche durch Selbstgefälle oder schwachen Luft- 
druck befördert wird, angestellt. In diesen Apparaten ist die Hefen- 
maische bei entsprechender Lüftung ebenfalls in 10 Stunden auf ungefähr 
die Hälfte der Saccharometeranzeige vergoren und wird dann ganz in 
einen offenen, hölzernen oder eisernen Vorgärbottich (@), welcher in- 

ıszwischen mit verdünnter, entsprechend angesäuerter Melassenmaische 
aufgefüllt wurde, abgelassen. Je nach dem Gröbenverhältnis zwischen 
diesen Vorgärbottichen und den größeren Kupferapparaten ist die Maische 
bei ununterbrochener schwacher Lüftung in 6—10 Stunden vergoren, 
um dann in den Hauptbottich abgelassen zu werden. Letzterer wird 

» gewöhnlich auf dreimal vollgefüllt, oder man läßt auch die Hauptmaische 
mittelst einer Eprouvette kontinuierlich zufließen. Die Vergärung im 
Hauptbottich beansprucht durchschnittlich 40 Stunden. Oft wird ein 
Propagierungsapparat von ca. 50-80 | Inhalt in analoger Ausführung 
wie die Apparate für die erste Hefe zwecks Wiederbelebung der 

» L,aboratoriums-Reinhefe der ganzen Anlage vorgeschaltet. 

In den letzten Jahren ist dieses Verfahren noch weiter vereinfacht 
worden. Die Reinzuchtapparate für die erste Hefe beschränken sich auf 
einen Wiederbelebungsapparat für die Reinhefe von ca. 80 Liter Inhalt, 
welcher lediglich zum Ansetzen einer neuen Reinhefe, in der Regel ein- 

somal im Monat, dient. Die großen Reinzuchtapparate, sowie die Vorgär- 
bottiche werden bedeutend kleiner bemessen: die ersteren, welche für 
die kontinuierliche Züchtung der Reinhefe dienen, erhalten einen Inhalt 
von 3—6 hl, die letzteren werden mit 2040 hl Inhalt, je nach der 
Größe der Hauptgärbottiche (200—400 hl), ausgeführt. Die zweite Vor- 

sgärung wird zweckmäßig im Hauptbottich selbst vorgenommen, der des- 
halb ebenso wie der Vorgärbottich mit Lüftung versehen ist. Jeder 
Reinzuchtapparat liefert in 24 Stunden zweimal reife Hefe, ein Apparat 
soll zur Reserve dienen. Die erste Vorgär ist in ca. 10 Stunden reif, 
die zweite im Hauptbottich bei gleicher Menge in 6—8 Stunden auf die 

‚Hälfte der ursprünglichen Konzentration vergoren. Die Befüllung des 
Hauptgärbottichs wird gewöhnlich in drei Stufen oder kontinuierlich 
vorgenommen. Die Vergärung im Hauptbottich dauert, bei 7,5—8 Vol.- 
Proz. Alkohol in der destillierreifen Maische, meist 36—40 Stunden. 
Die Konstruktion der Reinzuchtapparate ist soweit geändert worden, 

sdab dieselben schmäler und höher und ihre Unterböden zwecks voll- 
ständiger Entleerung halbkugelförmig ausgeführt und die Apparate auber- 
dem mit länglichen Schaugläsern, zwecks Kontrolle der Menge der ein- 
gefüllten Maische, versehen werden. Die Rohrleitungen sind allenfalls 
abnehmbar für Rohr- und Kautschukanschlüsse montiert. Die Hefen- 
so reinzucht-Anlage ist am besten im Gärlokale selbst anzuordnen und zwar 
seitlich bei mittleren und in einem Mittelgang bei großen Anlagen. Die 
Höhenverhältnisse sind so zu wählen, dab das Befüllen der einzelnen 
Apparate und Bottiche durch Selbstgefälle oder mäßigen Luftdruck er- 


— 25 — 


möglicht bleibt. Das Vorbereiten der für die Hefenmaische bestimmten 
Melasse (Kochen, Ansäuern, Abmessen) ist besser in besonderen eisernen 
oder hölzernen Gefäßen auszuführen, welche die tägliche Menge der für 
die Reinzuchtapparate (getrennt für die erste, zweite und dritte Hefe) 


bestimmten Melassenmaische fassen, und zwar oberhalb der Propagierungs- 
apparate. 


$ 71. Die Apparate von Fernbach, Bendixen, Barbet u. a. 


Der von A. FernsacH (1) für die Züchtung von Spiritushefen kon- 
struierte, kontinuierlich arbeitende Reinzuchtapparat besteht (s. Fig. 20) 
aus drei kupfernen, innen verzinnten Gefäßen und zwar: dem Hefen- 
erzeuger A, dem Sterilisator 3 und dem Hefensammler ©. Die ersteren 
zwei haben einen bombierten, auf Kippschrauben montierten Oberboden 
mit Schaugläsern, um das Innere des Zylinders besehen zu können, und 
einen flachen, festen Unterboden. Der Hefenerzeuger A hat nahe 
dem Unterboden einen konischen, gezackten Dampf- und Luftverteiler Z 
mit Anschlußrohr N, ein Abzugsrohr P, welches in die Vertiefung @ des 
Unterbodens mündet, ein Füllrohr 7, einen Stutzen O zum Einfüllen der 
Reinhefenaussaat und zum Abführen der bei der Gärung entwickelten 
Kohlensäure. Die Wasserkühlung wird durch einen doppelwandigen, 


innen mit Querwänden versehenen Zylinder @ bewirkt; es kann jedoch: 


außerdem eine Wasserberieselung des ÖOberbodens bezw. des Mantels 
vorgesehen werden. Der Flüssigkeits-Standzeiger L trägt an seinem 
unteren Teil das Abzugsrohr $5. Bei anderen Ausführungen wird der 
Unterboden durch eine unter ihm angebrachte, mit Querwänden ver- 


sehene Dampfkammer geheizt und die Lüftung mittelst einer durch-: 


lochten Kupferschlange besorgt. Die Form des Sterilisators BD 
stimmt mit derjenigen des Hefenerzeugers A überein. Der Luft- bezw. 
Dampfverteiler wird nicht angebracht, dagegen werden das Füllrohr X, 
das Entlüftungsrohr M, der Kühlzylinder © mit der Wasserzuleitung 


und Ableitung A und AR,‘ und der Flüssigkeitsanzeiger Z’ beibehalten. > 


Der Hefensammler ( besitzt am tiefsten Punkte einen Ablaßstutzen F, 
am konischen Oberboden seitlich einen Kohlensäure- bezw. Luftabfuhr- 
stutzen F' und ein durch den Konus in das Innere reichendes Hefen- 
abfüllrohr D. Die Rohrstücke 7 und 2 sind Glasrohre mit leicht ein- 


geprebter Watte, bei O und # durch Wattepfropfen verschlossen, und 5: 


werden vor dem Gebrauch durch Erhitzen auf ca. 170° C sterilisiert. 
Die Verbindung der einzelnen Dampf- und Luftstutzen mit den be- 
treffenden Leitungen erfolgt durch abnehmbare Gummischläuche, die Ab- 
sperrung derselben durch Glasstöpsel, die in einer Gasflamme sterilisiert 
wurden, oder durch Metallklemmen. Die zugeführte Luft geht durch 
ein an dem betreffenden Stutzen angebrachtes Wattefilter hindurch, das 
während des Sterilisierens abgenommen wird. 

Das Befüllen der beiden Gefäße A und P mit siedend heiber 
Nährflüssiekeit (Würze bezw. Maische) erfolgt bei abgenommenen Deckeln 
und durch Kautschukrohrstücke und Glasstöpsel geschlossenen Stutzen 88“. 
Das Sterilisieren der Leitungen und Apparate und das Kochen der 
Nährflüssigkeit erfolgt mittelst Kesseldampf. Zu diesem Zwecke werden 
die Verbindungen DP und HKE zwischen den drei Gefüßen durch Kaut- 
schukschläuche hergestellt. Der Dampf wird zuerst bei F eingeführt 
und somit der Hefensammler € nebst der Leitung DP sterilisiert. Dann 


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— 276 — 


wird dieser Dampfanschluß abgesperrt und der Dampf bei # angeschlossen, 
um die Leitung A, die Leitung X, den Sterilisator B und die dort be- 
findliche Flüssigkeit zu sterilisieren. Und zuletzt, nach Abnahme des 


Fig. 20. Hefenreinzucht-Apparat von FERNBACH. 


Dampfanschlusses bei %, wird der Dampf in die Flüssigkeit des Hefen- 
„erzeugers durch den Stutzen N geführt. Das betreffende Gefäß nebst 
der angeschlossenen Leitung ist als sterilisiert zu betrachten, wenn der 
Dampf an den Luftstutzen F, M, O einige Minuten in vollem Strahle 
entweicht.. Dann werden die Leitungen und die Luftstutzen durch 
Schraubenklemmen abgesperrt, F' und O mit einem geraden, M mit einem 
gebogenen Wattefilter versehen, die betreffenden Dampfanschlüsse ab- 
genommen, V durch ein Kniestück mit Glasstöpsel, #& durch Glasstöpsel 
und N durch Schraubenklemme abgeschlossen und die Absperrung der 
Luftstutzen aufgelöst. Das Kühlen erfolgt durch Wasserzuleitung in 
die Kühlvorrichtungen Q und @, welche mit den betreffenden Deckeln ° 
ıs festgemacht und aus den Gefäßen gehoben werden. 

Die Beimpfung geschieht durch Einführen einiger Tropfen der 
Hefenreinkultur durch den Stutzen O0, welcher dann sofort wieder mit 
dem Wattefilter abgesperrt wird. Ungefähr 24—48 Stunden danach 
wird ein feiner Schaum an der Oberfläche der Nährflüssigkeit sichtbar, 

»» worauf zur Lüftung geschritten werden muß. Die filtrierte Preßluft 
wird bei N eingeführt, verteilt sich durch die Vorrichtung Z gleichmäbig 
in der Flüssigkeit und entweicht mit der entwickelten Kohlensäure 
durch einen in Wasserverschluß geführten, bei O angesetzten Kautschuk- 
schlauch. Die Art und die Zeitdauer des Lüftens hängt von der Art 

»der Hefe ab und muß ausprobiert werden. Der Verlauf der Gärung 
wird durch Probenahme am Stutzen 5 verfolgt. Nach Beendigung der 
Gärung wird die Flüssigkeit durch 24 Stunden ruhig stehen gelassen, 
damit die Hefe sich absetze. Dann wird die klare Flüssigkeit durch 
eine bei E angebrachte Hebevorrichtung abgezogen, die zurückgebliebene, 


— 27 — 


hefenreiche Flüssigkeit durch Prebluft aufgerührt, durch die Leitung 
PD in den Hefensammler hinübergedrückt und von da durch V bei ge- 
schlossenem PD abgelassen, um mit ihr die für den Selbstbedarf oder 
zum Versandt bestimmten Gefäße zu füllen. Alle nachfolgenden Ope- 
rationen der Hefenvermehrung geschehen in der Weise, daß der 
Inhalt des Sterilisators 3 durch die Leitung AK (Absaugstutzen OÖ) in 
den Hefenerzeuger A eingesogen und der Sterilisator mit heißer Nähr- 
flüssigkeit gefüllt und bei gesperrter Leitung 4 durch EX mittelst 
Kesseldampfes sterilisiert wird. 

Jede Operation der Hefenvermehrung dauert S—12 Tage, je nach 
der Art der Hefenrasse. Die Apparate haben als Laboratoriumsapparate 
einen Inhalt von 40—1001. Die in den Spiritusbrennereien eingeführten 
Apparate haben einen festen gewölbten Oberboden und Unterboden. 
Die Kühlung ist als Außenberieselung des Mantels ausgebildet. Das 
erste Hefenzut ist nach ungefähr 20 Stunden nach der Einführung der 
Reinhefe fertig, wird in einen gewöhnlichen, offenen Bottich größtenteils 
abgezogen und in üblicher Weise im Gärlokale als Vorgär weiter be- 
handelt. Der Rest, ungefähr ein Fünftel, wird mit der sterilisierten 
Flüssigkeit des Gefäßes D gemischt, indem sie durch Preßluft vom Ge- 


fäß B in das Gefäß A übergedrückt wird. Nach weiteren 8 Stunden: 


kann wieder ein neues Hefengut abgezogen und dies so lange wieder- 
holt werden, als die Hefe sich rein erhält. Sobald man die Anwesen- 
heit von Bakterien in der Nährflüssigkeit oder im Hefengut durch 
mikroskopische Kontrolle entdeckt hat, muß wieder mit Reinhefe be- 
impft werden. In der Praxis der Rübenbrennerei hat sich gezeigt, dab 
es genügt, die erste Impfung mit reiner geeigneter Hefenrasse vorzu- 
nehmen, um dann dieselbe mindestens eine ganze Kampagne hindurch 
unbeschadet fortpflanzen zu können. Die Größe und Anzahl der Appa- 
rate richtet sich nach der Zeitdauer der erforderlichen Entwicklung der 


betreffenden Hefenrasse, wobei jeder der eintägigen Bedarfsmenge an: 


Mutterhefe entsprechen soll. Die Größe der Vorgärbottiche ist gleich 
dem zehnten bis zwanzigsten Teil des Hauptgärbottichs. 

Der von M. Laug (1) konstruierte Apparat verfolgt den Zweck, 
eine durch wiederholte Verwendung im Betriebe stark mit Bakterien 


verunreinigte Hefe dadurch zu säubern, dab sie durch ein Gewebe :: 


> 


filtriert und dabei gleichzeitig mit ozonisierter Luft gesättigt wird. 

N. Benpixen (1) verbindet das Propagierungsgefäß derart mit einem 
Hefensammler, dab letzterer mittelst des in jenem entstehenden Gas- 
druckes mit einer bestimmten Menge Reinhefe selbsttätig gefüllt wird, 
um dann diese zur Impfung der neuen Füllung des Propagierungs- 
gefäßes zu verwenden und somit eine kontinuierliche Vermehrung zu 
sichern. Das Propagierungsgefäb A, welches gleichzeitig als Gärzylinder 
und Sterilisator dient, ist ein zylindrischer Behälter (s. Fig. 27) mit 
einem bombierten, abnehmbaren, auf Schrauben befestigten Deckel und 


ebenem, angenietetem Unterboden, mit Rührwerk, innerer Dampf- und: 


Kühlschlange und der normalen Armatur. Der Kohlensäure-Abführungs- 
hahn A steht mit dem nahe am Unterboden befindlichen Uebersteig- 
halın 4‘ durch eine Hebelvorrichtung «, b, e mit Gegengewichten d und @, 
welche mit einer seitlich am Hefensammler angebrachten Druck- 


stange, die in eine verschiebbare Gabel 9 eingreift und durch das: 


Senken oder Heben des Hefensammlers beeintlußt wird, derart in Ver- 
bindung, daß nur der eine von den beiden Hähnen A und A geöftnet 
werden kann, wobei der andere geschlossen werden muß. Der Hefen- 


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— 278 — 


sammler > ist ebenfalls zylindrisch, mit normaler Armatur ohne Rühr- 
werk und mit Luft- und Heizschlange versehen und an dem einen Arme 
des Hebels # aufgehängt und durch das verschiebbare Gewicht © des 
anderen Armes dieses Hebels ausbalanciert. Das Ganze ist an einem 
sStänder s drehbar angeordnet und wird durch die am Unterboden des 


Fig. 21. Hefenreinzucht-Apparat von BENDIXEN. 


Gefäßes B angebrachte und in der entsprechenden Oeffnung des ver- 
stellbaren Tisches ? laufende Führungsstange 7? geführt. Nach ent- 
sprechender Sterilisation der ganzen Apparatur wird im Behälter A 
eine Gärung hervorgerufen und der leere Behälter 5 in seine höchste 
Stellung gehoben, wobei durch den Hebelmechanismus der Hahn A ge- 


— 279 — 


schlossen und der Hahn 4‘ offen gehalten wird. Die während der 
Gärung in A entwickelte Kohlensäure drückt nun gärende Flüssigkeit 
durch den Schlauch in den Hefensammler 5 hinüber, bis dessen Ge- 
wicht so groß wird, dab es imstande ist, den Widerstand der Gegen- 
gewichte zu überwinden. Der Behälter 5 sinkt alsdann herab und be- 
einflußt durch den Hebelmechanismus die Hähne » und Ah‘ derart, dab 
der Hahn h‘ geschlossen und Hahn A geöffnet wird und durch letzteren 
die Kohlensäure aus dem Behälter A entweicht. Hiernach wird die in 
demselben erzeugte Hefe ihrem Zwecke zugeführt, der Behälter mit 
frischer Nährflüssigkeit beschickt und durch Umstellung des Hebel- 
mechanismus mit der im Hefensammler in absolut reinem Zustande auf- 
bewahrten Reinhefe angestellt. i 

E. Barger (1) wendet sein Augenmerk der Lüftung zu und führt 
die Luft nicht in die Nährflüssigkeit selbst, sondern läßt sie auf die 
Oberfläche einer sehr dünnen Flüssigkeitsschicht wirken. Der Apparat, 
welcher sowohl für die große Praxis als auch für Laboratoriumzwecke 
ausgebildet ist, besteht (s. Fig. 22) aus dem Autoklaven bezw. Propa- 
gierungsapparat P und dem Flüssigkeitsverteiller ©. Der Autoklav P 
ist ein zylindrisches, vertikales Gefäß aus Kupfer oder Eisen, in dessen 


oberem Teile eine Anzahl (4—7) horizontaler Kupferplatten A angebracht 


sind, welche mit einem kurzen, gezahnten, abwechselnd angeordneten 
und als Ueberlauf dienenden Rande a versehen sind, wodurch sie mit 
etwa 20 mm hoher Schicht bedeckt bleiben und die Flüssigkeit ge- 
zwungen ist, die freie Länge der Platten ganz zu durchlaufen, bevor 


sie in die im unteren Raume des Autoklaven gehaltene Hauptmenge: 


gelangt. Die Reinigung der Platten erfolgt durch Wasserstrahl bei ent- 
nommenem Entleerungspfropfen v und abgeschraubtem Fenster 5. Der 
Verteiler € dient zum kontinuierlichen Heben der in Gärung befind- 
lichen Flüssigkeit vom Boden des Apparates P auf die Lüftungsplatten 4, 


wobei diese Flüssigkeit je nach Bedarf abgekühlt oder erhitzt werden: 


kann. Der Verteiler besteht aus einem Bündel von Kupferrohren von 
geringem Durchmesser (ca. 15 mm) und ziemlicher Länge, in welche 
unten durch die Leitung D sterilisierte Luft eingeführt wird, um durch 
Bildung von Luftblasen, welche den ganzen inneren Durchmesser der 
Rohre einnehmen, eine Aufwärtsbewegung der Flüssigkeit zu bewirken. 


Nachdem der Propagierungsapparat P gut gereinigt und durch Dampf 


unter schwachem Druck sterilisiert worden ist, wird er in einigen autf- 
einanderfolgenden Chargen mit der außerhalb des Apparates bereiteten, 
verzuckerten, gesäuerten, sterilisierten und entsprechend abgekühlten 


Nährflüssigkeit beschickt. Nachdem diese durch den Stutzen M hin-: 


durch beimpft worden ist, wird sie durch die Luftzuführung D konti- 
nuierlich vom Boden des Apparates P durch den Verteiler Ü auf die 
Lüftungsplatten A betördert. Die mit der Flüssigkeit aufgestiegene 
Luft bewegt sich parallel zu derselben von Platte zu Platte herab- 
steigend, um bei %, als vollkommen ausgenützt, mit der Kohlensäure 
gleichzeitige zu entweichen. Hahn 7 dient zur Zuführung von warmem 
oder kaltem Wasser, um die nötige Temperatur der Flüssigkeit ein- 
halten zu können. Die Hefenmaische wird durch den Ablaßhahn # zum 
Gärlokal geführt. Durch die Leitung Z kann in die gärende Flüssig- 


keit im Umnterteile des Gefäbes 7’ sterile Luft eingeleitet und durch dens 


Stutzen N indirekt mit Wasserdampf angewärmt werden. Der Apparat 
ist so grob zu wählen, dab in ihm die in 24 Stunden nötige Menge von 
Hefenmaische in 3—4 Uhargen erzeugt werden kann, und dab jede von 


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20 


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Fig. 22. Hefenreinzucht-Apparat von BArBET. 


diesen Chargen als Mutterhefe für die nächste Hefenmaische benützt 
werden Kann, so daß der Apparat, wenn er einmal durch eingeführte 
Reinkultur in Gang gebracht worden ist, monatelang dem Gärlokale die 
nötigen Mengen von Reinhefe liefert. 

5 E. GumwtaumeE (1) benützt in den Rübenbrennereien einen für die 
aseptische Arbeit entsprechend ausgeführten, mit Dampfheizung, Lüftung 
und Außenberieselung versehenen großen Propagierungsapparat, der als 
gemeinschaftlicher, kontinuierlich arbeitender Vorgärbottich (cuve nourrice) 
dient und welchen sämtliche, in einem separaten Sterilisator durch indi- 

ıwrekte Dampfheizung sterilisierten und in einem Kühler entsprechend 
abgekühlten Rübensäfte passieren müssen, um hier bis zu einem unver- 
ändert eingehaltenen Grade zu vergären und dann erst zur Endgärung in 
die eigentlichen Gärbottiche zu gelangen. Zur ersten Befüllung dieses 


— 2831 — 


großen Apparates mit Reinhefe dient ein kleiner normaler Reinzucht- 
apparat mit Oberboden im Wasserverschluß und innerer Dampf- bezw. 
Luftschlange, welcher mit Reinhefe beimpft wird, die bei ununter- 
brochener Lüftung des darin sterilisierten und durch Außenberieselung 
abgekühlten Rübensaftes bei abgehobenem Deckel eingeführt wurde, um 
den auf 3—4-mal mit sterilisiertem Rübensaft vollzufüllenden Vorgär- 
bottich mit der nötigen Hefenmenge zu versorgen. Der Vorgärbottich 
wird erst am Schlusse der Kampagne zur vollständigen Vergärung der 
darin enthaltenen Saftmenge gebracht und dann an den Destillierapparat 
direkt angeschlossen. 


$ 72. Das Reinhefenverfahren in der Melassenbrennerei. 


Die bei der Rübenzuckerfabrikation entstehende Melasse wird haupt- 
sächlich auf Spiritus und die resultierende Schlempe auf Pottasche und 
andere Salze verarbeitet. Der billige Preis der Melasse, für welche man 
in früheren Jahren keine andere Verwendung hatte, wie auch die in 
mancher Hinsicht außerordentlich bequeme Verarbeitung der Melasse 
auf Spiritus, die einfach mit Wasser verdünnt unter Anwendung von 
Bierhefe zur Vergärung- gebracht werden konnte, und schließlich die in 
verschiedenen Ländern für den Melassenbrenner sehr vorteilhaften Steuer- 
gesetze brachten es mit sich, daß diese.Brennereien sich entwickeln und 
zu einer Großindustrie emporblühen konnten. 

Wenn die Verarbeitung der Melasse auf Spiritus durch deren sirup- 
artige Beschaffenheit auch erleichtert wird, so bietet doch deren chemi- 
sche Zusammensetzung dem Gärungstechniker kein allzu erfreuliches 


Bild: auch die Behandlung und Aufbewahrung der Melasse seitens der: 


- Zuckerfabriken, welche die Melasse als ein lästiges Abfallprodukt an- 


sehen. und häufig auch eine mangelhafte Sorgfalt der Melassenbrenner 


selbst üben nur zu oft eine ungünstige Wirkung auf die Melasse in 


bezug auf ihre Verarbeitung auf Spiritus aus. Eine Sterilisierung der 


unverdünnten Melasse durch längeres Kochen ist wegen der Gefahr der 
Caramelisierung nicht zu empfehlen. Die (verdünnten) Melassenmaischen 
selbst zu sterilisieren, würde zu teuer kommen. Man begnügt sich daher 
in vielen Brennereien damit, die mit Wasser etwas verdünnte und 
schwach angesäuerte Melasse auf 90—94" Ü zu erwärmen oder aber 


leicht vergärbare Melasse direkt zu verarbeiten. Das Erwärmen ders 


Melasse auf 90-94° (' und Stehenlassen derselben darauf während 
24 Stunden hat sich in der Praxis gut bewährt. Man hat beobachtet, 
dab die Melasse während dieser Zeit nicht unbeträchtliche Mengen von 
schlammartigen Stoffen ausscheidet und daß die von diesen Stotten be- 
freite Melasse leichter vergärt. 

Der hohe Salzgehalt der Melassen (s. Bd. IV, 5.89) wirkt hemmend 
auf die Vergärung ein, und osmosierte Melassen sind wegen des hohen 
Salzgehaltes zuweilen überhaupt nicht zur Vergärung zu bringen; vergl. 
Baver (1). Man verarbeitet daher die osmosierten Melassen zumeist 
nicht allein, sondern vermischt sie mit gewöhnlichen Melassen mit ge- 
ringerem Salzgehalt. Je größer der Salzgehalt einer Melasse ist, um so 
weniger Volumprozente Alkohol können, selbst bei rationeller Arbeits- 
weise, in den vergorenen Maischen erzielt werden. Das ist dem Me- 
lassenbrenner gut bekannt, und er bemüht sich, diesem Umstand Rech- 


nung zu tragen. Aus diesem Grunde ist man auch von der Neutralisation » 


10 


20 


16 
[37] 


10 


— 232 — 


der (schwach alkalisch reagierenden) Melasse mit (saurer) Schlempe 
zumeist abgekommen und man neutralisiert jetzt fast allgemein die 
Melasse mit Schwefelsäure. Zwar fällt dadurch die Schlempekohle etwas 
ärmer an kohlensaurem Kali aus, aber dieser Nachteil wird durch die 
sleichtere Vergärbarkeit und den höheren Alkoholgehalt jener vergorenen 
Maischen, welche mit Schwefelsäure statt mit Schlempe neutralisiert 
waren, reichlich aufgewogen. Dem Melassenbrenner erscheint ein Ge- 
halt von 7—9 Proz. Salzen in der Melasse für wünschenswert, weil der 
Erlös für diese Salze in der Form von Schlempekohle oder Pottasche ete. 

im Durchschnitt ca. ein Drittel des Betrages ausmacht, den die gesamte 
Melasse kostet, und er ist zufrieden, wenn die vergorenen Maischen einen 
Alkoholgehalt von 7,5—8 Vol.-Proz. aufweisen; ein höherer Alkoholgehalt 
ist nur bei sehr leicht vergärbaren Melassen zu erreichen. 

Schon oben war von den Steuergesetzen einzelner Länder die Rede; 

ıs diese haben auf die Arbeitsweise in den Melassenbrennereien einen groben 
Einfluß gehabt, und namentlich war es die Maischraumsteuer mit oder 
ohne Einhalten einer festgesetzten Gärzeit, welche den Melassenbrenner 
veranlaßte, weniger nach einer rationellen Ausnützung des Rohmaterials 
als nach der des versteuerten Maischraumes zu streben. In Oesterreich 

»» bestand bis zum Jahre 1888 die Maischraumsteuer ohne Einhalten einer 
bestimmten Gärdauer. Mit großen Mengen von Bierhefe war man im- 
stande, in 6—10 Stunden die Hauptbottiche vergären zu lassen. Man 
erzielte zufolge PrÜrEr (1) auf diese Weise vergorene Maischen mit 
einem Alkoholgehalt von nur 4—5 Vol.-Proz. 

25 Bei einer Maischraumsteuer mit vorgeschriebener Gärzeit war man 
dagegen bestrebt, vergorene Maischen mit hohem Alkoholgehalt zu er- 
zielen. Soren (1) beschreibt die Arbeitsweise in einer belgischen 
Brennerei, wo bei 24-stündiger Gärzeit die vergorenen Maischen einen 
Alkoholgehalt von 11—12 Vol.-Proz. hatten. Beide Arten der Schnell- 

»eärung können nur durch Verwendung grober Mengen von Hete vor 
sich gehen. Man bediente sich zumeist der leicht erhältlichen Bierhefe, 
welche in jedem gewünschten Quantum zur Verfügung stand (vergl. S.122). 

Die durch die Melassenbrennereien bezogene Bierhefe befindet sich 

aber im ruhenden Zustand, und während man sie in einem Vorgär- oder 
> Hauptbottich angären läßt, ist die Gefahr einer Infektion der Maischen 
eroß. Auch der Verbrauch an Zucker (s. Bd. IV, S. 96) für so große 
Quantitäten Hefe ist ein beträchtlicher und vermindert die Alkoholaus- 
beute. Die schwerere Vergärbarkeit der Melasse gegenüber Maischen 
aus anderen Rohmaterialien, wie Getreide, Kartoffeln ete., bringt es mit 

“sich, daß überhaupt eine verhältnismäßig hohe Hefenaussaat gegeben 
werden muß. Früher bediente man sich ausschließlich der Bierhefe, 
später bereitete man eine Kunsthefe, die allein oder auch unter Zu- 
gabe von Bierhefe in Verwendung kam; diesbezügliche Arbeitsmethoden, 
welche heute noch in Melassenbrennereien ausgeübt werden, haben 

5 HEINZELMANN (3) und Haus (1) beschrieben. Die Kunsthefe wird in 
einer mit Schwefelsäure verzuckerten Maismaische oder auch in einem 
Malzauszug oder in Melassenmaischen herangezüchtet, denen als Hefen- 
nährmittel Kleie oder dergl., oder Nährpräparate aus Bierhefe nach 
Baver (2) und nach Kurs (1) zugesetzt worden sind. Errront (1) emp- 

so fiehlt, bei Bereitung der Kunsthefe in Melassenbrennereien zur Ver- 
meidung von Infektionen einen Zusatz von Flußsäure oder deren Salzen 
oder von Harzsäuren und Harzseifen. Bemerkenswert ist der geringe 
Gehalt der Melasse an Phosphorsäure; man ist daher genötigt, wenn 


—_— 283 — 


die Hefe in einer Melassenmaische bereitet werden soll, diesem Umstand 
Rechnung zu tragen. Man hilft sich durch einen Zusatz von phosphor- 
sauren Salzen: vergl. Bd. IV, S. 86. 

Das V orkommen von Nitraten in der Melasse gibt zuweilen Anlaß 
zu Störungen im Gärlokal der Melassenbrennereien. Näheres über diese 
sogen. Salpetergärung findet man auf S.184 des III. Bandes und 
auf S.101 des IV. Bandes. Zum Glück treten diese Störungen selten 
auf und verschwinden zumeist sehr bald wieder. In solchen wie in 
fast allen anderen Fällen, wenn Störungen im Gärlokal 
eintreten, welche nicht auf eine mangelhafte Hefen- 
führung oder eine mangelhafte Reinlichkeit zurück- 
zuführen sind, können diese dadurch behoben werden. 
daß die zur Verarbeitung kommende Melasse stärker an- 
gesäuert und längere Zeit e ‚ekocht wird; vergl. ÜZEcZETKA (1), 
HEINZELMANN (1), Bau (1). Das "Auftreten von Schwefelwasser- 
stoff im Gärlokal der Melassenbrennerei, das auf Reduktion von 
Caleiumsulfat und Magnesiumsulfat zurückgeführt wird (s. Bd. IV, 8. 87), 
ist eine seltene Erscheinung und ver schwindet zumeist auch bald wieder: 
es empfiehlt sich, in solchen Fällen eine neue Hefe in den Betrieb ein- 
zuführen. 

Die Anwesenheit größerer Mengen von Raffinose kann nach 
JESsER (1) und Bau (2) ebenfalls nachteilig auf die Vergärung der 
Melasse einwirken (vergl. 19. Kap. d. kV. Bds.). Gegen eine auf solcher 
Ursache beruhende Schwergäriekeit gibt es nur das eine Mittel, Melasse 


mit hohem Raffinosegehalt nicht allein zu verarbeiten, sondern mit Me-: 


lassen mit niedrigem Raffinosegehalt zu vermischen. 

Die Schwergärigkeit der Melassen kann nach Neare (1) und 
MAERCKER (1) auch auf die Anwesenheit von Spaltpilzen und deren 
Stoffablagerungen zurückzuführen sein. Diese beiden Forscher unter- 


suchten eine schwergärige Melasse, welche überhaupt nicht zur Gärung; 


zu bringen war und welche erst durch längeres Kochen unter Zusatz 
von Schwefelsäure die Schwergärigkeit verlor. Sie konstatierten die 
Anwesenheit von Ameisensäure und Buttersäure in dieser Melasse und 
wiesen deren gärungshemmende Wirkung nach; Näheres darüber im 
folgenden (11.) Kapitel. Die eärungshemmende Wirkung der Buttersäure 
war so stark, daß eine Melassenmaische mit 0,1 Proz. Buttersäuregehalt 
überhaupt nicht in Gärung gebracht werden konnte. Errroxt (2) fand 
in schwer vergärbaren Melassen Bakterien in Stäbchentorm, welche 
untereinander durch eine klebrige Substanz verbunden waren und welche 
auch durch Aufkochen der mit Schwefelsäure angesäuerten Melasse nicht 
abgetötet oder hinreichend geschwächt wurden. Er führt diese Wider- 
standsfähigkeit gegen hohe Temperaturen auf die klebrige Umhüllung, 
welche die Bakterien umgibt, zurück; ihm zufolge reichen die gewöhn- 
lichen Antiseptika in jenen Mengen, welche die gleichfalls anwesende 
Hefe noch nicht schädigen, zur Abtötung jener Bakterien nicht aus. 
Errront empfiehlt, letztere durch einen Zusatz von Substanzen wie 
Tannin, Tonerdehydrat oder dergl. gewissermaßen auszufällen. Schon 
früher war Musnn (1) ein Verfahren patentiert worden, Maischen durch 
Zusatz von voluminösen Substanzen von Bakterien zu befreien. Auch 
das pe Cuyrer (1) patentierte Verfahren zur Vereärung von Melasse 
unter Benutzung von Torf scheint hauptsächlich den Zweck zu haben, 
die Bakterien aus der Melassenmaische durch den Torf zu entfernen. 
Diese Ausfüllungsmethoden haben indessen keinen weiteren Eingang in 


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35 


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50 


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die Praxis gefunden oder sind dort, wo man mit ihnen gearbeitet hat, 
zumeist wieder aufgelassen worden. Ueber das Auftreten des sogen. 
Froschlaichpilzes (Leuconostoc mesenterioides, vergl. 24. Kap. d. IV. Bds.) 
in Melassenbrennereien berichtet BAvEr (3); eine weitere Angabe darüber 
;findet man auf S. 311 des vorliegenden Bandes. 

Eine wesentliche Verbesserung und Vereinfachung im Betriebe ver- 
danken die Melassenbrenner dem französischen Chemiker G. JacQvEmin (1), 
welcher zu Anfang der neunziger Jahre (s. S. 270) des vorigen ‚Jahr- 
hunderts das Reinhefenverfahren in die Melassenbrennereien einführte. 

»Die Prinzipien der Hefenreinzucht und die Anwendung des Reinzucht- 
systems in der Brennerei sind in dem vorausgehenden $ 69 dieses Ka- 
pitels gekennzeichnet worden. Die dort beschriebenen allgemeinen 
Prinzipien haben auch für das Reinhefenverfahren in Melassenbrennereien 
Geltung. ‚JJacquvemin züchtete Reinhefen aus dem Trub südländischer 

ı» Weine; denn er erkannte, daß diese Weinhefen, welche an hohe Tempe- 
raturen von Natur aus gewöhnt waren, sich zur Vergärung von Melassen- 
maischen vorzüglich eignen. Diese reingezüchteten Weinhefen werden 
im Betriebe in kupfernen Reinzuchtapparaten kontinuierlich in sterili- 
sierter Melassenmaische weitergezüchtet. Der Jacoaveumiv’sche Reinzucht- 

»apparat und ähnliche Reinzuchtapparate von BArgET (1), FERNBACH (1) 
und GUILLAUME (1) sind in den SS 70 und 71 dieses Kapitels näher be- 
schrieben. Das Prinzip der Arbeitsweise in diesen Apparaten und des 
Reinhefenverfahrens überhaupt ist das gleiche. In den Apparaten wird 
kontinuierlich die Reinhefe in sterilisierter Maische weitergezüchtet, 

»indem ein Teil der gezüchteten Reinhefe in entsprechenden Vorgären 
für den Betrieb weiter vermehrt wird. JacauvEmıx bedient sich, wie 
Kurs (2) beschreibt, einer der Gröbe des Betriebes angepaßten Anzahl 
kleinerer und größerer, mit Dampf- und Luftleitung versehener Apparate 
aus Kupfer. Die kleineren Apparate haben einen Inhalt von 1,5—2,5 hl, 

sodie größeren von 15—20 hl. Die Apparate sind untereinander durch 
eine Rohrleitung verbunden. Im den kleineren Apparaten (E£ und E‘ 
der Figur 19 auf S. 272) wird die Reinhefe kontinuierlich weitergezüchtet, 
während die Arbeit in den größeren Apparaten (F und F“) bereits als 
eine Art Vorgärung in sterilisierter Maische anzusehen ist. Ein kleiner 

Apparat wird bis zu zwei Dritteln mit verdünnter Melasse von 
17—18 Proz. Balling und einer Acidität entsprechend 4,5—5 cem 
Normalsäure beschieckt. Als Hefennährmittel wird ein Extrakt aus Malz- 
keimen oder aber eine mit Schwefelsäure verzuckerte Maismaische hinzu- 
gegeben, und das Ganze wird in dem geschlossenen Kupferapparat 

‚während 10 Minuten sterilisiert. Darauf wird durch Einleiten von ste- 
riler Luft und Wasserberieselung auf die Anstelltemperatur von 29° C 
abgekühlt und die Reinhefe aus einem Glasballon (Pasteurkolben) ein- 
geführt. In ca. 10 Stunden ist die Hefenmaische unter fortgesetztem 
Einleiten von steriler Luft und Einhalten der Temperatur von 29° C 

sauf die Hälfte vereoren. Inzwischen hat man einen zweiten kleinen 
Kupferapparat in derselben Weise bemaischt, sterilisiert und abgekühlt, 
welcher mit der reifen Hefenmaische aus dem ersten Kupferapparat 
in der Weise beimpft wird, dab man aus ihm ca. 30—40 I durch 
schwachen Luftdruck in den zweiten bemaischten Kupferapparat über- 
soführt. Inzwischen ist auch ein größerer Kupferapparat genau so wie 
ein kleiner mit sterilisierter Maische vorbereitet worden, und es wird 
nun der Rest der reifen Hefenmaische aus dem ersten kleinen Apparat 
durch schwachen Luftdruck in den größeren Apparat gebracht. In den 


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—_— 25 — 


kleineren Apparaten wird die Mutterhefe in der beschriebenen Weise 
kontinuierlich weitergeführt, indem mit einem Teile der reifen Hefen- 
maische des einen Apparates immer die sterilisierte und abgekühlte 
Maische des anderen Apparates beimpft wird. In den großen Apparaten 
ist die Hefenmaische in 10 Stunden ebenfalls auf ungefähr die Hälfte 5 
vergoren, und es wird dann der ganze Inhalt eines großen Kupferappa- 
rates in einen offenen hölzernen Vorgärbottich abgelassen, welcher mit 
verdünnter Melasse von 15 Proz. Balling und einer Acidität entsprechend 
4,5—5 cem Normalsäure auf 100 ccm aufgefüllt wird. Auch dieser 
hölzerne Vorgärbottich ist mit einer Lüftungsvorrichtung versehen, und ıo 
es wird auch hier während der ganzen Gärdauer schwach gelüftet: 
Näheres darüber auf S. 274. Die Hauptmaischen haben je nach der 
Beschaffenheit der zur Verarbeitung kommenden Melasse 20—22 Proz. 
Balling und sind mit Schwefelsäure ganz schwach angesäuert. Die Ver- 
gärung im Hauptbottich dauert 38—40 Stunden, die Endtemperatur be- ı5 
trägt 32—35° C und die Säurezunahme durchschnittlich 1,5 eem Normal- 
säure auf 100 ccm. Die vergorenen Maischen haben einen Alkoholgehalt 
von 75—8 Vol.-Proz. Vergärbarer Restzucker ist in den vergorenen 
Maischen in der Regel nicht vorhanden; nach der gewichtsanalytischen 
Bestimmung mit Fenarıne’scher Lösung wird zwar gewöhnlich ein 
Quantum Kupfer reduziert, welches ca. 0,1—0,2 g Restzucker pro 100 cem 
vergorener Maische entsprechen würde, doch liegen hier offenbar andere, 
gleichfalls Fenrıns’sche Lösung reduzierende Stoffe vor. Die Ausbeuten 
an Spiritus betragen im JJahresdurchschnitt etwas über 621 hundert- 
prozentigen Alkohols aus 100 kz Zucker in der Melasse, bestimmt nach 3 
ÜLERGET. 

Die früher so gefürchtete Schwergärigkeit von Melassen wird bei 
dem Reinhefenverfahren weniger empfunden. Ein Erwärmen oder Auf- 
kochen der Melasse findet in manchen Betrieben nur in Ausnahmefällen 
noch statt, und man ist bestrebt, minder gut vergärbare Melassen mit so 
leichter vergärbaren zu vermischen. Es scheint demnach, daß die Stö- 
rungen im Gärlokal einer Melassenbrennerei, welche man in früheren 
Jahren auf die Schwergärigkeit der Melasse zurückzuführen nur allzu 
geneigt war, auch oft ihre Ursachen in einer schlechten Hefenführung 
oder mangelhaften Reinlichkeit hatten. Das Reinhefenverfahren bietet: 
dem Melassenbrenner eine einfache und sichere Arbeitsweise, ferner eine 
wesentlich höhere Spiritusausbeute, als nach den meisten früheren Ver- 
fahren erzielt wurde, und ferner sind die Kosten für die Hefe wesent- 
lich geringer. Die Qualität des Spiritus ist eine vortreffliche. Während 
früher der Melassenspiritus allgemein als minderwertig angesehen wurde, # 
wird heute nach dem Reinhefenverfahren in Verbindunz mit den ver- 
besserten Rektifizierapparaten eine Ware gewonnen, welche den strengsten 
Anforderungen an die (Walität des Spiritus, z. B. denen der Schweizer 
Monopolverwaltung, entspricht. 


» 


5 


Literatur 


zum Kapitel Reinhefe und Reinzuchtsystem in der Brennerei 
und in der Preßhefen-Fabrikation, 


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(Manuskript-Einlauf: 
17. Jan. 1906.) 


11. Kapitel. 


Die Säuerung des Hefengutes der Brennereien und die 
Bewahrung des Verlaufes der Gärung der Maischen vor 
Störung durch Fremdkeime. 


Von Karn Kruis, 
o. Professor an der k. k. böhm. Techn. Hochschule zu Prag. 


$ 73. Das Wesen und die Entwicklung des Säuerungsverfahrens. 


In Brennereien, welche Kartoffeln und Getreide verarbeiten, zum 
Teile auch in Melassenbrennereien und Preßhefenfabriken wird seit 
langem als Gärmittel die sogen. Kunsthefe benützt, von deren Be- 
schaffenheit das Gesamtergebnis der Arbeit dieser Produktionsstätten in 
erster Reihe abhängt. Den wichtigsten Abschnitt der Kunsthefen- 
bereitung bildet wieder die Säuerung, das ist jener Vorgang, durch 
welchen im Hefennährboden (Hefenmaische oder Hefengut genannt) vor 
dem Zusetzen von Hefenzellen ein bestimmter Säuregrad erreicht wird. 
Zur Vergärung ihrer Maischen benützten die Brennereien ursprünglich 


or 


6 


I 


die von den Brauereien abfallende Bierhefe (s. S. 122). Der zeitweise 
Mangel und der hohe Preis der Bierhefe veranlaßte die Brenner schon 
vor nahezu zwei Jahrhunderten, darüber nachzusinnen, wie sie das Gär- 
mittel selbst zu erzeugen imstande wären ; vergl. DELBRÜCK und SCHROHE (1). 
Dies gelang zunächst durch die Abscheidung der beim Getreidebrennen 
sich bildenden Hefe. Später wurde auch diese sogen. Preß- oder Pfund- 
hefe durch das Ueberhandnehmen von Kartoftelbrennereien am Markte 
immer seltener, und man sah sich deswegen um so mehr veranlaßt, sich 
mit der Bereitung der Kunsthefe zu befassen; vergl. LÜnERSDoRFF (1). 
Erst nach und nach wurden die Regeln der Kunsthefenbereitung durch 
sorgfältige Beobachtung und langjährige Erfahrungen sichergestellt. 
Zum besseren Verständnis der weiter unten folgenden Ausführungen 
sei hier vor allem der Vorgang der Kunsthefenerzeugung, wie sie 
in den meisten Brennereien geübt wird, in aller Kürze gekennzeichnet. 
Man bereitet zunächst einen konzentrierten Hefennährboden aus Grün- 
malz, das zum Teile durch ein billigeres Rohmaterial (z. B. Kartoffel- 
oder Getreide-Hauptmaische) ersetzt wird, indem man die vorher genügend 
zerkleinerten Rohmaterialien in der nötigen Wassermenge tüchtig ver- 
rührt und dann allmählich auf die Maischtemperatur (Verzuckerungs- 


temperatur), das ist 65—65° C, erwärmt. Zwecks guter Verzuckerung » 


läßt man die Maische nun eine bis zwei Stunden bei diesem Temperatur- 
grad in bedecktem Gefäße stehen, worauf die so erzielte sübe Hefen- 
maische nun der Säuerung unterworfen wird. Diese letztere ist eine 
spontane Milchsäuregärung, an welcher sich die mit dem Grünmalze 
eingebrachten, wie auch die dem Säuerungsgefäße anhaftenden und die 
mit der Luft und auf andere Weise eindringenden Keime beteiligen, 
und deren günstiger Verlauf gegenwärtig vielfach dadurch unterstützt 
wird, dab zu Beginn der Kampagne in die erste Hefenmaische die Rein- 
kultur eines geeigneten Milchsäurebazillus eingesät wird und die weiter 


folgenden Hefenmaischen immer mit einer (als Muttersäure be-: 


zeichneten) geringen Menge der vorhergehenden gesäuerten Hefenmaische 
beimpft werden. Man läßt bei einer relativ hohen Temperatur (50 —53° ©) 
säuern und wärmt dann auf 75° C an, wodurch eine Abtötung der Milch- 
säurebakterien angestrebt wird, oder kühlt gleich rasch ab, sobald der 


gewünschte Säuregrad eben erreicht worden ist. Dann werden Hefen- 


zellen eingesät. Ist ein bestimmter Vergärungsgrad erreicht worden, so 
wird ein Teil dieser Kunsthefe abgenommen, so rasch als möglich tief ab- 
gekühlt und als Mutterhefe zur Angärung der nächsten Hefenmaische 
verwendet, während mit dem Hauptanteil der Kunsthefe die Haupt- 
maische in Gärung versetzt wird. Zu Beginn der Kampagne, oder wenn 
die Beschaffenheit der Mutterhefe nicht entspricht, wird die Gärung 
durch Preßhefe, jetzt vielfach durch die Reinkultur einer entsprechenden 
Hefenrasse (s. S. 266) eingeleitet. Man verwendet in diesem Falle pro 
100 1 Hefenmaische 1 kg Preßhefe, welche in mäßig lauwarmem Wasser 
gut zerteilt wird; der Zusatz zum Hefengut erfolgt, sobald die Hefe sich 
„hebt“, das heißt, Anzeichen der Gärung sichtbar werden. 

In den ältesten dureh die Literatur übermittelten Vorschriften zur 
Kunsthefenbereitung wird die Säuerung nicht angeführt. Erst später 
machte man die Beobachtung, dab die Kunsthefe besser wirkt, wenn die 


Hefenmaische nicht, wie bis dahin geschehen, unmittelbar nach dem: 


Maischen abgekühlt und mit Hefe versetzt wird, sondern wenn man sie 
einer langsamen, freiwilligen Abkühlung überläßt, bei welcher sie, wie 
man bemerkte, einen saueren Geschmack annimmt. .J. H. 1. Pısvoris, 


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— 2838 — NE 

der um die Entwicklung des Brennereiwesens so verdienstvolle Forscher 
der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, hatte auch bereits das 
Schädliche der zu weit gehenden selbsttätigen Temperaturerniedrigung 
erkannt und für sie als untere Grenze 36° R (— 45°C) festgestellt; 
svergl. SCHROHE (1). Als BoUTRON-CHARLARD und Fr£emy in dem bei 
20—25° C hingestellten, stark sauer gewordenen Grünmalzextrakt eine 
beträchtliche Menge Milchsäure (s. Bd. II, S. 48) fanden, wurde die 
Säure des gesäuerten Hefengutes ebenfalls als Milchsäure angesprochen. 
LÜDERSDORFF (2) führte dann einen Säuremesser in die Brennereien ein, 
wobei er auch die Säuremengen angab, welche nach den gewonnenen 
Erfahrungen die Hefenmaische vor und nach der Säueruug besitzen soll. 
Die Ursache der Säurebildung zu erkennen blieb noch späteren Forschungen 
vorbehalten. Nach dem von Pasteur im Jahre 1857 geführten Nach- 
weis, daß die Bildung der Milchsäure der Tätigkeit eines organisierten 
ıs Fermentes zugeschrieben werden muß, wurde, zufolge DELBRÜCK und 
SCHROHE (1), erst im Jahre 1868 von Schuutze nachgewiesen, dab 
die Milchsäure auch im Hefengute durch Milchsäurebakterien gebildet 
wird. Spätere Bemühungen betrafen die Feststellung der günstigsten 
Säuerungstemperatur und Säuremenge, sowie die Erkenntnis, daß sich 
»o die Säuerung, wenn möglich, als reine Milchsäuregärung zu gestalten 
habe. Von theoretischen Erwägungen ausgehend, hielt DELBRÜCK (1) 
im Jahre 1877 zunächst die in der Praxis damals manchenorts übliche 
Säuerungstemperatur von 37,5° C (= 30° R) und eine lange Säuerungs- 
dauer ohne Rücksicht auf die gebildete Säuremenge für das richtige, 
seine Anschauung, welche DELBRÜCK (2) ein ‚Jahr später dann etwas 
abänderte. Im nächstfolgenden Jahre fand Rıcner, dab die Energie 
der Milchsäureeärung bis zu einer Temperatur von 44" ( wächst, bei 
44-52° © unverändert - bleibt und bei höherer Temperatur wieder 
fällt; vergl. Bd. II, S. 97. In ziemlicher Uebereinstimmung damit be- 
»ofand sich das in mehreren erößeren Brennereien eingeführte und durch 
DerBrück (3) noch im selben Jahre empfohlene Verfahren, wonach das 
Hefengut nach der Verzuckerung nicht einer langsamen Selbstabkühlung 
überlassen, sondern von 63° auf 50" © durch Rühren abgekühlt und 
dann weiterhin bei 33—50° © erhalten wurde. Im Jahre 1880 berichtete 
35 MAERCKER (1) über die Arbeitsweise in der Brennerei zu Trotha, dab 
dortselbst die Hefenmaische vom Nachmittag bis zum nächsten Morgen 
zur Säuerung stehen gelassen werde und sich dabei von 60 auf 47,5" C 
abkühle; zu dieser Zeit betrage der Säuregrad 2,25 cem Normalnatron- 
lauge (auf 20 cem Hefengut bezogen), und es werde dann bereits mit 
sder Kühlung begonnen. Dieser Bericht MArERcKERr's, dann Mitteilungen 
aus Brennereikreisen und offenbar auch der oben angeführte Befund 
Rıcaer'’s veranlaßten DEuBrÜcK (4), den Einfluß der Temperatur 
auf den Verlauf des Säuerungsprozesses eingehend zu studieren. Er 
fand, daß für eine reine Milchsäuregärung bei spontaner Säuerung des 
4 Hefengutes eine möglichst hohe Säuerungstemperatur (50° C) von der 
größten Wichtigkeit ist. In der Praxis hielt man aber noch längere 
Zeit die schon von Pıstorrus angegebene Temperatur von 45° C als 
niederste Säuerungstemperatur für ausreichend, hauptsächlich wohl 
darum, weil die Erhaltung von 50° C in den relativ geringen Mengen 
sodes Hefengutes auf die lange Dauer der Säuerung hin Schwierigkeiten 
bot. Die Säuerungsgefäße wurden während der Säuerung allgemein im 
einem als Hefenkammer bezeichneten abgesonderten Raum der 
Brennerei aufbewahrt und für diesen als passend die Temperatur von 


Y 


—::289, — 


15—20°C angegeben. Da konnte der verhältnismäßig hohe Säuregrad. 


welcher meistens gewünscht wurde (2,5—3 cem und mehr Normallauge 


pro 20 cem Hefenmaischfiltrat), ohne eine Abkühlung unter 50° C nicht 
erreicht werden, und man mußte das Hefengut während der Säuerung 
wiederholt anwärmen. Zudem war die Säuerungstemperatur ungleich- 5 
mäßig. An der Oberfläche der Hefenmaische und an den Wänden des 
Hefenbottiches trat rasch eine Temperaturerniedrigung, häufig bis unter 
35°C ein, welche nur durch das zeitweise aber sonst schädliche Um- 
rühren wieder ausgeglichen wurde, und deshalb traten oft Mißerfolge 
ein. Das Bedürfnis nach der Regelung dieser Temperaturverhältnisse ıo 
führte zu einer Reihe von Vorschlägen und Patenten. In zahlreichen 
Brennereien benützte man zum Wiederaufwärmen des Hefengutes den 
sogen. Dampfmaischrührer der Firma ©. G. Born (1), ein Maischholz, 
durch dessen Stiel ein mit der Dampfleitung verbundenes Rohr geht. 
oder es wurden verschiedenartige Umhüllungen an dem Säuerungsbottich ı5 
angebracht, welche einer Abkühlung vorbeugen sollten. Auch wurden 
Apparate konstruiert, in welchen sowohl die Maischung als auch die 
Verzuckerung und Säuerung durchgeführt wurde, und deren doppelte 
Wandung ein Anwärmen zuließ. Sollte jedoch der schützende und 
fördernde Einfluß einer hohen Säuerungstemperatur rationell ausgenützt zo 
werden, so mubte in erster Reihe dafür gesorgt werden, daß in der 
ganzen Menge des Hefengutes während der ganzen Säuerungsdauer 
eine gleichmäßig hohe Temperatur gesichert werde. Von dieser Er- 
wägung ausgehend, führte K. Kruıs (1) im Jahre 1886 die sogen. 
Säuerungskammer in die Brennereien Oesterreichs ein, das ist eins 
kleiner, völlig abgetrennter, gut isolierter Raum, dessen Lufttemperatur 
die ganze Kampagne hindurch bei 50—53° C erhalten wird, und in 
welchen die Hefenbottiche, auf Rädern montiert, mit dem verzuckerten 
und auf 50 oder 53° C abgekühlten Hefengut eingeschoben und zur 
Säuerung belassen werden. Die Vorteile dieser Säuerungskammer be- 
treffen nicht nur die Sicherung der höchstmöglichen Säuerungstemperatur 
in der ganzen Menge der Hefenmaische, sondern auch den Umstand, 
daß man mit der geregelten Säuerung sofort nach der Verzuckerung 
beginnen kann, und dab während der ganzen Säuerungsdauer dieselbe 
Säuerungstemperatur in der ganzen Hefenmaische eingehalten wird.ss 
Man erreicht dadurch, daß die Säuerung sofort einsetzt, energisch fort- 
schreitet und daß der erforderliche Säuerungsgrad bei völliger Sicherung 
der Reinheit der Säuerung weit früher als sonst erreicht wird. Die 
Gleichmäßigkeit der Säuerungstemperatur macht auch jedes Umrühren 
des Hefengutes während der Säuerung überflüssig, wodurch wieder die 
schädliche Lüftung (s. Bd. Il, S. 95) völlig vermieden wird, durch welche 
nach Hennesers eine Lähmung der Milchsäurebakterien bewirkt wird, 
und die nach Kayser die Bildung flüchtiger Säuren (s. Bd. Il, S. 57— 58) 
unterstützt. Solche getrennte und gehörig erwärmte Säuerungsräumlich- 
keit wurde dann auch von vielen anderen Seiten empfohlen; vergl.«s 
Korkinex (1), Porzıx (1), Koser (1), Gosnicn (1), Forn (1) und Lünper (1). 
Beachtenswert ist die Regelmäßigkeit, mit welcher sich in der Säuerungs- 
kammer der gewünschte Säuregrad immer nach Ablauf derselben Frist 
einstellt, auch wenn man, wie dies in Oesterreich noch sehr häufig ge- 
schieht, das süße Hefengut nicht mit dem gesäuerten absichtlich infiziert, : 


» 


) 


= 


‚sondern nur die Keime im Gefäßmaterial und die des Malzes zur Wirkung 


gelangen. Diese Frist ist nach meinen langjährigen Beobachtungen nicht 
nur von der Säuerungstemperatur (50 oder 51, 52, 53" C), sondern auch 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. \ 19 


— 290 — 


von der in den einzelnen Jahrgängen verschiedenen Beschaffenheit der 
Gersten abhängie. Während die Acidität von 1,7—1,3 cem Normallauge 
pro 20 ccm Hefenmaischfiltrat bei 50° Ü unter den genannten Umständen 
gewöhnlich in ca. 7 Stunden erreicht werden konnte, ist sie unter 
s gleichen Umständen in anderen Jahren erst nach achtstündiger Säuerungs- 
dauer, in wieder anderen aber in sechsstündiger, ja sogar noch früher 
erreicht worden; aber bei einer Säuerungstemperatur von 52—53° U 
waren 10 und auch 12 Stunden nötig, um obigen Säuregrad zu erreichen. 
Ueber die vorteilhafteste Säuremenge im gesäuerten Hefengut 
sind die Anschauungen der Praxis bis heute nicht einig. Das Dick- 
maischverfahren Deutschlands hat die meisten Anhänger einer möglichst 
weitgehenden Säuerung und vielfach wird als Regel der Satz aufgestellt: 
„Je mehr Säure im Hefengut, desto weniger Säure (entsteht dann) im 
Hauptgärbottich“. In dem Sinne säuern viele bis zu einer Acidität von 
52,5 oder sogar 3 ccm Normallauge pro 20 ccm Hefenmaischfiltrat. In 
Oesterreich, wo die Kartoffelmaischen nicht mit so hohen Konzentrationen 
angestellt werden, läßt man höchstens bis zu 2 ccm Normallauge säuern, 
meist aber nur bis zu 1,6—1,8 cem. Auch in Deutschland werden übrigens 
nicht selten geringere Säuregrade (auch nur 1,2—1.0 cem) verwendet; 
20 vergl. WITTELSHÖFER (1), Hesse (1) u.a. Nur in der Preßhefenfabrikation 
wird ein hoher Säuregrad allgemein als notwendig anerkannt. Die Emp- 
fehlung Dersrück's, die Säuerung durch die Aussaat rein gesäuerter 
Hefenmaische zu fördern und zu sichern, hat in Brennereikreisen 
Deutschlands eine ziemlich ausgedehnte Annahme gefunden, ebenso wie 
»sder Vorschlag, nach vollzogener Säuerung das saure Hefengut auf 75° € 
zu erwärmen, um die weitere Wirksamkeit der Milchsäurebakterien in 
der Kunsthefe und in der Hauptmaische auszuschlieben. 
Einen ganz wesentlichen Fortschritt in der rationellen Durchführung 
des Säuerungsprozesses bedeutet die im ‚Jahre 1895 durch Larar (1) 
»erfolgte Einführung der Reinzucht eines geeigneten Milchsäurebildners 
zur Einleitung der Säuerung. Es wurde hierdurch die reine Säuerung 
schon in den ersten Hefenmaischen gesichert, während es sonst zu Be- 
einn der Kampagne mancherlei Schwierigkeiten gab; vergl. S. 296. 


$ 74. Theorien über den Säuerungsprozeß in der Brennerei. 

35 Schon LÜDERSDORFF (3) hatte die günstige Wirkung geringer Mengen 
von Säuren auf den Verlauf der Gärung betont und den Säuren auch 
eine die Vermehrung der Hefe fördernde Kraft zugeschrieben. Nach 
Pasrteur (1) entwickelt sich in einer Zuckerlösung, welche vorher an- 
eesäuert und dann erst einer spontanen Gärung überlassen wurde, nur 

Hefe allein, die Bakterien bleiben unterdrückt, während in neutralen 
oder ganz schwach sauren Lösungen immer zuerst Bakterien und dann 
Hefenzellen erscheinen. Die Acidität bietet demnach einen 
Schutz gegen das Aufkommen und die Entwicklung von 
Spaltpilzen neben Hefe. Die besondere Wirkung der Milchsäure 

sserklärte ©. Bauuıns (1) durch die Annahme, daß die Milchsäure als 
Lösungsmittel wirke, welches das Eiweiß der Maische für die Hefe in 
Lösung bringe und in der Richtung sich ähnlich betätige wie manche 
andere Säuren, namentlich aber die Phosphorsäure, deren Zusatz, und 
zwar schon beim Maischen, er deshalb den Brennern empfahl. Die Auf- 

sofindung eines peptonisierenden Enzyms im Darrmalze durch Gorur- 


— 291 — 


Besanez veranlaßte M. DELBRÜCK (2) im Jahre 1877 zu der Annahme, 
daß die Säuerung die Wirkung dieses Enzyms ermögliche, wodurch das 
nicht verwendbare Eiweiß des Hefengutes in eine vorteilhafte Nähr- 
substanz für die Hefe umgewandelt werde. Bei der experimentellen 


Prüfung dieser Ansicht fand jedoch DELBRÜCK, dab während des Säuerungs- : 


prozesses weder bei der in Grünmalz- noch auch bei der in Kartoffel- 
maische oder in Schlempe herangezüchteten Hefe Eiweiß in Lösung 
geht, daß aber die nicht diffusiblen gelösten Eiweißkörper in diffusible 
stickstoffhaltige Substanzen verwandelt werden, und zwar nur wenig 
bei der Grünmalzhefe, aber energisch bei der Kartoffel- und Schlempe- 
hefe. Aus den Untersuchungen Derzrück’s wurde ferner der Schluß 
gezogen, dab es sich bei der Säuerung insbesondere auch um den Schutz 
gegen schädliche bakterielle. insbesondere buttersaure und faulige Gärung 
handelt, welche Anschauung in den Kreisen der Brennereipraktiker bald 
allgemeine Aufnahme fand. Die Aufklärung dieses Schutzes, den die 
Säuerung mit sich bringt, erheischte jedoch vor allem Studien über den 
Einfluß, den die in gesäuerten und gärenden Maischen vorkommenden 
Säuren einerseits auf die Entwicklung und Gärtätigkeit der Hefe und 
andererseits auf die in den Maischen vorkommenden Spaltpilze aus- 
zuüben vermögen. Gelegentlich der von MAERCKER veranlaßten Studien 
A. Neate’s (1) über die Schwergärigkeit der Melassen (verel. S. 283), 
welche später von den eben genannten zwei Forschern und auch von 
WERENSKIOLD (1) ergänzt worden sind. wurde schon die gärungs- 
hemmende hefenfeindliche Wirkung der niederen, flüchtigen Fettsäuren, 
insbesondere der Buttersäure, sichergestellt. Die Arbeiten von M. Hary- 
puck (1), Justin (1) und WEHMER (1) brachten weitere Angaben, von 
welchen insbesondere die über den Einfluß der Milchsäure und Butter- 
säure, dann aber auch über den von Schwefelsäure und Salzsäure, die 
in der Brennereipraxis ebenfalls mitunter Verwendung finden, von be- 


sonderem Interesse sind und hier angeführt werden mögen, während 


diejenigen über das Verhalten der Hefen zu Flußsäure und zu Fluoriden 
dem $ 76 vorbehalten bleiben. 

Die Milehsäure fängt nach Hayvuck das Wachstum der Hete 
erst dann zu schädigen an, wenn ihre Menge 1,55 Proz. erreicht hat: 


1,5 Proz. bewirken aber schon eine bemerkbare Störung des Hefenwachs- 


tums, während 0,5 Proz., wie schon WERENsKIoLD erkannt hat, die 
Hefenvermehrung begünstigen (ohne Säure aus einer Zelle 10,3, mit 
Säure 13,3 Zellen). Bei einem Milchsäuregehalt von 3,5 Proz. hört das 
Hefenwachstum auf. Von 0,9 Proz. Milchsäure aufwärts äußert sich die 
Milchsäurewirkung auch in einer Kontraktion der Zellen, welche schließ- 
lich bei gesteigertem Milchsänregehalt kaum noch halb so groß wie die 
normalen erscheinen. Nach Jusuin steigern schwache Milchsäurezusätze 
die Hefenvermehrung von 6,36 (ohne Säure) bis auf 8,20, und selbst bei 
1 Proz. Milchsäure beträgt die Hefenvermehrung noch 7,04. Die Gär- 
wirkung der Hefe wird nach Haypucr erst von 0,4 Proz. Milchsäure 
an etwas verzögert, doch wird das Endresultat der Gärwirkung durch 
0,2—1 Proz. Milchsäure begünstigt (Alkoholgehalt nach der Gärung: 
ohne Säure 5,75 Vol.-Proz., mit 0,9 Proz. Milchsäure 6,10 Vol.-Proz.). 
Bedeutend verzögert wird die Gärung erst durch 2,5 Proz. Milchsäure. 


Daraus ist ersichtlich, daß die durch die Sänerung in der Brennereipraxis‘ 


erzeugten Milchsäuremengen der Hefe nicht schädlich sondern eher 

förderlich sind. , Selbst eine Säuerung bis auf 3,0 cem Normallauge pro 

20 com Hefenmaische, wie sie in Preßhefenfabriken üblich zu sein ptlegt, 
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entspricht nur 1,35 Proz. Milchsäure, also einer Menge. bei welcher eine 
Schädigung der Hefenvermehrung nach Haypuck erst beginnt. Nach 
WEHMER (1) können Maischen und Würzen selbst bei 1—2 Proz. Milch- 
säurezusatz noch spontan unter reichlicher Hefenentwicklung in Gärung 
sübergehen, und erst 7—8 Proz. sind unter günstigen Umständen merk- 
lich störend. Es kann jedoch nach WEHnmEr der Einfluß der Milchsäure 
auf die Hefenvermehrune und Gärwirkung unter Umständen auch ein 
minder harmloser sein, was von den die Einwirkung begleitenden Um- 
ständen, insbesondere von dem Nährstoffreichtum der Lösung, abhängt. 
ı In Flüssigkeiten, welche der Hefe minder zusagen, so 2. B. in einer Zucker- 
lösung mit Mineralsalzen, ist die Wirkung der Milchsäure merklich 
stärker, und wenige Prozente können hier, zumal bei schwacher Hefen- 
einsaat, die Gärung ganz unterdrücken. Nach neueren Untersuchungen 
von HEnNEBERG (1) ist auch die Zeitdauer der Einwirkung von Milch- 
»säure von großem Einflusse. In einer Fabrikskunsthefe waren bei einem 
(rehalte von 0,81 Proz. Milchsäure am 4. Tage 99 Proz. der Hefenzellen 
abgestorben. 
Die von verschiedenen Forschern angegebenen Zahlenwerte, be- 
treffend die Beeinflussung der Hefe durch die Buttersäure gehen 
2o weit auseinander. Es sind hier noch viel mehr als in anderen Fällen 
die Versuchsbedingungen von Einfluß, so namentlich nach Hayvuck die 
Qualität der Hefe, die Zusammensetzung der Maische, der Zuckergehalt, 
die Größe der Hefenaussaat, die Gärtemperatur u.a. m. In NEALE's und 
MAERCKER’S Versuchen mit Melassenmaische reichten schon 0,05 Proz. 
» Buttersäure hin, um die Gärung zu beeinträchtigen, und 0,1 Proz. 
hemmte die Gärung vollständig. Spätere, über Veranlassung von Hayv- 
Duck ausgeführte Untersuchungen von MürLtEer ergaben, dab unter Um- 
ständen selbst durch 0,5 Proz. Buttersäure die Gärung erst in sehr 
seringem Maße geschädigt, während die Hefenvermehrung empfindlicher 
so beeinflußt wird. Außerdem fand Justin, daß 0,05 Proz. Buttersäure die 
(ärung nicht nur nicht verhindern, sondern sogar verstärken. Für die 
in Zuckerlösung befindliche Bierhefe ermittelte Tuor (1) den die Gärung 
hemmenden Wert zu 1,5 Proz. Buttersäure, was nach WEHMER's Er- 
fahrungen auch für die Maische bei Aussaat von 1 Proz. Buttersäure 
seilt, wenngleich schon die Hälfte dieses Buttersäurezusatzes die Gärung 
stark beeinträchtigt. Bei minimaler Aussaat und minder günstiger 
Kulturflüssigkeit (Zuckerlösung mit Mineralsalzen) wird die Gärung nach 
WEHMER schon durch 0,25 Proz. Buttersäure gehemmt. In allen Fällen 
wurde jedoch sichergestellt, dab die Sprossung der Hefe schon durch 
so viel niedrigere Buttersäurewerte beeinträchtigt wird. In den Versuchen 
von Justıv hinderten sogar schon 0,005 Proz. Buttersäure etwas die 
Hefenvermehrung. Der oben erwähnte Befund, daß geringe Mengen von 
Buttersäure unter Umständen auf die Gärung eine vorteilhafte Wirkung 
ausüben, veranlaßte DEeusrück (6) zur Vornahme weiterer Versuche in 
s dieser Richtung, wobei konstatiert wurde, dab erst ein Buttersäuregehalt 
von 10 Proz. der Gesamtsäure, das sind 0,06 Proz. der Maische, sich 
vorteilhaft bemerkbar machte; aber selbst eine Steigerung bis zu 0,18 Proz. 
der Maische bringt noch eine bessere Vergärung des Hefengutes als die 
mit reiner Milchsäure mit sich. Diese Erfahrung führte dann zu einem 
so patentierten Verfahren der Kunsthefenbereitung, das auf S. 305 mit- 
eeteilt ist. 
Auch ein sehr geringer Gehalt an Schwefelsäure, nämlich 
0,024 Proz... begünstigt nach Haypuck das Wachstum sowie die Gär- 


wirkung der Hefe, und zwar indirekt durch die Unterdrückung der 
Entwicklung von Spaltpilzen. Ein Gehalt von 0,05 Proz. beschränkt 
oder verlangsamt die Hefenentwicklung nicht, 0,07 Proz. bewirken eine 
merkliche Abnahme der Hefenbildung, nicht aber der Gärwirkung. Mit 
der Schädigung des Hefenwachstums tritt gleichzeitig auch eine Ver- 
kümmerung der Hefenzellen ein. Bei 0,24 Proz. fand keine Sproßbildung 
mehr statt. Die Gärtätigkeit der Hefe wurde durch 0,1 Proz. Schwefel- 
säure schon bedeutend verlangsamt; bei 0,7 Proz. hörte die Gärung 
schon fast ganz auf. Zu diesen, sowie zu den obangeführten Versuchen 
über die Wirkung der Milchsäure und den nachfolgenden mit Salzsäure 
benützte Haypuck immer 400 ccm einer 10-proz. Rohrzuckerlösung, die 
mit 10 & Preßhefe auf 4 Tage bei 30° C, bzw. 17,5° C zur Gärung hin- 
gestellt wurde Nach Th. Bokxorxy (1) töten 0,5 Proz. Schwefelsäure 
die Hefe bei 16-stündiger Einwirkung; 0,1 Proz. ist nicht schädlich. 
Mit steigender Temperatur fällt die Widerstandsfähigkeit der Hefe. 
Bei lang andauernder Einwirkung wurden 20 & Hefe schon durch 0.05 
bis 0,1 & Schwefelsäure getötet. 

Die Salzsäure beeinträchtigt die Gärtätiekeit der Hefe in noch 
höherem Maße als die Schwefelsäure. Schon 0,1 Proz. verlangsamt die 
Gärtätigkeit der Hefe viel bedeutender als 0,1 Proz. Schwefelsäure, und 


bei einem Gehalt von 0,56 Proz. Salzsäure tritt gar keine Gärung mehr 


ein. Auf die Form der Hefenzellen nimmt diese Säure den gleichen 
Einfluß wie die Schwefelsäure. N 
Wie auf S. 94 des II. Bandes gesagt worden ist, werden die Milch- 


säurebakterien durch die Säuren, auch schon durch die von ihnen selbst » 
erzeugte Milchsäure, im Wachstum gehindert. Sie sind in der Beziehung 


viel empfindlicher als die Hefe, insbesondere wenn sie einer höheren 
Temperatur (der Maischtemperatur von 60° C) ausgesetzt gewesen sind. 
In einer Darrmalz-Maische, die eine halbe Stunde lang auf 60°C er- 


hitzt worden war, unterdrückte zufolge Haypuck (2) ein Zusatz von: 


0,15 Proz. Milchsäure die Milchsäuregärung vollständig. In einer eben- 
solchen, aber nur auf 37,5° C erwärmten Maische wurde die Milchsäure- 
gärung durch einen Zusatz von 0,2 Proz. Milchsäure empfindlich ge- 
schwächt. Noch viel mehr als die Milchsäureeärung wird nach Hary- 


Duck (2) die Buttersäuregärung durch Schwetelsäure und Milchsäure 


gehemmt. 

Eine interessante Auffassung des Nutzens der Milchsäure, bezw. des 
Säuerungsprozesses für die Gärung der Brennereimaischen ist diejenige 
Errron'r’s (1), welche er auf Grund besonderer Versuche gewonnen hat. 
Ihm zufolge wird durch die vorangegangene Säuerung die Aktivität der 
nachher eingebrachten Hefenzellen gesteigert, und diese Steigerung be- 
wirkt es, dab die Entwicklung der Spaltpilze verhindert wird und dab 
außerdem die Gärung einen kKräftigeren Verlauf nimmt, so daß die Ver- 
gärung in der gewünschten kurzen Zeit mit geringeren Hefenmengen 
vollendet erscheint. Nach Errroxt ist also die antiseptische Wirkung 
der Milchsäure eine indirekte, indem sie die Hefe befähigt, durch die 
gesteigerte Aktivität sich der Spaltpilze selbst zu erwehren. Auch die 
Schädlichkeit der bei einer unrichtigen Säuerung entstehenden niederen. 
flüchtigen Fettsäuren hat Errroxt in den Kreis seiner Untersuchungen 
mit einbezogen. " ist zufolee Haypuer (2) insbesondere die Essie- 
säure (vergl. Bd. S. 60) und häufig auch Ameisensäure, welche bei 
einer unrichtigen Et entstehen. Durch sie wird aber der nachı- 
folgende Verlauf der alkoholischen Gärung der Maische wesentlich be- 


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— 24 — 


einflußt. Errroxrt hat häufig sichergestellt, daß dann, wenn die Menge 
der flüchtigen Säuren 4—6 Proz. der Gesamtacidität betrug, eine sehr 
aktive Hefe resultierte, dab jedoch dann, wenn die flüchtigen Säuren 
15—20 Proz. der Gesamtsäuremenge ausmachten, die Hefe an Aktivität 
snicht gewann sondern verlor. Die Bildung flüchtiger Säuren ist also 
bei der Säuerung soweit wie möglich zu verhindern. 

Vergleicht man diese Erfahrungen ErrroxrT's und auch die HExxE- 
BERG'S mit den oberwähnten Angaben. denen zufolge ein Buttersäure- 
gehalt bis zu 30 Proz. der Gesamtacidität auf die Hefe nicht schädlich 

ıeinwirke, so ersieht man wohl daraus, daß über den Einfluß der flüchtigen 
Fettsäuren auf die Hefe unter den Verhältnissen der Brennereipraxis 
noch kein genügend geklärtes Urteil möglich ist und weitere Unter- 
suchungen in der Richtung wünschenswert erscheinen. 

Inwiefern der durch die Säuerung der Hefenmaische angestrebte 

Schutz der Hauptmaische erreicht worden ist, beurteilt man in der 
Brennereipraxis nach der Säurezunahme während der Gärung. Der 
normale Säurezuwachs der gärenden Hauptmaische vom Anstellen mit 
Kunsthefe bis zum Abtrieb des Alkohols beträgt höchstens 0,2—0,3 cem 
Normalsäure pro 20 cem Maischfiltrat. Dies bedeutet aber, dab in 

„normalen Fällen die Tätigkeit der säuernden Spaltpilze während der 
Gärung der Hauptmaische fast Null ist. da diese geringen Säuremengen 
einerseits zufolge Prior (1) und Liınpxer (1) der Tätigkeit der Hefe 
selbst andererseits zufolge Jouxsox (1) der Wirkung eines proteolytischen 
Malzenzyms zugeschrieben wird. 

25 Durch alle diese Erfahrungen wurde es nahegelegt, zu versuchen, 
ob ein direkter Zusatz von Milchsäure zum verzuckerten Hefengut nicht 
etwa den Säuerungsprozeß überflüssig machen könnte Als nun die 
Milchsäure zu Färberei- und Druckereizwecken technisch dargestellt 
und in den Handel gebracht worden war, wurden mehrere Versuche in 

so Brennereien angestellt, welche alsbald den Beweis lieferten, daß man 
tatsächlich mit Vorteil für den Verlauf des Betriebes die Säuerung durch 
direkten Zusatz der technischen Milchsäure umgehen könne. Nur vom 
rechnerischen Standpunkte aus betrachtet konnten berechtigte Zweifel 
erhoben werden, ob die Verwendung der Milchsäure des Handels die 

;Säuerung aus den Brennereien würde verdrängen können. WEHMER (2), 
LanGE (1), HEINZELMANN (2), BÜCHELER (1) u. a. berichteten ausführ- 
lich über die in der Richtung gewonnenen Erfahrungen und machten 
nähere Angaben über die vorteilhafteste Art und Weise, wie die tech- 
nische Milchsäure in der Brennerei und in der Preßhefenfabrikation zu 

so verwenden sei. 


S 75. Die Flora der säuernden Brennereimaischen. 


Von den zahlreichen Mikroorganismen, welche bei der Bereitung der 
Hefenmaische mit dem Grünmalze eingebracht werden (s. S. 259), ge- 
langen durch eine regelrecht geführte Säuerung nur die Spaltpilze der 

+ Milchsäuregärung zur Vorherrschaft. Eine absolute Abwesenheit anderer 
Mikroben ist jedoch im praktischen Brennereibetriebe, wie durch myko- 
logische Methoden nachgewiesen werden kann, fast niemals zu erreichen. 
Bei einer regelrecht geführten Säuerung wird, nach allen bisherigen Er- 
fahrungen, überdies fast immer nur eine Art des Erregers der Milch- 

sosäuregärung oder seine Varietät in der Hefenmaische das Feld be- 


— 295 — 


herrschen. nämlich der Baeillus acidificans longissimus Larar (Bacillus 
Delbrücki Leıchmans). Wird anfänglich eine Reinkultur dieses „Kultur- 
milchsäurebazillus“ in die Hefenmaische eingesät, dann bleibt dieser, wie 
HENNEBERG (2) gezeigt hat, während des Betriebes auch dann in der 
Vorherrschaft, wenn die wichtigste Säuerungsmaßregel, die Temperatur- 
höhe von 50° C, nicht eingehalten wird. 

Der erste Milchsäuregärung erregende Spaltpilz, der in Brennerei- 
maischen beobachtet und in Reinkultur isoliert, sowie näher beschrieben 
wurde, ist der Pediococeus acidi lactiei (auch P. lactis acidi) LinvxEer. Er 
wurde von Lisoxer (2) aus einer bei 41—50° C gesäuerten Malzmaische, 
in welcher sich gleichzeitig auch ein Buttersäurebildner entwickelt hatte, 
isoliert, und war zu wiederholten Malen bei Gärungsversuchen mit 200 & 
Malz auf 11 Wasser bei 45° C fast als Reinkultur aufgetreten (s. S. 260). 
Dieser Organismus wurde später auch von HENNEBERG (3) in dessen um- 
fassende Studien über Milchsäurebakterien einbezogen. Auf Fieischsaft- 
peptongelatine entwickelt er sich in Form winziger Kolonien. Auf Agar 
bildet er unregelmäßige, grauweiße Kolonien. Im Stich wächst er besser. 
In einer Malzextraktlösung (100—200 g käuflichen Malzextraktes zu 
1 1 Lösung) und in einem mit ee versetztem Heudekokt ver- 
ursacht er eine Säuerung, deren Intensität von der anfänglichen Reaktion 
der Flüssigkeit, von der Konzentration und von der Temperatur abhängt. 
Die Höchstmenge an Säure beträgt 0,7 Proz. Milchsäure. In Maische 
ist die Säuerung gering, nach 5 Tagen nur 0,2 Proz. Ueber sein Ver- 
halten zur 'Demperatur vergl. Bd. II, S. 97. Auf frischer Gerste, auf 
Roggen und Darrmalz fiidet sich diese Art sehr häufig. In Schrotauf- 
schwemmung bei 30—50° C ist sie nach 24 Stunden allein oder neben 
anderen Arten oft sehr reichlich vorhanden. Gegen die Säuerungs- 
temperatur ist sie sehr empfindlich. Ein durch 20 Minuten andauerndes 
Erwärmen auf 56° C verhindert ihre Entwicklung in Malzextrakt von 


natürlichem Säuregrade (0,4 ccm) völlig. Sie kann auch bei Luftabschluß 


leben und sich vermehren. Neben Milchsäure et ‚sie nur Spuren 
flüichtiger Säuren. Durch keine der aus Bier (vergl. S. 223) isolierten 
Arten von Sarcina (bezw. Pediococcus) entsteht so ee "Milchsäure wie 
durch sie. Sie tritt in runden, meist zu zweien zusammenhängenden 


Zellen auf, nicht selten aber auch zu kurzer Kette vereint oder eines 


Tetrade bildend. Der Durchmesser beträgt 0,8—1,0 «u. Im manchen 
Kulturen sind neben kleineren auch größere Zellen zu finden. Ob sie 
auch in typischen Sareina-Verbänden auftritt, ist unerwiesen. 

Ein Stäbchenbakterium, das eine intensive Milchsäuregärung hervor- 
ruft, haben Krvsıs und Rayman (1) im Jahre 1893 aus gesäuerter Hefen- 
maische in Reinkultur isoliert und auf seine Gärwirkung näher unter- 
sucht. Die aus einer Kolonie auf Malzextraktagar in eine sterilisierte, 
klare, ungehopfte Malzwürze übergeimpften Zellen hatten bei 40° © da- 
selbst 0,9 Proz. Milchsäure hervorgebracht und bildeten Stäbchen, welche 


durch fortgesetzte künstliche Kultur bei 37° U schließlich in sehr kurze « 


Stäbehen übergingen, wobei neben der Milchsäure (9 & im Liter) auch 
0,467 g Ameisensäure und 0,642 & Essigsäure sowie Spuren von Aethyl- 
alkohol, von Mannit und wahrscheinlie h auch von Sorbit entstanden. 
Es wurde hierdurch die Bildung flüchtiger Fettsäuren neben Milchsäure 


ii 


IV 


[4 


er 


dureh die Reinkultur Een Milchsäurebakteriums zum ersten Male nach-: 


gewiesen (vergl. Bd. II, S. 60). 
Kinen geeigneten Spaltpilz der Milchsäuregärung aus gesäuertem 
Hefengut isoliert und zum ersten Male im praktischen Brennereibetrieb 


5 


—_— 2% — 


mit Erfolg eingeführt zu haben, ist das Verdienst Larar’s. Nach ver- 
geblichen Versuchen, die in Milch vorkommenden Säuerungsorganismen 
für die Säuerung der Hefenmaische zu verwenden, isolierte Larar (2) 
eine geeignete Milchsäurebakterie aus gesäuertem Hefengut, die er 
5 Bacillus acidificans longissimus benannte und als Reinkultur nach ent- 
sprechender Vermehrung mit vollem Erfolge zur künstlichen Ansäuerung 
des Hefengutes verwendete. Die Lebensverhältnisse dieses Bazillus 
wurden von Larar schon im Jahre 1893 studiert. In der Kampagne 
1894/5 wurden in der Brennerei zu Hohenheim in Württemberg die 
ersten Versuche im praktischen Betriebe angestellt, und in der Kampagne 
1895/6 wurde in Hohenheim schon ausschließlich mit dem B. acidificans 
longissimus gesäuert. Auch LEICHmAanN (1) berichtete im Jahre 1896 
über ein aus sauerem Hefengut isoliertes Stäbchenbakterium, dem er 
den Namen Daeillus Delbrückt beilegte und das er in manchem zwar dem 
ısin der Milch vorkommenden Baeillus lactis acidi ähnlich fand, das jedoch 
darin abwich, dab es den Milchzucker nicht zu vergären vermag; er 
wies auf eine eventuelle praktische Verwertung seines Befundes hin. 
Später hatte Leıcnmann (2) den Bac. Delbrüchi als höchst wahrscheinlich 
identisch mit dem Bae. acıdificans longissimus LAFAR bezeichnet. Durch 
» den Erfolg in Hohenheim angeregt, hatten auch andere Brennereien mit 
der Hohenheimer Reinkultur des Dae. acidificans longissimus im prak- 
tischen Betriebe Versuche angestellt und die Verwendung desselben 
namentlich zur Einleitung einer reinen Säuerung zu Beginn der Kampagne 
als höchst vorteilhaft anerkannt; vergl. J. Surror (1), HEINZELMANN (1) 
» und Bank (1). Infolgedessen übernahm das Berliner Institut für Gärungs- 
gewerbe die Reinzüchtung dieses Organismus für den praktischen Bedarf 
der Brennereien und versieht seitdem mit ihm alljährlich Hunderte von 
Betrieben. 
Umfassende eingehende vergleichende Untersuchungen von Milch- 
;säurebakterien verschiedenen Ursprungs unternahm W. HENNEBERG (3). 
Er hatte Milchsäurebakterien der Brennereimaische, der Milch, des 
Bieres, der Prebhefe, der Melasse, des Sauerkohls, der sauren Gurken, 
des Sauerteiges und des menschlichen Magens miteinander verglichen 
und genau beschrieben, um dadurch zu einer richtigen Einteilung und 
; Abgrenzung der Arten, sowie zur Aufklärung über die Ursachen und 
Größe der Variation experimentelles Material zu beschaffen. Später 
fügte HENNEBERG (4) diesen Untersuchungen noch solche über die 
Organismen eingesandter Proben von Gärbottichholz bei, sowie auch 
Versuche über den Einflub verschiedener Milchsäurebazillenarten auf die 
„Gärung der Hefe in Getreidemaische. Diese Studien führten HENNEBERG 
zur Unterscheidung von „wilden Milchsäurebazillen*, unter welchen er 
wieder „unschädliche“ und „schädliche“ erkannte. Im Gegensatz zum 
„Kulturmilchsäurebazillus* (Daeillus aeidificans longissimus LArar, Bacillus 
Delbrücki Lxıcnhmann) bezeichnet HENNEBERG alle fremden Arten in der 
4 Maische (analog der üblichen Hefenunterscheidung) als wilde Milchsäure- 
bazillen. Unter diesen wieder nennt er nun solche. welche in den von 
ihm vorgenommenen Versuchen flüchtige Säure (Essigsäure) bildeten 
und die Hefe in ihrer Gärwirkung beeinträchtigten, schädliche Milch- 
säurebazillen, und solche, welche keine flüchtige Säure erzeugten und 
sosich als der Hefe ungefährlich erwiesen, als unschädliche Milchsäure- 
bazillen. Zu den schädlichen, flüchtige Säure bildenden Milchsäure- 
bazillen zählt HexnegerG die nachbenannten, von ihm isolierten und 
untersuchten Arten: Dae. Hayduelı und B. Buchneri, welche weiter unten 


näher beschrieben werden, dann noch einen Bacillus IV, der aus Gär- 
bottichholz, und 5. Wehmeri, der aus Melasse isoliert wurde. Zu den 
unschädlichen, keine flüchtige Säure erzeugenden, zählt er außer 
dem Kulturmilchsäurebazillus die Arten BDac. Beijerincki, B. Listeri, 
B. Wortmanni, B. Leichmanni I, die ebenfalls weiter unten näher be- 
schrieben werden. Die einzelnen Arten unterscheiden sich voneinander 
durch ihr Wachstum im hängenden Tropfen, durch ihr Verhalten in 
Maischen, insbesondere aber durch ihre Wachstumstemperaturen; die 
wilden Milchsäurebazillen haben ihre günstigste Entwicklungstemperatur 
meist zwischen 25—40° C, während der Kulturmilchsäurebazillus nur 
bei hohen Temperaturen (41—47° C) gut wächst. Dadurch können aber 
solche wilde Milchsäurebakterien mit niedrigen Wachstumstemperaturen, 
wenn sie während der Säuerung aufkommen, später in der Maische 
schädlich werden, da sie bei den Temperaturen der Haupteärung zu 
wachsen und zu säuern vermögen. 

Des Kulturmilchsäurebazillus der Brennereimaischen 
(Bac. acidificans longissimus Larar, auch Bacillus Delbrücki LEICHMANN) 
wurde schon bei der allgemeinen Besprechung der Milchsäurebakterien 
auf S. 85 und 93 des II. Bandes Erwähnung getan. Es sei hier noch 
Nachstehendes nach den Angaben von HENXNEBERG hinzugefügt. Der 
Organismus bildet lange (2,8—7 u, manchmal über 100 «, einmal 973 u), 
meist nur schwach gebogene, scheinbar ungegliederte Zellfäden. Die 
Breite variiert bei verschiedener Ernährung zwischen 0,3—1,2 uw. In 
manchen Fällen, so bei Züchtung in einer Lösung von 3 Proz. Hefen- 


extrakt und 20 Proz. Dextrose durch 48 Stunden bei 40° C, fanden sich » 


Zellfäden mit stark aufgeschwollenen, kugelförmigen oder wurstförmigen 
Teilen in der Mitte oder am Ende. In stark (2 Tage) gelüfteten 
Maischen erscheinen Zellen mit kugelig zusammengeballtem Plasma, wo- 
durch Sporen vorgetäuscht werden. Häufig kleben fettartige Aus- 
scheidungen als kleine Tröpfchen fest an den Zellen und können leicht 
mit Imvolutionsformen verwechselt werden. Kolonien auf Maischeagar 
entwickeln sich bei 48° © gut; sie sind klein, rundlich, flach, wasserhell. 
glänzend und haben nach 24 Stunden 0,56 mm im Durchmesser. Ein 
Zusatz von Kreide zu dem Agar erwies sich als vorteilhaft. Geeignet 


ist Hefenextrakt (3 Proz.) mit Dextrose (20 Proz.) oder der gleichen 5; 


Menge von Maltose oder Rohrzucker, dann Maische und ungehopfte 
Würze; gehopfte Würze oder Bier sind ungeeignet. Es wird Linksmilch- 
säure erzeugt, die meiste Säure bei 41—43° C in 6 Tagen, nämlich ent- 
sprechend 14,8 cem Normallauge auf 100 cem Maische. Bei reichlichem 
Luftzutritt wird weniger Säure gebildet, die Bazillen werden gelähmt:; 
durch das Vorhandensein der T'reber wird diese Wirkung zum Teil auf- 
gehoben, wie dies in der folgenden Tabelle auf S. 298 veranschaulicht 
ist. Die Agarkulturen sollen jeden Monat übergeimpft werden. In 
unter Druck sterilisierter Kartoffelmaische findet nur schwache Säuerung 
statt. Durch 1—2 Proz. Alkohol wird die Entwicklung der Zellen und 
die Säurebildung gefördert. Aber 4 Proz. Alkohol wirken schon hemmend, 
10 Proz. verhindern beides schon völlig. Der Kulturmilchsäurebazillus 
der Brennereien verträgt Trockenheit durch längere Zeit (1—2 Monate) 
und ist in diesem Zustande auch öfters mit gutem Krtole zur Ver- 
sendung ins Ausland gekommen. Das Verhalten dieses Spaltpilzes zur 
Temperatur ist schon auf 8. 96 und 97 des Il. Bandes angegeben worden. 
Nach neueren Untersuchungen Hrnneneng’s (6) werden bei hoher Tempo- 
ratur entwickelte Zellen durch die Milchsäure stärker geschädigt. 


» 


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30 


Gebildete Säuremenge in cem Normal- 


| lauge auf 100 ccm Maische 


Kulturgefäß Art der Maische 
arte Tag | 2. Tag ! 5. Tag’ ee 
| | 
Große Schalen | Versuch I | 
TNERIRTEE ne en ae ai 2,2 2,4 2,4 2,4 
Inicht filtriert . . . . 5,6 8,0 9,2 9,2 
Versuch II | | 
filtriert. . ; rn B6- FB 2,8 2,8 
nicht filtriert . . 4,2 5,8 5,8 5,8 
filtriert u. Treberzusatz 3,8 5,8 — | = 
Lange enge SETIert..’ Sue rn u er 4,4 5,2 5,6 71 u 
Reagiergläser nieht filtriert . . . . rg Ma 11,0 = 
Weitere Glas- filtriert. . . 2... ee | 2 50 | 58 
eylinder | (d. 23. Tag 
nieht Sltriert ..% «.« 44 |. 7124 9.2 12 
d. 21. Tag 
ERLENMEYER ausgewaschene Treber . 1,4 2,4 3,6 3,9 


Von wilden Milchsäurebakterien des Brennereibetriebes 
isolierte und beschrieb HENNEBERG die nachstehend genannten Arten: 
Baeillus Beijerincki, aus eingesandter reifer Hefe isoliert, Daeillus Maerckeri, 
in bei 40 -—25° C spontan gesäuerter Getreidemaische fast ausschließlich 
sanwesend vorgefunden, und Baeillus Delbrücki var. « in einer im Labo- 
ratorium hergestellten Brennereimaische einmal vorherrschend gewesen. 
Aus Preßhefe schied er die nachfolgenden sieben Arten ab: Bacillus 
Listeri, Bac. Wortmanni, bac. Hayducki, Bac. Buchneri und Bac. Leich- 
manmi I, II und III. In den zwei Tabellen auf S. 300 und 301 sind 
„die wichtigsten Angaben HEnNEBERG’'s über diese Milchsäurebakterien 
übersichtlich zusammengestellt. Ueber deren Verhalten gegen Zucker- 
arten vergl. Bd. Il, S. 92 und 9. 
Mit dem Studium der in Maischen der Brennereien und Preßhefen- 
fabriken vorkommenden Milchsäurebakterien befaßte sich auch BEIJERINCK, 
ısdessen Anschauungen über das Wesen dieser Organismen hier noch, als 
in manchem abweichend, beigefügt werden mögen. Auf Berseriner’s (1) 
Einteilung der „aktiven Milchsäurebakterien“ ist schon auf S. 82 des 
Il. Bandes hingewiesen worden. Das „aktive“ Milchsäurebakterium des 
Brennereibetriebes, das man durch die aerobe Kulturmethode auf festem 
>» Nährboden aus einer gesäuerten Maische für gewöhnlich erhält, bezeichnet 
BEIJERINCK als Lactobaeillus Delbrücki, fügt "aber hinzu, daß in gewissen 
Fällen es möglich ist, ein Bakterium daraus zu züchten, welches das 
unveränderte „Agens“ der sauren Maische ist, und das er Laetobaeillus 
fermentum nennt. Von diesem nehmen zufolge Beıserinck verschiedene 
2»; Varietäten des Lactobac. Delbrücki ihren Ursprung. Unter letzterem ver- 
steht BErserINncK nicht bloß eine Varietät allein, sondern alle diejenigen, 
welche sich leicht bei Luftzutritt aus jeder Maischeprobe durch Würze- 
agar isolieren lassen, also eine Reihe von einander sehr nahestehenden 
und erblich ziemlich beständigen Formen. Der Unterschied zeigt sich, 
so wenn man die Kulturen dieser Varietät einerseits bei Luftzutritt und 
andererseits ohne Luftzutritt vergleicht und die unter diesen Umständen 
erhaltene Säure mibt. Die Kolonien des Lactobac. Delbrüchi auf Würze- 
agar sind weiß oder gelblich weiß und am Rande mehr oder weniger 
ausgezackt. Da Berserınck mit der Reinkultur niemals den bei der 


— 29 — 


natürlichen Säuerung erzielten Säuregrad erreichen konnte, hält er den 
Laetobac. Delbrücki nicht für identisch mit dem „aktiven“ Bakterium 
einer gut gesäuerten Maische, aber für einen Abkömmling des eigent- 
lichen Säuremaischebakteriums, des Lactobac. fermentum. Man kann den 
Lactobac. Delbrichi in Lactobac. fermentum durch die Kultur unter Luft- 
mangel bei gewöhnlicher Temperatur umwandeln, und umgekehrt den 
letzteren durch eine Kultur bei Luftzutritt in Zactobac. Delbrücki um- 
bilden. Wenn man die Kultur in ganz mit Würze angefüllten und gut 
geschlossenen Flaschen vornimmt, so wird schon beim 4. oder 5. Impfen 
in 10 oder 12 Tagen der ungenügend säuernde Lactobac. Delbrücki zum 
kräftigen Säureerreger Lactobac. fermentum; man erhält dann schon den 
Maximalsäuregehalt von 17 cem Normallauge pro 100 cem Würze. Lactobac. 
fermentum bildet auf Würzeagar kleine, durchsichtige Kolonien, die 
aus kurzen Bazillen bestehen, welche, was Länge und Breite anbelangt. 
ungleichmäßig sind. Lactobac. Delbrücki ist kaum imstande, die Butter- 
säuregärung zu unterdrücken, was mit dem Lactobac. fermentum aus- 
nahmslos gelingt. Der Lactobac. caucasicus, das Milchsäurebakterium der 
Kefirkörner (s. Bd. II, S. 130), findet sich nach BEIJERIScK immer in 
kleiner Anzahl in der milchsauren Maische der Hefen- und Spiritusfabrik 
zu Delft und kann daraus durch die Züchtung auf Würzegelatine bei 
23° C direkt in Reinkultur gewonnen werden. Er kann auch aus der 
Preßhefe dieser Fabrik isoliert werden. Ebenso schädlich wie ZLactobae. 
caucasicus, der bei der Hauptgärung der Hefe leben kann, sind die eben- 
falls bei niedrigen Temperaturen säuernden Zactobac. fragilis und Lactobae. 


conglomeratus. Man erhält sie neben Lactobac. caucasicus, wenn man: 


Bäckereihefe der spontanen Zersetzung überläßt, indem man sie in feuchte 


Luft bei 30° C hinstellt und daraus dann nach 3 oder 4 Tagen auf 


Würzegelatine aussät. Lactobac. fragilis ist an dem großen Breitenunter- 
schied der sich aufteilenden Bazillen derselben Kolonie leicht kenntlich, 
während die Kolonien des Lactobac. conglomeratus aus Fäden und Stäbchen 
zusammengesetzt sind, die so gedreht und gewunden sind, dab man sie 
kaum als wirkliche Bakterien zu erkennen vermag. Man kann diese 
und noch andere Arten nach BEIJERINcK auch in spontan sauer ge- 
wordenen Trebern finden. 


In einer auf diese Mitteilungen BEwerıncr’s sich beziehenden Be- 


merkung erklärt Hexn£gers (5) den von ihm beschriebenen und studierten 
Kulturmilchsäurebazillus als nicht identisch mit BEeıseriner's Lactobae. 
Delbricki, da HEnNEBERG aus reifer (dreitägiger) saurer Maische fast 
stets nur eine Art Kolonien erhielt und es ihm auch nicht gelungen ist, 
eine Umwandlung des isolierten Bazillus in eine andere Varietät zu er- 
zielen. Es wird demnach die Frage der Variation des Kulturmilchsäure- 
bazillus und eventuell auch der anderen Milchsäurebazillen der Brennerei- 
maischen noch weiterer Studien bedürfen. 


$ 76. Schutz der Brennereimaische gegen Fremdkeime durch 
andere Maßnahmen. 


Die Säuerung bedarf als spontane Gärung einer sorgfältigen Be- 
achtung gewisser Bedingungen, und es ist daher nicht zu verwundern, 
dab sie ehedem häufig nicht den erwarteten Erfolg mit sich brachte und 
nur als ein notwendiges Uebel angesehen wurde. Man versuchte daher 
schon seit langem, sie durch andere, besser zu regelnde Verfahren zu 


er 


u 


I 


3 


19 


0 


IX 
So 


w 


D) 


= 


300 


Bazillus-Art 


B. Beijerincki 


B. Maerckeri 


B. Delbrücki var. ( 


B. Listeri 


Kolonien auf Agar 


‘Klein, weiß. 


| Weißlich. 
I 


Mikroskopisches Bild der 
Zellen 


In Maische 1- oder 2-zellig, auch 
langgliedrige Ketten. Zusammen- 
kleben vieler Zellen charakte- 
'ristisch. 


In Agar einzeln oder zu zweien, 
(1,4—3,8 « lang, 1 « breit), in 
Maische auch zu mehreren in 
Flocken. 


a 


Klein, weiß. 


Groß, glänzend weiß, nach 24 
Stunden 1—2 mm im Durch- 
messer. Auf Gelatine zarte 
Bäumchen. 


Etwas länger, häufig nur 0,4 « 
‚breit, dem Kulturmilchsäure- 


| bazillus ähnlich. 


\ 


In Agar einzeln oder zu zweien, 
seltener lange Zellen oder mehr- 
gliedrig. In Maischetröpfchen bis 
140 « lang. 


B. Wortmanni 


Weib. 


In Agar kurze einzelne Zellen 
‚(0,4 « lang, 0,5 « breit) oder 
zu 2, seltener 3-—4. 


B. Ha yducki 


| Weiß, rund. 


| In Agar klein, vielfach gekrümmt 
'(1,4—4,2 u lang, 0,5 « breit). 


En 


B. Buchneri 


Weiß oder gelblichweiß, in 
Einem abhebbar. 
I 


B. Leichmanni 1 


Durchsichtie mit weißlicher 


Mitte 


B. Leichmanni II 


B. Leichmanni III 


ersetzen. 


zu versuchen. 


Desg!]. 


In Agar einzeln, 2- oder 4-zellig. 
Auch lange, dünn (10:0,35 «) und 
Fäden (25 « und mehr). 


In Agar vielfach längere Zell- 
ketten mit Knäueln und Knoten. 


Ds. 


Einfarbig weißlich, flach. 


Es lag wohl an der Hand, zunächst den Ersatz der Milchsäure 
durch andere Säuren, insbesondere durch die wirksameren Mineralsäuren 
Die Erfahrungen, die man durch solche Versuche ehedem 
sesammelt hat, konnten jedoch nicht befriedigen. 
ssicht auf die Hefe nur sehr kleine Mengen von Schwefelsäure oder Salz- 
säure anwenden, und der geringe Unterschied zwischen der notwendigen 
und der erlaubten Menge genügt der Praxis nicht. 
Ersatz der Milchsäure durch Schwefelsäure konnte erst in neuerer Zeit 
eintreten, als man besondere physiologische Zustände der Hefe kennen 
lernte, die namentlich durch eine entsprechende Verwendung geeigneter 


Nährmittel eintreten. 


Den ersten mit einer anderen Säure erzielten bemerkenswerten Er- 
folg hatte Errroxt mit der Einführung der Fluorwasserstoffsäure 
in die Brennereien zu verzeichnen. 
ısdie er bei der Maltosefabrikation gewonnen hatte, studierte Errroxt (2) 


Von den Erfahrungen ausgehend, 


'Desgl. In Maische sehr lange 
' Zellfäden, erst nach der Färbung 
als Ketten erkennbar. 


Man darf aus Rück- 


Ein erfolgreicher 


Er 


— 301 — 


Temperatur Größte erzeugte Säure- 
Bazillus-Art. 


: z menge in ccm Normal- Sonstige Merkmale 
Optimum Maximum jauge auf 100 cem Würze 


B.Beijerincki Erster Tag: 45°C. | 5 cem in 1 Tag bei 34° C. Hefenzusatz lähmt 
34—38° C, 


| etwas die Säuerung. 


später: | 
27—32° C. | 
B. Maerckeril 35—36° C, | 47°C. | am 10. Tage 11,6 cem Milch wird gesäuert. 
' später: | Ei | On > 1 WOh 
20—23° C. 
B Delbrücki 440 C, ne In steriler Kornmaische 6,6 Nach 1 Jahrdieselben 
var. a später: | ccm, in pasteurisierter nur Eigenschaften. 
39—44° C. | 3,3 ccm, in steriler Kartoffel- 
| maische 3,3 cem. 
B. Distri_ | 34°C. ABM 12,4 cem. Keine Gärungser- 
| später: scheinung. 


45° C. 


B. Wort- | 33—40° C, |0—45°C| Am 7. Tage 12,8 ccm, = 


manmi | später: EN AI B2H 5 

| 25—29° C. 

B. Hayducki\ 45—46° C, über 46°C. Am 7. Tage 12,2 ccm, Gärungs- 
Ssapäter:*.| | Be Veen 3- Yen ‚erscheinungen. 
| 33—35° C. | 

B. Buchneri | 39—40° C, über47°C. Am 16. Tage 14,5 ccm. Gärungs- 

später: erscheinungen. 
23—30° C. | | | 
B. Leich- |35—36,5° C,|40—46°C.| Am 10. Tage 14,8 cem. Keine  Gärungser- 


manni I | später: scheinung ;Trübung 


| 20—27° C. | | ‚mit Flockenbildung. 

B. Leich- Desgl. | Desgl. In treberhaltiger Maische \Unterscheidet sich 
manni II | am 10. Tage 18 cem, von B. Leichmanni I 
Tara 0 a durch das Verhalten 


‚gegen einige Zucker- 

arten und das Aus- 

\ | ‚sehen in Maische. 

| 'Flockige Trübung, 

} | keine Gärungser- 
| 


% ‘Gi P scheinung. 
b. Leich- Desgl. | Desgl. |In treberhaltiger Maische am 'Keine besondere 
manni III | 10. Tage 18,2 cem. Trübung, große 


Flocken am Boden. 


den Einfluß der Fluorwasserstoffsäure auf die Nebengärungen und fand, 
dab von dieser Säure 8—10-mal weniger notwendig ist, um denselben 
Erfolg zu erzielen. als von Salzsäure und Schwefelsäure. Doch auch die 
Fluoride beschränken empfindlich die sauren Nebengärungen, was mit 
Rücksicht auf die Erhaltung der Diastase in den Maischen, die durch s 
freie Säuren, also auch durch Flußsäure, empfindlich geschädigt werden 
kann, von besonderer Wichtigkeit ist. Die Flußsäure und die Fluoride 
wirken jedoch auch auf die Hefe ungünstig ein. Ein Zusatz von 3 mg 
dieser Säure zu 100 cem einer Lösung von Zucker in destilliertem Wasser 
behinderte die Gärung schon bedeutend; 5,5 mg stellten sie schon völlig 
ein. Wurde aber statt des destillierten Wassers gewöhnliches genommen. 
so waren noch 5,5 mg Ilußsäure fast ohne schädliche Wirkung, und 


— 302 — 


5,5 mg Kaliumfluorid wirkten sogar günstig auf das Gärvermögen der 
Hefe ein. Noch viel größere Mengen dieser Gifte verträgt die Hefe bei 
Gegenwart der nötigen Nährstoffe. In 100 ccm einer Maltosesiruplösung 
wirkten noch 12 mg Säure oder 50 mg ihres Kaliumsalzes günstig. Die 
sverschiedenen Hefenrassen verhalten sich jedoch den Fluoriden geren- 
über nicht gleich; die einen vertragen sie leicht, die anderen können in 
diesem Medium nicht leben. Die Vermehrungsfähigkeit der Hefe wird 
durch geringe Mengen dieser Verbindungen ebenfalls gesteigert. Bei 
Verwendung von 1 & Hefe pro Liter betrug das Maximum 2—4 mg 
ıo Fluorammonium in 100 cem. Größere Mengen vermindern die Vermehrung; 
mit 30 mg letzteren Salzes wurde dieselbe Anzahl Zellen erreicht wie 
ohne diesen Zusatz, mit 50 mg schon weniger. Bei Verwendung von 
2 g Hefe (Preßhefe) pro Liter Nährflüssigkeit wurde das Maximum der 
Vermehrung mit 1 mg Fluorammonium pro 100 cem erreicht; bei 16 mg 
ıs bildeten sich schon weniger Zellen als in den Zuchten ohne Zusatz. 
Auch die Steigerung der Gärkraft hängt von der Menge der angewandten 
Hefe ab. Bei Verwendung von 0,5 g Preßhefe auf 1 ] Maismaische und 
10—30 mg Fluorammonium pro 100 cem wurden statt 6,2 Proz. (ohne 
Salz) bis 10,9 Proz. Alkohol erreicht, bei Verwendung von 2 & Preßhefe 
»pro Liter statt 9 Proz. nur 9,4 Proz. Alkohol. Auch fand Errront (3), 
daß man durch 300 mg Fluorid auf 100 ccm mit Hefe versetzter Malz- 
würze das Wachstum der Hefe völlig einstellen und sie so durch 6 Monate 
konservieren könne. Die Acidität des Mediums übt einen großen Ein- 
fluß auf die antiseptische Wirkung der Fluoride aus; in neutralem ist 
»sie fast Null und wächst mit der Acidität der Maische. Die Wirkung 
der Fluorverbindungen auf die Hefen ist eine doppelte. Sie wirken 
nicht nur als Antiseptika, sondern üben auch eine direkte Einwirkung 
auf die Zellen aus, indem sie, ähnlich wie die Milchsäure, deren Aktivität 
steigern; dabei ist die Gegenwart, bezw. Abwesenheit von Phosphaten 
sovon besonderem Einfluß. Durch die Behandlung mit Flußsäure werden 
die Hefen auch morphologisch verändert. Die Zellen werden erheblich 
kleiner, mit geschrumpften Formen und zeigen vielfach stark körniges 
Plasma. 
Ursprünglich benützte Errroxr (4) die Flußsäure bloß als Schutz- 
3 mittel (anfangs 15—20 g, dann nur 5—15 g Flußsäure des Handels auf 
1 hl Maische) ohne irgend etwas an der von der Technik innegehaltenen 
Arbeitsweise zu ändern. Die Flußsäure wurde hierbei auch zur Reinigung 
der Gefäße, Räumlichkeiten u. a. m. benützt. Sie bewährte sich in 
zahlreichen Brennereien, insbesondere aber dort, wo mangelhaftes Roh- 
somaterial und überhaupt schwierigere Verhältnisse obwalteten. Allgemein 
wurde eine gerineere Säurezunahme der Hauptmaische während der 
Gärung sichergestellt. Errroxt's Angaben wurden besonders von 
MAERCKER (2) kontrolliert und als richtig anerkannt. Von den Fluoriden 
empfahl Errroxr in erster Reihe das Ammoniumfluorid. Crvuss und 
4 FEBER (1) haben später das Fluoraluminium (Al,F, + H,O) als vorteil- 
haft erkannt. 

Ein besonderes Interesse, auch vom allgemein biologischen Stand- 
punkt aus, muß den weiteren Studien Errroxtr’s beigemessen werden, 
welche sich auf das Anpassungsvermögen der Hefen und einiger 

soanderer Mikroben an ganz bedeutend erhöhte Gaben verschiedener Anti- 
septika beziehen (vergl. Bd. I, S. 490). Errront (5) gelang es, die ee- 
züchteten Hefen schließlich bis auf 500 & einer 30-proz. Flußsäure pro 
Hektoliter zu gewöhnen und aus einer solchen Hefe mit Hilfe eines be- 


— 303 — 


stimmten genau angegebenen Vorganges eine auf Trebern angetrocknete 
Hefe darzustellen, welche nicht allein transportfähig ist, sondern auch 
jahrelang aufbewahrt werden kann, ohne an Gärkraft einzubüßen. Ihre 
Züchtung kann mittelst aller sich dazu eignenden Antiseptika (Fluß- 
säure, Ameisensäure, Formaldehyd, Salieylsäure, Pikrinsäure etc.) durch- 5 
geführt werden. Zur Vergärung der Hauptmaische muß diese sodann 
ebenfalls Flußsäure enthalten, und zwar mindestens die Hälfte derjenigen 
(proz.) Flußsäuremenge, in welcher die Hefe gezüchtet worden ist. Da- 
durch wird aber gerade das Aufkommen der Spaltpilze vollkommen ver- 
hindert und der ganze Gärungsverlauf erscheint vollkommen gesichert. ıo 
MAERCKER (3), Cuuss (1), BÜCHELER (2) und ROTHENBACH (1) haben dieses 
Verfahren auf Grund eigener Erfahrungen günstig besprochen. WITTELSs- 
HÖFER (2) findet es nur als gleichwertig mit dem Milchsäureverfahren. 
Errroxt (6) hat auch die Erreger der Milchsäure- und der Buttersäure- 
gärung durch systematische Züchtung an größere Gaben antiseptischer ıs 
Stoffe gewöhnt. Urrrası und Sarcouı (1) haben im Fluornatrium ein 
Mittel gefunden, die Alkoholgewinnung aus dem Safte der Kaktus- 
feige (Opumtia) industriell möglich zu machen, indem sie, ohne zu sterili- 
sieren, eine an letztgenanntes Salz gewöhnte Hefe verwenden und da- 
durch den weniger Alkohol liefernden Saecharomyces Opuntiae unterdrücken. » 

Sehr interessant ist die Erklärung des Akklimatisationsmechanismus, 
wie sie neuere Studien Errroxt’s (7) gebracht haben. Die akklimati- 
sierte Hefe verwandelt nämlich das in.die Zelle eindringende Fluorid 
in unlösliches Fluorcaleium und eliminiert so dessen schädliche Wirkung; 
je höher die Hefe akklimatisiert ist, desto mehr Calcium (vergl. Bd. IV.» 
S. 87) enthält ihre Asche, wie folgende Tabelle zeigt: 


(rad der Akklimatisation 


Versuchsnummer Millier. NH,F im Liter Aschengehalt | Kalkgehalt 
1 0 52 1.65 
6 1000 9.73 2,42 
10 2000 6,95 3.48 
15 3000 8,7 411 


Auch andere Fluorverbindungen sind als Schutzmittel verwendbar. 
Errroxt (8) selbst führt im Zusatzpatente vom Jahre 1889 noch Fluorbor- 
Gas, Fluorborsäure, Kieseltluorwasserstoffsäure, sowie die Salze dieser 
Säuren an. Homever (1) fand, dab die Kieselfluorwasserstoffsäure sowieso 
die Borfluorwasserstoffsäure und die löslichen Salze dieser Säuren in er- 
heblichem Maße gärungsverhindernde Eigenschaften haben. Nach Hrınzen- 
MANN (3) kann man im Brennereibetriebe mit Kieselfluorwasserstoffsäure 
dasselbe wie mit Flußsäure erreichen, nur muß man etwa die doppelte 
Menge nehmen. 35 

Laboratoriumsversuche mit an Salzsäure akklimatisierter Hete 
hat Rormwngach (1) durchgeführt. Diese Hefte gibt sehr gute Resultate 
solange sie nicht der Infektion unterliegt, welche der Salzsäurezusatz 
auf die Dauer nicht zu verhindern vermag. Ein ausgezeichnetes Mittel 
zur Bekämpfung der Brennereibakterien ist der Formaldehyd.o 
Rormmwngach empfiehlt einen Zusatz von 3,5—4,5 & pro hl zum Bottich 
und J0—20 g zur Hefe. Aus den Versuchen von Cnvuss und Ferer (1) 
erhellt, dab das Formol in Mengen von 25 & pro hl ein sehr brauch- 
bares Antiseptikum zur Vergärune von Malzmaischen ist, aber in Mais- 
maischen nicht so günstig wirkt. Auch den Akklimatisationsmechanis- ıs 


— 304 — 


mus der Hefe bei Verwendung von Formaldehyd hat Errroxt (7) durch 
Versuche näher zu erläutern versucht. Er ist bei Verwendung von 
Formaldehyd ein anderer als bei Verwendung von Fluorwasserstoff. Die 
angestellten Versuche belehrten Errroxt, daß frische nicht akklimati- 

ssierte, wie auch akklimatisierte Hefe den Aldehyd durch eine Art Ver- 
dauung beseitigen, bevor sie die Gärung einleiten, und daß die Akkli- 
matisation nur in der Entwicklung der Funktion besteht, welche die 
rasche Zerstörung des Aldehyds erleichtert. Letztere deutet darauf hin, 
daß dieser Vorgang nicht nur innerhalb. sondern auch außerhalb der 

ıo Zellen stattfindet. Was für eine Substanz es ist, die hier wie ein Anti- 
körper tätig ist, werden erst weitere Studien lehren. 

Von vielen Seiten wurde auch die schweflige Säure so wie ihre 
Salze (s. Bd. IV, S. 155) als Antiseptikum zum Schutze der Maische statt 
der Säuerung versucht. aber die verwendbaren Mengen vermögen eine 

1: vollkommene Entfernung der Nebengärungen nicht herbeizuführen. Zu- 
dem werden die Maisch-, Kühl- und Destillier-Apparate stark angegriffen, 
und der erzielte Alkohol ist minderwertig. Die Verwendung unter- 
schwefligsaurer Salze zur Verbesserung der Maisch- und Gärführung 
ist Kusserow (1) patentiert worden. 

20 Arvıor (1) akklimatisiert die Weinhefe für Melassenmaischen an 
ein Destillat, welches durch einen teilweisen Abtrieb einer mit Schwefel- 
säure versetzten Melassenlösung entsteht und gibt auf 1 ] Hefe das 
Destillat von 250—300 & Melasse. 

Nach Laboratoriums- und Betriebsversuchen kann auch die Ameisen- 

»säure, wie H. LanGe (2) berichtet, als antiseptischer Zusatz zum ge- 
säuerten Hefengut mit Vorteil verwendet werden (vergl. Bd. IV, S. 137). 

(+. JacauEmis (1) akklimatisiert die Hefe an Kupfersalze (s. Bd. IV, 
S. 126) gewisser Mineralsäuren oder organischer Säuren oder an ein Ge- 
menge von Ameisensäure und Kieselfluorwasserstoffsäure und vergärt 

somit solcher Hefe Maischen, die einen Zusatz dieser Antiseptika erhalten 
haben. 

Die Salicylsäure (s. Bd. IV, S. 139) wird von HEINZELMANN (4) 
empfohlen, und zwar in der Menge von 0,1 & pro Liter Hefenmaische 
mit Malz zusammengemaischt, als Mittel zur Aufbesserung und Reinigung 

s;der Hefe. wo die Säuerungstemperatur nicht hoch genug gehalten werden 
kann. 

Die Verwendung von Schwefelkohlenstoff ist A. B. GOERNER (1) 
in Lissabon patentiert. Auf 10 hl Maische sollen 1—2 & zugesetzt werden. 
Nach Berichten aus der Praxis ist er teils mit, teils ohne Erfolg an- 

‚gewandt worden. 

Die Verwendung des Wasserstoffsuperoxydes (wie auch der 
Superoxyde der Alkalien und alkalischen Erden) ist für G. POMMmEr und 
P. Eger (1) patentiert worden. Je nach Umständen sind 0,1—0,2 Teile 
der 3-proz. Lösung von Wasserstoffsuperoxyd auf 100 Teile Würze zu 

s verwenden. 

Die gleichzeitige Anwendung von Schwefelkohlenstoff und Wasser- 
stoffsuperoxyd wurden von GOERNER (2) empfohlen. 

Chinin-Zusatz soll nach Cnrıster (1) eine gärkräftige Hefe liefern. 
Das Chinolin soll nach J. Dosar# (1) schon in geringer Menge die 

so Entwicklung von Bakterien hindern. Die Milchsäuregärung wird bereits 
in einer 0,2-proz. Chinolinlösung unterdrückt, dagegen soll das Chinolin 
segen Hefenzellen auffallend unwirksam sein, die 5-proz. Lösung soll 
die alkoholische Gärung noch nicht im geringsten hemmen. 


— 305 — 


Harze des Handels, Harzsäuren oder Lösungen dieser Stoffe ver- 
wendet P. Errroxt (9) als Zusatz zur Maische und es soll sich dieses 
Verfahren namentlich in Melassenbrennereien (s. S. 283) sehr gut be- 
währt haben. 

Wismutsalze wurden von U. Gayox und G. Dvrrriır (1) mit 
Erfolg in den Brennereien von LEurEnt bei Bordeaux und von AxprRE 
BERNARD ET TırLLoy in ÜCourrieres angewandt. 

Der Hopfen wird schon seit Jahrhunderten als Zusatz zum Hefen- 
gut angewandt. Empfohlen werden 120 g auf 100 1 Maische. Vergl. 
dazu 8. 102. 

Ein Verfahren, welches die Milchsäure durch eine in der Hefen- 
maische durch Einwirkung alkalischer Substanzen auf einen Teil des 
vorhandenen Zuckers gebildete organische Säure zu ersetzen trachtet, 
ist R. G£puLD (1) patentiert worden. 

Ein „Verfahren zur Herstellung von Kunsthefe mittelst Milchsäure 
und flüchtiger Säuren der Fettsäurereihe ohne Pilzsäuerung“ ist dem 
„Vereine der Spiritusfabrikanten in Deutschland“ unter D. R. P. 127355 
vom 16. Februar 1900 ab patentiert worden. Es gründet sich auf die 
schon auf S. 292 angeführte Beobachtung des Berliner Institutes für 
Gärungsgewerbe, dab eine bis zu 30 Proz. aber nicht unter 5 Proz. 
Buttersäure (welche nach einem Zusatz-Patente auch durch Einimpfen 
der Gärerreger erzeugt werden kann) enthaltende Milchsäure als direkter 
Zusatz statt der Säuerung mit Nutzen zur Kunsthefenbereitung ver- 
wendet werden kann. 


Auch die Anwendung des elektrischen Stromes (vergl. Bd. I: 


S.458) wurde zur Verhinderung der Spaltpilzentwicklung statt der Säuerung 
empfohlen, zunächst von M&£rırtexs (1) und dann von Morver (1). Nach 
letzterem sollen Ströme von einer Stärke bis zu 5 Ampere bei einer 
Einwirkungsdauer von 15—45 Minuten die Arten von Saccharomyces 
cerevisiae günstig beeinflussen; die sie verunreinigenden Spaltpilze sollen 
dabei getötet werden. 

Eine besondere Aufmerksamkeit erregten in den letzten ‚Jahren in 
Brennereikreisen drei patentierte Verfahren, welche bei vollständigem 
Wegfall der Säuerung und Ersatz der Milchsäure durch Schwefelsäure 


zum Teile noch andere Vorteile bieten. Es sind dies die nach den Er- 3: 


findern benannten Kunsthefen-Verfahren von M. Bücherer, von Emm 
Bauer und von WERNER Kurs. 

Das Verfahren von BÜcHEreEr (3) ist dadurch charakterisiert, dab 
bei demselben durch einen in ganz bestimmten (durch die Methylviolett- 
bezw. Methylorange-Reaktion erkennbaren) Grenzen sich bewegenden Zu- 
satz von Schwefelsäure oder Phosphorsäure die Zerlegung der organisch- 
sauren Salze des Hefengutes derart angestrebt wird, dab sich niemals 
freie Mineralsäure in der Hefenmaische befinde. 


Die Verfahren von E. Baver und W. Kurs beruhen ebenfalls auf 
einer Ansäuerung des Hefengutes mittelst Schwefelsäure; aber das« 


Wesentliche derselben ist der Zusatz eines besonderen, geeieneten, aus 
Bierhefe dargestellten Nährpräparates, wodurch die Hefe physiologisch 
derart beeinflußt wird, daß sie eine intensivere und ausgiebigere Gär- 
tätiekeit entfaltet, und die Säuerung deshalb unnötie wird. Der Nähr- 


stoffgehalt des Nährpräparates ermöglicht es ferner, dab bei der Be-» 


reitung der Hefenmaische mit dem Malze gespart werden, beziehungs- 
weise der Malzzusatz ganz wegfallen kann. 
Das Kunsthefenverfahren von Kmın Bauer (1) ist auf die Ver- 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. Bd, V, zu 


Qi 


10 


20 


30 


= 
€ 


> 


VO 


— 306 — 


wendung eines aus Bierhefe durch Selbstverdauung gewonnenen, von den 
Hopfenbestandteilen nicht befreiten Nährmittels gegründet, welches der 
verzuckerten und mit Mineralsäure (Schwefelsäure, Salzsäure, Phosphor- 
säure) angesäuerten Maische zugesetzt wird, worauf dieselbe durch 

; Hitze sterilisiert, gekühlt und wie gewöhnlich mit Mutterhefe oder Rein- 
hete vergoren wird. Die durch Proteolyse (s. 20. Kap. d. IV. Bds.) aus der 
Bierhefe gewonnenen stickstoffhaltigen Nährkörper beeinflussen die Gär- 
tätigkeit der Hefe doppelt so stark wie diejenigen des Hefendekoktes. 
Nach Laboratoriumsversuchen von Baxprowskı (1) kann der BavEr- 

‚sche Hefenextrakt die Malzzugabe vertreten, wenn die Hefenmaische 
genügend konzentriert ist. 

W. Kuves (1) verwandelt die Bierhefe in ein trockenes, pulver- 
förmiges Nährpräparat und proteolysiert den Zellinhalt der Hefe auf 
rein chemischem Wege durch Zusatz von saueren Phosphaten, ins- 

ıs besondere Doppelsuperphosphat. Dieses Pulver ist unbegrenzt haltbar, 
wird zur Verwendung mit heißem Wasser verrührt und sodann dem als 
Hefenmaische bestimmten, mit Schwefelsäure angesäuerten Anteil der 
Hauptmaische zugesetzt, worauf gekühlt und wie üblich mit Mutterhefe 
oder Reinhefe angestellt wird. Ich hatte Gelegenheit, dieses Verfahren 

s»in der (meiner Oberleitung anvertrauten) Kartoffelbrennerei zu Grob- 
Popowitz in Böhmen zu kontrollieren und hatte daselbst eine Ausbeute 
von 63 Literprozent Alkohol pro 1 kg verarbeiteter Stärke sichergestellt, 
eine Ausbeute, die bei dem Milchsäureverfahren dortselbst niemals er- 
reicht worden ist. 

25 Es mag hier schließlich noch bemerkt werden, dab der Malzkeim- 
extrakt in einer ähnlichen Weise wie bei den vorangeführten Ver- 
fahren schon im Jahre 1880 zur Hefenbereitung verwendet worden ist. 
Der Malzkeimextrakt nach MArQuArpT (bei 85° U im Vacuum eingedickt) 
soll nämlich nach Graf HEGNENBERG (1), in einer Menge von 5—7 Proz. 

so der abgekühlten, süßen, mit Salzsäure angesäuerten Maische zugesetzt, 
die Milchsäuregärung völlig ersetzen. 


Literatur 
zum Kapitel Säuerung des Hefengutes der Brennereien etc. 


* Alliot, H., (1) Comptes rend. de l’Ac., 1902, Bd. 135, S. 45. *Bahr, H., (1) Z. 
f. Spiritusindustrie, 1897, S. 335. *Balling, C. J. N., (1) Gärungschemie, 1845, S. 54 
u. 55. *Bandrowski, von, (1) Zeitschr. f. d. landwirtsch. Versuchswesen in 
Oesterr., 1904; Z. f. Spiritusindustrie, 1904, S. 309. *Bauer, Emil. (1) D.R.P. 
130072; Z. f. Spiritusindustrie, 1901, S. 308; 1902, S. 368; 1903, S. 25. *Beije- 
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Manuskript- Einlauf: 
29, Jan, 196 


12. Kapitel. 
Betriebsstörungen und Betriebskontrolle. 
Von 


Prof. Dr. Pau Linpsxenr. 


$ 77. Häufigere Betriebsfehler und ihre Nachweisung. 


Die Betriebsstörungen, soweit sie mykologischer Natur sind, brauchen 
nicht lediglich Infektionen zur Ursache zu haben. Auch die Kulturhefe 
oder der Kulturmilchsäurebazillus können versagen, sofern das ganze 
Betriebsklima ihnen nicht zusagt, unter welch letzterem Ausdrucke wir 
nicht nur die Zusammensetzung der Maische und Würze sondern auch 


20* 


— 308 — 


deren Konzentration, Temperaturverhältnisse, Gegenwart von gärungs- 
hemmenden oder fördernden Stoffen u. del. begreifen. Die Betriebs- 
kontrolle umfaßt infolgedessen nicht bloß die jeweilige Feststellung des 
Infektionsgrades sondern auch die genauere Ermittlung des physiologi- 
;sschen Zustandes des Kulturmikroben und weiterhin der Bedingungen, 
durch welche letzterer, sofern er als krankhaft zu bezeichnen ist, wieder 
in den normalen Zustand gebracht werden kann. 
In der Brennerei soll zur Erzielung höchster Ausbeuten nicht nur 
der Endvergärungsgrad angestrebt werden — Vergärung des vorhan- 
ıo denen Zuckers — sondern es soll auch noch während der Gärung neuer 
Zucker mit Hilfe erhalten gebliebener Malzdiastase gebildet werden, 
und zwar aus den beim Maischprozeß entstandenen Dextrinen. Ob in 
der Maische noch Diastase vorhanden ist, schließt man aus der Blau- 
färbung der Maischeprobe nach Zugabe von alkoholischer Guajakharz- 
»slösung und Wasserstoffsuperoxyd. Diese Reaktion wird in den letzten 
Jahren bei Betriebsrevisionen gern zu Hilfe genommen, da sie innerhalb. 
weniger Minuten eine orientierende, wenn auch nicht immer völlig ein- 
wandsfreie Auskunft gibt, da auch andere Enzyme, wie die Glucase, in 
gleicher Weise reagieren. Zuverlässiger, wenngleich einige Tage bean- 
»ospruchend. dürfte die Anwendung der Wıssman’schen Stärkeeelatine- 
platte (s. S. 160) sein, die man mit Maischetropfen betupft und dann 
unter einer Glasschale in einer Chloroformatmosphäre hält. Die Diastase 
diffundiert in die trübe Gelatine und erzeugt durch Verzuckerung der 
Stärke durchsichtige kreisförmige Felder, die bei Behandlung mit ‚Jod- 
»jodkaliumlösung im Unterschied zur trüben Gelatine keine Blaufärbung 
mehr geben. Ein weiterer Nachweis der Diastase würde durch 
die Zuckerbildung in Stärkekleister, dem etwas von der zu unter- 
suchenden Maische zugesetzt ist, zu erbringen sein. Stellt sich ein 
Diastasemangel in der "Maische heraus, so liegt der Fehler entweder im 
30 Malz selbst oder im Maischprozeb. Der Nachweis einer genügend ver- 
zuckernden Kraft des angewandten Malzes, sei es Grünmalz, das ja in 
der Kartoffelbrennerei vorwierend gebraucht wird, oder Darrmalz, wird 
vorerst zu erbringen sein. Wie bereits auf S. 359 bemerkt worden ist, 
sind die mittelgroßen, stickstoffreichen Gersten am geeignetsten zur 
3 Herstellung von Brennereimalz. Es sei noch erwähnt, dab zufolge 
Errkont (1) ein bei 15° C gekeimtes Malz das Maximum der diastati- 
schen Kraft nach 10—11 Tagen erreicht; später sinkt dieselbe wieder. 
Ein Malz, welches schon in der Weiche erstickt ist oder auf der Tenne 
sich überhitzt hat. oder welches zu hoch abzedarrt ist, kann unmöglich 
bei dem Verzuckerungsprozeß genügen und für die Gärung vorhalten. 
War es überdies sehr keimbeladen. so droht noch die Gefahr einer 
falschen Säurung in der Maische. Der Brenner soll hoch genug ab- 
maischen, um möglichst viel Bakterienkeime zu töten; er soll aber auch 
die Diastase des Malzes möglichst schonen, und dies kann er nur bei 
ssder Wahl einer niedrigeren Abmaisc htemperatur. So pendelt er zwischen 
zwei Gefahren, und er muß eben ausprobieren, welche von beiden ihm 
den geringeren Schaden bringt. Es möge hier auf einen diesbezüglichen 
Aufsatz von Deusrück (1) hingewiesen werden. 
Ist beim Maischprozeß das Malz zum größten Teil verbrüht worden, 
;0so daß die noch wirksame Diastase die vollständige Verzuckerung der 
Maische nicht mehr besorgen kann, dann stellen sich natürlich schlechte 
Gärungserscheinungen und. niedrire Ausbeuten an Alkohol ein. Ist gar 
noch Stärkekleister durch Jod nachweisbar, dann hat die Hefe kaum 


— 309 — 


die Kraft, eine ordentliche Bewegung in die Masse zu bringen, und 
schädliche Bakterien können mit ihr in Konkurrenz treten. Zugabe 
von Malz oder Malzauszug ist hier das einzige Mittel, welches noch 
helfen kann. 

Mitunter ist beim Aufschließen der stärkehaltigen Rohmaterialien 
durch zu langes Dämpfen oder bei zu hohem Druck der Grund zu einer 
schlechten Gärung gelegt, indem hierbei Veränderungen der Eiweiß- 
stoffe (vergl. Bd. IV, S. 103) eintreten. welche die Hefenernährung un- 
günstig beeinflussen. Braungefärbte Maischen deuten auf zu hohe Tem- 
peraturen beim Dämpfen und auf zu lange Dauer desselben hin. Man 
hat sich zu dem Dämpfen bei sehr hohem Druck dadurch verführen 
lassen, daß man einen höheren Extrakt in den Maischen fand. So hat 
man z. B. behauptet, dab Mais, bei 4 at längere Zeit gedämpft, mehr 
Zucker geliefert hätte. Nach Forn (1) ist dieser Zuwachs von Extrakt 


aber nicht Zucker, sondern eine unvergärbare Substanz. Besonders un- ı5 


zweckmäbig ist zu hohes Dämpfen bei unreifen oder gefrorenen, zucker- 
halticen Kartoffeln, weil in diesem Fall der Zucker caramelisiert wird. 
was nicht nur einen Verlust an Alkohol, sondern auch eine Schädigung 
der Hefe (vergl. Bd. IV, S. 135—139) bedingt. 

Wir wollen jetzt einmal annehmen, die Verzuckerung der Maische 
wäre tadellos verlaufen, Diastase wäre noch genug vorhanden und 
schädliche Substanzen fehlten. Worauf können trotz alledem eintretende 
mangelhafte Gärungen sich gründen? Hier kann zunächst an eine nicht 
genügend kräftige Hefe gedacht werden. 

Solange man noch keinen Bezug von Reinhefe kannte, war die über- 
sommerte Hefe (s. S. 101) in der Regel nicht den Ansprüchen gewachsen. 
die man sofort an sie am Beginn der Kampagne stellte. Auch die häufig 
von Kaufleuten oder Bäckern bezogene Bäckerhefe schlug oft nicht gut 
ein. Lispxer (1) fand in einem den Sommer über in einem Brunnen 
‚ aufbewahrten Hefengut neben Milchsäurestäbchen und Pediokokken fast 
nur noch Zellen einer kleinen Hefe vom Typus des Sacch. exigwus lebend 
vor. Daß man mit der Nachzucht einer solchen Aussaat keine normalen 
Gärungen zu erzielen vermöchte, ist vorauszusehen. Hier hätte man 
also gleich von vornherein Mißerfolge zu gewärtigen. Ob die mit dem 


Grünmalz eingeführten Hefen (s. S. 260) infolge Entwicklung von Frucht-s: 


äthern eine schädliche Rolle spielen, ist noch nicht näher ver folet. Es 


ist bereits auf S. 263 darauf hingewiesen worden, daß namentlich auf 


gequetschtem Grünmalz, das sich stark erhitzt hat, Fruchtätherhefen 
sich enorm vermehren können. Daß solche Selbsterhitzung des «e- 
quetschten Malzes auf seine peptischen und Verzuckerungs-Enzyme nicht 
günstig einwirken dürfte, ist als sicher anzunehmen. Bei dieser Ge- 
legenheit sei auch darauf hingewiesen, daß auch Darrmalz, sofern es 
beim Schroten zu stark sich “erhitzt, minderwertie wird. Die regeel- 
mäßige Kontrolle der Malzquetschen und Schrotmühlen ist eine wichtige 
Sache. Grünmalz wird zweckmäßig wiederholt gequetscht, bis es fast 
teigartie und gleichmäßig zerkleinert ist. Ein Verlust an Diastase 
kommt auch oft dadurch zustande, daß man die Maischenentschaler zu 
frühzeitig in Tätiekeit setzt und dadurch eine Menge Malz, namentlich 
sofern dies nicht fein genug geschroten war, dem Verzuckerungsprozeß 


entzieht. Der Entschaler soll erst am Ende des Kühlens der Maische s 


in Tätigkeit kommen. Malzschrot darf nicht zu warm aus der Mühle 
kommen und so eingesackt werden. 
Die größte Aufmerksamkeit ist der Kunsthefenbereitune au 


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1 


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233 


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— 310 — 


widmen: denn hier liegt die Quelle des Guten oder des Bösen. Mit 
einer Reinkultur des Milchsäurebazillus gesäuerte und mit Reinhefe an- 
eestellte Maische sichert am ehesten eine gute Gärung der Hauptmaische. 
Pırow (1) berichtet, dab vereinzelt die sauere Hefenmaische erst auf 
581° C erhitzt wurde, ehe ein Teil davon zum Ansäuern der nächsten 
Hefenmaische abgenommen wurde. Hier sind natürlich alle Milchsäure- 
bakterien getötet, und was sich dann in der neuen Hefenmaische 
entwickelt, hängt ganz vom Zufall ab. Das Ansäuern der Hefen- 
maische geschieht am besten erst zwei Stunden nach der Verzuckerung 
wmit 1—2 Litern des unaufgekochten saueren Hefengutes oder mit 
frisch bezogener Reinkultur des Milchsäurebazillu. Wichtig ist das 
Ausbrühen der Hefengefäße vor dem Bemaischen derselben; geschieht 
dies nicht. oder wird auch kein Desinfektionsmittel angewendet, dann 
bildet sich selten eine schöne feste Decke, diese wird vielmehr an den 
ı: verschiedensten Stellen durch wilde Gärung durchbrochen. 

Nach Mitteilungen von Lixpner (2) hat sich auf diese Weise in 
Preßhefenfabriken nach dem alten Verfahren häufiger eine geringe Halt- 
barkeit der Hete ergeben. Die Verhältnisse wurden durch Führung der 
Kunsthefe in ausgebrühten Gefäßen und durch Säuernlassen der Haupt- 

»»maische während 6--9 Stunden ganz bedeutend verbessert. In einer 
bereits gesäuerten Maische können wilde Bakteriengärungen nicht so 
leicht aufkommen wie in süben Maischen. HENNEBERG (1) ist es z. B. 
nicht gelungen, eine bereits sauer gewordene Hefenmaische mit wilden 
Milchsäurebakterien zu infizieren. Wie der Nachweis zu führen ist, ob 

sin einer Hefenmaische oder in der Hauptmaische wilde Mikroben vor- 
handen sind, ergibt sich aus den Arbeiten von HENNEBERG. Er benützt 
entweder die Tröpfchenkultur (s. S. 171) oder die Anreicherungsmethode 
oder die Plattenkultur in Maischeagar. Die zweite Methode läßt bereits 
geringe, für die Praxis nicht mehr nachteilig wirkende Spuren wilder 

30 Mikroben erkennen, insbesondere dann, wenn am Ende der Anreicherung 
die Tröpfehenkultur zur Charakterisierung der Mikroben mit heran- 
eezoeen wird. Für den Praktiker ist die dritte Methode wegen der 
dafür erforderlichen besonderen Nährböden im allgemeinen zu umständ- 
lich; es bleibt somit für ihn zunächst, weil leicht ausführbar und ge- 

ssnügend scharf, die erste Methode empfehlenswert. 

Bei der biologischen Analyse der wilden Gärungen oder der in den 
Holzwandungen (s. S. 157) u. derg]l. sitzenden Vegetationen ist die Frage 
von besonderem Interesse, ob und welche der Mikroben Säurebildner 
sind. Hier leistet Bkiseriıser’s (1) Kreidegelatine- bezw. Agarplatte 

wgute Dienste, bei anaeroben Formen seine Mycodermakammer. Rings 
um solche Kolonien, welche Säurebildner enthalten, entsteht infolge 
Bildung löslicher Kalksalze ein durchsichtiges Diffusionsfeld. Bei Essig- 
säurebakterien kann dieses durch den Einfluß benachbarter Kolonien 
von gärungsfähigen Hefen und die dadurch bedingte Zufuhr von Alkohol 

ı; beträchtliche Dimensionen annehmen. Auch durch Verdunstenlassen von 
Alkohol in dem Kulturgefäß wird dieselbe Wirkung erzielte Um in 
Plattenkulturen die echten „aktiven“ Milchsäurebakterien schnell aus- 
findige zu machen, benützt BEIERINcK (2) Wasserstoffsuperoxyd (s. S. 298). 
Es genügt, einen Tropfen davon einer abgehobenen Kolonie zuzusetzen, 

soum zu entscheiden, ob dasselbe zersetzt wird oder nicht. Merkwürdiger- 
weise lassen die „aktiven“ Milchsäurebakterien im Gegensatz zu den 
anderen Mikroben Wasserstoffsuperoxyd intakt. 

Ein besonderes Augenmerk ist bei Anwendung der Plattenkultur aufdie 


— 311 — 


von Kolonien schleimbildender Arten zu richten: nament- 

für Melassenbrennereien, die hin und wieder unter Schleimgärungen 

den Leuconostoe mesenterioides zu leiden haben. ist dieser Punkt bei 
er Untersuchung der angzelieferten Melassen wichtig. Ob hin und wieder 

bei der so gefürchteten Schaumgärung der Brennereien schleimbildende 3 

Stäbehenbakterien eine Rolle spielen (vergl. S. 314). ist noch genauer zu 

_ erforschen. Inwieweit die Kulturmethode im sogen. Vaselineinschluß- 

 präparat hier Dienste leisten kann, ist ebenda angedeutet. Diese 

Methode sowie die Adhäsionskultur (s. S. 171) gestatten die fortgesetzte 

Beobachtung der Entwicklung der schleimbildenden Vegetationen, ins- ıe 
besondere auch die Feststellung. ob die Schleimbildung nur eine vorüber- 
gehende Phase der Entwicklung darstellt. Bei Säurebildnern zerstört 
die gesteirerte Säuremenge den Schleim unter Umständen wieder. Wir 

haben sowohl schleimbildende Pediokokken (P. riscosus Linpxer) als 

- schleimbildende Stäbchenbakterien (Bar. riscosus H. va Laer) kennen ıs 

gelernt; bei beiden kann die schleimig gewordene Flüssirkeit nachträg- 

- Jich wieder leichtflüssig werden. 

Bezüglich des Auftretens gallertiger Massen in Melassenbrennereien 
(vergl. S. 284) möge eine briefliche Mitteilung von Poruitzer Er- 

_ wähnunege finden: „Die von den Zuckerfabriken gelieferte Melasse ent-» 
hielt durchschnittlich 50 Proz. Zucker bei 42° Be. Nach einer Lagerung 
von ca. 6 Monaten wurde dieselbe verarbeitet. Dabei wurde die über- 

— raschende Wahrnehmung gemacht. daß die Melasse nur ca. 46 Proz. 

Zucker bei 42° B& hatte. Die aus dieser Melasse erzeugten Süßmaischen 

schieden kolossale Mengen Gallerte aus, so daß das Ablaufrohr oft ver-s 

stopft und der Boden des Gefäßes ziemlich hoch bedeckt war. In 40 hl 

Maische von 16° Balling fand sich eine Menge von 170 1 Gallerte, in 

40 hi von 21° Balling eine solche von 250 L- Eine Verhütung einer 

solchen Epidemie kann wohl nur durch genügende Sterilisation der 

Melasse vor der Verdünnung (vergl. S. 281) und durch gründliches» 

Desinfizieren sämtlicher Gefäße und Bottiche erzielt werden. Auch das 

Wasser muß auf Zeuconastoc u. dergl. untersucht werden. Nach Baus (1) 

werden ähnliche Gallertbildungen in Melasse, wenn auch selten, durch eine 

oder einige Arten stäbchenförmiger Bakterien, z. B. durch Bact. pedi- 

eulatum (s. Bd. I. S.53), hervorgerufen. Schon im Rübensaft sind zahlreiche 3 

schleimbildende Arten vorhanden; Näheres darüber im 24. Kapitel des 

I. Bandes Ueber Schleimbildung durch Dematium vergl. man S. 238. 

In saueren Kartoffel- wie in Melassenmaischen kommen nach 

Bauer (1), wenn auch selten, schleimbildende Diplokokken von außer- 

ordentlicher Durchsichtigkeit und Feinheit vor, deren Schleim die Hefen 

einhüllt und in ihrer Tätigkeit hemmt. Um die eigentlichen Bakterien- 
zellen innerhalb ihres Schleimes zu erkennen, muß man zumeist Färbungen 
ornehmen. 


SS 


Die sogen. Schaumgärung in der Spiritusbrennerei. 


Während bei dem normalen Gange der Gärung in den Bottichen «s 
der Kartoffelbrennereien der auf der Oberfläche der gärenden Maische 
liegende Schaum in demselben Maße in seinen oberen Schichten wieder 

t, als von unten her neue Gasblasen nachschieben, zeigt hingegen 
ein in Schaumgärung stehender Bottich ein anderes Bild; die obersten 
Blasen platzen nicht, die Mächtigkeit der Schaumdecke wächst immer » 


— 312 — 


mehr, der ganze Bottichinhalt scheint in kochender Wallung zu stehen 
und wälzt dicke Schaumfladen, welche in dem Steigraume nicht mehr 
Platz haben, über den Bottichrand hinaus. Dies führt schon an und 
für sich zu Verlusten und wird zudem in solchen Ländern sehr peinlich, 
5 deren Steuervorschriften ein Auffangen der überlaufenden Massen ver- 
bieten. In vielen Fällen vermag man dieses Uebel dadurch entweder 
ganz zu unterdrücken oder doch stark einzudämmen, daß man etwas 
Oel auf den Bottichinhalt gießt, sobald man die Schaumeärung kommen 
sieht. Bei der mikroskopischen Untersuchung in Schaumeär ung befind- 
ılicher Bottichproben findet man in den meisten Fällen außer Hefen und 
Stäbchenbakterien nichts Auffälliges.. Es kann also nur in diesen oder 
in der Zusammensetzung der Maischen die Ursache der Erscheinung zu 
suchen sein. Die praktische Erfahrung weist zunächst darauf hin, daß 
gewisse Kartoffelsorten, und zwar besonders die stärkeärmeren Früh- 
ıs Kartoffeln, eine Neigung für die Schaumgärung schaffen; in solchen 
Maischen kann nicht bloß Rasse II, sondern auch Rasse XII, bei der 
man sonst die geringe Neigung zur Schaumgärung (s. S. 286) besonders 
schätzt, die letztere kräftie erzeugen. Dab jedoch nicht der Stärke- 
gehalt als solcher ausschlaggebend ist, beweist eine Angabe von 
> WITTELSHÖFER, nach der gelegentlich auch bei außergewöhnlich stärke- 
mehlreichen Kartoffeln Schaumgärung beobachtet worden ist. 

Beim Maischprozeß richtet man sich nach der Jodprobe, in der An- 
nahme, daß mit dem Verschwinden der Blaufärbung alle Stärke in 
Zucker oder Achroodextrine übergeführt ist. Wir wissen aber, daß 

»eben verzuckerte Maische mit Jod und Schwefelsäure noch eine Zeitlang 
das Stärkegerüst, die Stärkecellulose NÄGeEnı’s, zum Vorschein kommen 
läßt. In der Maischflüssigkeit unmittelbar nach der Verzuckerung sind 
also schleimige Flocken hoch vorhanden. Nach BEIJERINCK geht aus 
dieser NÄgzui'schen Stärkecellulose Dextrin und Glucose hervor, und es 

30soll bei deren Umwandlung das Enzym Glucase hauptsächlich tätig sein. 
Man kann sich nun vorstellen, daß solche kolloidalen Substanzen wohl 
der aufsteigenden Kohlensäure den Wee mehr oder weniger versperren. 
Bei kräftie wirkenden Maischapparaten hat man in der Regel auch eine 
stärkere Neigung der betreffenden Maischen zur Schaumbildung bemerkt. 
35Es ist nicht unwahrscheinlich , dab bei kräftiger mechanischer Maisch- 
wirkung eine Menge Kartoffelzellen, die noch unversehrt sind und in 
denen noch das Stärkecellulose- Gerüst prall die Zelle ausfüllt, zer- 
trümmert werden und so letzteres in die Flüssigkeit gelangt. An der 
Lösung desselben beguler sich vielleicht neben der Glucase auch die 
wUytase (s. Bd. I, S. 256). Auffällig ist die die Schaumgärung hemmende 
Wirkung des Zumaischens von Hafermalz oder des Zubrennens von 
Mais. Beide enthalten reichlich Glucase; ersteres auch noch Cytase. 
Auf die Zerstörung des Stärkeskelettes wirkt auch langes Dämpfen bei 
hohem Druck und das Einhalten einer hohen Maischtemperatur ein. 
4Da die Schaumgärungsmaischen schließlich fast durchweg eine tadellose 
Vergärung ergeben, wird man annehmen müssen, daß bei ihnen die 
Glucase erst allmählich die Dextrine umwandelt. Die von Hesse emp- 
fohlene nachträgliche Zugabe von Malz beim Kühlen der zur Schaum- 
gärung neigenden Maisc hen würde insofern günstig wirken, als Oytase 
sound Glucase noch wenig geschwächt sind und so frühzeitig die Zer- 
störung der Stärkecellulose herbeiführen können. Besonders spät 
kommen kleine Stärkekörner zum Quellen und zur Auflösung; bei ihnen 
scheint die Stärkecellulose besonders reichlich vertreten zu sein, und 


— 33 — 


Maischen aus Kartoffeln, die sehr reich an kleinen Stärkekörnchen sind. 
was auch bei stärkereichen Sorten der Fall sein kann, bedürfen jeden- 
falls besonders der Einwirkung jener Enzyme, welche die Maische dünn- 
flüssig machen. 


Die Glucase ist nur in geringem Maße löslich: ihr Bildungsherd ; 


im Malz liegt in der Aleuronschicht und in dem Schildchen. Auch die 
Hefenglucase. welche für die Zymase die Maltose erst in Glucose zer- 
legt (s. 19. Kap. d. IV. Bd.), ist ebenfalls wenig löslich. Man kann sich 
jedoch vorstellen, daß die eine Hefenrasse mehr Glucase nach außen 
abgibt als die andere und daß demnach ihre Wirkung auf die Maisch- 
flüssiekeit eine verschiedene ist. Man kann sich ferner vorstellen, dab 
in einer Schaumgärungsmaische durch kolloidale Stoffe die Kohlensäure 
lange Zeit zurückgehalten wird und dab dann, wenn die Flüssigkeit 
bereits damit übersättigt ist und die Lösung der ersteren durch ihre 
zugehörigen Enzyme erfolgt, die Kohlensäure plötzlich entbunden wird. 
Vielleicht gibt es auch eine Schaumgärung, bei der Albumosen und 
Peptasen in Frage kommen. R. Kusserow (1) empfiehlt das Ablassen 
des Fruchtwassers aus dem Henze-Dämpfer. weil dasselbe an Amiden 
und Peptonen reich sei und infolgedessen die Schaumgärung begünstige 
{vergl. Bd. IV, S. 103). Die Zugabe von gequetschtem Grünmalz beim 
Abkühlen der Maische wird auch für die Peptonisierung der Albumosen 
sehr wirksam sein und die Maischen dünnflüssiger machen. 

Nach den angedeuteten Gesichtspunkten ist die Schaumgärungsfrage 
jedoch erst noch gründlicher zu durchforschen. Die bisher einge- 


schlagenen Wege haben zwar meist praktische Erfolge, aber keine: 


völlig ausreichende wissenschaftliche Erklärung gebracht. Man vergl. 
auch M. BÜcHELER (1). 

DeErsrück (2) hat im Jahre 1895 auf Grund verschiedener Ueber- 
legungen, welche vom physiologischen Zustand der Hefen den Aus- 


Be 


20 


Iv 


gangspunkt nehmen, ein Preisausschreiben veranlaßt, das die Praktiker 


zu einer eingehenderen Beschäftigung mit der Schaumgärungsfrage an- 
regen sollte. Er unterschied zwischen „geiler“ und „träger“ Hefe, je 
nachdem dieselbe mehr oder weniger sproßlustig war. Den ersteren 
Zustand herbeizuführen, gelingt z. B. durch Lüftung der Hefenmaische, 


durch höhere Temperatur, stärkere Bewegung usw. Den trägen Zu-s 


stand leitet eine höhere Konzentration, die auch die Bewegung hemmt, 
und ein höherer Alkoholgehalt ein. 

Die Frage stellte sich für die Praxis also: Ist der Vergärungsgrad und 
die Konzentration der Anstellhefe auf die Entstehung der Schaumgärung 
von Einfluß? Auf Grund der Nachprüfung der eingegangenen Berichte 
durch HEınzEeumann mußte in der Tat diese Frage bejaht werden. 

Um eine zu lebhafte Sproßtätigkeit der Hefe hintanzuhalten, schlägt 
Brennereiverwalter H&ss&£ vor, nur mit der einen Hälfte des Malzes die 
Verzuckerung der Maische zu bewirken und die andere Hälfte erst naclı 
erfoletem Abkühlen und nach Zusatz der Kunsthefe zuzugeben; man 
vergleiche darüber den Bericht von Deusrkück (3). Die damit erreichten 
Erfolge werden nach G. Hkınzenmann (1) fast ausnahmslos als be- 
friedigend bezeichnet. Nähere Angaben über die Schaumgeärungsfrage 
findet man bei Markorer-Densrück (1). 


Ob eine Verschleimung der Zellhäute der Hefe (s. Bd. IV, 8. 43 u. f.)» 


bei der Schaumgärung eine Rolle spielt, ist noch ungewiß. Hefen aus 
konzentrierteren Maischen mit höherem Alkoholgehalt dürften weniger 
verschleimte Zellwände haben als solche aus dünneren, alkoholärmeren 


I) 


— 314 — 


Maischen und infolgedessen auch weniger leicht durch die Schleim- 
flocken festgehalten werden. Daß die Zellwand der Hefen bald stark 
und bald weniger stark verschleimt ist, hat Lixpxer (4) an der Toruda 
pulcherrima, sowie an der Orangehefe aus armenischem Mazun erfahren. 
>sDer schleimige Hof der letzteren Hefe wird jedoch anscheinend sehr 
bald wieder von den neu sich bildenden Zellen aufgezehrt. Auch bei 
Bakterien ist dieser Wechsel in der Beschaffenheit der Zellwand nicht 
ungewöhnlich; vergl. die Angaben auf S. 311. 
Sobald eine Maische plötzlich in Schaumgärung gerät, hilft weiter 
wnichts als Zugabe von Petroleum, Fetten und Oelen. Interessant ist 
ein Bericht des Brennereiverwalters Honmann (1). Er beobachtete die 
stürmische Angärung besonders oft bei der Kartoftelsorte „Magnum 
bonum“, seltener bei „Maercker“, gar nicht bei „Woltmann“. Zu ihrer 
Beseitigung versuchte er es mit dem Dämpfen der Kartoffeln bei höherem 
und niedrigerem Druck, dem Maischen mit höherer oder niederer Maisch- 
temperatur. mit verschiedener Malzzugabe und in verschiedenen Mengen, 
mit reinem Gerstenmalz und Gersthafermalz, ebenso mit weit- und 
sehwach vergorener Kunsthefe (2,5—10" Balling), auch mit verschiedenen 
Hefenrassen, aber alle Benäinmaen waren olne Erfolg. Die ersten 
»» Bottiche waren wohl etwas ruhiger, aber die späteren zeigten wieder 
dieselbe unliebsame Erscheinung. Nach vielem Probieren kam er darauf, 
dem Maischwasser ',—!, Liter Maschinenöl zuzusetzen; sobald etwas 
Grünmalz mit demselben durchgeschlagen war. wurde in gewöhnlicher 
Weise gemaischt. Die Maischen goren so ruhig wie nie zuvor und ver- 
»; hielten sich während der ganzen Gärung normal. 

Ernst Braver beobachtete Schaumgärung in Maischen von im 
Keller oder in den Mieten warm gewordenen Kartoffeln. Nichts halt, 
ausgenommen Malz von schwerem Hafer: er hält letzteres für das erfolg- 
reichste Bekämpfungsmittel. Zufolge Kusserow (2) zeigt sich in Dick- 

>» maischbrennereien auch eine Art Schaumgärunge und zwar gewöhnlich 
dann, wenn das Maischmaterial auf dem Lagerboden Wasser angezogen 
hat und dumpf und muffig geworden ist, oder wenn kurz gewachsenes, 
warm geführtes und im Innern hartes Malz verwendet wird. Nament- 
lich im Sommer, wo die Herstellung gesunden Malzes Schwierigkeiten 

macht, sind Klagen über Schaumeärune häufig. Als Notbehelf empfiehlt 
er das Zumaischen von 5—10 Proz. Haferschrot, ferner eine möglichst 
kurze Verzuckerungszeit oder Zugabe von frisch gequetschtem Malz 
oder von Malzschrot während des Herunterkühlens der Maischen. 

Auch in der Preßhefenfabrikation spukt die Schaumgärung. Das 

0 Uebergehen des Hefenschaumes in Fabriken nach dem Abschöpfverfahren 
tritt nach Durst (1) entweder bei schlechter Verzuckerung oder bei 
einem zu hohen Säuregehalt der Maische oder bei Verwendung einer 
unreifen Hefe ein. In ersterem Falle zeigt der Bottich zunächst eine 
geringe Erwärmung und Vergärung. Sobald aber das Steigen des 

ı; Hefenschaumes beginnt, verläuft dasselbe in rapider Weise; der Bottich 
wird zusehends voller und voller, und nach 10—12 Stunden, vom An- 
stellen an gerechnet, geht er über, was bis zum Reifen des Schaums 
anhält. Die Hefe kommt hierbei aber nicht gut zur Ausbildung und 
zeigt wenig Triebkraft. Auch bei zu hohem Säuregehalt tritt nach 

;oeiner verzögerten Angärung in der durch jene dünnflüssig gewordenen 
Maische kurz vor der Reife der Hefe eine rapide Schaumentwicklung 
auf. Auch hier entsteht öfters ein lockerer, leicht übergehender Schaum 
mit viel unreifen Zellen. 


— 31 — 
S 79. Die Flockenbildung in der Preßhefen-Fabrikation. 


Von dem alten (Wiener) Verfahren der Gewinnung von Preßhefe, 
welches nach seiner Hauptphase, nämlich dem Abschöpfen der durch 
Auftrieb an die Oberfläche der gärenden Maische gelangten Hefenernte, 
auch als Abschöpfverfahren bezeichnet wird, unters cheidet sich 
das zweite und jüngere Verfahren, das ist das Lüftungs- oder 
Würzeverfahren, dadurch, dab bei diesem letzteren nicht, wie bei 
jenem ersteren, eine dicke Maische sondern eine lautere Würze ver- 
wendet wird, in welche nach geschehenem Anstellen mit der zu ver- 
mehrenden Hefe dann kräftig Luft eingeblasen und dadurch die Ver- ıo 
mehrung der Zellen stark angeregt, beschleunigt und erhöht wird; vergl. 
S. 267. Nach beendigter Gärung läßt man den Inhalt des Gärgefäßes, 
nach zuvor erfolgter Abkühlung, auf große flache Klärpfannen („Klär- 
schifte“) laufen, wo nun die Hefenernte sich absetzt und dann, nachdem 
man die darüberstehende vergorene Flüssigkeit abgezogen und demıs 
Destillationsapparate zugeführt hat, mit Wasser gewaschen und schlieb- 
lich in Filterpressen getrieben und da in den versandtfähigen Zustand 
gebracht wird. Die Absetzung der Hefenernte auf den Klärschiffen und 
also ihre Abtrennung von der Flüssigkeit erleidet nun ab und zu eine 
empfindliche Störung durch die als Flockenbildung bezeichnete Er- » 
scheinung, welche dadurch gekennzeichnet ist, dab vom Grunde, aus 
der abgesetzten Hefe, immer wieder fleckenartige Zellvereinigungen auf- 
steigen. Stexstein (1) hat in einer Fabrik, die am Wasser gelegen 
war, das Auftreten der Flockenbildung stets dann beobachtet, wenn der 
Wind vom Lande her wehte. Eine ungemein vollkommen eingerichtete s 
Brennerei, die Reinhefe eingeführt hatte und in die Würze nur keimfrei 
gemachte Luft einblies, hatte sich nicht mehr über Flockenbildung zu 
beklagen. Diese Erfahrungen wiesen bereits darauf hin, dab bei der 
Flockenbildung eine Infektion mitspiele. STENGLEIN meinte, dab eine 
Hefe vom Typus des Sacch. apieulatus und eine andere Hefe mit lang-: 
gestreckten Zellen, die er neben S. anomalus, Sareina und Schimmel- 
pilzsporen in flockender Hefe gefunden hatte, die Flockenbildung ver- 
anlaßt hätten, und dab diese Mikroben durch die Luft in den Betrieb 
gekommen sein müßten, indem die gewöhnlichen Luftwaschapparate sie 
nicht zurückgehalten hätten. Bei Verwendung keimfreier Luft lasse sich ss 
die Infektion der Würze vermeiden, aber auch aus der Anstellhefe von 
einer anderen Brennerei könne die Infektion stammen. Lixpxer hat bei 
der Herstellung einer Massenkultur von einer Kahmhefe in «elüfteter 
Würze die Kahmhefe in so kräftigen Flocken erhalten, daß sie sich 
beinahe ohne Schwierigkeit durch Absitzenlassen in konzentrierterer 
Form gewinnen lieb. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß bei Hefe, 
die mit Kahmhefe infiziert ist. eine Flockenbildunge sich einstellt. Den 
Nachweis von Kahmhefe in der Anstellhefe erbringt Hexxesere (2) in 
sehr einfacher Weise durch Einstampfen von Preßhefe in eine Petri- 
schale. Nach wenigen Tagen zeigen sich bei Gegenwart von Kahmhefe 
kleine, an Maulwurfshügel erinnernde Erhebungan von trockenweißem 
Aussehen; vergl. S. 167. 

(senauere Untersuchungen über die Ursache der Flockenbildung 
sind erst in den letzten Jahren erfolgt. Barenpeeenrt (1) machte an 
leicht flockender Lufthefe die Beobachtung, daß an dem Zustandekommen so 
der Flocken stets ein Bakterium beteiligt sei. Dasselbe erzeugte in 
Würze Milchsäure und bildete auf Rohrzucker enthaltender Würze- 


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— 3l6 — 


gelatine einen schleimigen Tropfen, nicht aber bei Gegenwart von 
Dextrose, Lävulose, Maltose, Raffinose und Lactose. Die Vermutung. 
daß es sich um Zeuconostoc mesenterioides handle, hat sich nicht bestätigt, 


denn dieser vermochte weder Hefe zu agg elutinieren noch Schleim aus 


sRohrzucker zu bilden. BArENDRECHT bezeichnet daher seine Bakterien 
vorläufig noch als Leuconostoe agglutinans. Neuerdings machte W. 
HENNEBERG (1) die Angabe, daß er drei verschiedene kleine, stäbchen- 
förmige Milchsäurebakterien isoliert habe, die ebenfalls das Zusammen- 
flocken der Lufthefe veranlassen. Die Zellen jener sind meist so klein, 

dab sie bei flüchtigem Mikroskopieren leicht übersehen werden können. 
zumal in den oft 50-100 Hefenzellen enthaltenden Flocken, die selbst 
bei heftigem Schütteln nicht auseinander gehen. Gießt man eine Würze 
mit einer Reinkultur solcher Spaltpilze in eine Hefenaufschwemmung, 
so werden augenblicklich die Hetenzellen ausgefällt. 

15 Das einfachste Mittel, diese agglutinierenden Bakterien los zu 
werden, ist eine stärkere Säuerung. Bei dem alten Abschöpfverfahren 
ist es nur die verhältnismäßig starke Säuerung der Maische, welche die 
agglutinierenden Bakterien nicht aufkommen läßt. Der vielfach in 
Vorschlag gebrachte Stellhefenwechsel kann oft die Sache noch ver- 

20schlechtern, indem gerade diese agglutinierenden Spaltpilze in ihr noch 
zahlreicher enthalten sein können. Bei Reinhefe ist dies natürlich aus- 
geschlossen, und die Verwendung dieser, sowie der Reinkultur des 
Milchsäurebazillus sichert am besten den Erfolge. Zur Reinerhaltung 
der Reinhefe vor den Flockenerzeugern gilt als Hauptregel: Zusatz von 

» mehr Schwefelsäure zur Maische, oder, wo das Milchsäureverfahren in 
Gebrauch ist, Einhaltung der richtigen Säuerungstemperaturen. Der 
Kulturmilchsäurebazillus gibt schon bei 55° C kein Wachstum, darüber 
hinaus auch keine Säurebildune mehr. Daher: bei 48—50° C säuern 
lassen und erst nach der Säuerung einige Stunden auf 55—59° C auf- 

30 wärmen, falls das zur Eiweißlösung, wie behauptet wird, wirklich er- 
forderlich sein sollte. Wendet man wirkliche Reinkulturen des Kultur- 
milchsäurebazillus an, dann braucht man, um eine falsche Säuerung zu 
vermeiden, nicht über 50° C hinauszugehen; man muß jedoch dafür 
sorgen, dab wirklich alle Teile der Maische diese Temperatur haben 

3sund daß nicht infizierte Holzwandungen die Reinheit gefährden. In- 
teressant ist eine ältere Angabe von DELBRÜCK, nach der Fabriken, die 
mit Kupfer ausgeschlagene Hefengefäße verwendeten, mit unregelmäßiger 
Säure zu kämpfen sehabt hätten, weil die kupfernen Gefäße zu cut 
gereinigt worden seien; die beim Erhitzen in den Holzporen der Holz- 

40 sefäße lebend bleibenden Milchsäurepilze fehlten hier als Säurebildner. 
Bei Anwendung einer Reinkultur des Milchsäurebazillus wäre ein solches 
Hefengefäß zur Reinerhaltung derselben vor Infektion ungleich besser 
als ein blobes Holzgefäß, in dessen Poren neben den wilden Säuerungs- 
bakterien auch die agglutinierenden Mikroben sich leicht festsetzen 

+5 können. 

Die Erscheinung der Flockenbildung der Hefe kann auch durch 
chemische Stoffe erzeugt werden. BarenprecnT hat aufsteigende 
Mengen von Zehntelnormal-Schwefelsäure zu Aufschwemmungen von 
Hefe gebracht und hierbei die Erscheinung der Agglutination bekommen: 

sodieselbe war von dem Säuregehalt abhängig. Bei 0,2 und 0,3 cem 
Schwefelsäure und 15 cem Hefenaufschwemmung trat noch kein Unter- 
schied gegenüber dem Kontrolleefäß ohne Säurezusatz auf. Versuche 
mit Salzsäure, Phosphorsäure, Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure, 


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Valeriansäure ergaben, daß der gleiche Säuretiter nicht gleiche Wir- 
kung hatte, daß aber, je schwächer die Säure, desto größer der Zusatz 
sein mußte, um am schnellsten Agglutination zu veranlassen. Die Salze 


der untersuchten Säuren waren gänzlich inaktiv. Die Zellen zeigten 
durch die Agelutination keine sichtbare mikroskopische Veränderune. : 


Der Inhalt der mit Schwefelsäure versetzten Gläschen hatte nach der 
Durchschüttelung wieder ganz dasselbe Aussehen wie vor der Aegluti- 
nation und gab wieder nach demselben Zeitverlauf die gleiche Flocken- 
bildung und Absetzung der Hefe. Jedoch zeigte sich die „Optimal- 
konzentration* etwas schwächer, was jener Forscher auf eine Umsetzung 
der aus der Hefe diffundierten Phosphate zu Sulfat unter Bildung der 
schwächer agglutinierenden freien Phosphorsäure zurückführt. Er er- 
blickt in der Agglutination der Hefe durch Säuren eine Wirkung der 
Wasserstoff-Ionen; vergl. Bd. I, S. 492 u. 497. Schwefelsäure und Salz- 
säure waren in den benutzten Verdünnungen von Dreihundertel-Normal- 
säure zu etwa 90 Proz. dissociiert, Essigsäure aber nur zu 15 Proz. 
„Die Aktivität der Säuren war fast proportional ihrer Dissociation.“ 
Daß wirklich diese Hypothese zutrifft, dafür spricht der Umstand, dab 
die Beimischung eines Salzes derselben Säure einen in jedem Falle 
vorauszubestimmenden Einfluß hat. Wo Schwefelsäure die agglutinierende 
Säure ist, wird also das Agglutinationsvermögen wenig oder gar nicht 
durch schwefelsaures Natron verändert werden, da hier in den benutzten 
geringen Konzentrationen Salz und Säure soweit dissozüert sind. daß 
das Gleichgewicht zwischen Schwefelsäure und ihren Ionen nicht merk- 


lich durch die zugefügten Säure-Ionen geändert werden kann. Der» 


Versuch entsprach dieser Hypothese. Das Agglutinieren ist an das 
Leben der Zelle gebunden und hängt geradezu vom physiologischen 
Zustand ab. In Würze gezüchtete Hefe war nicht agglutinationsfähig, 
wohl aber dann, wenn man der Würze Ammoniumsalze zugesetzt hatte. 


Die Konzentration der Hefe beeinflußte den Vorgang nur sehr wenig.: 


Nicht alle Hefen verhielten sich den Wasserstoft-Ionen gegenüber gleich. 

Die Flockenbildung im Betrieb der Lufthefenfabrik hat, wie wir 
vorerst bereits erwähnten, eine ganz andere Ursache; der Säuregehalt 
hat hier keinen direkten Einflub. 


Die Flockenbildung ist auch von der Gegenwart von Zuckerarten ;: 


abhängig. Wie Lixpxer (4) mitteilt, genügen, um 5 g untergärige 
flockige Bierhefe staubig zu machen, 10 cem Maltose-, bezw. 20 cem 
Dextrin-, bezw. 30 cem Rohrzucker-, ferner 70 cem Milchzucker-Lösung 
von je 10 Proz., 20 cem Dextroselösung von 20 Proz., 12,5 ccm gehopfte 
Bierwürze von 17° Balling, 55 eem Würze für Münchener Bier, 30 cem 
Würze für Pilsener Bier. Bei 50 cem Ratfinoselösune von 10 Proz. 
blieben die Flocken noch unzerstört. 

Das Verhalten der flockigen untergärigen Bierhefe geren Alkalien, 
Säuren und Salze sei bei der Gelegenheit auch besprochen. Um 5 & 
gewöhnliche untergärige Bierhefe, die mit 30 & Wasser angerührt war, 
staubie zu machen, bedurfte es der Zugabe von 0,5 cem Normal- 
Schwefelsäure, 0,4 cem N.-Salzsäure, 0,8 cem N.-Weinsäure, 70 cem 
10-proz. Lösung von Dikaliumphosphat (N, H PO 4), 0,4 cem N.-Natron- 
lauge (hierbei bildeten sich die Flocken wieder und erst bei 2,9 cem 


Lauge blieb die Hefe staubig), 8 cem N.-Sodalösung, 10 cem Kalkwasser : 


(0,16-proz.), 75 cem konzentrierter Ammoniumkarbonatlösung, 0,9 cem 
Ammoniak (24-proz.). 
Auf eine besondere Art der Agglutination der Hefe durch Blutserum 


2)» 


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— 318 — 


hat Schürze (1) aufmerksam gemacht. Kaninchen, denen in 3—4-tägigen 
Zwischenzeiten je 4—5 ccm einer Hefenemulsion in Kochsalzlösung 
(20 g Hefe, 100 ccm Wasser, 0,6 & Kochsalz) bis zu einer Gesamtmenge 
von 40 cem eingespritzt wurden, enthielten, nachdem ihnen 6 Ruhetage 
> gegönnt worden waren, in ihrem Blut ein Serum, von dem je 0,5—1 cem, 
mit 0,1 ccm der ursprünglichen Emulsion gemischt, bei Bluttemperatur 
in letzterer bereits nach einer Stunde eine vollständige Agglutination 
bewirkten. Kontrollproben mit frischem Serum oder ohne Serum zeigten 
keine Spur von Agglutination. Ob die Emulsion mit untergäriger oder 
mit obergäriger, ob mit Preßhefe oder mit Brennereihefe hergestellt war, 
ergab keinen Unterschied. Die Agglutination ist daher vorläufig zur 
Identifizierung von Hefen noch nicht zu verwerten; vergl. dazu Bd. III, 
S. 116. 
Ueber die durch Borax hervorzurufenden Koagulationserscheinungen, 
ısdie von H. Wıru und von H. vax Laer (1) näher studiert worden sind, 
vergleiche man Bd. IV, S. 135. 
Ueber die Bestimmung der Triebkraft der Bäckereihefe und ihre 
Bewertung sind im 25. Kapitel des II. Bandes nähere Angaben enthalten. 


Literatur 
zum Kapitel Betriebsstörungen und Betriebskontrolle. 


* Barendrecht, H. P., (1) Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., 1901, Bd. 7, S. 623. * Bauer, 
Emil, (1) Abriß d. mykolog. Analyse, Braunschweig 1905, S. 59. *Beijerinck, M. W., 
(1) Centralbl. f. Bakt., 1891, Bd. 9, S. 781. — (2) Z. f. Spiritusindustrie, 1902, Bd. 25, 
Ss. 531. — (3) Ebenda, 1895, Bd. 18, Ergänzungsheft, S. 25. *Bücheler, Max, (1) Z. 
f. Spiritusindustrie, 1894, Bd. 17, S. 57. *Delbrück, Max, (1) Z. f. Spiritusindustrie, 
1892, Bd. 15, S. 79. — (2) Ebenda, 1893, Bd. 16, S. 409. — (3) Ebenda, 1893, Er- 
gänzungsheft, S. 25. *Durst, Otto, (1) Handbuch der Preßhefenfabrikation, 2. Aufl., 
3erlin 189. *Effront, Jean, (1) Comptes rend. de l’Ac., 1905, Bd. 141, S. 626. *Foth, 
Georg, (1) Vergärung u. Alkoholertrag d. Kartoffelmaischen, Berlin. *Heinzelmann, 
Gustav, (1) Z. f. Spiritusindustrie, 1895, Bd. 18, S. 190 u. 207. *Henneberg, Wilhelm, 
(1) Brennerei-Ztg., 1905, Bd. 22, S. 3786. — (2) Z. f. Spiritusindustrie. 1903, Bd. 26, 
Ss. 51. *Hohmann, (1) Z. f. Spiritusindustrie, 1906, Bd. 29, S. 11. * Kusserow, 
Reinhold, (1) Brennerei-Ztg., 1897, Bd. 14, Nr. 318; ref. in Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., 
1898, Bd. 4, S. 154. — (2) Mitteilungen für Brennerei und Preßhefenfabrikation, 1904, 
Nr. 14. *van Laer, Henri, (1) Bulletin Soc. Chimique de Belgique, 1905, Bd. 19, S. 31. 


*Lindner, Paul, (1) Mikrosk. Betriebskontrolle ete., 3. Aufl., S. 397. — (2) Brennerei- 
Ztg., 1906, Nr. 657, S. 3862. — (3) Mikrosk. Betriebskontrolle ete., 4. Aufl., S. 422 
u. 432. — (4) Ebenda, S. 374. *Maercker-Delbrück, (1) Handbuch der Spiritus- 


fabrikation, 8. Aufl., Berlin 1903, 8. 646. *Parow, E., (1) Jahrbuch d. Vereins d. Spiritus- 
fabrikanten, 1903, Bd. 3, S. 50. *Schütze, (1) Z. f. Hyg., 1903, Bd. 44, S. 423. 
*Silberberg, (1) Z. f. Spiritusindustrie, 1905, Bd. 28, S. 388. *Stenglein, (1) Alkohol, 
1892, S. 218. 


— 319 — 


(Manuskript-Einlauf: 
16. Febr, 1906.) 


13. Kapitel. 


Durch Pilzenzyme bewirkte Stärkeverzuckerung 
im Brennereigewerbe Mpykologie der Rumbrennerei und 
der Arrakbereitung. 


Von Prof. Dr. C. WEHNMER. 


$ S0. Der chinesische Reisbranntwein. 


Reisbranntwein ist für Chinesen, Cambodjaner und Anamiten ein 
unentbehrliches Genußmittel. Fast täglich nehmen sie davon, wie 
CALMETTE (3) berichtet, zu sich, keine private oder öffentliche Festlichkeit 
wird ohne ihn gefeiert, und selbst die ärmsten Bewohner Anams kon- 5 
sumieren monatlich im Durchschnitt 2',—3 1. besser gestellte sogar 
10 1. Dieser außerordentliche, anscheinend harmlose Alkoholverbrauch 
illustriert die gewerbliche Bedeutung der Fabrikation gebrannter Getränke 
für Ostasien hinlänglich. 

Die Kunst der Gewinnung solcher ist auch in diesen Ländern often- ı0 
bar sehr alt, denn schon seit langer Zeit unterwirft man hier wie bei 
vielen anderen Völkern der Erdoberfläche die gegorenen Flüssiekeiten 
einer wenn auch primitiven Destillation mit allerhand mehr oder weniger 
sinnreichen Apparaten. Neben zuckerhaltigen Pflanzensäften kommen 
für die Gewinnung branntweinartiger Getränke stärkereiche Rohstoffe, 
in reisbauenden Ländern also zumal dieser, in Frage: auch Abfälle 
anderer Fabrikationen, so insbesondere die Melasse der Rohrzucker- 
fabriken, spielen eine wichtige Rolle. Wir haben uns hier ausschließlich 
mit denjenigen Verfahren zu beschäftigen, die stärkehaltige Materialien 
(fast ausschließlich Reis) als Haupt-Rohstoff oder doch als Hilfsstoff ver- » 
wenden. Das gilt insbesondere für die Darstellung des chinesischen 
Reisbranntweins in China, Tonkin, Cambodja, der Mandschurei etc.. 
des javanischen Arraks (s. S 81) sowohl aus Reis wie aus Melasse, 
des minder wichtigen japanischen Branntweins als Nebenprodukt 
der Sak6-Bereitung und des ebensolchen als Awamori bezeichneten » 
Trinkbranntweins Formosas (s. $ 82). 

Die Vergärung der Reisstärke setzt vorhergehende Verzuckerung 
voraus. Diese Verfahren haben nun deshalb noch besonders mykologisches 
Interesse, weil sie vorwiegend von der durch Pilze bewirkten Stärke- 
verzuckerung Gebrauch machen. Die sie ausübenden Chinesen wissen s 
übrigens weder, was ein Pilz ist, noch wozu er eigentlich dient; es 
handelt sich dort also um eine rohe Empirie, aber nichtsdestoweniger ' 
sind die ostasiatischen Völker seit alters sehr geschickte Pilzzüchter. 
Die in Frage kommenden Pilze sind fast ausschließlich wild eingefangene 
Mucorineen, deren Leistungsfähigkeit dem der Aspergilleen mindestens x 
gleichkommt. In handliche Form bringt man sie nicht etwa durch Iso- 
lieren in Kulturgläsern, sondern durch Verbacken in Reismehlkuchen. 
Die ersten durch Reisende gegebenen Schilderungen dieser meist auch 
heute nur lückenhaft bekannten Gärverfahren liegen kaum 50 Jahre 
zurück, erst in den letzten 15 Jahren ist die Mitwirkung der Mucorineen ı 
durch europäische Forscher erkannt und genauer studiert worden; die 


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2 1 


Bekanntschaft mit der technischen Bedeutung des Aspergillus Oryzae 
beim Sakebrauen ist somit rund 16 Jahre älter. 

Es sei jedoch bemerkt, daß man sowohl in Japan wie auch auf 
‚Java, vielleicht auch noch an anderen Orten, mit der europäischen Malz- 

sverzuckerung gleichfalls bekannt ist. So ist der japanische „Ame* 
ein mit Hilfe von Gerstenmalz — dessen Darstellung das Klima nicht 
günstig sein soll — aus Reis bereiteter dextrinhaltiger Zucker (Maltose), 
der in der Färberei, bei der Myrindarstellung (s. S. 250) sowie im Haus- 
halt benutzt wird, auch als Leckerei gilt; Näheres darüber bei RarHsex (1) 

und Arkınsox (1). Wie schon auf S. 246 erwähnt wurde, stellt man 
neben Gersten- auch Reismalz dar; letzteres soll nach der auf älteren 
Schilderungen Rarrur’s beruhenden Angabe Stonnans’s (1) aus dem 
Jahre 1891 auch bei der javanischen Arrakfabrikation aus Reis in 
übrigens gleicher Weise wie unser europäisches Malz verwendet werden. 

ıs Diese früheren Mitteilungen über Arrakgewinnung wissen überhaupt 
nichts von der Pilzverzuckerung, wir finden sie auch noch nicht bei 
Seru (1) im Jahre 1891 erwähnt, weil die mykologischen Forschungen 
erst mit diesem Jahre durch CaLmeEree (1) ihren Anfang nehmen. Es 
ergibt sich vielleicht mit einiger Wahrscheinlichkeit aus STOoHMAnN’s 

»» Beschreibung der Melassenarrak-Darstellung aus Reis und Melasse, daß 
in diesem Falle wenigstens unter Reis wohl das bereits in Gärung be- 
findliche Material (Tapej) zu verstehen ist. Im übrigen dürfte auch die 
Arbeitsweise der Fabriken nicht in allen Teilen Javas die gleiche sein, 
man mag also an manchen Orten auch Reismalz verwenden, trotz seiner 

>5>von ÜCALMETTE hervorgehobenen geringen Leistungsfähigkeit. Am 
rentabelsten bleibt anscheinend die einfache und billige Verzuckerung 
durch Pilze. 

Etwas näher zu beschäftigen haben wir uns hier und im $ 81 ins- 
besondere mit den bei Gewinnung des chinesischen Branntweins sowie 

sodes javanischen Arraks vorkommenden Operationen. Uebrigens führen 
nicht nur diese aus Reis oder Melasse, sondern auch die aus zucker- 
haltigen Pflanzensäften bereiteten Trinkbranntweine den Namen Arrak. 

Der Chinesische Reisbranntwein, über den genauere 
chemische Untersuchungen nicht vorliegen, schließt unmittelbar an den 

schon auf S. 251 behandelten chinesischen Reiswein an, er ist dessen 
Destillat. Uebrigens ist diese Bezeichnung Sammelname für verschiedene 
einander ähnliche Branntweinarten in China, Tonkin, Cambodja. der 
Mandschurei, von denen wir spezieller über die in Anam dargestellte 
und als Ruou oder Choum-choum benannte Sorte durch CALMETTE 

sounterrichtet sind. Verzuckerung und Gärung des durch Dämpfen vor- 
bereiteten Reises wird durch das als M&@n oder Mi@n bezeichnete, in 
Europa unter dem wenig glücklichen Namen „chinesische Hefe“ (levure 
chinoise, levain chinois) bekannt gewordene eigentümliche Material ein- 
geleitet, das als von hervorragend mykologischem Interesse hier zunächst 

ss genauer zu besprechen ist. 

Als Chinesische Hefe bezeichnet man — ohne daß gerade Form 
und Farbe konstant sind — pfeffernubähnliche, weißgraue, aromatisch 
oder schwach schimmelig riechende, ungefähr talergroße, brüchige Kuchen 
aus grobem oder feinerem Reismehl, ausgezeichnet durch reichen Orga- 

sonismengehalt, bisweilen auch bedeckt mit derber, bräunlicher Schimmel- 
haut. Zuerst wurden sie im Jahre 1891 von CALmErTTE (1) untersucht. 
Ihre Wirksamkeit als verzuckerndes und gärungserregendes Agens — sie 
ersetzen also gleichzeitig Malz und Hefe — verdanken sie der Anwesen- 


F 


— 321 — 


heit von diastasebildenden Mucoreen und Alkoholhefen verschiedener 
Art; gleichzeitig enthalten sie aber mancherlei mehr oder weniger nach- 
teilig wirkende Fremdkeime, unter anderen auch reichlich Bakterien. 
Sie sind in Ostasien ein ausschließlich von Chinesen fabrizierter, sehr 
verbreiteter Handelsartikel, der als gärungstechnischer Hilfsstoff eine 
gewisse Rolle spielt. Man arbeitet bei ihrer Herstellung zufolge 
CALMETTE’s Schilderung in Cochinchina nach gar wunderbaren Rezepten 
und zieht nicht weniger als 45 verschiedene, teilweise aromatische 
Pflanzen (Ingwer, Zimmt, Pfefier, Cardamomen etc.) als Beimengung 
heran, welche dann in den mit sehr primitiven Werkzeugen arbeitenden 
„Fabriken“ in Pulverform mit Reismehl gemischt werden. Das homogene 
Gemisch wird mit Wasser zu einem steifen Teig angerührt, den man 
dann zu den ungefähr talergroßen, abzeplatteten Kuchen formt. Diese 
überläßt man nun bedeckt auf Börten in einem dunklen Raum sich 
selbst. Schon nach 48 Stunden sind sie bei der herrschenden Temperatur 
(30° C im Mittel) von einem feinen Mucoreen -Schimmel überzogen. 
Sie werden jetzt an der Sonne getrocknet und in Säcken (zu 60 kg im 
Werte von ca. 20 M.) gebrauchsfertie in den Handel gebracht. Die 
Gestalt dieser Mehlkuchen ist nicht allerorts dieselbe, sie mag nach 
Lokalität oder Fabrik wechseln, bald flach, bald mehr gerundet, auch 
wohl mit zentraler Durchbrechung und dann anscheinend mit Werk- 
zeugen geformt, auch zu zweien können sie verbunden sein. Die Fig. 23 
gibt das Aussehen eines aus Singapore ‘stammenden Musters wieder. 


Fig. 23. „Chinesische Hefe“ von Singapore. 
Reismehlkuchen in annähernd nat. Größe von der Seite (/) und halb von oben (2) ze- 
sehen, die trichterige Einsenkung und zentrale Durchbrechung zeigend; daneben (3) 
mikroskopisches Präparat daraus nach Abschwemmen der überschüssigen Stärke 
Nach WEHneEr. 


&4Die aromatischen Pflanzen, deren Zahl gelegentlich auch auf 10 —12 
reduziert wird, sollen dem Alkohol einen spezifischen Geruch geben, und 
schon dieserhalb könnte man wohl alle, welche keine flüchtiren Stoffe 
enthalten, ohne Nachteil fortlassen, für den eigentlichen Zweck kommen 


sie sonst nicht in Frage. Es ist allein das Reismehl, mit dem die wirk- 
samen Keime in die „chinesische Hefe“ gelangen; wie die Weinhefe der 


Traubenoberfläche, so haften sie zumal dem nicht-entschälten Reiskorn an,» 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. V, 21 


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20 


—_— 32 — 


und so ist es auch verständlich, wenn die chinesischen „Hefenfabrikanten“ 
— mit Wesen und Bedeutung des Pilzes ganz unbekannt — es für 
zweckmäßig halten, gerade die Spelzen mit dem noch feuchten Mehl- 
kuchen in Berührung zu bringen. 

5 In der warmfeuchten Atmosphäre der „Hefenkammer“ entwickeln 
sich dann die Keime, zumal der raschwüchsigen Mucoreen, zu den die 
ganze Reismehlmasse durchziehenden und bedeckenden Pilzfäden, welche 
so schnell zur Gemmenbildung schreiten, dab das alsbald bewirkte Aus- 
trocknen schon eine große Zahl solcher Gemmen vorfindet; im übrigen 

ıoist dies auch auf die Vegetationsstadien der verschiedenen Organismen 
ohne schädliche Wirkung. Ueber die im eigentlichen China dargestellten 
Mehlkuchen ist übrigens schon vor längerer Zeit (1869), also vor CALMETTE, 
eine kurze Nachricht nach Europa gekommen; denn ‚JuLıEen und 
CHAamPIon (1) beschreiben solche, wie man sie in Han-K6ou, Provinz 

ıs Hou-pe, zur Darstellung von Branntwein aus Reis oder Sorghum, und 
zwar aus grobem, kleienhaltigem Mehl bereitet, das, mit Wasser zu 
einem Teig angerührt, einer 7—8-tägigen Gärung überlassen wird. Der 
Teig wird zu Kuchen geformt, und diese werden getrocknet; in der Gabe 
von ca. 2 Proz. des zu verarbeitenden Reises werden sie verwandt. Ueber 

»die Organismen ist damals nichts bekannt geworden, es handelt sich 
aber fraglos um ganz Ähnliche Pilze; nicht zufällig wird deshalb, wie 
schon NEUVILLE (1) bemerkte, gerade die Kleie beigemengt. 

Was die Organismen-Arten der Mehlkuchen betrifft, so sind 
wir da im ganzen besser über die diastasebildenden Hyphenpilze als 

» über die Hefen und Bakterien informiert; von jenen sind die Mucoreen 
aus den Gattungen Mucor und Rhizopus bereits im 21. Kapitel des Vierten 
Bandes besprochen worden. In der „Hefe“ von Saigon (Men oder Mien) 
fand CALMETTE im Jahre 1891 den ersten Vertreter dieser technischen 
Arten, den sogen. Amylomyces Rowxü (s. Bd. IV, S. 481). Die bald darauf 

3ovon WENT und PRINSEN GEERLIGS (1) in javanischem Material (Ragi) 
von Kagok-Tegal aufrefundenen Rhizopus Oryzae und Chlamydomucor 
Oryzae, die auch Eıskman (1) wohl unter Händen hatte, werden im 
$S 81 noch besonders aufgeführt werden. Der im Hefenkuchen von 
Singapore („Chew“ oder „Pia*) durch WEHmER beschriebene Mucor 

3; Javanicus ist vorzugsweise ein Alkoholbildner. Dagegen sind die beiden 
von Boıpın aus tonkinesischem und japanischem Reismehl isolierten 
und als Amylomyces # und A.y bekannt gewordenen Rhizopus-Arten leb- 
hafte Diastasebildner; vergl. Bd. IV, S. 495. Mit einem der genannten 
ist auch wohl der aus Mehlkuchen von Cambodja stammende, fälsch- 


slich als Mucor Cambodja Curzaszcz benannte Rhizopus identisch. Aus 


einer neuen Art „chinesischer Hefe“, die als „Shao-king-Chew“ in der 
Stadt Shao-king (Provinz Che-Kiang) aus Weizenmehl hergestellt 
wird, beschrieb Sarro (1) weitere zwei diastatisch wirkende Rhizopus- 
Arten (Ah. chinensis und Rh. Tritiei), denen sich noch eine anschließt, die 
s derselbe neuerdings neben Ah. chinensis in Reismehlkuchen aus der 
Provinz Shan-Tung (China) fand und als Ah. oligosporus bezeichnete. 
Endlich fanden NecnrrcH (1) und Cuovar im Jahre 1904 in Reismehl- 
kuchen aus der Provinz Sikkim (am Himalaja, Vorderindien) den ver- 
zuckernden und alkoholbildenden Mucor Praini, sowie Sarro im Jahre 1906 
sonoch einen Rh. Tamari. Das wären im ganzen nicht weniger als un- 
gefähr 10 neue Spezies, über die man das 21. und das 22. Kapitel des 
Vierten Bandes nachlesen wolle Weit geringer ist unsere Kenntnis 
der sonstigen Mikroorganismenflora dieses chinesischen Materials. Es 


. 


| 


— 323 — 


kommen da, neben gewöhnlichen Schimmelpilzen, Hefen und Bakterien 
verschiedener Art in Frage, über die CALMmETTE (1) einige nähere An- 
gaben machte. Diesem zufolge ähneln die Hefen gestaltlich meist dem 
Saccharomyces Pastorianus REEss. Besonders wirksam schien eine kleine, 
3—5 u messende Unterhefe; der eigenartige, von den Eingeborenen 5 
gewünschte Geruch des erzeugten Branntweins soll nach Meinung dieses 
Forschers von ihr erzeugt werden. Bei der unvollkommenen Kenntnis 
der eigentlichen Gärung dürften darüber aber wohl erst weitere Unter- 
suchungen abzuwarten sein. Neben Milchsäurebakterien fand ÜALMETTE 
in dem Material von Saigon noch ein grobes, schleimbildendes Bakterium, ıo 
das den Verzuckerungsprozeß störte, sowie eine gärungsunfähige Hefe, die 
einen sehr unangenehmen Geruch entwickelte. Quantitativ überwogen die 
Bakterienkeime (30) und Hefen (18—25) erheblich die des Mucor (8 im 
Durchschnitt); dazu kamen dann noch einzelne Schimmelformen (2) auf 
den angelegten Würzegelatine-Platten. 15 
Die „chinesische Hefe“ leitet nun Verzuckerung und Gärung 
des auf Reiswein bezw. Trinkbranntwein zu verarbeitenden Reises ein. 
Einiges Genauere teilt hierüber CALMETTE in der schon genannten Arbeit 
mit, chemisch-technische Daten findet man auch bei pEs TOURNELLES, LEZE 
und Prrer (1). Diese Forscher haben dabei zunächst die Verhältnisse « 
in den französischen Besitzungen Hinterindiens im Auge. Hier erzeugt 
man den schon genannten. von den Anamiten als Ruou bezeichneten 
Branntwein mit 34—42 Proz. Alkohol; der dabei tätige Verzuckerungs- 
pilz scheint insbesondere der oben genannte Mucor Rouzü zu sein. Ein 
ganz ähnlicher Trinkbranntwein aus Reis, Getreide und Sorghum wird 
übrigens sehr verbreitet in Ostasien fabriziert, auch ist das Verfahren 
in den wesentlichen Zügen in China, Indochina u. a. O. das gleiche. 
Als Reis verwendet man in Cochinchina gern eine besondere als 
„Nep“ benannte Sorte (von Oryza glutinosa, auch ©. montana) mit 
zartem Korn und hohem Stärkegehalt (75—80 Proz., nach anderen: 
80—83,5 Proz. des wasserhaltigen Korns). Er wird in Holzmühlen 
entschält und mit etwas weniger als seinem Gewicht heiben Wassers 
verquollen. Sobald das Korn eine gewisse Weiche hat, breitet man es 
zum Erkalten aus und bestreut mit den zerkleinerten Hefenkuchen; 
das ist also die Aussaat der Organismen. ‚Jetzt wird unter gleich- 
zeitigem Durcharbeiten in ca. 20 1 fassende, geschlossene, halbgefüllte 
Gefäbe gebracht, in denen sich binnen drei Tagen unter lebhafter Pilz- 
entwicklung die Verzuckerung der gequollenen Stärke vollzieht. Nach 
Verlauf dieser Zeit mit Flußwasser aufgefüllt, tritt alsbald eine stürmische, 
2 Tage währende, bislang nur dem Namen nach bekannte Gärung ein, 


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nach deren Ablauf die bereits flüssige Masse dann — also im ganzen 
nach 5 Tagen — zur Destillation kommt, die wenigstens zur Zeit 


Öarnmerte's, im Jahre 1891, noch eine sehr rohe war. 

Zur Verarbeitung von 100 kg Nep (damaliger Marktpreis 14 Fres.) 
bedarf man rund 1,5 kg „Hefe“; die Destillateure erhalten daraus 
ungefähr 60 1 Trinkbranntwein (v. 36 Proz.), das sind also an absolutem 
Alkohol nur 18 1 Ausbeute. In Cochinchina lag Darstellung und Handel 
zu jener Zeit (1891) allein in den Händen der Chinesen und zwar gegen 
Zahlung einer jährlichen Pacht von 2400000 Fres. an die französische 
Regierung, ihr eigener Verdienst sollte sich auf nahezu 2 Millionen: 
stellen. Diese Verhältnisse haben sich mittlerweile wohl bereits ver- 
schoben. Carmerte machte schon im Jahre 1891 darauf aufmerksam, 
daß hier ein geeignetes Feld für die Ausbreitung der „nationalen In- 


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dustrie“ sei, auch ganz andere Ausbeuten zu erzielen seien, wenn statt 
mit den Hefenpilzen der Reismehlkuchen mit guten europäischen Hefen ge- 
arbeitet würde. So erzielte er selbst mit einer obergärigen Pale-Ale-Hefe 
aus Frankreich in Verbindung mit seinem isolierten Mucor aus 1 kg bei 
;2 Atmosphären aufgeschlossenen Reises (mit 830 g Stärke) in 6 Tagen 340 g 
reinen Alkohols, also auf 100 Teile Stärke ca. 40,9 Proz., während das 
rohe chinesische Verfahren kaum 180 g Alkohol, d. h. weniger als 
20 Proz. der Stärke, liefert. Neben den mancherlei Fehlern, welche die 
rein empirisch arbeitenden Chinesen nicht verbessern können, ist daran 
die geringe Leistungsfähigkeit der wilden Alkoholhefen schuld. Es 
kommen aber auch Infektionen mit allerlei Bakterien vor, denn die 
Hefenkuchen enthalten trotz des vorwiegenden Zuckerbildners ja ein 
Gemenge wilder Organismen, von denen manche Formen nicht bloß weder 
Stärke verzuckern noch Zucker in Alkohol umbilden, sondern unter 
ı;s Zuckerkonsum direkt schädliche Stoffe erzeugen (Essigsäure, Milchsäure, 
schleimbildende Bakterien). Solche in der Maische zur Entwicklung 
kommende Krankheitsorganismen beeinträchtigen natürlich Menge wie 
Qualität des Alkohols.. Ob solche nun vom Reiskorn, von den Drogen, 
aus der Luft oder aus dem Wasser stammen, ist schließlich gleichgültig; 
»oschon CALMETTE sieht das einzig richtige Verfahren in der Beseitigung 
der „chinesischen Hefe“ und dem Arbeiten mit dem reinkultivierten 
Mucor und ebensolchen Hefen. Ob. wenigstens in den französischen Be- 
sitzungen die Verhältnisse etwas anders geworden sind, ist nicht bekannt, 
anzunehmen ist es kaum; jedenfalls wird die , „levure chinoise“ nach wie 
» vor fabriziert. In Europa daceren hat man ein neues Verfahren auf 
dieser Basis eingeführt (s. Amyloverfahren, $ 84). Man darf allerdings nicht 
vergessen, daß es sich bei diesem chonesischel Verfahren nicht um 
Gewinnung von möglichst viel Alkohol handelt, sondern darum, einen 
mäßigen Trinkbranntwein von bestimmter Stärke und ganz gewissen 
30 Eigentümlichkeiten i in Geruch und Geschmack zu erhalten. Der Konsument 
verlangt ihn so, er soll nach NEvviuve (1) in seiner Beschaffenheit einem 
geringen Whisky ähnlich sein. Aus diesem gewöhnlichen Branntwein 
erzeugt man auch liqueurartige Getränke durch Zusatz von aromatischen 
Pflanzen, präpariert solche nach pEs TOURNELLES und LEzZE überdies 
; unter Zusatz von Zucker zu dem Destillat einer Maische, die einer 
vierwöchentlichen Gärdauer unterworfen wurde. 


$ 51. Der javanische Arrak. 


Der Name Arrak (Arak, Arack. Arrack) für alkoholische Getränke 

ist in verschiedenen Teilen Asiens für destillierte Getränke ungleichen 

0 Ursprungs üblich. Ueberhaupt tragen nach J. pr Brevans (1) die ge- 
brannten Wasser auch örtlich weit getrennter Länder Bezeichnungen, 

die unzweifelhaft mit dem Wort Arrak zusammenhängen. So heißt ein 

Zwetschenbranntwein in Ungarn Raki, Tresterbranntwein in Dalmatien 

Rakia, gegorene Stutenmilch (s. Bd. II, S. 137) der 'Tataren Aki 

„oder Ariki, vergorener und aromatisierter Zuckersaft in Hindostan 
Rack oder Arrack, Branntwein aus dem Saft der Kakaopflanze in 

Südamerika Rack, vergorener Palmsaft in Aegypten Araki oder 
Rack usw. Auch der von Eingeborenen am oberen Orinoco nach 

Marcaxo (1) aus Manihotmehl bereitete Yarak wäre hier zu nennen. 

50 Der javanische Arrak ist sowohl Reis- wie Melasse-Arrak, 


— 323 — 


auch die Darstellung des Melasse-Arraks bedient sich gewöhnlich der 
Mitwirkung von Verzuckerungspilzen, die neben Hefen ein steter Be- 
standteil des malayisch als Ragi bezeichneten Hilfsstotfes sind. Ragi 
ist übrigens stofflieh nichts anderes als das auf S. 320 u.f. auch, als 
Chinesische Hefe besprochene Material, dessen Herstellung auf Java 
gleichfalls in den Händen von Chinesen liegt. Wir haben uns zunächst 
mit ihm zu beschäftigen. 

Die Ragi-Darstellung auf Java arbeitet nach mehr oder weniger 
komplizierten Rezepten. So mischt man nach VorDERMAN (1) in Buitenzorg 
das Reismehl mit Teilen von Zuckerrohr und zerkleinerten Rhizomen 
von Alpinia Galanga, fügt Knoblauch und Zwiebeln hinzu und verrührt 
mit dem Fruchtsaft von Citrus limonellus; der Brei wird dann in die 
bekannte mehr oder weniger pfeffernußähnliche Hefenkuchenform ge- 
bracht, einige Tage mit Reisstroh bedeckt an einen feuchtwarmen Ort 


gelegt und die Kuchen schließlich in der Sonne getrocknet. Bisweilen ı 


legt man sie auch noch zwischen Reisstroh oder knetet gehacktes Reis- 
stroh hinein; übrigens fehlen Knoblauch und Galgant auch nach Ersx«- 
MAN (1) in keiner der zahlreichen Vorschriften. Ein derartiger Mehlbrei 
ist natürlich ein vorzügliches Substrat für Mikroorganismenentwicklung. 


Auch hier ist der Reis als hauptsächlicher Organismenträger das Wich-: 


tigste, denn WEnT und Prissex GEERLIGS (1) stellten direkt durch Ver- 
kneten von Reismehl mit zuckerhaltigem Wasser und Trocknen zwischen 
Reisstroh brauchbaren Ragi dar. Sogar das Mehl von geschältem 
Reis enthält nach Eıskmay schon die Keime. 


Die Organismen des javanischen Ragi sind nicht wesentlich: 


andere als sie überhaupt in diesen Mehlkuchen Ostasiens gefunden 
werden (s. Bd. IV, S. 495 u.f.); wahrscheinlich kennen wir aber noch 
keineswegs alle. Man darf wohl annehmen, daß allgemein von einer 
konstanten Zusammensetzung keine Rede ist, sondern auch Mucoreen 
und Hefen von Fall zu Fall wechseln, da das Vorkommen dieser oder 


Fig. 24. Javanischer Ragi vou Kagok-Tegal. 
Drei Reismehlkuchen in annähernd nat. Größe (2) und mikroskopisches Präparat 
daraus (2) nach Abschwemmen der überschüssigen Stärke. — Nach Wennmer. 


jener Species auf Grund der Bereitungsweise der „Hefe“ dem Zufall 
überlassen ist. Die mikroskopische Untersuchung zeigt Hyphenfrag- 
mente, Gemmen, Hefenzellen, Bakterien, alles das aber fast verdeckt 
durch die Stärkemengen; erst nach Abschlemmen oder Lösen dieser er- 


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hält man deutlichere Bilder (s. Fig. 24). Ueber die verschiedenen 
Mucoreen dieses javanischen Materials, wie sie von Eıskman (1), 
West und PRINSEN GEERLIGS (1) und WEHMER (1) beschrieben worden 
sind, ist schon früher berichtet worden (s. Bd. IV, S. 481 u.f... An 
5Hefen sind gleichfalls mehrere, aber meist nicht sehr gärkräftige Arten 
vorhanden. Vorherrschend war in dem von WEnT und PRINSEN GEERLIGS (1) 
untersuchten Material ein als Monilia javanica bezeichneter Pilz (s. Bd. IV, 
S. 338). Sparsamer fand sich eine echte Hefe von untergärigem Typus 
(Saccharomyces Vordermanni; s. Bd. IV, S. 177) vor. Im Ragi findet sich 

ıwaber nicht die besondere bei der Melassengärung eine Rolle spielende 
Spalthefe (Schizosaecharomyces Vordermani). 

Was über die javanische Arrakgärung an Näherem bekannt 
geworden ist, bezieht sich fast ausschließlich auf die Darstellung des 
Arraks aus Melasse. 

15 Die Melassengärung geht von den in den Rohrzuckerfabriken 
abfallenden nicht-kristallisierenden Rückständen mit ca. 25—40 Proz. 
Saccharose, 8—16 Proz. Dextrose und 6—16 Proz. Lävulose aus. Die 
Gärung der durch Wasserzusatz entsprechend verdünnten Melasse kann 
man nach VORDERMAN (1) im einfachsten Falle schon durch ungeschälte 

»» Reiskörner einleiten, gewöhnlich geht ihr aber als besondere Phase die 
Herstellung eines besonderen, als Tapej bezeichneten Produkts voraus, 
das aus Ragi und gekochtem Reis bereitet wird. 

Die Tapej-Darstellung bezweckt also die Heranzüchtung bezw. 
Vermehrung der im Ragi vorhandenen Organismenkeime. Da dies Pro- 

> (dukt säuerlichen Charakter trägt, erinnert es an die Hefenmaische der 
deutschen Brennereien. Zwecks Darstellung wird in dünner Schicht 
auf flachen Schalen ausgebreiteter gekochter Reis mit zerkleinertem 
Ragi bestreut und mit Blättern bedeckt an einem kühlen Ort aufgestellt. 
Binnen zwei Tagen verwandelt er sich unter Auftreten heller Mycelien 

soin eine halbflüssige, schmutzigweiße Masse von süb-säuerlichem Ge- 
schmack, deren Saft 20—30 Proz. Zucker enthält; die diastatische 
Wirkung der Mycelien setzt also sehr bald ein. Was sonst noch in dem 
in wilder Gärung begriffenen Reis vor sich geht, bleibt noch festzu- 
stellen. Anscheinend findet auch Milchsäuregärung neben etwas Alkohol- 

3sund Essigbildung statt: Angaben über das Auftreten von Milchsäure- 
bakterien sind bislang aber von keinem der Forscher gemacht worden. 
Der entstehende, zum Teil weiter vergorene Zucker ist E1JKMan (1) zu- 
folge Maltose und Dextrose. Wenr und Prıssen GEERLIGS (1) fanden 
jedoch nur Dextrose neben Dextrinen (vergl. Bd. IV, S. 521). Nach un- 

sogefähr drei Tagen ist der mikroskopisch vorzugsweise Mucoreen- 
Elemente zeigende Tapej zum Anstellen mit Melasse fertig. 

Es folgt nun die eigentliche Gärung. Hierzu wird zunächst nach 
Went und Prınsen GEERLIGS sowie VORDERMAN mit kleineren 
Melassenmengen gemischt und schließlich nach ungefähr zwei Tagen in 

ss die großen mit Melasse beschiekten Gärkübel gefüllt, wo sich dann eine 
viertägige stürmische Gärung vollzieht. Nach Ablauf wird auf irdene 
Töpfe gefüllt, in denen noch acht Tage lang eine schwache Nachgärung 
stattfindet. Als Schluß folgt dann die Destillation. Arbeitsweise und 
(Gärdauer sind jedoch an den einzelnen Orten Javas nicht dieselben; so 

50 beschreibt Eıskman (1) das Verfahren im einzelnen folgendermaßen. 

Von dem Tapej werden zunächst ca. 30 kg schwere Massen in einem 
hölzernen Faß mit Siebboden bereitet, alsdann im eanzen heraus- 
genommen und in einem Gärbottich mit 2—3 hl Melasse schwimmen 


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gelassen. Am nächsten Tage wird der Inhalt nach Zerkleinerung des 
Tapej-Kuchens in einen größeren Bottich übergegossen, der mehr als 
zur Hälfte mit Melasse (d Teil auf 2 Teile Flußwasser) angefüllt ist. 
Hierauf wird der erste Bottich wieder gefüllt, um eine neue Tapej-Masse 
zu erhalten, der Rest verbleibt einen Tag im zweiten Gefäß und wird 5 
dann auf mehrere Gärbottiche verteilt. Nach acht- bis zehntägiger 
Gärung, in deren Verlauf wiederholt Melasse zugefüllt wurde, wird auf 
ca. 15 Liter fassende Töpfe gefüllt, wo Nacheärung und Bodensatz- 
bildung stattfindet. Nach weiteren acht Tagen wird die jetzt säuerlich 
schmeckende Flüssigkeit destilliert. Das Destillat enthält ca. 50 Gew.- ı0 
Proz. Alkohol; es hat zum Unterschied von Reisbranntwein einen von 
der Melasse herrührenden süßlich-brandigen Geruch. Auf die chemische 
Zusammensetzung ist unten noch kurz zurückzukommen. 

Die Zahl der sich an der Alkoholbildung beteiligenden Gärungs- 
organismen dürfte keine geringe sein, spezielle darauf gerichtete ıs 
Untersuchungen haben hier noch manches zu klären, auch gilt das bei 
Besprechung des chinesischen Reisbranntweins hinsichtlich Verbesserungs- 


 bedürftigkeit des Verfahrens Bemerkte in ganz gleicher Weise. Vorweg 


dürfen wir annehmen, daß auch Mucoreen, wenngleich vielleicht nur 
in bescheidenem Maße, beteiligt sind, denn der im Ragi reichlich vor- 20 
kommende Mucor javanicus z. B. erregt als Mycel wie als Kugelhefe 
lebhafte Gärungserscheinungen und erzeugt nach WEHMER (2) bis 6 Proz. 
Alkohol. In erster Linie kämen aber, wie man annehmen sollte, die 
Hefen des Ragi in Frage. Dem scheint aber trotzdem nicht so zu sein, 
vielmehr spielt die Hauptrolle in den gärenden Melassenmaischen Javas 2 
ein zuerst von VORDERMAN (1) gesehener und von Eıskman (1) näher ver- 
folgter eigenartiger Organismus, den letzterer auf Grund seiner Ver- 
mehrung durch Zweiteilung (s. F%g. 25) bei den Bakterien unterbringen 
wollte Einstweilen hat man ihn als 
Spalthefeaufgefabtundder Gattung so 
Schizosaccharomyces (s. Bd. IV, S. 189) 
zugeteilt (Sch. Eijkmani, richtiger aber 
wohl als Sch. Vordermani zu bezeich- 
nen). Sporenbildung ist von ihm aber 
bislang nicht bekannt, seine Zugehörig- 35 
keit zur Gattung Schizosaccharomyces 
vielleicht auch zweifelhaft. 

Diese Spalthefe mißt nicht we- 
niger als 20—40 u in der Länge, bei 
Be. (00 5—6 u Dicke. Die Doppelstäbchen « 
 aryet Verie, Almeln. nach Yonnman. der Gestalt 

renden Mälaese, eines Dreschflegels („Dreschilegelmi- 

Vergr. ca. 400, Nach Eiskman. krob“). Sie invertiert Rohrzucker und 
vergärt auch verdünnte sterile Maische 
in ca. zwei Wochen unter lebhafter Schaumbildung;; das Destillat hatte nach a 
Kıskman alle Kigenschaften von gutem Arrak. Das Auffällige ist nun aber, 
dab dieser Organismus weder im Ragi noch im Tapej vorhanden ist, sondern 
entweder aus der Melasse oder wahrscheinlicher aus dem zum Verdünnen 
benutzten Flußwasser stammen muß; er findet sich also auch nicht in 
vorher sterilisierter und mit Tapej versetzter Melasse ein, obschon diese so 
in Erskman’s Versuchen regelrecht vergor, auch ein arrakähnliches Ge- 
tränk lieferte. Es ist dabei nötig zu wissen, daß nach dem in Arrak- 
fabriken üblichen Verfahren die mit Flußwasser verdünnte Melasse ohne 


ern 


vorherige Sterilisation zur Gärung angesetzt wird. In den Arrakfabriken 
Batavias ist diese Spalthefe ein konstanter Begleiter der Melassen- 
eärung und erhält sich auch fortdauernd in den Gärbottichen, da immer 
wieder mit schon gärender Melasse angesetzt wird. EıJKMman fand sie 
saber ebenso in Fabriken an anderen Orten Javas. Diese Feststellungen 
sind um so bemerkenswerter, als Spalthefen nach GrE« (1) auch bei der 
westindischen Rumgärung von Bedeutung sind (s. S 85). 
Welche Rolle demgesenüber die sonstigen Alkoholgärungspilze 
spielen, ist heute wohl noch nicht ganz klar zu übersehen. Da jene 
ıSpalthefe nur ungefähr 20 Proz. des vergorenen Zuckers an Alkohol 
erzeugt, so könnte man an ein Zusammenarbeiten mit stärker vergärenden 
Hefen denken, doch ist die Ausbeute der batavischen Arrakfabriken 
nach Eıskman tatsächlich nicht über 20 Proz. Die von WExT und 
PRINSEN GEERLIGS (1) mit Saccharomyces Vordermannii angestellten Gär- 
ı: versuche ergaben, dab dieser allerdings in zehn Tagen von den vorhandenen 
18,3 — 22,3 Proz. Saccharose 18—19 Proz. vergor; auch war das Destillat 
von feinem Geruch und Geschmack und enthielt neben etwas Aldehyd 
ca. 0,103 Proz. Aethylacetat, aber weder freie Säure noch andere Alkohole. 
Monilia javanica erzeugte dagegen einen wenig angenehm riechenden 
»Arrak, stellte auch schon bei 5 Proz. Alkohol W achstum wie Gärung 
ein; trotzdem scheint sie gelegentlich in Arrakgärungen vorzuherrschen. 
9-10 Proz. Alkohol hinderten übrigens auch die Gärung durch Sacch. 
Vordermannü. Die beiden letztgenannten Pilze sind durch Wext und 
Prıssen GRERLIGS ebenfalls auf ihre sonstigen physiologischen Eigen- 
» schaften untersucht worden. 

Ueber die auf Java übliche Arrak-Darstellung aus Reis 
allein (Reisarrak) liegen nur Andeutungen vor, wenigstens über Um- 
fang und Bedeutung dieser Fabrikation sagt die Literatur nichts. Die 
meisten Fabriken scheinen eben Melasse-Arrak herzustellen, und das ist 

sowohl auch das vorzugsweise nach Europa exportierte Produkt. Die 
Reisarrak-Sorten sollen als feiner gelten, man verwendet dazu insbe- 
sondere den auf Java als Ketan bezeichneten Klebreis von Oryza 
glutinosa, der nach vorhergehendem Dämpfen durch die mit dem Ragi 
bezw. Tapej ausgesäten Organismen verzuckert und vergoren wird. 

3 Man verfährt also so wie bei der Darstellung des chinesischen Reisbrannt- 
weins. 

Zur chemischen Zusammensetzung des Arraks sei bemerkt, 
daß der Alkoholgehalt guten batavischen Arraks nach Analysen Seur’s (1), 
dem fünf Proben echter Handelsware vorlagen, sich auf 50,55—58,03 Vol.- 

sw Proz. (48,74—50,78 Gew.-Proz.) beläuft; vier der Proben waren fuselfrei, 
sämtliche enthielten jedoch Ameisensäure, Essigsäure, Buttersäure, 
Caprinsäure als freie Säuren (saure Reaktion des Arraks) sowie als 
Ester, mehrfach waren Spuren von Zucker (Invertzucker, Rohrzucker, 
nicht über 17 mg in 100 ccm) vorhanden, die wohl durch das primitive 

4 Destillationsverfahren hineingelangen. Neben dem echten Arrak be- 
gegnet man im Handel nicht selten Verschnitt- und Facon-Arrak, ersterer 
durch Wasserverdünnung aus dem echten, letzterer aus anderen minder- 
wertigen Rohstoffen hergestellt. Der Chemiker vermag zufolge SELL 
jedoch nicht mit Sicherheit Echtheit oder Unechtheit eines bestimmten 

50 Fabrikats nachzuweisen. Auf ältere Arrakanalysen von W. FrEsExzus (1) 
und ‚J. Könıe sei hier kurz hingewiesen. 

Mit Hilfe des Ragi bereitet man, wie hier nachgetragen werden 
mag, auf Java außerdem für Genubzwecke den bereits genannten Tape) 


— 39 — 


und aus ihm Brem. Tapej wird als solcher auch, einschließlich der 
Pilze, von den Eingeborenen genossen und soll von nicht unangenehmem 
Geschmack, im ganzen aber für europäische Begriffe wenig appetitlich, 
auch von hefenartigem Geruch sein. 

Brem, eine wesentlich aus Zucker bestehende Leckerei. wird dar- 
gestellt. indem man Tapej drei Tage sich selbst überläßt, nunmehr aus- 
preßt und den Saft an der Sonne zum Sirup einengt, wobei bei- 
gemischter Alkohol und Essigsäure größtenteils fortgehen. Auf kleine 
aus Bananenblättern gefertigte kegelförmige Düten gefüllt, erstarrt die 


Masse beim Abkühlen; man zieht den Inhalt dann an einem vorher ı 


eingebrachten Reishalm heraus und bringt mehrere zu einem Bund ver- 
einigt auf den Markt. Die weiße schwach säuerlich-süß schmeckende 
Masse besteht im wesentlichen aus Zucker, und zwar aus Dextrose (vergl. 
Ba. IV, S. 521); eine Probe hatte nach Went und PRINSEN GEERLIGS (1) 
folgende prozentische Zusammensetzung: Dextrose 69.02, Dextrin 10.63, 
Wasser 18,75, Mineralstoffe (Asche) 1,20. 

Stärkeverzuckerung durch Pilze ist übrigens, wie hier nachgetragen 
werden mag, nicht bloß in Ostasien üblich. Die Reismehlkuchen von 
Sikkim, deren man sich in Vorderindien nach NEcaHıtcH (1) und CHoDAT 
bedient, sind bereits auf S. 484 des Vierten Bandes erwähnt worden. 
In Südamerika bereiten wilde Stämme am oberen Orinoco aus dem Mehl 
der Manihot-Wurzel (Cassave) nach Marcano (1) ein berauschendes Ge- 
tränk, Yarak, indem jenes, angefeuchtet, zunächst mit Bananenblättern 
bedeckt einige Tage sich selbst überlassen wird. Aus der zu Zylindern 


geformten mit Bananenblättern umwickelten gekneteten Masse läuft: 


dann eine dicke zuckerreiche Flüssigkeit ab, die nach Verdünnen mit 
Wasser rasch in Gärung übergeht. Ueber den Pilz, dessen Mycelien den 
Mehlbrei durchsetzen und auflösen, teilt Marcaxo allerdings Näheres nicht 
mit, vermutlich handelt es sich auch da um eine Mucoree Dieser 
Yarak gehört übrigens in die Gruppe der nicht-destillierten bier- und 
weinartigen Getränke, schließt also an Reiswein (s. S. 245) an. 

Den Namen Arrak tragen auch destillierte Flüssigkeiten, die aus 
verschiedenen zuckerhaltigen Pflanzensäften nach spontaner Vergärung 
gewonnen werden. Auch in Süd-Ostasien werden derartige Brannt- 


weine vielfach dargestellt, sie liegen aber, da stärkehaltige Rohstoffe » 


bei ihrer Bereitung fortfallen, außerhalb unserer Betrachtung. Dab es 
sich auch da um keine unbedeutende Industrie handelt, zeigt beiläufig 
die Steuerstatistik; denn auf Ceylon wird allein jährlich mehr als eine 
Million Mark Steuer für Darstellung von Arrak erhoben. den man hier 


und auch in Ostindien aus dem Toddy- oder Palmwein, dem vergorenen 


Saft zumal der Cocospalme (Cocos nueifera), gewinnt. Ueber die Hefen 
dieses aus den Wundtflächen abgeschnittener Blütenkolben austließenden 
und der rapid eintretenden spontanen Gärung überlassenen zuckerreichen 
Saftes ist Näheres nicht bekannt. Finige bezügliche Angaben findet 
man in dem neueren Buch von NeuviLve (2), einer übersichtlichen Zu- 
sammenstellung und sachkundigen Behandlung der ostasiatischen Gär- 
verfahren, sich übrigens auch durch gute Kenntnis speziell der deutschen 
Literatur auszeichnend. 


1) 


20 


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[271 


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wo 


— 30° — 


$ S2. Awamori, japanischer Reisbranntwein und 
. Jap j 
Batatenbranntwein. 


Ein Reisbranntwein ist im wesentlichen auch das zufolge der An- 
gaben Inurs (1) auf den Luchu-Inseln (unweit Formosa) seit einigen 
shundert Jahren dargestellte, dem Whisky ähnliche Getränk Awamori 
(d.h. Schaumwein). Hier findet wie beim Sak& (s. S. 246) zunächst eine 
Koji-Bereitung statt; der verzuckernde Pilz ist jedoch ein anderer, 
nämlich Aspergillus luchuensis (s. Bd. IV, S. 210). Da die Awamori- 
Darstellung hier ursprünglich von den Chinesen gelernt worden sein soll, 
dürfte man übrigens ähnliche Verfahren auch in China selbst finden. 
Die Darstellung ist nach den vorliegenden kurzen Angaben im 
wesentlichen eine wilde alkoholische Gärung der durch Awamori-Koji 
verzuckerten Reismasse mit rasch folgender Destillation. Mit Sak& ver- 
glichen, fällt also die vorherige Heranzucht der Alkoholhefen im „Moto* 
ıs fort; das Verfahren gliedert sich in Koji-Bereitung, Maisch- und Gär- 
prozeb, Destillation. Koji ist hier aber offenbar nicht bloß Hilfsstoff 
zur Gewinnung größerer Mengen Maische aus gedämpftem Reis, sondern 
eieentliches Rohmaterial, wird also nach Fertigstellung direkt ein- 
semaischt und vergoren. Der Prozeß spielt sich auch mit weit kleineren 
2» Materialmengen ab, es handelt sich daher nach den von Inur gegebenen 
Zahlen nicht um eine „Großindustrie“. 
Man verfährt in folgender Weise: Der gewaschene geschälte Reis 


wird, nach zuvorigem Vorquellen in Wasser, gedämpft und nach Aus- 


breiten auf Strohmatten in einer Kojihütte bei 60—70° mit dem Sporen- 
»; material („Tane-Koji*) des auf Hirse kultivierten Pilzes gemischt, mit 
Matten bedeckt und ca. vier Tage bei ca. 30° sich selbst überlassen. 
Die Pilzhyphen verflechten die durchwachsenen Reiskörner zu größeren 


Klumpen, die Oberfläche bedeckt sich mit den dunklen Konidienträgern. ; 


Jetzt folgt sogleich die zweite Phase, das Maischen (Darstellung des 


»Moromi), indem der Koji in einem Bottich mit Wasser verrührt 
wird. Dieser Masse setzt man etwas „Tane-Moromi* (= bereits in 
Gärung begriffener Koji) zu, worauf die Gärung alsbald einsetzt und 
nach 17—18 Tagen (im Winter nach 30 Tagen) beendet ist. Einzel- 
heiten über Verlauf der Verzuckerung und erreichte Alkoholzahlen sind 

snicht bekannt. Dem fertigen Destillat setzt man geröstete Hirse zu. 
Das Getränk zeigt beim Ausgießen lebhafte Schaumbildung (daher 
„Schaumwein“). 

An der von jeher von Bottich zu Bottich übertragenen Alkohol- 
gärung beteiligt sich ‚wohl eine größere Zahl von Hefen. Ixur isolierte 
sbislang eine als Saccharomyces Awamori (s. Bd. IV, S. 130) bezeichnete 
sporenbildende Art, die in Würze freilich nur 6 Proz. Alkohol gab, sowie 
eine Art aus der Gattung Wilka (s. Bd. IV, S. 187) mit deutlicher 

Säure- und Esterbildung (Aromaerzeugung.). 
Im Anschluß ist hier auch ein Branntwein zu erwähnen, der bei 

‚ der Sake-Darstellung als Nebenprodukt gewonnen wird. Dieser japa- 
nische Reisbranntwein (Shöchü, d. h. Alkohol) wird aus Abfällen und 
Rückständen beim Sakebrauen destilliert. zumal auch aus den nach be- 
endetem Abpressen (s. S. 249) in den Beuteln verbleibenden Reisresten 
mit 6 Proz. Alkohol; auch der feste Bodensatz der Fässer, trübe Ab- 

soläufe, insonderheit aller verdorbene Reiswein, soweit er nicht der Essig- 
erzeugung dient, wird hierzu verwertet. Horrmann (1) hat seinerzeit eine 
Beschreibung des Verfahrens geeeben. Das Destillat hat 20-50 Proz. 


4 


ii 


— 3. — 


Alkohol, es geht vorzugsweise in die Myrin-Fabrikation (s. S. 250); die 
Rückstände verwendet man als Dünger. Nach den vorliegenden nur 
älteren Angaben bei Reıx (1) und Rarusex (1) wurden in den achtziger 
Jahren des letzten Jahrhunderts jährlich ungefähr 40—60000 Koku 
erzeugt: die Steuer pro Koku (& 1,81 hl) belief sich auf 3 Yen (— 8 Mark). 

Zufolge neuester Mitteilung Sarro’s (1) aus dem Jahre 1907 gewinnt 
man im südlichen Japan eine besondere Art Branntwein auch aus 
Batatenknollen, deren 13--17 Proz. Stärke bald durch Aspergillus 
Oryzae (so in der Provinz Satzuma), bald durch einen spontan auf- 
tretenden wilden Aspergillus (so auf der Insel Hachijo) verzuckert 
wird. Sarro beschreibt speziell die Darstellung des Batatenbranntweins 
auf Hachijo mit den drei Phasen der Koji-Bereitung (aus Gerste, 
Hirse und Mohrenhirse, die nach Rösten und Dämpfen sich von selbst 
mit dem Aspergillus bedecken), Moromi-Darstellung und Destil- 
lation. Abweichend von Sakekoji ist dieser Koji tief braunschwarz 
gefärbt; sein dem Aspergillus niger sowohl in der Farbe wie morpho- 
logisch ähnlicher Pilz wurde von Sarro als eine neue Art, Asperg. 
Batatae, beschrieben. Nach Vermischen des Koji mit der gedämpften 
Batatenmasse beginnt alsbald Verflüssigung und Gärung der durch den 
Pilz dunkelgefärbten, an Hefen und Bakterien reichen Maische, in der 
neben Alkohol- auch Milchsäure-Bildung verläuft. letztere durch eine 
stäbehenförmige Bakterienart, erstere durch eine sporenbildende Hefe 
(Saccharomyces Batatae) hervorgerufen. ‘welch letztere aber nur 3 Proz. 
Alkohol erzeugt. Nach 5—7 Tagen unterwirft man die gegorene Flüssig- 
keit der Destillation. Neben Asp. Batatae enthielt der von Sarro unter- 


suchte Koji noch zwei weitere Schimmelformen. nämlich Aspergillus 


pseudoflavus und KRhizopus chinensis Sarro (s. Bd. IV, S. 500), die aber 
praktisch nicht in Frage kommen sollen. 


$ 853. Die Aspergillus-Verzuckerung im Oceident. 
(Takamine-Verfahren, Taka-Diastase.) 


Es hat nicht an Versuchen gefehlt, den Reis-Aspergillus auch in 
anderen Ländern technisch auszunutzen, zu einem durchschlagenden 
Erfolg scheinen sie jedoch nicht geführt zu haben. Angestrebt wurde 
zunächst seine Verwendung als Malzersatz im Brennereigewerbe, weiter- 


hin dann auch zur Darstellung von Diastase (Taka-Diastase),. Nachdem 3; 


die erstgenannten Versuche bereits seit Jahren wieder abgebrochen sind, 
dürfte eine Erörterung derselben hier eigentlich in Fortfall kommen, das 
ihnen zukommende Interesse rechtfertigt jedoch ein kurzes Eingehen. 

Das Takamine-Verfahren, das nach seinem Urheber, dem ‚Japaner 
Takamıne, benannt ist, besteht kurz in der Verwendung eines Auszuges 
des auf Weizenkleie herangezüchteten Aspergillus Oryzae (s. Bd. IV, S. 203) 
zur Verzuckerung des gedämpften Maises. Der Pilz wird also in Rein- 
kultur, doch in großem Maßstabe und auf einem möglichst billigen 
Material, zur Entw icklung re ht, die aus diesem alsdann extrahierte 
Lösung enthält die Diastase. Nach Meinung des Patentinhabers sollte 
der Aspergillus hierbei vermöge einer von ihm gebildeten Sproßtorm auch 
die Alkoholgärung durchführen, doch ist praktisch von vornherein mit 
einer japanischen echten Hefe gearbeitet worden und diese Annahme — 
wie schon früher mitgeteilt (s. Bd. IV, 8. 146) — überhaupt unzutretlend. 


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Nachdem Taranmınz im Jahre 1889 mit seinen Ideen hervorgetreten war, 


unternahm eine nordamerikanische Gesellschaft deren praktische Durch- 
führung in einer für diesen Zweck zu Peoria (Illinois) geschaffenen 
groben Anlage, welche die Gewinnung von Spiritus aus Mais bezweckte; 
Berichte über diese und ihre Arbeitsweise liegen von europäischen 
; Augenzeugen, SO Von SAARE (2) und DELBRÜCK (2), vor. Hier wurde die 
mit den Pilzsporen gemischte sterile Kleie zur Erzielung einer reich- 
lichen Pilzvegetation zunächst einige Tage bei 40° gehalten und das 
Ganze dann in großen Diffusionsapparaten extrahiert, der Auszug wurde 
sogleich mit dem inzwischen in Dämpfern vorbereiteten Mais gemaischt. 
ı Der Verzuckerungsprozeb sollte nur 15 Minuten dauern; die durch eine 
nicht näher beschriebene japanische Hefe eingeleitete Gärung war bei 
ca. 21—32° in 3—4 Tagen beendet (6 ” Balling, 6 Proz. Alkohol). Auf 
100 kg Mais sind nach Angaben aus dem Betrieb 37,2—40 Proz. Alkohol 
gewonnen, das heißt 2,5—5 Proz. mehr, als sonst erhalten wird, so dab 
ıs die ausgerechnete Ersparnis auf 100 I] Alkohol in Geld rund 6,72 M. 
betrug. Trotz dieser einer Rentabilität des Verfahrens günstigen 
Rechnung scheinen aber doch irgend welche störenden Momente seine 
Einstellung herbeigeführt zu haben; schon nach einigen Jahren eing der 
Betrieb ein. Die Idee einer Nutzbarmachung der wirksamen Aspergillus- 
»0 Diastase ist damit jedoch nicht erloschen, sie ist bis in die letzten Jahre 
weiter verfolgt worden. Es ist hier der Ort, auf diese Diastase selbst 
kurz einzugehen. 
Die Diastase des Aspergillus Oryzae (Eurotin, Taka-Diastase) ist 
bereits auf S. 240 des Vierten Bandes kurz erwähnt worden. KORSCHELT (1) 
» bezeichnete im ‚Jahre 1876 das seiner Meinung nach der Malzdiastase 
sehr ähnliche Enzym als „Eurotin* und läßt es bei einer Optimaltemperatur 
von 45-50 °C Stärke in Dextrin und Maltose verwandeln. ATKInson (1) 
wies im Jahre 1881 unter den Reaktionsprodukten das Vorhandensein 
von Dextrose nach, ihm zufolge ergibt die Verzuckerung Dextrin und 
3u Dextrose, das Enzym — richtiger das Extraktgemenge — spaltete aber 
auch Rohrzucker und Maltose; schon in dem Koji selbst ermittelte 
derselbe die Anwesenheit erheblicher Dextrose-Mengen. Nach Büssex (1) 
im Jahre 1885 studierten dann im Jahre 1895 KELLNER, Morr und 
NasGaoRA (1), welche im Koji Maltose neben Dextrose fanden, das von 
;iIhnen als „Invertase* bezeichnete Enzym eingehender, indem sie den 
Koji-Extrakt auf verschiedene Zucker wirken ließen. Rohrzucker 
wurde invertiert, Maltose in Dextrose verwandelt, Milehzucker und 
Inulin jedoch nicht angegriffen, aus Stärke entstanden nach kürzerer 
Einwirkungsdauer Dextrin, Maltose und Dextrose. Sie schlossen daraus, 
„dab das Koji-Enzym von der Malzdiastase gänzlich verschieden sei; mit 
Recht lassen sie es aber dahingestellt, ob hier ein einheitlicher Körper 
oder ein Gemenge mehrerer Enzyme vorliegt. Wenn wir nicht 
erundlos annehmen wollen, daß ein einziges Enzym die Wirkungen der 
Diastase, Maltase und Invertase in sich vereinigt, so haben wir dem 
„natürlich beizustimmen, und es bliebe nunmehr die Aufgabe, dies durch 
Trennung der Enzyme voneinander exakt nachzuweisen. Die inver- 
tierende Wirkung speziell wurde nach letztgenannten Forschern bei 
(Gegenwart von 0,6—0,7 Proz. Milchsäure gänzlich aufgehoben, da- 
gegen dauerte die diastatische auch noch bei 20 Proz. Kochsalz-Zusatz 
; wenn auch stark geschwächt an, schon 2 Proz. setzten sie auf ungefähr 
die Hälfte herab: über weitere Feststellungen auch von Kozar sowie 
Errroxr vergleiche man Bd. IV, S. 241. Aehnlich wirkte nach früheren 
Ermittlungen von Nasse (1) Kochsalz auf Malzdiastase. Säuren-, Alkali- 


| 
| 


— 33 — 


wie Wärmewirkung auf das Verzuckerungsvermögen wurden später auch 
noch von OKAMURA verfolgt. 

Die weitere wissenschaftliche Literatur über diese Amylase ist 
sparsam, die technische bringt, ohne den Gegenstand selbst neunenswert 
zu fördern, nicht selten etwas verworrene Angaben über die Pilzwirkung; 
zumal sind da die verschiedenen Patentschriften Muster wenig klarer 
Ausführungen. Als diastatisches und alkoholisches Ferment Takakoji 
beschreibt z. B. der schon genannte TAaxAmıxe (1) den auf Kleiekulturen 
gezüchteten Pilz, bezw. das aus ihnen gewonnene im Vakuum eingeengte 
Extrakt, das nach dem Kristallisieren Diastase in großer Reinheit liefern 
soll und vollkommener als das beste Malz verzuckere. Auf die hier 
als Tatsache hingestellte bloße Vermutung, daß der Aspergillus auch 
die alkoholische Gärung bewirke, braucht nicht noch einmal eingeganzen 
zu werden. Eine klarere Darstellung gab der genannte Autor (2) erst 
später im Jahre 1898, wo er den wässerigen Extrakt der von dem 
Reisschimmel durchsetzten Weizenkleie mit Alkohol fällte und so nach 
Trocknen und Pulvern des Niederschlages eine Taka-Diastase als 
wasserlösliches, geruchloses, kaum gefärbtes Pulver gewann, das unbe- 
grenzt lange haltbar, zumal auch von erheblichem Verflüssigungsver- 
mögen gegenüber Stärke sich erwies. Mit der Malzdiastase verglichen, 2 
verflüssigt, wie Srox£ und WriıcHT (1) feststellen konnten, diese Taka- 
Diastase den Stärkekleister schneller, ie verschwindet die Jodreaktion 
merklich langsamer; als technischen Malzersatz wollen dieselben sie aber 
für sehr geeignet halten, auch soll nach Errroxt (1) ihre Wirkung durch 


Asparagin, Aluminiumsalze, Phosphate noch zu steigern sein. Bei der: 


Prüfung zwecks therapeutischer Verwendbarkeit stellten Srrauss und 
STARGARDT (1) fest, daß die Wirkung in Magensäften mit 0,11 Proz. 
freier Salzsäure nur noch gering ist, bei 0,139 Proz. Säure aber ganz 
aufhört. Nach WisGrave (1) war das Präparat minder empfindlich als 


Malzdiastase. Ob diese Diastase identisch mit Malzdiastase ist. läßt: 


WRrÖBLEwsKt (1), der neuerdings ihre Reindarstellun2e versuchte und 
demzufolge sie ein den Proteosen nahestehender Proteinstoff ist, noch 
offen. Von BartH (1) ist ein derartiges Präparat noch mit einigen an- 
deren Handelspräparaten verglichen worden: Verzuckerungsvermögen (als 


„Fermentativ*-Vermögen bezeichnet), Wasser- und Asc hengehalt (in Proz.) 33 


waren folgende: 


I. Taka-Diastase II. Malzdiastase III. Tierische Diastase 


Fermentativ-Vermögen : 8,63 11,5 27.4 
Asche: 2,65 6,77 13.09 
Wasser: 10,35 7,75 5.64 


Zu beachten bleibt dabei, daß das Präparat „Taka-Diastase“ keine 
einheitliche Substanz, sondern eben ein Gemenge mehrerer Enzyme ist. 
Dessen Maltase- Gehalt bedingt bei Einwirkung auf starke Dextrose- 
Lösungen auch die Rüc kbildune (Reversion) von Maltose (s. Rd. IV, S. 415). 

Ueber unsere Aspergillus-Diastase finden sich übrigens selbst in der 
besseren Literatur manche unrichtigen Darstellungen, auf die hier ein 
Hinweis am Platze ist. So sagt Green (1), daß man noch nicht be- 
stimmt wisse, ob der Reis oder der Pilz die Quelle des Enzyms sei; 
dieser Punkt ist aber noch nie zweifelhaft gewesen. Noch störender 
ist, dab Green hier die zahlreichen früheren Nachweise der diastatischen 
Wirkung des Reisschimmels ganz übergeht. 

ls ist hier nicht unsere Aufgabe, der wissenschaftlich prinzipiell 
Neues nicht bietenden Patentliteratur auf dem Gebiete der Pilz- 


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— 334 — 


verzuckerung zu folgen; die Zahl neuer Verfahren in den letzten zehn 
Jahren, beginnend mit dem TaxanısE's, ist keine geringe, steht aber wohl 
im umeekehrten Verhältnis zu deren technischen Wert. Erwähnt sei 
hier nur die Absicht CALMETTE's (2) zur Darstellung von Dextrose aus 
>sMais mit Hilfe zuckerbildender Pilze (Aspergillus, Mucor),; es sollen so 
97 Proz. Ausbeute an Zucker (mit geringem, unter 3 Proz. liegendem 
Dextrin-Gehalt) gewonnen werden. BarBET (1) will im Jahre 1900 durch 
Mithilfe ebensolcher Pilze aus verzuckerten Würzen neben Alkohol 
Preßhefe gewinnen; das Verfahren berührt sich mit dem im nächsten 

ıo Paragraphen zu erörternden älteren Amylo-Verfahren. Aehnlich war auch 
schon das frühere die Taka-Diastase benutzende Verfahren von TARA- 
MIınE (3), neue Ideen bietet es also. nicht. 


$ 54. Die Mucoreen-Verzuckerung im Oceident. 
(Das Amyloverfahren.) 


15 ÜALMETTE (1), der schon im Jahre 1891 für die französischen Be- 
sitzuneen in Hinterindien die Verwendung reingezüchteter Pilze an 
Stelle der „levure chinoise* mit ihrem unreinen Pilzgemenge empfahl, 
ist bei diesem Vorschlage nicht stehen geblieben; er unternahm alsbald 
selbst in Europa die Ausführung seiner Idee. Er versuchte, den Mucor 


»» Rouxii (seinen Amylomyces; s. Bd. IV, S. 481) als Malzersatz in die 
Brennereien Frankreichs einzuführen. Die ersten über dieses in Seclin 
bei Lille eingerichtete Verfahren in die Fachpresse gelangten Berichte 


waren ziemlich alarmierender Art; da sollte tatsächlich ein Pilz ver- 
wendet werden, welcher Stärke direkt auf Alkohol vergärt, an Ausbeute 
»und Qualität des Produkts außerdem alles Bisherige übertrifft. Erst 
allmählich wurde dann der wirkliche Sachverhalt genauer bekannt. 
Das Amylo-Verfahren (von Amylomyces) benutzt allerdings den 
genannten Mxcor als zuckerbildendes Agens, es verzichtet jedoch nicht 
auf die Ver wendung von Malz und Hefe; zumal wird die alkoholische 
»Gärung der Maischen gerade wie bisher durch Hefeneinsaat bewirkt, 
das wesentlich Neue liegst aber in dem hier zum erstenmal gemachten 
Versuch zur Durchführung von Verzuckerung wie Vergärung in steriler 
Lösung, wodurch alle Nebenwirkungen von F remdorganismen fortfallen. 
Die Arbeitsweise ahmt eine Reinkultur im Großen nach: der Schwer- 
> punkt liegt also in der Apparatur. Da neben besserer Ausnützung der 
Rohstoffe Verluste durch Verdunsten von Alkohol sowie Nebengärungen 
fortfallen, ist die etwas höhere Alkohol-Ausbeute verständlich; ihr stehen 
aber die Kosten für die großen Gärapparate und den durch die Sterili- 
sierung bedingten Mehrverbrauch an Heizmaterial gegenüber, die wohl 
nur zum Teil durch eine Malzersparnis gedeckt werden. Ueber die 
Ausführung des Verfahrens liegen genauere Mitteilungen von FERNBACH (1), 
Corverte und Boipı (1), Canmerne und Boımıx (1), Forn (1), Der- 
BRÜCK (1) und SaarE (1) aus den Jahren 1399—1900 vor. Es arbeiten 
nach dh Brennereien in Frankreich, Belgien, Italien, Spanien, Ungarn; 
»über die auch in anderen Ländern (Rußland, Norwegen, Deutschland) 
semachten Versuche ist seitdem nur wenig bekannt geworden, für deutsche 
Verhältnisse (zumal Kartoffelmaischen) scheint es aber nicht anwendbar 
zu sein. Im einzelnen ist es mehrfach modifiziert worden, auch den 
Mucor Rouxii hat man durch andere Pilze, wie Rhizopus-Arten (s. Bd. IV, 
:o8. 495 u. 497) und Aspergillus Oryzae, zu ersetzen versucht; neuere be- 


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—_— 33 — 


stimmte Mitteilungen fehlen jedoch. Ob die verschiedenen Patente auf- 
recht erhalten werden, ist wohl zu bezweifeln. 

Das Verfahren, dem wir hier nur in kurzen Zügen folgen können, 
umfaßt die Prozesse der Maischenbereitung, Sterilisierung. 


Verzuckerung und Gärung, letztere beiden die Zeit von zusammen 5 


sechs Tagen beanspruchend. Das Rohmaterial (Mais) wird im Henze- 
Dämpfer mit dem doppelten Volumen Wasser ungefähr drei Stunden bei 
vier Atmosphären gehalten und nun in den Vormaischbottich getrieben, 
wo in einer halben Stunde bei 70° der Stärkekleister durch Grünmalz 


(2 Proz. des Maises) verflüssigt und teilweise verzuckert wird. Die ıo 


Gärgefäße von auberordentlichen Dimensionen sind hermetisch verschlieb- 
bare, mit Rührwerk versehene Eisencylinder von ca. 6 m Höhe mit Zu- 
leitungsröhren für Dampf oder sterile Luft und Abzugsvorrichtung für 
die entwickelte Kohlensäure, außerdem rasch abzukühlen durch Wasser- 
berieselung. Nach Sterilisierung und dem innerhalb fünf Stunden be- 
wirkten Herunterkühlen auf 38° C erfolgt die Pilzaussaat in Gestalt 
einer aus dem Laboratorium gelieferten Reinkultur auf Reis im Gewicht 
von kaum 10 g, die sich alsbald zu einem die ganze Flüssigkeit durch- 
setzenden submersen Mycel entwickelt, dessen Diastaseausscheidung 
nunmehr Dextrine wie noch vorhandene unaufgeschlossene Stärke in 
gärungsfähigen Zucker umzusetzen beginnt. Die gleichzeitig einsetzende 
schwache alkoholische Gärung — mit deren Hilfe man früher allein 
arbeiten wollte — ist zu träge, um sie praktisch auszunutzen. Nunmehr 
erfolgt bei ca. 33°C der Hefenzusatz. Auch hier verwendet man 
wieder eine im Laboratorium vorbereitete Reinkultur, und zwar eine 
gute Brennereihefe (Kasse II; s. S. 266), von der ca. 10 g unter selbst- 
verständlichen Vorsichtsmaßregeln zugeführt werden; gegenüber dem 
sonst üblichen Verfahren ist das eine minimale Menge, sie genügt aber, 
um schon nach einem Tage eine lebhafte Gärung aufkommen zu lassen. 
Verzuckerung und Gärung arbeiten jetzt nebeneinander; 3—4 Tage nach 
der Hefeneinsaat ist die Saccharometer-Anzeige auf 0” heruntergegangen, 
der Prozeß ist beendet (sechstägige Gärung) und es folgt die Destillation. 
Die nach der Art von Reinzuchtapparaten konstruierten Gefäße baut 
man bis zu einem Inhalt von 130000 |, eine französische große Brennerei 
soll nach Forn (1) deren 24 in Betrieb haben. 

An Ausbeute gaben in dem ersten von CoLLETTE und BoIın 
zu Seclin errichteten Betriebe 100 kg Mais — 10000 kg werden zur 
Beschickung der Apparate von 1000 hl Inhalt verwendet — zufolge einer 
Reihe von Bestimmungen 36,45— 37,45 |, auch 37,81 1, absoluten Alkohol; 
der verwendete Mais enthielt 57,45 Proz. Stärke. 100 kg Stärke sollen 
nach diesem Verfahren 66.6 1 absoluten Alkohol „eben, theoretisch 
wären 71,61 möglich. Die beste Malzverzuckerung ergibt im Vergleich 
dazu bei Verarbeitung von Kartoffeln 63 |, also gegen das Amylo-Ver- 
fahren 3,6 1 weniger. Nach Forn’s Angaben wurden in der Anker- 
brennerei zu Antwerpen aus 100 kg Rohmaterial (amerikanischer Pferde- 
zahnmais mit durchschnittlich 60 Proz’ Stärke) bei Verbranch von 2 kg 
Malz (Ersparnis von ca. 13 Proz. des Maischmaterials) eine Ausbeute 
von 38,5-—39,5 1 absoluten Alkohol erzielt, was einer besseren Aus- 
nutzung des Rohstoffes um 10—12 Proz. gegen das sonstige Verfahren 


entspricht; 35 1 gelten schon als gute Ausbeute. Der Alkohol selbst: 


soll von besserer (Qualität sein. Daß dem Mehrgewinn auch Mehrkosten 
gegenüberstehen, wurde bereits erwähnt, eine Rentabilitätsrechnung ist 
aber hier nicht unsere Aufgabe. Da das Verfahren indes vergorene 


20 


2 


> 


) 


— 336 — 


Maischen von nicht wesentlich über S Proz. Alkohol liefert. so ist, wie 
DELBRÜCK (1) gelegentlich einer rechnerischen Prüfung seiner Vorteile 


hervorhob, bei der in Deutschland bestehenden Maischraumsteuer an 


eine Einführung nicht zu denken, es sei denn, daß der Alkoholgehalt 
sauf 12 Proz. zu steigern wäre. In Frage kämen da allenfalls zumal die 
zahlreichen landwirtschaftlichen Kartoffelbrennereien, doch sind die Ver- 
suche über Anwendbarkeit des Pilzes gerade für Kartoffelmaischen seitens 
HENNEBERG (1) und WERNER sehr ungünstig verlaufen; die Vergärung 
solcher Maischen ist schlecht, auch sind sie in hohem Maße und trotz 
ıo vorsichtigsten Arbeitens verderblich wirkenden Bakterieninfektionen aus- 
gesetzt. Offenbar ist also diese Gefahr für Maismaischen geringer, und 
wohl nicht zum wenigsten diesem Umstande verdanken die großen 
Amylo-Apparate ihr meist tadelloses Funktionieren; vergl. Bd. IV, S. 497. 
Mit Hilfe desselben Pilzes wollen CoLLertEe und Boıpıy (2) aus den 
ıs Rückständen der Preßhefenfabrikation noch Alkohol gewinnen. Auch 
der Aspergillus Oryzae taucht in neueren derartigen Patentansprüchen 
wieder auf; ein näheres Eingehen erübrigt sich, etwaige Neuerungen 
sind nur technischer Art. 
Alkoholgewinnung aus stärkehaltigen Rohmaterialien will Turner (1) 
»» auch durch eine Art „Indischer Hefe“ (Kugeln aus Reismehl bezw. Rinden- 
teilen verschiedener Bäume) erzielen, deren Wirksames ein nicht näher 
beschriebener Mucor ist. Derartige neue Verfahren existieren bekannt- 
lich nicht selten lediglich auf dem Papier, und so ist auch von Ver- 
suchen mit dieser Indischen Hefe nichts weiter bekannt «eeworden. 
Aus einem indischen „Hefe“-Material wurde übrigens auch der Mucor 
Praini (s. Bd. IV, S. 483) von NEcHItcH (1) und OHopar isoliert. 


$ 55. Die westindische Rumbrennerei. 


Die in den verschiedenen tropischen Ländern durchweg zur Her- 
stellung alkoholischer Getränke benutzten Abfälle der Rohrzucker- 
sv Fabrikation liefern nicht nur den im $ 81 besprochenen Arrak sondern 
auch den Rum. Die Aehnlichkeit der beiden aus dem gleichen Roh- 
material durch alkoholische Gärung dargestellten Produkte kommt in 
der chemischen Zusammensetzung (Gehalt an denselben organischen 
Säuren und deren Aethylestern) zum Ausdruck. Das Verfahren bei der 
> Fabrikation des Rums weicht aber insofern von dem des Melasse-Arraks 
ab, als kein stärkehaltiger Hilfsstoff verwendet wird; der 
javanische Tapej mit seinem bunten Organismengemenge von Mucoreen, 
Hefen u. a. kommt also in Fortfall. Dafür sehen wir bei der Rum- 
fabrikation in Gestalt des sogen. Dunder — der bei der Destillation 
szurückbleibenden, alten, Mikroorganismen enthaltenden Schlempe — ein 
anderes Hilfsmaterial eintreten, dem stellenweis große Bedeutung bei- 
gelegt wird. 
Die Rum-Darstellung — eng mit dem Anbau des Zuckerrohrs ver- 
knüpft — wird ganz vorzugsweise in Westindien (Jamaica, Cuba, 
‚(uadeloupe, Martinique, St. Thomas, Trinidad, St. Croix, St. Vincent) 
und auf dem benachbarten Teil des südamerikanischen Festlandes (ins- 
besondere Britisch und Holländisch Guyana, Brasilien) betrieben, über- 
dies auch auf Madagaskar und Mauritius, untergeordnet in Ostindien 
und auf den Sundainseln, wo die Arrakfabrikation überwiegt. Es sind 
soaber weder die übrigens nur lückenhaft bekannten Verfahren an den 


ee 


einzelnen Orten — und selbst in verschiedenen Betrieben der gleichen 
Lokalität — die gleichen, noch die erzeugten Sorten gleichwertig. Als 
beste Sorte gilt der Jamaica-Rum, seine Superiorität gegenüber dem 
Cuba-Rum und anderen westindischen Marken (Trinidad, Demerara usw.) 
ist nach HERZFELD (1) sowohl durch die Art des Rohmaterials wie durch > 
die besonderen Verfahrungsweisen bedingt, hierbei soll gerade der noch 
auf S. 338 zu besprechende Dunder eine Hauptrolle spielen. Die Be- 
richte über die meist nach Rezepten arbeitende Fabrikation sind nur 
kurz, auch nicht selten einander widersprechend; eine Zusammenstellung 
der früheren Literatur gab SELL (2) in seiner Studie über Cognac, Rum 1» 
und Arrak, neuere Angaben sind dann von GrEs (1) hinzugekommen. 
Wir beschränken uns hier auf den Entwurf eines kurzen Bildes. 

Die chemische Zusammensetzung des Rums ist wiederholt studiert 
worden. Das zwischen 46—94 Proz. Alkohol haltende Destillat wird 
für den Handel gewöhnlich auf eine Stärke von 73—77 Proz. gebracht, ı5 
französischer Rum hat nach GikArD jedoch nur 50—65 Vol.-Proz. Alkohol. 
Neben älteren Analysen liegen da die sich auf unzweifelhaft echten 
Jamaica- bezw. Cuba-Rum beziehenden Untersuchungen von HERZFELD 
und SErL aus den Jahren 1890 und 1892 vor. Ob auch — wie MArcano (2) 
angab — Methylalkohol (s. Bd. IV, S. 395) zugegen ist, läßt SELL (2) » 
nach seinen fruchtlosen Nachweisversuchen offen. Unstreitig sind aber 
höhere Alkohole (Fuselöle) vorhanden; in verschiedenen Jamaica- und 
Cuba-Rumsorten bewegte sich ihr Gehalt zwischen 0,037 und 0,140 Vol.- 
Proz., daneben war Aldehyd und Furfurol qualitativ nachzu- 
weisen. Wiederholt diskutiert worden ist die Frage nach dem Gehalt» 
an Ameisensäure (s. Bd. IV, S. 384); es genüge hier, kurz die Tat- 
sache zu konstatieren, daß diese Säure sowohl fehlen wie vorhanden 
sein kann, weder An- noch Abwesenheit ist also ein Kriterium für echten 
Rum. Man vergleiche darüber die Untersuchungen von List (1), 
Brunner (1), SCHUHMACHER-KoPP (1). Außerdem fand Serı regelmäßig so 
freie Essigsäure (0,047—0,105 g in 100 ccm), Buttersäure (0,002 bis 
0,011 g), Caprinsäure (0,003—0,012 g) in den verschiedenen unter- 
suchten Marken bezw. Sorten. In Esterform Bestandteile des Rum- 
bouquets bildend, sind Essigsäure und Buttersäure zugeeen, endlich auch 
Säuren von angenehmem obstartigen Geruch (Oenanthsäure bezw. Oenanth- 
äther?). Ameisensäure, Essigsäure, Buttersäure, Caprinsäure als Aethyl- 
ester sind von SELL qualitativ bestimmt worden. Rum und Arrak enthalten 
qualitativ wie quantitativ ungefähr dieselben Bestandteile, doch enthält 
der Rum nach den Analysen Seun’s mehr Fuselöle und durch- 
schnittlich den doppelten Gehalt an Essigsäureäthylester. 
Handelsrum erhält außerdem durch Zusatz gebrannten Zuckers bräun- 
liche Farbe. Der bis auf 0,48 Proz. steigende Extraktgehalt der Handels- 
ware schließt Spuren Asche sowie etwas Invert- und Rohrzucker ein. 
Gewisse Rumsorten sollen nach Lixper (1) reich an organischen Basen 
sein, die schon vor der Gärung in der Melasse durch Mikroorganismen 4 
gebildet werden, ein wohl näheren Verfolges werter Punkt. 

Zur Darstellung des Rums überläßt man die nach dem Auskristalli- 


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sieren des Rohrzuckers übrigbleibende sirupöse Melasse — neben Rohr- 
zucker viel Invertzucker und aromatische Stoffe enthaltend — nach 


Verdünnen mit Wasser in Fässern oder großen irdenen Gefäßen der 

Gärung, die langsam im Verlauf der nächsten Tage beginnt. Man fügt 

also — wenigstens galt das bis zur Mitte der neunziger ‚Jahre zUu- 

nächst keinerlei besondere Hefe hinzu, bei späteren Ansätzen 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. \ 28 


4 
- 


— 33 — 


benutzt man die Hefe der früheren Gärungen. Aus der Literatur ist 
nicht klar zu sehen, inwieweit das Eintreten der ersten Gärung durch 
Organismen des zugesetzten Dunders und des Inhaltes des Trash- 
Behälters (— Behälter mitabgepreßtem Zuckerrohr, in dem auch Milchsäure, 
s Essigsäure und Buttersäure zugegen sind) beschleunigt wird, jedenfalls 
enthält die in den Fabriken nicht sterilisierte Melassenlösung bereits 
reichlich Hefen, erhält solche auch da weiterhin zugeführt, wo Teile des 
Zuckerrohrs oder frischer Rohrsaft ihr beigemengt werden. Das Destillat 
der vergorenen Masse ist der Rum. So in den Hauptzügen; im einzelnen 
kommen mancherlei Besonderheiten vor, auch hat vielleicht die neuere 
Zeit den Forderungen der Reinzucht und Reingärung einige Konzessionen 
gemacht. Die Güte des Fabrikats hängt übrigens von mancherlei Um- 
ständen ab, der beste Rum wird nur aus Melasse dargestellt; vielfach 
mischt man ihr aber Abfälle des Zuckerrohrs sowie den vom einkochenden 
ıs Zuckersaft abgefüllten Schaum (Skimmings), auch frischen Zuckersaft 
und die früheren Destillationsrückstände (Dunder) bei. Auch aus Skim- 
mings und Abfällen allein erzeugt man eine geringe Sorte (Neger-Rum). 
Der Zuckergehalt der zu vergärenden Flüssigkeit mag sich auf 12 bis 
20 Proz. belaufen, die Gärdauer wird sehr verschieden (3—4 bis ca. 
»14 Tage) angegeben. 

Aeltere Mitteilungen über Rumfabrikation sind schon von PORTER, 
Rogınson (1) u. a. gemacht worden, spätere stammen von MOREWOoD (1), 
welche auch der immerhin schon 30 Jahre alten Schilderung STOHMANN’S (1) 
zugrunde liegen, sowie endlich von RıcHter (1). Näher auf die tech- 

» nischen Einzelheiten einzugehen, ist hier nicht der Ort. Von den ver- 
schiedenen Punkten interessiert uns nur die Frage nach den Gärungs- 
organismen, als deren Träger in Westindien von einigen der alte Dunder, 
also die bei der Destillation zurückbleibende Schlempe, angesehen wird. 
Nach Morewoop’s Bericht wird der Dunder sorgfältig gesammelt und 

»auch für die folgende Campagne aufbewahrt, er stellt eine gelbliche, 
etwas bitter schmeckende Flüssigkeit dar, die in gutem, möglichst altem 
(gesäuertem) Zustande wesentliches Erfordernis zur Erlangung eines 
guten Rums sein soll. Demgegenüber erzählt Rıcater (1) freilich, dab 
er für manche Betriebe als wertlos betrachtet wird. auch gehen die 

3 Meinungen darüber auseinander, worin denn sein Wert liegt. Manche 
Brenner sollen ihn angeblich wegen seines Zuckergehaltes schätzen, nach 
Rosgısson (1) liefert er aber den Gärungserreger und trägt so zum 
schnelleren Verlauf der Gärung bei. Nach Srtonmann’s Annahme ver- 
bessert er Ausbeute und Aroma. Herzreup (1) läßt ihn dagegen eine 

übrigens plausible dreifache Rolle spielen, indem sein Buttersäuregehalt 
für die Esterbildung, der Gehalt an Hefen-Bestandteilen für die 
Ernährung der neuen Hefe und die Säure endlich für Herstellung 
der erwünschten Acidität (Schutz gegen die Essiggärung) in Frage 
kommt; tatsächlich ist die Essigegärung von dem Rumbrenner besonders 
4 gefürchtet, die tropische Temperatur leistet ihr jederzeit Vorschub. Auf 


Cuba wird der Pflege des Dunders — wenn er überhaupt verwendet 
wird — jedoch wenig Sorgfalt zugewendet, indes man auf ‚Jamaica in 


der richtigen Behandlung desselben geradezu die Bedingung zur Er- 
zielung eines guten Rums sieht, und diesem Umstande wird die Superiorität 
5odes Jamaica Rums nicht zum wenigsten beigemessen. Ueber die Orga- 
nismen des sich bei der Aufbewahrung mit einer dicken Haut bedecken- 
den und auch eine Essiggärung durchmachenden Dunders ist Kaum etwas 
bekannt; er soll Essig- und Buttersäurebakterien enthalten, 


339 


während über eine doch naheliegende Milchsäuregärung nichts angegeben 
wird. Als hefenhaltige milchsaure Schlempe (Hefenmaische) wäre seine 
günstige Wirkung übrigens wohl verständlich. 

Ueber die Organismen der Rumgärung sind zuerst von Marcanxo (2) 


einige Versuche angestellt worden. 


Derselbe beschreibt eine von der 5 


Bierhefe verschiedene Hefe, anscheinend Sproßzustand eines Mycelpilzes, 
welche Rohrzucker invertierte und neben Aethyl- auch Methylalkohol 
sowie eine eigentümlich riechende Fettsäure bilden soll. Die Annahme, 
daß bei der Rumgärung besondere Hefen beteiligt sind, ist dann auch 
weiterhin mehrfach vertreten worden, demgegenüber wurde freilich von 1 
HERZFELD (1) geltend gemacht, dab etwaige Verschiedenheiten des 
Gärungserregers hier keine so wesentliche Rolle spielen wie anderweitige 
in der Art des Gärmaterials und der Dunder-Beschaffenheit liegende 


Momente. 


Es ist nun zwar anzunehmen, daß die in Frage kommenden 


Alkoholhefen sich mit unseren technischen Arten der Brennerei nicht ıs 
decken, die Flora der Rumgärung vielmehr, ähnlich jener der Arrak- 
gärung (s. $ 81), Besonderes bietet; inwieweit ihr aber ein mitbestim- 
mender Einfluß auf den Charakter des Getränkes zukommt, ist eine 
andere Frage, die anscheinend auch heute noch nicht völlig erledigt ist. 
Mit ihr und den verschiedenen Hefenformen befassen sich spätere Mit-» 


teilungen von Hart und GREG (1). 


Ersterer isolierte wie schon Marcaxo 


ellipsoidische Sproßhefen, letzterer dagegen eine Spalthefe in acht ver- 
schiedenen Rassen, mit denen von ihm @ine Reihe von Versuchen durch- 


geführt wurde. 


Die Erscheinung, daß hier gerade wie bei der Arrak- 


gärung auf Java eine Spalthefe mitwirkt, ist jedenfalls nicht ohne 


Interesse. 


Unter den von Grec (1) isolierten acht Spalthefenformen erachtet 
derselbe eine als Schizosaccharomyces mellacei Jörg. benannte Oberhefe 


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Fig. 26. Schizosaccharomyces mellacei. 


Vegetative und sporenbildende Zellen. 
Nach Jüörgensen. 


(s. Fig. 26 und Bd. IV, S. 190) mit 
langsamer 10—14 Tage dauernder » 
Gärung — die anderen sieben Formen 
sind Unterhefen — als besonders 
wichtig, sie allein soll Bildnerin des 
Rum-Aromas sein, vorausgesetzt, 
dab der Melasse Dunder zugesetzt 
wird; das Aroma tritt also nicht 
in Melasse oder Rohrzuckersaft 
ohne Dunder auf. Trotzdem soll 
der Dunder an sich nichts mit der 
Aromabildung zu tun haben, sondern 
diese nur Folge der vorhergehenden 
Behandlung des Saftes mit Kalk in 
den Zuckerfabriken sein, da derartig 
behandelter Zuckerrohrsaft, sterili- 
siert und neutralisiert bezw. schwach » 
angesäuert, auch ohne besonderen 


Dunder-Zusatz mit dem Schizosacch. mellacei das charakteristische Aroma 
gab. Andere ‚Jamaica-Hefen erzeugten es aber auch unter solchen Um- 


ständen nicht. 


Die das Aroma liefernde fruchtartie riechende Substanz 


ist von Gres nicht isoliert oder chemisch definiert worden, er nennt so 
sie einfach „Fruchtsäure“ und fand sie auch reichlich im alten Dunder, 
läßt sie aber nicht durch Bakteriengärung entstehen, sondern in irgend 
welcher Form bereits im Saft präexistieren; durch die Behandlung mit 


2% 
.. 


— 340 — 


Kalk geht sie angeblich in ein Kalksalz über, aus dem sie wieder durch 
die im Saft oder Dunder eintretende Essiggärung freigemacht werden 
soll. Ohne näher auf eine kritische Prüfung der Ausführungen GreEg’s 
einzugehen, genügt es, zu konstatieren, daß also doch auch hier der alte 
5Dunder eine Rolle für die Aromabildung spielt und daß da schließlich 
nicht die Hefe allein das Ausschlaggebende ist, so mitbestimmend im 
übrigen auch ihre besonderen Eigentümlichkeiten sein mögen. Es liegt 
aber kein Grund vor, dieselben einseitig zu überschätzen, zumal wir 
wissen, dab mancherlei Stoffe Anteil an dem Rumbouquet haben und 

unter ihnen wenigstens Essig- und Buttersäureester auch eine Bakterien- 
Mitwirkung erweisen. 

Uebrigens vergor der Schizosaccharomyces mellace Würze nur auf 
2,5 Proz. Alkohol, als Hauptgärerreger kommt er also wohl kaum in Frage, 
auch die anderen sieben Formen erzeugten nur 6,6—7,6 Vol.-Proz. Al- 

ı5skohol, so dab ohne kräftiger wirkende Hefen eine befriedigende Ver- 
gärung der Rummaischen zweifelhaft bleibt. Es wäre eine Aufgabe 
weiterer Untersuchungen, diese Spalthefe genauer mit dem Schizosaccharo- 
myces Vordermani (s. S. 327) zu vergleichen. Im Gegensatz zu diesem 
bildet sie allerdings Sporen, doch ist noch gar nicht ausgeschlossen, dab 

»auch die Arrakspalthefe, sobald sie näher daraufhin verfolgt würde. 
unter geeigneten Bedingungen solche erzeugt und somit tatsächlich eine 
Identität der Formen existiert. Trotz der ganz verschiedenen Oertlich- 
keit spräche vielleicht dafür das Vorkommen in demselben Substrat; 
denn offenbar entstammt auch die Rumspalthefe — deren nur kurzer 

3 Beschreibung und Abbildung bei JÖRGENSEN (1) keine Maße oder Ver- 
größerungszahlen beigegeben sind — der mit Fluß- oder Zisternenwasser 
verdünnten Rohrzucker-Melasse. Die Beschaffung von Wasser in West- 
indien ist, beiläufig bemerkt, nicht immer ohne Schwierigkeit; oft muß 
man es als Regenwasser in Zisternen auffangen. 

30 Daß die von allerlei Zufälligkeiten abhängige wilde Rumgeärung 
einer von modernen Grundsätzen geleiteten Verbesserung bedarf, ist 
sicher, darauf hat auch Gree bereits hingewiesen. Ob diese Vorschläge 
in der Praxis Beachtung gefunden haben, steht dahin, es liegen neuere 
Mitteilungen darüber nicht vor. Man darf nicht vergessen, daß ein 

3konservatives Verhalten der Praxis in solchen Fällen immerhin ver- 
ständlich ist: der Rumfabrikant wird auf das Risiko hinweisen, dem 
er durch Aenderung seines alten Verfahrens ausgesetzt ist; denn schlieb- 
lich hat ja gerade das nach diesem Verfahren hergestellte Fabrikat sich 
Weltruf erworben. Es muß also die Aufgabe besonderer staatlicher oder 

40 genossenschaftlicher Versuchsstationen ‘oder Laboratorien sein, dem 
Fabrikanten den richtigen Weg zu zeigen. 

Nicht unerwähnt soll hier bleiben, daß man sich in Deutschland 
versuchsweise ernstlich mit Darstellung rumartiger Flüssigkeiten aus 
Saft und Melasse von Zuckerrüben, also wohlfeilen einheimischen 

#5 Produkten, beschäftigt hat; über diese allerdings nicht zum erfolgreichen 
Abschluß gebrachten Experimente ist von Herrzreup (1) ausführlicher 
berichtet worden. 

Die jährliche Rumproduktion ist nicht unerheblich, aber schwer in 
Zahlen festzulegen; vor ca. 15 Jahren wurde sie von Scarva (1) aut 

5oca. 60000 hl angegeben. Frisch destillierter Rum ist farblos, gelblich 
färbt er sich bereits in den Fässern, die stärkeren Farbentöne der 
Handelsware sind Folge eines Zusatzes von gebranntem Zucker. In aus- 
gedehntem Maße findet Verschnitt mit Alkohol statt (Verschnitt-Rum). 


— 341 — 


Der sogen. Facon-Rum ist überhaupt kein Gärprodukt, sondern eine 
künstlich durch Mischung der verschiedenen Bestandteile erhaltene Nach- 
ahmung, die vielfach den billigeren Handelsrum bildet. 

Als Krankheit des Rums (faulty rum) endlich hat man eine 
Erscheinung bezeichnet, die gelegentlich in Westindien und Britisch 
Guyana beobachtet wurde und im wesentlichen eine Organismen-Trübung 
darstellt, die zumal bei Verdünnung mit dem gleichen Volumen Wasser 
sich entwickelt. Derartige fehlerhafte Rumfabrikate enthielten nach 
Untersuchungen von V. und L. Verey (1) anscheinend verschiedene Orga- 
nismen (kuglige und stäbchenförmige Bakterien, Schimmelpilze u. a.), die 
nicht näher identifiziert sind. Es liegt wenigstens kein rechter Grund 
vor, dies Gemenge mit VErEY als einen pleomorphen Organismus (Coleo- 
thrie methystes) aus der Gruppe der Fadenbakterien (!) anzusprechen. 
In dem Rum selbst (mit 75 Proz. Alkohol) findet Weiterentwicklung 
dieser Organismen nicht statt, sie tritt lediglich, wie schon bemerkt, erst 
beim Verdünnen mit Wasser ein; es kann also die Krankheit durch 
Einimpfen geringer Mengen der Bakterien nicht auf gesunden Rum 
übertragen werden, wohl aber erhält dieser die Eigenschaften des fehler- 
haften Rum bei Zusatz größerer Mengen. Infektionsquelle scheint guten- 
teils der zum Färben des Getränkes benutzte Caramel zu sein, vielleicht 
auch inficierte Fässer, in denen der Rum aufbewahrt wird. 


Literatur 


zum Kapitel Durch Pilzenzyme bewirkte Stärkeverzuckerung im Brennereigewerbe. 
Mykologie der Rumbrennerei und der Arrakbereitung. 


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U; 7 72 


Fünfter Abschnitt. 


Mykologie der Weinbereitung. einschließlich 
Beerenwein und Met. 


(Manuskript-Einlauf: 
8. Juli 1910.) 


14. Kapitel. 
Die Pilzflora auf Trauben und Obstfrüchten. 
Von Prof. Dr. ‚Jon. BEHRENS. 
$ 56. Die auf den Rohmaterialien der Weinbereitung 
vorkommenden Keime. 


Bis vor verhältnismäßig kurzer Zeit hat man bei der Bereitung 
alkoholischer Getränke aus süßen Früchten sich einfach damit begnügt, 


die Früchte zu zerkleinern und den Fruchtbrei oder den durch Aus- ; 


pressen des Breis gewonnenen Saft der spontanen Gärung zu überlassen. 
Man hatte eben die Erfahrung gemacht. daß bei einem derartigen Ver- 
fahren unter entsprechenden Temperaturverhältnissen, überhaupt unter 
den Verhältnissen der Praxis, alkoholische Gärung des Zuckers fast 
ausnahmslos eintritt. Das unmittelbare Produkt dieser Gärung wird 
entweder selbst als Wein genossen (besonders Trauben-, Aepfel-. Birnwein) 
oder aber durch Destillation zu einem alkoholreichen Branntwein ver- 
arbeitet, der auch das Aroma des Materials und des Gärungsproduktes 
enthält (besonders Kirschen und anderes Steinobst). 

Früher unbewußt, später, besonders seit Pasrteur's Untersuchungen, 
allmählich mehr und mehr bewußt, rechnete man also bei der Bereitung 
der Trauben- und Obstweine sowie der Fruchtbranntweine mit der Tat- 
sache, dab die süßen Früchte im Naturzustande regelmäßie Keime von 
Erregern der alkoholischen Gärung, Hefen, enthalten und in den Saft 
hineinbringen. Die ersten Untersuchungen über die Organismenkeime, 
welche auf süßen Früchten vorkommen, verdanken wir wohl Horr- 
MANN (1), der die verschiedensten Keime in dem Staub fand, den er mit 
stumpfem Skalpell von der Oberfläche einer Stachelbeere abgekratzt 


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— 34 — 


hatte, darunter neben braunen Pilzsporen (Stemphylium, Cladosporium) 
auch mehr hefenähnliche Keime, die er als Glieder von Oidium, Monilia, 
Torula bezeichnet. Ueber seine Ansicht vom Zusammenhange der 
Hefe mit Fadenpilzen vergl. man S. 143 des Vierten Bandes. PAsTEur (1) 
sführte später den Nachweis, daß das Innere der gesunden saftigen 
Früchte frei ist von Gärungserregern, daß diese vielmehr auf die Ober- 
fläche der Früchte beschränkt sind. Im Staub, den er von Weintrauben 
(Beeren und Stielen) abwusch, fand er Schimmelsporen, Hefen, Mycoderma 
vint USW. | 
10 Die Tatsache, daß die süßen Früchte an ihrer Oberfläche mehr 
oder weniger zahlreiche Organismenkeime tragen, erscheint heute als ganz 
selbstverständlich, seitdem wir das alleemeine Vorkommen und die leichte 
Verbreitung der Mikroorganismen kennen. Unter den Bestandteilen der 
Früchte-Flora können wir, wie ganz allgemein unter den Bewohnern 
von Pflanzen und Tieren, zwei verschiedene Kategorien unterscheiden, 
einmal solche, welche als reine Epiphyten auf die freie Oberfläche der 
Früchte beschränkt sind und nur dort, wo die natürliche Oberfläche 
durch Verletzungen unterbrochen ist, mit dem Fruchtinnern in Be- 
rührung kommen, und zweitens solche, welche das Innere der Früchte, 
»o das Fruchtfleisch, durchwuchern und an der Oberfläche nur ihre Frucht- 
organe bilden. Diese Endophyten der süßen Früchte, zu denen die 
Parasiten und die Fäulniserreger gehören, werden wir im folgenden 
Kapitel noch näher zu betrachten haben. Hier handelt es sich wesent- 
lich nur um die Epiphyten, zu denen insbesondere die der alkoholischen 
»Gärung fähigen Arten der Saccharomycetaceen gehören. 

Der Kreislauf, in welchem die Hefen auf die süßen Früchte ge- 
langen, ist bereits auf S. 148 u. f. des Vierten Bandes eingehend be- 
sprochen worden. Neue Untersuchungen, welche wesentlich die früheren 
bestätigen, stellte Descorrre (1) an, auf dessen Ergebnisse wir später 

3okurz zurückkommen. Die Angaben von Vıara und PAcoTtEr (1), nach 
welchen echte, wenigstens z. T. dem Typus der Weinhefe (Saccharomyces 
ellipsoideus) angehörige Hefen aus dem Schwarzbrennerpilz (Sphaceloma 
ampelinum), einem Parasiten der verschiedensten grünen Rebteile, auch 
der Beeren, entstehen können, ist nicht nur an sich unwahrscheinlich, 

sondern auch dadurch bereits direkt widerlegt, dab GUILLERMOND (1) 
die ebenfalls von Vrava und PacorrEr (1) behauptete Umwandlung des 
verwandten Platanenpilzes Gloeosporium nerviseqguium in eine echte Hefe 
nicht zu bestätigen vermochte. 

Die meisten Weinhefen sind wohl erst aus dem Bodensatz der ver- 

0 gorenen Fruchtsäfte isoliert worden. Unmittelbar von der Oberfläche 
reifer Früchte stammen unter den genauer bekannten Saccharomyce- 
taceen Saccharomyces ellipsoideus E. Cur. Hansen (s. Bd. IV, S. 176), 
Saech. marzianus E. Cur. Hansen (Ss. Bd. IV, S. 178), beide auf Trauben- 
beeren gefunden, Willia anomala E. Cnr. Hassen (s. Bd. IV, S. 186) auf 

ı: Pflaumen, Saceh. Ilieis GRÖNLUND und Sacch. Aquifolüi GrRöNLUND auf llex- 
früchten gefunden (s. Bd. IV, S. 177). Von den Trauben der Charentes 
isolierte DescorrreE (1) zwei Rassen des Sacch. ellipsoideus. Einer Hefe 
vom Typus des Sacch. pastorianus sollen nach Opıer (1) die Hollunder- 
beeren ihre Wirksamkeit gegen Krebs verdanken. Verschiedene Hefen 

;5o von Rosinen und Korinthen (s. Bd. IV, S. 190) züchtete BEYERIScK (1), 
eine „Mycolevure*“ von ÖOpuntiafrüchten Roranıs (1), einen Sacch. 
Opuntiae vom selben Substrat Uupranı und Sarcorı (1). Das Vorkommen 
von Hefen auf Ananasfrüchten (s. Bd. IV, S. 422) machen Kayser’s Be- 


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— 35 — 


obachtungen (1) wahrscheinlich. Auch die Hefen englischer Apfel- und 
Birnenweine, die PEARcE und BarkKER (1) sowie BARKER (1) studierten, 
stammen sicherlich von der Oberfläche der zu ihrer Bereitung ver- 
wendeten Früchte. Eine sehr gärschwache Hefe von der Oberfläche ge- 
trockneter schwedischer Heidelbeeren beschreibt MeıssyEr (2). 

Ueber den Kreislauf des auf den süßen Früchten gemeinen Sacch. 
apiculatus vergl. man S. 315 des Vierten Bandes. 

Auch das sogen. Dematium pullulans DE Bary, das auf S. 274 u. £. 
des Vierten Bandes näher behandelt ist, findet sich auf süßen Früchten 
nahezu regelmäßig. Zweifellos handelt es sich bei dem heutigen Ge- 
brauch der Bezeichnung Dematium pullulans um einen Sammelbegrift. 
So werden vielfach gewisse sprossende Entwickelungszustände der im 
Honigtau auf der Oberfläche verlauster Pflanzenteile überaus häufigen 
Rußtaupilze (s. Bd. IV, S. 273), speziell des sogen. (’apnodium (Fumago) 
salicinum Mont., als Dematium bezeichnet, so z. B. von LüsTNEr (1). 
Vielleicht findet neben dem Rußtau auch das echte Dematium in dem 
süßen, vielfach auch auf Früchten (Birnen, Trauben, Johannisbeeren usw.) 
zu findenden Sekret der Aphiden, Cocciden oder Psylliden (vergl. Büsgex[1]), 
dem Honigtau, ein zusagendes Nährmedium. Auch ein Eindringen von 
Dematium in die Traubenbeeren, ähnlich dem von ADERHOLD (3) be- 
sonders genau studierten Fusicladiumbefall des Kernobstes. kommt nach 
WOoRTMAnNN (4), der auch die allgemeine Verbreitung des Dematium auf 
den Traubenbeeren bestätigte (1), gelegentlich, aber selten. vor. Dematium- 
artige Pilze fanden auf der Oberfläche der Trauben ferner JÖRGENSEN (1) 


sowie ECKENROTH und Heımann (1), deren Spekulationen über den Zu-: 


sammenhang zwischen diesen Pilzen und Hefen allerdings noch einer 
überwundenen Periode angehören; vergl. Bd. IV, S. 144 u. 146. Nach 
ÜCoRDIER (1) findet sich Dematium pullulans kurz vor der Reife ganz 
allecemein auf den T'ranbenbeeren ein; sein Kreislauf ist ähnlich wie bei 


den echten Hefen; es soll allerdings bereits in den Blüten der Rebes 


vorhanden, sogar an deren Vanillegeruch schuld sein. Auf süßen 
Früchten wurde ferner die Monilia candida (Box.) Hansen gefunden, 
über welche man S. 335 des Vierten Bandes vergleiche. 

Weiter gehören sicherlich hefenähnliche, aber nicht sporenbildende 


Sproßpilze mannigfacher Art zur Epiphytenflora der Früchte: Torula-s; 


ceen, Mycodermen und andere. Jedenfalls ist es sicher, daß die in 
gärenden und vergorenen Fruchtsäften gefundenen Torulaceen, z. B. die 
Schleimhefen Meıssxer’s, die von Kramer, PEGLıoxn und Kayser in 
Most gefundenen gärfähigen Rosahefen, ferner die Kahmhefen, die in 
allen vergorenen Fruchtsäften regelmäßige zu finden sind, von der 
Oberfläche der Rohmaterialien her in den Wein gelangen. Einzelne 
Torula- Formen und Kahmhefen sind unmittelbar von der Obertläche 
süßer Früchte gezüchtet worden; man vergleiche darüber und über den 
Kreislauf der Torulaceen Bd. IV, S. 285. Nach Marrınann (4) soll an 
den Trauben eine gärkräftige Torula sehr verbreitet sein, welche sehr 
resistent gegen schweflige Säure sei und viel Acetaldehyd bilde, der 
die schweflige Säure bindet. 

Zweifellos fehlen endlich auf den Rohmaterialien der Weinbereitung 
auch Bakterien nicht, wenn auch relativ wenig darüber bekannt ist, 
schon weil die Medien, welche bei den systematischen Untersuchungen 
über die Flora der süßen Früchte zur Kultur benutzt wurden (Most- 
gelatine u. del.), für das Gedeihen der Bakterien recht ungünstir sind. 
Aber vor allem die Formen, welche Störungen der Gärung oder Ver- 


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— 346 — 


änderungen der vergorenen Fruchtsäfte hervorzurufen vermögen, dürften 
wesentlich schon dem Rohmaterial anhaften. Ist das für die Milch- 
säurebakterien, die nach Kayser und DIENERT (1) bei der Bereitung 
des Kirschbranntweins eine wesentliche Rolle spielen, mindestens wahr- 
sscheinlich, so ist es nahezu sicher für die Bakterien der Milch- und 
Buttersäuregärung, welche in einem von Mach und PoRrTELE (1) be- 
obachteten Falle den Most von Trauben, die infolge einer Ueber- 
schwemmung kurz vor der Weinlese stark mit dem kalkhaltigen Boden 
verschmutzt waren, gänzlich verdarben. Eine etwas sonderbare Bakterien- 

ıform, welche aus Dextrose und Mannit Linksmilchsäure bilden soll, be- 
schrieb TAare (1) als Bewohner reifer Birnen. PorTEue (1) fand an und 
in vom Sauerwurm angestochenen Beeren (sogen. Gossenbeeren) Essig- 
bakterien üppig vegetierend. Aehnliches bestätigt ÖSTERWALDER (1) für 
die in der Schweiz zur Mostbereitung viel verbreitete Teilersbirne, in- 

dem er an überreifen verletzten Birnen vielfach Essigbakterien in 
üppigster Vegetation traf. In beiden Fällen war schon der Fruchtsaft 
selbst essigstichig. Es wird im folgenden Kapitel noch einmal darauf 
zurückzukommen sein. 

Die ersten genauen quantitativen Untersuchungen über die Epiphyten 

»der Früchte, in diesem Falle der Traubenbeeren, machten MARTINAND 
und Rıersc# (1), die auf einer Algiertraube pro Gramm Traubengewicht 
4320000 lebende Keime fanden, soweit untersucht ausschließlich Sacch. 
apieulatus, der überhaupt nach ihren Untersuchungen bei weitem vor- 
waltet, wenn nicht gar, wie besonders bei Markttrauben beobachtet 

> wurde, fast ausschließlich oder doch vorherrschend Schimmelpilze auf 
den Platten wuchsen. Die Weinhefen vom Typus Sacch. ellipsoideus 
traten hinter diesen Organismen weit zurück. Dasselbe bestätigte MÜLLER- 
TrurGau (8). Auch MarrınanD (3) kommt neuerdings noch einmal auf 
seine älteren Untersuchungen zurück. Näheres darüber findet man auf 

508.329 des Vierten Bandes. Im folgenden Paragraphen wird davon noch 
einmal zu sprechen sein. 

Nur qualitativer Natur sind die Untersuchungen Rommer's (1) über 
die Epiphyten des in Werder a. d. Havel bei Berlin gewachsenen Obstes. 
Himbeeren trugen Bakterien, darunter nach dem Befund im vergorenen 

3;Saft augenscheinlich Milchsäure- und Essigbakterien, apiculatus- und 
ellipsoideusähnliche Hefen sowie Torulen, Stachelbeeren Essigbakterien, 
Apiculatus- und pastoriane Hefen, ‚Johannisbeeren Torula und eine 
Ellipsoideus-Hefe (Johannisbeerstiele Oidium). Außerdem führten alle 
Früchte reichlich Pilzkeime, besonders Mucorarten. Daß in der Flora 

40 des Kern-, Stein- und Beerenobstes die Apiculatus-Hefen gegenüber den 
echten Hefen, besonders den Weinhefen, noch mehr vorwalten als in der 
Flora der Traubenbeeren, ist schon seit den Untersuchungen HansEn’s, 
MÜLLER-THuRrGAuU’s und anderer bekannt. Auf die Untersuchungen von 
Künr (1) und Krormer (1) über die Flora des Dörrobstes (s. S. 70) sei 
bei dieser Gelegenheit nur hingewiesen. 

Darüber, wie die reinen Epiphyten auf der unverletzten Oberhaut 
der Früchte leben, besteht Einheitlichkeit der Ansichten noch nicht. 
Im allgemeinen nimmt man wohl an, daß die zufällig auf die Oberfläche 
der Früchte gelangten Keime sich aus Nahrungsmangel in ruhendem 

so Zustande befinden, und daß nur dort ein wirkliches Wachsen, eine Ver- 
mehrung der Epiphyten, eintreten kann, wo durch austretenden Saft (bei 
Verwundungen), in Exkreten von Insekten (Honigtau) oder in sonstwie 
zufällig auf die Früchte gelangten organischen Resten und Abfällen 


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— 341 — 


Nährstoffe geboten sind. Anderer Ansicht geben indessen Burkı (1) 
und sein Schüler Dücserı (1) Ausdruck: Nach ihren Untersuchungen 
(s. Bd. I. S. 16), die sich allerdings auf Samen und Keimpflanzen sowie 
auf den Nachweis von Bakterien beschränken, wäre die Mikroorganismen- 
Flora der Pflanzen und Pflanzenteile der Hauptsache nach das Er- 
gebnis einer während des Wachstums der Pflanzen auf ihrer Oberfläche 
stattfindenden lebhaften Entwickelung. Auf die Frage, woher die 
Nährstoffe für eine solche kommen, gehen beide Forscher nicht ein. 
Büssen (2) suchte allerdings die Anschauung zu stützen, daß aus dem 
Inneren lebender Pflanzen bei Benetzung mit Wasser durch die Oberhaut 
hindurch organische Stoffe, aus Traubenbeeren insbesondere Zucker, 
hinausdiffundieren, wobei die Schließzellenoberfläche und die Grenzen 
der Epidermiszellen eine bevorzugte Rolle spielen. Diese Anschauungen 
haben indessen keine allgemeine Zustimmung gefunden. Insbesondere 
schienen ADERHOLD’s (4) Versuche das Bestehen eines solchen Diffusions- 
stromes durch die intakte Oberhaut hindurch gänzlich zu verneinen, 
während allerdings Ru#taxp (1) nachwies, daß aus sicher unversehrten 
Aepfeln sehr geringe Mengen organischer Substanz (organischsaurer Salze) 
herausdiffundieren können. 

Daß die Mikroorganismen, welche bei den technischen Gärungen 
der Früchte und Fruchtsäfte eine Rolle spielen, ihr Vorkommen auf den 
Früchten jedenfalls dem Zufall verdanken, geht aus den oben (S. 344) 
bereits kurz berührten Untersuchungen won Hansen, BOUTROUX, MÜLLER- 
TuurGauv, WORTMANN u. A. zur Genüge hervor. Die Keime werden un- 


mittelbar vom Boden her oder von sekundären Brutstätten (von Wund-»; 


stellen, von toten Pflanzenteilen u. dgl.) durch Atmosphärilien (Wind, 
Schlagregen u. dgl.) oder durch Insekten, wie der Zufall es will, auf 
die Früchte gebracht. Während insbesondere BERLESE den fliegenden 
Insekten dabei eine Hauptrolle zuschreibt, sofern deren Darm eine haupt- 


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sächliche sekundäre Brutstätte der Hefen und anderer Organismen sein soll, 3 


unterschätzt auf der anderen Seite Hansen die Rolle der Insekten wohl 
etwas gar zu sehr; man vergl. darüber auch Bd. IV, S. 328 u. ff. Mit 
Rücksicht darauf, daß auch die nicht alkoholischen technischen Frucht- 
gärungen, wie die Milchsäuregärungen der Gurken, Bohnen, Aepfel usw. 


(vergl. Bd. II, S. 323 u. ff.), von Epiphyten der Fruchthaut hervorgerufen :: 


werden, sei hier nur kurz auf die dort nicht behandelte Gärung der 
eingemachten Oliven hingewiesen. In Salzwasser eingelegt, machen 
sie eine Milchsäuregärung durch, die leider bisher wissenschaftlich noch 
nicht studiert ist. Eine Störung der normalen Gärung, eine faulige 
Gärung durch Bacterium coli, hat dagegen neuerdings Kossowıicz (1) 
näher untersucht. Sie scheint aufzutreten, wenn die Oliven in allzu 
verdünnte Salzlösung gelegt werden, oder wenn auf die Reinigung der 
Gärgefäße nicht genügend geachtet wird. Das Bacterium coli dürtte, 
ebenso wie die normalen Erreger der Olivengärung, schon mit den 
Früchten in die Brühe gelangen. Prrrı (1) fand im Darm der Oliven- 
Niegenmade (Dacus oleae) zahlreiche Bakterien, darunter auch solche, 
welche mit Baet. coli wohl identisch sein könnten. Daß verletzte, von 
Dacus bewohnte Früchte zu Konservierungszwecken untauglich sind, 
wohl nicht allein aus Gründen des schönen Aussehens, sondern auch 


weren der Gefahr des Eintritts von Störungen der Gärung, beweist: 


die Praxis der Olivenkultur. Darüber vergleiche man insbesondere 
Cnareuue und Rupy’s (1) Schilderung der Kultur von Tafel-Oliven. An 
dem Weichwerden der Gurken fand Kossowıoz (2) übrigens im Gegensatz 


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— 348 — 


zu AvErHouv's Beobachtungen (s. Bd. II, S. 328) das Bact. coli unschuldig, 
während Kartoffelbazillen (Bacillus mesentericus vulgatus u. a.) es be- 
wirkten. | 


$ 87. Abhängigkeit der Zusammensetzung der Pilzflora 
5 von äußeren Einflüssen. 


Schon aus den Untersuchungen u. a. von E. Car. Haxsen, MÜLLER- 
THURGAU und WORTMANN ist bekannt, daß mit der Reife der süßen 
Früchte die Zahl der ihrer Oberhaut ansitzenden Keime von Hefen 
zunimmt. Freilich beschränken sich die Untersuchungen darüber auf 

‚den Saecharomyces apiculatus, von dem KLöckEr (1) neuerdings Endo- 
sporen bildende Formen aufgefunden hat, und auf die Weinhefen (Typus 
des S. ellipsoideus). Ueber das Erscheinen des S. apieulatus auf den 
Früchten vergleiche man S. 328 u. ff. des Vierten Bandes. Pastrur (1) 
glaubte auf Grund seiner Untersuchungen sich sogar zu dem Schluß 

ı; berechtigt, daß sich die Erreger der Alkoholgärung, die echten Hefen, 
erst auf der reifen Weinbeere einfänden. MÜLLER-TAURGAU (1) suchte 
die von ihm bestätigte Tatsache, die sich z. B. darin aussprach, dab 
gleichzeitig am 23. August in nebeneinander liegenden Anlagen die reifen 
Beeren des Frühburgunders reichlich Hefe trugen, die noch unreifen 

»» Beeren des Spätburgunders aber noch frei davon waren, durch die An- 
nahme zu erklären, daß die Hefe von Tieren (Wespen, Ameisen u. dgl.) 
verschleppt werde, die nur reife Beeren besuchen, während die sich 
anders verhaltenden, auch auf unreifen Beeren bereits vorhandenen 
Bakterien und Pilzkeime durch den Wind verbreitet werden. Zwischen 

»; dieser Ansicht und der von Hansen geäußerten, nach der die anspruchs- 

volleren Hefen im Gegensatz zu anderen Organismen erst auf der Haut 
reifer Früchte ihnen zusagende Existenzbedingungen finden, suchte WoRrT- 

MANN (5) zu vermitteln, indem er beide verband: Die wesentlich durch 

Wespen usw. verschleppten empfindlichen Hefen gehen auf der Wachs- 

schicht der unreifen Beeren unter der Einwirkung von Licht, Trocken- 
heit und Nahrungsmangel bald zugrunde, während sie auf reifen Beeren, 
besonders an verletzten Stellen, die Möglichkeit reicher Ernährung und 

Vermehrung vorfinden. CorvIEr (2) unterscheidet drei Perioden in der 

Besiedelung der Traubenbeere: Zunächst ist allein Dematium vorhanden, 

sund zwar auf der Beere häufiger als auf anderen Organen des Reb- 
stocks. Mit der Verfärbung der Rotweintrauben treten dazu andere 

Pilze, wie Rosahefe (Torula), wilde Hefen und kurz vor der Reife auch 

echte Weinhefe, die in der dritten Periode, von der Erntereife an, stetig 

an Zahl zunimmt, während Dematium zurückzeht. Auch nach DESCOFFRE (1) 

erfolgt die Besiedelung der Beeren mit Ellipsoideus-Hefen erst spät, im 

September, während sich im Juli zunächst Torula und anfänglich seltener, 

während des August an Zahl bedeutend zunehmend, Apiculatushefen ein- 
finden. Eine qualitative Aenderung und Verbesserung der Fruchtflora 

mit dem Fortschreiten der Jahreszeit beobachtete MürLLEr-TaurGau (11) 

auch bei Kernobst. 

Mit der Möglichkeit reichlicher Ernährung hängt es sicherlich zu- 
sammen. wenn, wie bereits im vorigen Paragraphen erwähnt ist, irgend- 
wie verletzte Früchte besonders reich sind an Organismenkeimen. Einige 


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Zählungen, welche MüLtER-THuRrsau (4) anstellte, ergaben, auf je 


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— 349 — 


100 Trauben-Beeren, die in nachstehender Tabelle verzeichneten, in 
Millionen ausgedrückten Mengen von Pilzkeimen: 


Hefe und . Roter Schimmel- 
hefenähnliche ann ' Sproßpilz ‘ und andere 
Pilze p ar (Torula?) _ Fadenpilze 
Besunde Beeren . . : . . » | 22,12 1,23 0,10 2,18 
Aufgesprungene Beeren 807,50 60,00 7,50 65,00 
Kämme der gesunden Trauben 
pro 100 Beeren . le 34,98 2,36 0,36 2,04 


Dabei vermehrten sich, wie aus verschiedenen Beobachtungen er- 
schlossen wurde, an aufgesprungenen Beeren die hefenähnlichen Pilze, 
die an gesunden schon weit überwiegen, verhältnismäßig weit stärker 5 
als die echten Hefen. Ueberhaupt nimmt die Zahl der schädlichen 
Keime, wie auch die Tabelle erkennen läßt, infolge der Verletzung der 
Beeren außerordentlich zu, viel stärker als die der Gärungserreger. 
Daß auch Bakterien, insbesondere Essigbakterien, an verletzten Früchten 
wuchern können, ist bereits im vorigen Paragraphen erwähnt. Für 
die Anreicherung mit Keimen scheint es gleichgültig zu sein, ob die 
Wunde durch Aufspringen infolge nassen Wetters oder Oidium-Befalls 
der Trauben. durch Fusicladium bei Kernobst, durch mechanische Ver- 
letzungen (Hagel u. dgl.), durch Vogel- und Wespenfraß, Sauerwurm 
u. dgl. hervorgebracht worden ist. Morschwerden der Beerenhaut infolge ı5 
Pilzfäulnis wirkt ebenfalls anreichernd auf die Epiphytenflora. Dematıum, 
Rußtau, Torula-Formen gedeihen üppige im Honigtau, der die Früchte 
der mit Aphiden, Psylliden, Schildläusen u. dgl. besiedelten Pflanzen 
überzieht; man vergl. darüber Lüstxer (1). 

Daß überreife, abgefallene und am Boden liegende Beeren aus allen » 
diesen Gründen und insbesondere noch infolge ihrer Verschmutzung mit 
Erde besonders reich an Keimen, auch an Schädlingskeimen, sein werden, 
bedarf keines Beweises, der übrigens durch die vergleichenden Unter- 
suchungen Murr’s (1) über die Flora von Mosten aus hängen gebliebenen 
Trauben und aus am Boden aufgelesenen Trauben derselben Lage ge-» 
liefert wird. Die minderwertige, aber üppige Epiphytenflora verletzter, 
fauler und vom Boden aufgelesener Früchte (Fallobst) macht sich viel- 
fach dann auch im Geschmack der aus ihnen bereiteten Getränke geltend 
(Hagelgeschmack u. del.). 

Schon Form und Öberflächenbeschaffenheit der Früchte sowie dies 
Art des Fruchtstandes sind sicherlich von Einfluß auf den quantitativen 
Gehalt an Keimen. Auf Früchten mit glatter und ebener Oberfläche 
werden die Keime viel weniger leicht und infolge davon auch in ge- 
ringerer Zahl haften bleiben als auf Früchten mit behaarter Epidermis 
oder mit rauher oder unebener Oberfläche. Solche Flecke finden sich » 
infolge lokaler Korkbildungen, ferner infolge des Auftretens von 
Schmarotzerpilzen (Fusieladium an Kern- und Steinobst, Schwarzbrenner 
der Reben usw.) u. dgl. auch an sonst glatten Früchten und bieten 
Haftstellen für Staub und Verunreinigungen. Gelegentlich anderweitiger 
Untersuchungen hatte ich Gelegenheit, die Wirksamkeit der Konidien- 
trägerrasen von Peronosporeen und von Oidium Tuckeri als Fangapparate 
für Staub und Pilzkeime kennen zu lernen. Der aus der vorstehenden 
Tabelle hervorgehende hohe Keimgehalt der Traubenkämme, der den 


— 350 — 


der zugehörigen Beeren weit übertrifft, ist wohl wesentlich auf die un- 
ebene Beschaffenheit der Oberfläche der Kämme gegenüber der glatten 
Oberfläche der Traubenbeeren zurückzuführen. Vermutlich werden dicht- 
beerige Trauben sich auch durch höheren Keimgehalt vor lockerbeerigen 

sauszeichnen, weil in ihnen der Staub besser haftet. MÜLLER-THURGAU (6) 
ist geneigt, anzunehmen, daß auf den Früchten selbst eine Aus- 
lese unter den Hefen stattfindet. Daraus, daß er im ‚Johannisbeersaft 
von Gärungserregern oft fast ausschließlich Sacch. apieulatus findet, 
während zugesetzte Weinhefe darin gut gedeiht, schließt er, dab S. api- 

ıculatus auf Johannisbeertrauben offenbar besonders günstige Verhält- 
nisse findet. Beim Lagern und Teigwerden der Birnen verschlechtert 
sich nach neuen Untersuchungen MÜLLER-THuRGAuU’s (13) ihre Pilzflora 
wesentlich, insofern zugespitzte Hefen und Bakterien außerordentlich 
viel stärker als die Weinhefen sich vermehren. 

15 Daß in verschiedenen Jahren der Gehalt der Früchte an Organismen 
in gleichen Lagen wechselt, erscheint bei der Verschiedenheit der 
Witterungsverhältnisse selbstverständlich. Die Ursache der Verzögerung 
im Eintritt der Gärung bei Mosten des Jahrgangs 1895 sieht WoRrr- 
MANN (2) in dem geringen Gehalt der Beerenhaut an Keimen von 

2 Gärungserregern, den er auf das Ausbleiben des Wespenfluges und auf 
die Gesundheit der Beeren zur Reifezeit infolge der trockenen Witterung 
zurückführt. Auf den dicken Beerenhäuten konnte eine Vermehrung der 
spärlicher als sonst vorhandenen Hefenkeime nicht erfolgen; außerdem 
wirkte ein Regen kurz vor der Lese noch durch Abwaschen der Keime 

»vermindernd auf deren Zahl. Vielleicht spielt auch die keimtötende 
Wirkung des Lichtes in trockenen Jahren eine Rolle. (Vergl. weiter 
unten.) Auch OÖSTERWALDER (1) wies auf den Einfluß der Jahreswitterung 
hin, und ein Abwaschen der Hefenkeime durch den Regen machte sich 
im Jahre 1904 auch im französischen Weinbaugebiet nach LABorDE (2) 

so durch Verzögerung des Eintritts der Gärung bemerkbar. Nach CoRDIER (3) 
soll die Zahl der auf den Trauben anzutreffenden Hefenarten in nörd- 
lichen Weinbaugebieten niedriger sein als in südlichen, was er mit der 
Schwierigkeit der Ueberwinterung im Norden erklärt. 

Aus zwei Gründen, teils weil sie der Hauptquelle der Infektion, 
dem Boden, näher sind, teils weil die dem Boden näher hängenden 
Trauben in der Reife den höher hängenden vorauszuschreiten pflegen, 
nimmt der ÖOrganismengehalt der reifen Traubenbeeren mit der Boden- 
nähe zu. Nach Untersuchungen MÜLLER-THurRGAU’s (4) betrug die Zahl 
der Pilzzellen, in Millionen ausgedrückt, auf 100 Beeren der Sorte 

w Räuschling: 


Hefen und Roter Schimmel- 


Dematium 


hefenähnliche RR Sproßpilz | und andere 
Pilze | ‚al. ZRFAER: (Torula?) | Fadenpilze 
| 
Hochhängende Trauben. . . . 29,55 | 5.52 | 1,64 5,29 
Tiefhängende Trauben 14320 | 10,67 4,00 30,40 


Auf die Begünstigung der Traubenfäule durch die Nähe des Bodens 
wird im folgenden Kapitel noch zurückzukommen sein. 

Marrınann (1) machte schon früher auf einen Faktor aufmerksam, 

der die Zahl der Keime an den höher stehenden Trauben bezw. Früchten 

4 vermöge seiner keimtötenden Eigenschaften wirksam zu verringern ge- 


— 31 — 


eignet ist, auf das Licht, auf dessen Mangel er wohl etwas einseitig 
den relativen Organismenreichtum der bodenständigen Trauben zurück- 
führte. Auch soll der größere Lichtgenuß der Trauben in südlichen 
Weinbaugebieten an der größeren Häufigkeit mangelhafter spontaner 
Gärungen des Mostes ursächlich beteiligt sein. Ceteris paribus muß teils 
infolge des Unterschiedes im Lichtgenuß, teils infolge der Unterschiede 
in der Möglichkeit des Zutritts von Luft und Wärme und des Ab- 
trocknens von Tau und Regen auch ein Unterschied im Keimgehalt der 
Trauben zwischen schwachwüchsigen oder richtig behandelten (recht- 
zeitig aufgebundenen, gegipfelten und gegeizten) und üppig wachsenden 
oder in der Laubbehandlung vernachlässigten Weinstöcken sich geltend 
machen. Alles, was das vegetative Wachstum der Reben und anderer 
Obstgewächse und damit die Beschattung der Früchte fördert, wird 
auch den Keimgehalt der Früchte erhöhen. So werden von Kultur- 
maßregeln starke Düngung, insbesondere Stickstoffdüngung, und fleibige 
Lockerung des Bodens wirken, letztere auch weil sie die Staubent- 
wickelung und damit den Transport von Keimen aus dem Boden auf 
die Früchte durch den Wind begünstigt; man vergl. darüber DESCoFFRE (1). 
Auch die Bekämpfung der von der Plasmopara (Peronospora) viticola hervor- 
gerufenen Blattfallkrankheit mit Hilfe der bekannten Kupferbrühen (s. 
Bd. IV, S. 127) wird, weil sie für die dauernde Beschattung der Trauben 
durch ein für ihre Ernährung unentbehrliches gesundes Laubwerk sorgt, 
konservierend auf die Hefen- und anderen Epiphytenkeime wirken, die 
auf die Trauben gelangen. Erfahrungsgemäß hat ja auch das Spritzen, 


entgegen den anfänglich gehegten Befürchtungen, keineswegs eine Ver-: 


zögerung im Eintritt der Gärung zur Folge. 

Auch eine qualitative Verbesserung der Fruchtflora wird wohl mit 
der Bedeckung durch die Blätter verbunden sein, insofern die verdeckten 
Trauben von hefenverbreitenden Insekten voraussichtlich kaum weniger 


besucht werden als freistehende, während sie vor dem Staub und damit: 


vor den durch den Wind usw. verbreiteten Bakterienkeimen einigermaßen 
geschützt sind. Kritische Untersuchungen über diese Verhältnisse fehlen 
noch. Bei solchen dürfte sich herausstellen, daß auch die Natur des 
Bodens nicht ohne Einfluß auf die Flora der Früchte ist: Auf stark ge- 


düngtem, in alter Kultur befindlichem Boden dürfte die Flora eine andere: 


sein als auf magerem, selbst keimarmem Boden. Der Vorschlag MÜLLER- 
Trursau’s (5), die Flora der Trauben durch entsprechende Düngung 
der Weinberge zu verbessern, beruht auf ähnlichen Gedanken. MÜLLER- 
TrurGcau will die mit einer geeigneten Reinhefe versetzte Trauben- 
maische beim Beginn der Gärung abpressen und die mit guter lebens- 
kräftiger Hefe dieht durchsetzten Trester sofort in den Weinberg bringen, 
in der Erwartung, daß der Boden an guter Hefe so angereichert wird, 
und dab von ihm aus die eingebrachte Hefe auch wieder auf die Trauben 
gelangt. Bei einem Versuche, der mit Steinberger Hefe angestellt wurde, 
fand MÜürLer-Tuursau (7) denn auch seine Vermutung bestätiet. Von 
zwei tunlichst mit Ausschluß von Fremdinfektion aus gesunden Trauben 
zweier mit Reben der Sorte Räuschling bepflanzter Parzellen gewonnenen 
Mosten vergor der von einer im Vorjahr mit Steinberger Hefe ent- 
haltenden 'I'restern gedüngten Parzelle stammende viel schneller als der 
andere, von einer sonst gleichbeschaffenen, aber nicht mit Steinberger 
Hefe gedüngten Abteilung herrührende, und da die Zahl der Hetfen- 
zellen in beiden Mosten nicht merklich verschieden war, muß schon die 
Qualität der Hefe durch die Düngung verbessert worden sein. Um- 


10 


15 


20 


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— 32 — 


gekehrt ist es denkbar und sogar wahrscheinlich, daß durch Düngung 
mit unpassenden Stoffen, faulenden Pflanzenteilen, eingesäuerten und ver- 
dorbenen Trestern u. dgl.. die Flora des Bodens und sekundär der Früchte 
verschlechtert wird. Innoch ganzjungen Weinbaugebieten, z.B. Australiens, 
;s Asiens, Amerikas (Oregon), gären die Weine trotz vorzüglicher Kultur 
der aus alten Weinbaugebieten dorthin gebrachten Reben im allgemeinen 
nicht gut durch und zeigen außerdem vielfach eine unreine Gärung. 
WORTMANN (5) sieht die Ursache dieses Verhaltens im Fehlen guter 
Weinhefe im Boden und dementsprechend auch auf den Trauben, womit 

‚die Erfahrung übereinstimmt. daß gerade in solchen Gebieten der Zusatz 
von Weinhefen zum Most von überraschend günstiger Wirkung auf die 
Qualität des Weines zu sein pflegt. Nach Erfahrungen MÜLLER- 
Truursau’s (8) scheint anhaltend trockene Herbstwitterung das Ver- 
hältnis zwischen Sacch. apieulatus und Sacch. ellipsoideus auf den Trauben- 

ıs beeren zugunsten des ersteren zu beeinflussen, der weniger empfindlich 
gegen Trockenheit ist. 

Da dieselben Verhältnisse, welche den Epiphytenbestand der Früchte 
beeinflussen, auch von Einfluß auf den Befall durch Parasiten und 
Fäulniserreger sind, so sei hier auch auf den einschlägigen Paragraphen 

»odes folgenden Kapitels hingewiesen. 


$ 58. Verhalten der verschiedenen Organismen nach 
dem Maischen der Früchte. 


Nach der Ernte werden die zur Wein- oder Branntweinbereitung 
bestimmten Früchte durch Mühlen oder in anderer Weise mechanisch 
zerkleinert, und die so erhaltene sogen. Maische oder der von ihren 
festen Bestandteilen abgepreßte Saft wird nach der Väter Weise im 
allgemeinen sich selbst bezw. der spontanen Gärung überlassen, in der 
auf die Erfahrung begründeten und selten enttäuschten Hoffnung, daß 
die richtige Alkoholeärung des Zuckers sich schon einstellen werde. 
»Das ist denn in der Tat mit seltenen Ausnahmen auch der Fall. 

Sobald der Fruchtsaft mit den auf der Fruchtoberfläche sitzenden 
Keimen in Berührung kommt, beginnt sofort ein reges Leben in diesen, ein 
Wachsen und Teilen und Sprossen, wenigstens seitens derjenigen Organis- 
men, welche überhaupt in dem Fruchtsaft und unter den obwaltenden 

35 Verhältnissen zusagende Ernährungs- und Wachstumsbedingungen 
finden. Auch wenn man die Früchte, wie es bei dem größeren Kern- 
obst üblich und dringend zu empfehlen ist, vor der Verarbeitung 
wäscht, werden wohl grobe Verunreinigungen entfernt, wird aber die 
Zahl der in der Maische entwickelungsfähigen Keime nicht in einem 

4solehen Grade vermindert, daß es für den Charakter der eintretenden 
Gärung in Betracht käme. Wie Brurexp (1) gezeigt hat, gären Säfte 
aus gewaschenem Obst keineswegs langsamer an als solche aus un- 
sewaschenem Obst. Eine wesentliche Verminderung wenigstens der an- 
haftenden Hefe, wohl aber auch der anderen Epiphyten, tritt also beim 

ı Waschen sicherlich nicht ein. 

Wie wir früher (s. S. 346) gesehen haben, ist die echte Hefe aber 
keineswegs allein, sondern sie bildet in der Regel sogar nur einen an 
Zahl außerordentlich zurücktretenden Teil der Fruchtflora, in der allerlei 
Organismen vorwalten. welche zwar in süben Fruchtsäften sehr gut ge- 

sodeihen, aber keine oder nur eine minderwertige, unvollkommene Ver- 


— 353 — 


gärung des Zuckers zu Alkohol bewirken: Apiculatushefen, Schleim- 

hefen, Kahmpilze, Dematium, allerlei Schimmelpilzsporen und Formen 

aus der groben Schar der Bakterien. Der Hefe sind alle diese Be- 

gleiter, die Unkrautpflanzen der Gärung, zunächst schon durch ihre Zahl, 

zum Teil auch durch ihre größere Wachstums- und Vermehrungs- ; 
geschwindigkeit überlegen. Kein Wunder, dab in den ersten Stadien 
der Gärung denn auch die Unkräuter im Vorteil sind. So kann, wie 
WORTMANN (1) zeigte, Dematium pullulans unter Umständen sich stark 
vermehren und den Most sogar fadenziehend machen, jedenfalls einen 
(wenn auch nur kleinen) Teil des Zuckers der Hefe und der Gärungı 
entziehen. Ferner ist schon länger bekannt, daß in den Anfangsstadien 
der Gärung die zugespitzte Hefe weitaus überwiegt: man vergl. darüber 
MARTINAND und RIETSCH (1), MARTINAanND (2), MÜLLER-Taurcat (1). Nach 
MARTINAND (3) vermehrt sie sich an der Oberfläche des Mostes besonders 
stark. Bei einem kleinen Traubenmoste mit 12,92 Proz. Zucker gestaltete ı; 
sich im Kampf ums Dasein das Verhältnis von Ellipsoideus-Individuen 

zu Apiculatus-Zellen, das ursprünglich 1:100 war, 


nach 24 Stunden wie 3:140 


D 


Feige ” „ 301:328 
am Schluß der Gärung „ 720:360 0 


Die zugespitzten Hefen sind nicht nur sehr schwache Gärerreger. 
die meist schon bei einem geringen Alkoholgehalt der Flüssigkeit ihre 
Tätigkeit einstellen, sondern sie wirken sogar hemmend auf die Tätig- 
keit der Weinhefen und können auch den Geschmack beeinflussen, wie 
wir später noch sehen werden. 95 
Weit gefährlichere Begleiter der Hefe sind die Sporen der Schimmel- 
pilze, die von den Früchten in die Gärflüssigkeit gelangen und, wenn 
sie Zeit und Gelegenheit haben zu keimen und sich weiterzuentwickeln, 
groben Schaden anrichten. Es wird darauf im folgenden Kapitel zurück- 
zukommen sein. Ferner sind vorhanden und benutzen jede Gelegenheit: 
sich zu vermehren die zahlreichen Keime von Kahmpilzen, Schleimhefen 
und anderen Torulaceen sowie das unabsehbare Heer der Bakterien. 
Sind, wie in den von PORTELE (1), MÜLLER-THURGAU (3) und ÖsTEr- 
WALDER (1) beschriebenen Fällen, schon auf den Früchten Essigbakterien 
so reichlich vorhanden, dab die Früchte nach Essigsäure schmecken und 
größere Mengen davon enthalten, so wird der Eintritt lebhafterer 
Alkoholgärung bedenklich verzögert; ist doch die Essigsäure, wie zuerst 
Larar's Untersuchungen (1) gezeigt haben, in vielen Fällen ein starkes 
Hefengift; man vergl. darüber Bd. IV, S. 137. Aehnliches gilt von der 
Buttersäure (vergl. S. 292), deren Auftreten allerdings nur einmal von 
Macn und Porreuve (1) unter besonderen, bereits auf S. 346 geschilderten 
Umständen in einem Most beobachtet worden ist. Gewisse Milchsäure- 
bakterien können nach MÜrLLEr-Tnursau’s Untersuchungen (12) in säure- 
armen Birnweinen die Oberhand gewinnen, die Gärung verlangsamen 
und einen Teil des Zuckers in den der alkoholischen Gärunz unfähigen » 
Mannit verwandeln. Bei Traubenweinen macht sich eine ähnliche 
Bildung von Mannit aus Zucker durch Bakterien während der Gärung 
vielfach in wärmeren Weinbaugebieten unangenehm bemerkbar. Bei 
der Behandlung der Weinkrankheiten wird darauf zurückzukommen sein. 
Nach Marrısann (2 u. 3) treten in den Anfangsstadien der Gärung be-: 
sonders in solchen Traubenmosten, zu deren Bereitung stark mit Erde 
beschmutzte, vom Boden aufgzelesene Trauben Verwendung finden, zwei 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. Bd, V. 23 


„> 
[27 


) 


— 34 — 


Bakterien auf, die sich in Form eines dünnen Schleimes auf dem Most 
anhäufen, und von denen das eine der Essigbildner bacterium zylımım 
sein soll, das andere als wahrscheinlich identisch mit dem Baeillus 
fluorescens putidus FLÜGGE bezeichnet wird. Beide sollen die Gärung ver- 
5 Zögern. 

Hier kann davon abgesehen werden, daß selbst unter den relativ 
wenigen Keimen der echten Weinhefe, welche unter einer Ueberzahl 
anderer als mehr oder minder große Schädlinge der alkoholischen Gärung 
anzusehender Fruchtbewohner sich finden, nicht alle gleichwertig sind, 

‚daß vielmehr auch unter ihnen sich minderwertige, schwach und lang- 
sam gärende Hefenformen neben gärkräftigen finden, wie sie für die 
Weinbereitung erwünscht sind. Es wird darauf in einem der folgenden 
Kapitel einzugehen sein, das über die Verwendung der Reinhefe in der 
Weinbereitung handeln wird. Hier interessiert uns weniger der Wett- 

ısbewerb zwischen ‘guten und minderguten Weinhefen als der zwischen 
Weinhefen und Schädlingen der Gärung. Die letzteren befinden von 
Anfang an der Zahl und der Menge nach sich in der Uebermacht, und 
ihre Zahl nimmt, wenigstens in der ersten Zeit nach dem Maischen 
und Abpressen, noch ungeheuer zu. Indessen setzt gleichzeitig auch 

»o die Vermehrung der ursprünglich spärlichen Weinhefen ein, und glück- 
licherweise verhelfen ihnen verschiedene Eigenschaften nach kürzerer 
oder längerer Zeit zum Siege über die Wettbewerber um den Zucker 
des Fruchtsaftes. Das ist einmal ihre Fähigkeit, auch in sauerstofffreien 
bezw. sauerstoffarmen Zuckerlösungen noch gut zu gedeihen. Sobald in 

»s den Fruchtsäften der anfänglich gelöst gewesene Sauerstoff von den 
Organismen verbraucht ist, dann ist damit schon der Wettbewerb 
aller derjenigen Organismen, wie Kahmhefen, Essigbakterien, Schimmel- 
pilze, ausgeschaltet, welche des Sauerstoffs zum Wachstum unbedingt 
bedürfen. Dazu kommt die Hemmung, welche die mit der beginnen- 

soden Gärung sich in und dicht über dem Fruchtsaft anhäufende 
Kohlensäure (vergl. Bd. IV, S. 134) auf das Gedeihen der Organismen 
ausübt. Nach Apernornp’s Untersuchungen (1 u. 2) leidet unter der An- 
wesenheit der Kohlensäure allerdings auch die Weinhefe, aber weit 
weniger als die Apiculatus-Hefe (s. Bd. IV, S. 325), was ohne weiteres 
erklärt, weshalb letztere wohl in der Regel die spontane Gärung ein- 
leitet, bald aber gegen die echten Weinhefen zurücktritt. Nach den 
Untersuchungen von Seıss (1), welche diese Ergebnisse bestätigten, ist die 
Hemmung der Gärtätigkeit durch Kohlensäure bei Ellipsoideus-Hefen 
nicht größer als die durch Sauerstoffmangel hervorgerufene, während 
auf Apiculatus-Hefen die Kohlensäure als Gift wirkt. Schimmelpilze 
sterben nach AperHuoLp in einem mit Kohlensäure gesättigten Most 
bald ab. während Kahmhefen, Essigbakterien und Torula allerdings am 
Leben blieben, aber in Vermehrung und Wachstum vollständig gelähmt 
wurden. Zu dieser Waffe eesellt sich dann bald der Alkoholgehalt der 
seärenden Flüssigkeit; schon bei einem solchen von 3 Proz. findet eine 
Vermehrung der zugespitzten Hefe nicht mehr statt, und von da ab ist 
die Alkoholbildunz im eärenden Wein allein das Werk der Weinhefen. 

Schon oben ist ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden, 
daß unter den gewöhnlichen Verhältnissen bei der natürlichen Gärung 

soerfahrungsgemäß schließlich die echten Weinhefen über ihre Kon- 
kurrenten die Oberhand gewinnen und die Gärung zu Ende bringen. Zu 
den eben geschilderten Umständen, welche diesen Sieg herbeiführen, 
tritt noch der natürliche Säuregehalt der Fruchtsäfte, der das Auf- 


en 


— 


un 


— 35 — 


kommen von störenden Bakteriengärungen im Anfange der Gärung im 
allgemeinen von vornherein ausschließt. Nur in Ausnahme-Fällen, bei 
Verwendung besonders säurearmer Früchte (überreife Birnen) oder bei 
Abstumpfung der Säure, können Bakterien die Gärung wesentlich 
stören. Beispiele dafür sind bereits im Eingange dieses Paragraphen 
angeführt, wo auch bereits auf die Gefahr der Verwendung stark essig- 
stichiger Früchte hingewiesen ist; solche Vorkommnisse sind indessen 
sicher im ganzen selten. Häufiger sind im Verlauf des Kampfes ums 
Dasein zwischen den Mostorganismen Störungen durch die Temperatur- 
verhältnisse, unter denen die natürliche Gärung sich abspielt. Allzu 
hohe Temperatur kann den Sieg der echten Hefe ebensowohl verzögern, 
ja vereiteln, wie gar zu niedere Temperatur. Im ersteren Falle stören 
Mannitbildner vielfach den normalen Verlauf der Gärung, worüber man 
S. 353. dann Bd.1I, S. 604, und das 18. Kapitel des vorliegenden Bandes 
vergleiche, im anderen können Schimmel, Kahm und Essigbakterien die 
Oberhand gewinnen und das Getränk verderben. Gerade bei den Schäd- 
lingen der natürlichen Weingärung liegt vielfach das Temperatur- 
Minimum des Gedeihens tiefer als bei den Weinhefen. 

Eingehende Schilderungen des Kampfes ums Dasein, der sich zwischen 
den verschiedenen Keimen in den Anfangsstadien der natürlichen Gärung 
entspinnt, haben außer den schon angeführten Gärungsphysiologen ins- 
besondere MÜLLER-THuRGAU (1) und WOoRrTMmanN (3 u. 6) gegeben; man 
vergl. darüber Bd. I, S. 3550. Die Literatur über die Anwendung der 
Reinhefe in der Weinbereitung, auf die in einem späteren Kapitel ein- 
gegangen werden wird, kommt immer wieder auf diesen in seiner Be- 
deutung für die Weinbereitung gar nicht zu überschätzenden Wett- 
bewerb zurück. Es ist wohl selbstverständlich, daß in ihm unter 
sonst gleichen Umständen die echten Weinhefen, welche die Säfte der 
süßen Früchte am schnellsten und vollkommensten zu vergären ver- 


oı 


15 


20 


25 


mögen, sich um so eher zur Vorherrschaft und alleinigen Geltung 


emporzuarbeiten vermögen, je günstiger die Zusammensetzung des 
Epiphytengemisches an den Früchten ist, d. h. je zahlreicher sie selbst 
sind. Deshalb wird auch bei der Traubenweinbereitung, wo die echten 
Weinhefen relativ am zahlreichsten zu sein pflegen, der Kampf im all- 
gemeinen am schnellsten zugunsten der echten Weinhefen entschieden 
sein. Das wird auch durch die Erfahrung bestätigt, die lehrt, daß bei 
der Obstweinbereitung Störungen im normalen Verlauf der Gärung weit 
häufiger sind als bei Traubenweinen. 


$ 59. Der Einfluß der verschiedenen Organismen auf den Verlauf 
der Gärung und auf die Güte des Gärproduktes. 


Haben wir im vorhergehenden Paragraphen den im Eingang der 
natürlichen Weingärung stattfindenden Kampf ums Dasein zwischen den 
verschiedenen Organismen der Maische bezw. des Fruchtsaftes etwas 
näher verfolgt, so bleibt jetzt noch übrig, das Verhalten der ver- 
schiedenen Fruchtbewohner während des Verlaufs der Gärung und ihren 
Einfluß auf die Güte des Endproduktes, des Weines oder des Wein- 
destillates, des Fruchtbranntweins, zu betrachten. 

Im allgemeinen sind es natürlich auch im Verlauf der Gärung bis 
zur Genußreife die gärkräftigen echten (Wein-)Hefen, welche, nachdem 
sie im anfänglichen Kampf ums Dasein einmal die Oberhand gewonnen 


23* 


35 


40 


50 


haben, auch weiterhin allein in den gärenden Weinen tätig sein sollten, 
und deren dauernde Alleinherrschaft das Erreichen der bestmöglichen 
Qualität verbürgt. Nur in Einzelfällen kann neben ihnen die Tätigkeit 
anderer Organismen erwünscht sein. Dahin gehört die Tätigkeit der 
;svon MÜLLER-THuuRGAU (9) entdeckten, von Macn und PORTELE (2) be- 
stätieten, von A. KocH (1 u. 2) und später von SEIFERT (1) studierten 
säureverzehrenden Bakterien, welche allzu sauren Weinen das Ueber- 
maß der Säure nehmen, nach Kurısch’s (2) Vermutung auch manchen 
Weinen den bei ihnen so geschätzten jugendlich prickelnden Charakter 
‚verleihen. Kayser und Dirnerr (1) erzielten einen besseren Kirsch- 
branntwein, wenn sie die sterilisierten Kirschen mit einem Gemisch von 
Reinhefe und Milchsäurebakterien, beide aus Kirschenmaische gezüchtet, 
vergoren, als wenn sie reine Reinhefe verwendeten; es scheint also, als 
wenn auch bei der Kirschengärung, welche der Kirschbranntwein- 
ıs bereitung dient, Milchsäurebakterien eine wohltätige Rolle spielen. 

Diesen vereinzelten Fällen von günstiger Wirkung, die zudem, 
wenigstens in dem Falle, der am klarsten liegt, bei der Säureabnahme, 
im wesentlichen auf die Enndstadien der Gärung beschränkt ist, steht 
als Regel die ungünstige Beeinflussung der Hefentätigkeit und der Be- 

»» schaffenheit des Weines durch die Begleiter der Hefe gegenüber. Ent- 
weder wirken die Schädlinge der alkoholischen Gärung hemmend auf 
die Gärtätigkeit der Weinhefe ein, oder sie entziehen wenigstens einen 
größeren oder geringeren Teil des Zuckers der Vergärung durch die 
Hefe, indem sie ihn für den Aufbau ihres eigenen Körpers in Anspruch 

»nehmen, oder aber sie scheiden Stoffwechselprodukte aus, welche den 
Geschmack des Gärungsproduktes ungünstig beeinflussen. Selbstver- 
ständlich werden im allgemeinen diese drei Arten der Schädigung nicht 
getrennt sein, sondern derselbe Organismus wird vielfach gleichzeitig 
auf dem einen sowohl wie auf dem andern Wege die Qualität des 

30 Weines verschlechtern. 

Von der Hemmung, welche die alkoholische Gärung der Weinhefe 
durch das Stoffwechselprodukt der Essigsäurebakterien erleidet, ist im 
vorhergehenden Paragraphen schon die Rede gewesen. Hier muß in- 
dessen auch darauf aufmerksam gemacht werden, dab die zugespitzte 

3 Hefe keineswegs der harmlose Begleiter der echten Weinhefe ist, den 
man in ihr, als einem schwachen Erreger derselben Alkoholgärung, er- 
warten sollte, sondern daß sie in der Tat nicht unbedenkliche Störungen 
der normalen Gärung hervorzurufen und einen ungünstigen Einfluß auf 
die Qualität des Gärungsproduktes auszuüben vermag. Bei seinen ersten 

40 Versuchen über das Zusammenwirken verschiedener Hefenrassen bei der 
Weingärung machte MÜLLER-THURGAU (8) die Erfahrung, daß die Wein- 
hefen durch die zugespitzten Hefen in ihrer Tätigkeit ganz auberordent- 
lich gehemmt werden. Eine durch Diagramme verdeutlichte Darstellung 
der gemachten Feststellungen ist schon auf S. 329—331 des Vierten 

+ Bandes gegeben worden. Wie weitere Versuche zeigten, ist der Grad der 
Widerstandsfähigkeit gegen die zugespitzte Hefe bei verschiedenen Wein- 
hefen recht verschieden. Eine aus Obstwein gezüchtete Hefe verhielt 
sich am resistentesten. Spätere Untersuchungen MÜLLER-TuurGAu’s (10) 
bestätirten und erweiterten diese Ergebnisse. Sacch. apieu'atus wurde 

soauch von der eärkräftigsten Weinhefe nicht unterdrückt, machte seinen 
schädlichen Einfluß, insbesondere auf die Schnelligkeit der Gärung, viel- 
mehr stets geltend, wenn auch natürlich um so weniger, mit je gär- 
kräftigerer Weinhefe er zusammengebracht war. In je größerer Anzahl 


u. 


ee 


die zugespitzte Hefe der Weinhefe beigemischt war, um so größer war 
auch ihr Einfluß auf Gärung und Gärprodukt, wobei allerdings eine 
Steigerung des Zusatzes über gleiche Teile beider Hefen keinen merk- 
lichen Einfluß mehr ausübte Auch in ihren Mitteilungen über die 
Züchtung und Prüfung reiner Obstweinhefen, für welche ja bei dem 
Ueberwiegen der Apiculatus-Hefe auf dem Obst die Resistenz gegen 
diesen Schädling besonders wichtig ist, kommen MÜLLER-THURGAU und 
ÖSTERWALDER (1) zu ähnlichen Ergebnissen, die auch von Rönrıne (1) 
und MeEıssxer (2) inzwischen bestätigt worden waren. Worauf die 
Hemmung der echten Weinhefe durch die zugespitzte Hefe beruht, ist 
noch unbekannt. Auf die später noch zu erwähnende Bildung flüchtiger 
Säure durch 8. apiculatus ist MÜLLER-TRURGAU geneigt sie zurück- 
zuführen; daß mit dem Aufhören der Gärtätigkeit der zugespitzten Hefe 
trotz des Vorhandenseins der flüchtigen Säure auch die Hemmung auf- 


hört, sucht er mit der Annahme zu erklären, daß die gebildete Säure in ı: 


Esterbindung mit dem Alkohol übergehe. Auch auf das Wachstum der 
Hefe wirkt die Gegenwart von $. apiceulatus ungünstig ein. Während 
in rein vergorenem Obstwein pro Liter an Hefe 2,72 g Steinberg 1, 
2,96 £ Karthaus 7 und 1,32 g $S. apiceulatus geerntet wurden, drückte 
die Gegenwart von S. apiculatus die Hefenernte auf 2,42 g (S. apieulatus + 
Steinberg) und 2/11 g (S. apieulatus + Karthaus) herab. 

Weit größer und gefährlicher als die Hemmung der Gärung durch 
S. apieulatus oder als die von MEISssNER (1) unter suchte, durch Schleim- 
hefen verursachte, sind die Verzögerungen und Störungen der Gärung 


durch Schimmelpilze, die wir indes im folgenden Kapitel eingehender: 


zu betrachten haben werden und hier nur im Vorbeigehen erwähnen. 
Die Gärungshemmung durch schädliche Organismen kann so weit gehen, 
daß schon bei relativ niederem Alkoholgehalt, wenn noch gärungsfähiger 
Zucker vorhanden ist, die Gärung still steht, bei einem “Alkoholgehalt, 


der keineswegs genügend hoch ist, um die Haltbarkeit des Weines zu: 


gewährleisten, und der weit unter der Grenze des Alkoholgehalts liegt, 
den die vorhandene Weinhefe an sich zu erzeugen vermöchte. Gerade 
dieser Fall tritt bei Schimmelpilzwucherungen auf dem Rohmaterial der 
Weinbereitung gar nicht selten ein. Aber auch Sacch. apieulatus übt 
nach MÜLLER-TuurGAau (10) einen ungünstigen Einfluß auf den Ver- 
gärungsgrad aus, so dab in seiner Gegenwart stets ein größerer Zucker- 
rest bleibt als ohne ihn. 

Ganz selbstverständlich wird bei der natürlichen wilden Gärung 
ein Teil des in den Fruchtsäften ursprünglich vorhandenen Zuckers von 


den nicht gärfähigen Konkurrenten der Gärungserreger für ihren Lebens-: 


unterhalt in Anspruch genommen und damit der Einwirkung der Hefe 
entzogen. Der Wein wird bei gleichem Ausgangsmaterial also um so 
alkoholärmer, bei Fruchtbranntweinmaischen die Ausbeute um so geringer 
sein, je größer die Zahl der vorhandenen Gärungsschädlinge ist, und je 
mehr Zeit ihnen zum Wachstum bleibt. Selbst für das im großen und 
ganzen harmlose Dematium pullulans, das allerdings nach MüÜLner- 
Tuursau gerade in feuchten Jahren, wo an und für sich die Be- 
schaffenheit des Mostes gering und sein Zuckergehalt besonderer Schonung 
bedürftig ist, besonders reichlich auf den Trauben vorkommt, berechnet 


Wortmann (1) den Zuckerverbrauch binnen 8 Tagen auf 0,4 Prozent. : 


Weit größer dürfte er für Milchsäurebakterien, alennilhe Torula-Arten 
und insbesondere für Schimmelpilze sein. Für letztere vergleiche man 
das 15. Kapitel. Marrınann (3) säte eine Torula bezw. eine Kahm- 


2 


iv 
or 


& 


35 


hefe mit Weinhefe zusammen in Most aus. Die Untersuchung der frei- 
lich bei abnorm hohen Temperaturen erzielten Gärungsprodukte ergab 
folgendes: 


Gärungs- Alkohol Zuckerrest 

Temperatur: in Proz.: in Proz.: 
Hefe + Torula 24—27° 5,69 0,47 
Hefe —- Kahm R 8.45 0,42 
Hefe —- Torula 34—37° 4,70 0,91 
Hefe + Kahm L 6.45 0,03 


Danach würde die Torula allerdings ganz unverhältnismäßig viel Zucker 
s verbraucht haben. Zweifellos dürfte aber auch durch die hohe Temperatur, 
bei der Marrınanp die Versuche ausführte, die Hefe in ihrer Gärtätig- 
keit sehr ungünstig beeinflußt worden sein. Immerhin vermögen die 
Zahlen zu illustrieren, welche unmittelbaren Verluste unter Umständen, 
wie sie allerdings in diesem Grade selten verwirklicht sein dürften, 
wdurch die Begleiter der Hefe hervorgerufen werden können. 
Untersuchungen MÜLLER-T#urGAu’s (10) zeigten ferner in Bestäti- 
gung früherer Angaben von Schukow (1), daß die zugespitzte Hefe sich 
durch besonders starken Verbrauch der Wein- und Aepfelsäure des 
Weines vor der Weinhefe auszeichnet, und dab diese ihre Eigenschaft 
sich auch im Gemisch mit Weinhefe geltend macht. Es bedarf keines 
Hinweises, daß auch hierdurch der Sacch. apieulatus den Charakter des 
fertigen Produktes beeinflussen kann. 
Noch mehr aber ist das gewiß der Fall durch die auch von 
MÜLLER-TuuRGAaU (8 u. 10) zuerst gefundene, bereits oben erwähnte 
»» Eigenheit der Apiculatus-Hefen, in der Regel bei der Gärung besonders 
eroße Mengen von flüchtigen Säuren (s. Bd. IV, S. 326) zu erzeugen. 
Nur im Birnenmost waren ihnen einige Weinhefen darin ebenbürtig. 
Von den mit Sacch. apieulatus allein oder im Gemisch mit Weinhefen 
vergorenen Birnenweinen enthielten einige 0,6 und mehr (bis 1,23) Pro- 
»mille flüchtige Säure, als Essigsäure berechnet, ohne stichig zu sein, 
was darauf schließen läßt, daß die flüchtige Säure nicht Essigsäure 
allein ist. Bei den Versuchen Rönuıng’s (1) wurden im Traubensaft 
nach Vergärung mit verschiedenen Hefen folgende, in Promille an- 
gegebene Mengen flüchtiger Säure, als Essigsäure berechnet, gefunden: 


Weinhefe, Rasse Weinsberg . . . .» . . . 0,54 
Apiculatus-Hefe (6 Rassen). . . .. 1,09—1,30, im Mittel 1,20 
Gemisch von Weinhefe und Apieulatus (6R: assen) 0,63—0,91, im Mittel 0,82 


Weit größer ist aber der Einfluß, den die Apiculatus-Hefen durch Bildung 

chemisch zurzeit nicht faßbarer Gärungsbukette (s. Bd. IV, S. 327) auf 
3 den Öharakter des Gärproduktes ausüben, und der sich auch bei den Ver- 
suchen Rönuıne’s geltend machte. Das Fehlen oder Zurücktreten des 
Apiculatus-Buketts wird stets als ein Vorzug empfunden: solche Weine 
werden als reingärig, als weiniger im Geschmack, als frei von Obst- 
geschmack bezeichnet. Näheres darüber findet man in dem von der 
V erwendung reiner Weinhefen in der Weinbereitung handelnden 16. Kapitel 
dieses Bandes. 

Etwas faßbarer ist die Beeinflussung von Geschmack und Bukett 
des Weines durch Essig- und Milchsäurebakterien, wenn auch nicht ver- 
schwiegen werden darf, daß gerade der für den sogen. Milchsäurestich 
„ vielfach so charakteristische Sauregurkengeschmack keineswegs von der 

Milchsäure herrührt. Auch ist es mindestens fraglich, ob das wahr- 


1 


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| — 359 — 


scheinlich auch von Bakterien herrührende sogen. „Mäuseln“ mit dem 
in der Regel hohen Gehalt mäuselnder Weine an flüchtigen Säuren un- 
mittelbar zusammenhängt. Gewisse Bakterien, deren Kultur leider bisher 
nicht geglückt ist, die aber nach BeBrexs (1) regelmäßig in stärker 
gewässerten, nicht zu zuckerreichen Johannisbeermosten sich recht un- 
anzenehm fühlbar machen, bringen nicht nur eine wesentliche Geschmacks- 
verschlechterung hervor, sondern zerstören auch große Mengen der vor- 
handenen Citronensäure, wobei wieder flüchtige Säuren auftreten. 
Nähere Untersuchungen dieser Art des Mäuselns hat SEIFERT (2) ver- 
öffentlicht. Uebrigens ist der Ausdruck Mäuseln wohl als Sammelbegriff ıo 
für viele in sich recht verschiedene Arten von Geschmacksverschlechter- 
ung aufzufassen. 

Kayser (2) erhielt aus Most von Trauben, die stark von Rußtau 
(Capnodium) befallen waren, selbst bei Sterilisation und Vergärung 
mit Reinhefe ein minderwertiges Gärprodukt. Der sehr viel schleimige ı5 
und pektinartige Stoffe enthaltende Most vergor schwer; die chemische 
Analyse der Gärprodukte von gesunden und von rußtaubefallenen Trauben 
ergab folgendes: 


or 


säure (als Flüchtige 
Extrakt Alkohol Zuckerrest Schweiel- zaure (als 
Proz.: Vol.Proz.: Proz.: Fu der berechnet 
Proz: Proz.: 


Wein aus gesunden Trauben 2,215 10,25 0,859 0,504 0.0275 
Wein aus rußtaubefallenen r 
Trauben 6,450 10,80 1,145 0,921 0,0931 


Ueber schlimme Folgen der Vermostung von Traubenbeeren, die vom 
Schwarzbrenner befallen waren, berichtet Pacorrer (1); an der schweren » 
Schädigung der Beschaffenheit des Produktes dürften die in den vom 
Schwarzbrenner (Sphaceloma ampelinum) erzeugten Krebswunden der Beeren 
vorhandenen zahlreichen Keime von Weinschädlingen wohl in höherem 
Grade beteiligt sein als der Schwarzbrennerpilz selbst. In ähnlicher 
Weise schaden Hagelwunden, so daß man vom sogen. Hagelgeschmack : 
redet; man vergl. Markıeu (1). Ebenso schadet die Verwendung stark 
mit Erde beschmutzter und am Boden gelegener Früchte der Qualität 
wesentlich deswegen, weil dadurch eine besonders große Zahl von Krank- 
heitskeimen in den Most gebracht wird, so daß der Sieg der echten 
Weinhefen verzögert und der Fortschritt der Gärung gehemmt wird: so 
worüber Müntz und Rousseaux (1) und Murn (1) berichten. Auch an 
der von Kunisch (1) wiederholt beobachteten erheblichen Verzögerung 
des Beginns der Gärung bei Mosten, die von stark mit Mehltau (Oidium 
befallenen Trauben stammen, dürften die in den Rissen der kranken 
Beeren angesiedelten und im Mycelgetlecht des Oidium hängen ge- 
bliebenen Bakterien. Kahmpilze und sonstigen Mikroorganismen den 
Hauptteil der Schuld tragen. Im allgemeinen liefern nach Lasorne (1) 
die am meisten durch Hagel, Schnabelhiebe, Insekten- und Larvenfraß, 
Fäulnis usw. geschädigten und die am meisten von Schmutz und Erde 
starrenden Trauben die am meisten zu Erkrankungen neigenden Weine. 
Verwendet man teige Birnen zur Weinbereitung, so nehmen nach 
Mürver-Tuursau (13) schon während der Gärung, z. T. infolge des 
Gehalts der teigen Früchte an gärungshemmenden Stoffen, Bakterien 
stark überhand und verursachen die Bildung von Mannit, Milchsäure, 
Essigsäure, Estern und anderen Stoffen, welche die Beschatlenheit des « 
Getränkes sehr ungünstig beeinflussen. 


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[27 


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35 


-_ 
2 


— 360 — 


Im nächsten Kapitel sowie in dem Kapitel, das über die Krank- 
heiten des Weines handelt, wird eingehender auf diese Verhältnisse \ 
zurückzukommen sein. | 


Literatur 
zum Kapitel Die Pilzflora auf Trauben und Obstfrüchten. 


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Etatsjahr 1907. Berlin 1908, S. 381. *Tate, G., (1) Journ. of the Chem. Soc., Trans- 
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(1) Revue de Vitieulture, 1904, Bd. 22, S. 117: 1905, Bd. 24, S. 433. *Wortmann, J., 
(1) Geisenheimer Jahresberieht für 1891/92, 8. 52. (2) Mitteilungen über Weinbau 
und Kellerwirtschaft, 1895, Bd. 7, S. 169. — (3) Anwendung und W irkung reiner Hefen 
in der Weinbereitune. Berlin 1895. — (4) Geisenheimer Jahresbericht für 1898/99, 8. 72. 

(5) Geisenheimer Jahresbericht für 1897/98, 8. 75. — (6) Die wissenschaftlichen Grund- 
lagen der Weinbereitung und Kellerwirtschaft. Berlin 1905. 


Manuskript-Einlauf: 
20. Okt. 1910. 


15. Kapitel. 


Fäulniserscheinungen an Trauben 
und anderen Rohmaterialien der Weinbereitung. 


Von Prof. Dr. J. BEHRENS. 


$ 90. Fäulniserscheinungen an süßen Früchten verschiedener Art. 


Der Zweckmäßiekeit wegen behandeln wir die Fäulnis der süßen 
Früchte, mit Ausschluß der Tr 'auben einerseits, der in den folgenden 
Paragraphen mit der Traubenfäule zu besprechenden Botrytis-Fäule 


andererseits, vorweg. Da auf die Obstfäulnis bereits im dritten Kapitel des ; 


vorliegenden Bandes (S. 36 u. f.) näher eingeerangen worden ist, wird 
hier nur eine Nachlese zu halten sein. Zu den dort bereits dargestellten 
Fäulniserscheinungen an Aepfeln und Birnen, die unter unseren 
Verhältnissen nächst den Trauben entschieden das wichtigste Obst 
bilden, das Material zur alkoholischen Gärung liefert, kommen einige 
neue. OSTERWALDER (1 u.3) erkannte den Keimlingspilz Phytophthora 
omnivora DE Bary (= Cacti Les.) als Verursacher einer in der 
Schweiz verbreiteten Fäulnis an Aepfeln und Birnen; er vermochte den 
früher nur an Keimlingen und krautigen Stengelorganen beobachteten 
Pilz von Aepfeln auf die Zierpflanze Calceolaria und umgekehrt zu über- 
tragen. Busäx (1) wies diese Art der Fäulnis an Birnen in Oesterreich 
nach, Marcnar, (1) fand sie in Belgien. Da die Ansteckung vom Boden, 
dem Winteraufenthalt der Oosporen des Pilzes, aus erfolet und der Pilz, 
wie alle Peronosporeen, feuchte Umgebung liebt, so werden besonders 
die niedrig hängenden Früchte von Spalierbäumen befallen. Auch eine 
Fäulnis der Erdbeeren, deren verbreitetster Fäulniserreger im allge- 
meinen Botrytis ist, wird nach OstErwAnDer (4) durch Phytophthora omni- 


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— 3562 °— 


vora hervorgerufen; er vermochte den Pilz von den befallenen lederig- 
zähen ‚Erdbeerfrüchten auf Aepfel zu übertragen. 
Die Kenntnis der neben Fruchtfäule auch Zweigerkrankungen her- 
vorrufenden Monilia-Formen des Kern- und Steinobstes (vergl. S. 51 u. 
5Bd. I, S. 213) erweiterten ADERHOLD und Ruurasp (1) durch die Er- 
ziehung der zu Monilia fructigena des Kernobstes und Monilia laxa der 
Aprikosen gehörigen Apothecien und durch den Nachweis, daß die von 
Norrtox beobachteten Apothecien (s. S. 51) zu Momilia cinerea gehörten. 
Nach Danpeno (1) sollen die Apothecien der Obst-Monilien, welche danach 
zur Discomyceten-Gattung Selerotinia gehören (s. Bd. IV, S. 335), regel- 
mäßig erscheinen, wenn "die eefaulten und mumifizierten Früchte auf 
erasbewachsenem Boden überwintern, während sie im Boden verrotten 
und auf unbewachsenem Boden vertrocknen. Nach Morz (2) bedürfen 
die Fruchtselerotinien zur Bildung der ar des Lichtes. 

15 Zu dem @Gloeosporium fructigenum (vergl. S. 44), das Lüsrtner (1) 
von der Kirsche auf den Apfel zu übertragen Tre fügte OSTER- 
WALDER (2) ein Gloeosporium album n. sp. Erwähnt sei auch Scorr's (1) 
Monographie der durch @Gloeosporium fructigenum hervorgerufenen Bitter- 
fäule der Aepfel. 

20 Eine bisher in Amerika und in Frankreich gefundene Schwarzfäule 
der Aepfel wird von dem Pilz Sphaeropsis malorum PEck hervorgerufen, 
der auch einen Krebs an den Stammteilen verursacht, ähnlich wie 
Gloeosporium fructigenum (= Glomerella rufomaculans |BERK.| SpauLD. et 
v. SCHRENK). Man vergleiche darüber LoxGyvEaAr (1), der die Fäulnis- 

serreger des amerikanischen Obstes überhaupt behandelt, und WHETZer (1). 
WALKER (1) beschrieb eine von dieser Art durch die Größe der Sporen 
und der Pykniden verschiedene Form, die noch weit gefährlicher sein 
soll. Der BDacillus amylovorus (BuRR.) pE Toxı, die Ursache des so 
schlimmen Fire (Pear) blieht, einer Krebskrankheit der Kernobstbäume, 

soruft auch eine Fäulnis der Früchte hervor, wie ADERHOLD und RUHLAND (2) 
bestätigten. Im übrigen vergleiche man bezüglich der beiden Schädlinge 
noch die Handbücher der Pflanzenkrankheiten, z. B. das von SORAUER (1), 
sowie bezüglich des Bac. amylovorus im besonderen E. F. Smır# (1). Mög- 
licherweise vermag auch der in Deutschland verbreitetste Krebserreger 

3 des Kernobstes, die Nectria ditissima, eine Kernobstfäulnis zu verursachen. 
Nachdem schon OSTERWALDER (verg]. S. 46) in einem Fusarium (F. putre- 
faciens n. sp.) den Erreger einer Apfelfäule sefunden hatte, beschrieb 
Lüstser (2) als Verursacher einer Apfelfäule eine Form der durch den 
Besitz von Fusarien als Nebenfruchtformen so vielfach ausgezeichneten 

40 Pyrenomycetengattung Nectria, und ArpeL und WOLLENWEBER (1) gelang 
es, mit einem aus dem Kerngehäuse eines faulenden Apfels gezüchteten 
Fusarium Willkommi Lrsvau Krebsstellen an geimpften Apfelzweigen 
zu erzeugen. 

Ein Oylindrosporium pomi n. sp. erzeugt nach Brooxs (2) Faulflecken 

san Aepfeln. Lewis (1) beschreibt einen Endomyces mali n. sp., der in 
Maine Faulflecken an Aepfeln hervorrief, und nach den Beobachtungen 
von Stevens und Harı (1) ist Volutella fructi STEVENS et HALL, ein 
neuer Fungus imperfectus aus der Gruppe der Tuberculariales (s. Bd. 1, 
S. 215), Ursache einer Apfelfäule, welche der durch Sphaeropsis malorum 

5o verursachten Schwarzfäule sehr ähnlich ist. 

Die Fäulniserreger des amerikanischen Kern- und Steinobstes be- 
handelt die bereits erwähnte Monographie von LonGyEar (1) über die 
Krankheiten der Obstfrüchte in Michigan. Auf nach Deutschland im- 


— 3565 — 


portierten Bananen fand Lauserr (1) als häufigen Fäulniserreger ein 
Gloeosporium, das sich auf Aepfel nicht übertragen ließ und vielleicht 
mit dem Gloeosporium Musarum CookE et Mass. identisch ist. Um- 
gekehrt ließ sich auch das Gloeosporium fructigenum Berk. des Apfels 
nieht auf Bananen übertragen. Stevens und Haus (2) beschreiben eine ; 
Fäulnis der Feigen durch Colletothrichum caricae n. sp.; ergriffene Früchte 
fallen vorzeitig ab. Die Tatsache, daß Liebhaber die Bereitung von 
Wein aus allen möglichen zuckerhaltigen Früchten versuchen und auch 
die Preißelbeere diesem Schicksal nicht entgangen ist, entschuldigt wohl 
den Hinweis auf eine von SHEAR (1) verfaßte Monographie der Pilze 
des nordamerikanischen Ersatzes der Preißelbeere, der Moosbeere, Cran- 
berry (Vaccinium macrocarpum). Selbst für Weinbereitung aus Orangen 
gibt ein anonymer Verfasser (1) ein Rezept, so daß eine Nachlese dessen, 
was über Fäulnispilze der im Welthandel eine so grobe Rolle spielenden 
Orangen, Citronen und verwandten Früchte bekannt ist, nicht ganz» 
außerhalb des Rahmens dieses Kapitels fällt. 

Zur Kenntnis der auf S. 40 u. 41 dieses Bandes bereits erwähnten 
Fäulnis der Früchte durch Penieillium-Arten lieferte SCHNEIDER-ÖRELLI(1) 
einen wichtigen Beitrag, insofern er nachwies, dab Penicillium italicum, 
der neben P. olivaceuım WEHMER häufigste Fäulniserreger der importierten » 
Orangen, Citronen und Mandarinen (s. Bd. IV, S. 228 u. 229), 
auch in Sporenform mit und auf gesunden Früchten eingeführt. wird, 
und daß auch „Penicillium glaucum“ für die genannten Südfrüchte 
pathogen ist. Nachdem Taon (1) in seiner kritischen Bearbeitung zahl- 
reicher Arten neuerdings (s. Bd. IV, S. 223) das „Penicilium glaucum“ : 
Lınk oder Bke£r. als ein Konglomerat sehr verschiedener Formen an- 
sieht. bedarf die Frage besonderer Klärung, um welche Arten es sich 
hier sowie bei dem von R. E. Smrt# (1) auf Citronen gefundenen 
P. glaucum Lisx und dem „blue mould“ der Orangen auf Cuba nach 
Cook£ und Horxe (1), der californischen Citronen nach TruE und 
Sıevers (1) handelt. Das von WEHMER bereits beobachtete Penieillium 
olivaceum, das als identisch mit dem schon früher bekannten P. digitatum 
(Fr.) Sacc. betrachtet wird, scheint nach Evans (1) auch durch die un- 
verletzte dünne Schale mancher Citronensorten Südafrikas eindringen 
zu können. Neben Penieillium digitatum und P. glaucum sah R. E. SmıtH (1) 
auch einen Pilz, der weiße Watten und in ihnen schwarze Sklerotien 
bildete. Der nach Smrru zweifellos zu Selerotinia gehörige Pilz greift 
überaus schnell von Frucht zu Frucht über und ist daher auf dem Lager 
besonders schädlich. Faulflecke auf den Früchten verursacht Colleto- 
thrichum gloeosporioides PrnzıG, wegen dessen auf die bereits erwähnte 
Schrift von CookeE und Horxz (1) verwiesen sei. Cladosporium elegans 
Pexzıs erzeugt Schorfflecke an den reifenden Früchten, die dadurch 
sehr entwertet werden. Außer CookE und Horn vergleiche man 
hierüber SwiseLe und Weser (1). Behufs Entfernung der Rußtaupilze 
werden die Früchte nach Wesser (1) und R. E. Smır# (1) für Handels- » 
zwecke mit Sägemehl und Wasser in Fässern gerollt. Eine Schwarz- 
fäule der aus Natal nach Transvaal eingeführten Citronen rührt nach 
Evass (2) von einer Diplodia natalensis P. Evans her. Besonders schädlich 
sowohl am Baum wie auf dem Lager wird den Citrus-Früchten eine von 
R. E. und E. H. Smrru (1) beschriebene Peronosporee Pythiocystis  citro- so 
phthora, welche an den Bäumen, ebenso wie an Apfel- und Birnbaum 
die ihr sehr ähnliche Phytophthora omnivora, zunächst die niedrig hängen- 
den Früchte befällt und in feuchter Luft auf den befallenen Früchten 


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— 364 — 


weiße Konidienträgerrasen bildet. Der Pilz richtet nach R. E. Smith (1) 
durch die von ihm hervorgerufene Braunfäule oft außerordentlich großen 
Schaden an. Zur Verbreitung auf die geernteten Früchte trägt vielfach 
das Waschen bei; es sollte dem Waschwasser daher stets etwas Kupfer- 
;vitriol (1 Teil auf 50000 Teile Wasser) zugesetzt werden. 

Die Wertverminderung, welche die süßen Früchte mit Rück- 
sicht auf ihre Verwendung zur Herstellung alkoholischer Getränke durch 
die Fäulnis erleiden, ist nur zum Teil unmittelbarer Natur, insofern die 
Fäulnispilze einen mehr oder weniger großen Teil des Zuckers zer- 

stören und dadurch den Alkoholgehalt und vielfach auch die Halt- 
barkeit des Gärungsproduktes herabdrücken. Die Saftausbeute wird 
infolge der Fäulnis vielfach geringer werden, zumal wenn die fauligen 
und angefaulten Früchte an der freien Luft aufbewahrt werden, weil 
die Wasserverdunstung infolge der Fäulnis gefördert ist. Meist 
ıs werden durch die Fäulniserreger auch noch andere Veränderungen. her- 
vorgerufen, welche die Qualität des Gärungsproduktes ungünstig beein- 
flussen. Insbesondere schmecken infolge der Fäulnis schon die Früchte 
und ihr Saft vielfach bitter oder sonst unangenehm, und dieser Ge- 
schmack bleibt dem Produkte. Vielleicht noch schlimmer aber sind die 
»» mittelbaren Folgen der Fäulnis: Der Saft wird durch die Pilzwucherung 
in den Früchten schwerer vergärbar. Wir werden darauf später zurück- 
kommen; hier sei nur erwähnt, daß besonders auch die Sclerotinien des 
Kern- und Steinobstes den Saft der befallenen Früchte schwer vergärbar 
machen. Ferner finden an den faulen Früchten die im vorhergehenden 
» Kapitel betrachteten Epiphyten die beste Gelegenheit, sich stark zu 
vermehren. Vielfach macht die Fäulnis die Oberfläche der Früchte auch 
geeigneter zur bloß passiven Ansammlung von keimhaltigem Staub. 
Schon die oberflächlich wachsenden, nur Flecke erzeugenden Schorfpilze 
des Kernobstes wirken nach Kırgrer (1) in dieser Richtung: In den 
s: Pilzrasen und in den Rissen der Schorfflecke nisten sich auch andere 
Pilze und Bakterien ein, welche in dem aus den Früchten bereiteten 
Wein unter Umständen die schlimmsten Fehler und Krankheiten erzeugen. 
Ueber das spontane, ohne Mitwirkung von Fäulnispilzen zustande 
kommende Teigwerden der Birnen (vergl. S. 37), ein spontanes 
> Absterben der Fruchtfleischzellen, deren Inhalt sich braun färbt und die 
sich vereinzelnen, hat MÜLLER-THurRrGAU (6) eingehendere Untersuchungen 
angestellt, bei denen sich ergab, daß dabei der Gehalt des Saftes an 
freier Säure außerordentlich stark abnimmt und der Gerbstoff vollständig 
aus dem Safte verschwindet. Vielfach fand MüLtLEr geringe Mengen 
Alkohol im Safte, stets aber bedeutend weniger als bei Pilzfäule In 
teigen Birnen fand er 0,11 & Alkohol auf 100 cem Saft, während die 
Menge in von Rhizopus nigricans befallenen Birnen 0,96—1,77 g, in einer 
durch Mucor pyriformis gefaulten Birne sogar 2,5 g& und in einem peni- 
eilliumfaulen Apfel 0,7 g betrug. Die Alkoholbildung dürfte auf intra- 
s molekulare Atmung zurückzuführen sein. Ferner wurde stets Milchsäure 
im Saft teiger Birnen gefunden (0,028—0,051 Proz.). Maxaresı und 
Toxasurtı (1) bestätigen neuerdings das Verschwinden von Säure und 
Gerbstoff beim Teigwerden. Zur Weinbereitung eignen sich nach 
MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1) teige Birnen recht schlecht, 
so weil einmal die KEpiphytenflora der Früchte während des Teigwerdens 
sich durch unverhältnismäßig viel stärkere Vermehrung der Apicu- 
latushefe und der Bakterien gegenüber der echten Hefe ungünstig 
verändert, und weil ferner beim Teigwerden in den Birnen gärungs- 


hemmende Stoffe entstehen. Durch Zusammenwirken der von den 
Schädlingen der Gärung gebildeten Stoffwechselprodukte und der gärungs- 
hemmenden Bestandteile der Birnen wird die vollständige Vergärung 
der Säfte teiger Früchte verhindert, und der Mangel an Säure und 


 Gerbstoff in den Früchten begünstigt das Auftreten von Milchsäure-. 


Essigsäure-, Mannit- und anderen Gärungen in den Weinen, wodurch 
deren Qualität außerordentlich leidet. Aehnliche Mißstände beobachtete 
Meıssyer (1) beim Vermosten erfrorener Birnen. 


$ 91. Botrytis und die Rohfäule der Weintrauben. 


Der typische Fäulnispilz der Traubenbeeren ist die schon an zahl- 
reichen Stellen dieses Handbuches erwähnte Dotrytis cinerea (PERrs.), 
deutsch Traubenschimmel genannt. Der Pilz. der nach allgemeiner 
Annahme übrigens auf Pflanzenteilen der verschiedensten Art vorkommt, 
scheint sich mit Vorliebe und ganz besonders regelmäßig auf Trauben und 


Rebteilen einzufinden. Daß Botrytis sich auch unter den Früchten nicht ı5 


auf die Traubenbeeren beschränkt, ist schon im 3. Kapitel dieses Bandes 
(S. 36 u. f.) gezeigt worden. Den dortigen Angaben sei noch nach- 
getragen, dab SCHNEIDER-ÖRELLI (2) an von Kommaschildläusen be- 
fallenen Birnen den Pilz die Stichkanäle als Eingangspforten benutzen 


sah, und daß BrHress (4), WuLrr (1) und Saumon (1) die Botrytis als: 


Fäulniserreger an Stachelbeeren, aber auch als Parasiten an Blättern 
und Rinde der Triebe beobachteten. Der Befall des aufbewahrten Ge- 
müses durch Botrytis ist auf S. 357 des Zweiten Bandes erwähnt. Sie 
wird besonders an Zwiebeln und an Kohl- und Wasserrüben beobachtet: 
vergl. darüber Porter (1). Ueber Botrytis auf Tabak findet man Näheres 
auf S 4 u. f. Ob es sich in allen diesen Fällen sowie bei den von 
BEHRENS (1), WEHMER (1 u. 2), Kıssuise (1), R. E. SmıtH (2) usw. be- 
obachteten und in den Handbüchern der Pflanzenkrankheiten, z. B. denen 
von Frank (1) und von SORAUER (1), genannten Eee orkommen 


immer um dieselbe Species Botrytis cinerea Pers. (= BD. vulgaris FREs., 


B. acinorum vos THümen) handelt, ist freilich nicht ganz sicher. Nach 
Kresann (1, 2,3) ist die Botrytis der Speisezwiebeln sicher verschieden 
von der Botrytis parasitica Cav. der Tulpen, und auch bei anderen 
Botrytis-Vorkommen ließen sich zwar keine scharf fabbaren morpho- 
logischen Unterschiede, wohl aber Verschiedenheiten im Verhalten gegen- 
über verschiedenen Pflanzen feststellen. Eine auf Astilbe japonica para- 
sitische Botrytis konnte Kuesann (2) auf lebende Rebenblätter über- 


tragen. Eine umfassende Bearbeitung möglichst zahlreicher verschiedener 


botrytis-Vorkommen wäre dringend zu wünschen. 


Botrytis einerea ist auf den verschiedensten Rebteilen beobachtet: 


worden, sowohl im Gewächshause wie im freien Rebberge. Zusammen- 
stellungen darüber bringt besonders das Handbuch der Rebenkrankheiten 
von Vıara (1) und die Monographie der Graufäule der Reben von 
Istvänrri (2). Ueber Schädigungen der Reben in Rheinhessen im Jahre 
1908 berichtet unter Heranziehung älterer Literatur Fr. Murn (1). Für 
gewöhnlich tritt der Pilz erst im Herbst, begünstigt von der größeren 
Luftfeuchtigkeit dieser Jahreszeit, an den absterbenden und abgefallenen 
Blättern massenhaft auf. Die in dem grauen Schimmelrasen gebildeten 
ovalen Konidien werden, wie bereits auf S. 468 des Ersten Bandes aus- 


geführt ist, durch hygroskopische Torsionen der 1—2 mm langen Träger 


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abgeschleudert und durch den Wind verbreitet. Die Fig. 2 unserer 
Tafel I gibt ein Büschel der Konidienträger bei schwacher, Fig. 3 
einen einzelnen Träger bei stärkerer Vergrößerung wieder. Vereinzelt 
findet sich der Pilz bei geeignetem Wetter auch während des Sommers 
;stets an den Reben, und bei entsprechender Witterung vermag er auch 
zu dieser Jahreszeit schon größere Verbreitung anzunehmen. Die Ko- 
nidien keimen bereits im Wasser (s. Bd. I, S. 340, 342, 486) und ver- 
mögen, wie NORDHAUSEN (1) gezeigt hat, durch zartere Zellwände ihren 
Keimschlauch unmittelbar chemotropisch in das Gewebe hineinzusenden, 
ıowenn nur die Wassertropfen, in denen die Keimung erfolgt, nicht so 
groß sind, so daß das von den Keimlingen gebildete Gift zu sehr ver- 
dünnt wird. Ueber die Bildung eines gegen Siedehitze resistenten Zell- 
eiftes durch Dotrytis sowie durch Selerotinia Libertiana vergleiche man 
die Arbeiten von A. DE Bary (3), Kıssrıng (1), M. Warp (1) und 
ıs BEHRENS (2) sowie S. 55 und Bd. I, S. 278, 331 u. 510. Auch ein’ die 
Zellwände ganz oder teilweise auflösendes Enzym wird ja von dem 
Pilze gebildet; man vergleiche darüber S. 55 und Bd. III, S. 263 u. £. 
Freilich muß es nach H. ©. SCHELLENBERG’S Untersuchungen (1) zweifel- 
haft bleiben, ob BEHrEns’ (2) inzwischen von RunzanD (1) bestätigte 
»»o Beobachtung, daß der Pilz Filtrierpapier teilweise zerstört, für eine Be- 
fähigung des Pilzes zur Auflösung von Cellulose beweisend ist. Baum- 
wolle oreift er nach SCHELLENBERG nicht an, wohl aber Hemicellulosen, 
und die „Cellulose“ des Filtrierpapiers dürfte zum Teil nicht mehr 
Cellulose, sondern zu Oxycellulose u. dergl. verändert sein. Ueber die 
> Befähigung der Botrytis zur Lösung von Mittellamellen vergleiche man 
S. 55 des vorliegenden und S. 276 und 281 des Dritten Bandes. 

Von Wunden oder von befallenem toten a aus, in diesem 
Fall mit Hilfe der gebildeten Appressorien (s. Bd. I, S. 463), des aus- 
geschiedenen Giftes und der zellwandlockernden Enzyme, geleitet von dem 

»o außerordentlich ausgebildeten Chemotropismus (s. Bd. I, S. 470 u. f.), ist 
das Eindringen des Hemisaprophyten noch viel leichter. (Geschwächte 
Pflanzenteile fallen dem Pilz, der auf S. 364 des Zweiten Bandes geradezu 
als ausgeprägter Schwächeparasit bezeichnet wurde, besonders leicht 
zum Opfer; nach C. H. Brooks (3) gelingt es wenigstens erst dann, 

lebende ZLactuca-Blätter durch Bestäuben mit Konidien zu infizieren, 
wenn sie den Höhepunkt ihres Daseins überschritten haben und eben 
anfangen zu vergilben, oder wenn sie einige l'age vor der Infektion im 
Dunkeln gehalten waren, während noch wac -hsende und normal gehaltene 
Blätter solchen Infektionen durchaus nicht erliegen. Ueber den Chemo- 

stropismus von Botrytis und anderen Fäulniserregern hat Furrox (1) neue 
Untersuchungen veröffentlicht. 

Nach einiger Zeit schreitet das Mycel des Pilzes dann ziemlich 
regelmäßig zur Bildung von Dauerzuständen, sogen. Sklerotien (s. Bd. I, 
S. 178). Stellenweise entstehen durch reichliche W ucherung und dichte 

Verflechtung von Mycelfäden dichte knollenähnliche Körper, zunächst 
weiß, später sich oberflächlich schwarz färbend. Je nach den Umständen 
ist ihre Gestalt mehr oder weniger kugelig, unregelmäßig plattenförmig, 
langgestreckt oder schwielenförmig. Besonders auf den abgefallenen 
Blättern finden sich vielfach schwarze harte Schwielen oder Krusten. 

soDas durch Verflechtung der Mycelfäden entstandene Pseudoparenchym 
schließt bald Teile (Zellen) des Substrates (Blattes) ein, bald nicht. 
Durchschneidet man ein Sklerotium, so findet man ein weißes Innere, 
ein intercellularenfreies Mark, dessen Elemente noch durch ihre lang- 


ng 


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gestreckte Fadenform die Entstehung aus Pilzfäden andeuten, umgeben 
von einer kleinzelligen mehrschichtigen Rinde mit dunklen Wänden. 
Die Membranen der das Mark bildenden Pilzfäden sind sehr stark ver- 
dickt; die Membransubstanz ist Reservestoft, der bei der Keimung dieser 
Dauerorgane aufgelöst wird. Als man noch die Sklerotien für selb- > 
ständige Pilze hielt, unterschied man die verschiedenen Formen als 
Arten: Sclerotium wuvae Drsım., Sel. vitis Prey, Secl. echinatum Fuck. 
(stachelig, wenn die Haare der Blätter in die Sklerotiumbildung ein- 
bezogen sind), Sel. durum, Sel. pustula, Sel. varium usw. Nach REıpE- 
MEISTER (1), der die Bedingungen der Sklerotienbildung in Reinkulturen 10 
untersucht hat, steht die Sklerotienbildung in einer gewissen Korrelation 
zur Bildung von Konidien, insofern erstere um so spärlicher ist, je 
reichlicher die letztere vor sich geht. NREIDEMEISTER bestätigt den 
schon auf S. 454 des Ersten Bandes erwähnten Einfluß des Lichtes 
auf die Konidienbildung, deren Ausgiebigkeit auch von der Möglichkeit ı 
enereischer Transpiration wesentlich abhängt. 

Im Frühjahr entstehen, beim Vorhandensein genügender Wärme und 
Feuchtigkeit, auf den überwinterten Sklerotien auf Kosten der in ihnen 
enthaltenen Reservestoffe meist wieder Konidienträger und an diesen 
Konidien derselben Form wie im Vorjahr. Nach A. pe Barry (1 u. 2) sproßt 
dabei in der Regel ein Hyphenbündel aus der peripherischen Markregion 
aus, dasnach Durchbrechung der Rinde sich in einzelne Hyphen auflöst, die 
zu den Konidienträgern werden. Indessen kommt es auch vor, daß Rinden- 
zellen unmittelbar zu Konidienträgern auswachsen. In anderen Fällen aber 
entwickeln sich, wie A. DE Bary (1 u. 2) zuerst beschrieb, die aus dem Mark: 
hervorsprossenden Hyphenbündel auch weiterhin geschlossen und erzeugen 
Becherfrüchte, Apothecien, ähnlich den auf S. 354 des Zweiten 
Bandes abgebildeten Apothecien der Selerotinia Libertiana, nur kleiner 
als diese. In den reifen Scheibenfrüchten findet man die Sporen zu je 
acht in den Asken, die nach der Reife der Sporen an der Spitze auf- so 


>71 


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IV 
[77 


reißen und die Sporen ausschleudern. Die Zahl der von einem Sklerotium 


erzeugten Apothecien ist je nach der Größe der Sklerotien verschieden 
und schwankt zwischen 1 und 4. Die Stiele können mehrere Millimeter 
lang werden, während die Breite der Scheiben 0,5—3 mm, selten mehr, 
beträgt. Bei Aussaat der Konidien auf die verschiedensten Nährböden 3 
erhielt A. pe Bary (2) allerdings so gut wie ausschließlich Sklerotien 
und Konidienträger, bei Aussaat der Askosporen nur Sklerotien. BrE- 
FELD (1) gelang es nicht, aus den Sklerotien von Bofrytis Apothecien 
zu ziehen, und er bezweifelt daher die Zusammengehörigkeit beider. 
Indes bildet Istvänrrı (2) neuerdings zahlreiche Apothecien ab, welche 
aus den schwielenförmigen Sklerotien auf Rebenblättern erwachsen sind, 
so dab der Zusammenhang beider Fruchtformen und damit die Zu- 
gehörigkeit von Botrytis in den Formenkreis einer Selerotinia (Sel. Fucke- 
hiana ve Bary) doch äußerst wahrscheinlich sein dürfte. Auch das 
physiologische und biologische Verhalten von Botrytis deutet darauf hin, # 
sofern es dem der Selerotinia Libertiana äußerst ähnlich ist. Irgend eine 
wesentliche Rolle spielen allerdings die Apothecien im Leben der Selero- 
tinia Fuckeliana nicht, da die Verbreitung ebensowohl, wenn nicht 
besser, durch die Konidien gesichert ist, welche in immer wieder durch- 
wachsenen vollen Trauben an den überaus zahlreichen Trägern ge- so 
bildet werden. 

Damit ist der Entwickelungskreislauf des Pilzes erschöpft, dessen 
Ernährungsansprüche H. Cor (1) neuerdings eingehender 


—. 368 — 


studiert hat. Weitere Angaben über den Pilz findet man zerstreut in 
den fünf Bänden dieses Handbuches. 

Es ist schon auf S. 365 aufmerksam gemacht worden, daß der Pilz. 
ein ausgeprägter Hemisaprophyt, der seine Entwickelung in der Regel 

;sals Parasit lebender Pflanzenteile beginnt und als Saprophyt an den 
von ihm selbst getöteten Teilen abschließt, keineswegs auf bestimmte 
Organe des Rebstocks beschränkt ist. Hier interessiert uns in erster 
Linie der Befall derjenigen Teile, welche das Rohmaterial der Wein- 
bereitung darstellen. MüLtLEr-TnurGAU (1) zeigte, dab BDotrytis schon 

ıo als Schädiger der ganz jungen Beeren der Rebe auftreten kann. Die 
Gefahr und die Häufigkeit des Befalls wird um so größer, je mehr sich 
die Beeren der Reife nähern. Beeren, die in unreifem Zustande durch 
Botrytis befallen und faul geworden sind, bezeichnet man als rohfaul, 
sauerfaul, naßfaul, hier und da auch als mastfaul, grünfaul, 

ı:s während man solche Beeren, welche erst in vollreifem Zustande befallen 
sind, in gewissen Weinbaugebieten als edelfaul bezeichnet. Aus 
einem später zu erörternden Grunde ist der Begriff der Edelfäule von 
vornherein auf weibe Traubensorten beschränkt. Beide Arten der 
Fäulnis aber werden, wie MÜLLER-THURGAU (2) in einer grundlegenden 

»» Arbeit gezeigt hat, in eleicher Weise durch die eingangs dieses Para- 
er aphen beschriebene Botrytis einerea hervorgerufen. Hier werden wir 
zunächst die Rohfäule der Trauben besprechen. 

An einer gesunden noch nicht reifen Traube sind die einzelnen 
Beeren im allgemeinen durch ihre relativ dicke Haut gut geschützt 
gegen das Eindringen der Botrytis, deren Sporen nach Ravaz (1) auf 
keinem Rebblatt, voraussichtlich also auch wohl auf keiner Beere fehlen, 
und nur wo die Haut verletzt ist, da öffnet sich dem Pilz eine Ein- 
cangspforte. Hagelschlag. auch leichterer Natur, ferner Oidium-Befall, 
der zum Aufspringen der Traubenbeeren führt, und ganz besonders die 
s»Fraß- und Bohrstellen der tierischen Beerenfeinde, insbesondere der 
„Sauerwürmer“, der zu den Motten Polychrosis botrana S. V. und Con- 
chylis ambiguella Hs. gehörigen Raupen, sind die hauptsächlichsten 
Gelegenheitsmacher für den Rohfäulepilz. Ueber diese Feinde ver- 
gleiche man das schon genannte Handbuch der Rebenkrankheiten 

svon P. Vrara (1) und die neuere Zusammenstellung von RÜBSAAMEN (1). 
In den Wunden finden die durch Wind und Insekten herbeigeführten 
Sporen ein günstiges Keimbett, von dem aus der Pilz das gesunde 
Beerenfleisch durchwuchert. Von der einmal eregriffenen Beere einer 
Traube wächst das Mycel bei genügend feuchter Witterung auf die be- 

snachbarten Beeren derselben Traube hinüber, und hier bedarf es dann 
keiner besonderen Eingangspforte mehr: Das kräftige Mycel bricht sich 
mit Hilfe der von ihm "gebildeten Appressorien und der ausgeschiedenen 
zellwandlockernden Enzy me und Plasmagifte auch ohnedies Bahn durch 
die Epidermis hindurch. Das Mycel befällt von den faulen Beeren aus 

s gelegentlich auch den Traubenstiel, der an der ergriffenen Stelle faul 
und morsch wird und schließlich reißt, so daß der über der ergriffenen 
Stelle befindliche Teil der Traube zu Boden fällt. Diese in der Rhein- 
pfalz als „Wolf“ bezeichnete Erscheinung beschreibt LABORDE (2) aus 
der Gironde. 

50 Unter den üblen Foleen der Rohfäuie, die WorTMmAnn (1) in seiner 
Schilderung der im Herbst 1901 vielfach am Rhein aufgetretenen 
Schädigungen näher beschreibt, steht voran die Einbuße an Quantität. 
Die unreif ergriffenen Beeren wachsen nicht mehr; der Pilz verzehrt 


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— 369 — 


einen mehr oder weniger großen Teil der wertvollen Mostbestandteile. 
Der Mostgehalt verringert sich durch die Verdunstung, die infolge des 
Absterbens der Oberhaut weit größer ist als in gesunden Beeren, 
während ein voller Ersatz des verdunsteten Wassers nicht stattfindet, 
weil die faulen Beeren ja tot sind. In dem von WorTMmanx untersuchten 3 
Falle war die Mostausbeute der rohfaulen Beeren, auf Gewicht berechnet, 
um 28,2 Proz. geringer als bei den gesunden Beeren; auf Zahl berechnet, 
würde der Verlust sicher noch viel größer erscheinen. Muxtzz (1), dessen 
Ergebnisse auch in einem Aufsatze von Morz (1) über die Rohfäule 
referiert sind, fand im Jahre 1900 im Departement des Pyren&es Orien- ı0 
tales das Durchschnittsgewicht der Beeren zu Anfang der Fäulnis, also 
noch im gesunden Zustande, zu 1,96 g, nach viertägiger Dauer der 
Fäulnis zu 1,43 g und nach achttägigem Befall zu 1,12 g, und die 
Traubenernte, pro ha berechnet, sowie die Mostergiebigkeit betrugen: 


100 kg Trauben 


Ernte in der Zeit vom: kg Trauben | hl Wein gaben 1 Wein 
24. bis 30. September. . . . . 14 900 106,35 71 
Oktober 3.0... 153.:0- 11 800 79,09 67 
Ben 14. Oktober... .. # 2... « 9 800 62,00 | 63 


Aus dem Umstande, daß der Alkohol- und Säuregehalt der erzielten ;; 
Weine ziemlich gleich hoch war, erhellt ohne weiteres, in wie hohem 
Maße der Pilz Zucker und Säure verzehrt hat. Der Gerbstoft und 
ebenso der Farbstoff der roten Trauben werden fast vollständig zerstört. 
Es hatten gleich konzentrierte Auszüge von gesunden Beeren eine rot- 
braune Farbe von der Intensität 10, von Beeren im Anfangsstadium ders 
Fäulnis eine bräunliche Farbe von der Intensität 7 und von stärker 
gefaulten Trauben eine gelbliche Färbung von der Intensität 4 Während 
die Haut gesunder Beeren der Sorte Carignan 1,9 Proz. Gerbstoff ent- 
hielt, wurden in der Haut fauler Beeren nur 0,4 Proz. gefunden. Nach 
Coupon und PAcoTTET (1) gaben die Häute gefaulter Beeren der Sorte > 
Black Alicante an eine verdünnte Weinsäurelösung überhaupt keinen 
Farbstoff oder Gerbstoff ab. Bei Untersuchung von Häuten gesunder, 
wenig und stärker botrytisfauler Beeren aus derselben Traube ergab sich 
ein Gerbstoffverlust von 15—17,5 Prozent. Durch diese Untersuchungen 
werden nicht nur die Erfahrungen der Praxis, sondern auch die Er- 
gebnisse exakter Versuche Laporpe's (1) bestätigt, nach denen unter 
dem Einfluß von Botrytis in Reinkultur auf sterilisierten roten Trauben 
der Farbstoff so verändert wurde. daß er sich bei nachträglicher Ver- 
gärung der verpilzten Maische nicht mehr löste. Infolge der gesteigerten 
Verdunstung durch die tote Haut ist erfahrungsgemäß der Aschengehalt a 
in Mosten aus faulen Beeren meist höher als in Mosten aus gesunden 
Beeren; man vergleiche darüber u. a. Wınviscn (1) und Benrens (3). 
Nach Lasoroe (1) und Pacorter (2) scheidet Botrytis auch in Wasser 
sich schleimig lösende Stoffe aus, so daß sie den Wein direkt zähe machen 
kann. Mit den faulen Trauben werden aber nicht nur Botrytis-Teile ins 
den Most und Jungwein eingeführt, sondern, worauf im vorigen Kapitel 
bereits hingewiesen ist, auch zahlreiche im Most und Wein entwickelungs- 
fähige Mikroorganismen, die auf den faulenden, stets feuchten Beeren- 
häuten Nährstoffe und damit Gelegenheit zur Vermehrung finden. Unter 
ihnen sind die meisten unmittelbare Schädlinge des Weines. WORTMANN ıs 

LAFAR, Handbuch der Teehnischen Mykologie. Bd. V. 24 


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— 370 — 


macht darauf aufmerksam, daß der Trub von Jungweinen, zu deren Be- 
reitung viele rohfaule Beeren verwendet werden, bei mikroskopischer Be- 
trachtung sich als besonders unrein zu erweisen pflegt. Die Gefahr 
unreiner Gör, wenn nicht gar krankhafter Gärungen, liegt daher bei 
s Verwendung rohfauler Trauben sehr nahe. Auf die Rolle, welche die 
Botrytisfäule als Ursache des Bitterwerdens der Rotweine spielt, wird 
in einem späteren Kapitel eingegangen werden. Bezüglich des Zu- 
sammenhangs zwischen der Botrytisfäule und dem Rahnwerden (Braun- 
werden) der Weine sei außerdem auf S. 681 des Ersten Bandes ver- 
ı wiesen. Auf die Gärungshemmung durch Botrytis wird im folgenden 
Paragraphen zurückzukommen sein. Hier sei nur im Vorbeigehen er- 
wähnt, daß nach Küster (1) dureh Botrytis auch die Entwickelung von 
Mucor gehemmt, daß aber durch Aufkochen der Nährlösung die Hemmung 
aufgehoben wird. Auch auf die Glycerinbildung durch .Botrytis wird 
noch im folgenden Paragraphen (S. 374) einzugehen sein. 

Ratschläge zur Vermeidung der üblen Folgen der Botrytis-Rohfäule 
für den Wein geben u. a. SEmICHoN (1), KAysEr und RE6NIeEr (1), WORT- 
MANN (1), Morz (1), sowie die Handbücher der Weinbereitung. Sie 
gipfeln in der Veranstaltung von Vorlesen, in der möglichst sorgfältigen 

20 Aussonderung der rohfaulen Beeren, in beschleunigtem Abpressen der 
Maische, Vergären unter Zusatz von guter Reinhefe, frühem ersten Ab- 
lassen unter tunlichster Beschränkung des Luftzutritts und stärkerem 
Einbrennen mit Schwefel. 

Die Mittel, die Rohfäule tunlichst einzuschränken, hat 

25 ISTvVÄnrFFi (3) für den Achten Internationalen Landwirtschaftlichen Kon- 
gereß zusammengestellt. Meist handelt es sich um vorbeugende Maß- 
regeln. Da größere Luftfeuchtigkeit und längere Gegenwart von Wasser 
auf den Trauben die Ansteckung erst ermöglicht oder doch erleichtert, 
so ist durch entsprechende Erziehung und Laubbehandlung der Reben 

dafür zu sorgen, daß Licht und Luft auch ins Innere der Stöcke ein- 
dringen können. Bısser (1) weist auf die Rolle hin, welche die Reihen- 
entfernung (Pflanzweite) der Reben dabei spielt. Durch entsprechende 
Erziehung ist dafür zu sorgen, daß die Trauben tunlichst sämtlich in 
nahezu gleicher Entfernung vom Boden hängen; nur so ist gleichzeitige 

»und gleichmäßige Reife zu erreichen und zu verhüten, daß die dem 
Boden näheren Trauben bereits faulen, wenn die höher stehenden noch 
nicht reif sind. Auch trocknen die unmittelbar am Boden hängenden 
Trauben naturgemäß besonders langsam ab, von der Möglichkeit der 
Ansteckung von am Boden auf toten Blättern usw. sich findenden 

40 Botrytis-Vegetationen ganz abgesehen. Carus (4) betont daher mit Recht 
die Wichtigkeit frühzeitigen Aufbindens der Triebe. Auf die Ver- 
meidung unnötig starker, den Holzwuchs gar zu sehr fördernder Stick- 
stoffdlüngungen legt Wortmann (1) besonderen Wert. Wie sehr Stickstoff 
mittelbar die Traubenfäule fördert, dafür geben u. a. die Erfahrungen und 

s Mitteilungen H. SCHELLENBERG’S (1) und PERRIER DE LA Barnıe’s (1) 
Belege. Carus (2) und Toran (1) empfehlen sogar Freistellen der 
Trauben durch zweekentsprechende Entfernung von Blättern, wodurch 
allerdings auch nach Benrens’ Erfahrungen (3) der Botrytis-Befall ver- 
mindert wird; da die Traubenwicklermotten mit Vorliebe beschattete 

so Trauben zur Eiablage aufsuchen, so wird durch das jedenfalls nur mit 
äußerster Vorsicht vorzunehmende, vielleicht nur im Süden nicht mit 
Schaden für die Qualität des Produktes verbundene Entfernen von 
Blättern auch die Zahl der ersten Eingangspforten für den Pilz ver- 


— 371 — 


mindert. Selbstverständlich müssen überhaupt die z. T. oben genannten, 
von PAacorter (1) aufgezählten Schädlinge der Rebe, welche den Botrytis- 
Befall vorbereiten, mit zweckentsprechenden Mitteln bekämpft werden. 
Nach LABorDe (3) verspricht nur das Entfernen verletzter Beeren durch 
Vorlesen und das Freistellen der Trauben durch Entblättern einen Er- > 
folge. In Betracht kann ferner als dem Rohfäuleschaden besonders vor- 
beugend, wo es angängig ist, der Anbau resistenter, insbesondere durch 
lockere Trauben mit schütterem Beerenansatz ausgezeichneter Sorten 
kommen, bei denen der Pilz nicht so leicht und unmittelbar von Beere 
zu Beere hinüberwachsen kann; man vergleiche darüber Ravaz (1).10 
GoutaAy (1 u. 2) macht nähere Angaben über die Resistenz verschiedener 
Sorten nach Beobachtungen im Jahre 1900. Auch Murz (1) berichtet 
über verschiedenen Befall der Sorten. 

Von direkten Bekämpfungsmitteln seien hier nur genannt das 
von IstvÄnrrı (2 u.3) empfohlene Bestäuben der befallenen Trauben ı: 
mit Natriumbisulfit enthaltenden Pulvern und das von ÜHEF-DE-BIEN (1 u. 2) 
angegebene Gemenge von Sulfosteatite cuprique und Aluminiumsulfat, 
das dem von BArETTo (1) empfohlenen Mittel ähnlich ist. Schon Pa- 
COTTET (2) verwandte Spritzungen mit Lösungen von Schwefligsäure 
bezw. Bisulfiten; GuiLLon (1) spritzte mit einer Mischung von Kalk» 
und Aluminiumsulfat, wobei aber gleichzeitig die Trauben durch Weg- 
nahme von Blättern frei gestellt wurden. Näheres über allerlei direkte 
Bekämpfungsmittel findet man bei Ravaz und GovmkaxD (1). Nach 
IstvänrFı (2) erweist sich die Trockenheit als größter Feind der Bo- 
trytissporen, sofern gekeimte Sporen schon nach ganz kurzem Aus-» 
trocknen sicher absterben und auch die ungekeimten Sporen nach 
wenigen Tagen der Trockenheit größtenteils erliegen. Bestäubungen 
mit einem Gemisch von Natriumbisulfit und Tonerde (1:9) empfiehlt 
auch IsrvÄnrrı besonders nach Hagelschäden. Kupferhaltige Brühen 
haben sich nicht bewährt. GUILLON und GOUIRAND (1) versprechen sich zo 
Erfolge von der Anwendung von Quecksilberchlorid im Gemisch mit 
Kalk, gestützt auf Versuche mit reinen Quecksilbersalzen. BOUCHARDAT (1) 
empfiehlt Spritzungen mit ammoniakalischer Silberchloridlösung. Mur# (2) 
fand Spritzungen mit dreiprozentiger Schmierseifenlösung äußerst wirk- 
sam gegen Botrytis-Befall der Trauben. Vergleichende Untersuchungen 3 
über Wirkung verschiedener Fungicide auf den Botrytisbefall findet man 
bei GuıLLon (2) in seinen Untersuchungen über die Traubenfäule durch 
Botrytis. Im übrigen sei bezüglich des Verhaltens von Botrytis gegen- 
über Giften auf S. 488 u. f. des Ersten Bandes sowie auf die Unter- 
suchungen von Brooks (1) über die Giftwirkung von Schwefel- und « 
Salpetersäure sowie Kupfervitriol auf verschiedene Schimmelpilze, da- 
runter auch .Dotrytis, verwiesen. 


$ 92. Die Edelfäule. 


Als Edelfäule haben wir mit MÜLLER-TnurGaAu (2) die Botrytis- 
fäule der reifen Traubenbeeren bezeichnet. Es muß indes hervor- ıs 
gehoben werden, daß eine scharfe Trennung der Edelfäule von der Roh- 
fäule damit nicht gegeben ist, schon weil der Begriff „Reife“ nicht scharf 
zu fassen und daher schwankend ist. Das Charakteristikum der Edel- 
fäule ist das Bestehen der Möglichkeit, daß infolge des Pilzbefalls das 
Produkt der Traube, der Wein, qualitativ besser wird. Diese Möglich- » 


24 


— 32 — 


keit ist eben nur vorhanden, wenn die Beeren zur Zeit des Befalls durch 
den Pilz bereits vollreif sind, einen hohen Zuckergehalt besitzen. Bei 
Rotweintrauben ist eine Edelfäule überhaupt nicht möglich, weil der 
Rotweinfarbstoft bei jeder Fäule zerstört wird. Von der einfachen Voll- 
sreife, erreicht, wenn die Beere den höchstmöglichen absoluten Zucker- 
gehalt besitzt, unterscheidet MÜLLER-TauRGAU noch die Edelreife, 
zustande kommend, indem der Wassergehalt der vollreifen Beere durch 
Verdunstung abnimmt, der Saft also konzentrierter wird; dabei ver- 
schwindet etwas Zucker infolge der Atmung, aber in viel stärkerem 
Maße nimmt der Wassergehalt ab, so daß der prozentische Gehalt der 
Beere an Zucker zunimmt. Bei anhaltend trockener Witterung schrumpft 
schließlich die edelreife Beere zur Trockenbeere oder Rosine ein, 
ein Fortschritt, der in Deutschland allerdings nur ausnahmsweise vor- 
kommt, dem aber die edlen Tokayer und Malvasier ihre Vorzüge verdanken. 
15 Mit der Reife nimmt, wie bei anderen Früchten, die Lebensenergie 
der Traubenbeeren ab, und dementsprechend setzt die Haut reifer oder 
gar edelreifer Beeren dem Eindringen der Botrytis-Keimlinge weit ge- 
ringeren Widerstand entgegen als die Haut junger unreifer und noch 
wachsender Beeren. Auch pflegt sich mit fortschreitender Reife an der 
»Ansatzstelle des eintrocknenden Stieles der Zusammenhang etwas zu 
lockern und damit eine natürliche Eingangspforte für den Pilz zu öffnen. 
Der Pilz wächst in reifen und edelreifen Beeren, zum Unterschied von 
den unreifen, vorwiegend, ja fast ausschließlich, in den äußeren Partien 
und meidet das innere Fruchtfleisch. Die getötete braungefärbte Ober- 
haut der faulen und (im engeren Sinne) edelfaulen (aus edelreifen 
Beeren entstandenen) Beeren bereitet der Verdunstung keinerlei 
Schwierigkeiten, und so gehen die edelfaulen Beeren bei entsprechender 
trockener Witterung bald in edelfaule Rosinen über, die das 
höchste Stadium der Vollkommenheit in gewissen Weinbaugebieten dar- 
so stellen. 

Die Fig. 1 unserer Tafel I zeigt vier Beeren einer Traube der jetzt 
nur noch selten gebauten Rheingauer Sorte Orl&ans. Die gelbe durch- 
scheinende Beere zeigt die charakteristische Färbung der Edelreife; die 
oberste Beere ist edelfaul, die beiden untersten sind bereits geschrumpft und 

3; beginnen zu edelfaulen Rosinen zu werden. Auf den edelfaulen Beeren 
sieht man die Botrytisrasen, von denen einer in Fig. 2 stärker vergrößert 
ist, während Fig. 3 einen einzelnen Fruchtträger in noch stärkerer Ver- 
größerung zeigt. Die Fig. 4 gibt einen Schnitt durch die Beerenhaut 
wieder; man sieht das Mycel des Pilzes vorwiegend in den peripherischen 

4 Gewebspartien der Beere, von wo nur einzelne Fäden ins Innere hinein- 
gesandt werden. Im Jahre 1886, in dem die abgebildete Traube ge- 
sammelt wurde, ging die Rosinenbildung bei günstigster Witterung 
weiter, so daß schließlich die Beeren der Orleans-Anlage, aus der das 
Original der Fig. 1 stammt, größtenteils zu unscheinbaren, dunkeln, mit 

+ Pilzfäden bedeckten, miteinander verklebten edelfaulen Rosinen geworden 
waren. Der Laie erschrickt über diesen Zustand der Trauben, bei deren 
Anblick dem Rheingauer das Herz im Leibe lacht. Weiß er doch, daß nur 
aus diesem anscheinend so unappetitlichen Material jene kostbaren und 
einzigartigen Ausleseweine gewonnen werden, welche den Stolz des 

so Rheingaus bilden, und welche mit 20, ja 50 Mark und höher das Liter 
bezahlt werden. 

Den Forschungen MÜLLER-TrurGAau’s verdanken wir die Aufklärung 
darüber, wie die Edelfäule den Traubensaft zu veredeln imstande ist. 


TE 


LAFAR, Handbuch d. Techn. Mykologie, Bd. V, Kap. 15. Taf. I. 


Erklärung der Abbildungen. 


Fig. 1: Vier Beeren einer Orleans-Traube in natürlicher Größe. Die gelbe ist edelreif, 
aber nicht faul. Die oberste ist edelfaul, jedoch noch voll. Die unteren zwei 
sind edelfaul und schon in Rosinen übergehend. 


Fig. 2: Ein Stückchen von der Haut einer solchen edelfaulen Beere, aus der ein Bündel 
von Konidienträgern hervorbricht. — Vergr. 40. 


Fig. 3: Das obere Ende eines dieser Konidienträger. — Vergr. 350. 


Fig. 4: Querschnitt durch die Haut und die benachbarten Schichten des Beerenfleisches 
einer edelfaulen Riesling-Beere. Zwischen den farbigen Hautzellen sind die farb- 
losen Hyphen des Pilzmyceles zu sehen, zum Teil im Längsschnitt, zum Teil im 
Quersehnitt. Einige Hyphen sind auch weiter in das Innere der Beere vor- 
gedrungen. — Vergr. 200. 


Die Figuren entstammen sämtlich der Arbeit Mürter-Tuursauv’s (2). 


a 


0 


LAFAR, Handbuch. d. Techn. Mykologie, Bad. V Kap. 73. Tafel TE 


eo: 


un 


ey u \ 
Nach Muller T] Lu \ hustax Fisı hei 


Schon NEUBAUER (1) hatte allerdings gezeigt, daß mit dem Fortschreiten 
der Edelfäule der absolute Gehalt des Beerensaftes an Säure sich in 
viel stärkerem Maße verringert als der Gehalt an Zucker. MÜLLER- 
THurGAU aber zeigte, wie diese Veränderungen unmittelbar durch den 
Stoffwechsel der Botrytis herbeigeführt werden. Er setzte eine Reihe 
von Reinkulturen der Botrytis in Traubenmost derselben Zusammen- 
setzung an und untersuchte in kurzen Zwischenräumen den Gehalt der 
Kulturen an Zucker, Säure und Stickstoff mit dem in der nachfolgenden 
Tabelle verzeichneten Ergebnis: 


Zu Nach 
Gehalt des Mostes an Veragehe-v. MN 10157 Sjt ASInuf 22.08 7024 
beginn Tagen 
Zucker, Prozent . . . . 17,2 16,7 13,8 12,2 11,6 
Säure, Promille ‘.:. . « 13,4 8,4 4,7 2,4 1,9 
Stickstoff, Promille . . . 0,57 0,35 0,22 0,11 0,10 


Man sieht, wie der Pilz die Säure und den Stickstoff verhältnis- 
mäßig viel stärker verbraucht als den Zucker, und da bei trockener 
Witterung die edelfaulen Beeren viel Wasser verdunsten, so muß der 
prozentische Gehalt des Beerensaftes an Zucker im Verhältnis viel 
rascher ansteigen als der an Säure. In einem näher untersuchten Falle 
enthielten je 100 cem Most: 


Säure (als Wein- 


Zucker säure berechnet) 
g g 
ausireiten. Beeren =... 120. mu. 182 0,69 
„ .edelfaulen Beeren. . .. . .. 20,6 0,71 
. R Borenmn den Ke,D 1,05 


Die Veredelung des Beerensaftes ist unverkennbar. Bei seinem 
Zuckerverbrauch bevorzugt der Pilz von den beiden in der Traube vor- 
handenen Zuckerarten, d-Glucose und d-Fructose, die erstere, und so 
erklärt sich das Vorwalten von d-Fructose in Mosten aus edelfaulen 
Trauben. Von den Säuren des Traubensaftes dürfte, wie schon MÜLLER- 
THuRrGAU vermutete, nach BEHRENS’ (2) Versuchen in erster Linie die 
Weinsäure angegriffen werden; wenigstens verzehrte der Pilz in mit 
verschiedenen organischen Säuren in äquivalenten Mengen versetzten, 
sonst gleichen zuckerhaltigen künstlichen Nährlösungen die Weinsäure 


sehr schnell, während die Aepfelsäure- und die Citronensäure-Kulturen » 


ihren Titer weniger bezw. kaum änderten. 

In einem gewissen Gegensatze zu dem hohen Zuckergehalte der 
Auslesemoste steht der im allgemeinen relativ niedrige Alkohol- 
gehalt der Ausleseweine. Die Gärung hört schon bei Alkoholge- 


halten auf, die sonst in Mosten aus normalen Trauben keineswegs den: 


Fortgang der Gärung stören, und unverhältnismäßig große Zuckermengen 
verbleiben im Wein, der aber infolgedessen auch ständig der Gefahr des 
Eintritts von Nachgärungen ausgesetzt ist und, wie BassErmann (1) mit 
Recht beklagt, der Erziehung zur Flaschenreife große Schwierigkeiten 
macht. Mürver-Tnursau fand in verschiedenen deutschen Auslese- 
weinen folgende Mengen an Alkohol und Zucker pro 100 cem: 


[>11 


fe 


0 


20 


10 
c 


S 


RN 


_ 314 — 


Alkohol Zucker 
g g 
Schloß Johannisberg (1862) . . . . 9,5 10,0 
Forster Kirchenstück (18532) . . . . 9,2 6,4 
Deidesheimer Hofstück (1859) . . . 8,2 13,2 


Auch die Hauptgärung selbst verläuft schleppend, und das alles 
selbst in Weinen, in denen die Konzentration des Mostes keineswegs 
eroß genug ist, um als Hemmnis der Hefentätigkeit in Betracht zu 
kommen. MüÜrLEr-TuuRrGAU und, ihm folgend, SauvAaGEAU (1) machen 
sdafür den Mangel an Stickstoff verantwortlich, den Dotrytis dem Moste 
entnimmt, in ihrer Leibessubstanz festlegt und zum Teil (s. Bd. III, 
S. 426) sogar mit und in den Sporen verwehen läßt. WınpıschH (2) zeigte, 
daß das auch bei der Rohfäule der Fall ist. Daneben denken KAYsEr 
und REGNIER (1) auch an eine spezifische Giftwirkung der Botrytis, eine 
ıo Vermutung, die auch Kurısch (1) äußerte, deren Richtigkeit aber erst 
BEHRENS (2) experimentell nachwies. Es dürfte sich um dasselbe Gift 
handeln, mit Hilfe dessen Botrytis bei parasitischem Auftreten die Ge- 
webselemente seiner Wirtspflanzen tötet. 

LABORDE (4) bestätigte die Beobachtung Müuter's, daß die Edel- 
» fäule auch den Glyceringehalt des Weines erhöht. Als er reife Beer en, 
edelfaule Beeren und edelfaule Rosinen gesondert preßte und die er- 
haltenen Moste für sich vergären ließ, fand er in den entstandenen 
Weinen auf 100 cem folgende Mengen Gly cerin und folgendes Verhältnis 
von Glycerin zu vergorenem Zucker: 


Verhältnis (x) von 


P Glycerin ; 
Im Wein von: Pl Glycerin zu vergorenem 
g in 100 cem Zucker (x : 100) 
I II l II 
reifen Beeren . . . . 0,768 0,716 3,3 3,2 
edelfaulen Beeren . . 1,745 1,152 6,6 5,0 
5 Rosinen . . 2,750 2,560 14,9 12,8 


20 Botrytis bildet augenscheinlich selbst Glycerin. 

Die vielleicht wichtigste Veränderung aber trifft das Bouquet des 
Weines bezw. der Traubensorte. Gerade die wertvollen bouquetgebenden 
Stoffe der Traubensorten, z. B. des Riesling, die sich nach MÜLLER- 
Tuursau (2) vornehmlich in den äußeren Zellschichten der Beere finden, 

» werden bei der Fäule größtenteils entweder durch den Pilz selbst oder 
infolge der erhöhten Sauerstoffzufuhr zerstört. An die Stelle des Sorten- 
bouquets tritt aber um so mehr, je mehr dieses infolge der vollkommenen 
Edelfäule schwindet, am ausgesprochensten also bei den hochfeinen 
Rosinenauslesen. ein 'Sanz eigenartieer lieblicher und süßer Duft, der an 

so echte Sherry- und Madeiraweine erinnert und von MÜLLER- Tuursau als 
„Sherrybouquet“ bezeichnet wird. Das Sherrybouquet, zusammen mit den 
der Zerstörung infolge der Fäulnis entgangenen Resten des Sortenbouquets, 
macht die Blume der Ausleseweine aus. Vielfach keltert man mit den 
edelfaulen Beeren und Rosinen zusammen auch gewisse Mengen gesunder 

»edelreifer Beeren, um der Blume der Auslese das Charakteristische der 
Sorte zu verleihen. 

Nun sind aber keineswegs alle Traubensorten geeignet für die 
Edelfäule. Die Trauben vieler — der sogen. weichen — Sorten vertr agen 
die Fäulnis von vornherein nicht gut, weil ihre an sich bereits zarte Haut 

durch die Fäulnis sofort so gelockert werden würde, daß sie den Inhalt 


— 35 — 


gar zu leicht und bei der ersten Gelegenheit austreten ließe. Bei Rot- 
weintrauben schließt die Zerstörung des Farbstoffs durch Botrytis die 
Edelfäule von vornherein aus. So ist es, neben der fast verschwundenen 
Sorte Orleans, im Rheingau nur der Riesling, welcher Auslesen liefert. An 
der Haardt ergibt neben ihm in manchen Jahren der Sylvaner Auslese- 5 
weine, und im Weinbaugebiet der Mosel, wo man den Riesling im 
Interesse der Erhaltung seines Sortenbouquets im allgemeinen durch 
hohe Erziehung und rechtzeitige Lese sorgfältig vor der Fäule und 
Edelfäule bewahrt, hat man nach MüÜrLLEr-TrurGAU (2) gelegentlich 
am Elbling (Kleinberger) gute Erfolge der Edelfäule beobachtet. Nach ıo 
Sauvaszau (1) wird auch in Frankreich die Edelfäule nur an dick- 
häutigen derberen Traubensorten beobachtet, an Sauvignon, S&millon und 
Muscadelle in Sauternes, am Chenin blanc oder Pinot blanc der Loire, 
im Coul&e de Serrans oder der Rocheaux-Moines im Anjou. 

Daß der Effekt der Edelfäule durchaus vom Wetter abhängig ist, ı 
geht bereits aus den vorhergehenden Darlegungen hervor. Die Voraus- 
setzung des Gelingens ist Ausbleiben von Niederschlägen zur Zeit der 
Traubenreife bis zur Ernte, wobei aber durch nächtliche Nebel für ge- 
nügende Feuchtigkeit gesorgt sein muß, um der .Botrytis die Möglichkeit 
des Gedeihens zu geben. Nur wenn solche längere Perioden günstiger 2 
Witterung in den Monaten Oktober und November herrschen, kann man 
auf die Veredelung des Produktes durch die Botrytisfäule rechnen. 
Freilich muß auch dann die höhere Qualität mit dem Verzicht auf 
Quantität erkauft werden. Es ist ja klar, daß, abgesehen von ander- 
weitigen Verlusten, die während des längeren Hängenlassens der Trauben » 
eintreten, der für die Wirkung der Edelfäule so notwendige Wasser- 
verlust des Traubensaftes, von dem Verzehr von Zucker und Säure.durch 
den Pilz gar nicht zu reden, eine Verminderung der Mostausbeute um 
bis zur Hälfte der ursprünglich möglichen zur Folge haben muß. Nicht 
immer entspricht der Mehrerlös für eine Auslese den durch die unver- » 
meidlichen Verluste erhöhten Produktionskosten. Dazu kommt aber die 
Ungewißheit des Gelingens: Ein einziger Regentag kann gar zu leicht 
die Hoffnung, die durch mehrere Wochen günstigsten Wetters genährt 
wurde, zerstören. Die edelfaulen Rosinen saugen sich bei stärkeren 
Niederschlägen wieder voll Wasser und werden ausgewaschen, so dab» 
nachher nur noch die leeren Hülsen am Stock von vereitelten Hoffnungen 
Zeugnis ablegen. Nach Eintritt von Regenwetter wuchert ferner die 
Botrytis so lebhaft, daß der erhöhte Stoffverbrauch durch sie allein 
schon die Qualität wesentlich herabsetzen würde. In den Sauternes soll 
nach Carus (1) die Kellerfliege, Drosophila funebris Fapr., an den ders 
Edelfäule überlassenen Trauben schwere Verluste hervorrufen, indem 
sie ihre Eier an die Beeren legt, in denen man nachher die Larven 
findet. Der Inhalt der befallenen Beeren schmeckt höchst unangenehm 
sauer und kann die Qualität der gesamten Ernte verderben. Die Ver- 
anstaltung von feinen und hochfeinen Beerenauslesen wird wegen der 
Einbuße an Quantität und wegen der Unsicherheit des Gelingens, wobei 
nicht weniger als alles aufs Spiel gesetzt wird, immer ein Sport ein- 
zelner bleiben, der aber in seiner Bedeutung für den Ruf des Weinbau- 
gebietes nicht leicht überschätzt werden kann. Man vergleiche darüber 
MüLter-TnuRraau (2). 50 

Der Eintritt der Edelfäule wird, sofern äußere Verhältnisse sie ge- 
statten, natürlich in erster Linie durch alle Faktoren gefördert, welche 
das Reifen begünstigen, ferner aber durch viele jener Umstände, welche 


_ 
= 


— a 


auch der Rohfäule förderlich sind, und die wir im vorigen Paragraphen 
kurz betrachtet haben. Welche bedeutende Rolle man darunter der Be- 
schattung der Trauben zumißt, erhellt daraus, daß SEUFFERHELD (1) der 
Rheingauer Sitte, mehrere (bis 3) Rieslingstöcke an die gleiche Pflanz- 
sstelle zu pflanzen, dem mehrschenkeligen Satze, vor dem einschenkeligen 
Satze (einer Pflanze pro Pflanzstelle) trotz seines höheren Ertrages den 
Vorzug gibt, weil bei mehrschenkeligem Satz die Edelfäule stärker auftrat. 


$ 93. Andere Fäulniserscheinungen an Trauben. 


Schon im vorhergehenden Kapitel (S. 353) ist darauf hingewiesen 
ı worden, dab bereits der Saft der noch hängenden Beeren essigstichig 
werden kann. Eine eigentliche Essigfäule tritt nach MÜLLER- 
THURGAU (4) gelegentlich besonders an Rotweintrauben auf: Der Inhalt 
der befallenen rötlich verfärbten Beeren, die beutelartig geschrumpft zu 
sein pflegen, aber keine sichtbare Verletzung aufweisen, ist eine stark 
snach Essigsäure riechende, an Stäbchenbakterien und Hefenzellen reiche 
Flüssigkeit. Nähere Untersuchungen fehlen. Vielleicht gehört auch die 
am Schluß des vorigen Paragraphen berührte, von Carus beobachtete 
Erscheinung hierher. 
Ein eigenartiges Verderben der Traubenbeeren, das der deutsche 
»o Weinbauer erst seit relativ kurzer Zeit zu fürchten gelernt hat, ruft der 
Befall durch die sonst an den Blättern regelmäßig auftretende Plasmopara 
(Peronospora) viticola (BERK. et ÜurTIs) BERL. et DE Toni hervor. Der Pilz, 
der die gefürchtete Blattfallkrankheit (s. S. 351) verursacht und alljähr- 
lich in regelmäßiger Wiederkehr durch Bespritzungen mit kupferhaltigen 
» Flüssigkeiten bekämpft wird, dringt auf noch unbekannten Wegen in 
die unreifen Traubenbeeren ein. Sind sie noch ganz jung, so bedecken 
sie sich bald mit den weißen Konidienträger-Rasen des Pilzes und fallen 
dann ab. Aeltere Beeren aber lassen die Bildung von Fruchtträgern 
nicht mehr zu; der Pilz bleibt vielmehr auf das Innere der Beeren be- 
soschränkt, und der Befall sowie der Tod des Beerenparenchyms wird nur 
dadurch äußerlich erkennbar, daß die Beeren bleifarbig werden und in- 
folge des Wasserverlustes in eigenartiger Weise einschrumpfen, wobei 
die Haut sich in Längsfalten legt, so daß die Lederbeere, so nach 
dem Verhalten der Beerenhaut genannt, einem der früher üblichen Tabak- 
3 beutel, einem oben zusammengeschnürten Säckchen, gleicht. Der Inhalt 
der Lederbeeren ist nach MÜLTER-THuurGAU (4) fade und saftarm; meist 
fallen sie auch bald ab, so daß eine unmittelbare Beeinträchtigung der 
Qualität des Weines nicht sehr zu befürchten ist. Immerhin bleiben in 
dichten Trauben nach MÜLLER-THuRGAU (5) die Lederbeeren vielfach 
„auch stecken, werden dann von allerlei Schimmelpilzen, besonders dem 
gleich zu betrachtenden grünen Pinselschimmel, besiedelt und können 
infolgedessen der Weinqualität sehr schaden. Im allgemeinen dürfte 
indes die Qualität durch die Peronospora der Blätter weit mehr beein- 
trächtigt werden, insofern infolge des von dem Pilz hervorgerufenen 
skrankhaften Zustandes und des vorzeitigen Abfallens des Laubes die 
Beeren zuckerarm bleiben. Ueber die Folgen des Peronospora-Befalls 
für den Wein vergleiche man KurıscH (3), der allerdings den höheren 
Stickstoffgehalt der Weine von peronosporakranken Reben, wie ihn 
Manceau (1) gefunden zu haben glaubte, nicht oder doch nur in sehr 
engen Grenzen bestätigen konnte. Im übrigen sei wegen der Plasmopara 


Ne — 


viticola auf die Handbücher der Pflanzenkrankheiten, insbesondere der 
Rebkrankheiten, verwiesen. 

Der wie die Plasmopara von Amerika nach Europa eingeschleppte 
Mehltau der Reben, Oidium Tuckeri BErx., der (s. Bd. I, S. 211) mit 
Hilfe von Schwefelpulver bekämpft wird, befällt die unreifen Beeren > 
und bringt sie, indem er die Epidermis hindert, dem Wachstum der 
inneren Partien zu folgen, zum Aufspringen. Seine Schädigungen, welche 
die Wasserverdunstung fördern, haben nach Kuniscr’s (2) Erfahrungen 
zur Folge, daß der Saft der befallenen Beeren ein besonders hohes Most- 
gewicht hat. Indes entspricht diesem hohen Mostgewicht schen deshalb ıo 
keineswegs eine entsprechend gute Weinqualität, weil in den Spalten 
der befallenen Beeren sich die Schädlinge der Gärung, darunter auch 
der grüne Pinselschimmel, mit Vorliebe und besonders stark ansiedeln 
und vermehren. Die Gärung der unter Verwendung von oidiumkranken _ 
Beeren gewonnenen Moste begegnet daher auch besonderen Schwierigkeiten. ı5 

Nächst Botrytis ist ein grünes Penicillium, gemeiniglich als das in- 
zwischen als Sammelart erkannte „Penicillium glaucum“* bezeichnet, der 
häufigste und, wie hier gleich bemerkt werden mag, schlimmste Pilz- 
bewohner der Trauben. Die Winzer bezeichnen nach MÜLLER-THURGAt (2) 
die von Penicillium besiedelten Trauben als speckigfaul; hin und» 
wieder nennt man die Penieillium-Fäule nach der Farbe der Konidien- 
lager auch Grünfäule, wohl zu unterscheiden von der von Botrytis 
hervorgerufenen, auch vielfach — wegen des Zustandes der befallenen 
Beeren — als Grünfäule bezeichneten Rohfäule der Trauben. Daß 
Penicillium eine primäre Fäulnis der Trauben hervorrufen kann, haben 
MüLteEr-TuurGau’s Beobachtungen wohl sicher festgestellt. In manchen 
Jahren sah er ganz bedeutenden Schaden durch die Penieillium-Fäule, 
von der nicht nur verletzte, sondern auch äußerlich von den gesunden 
nicht verschiedene Beeren befallen waren; letztere ließen sich als peni- 
eilliumfaul nur durch ihre schmutzig-hellgrüne bis gelbliche Färbung 
erkennen. Jedenfalls tritt die Penieillium-Fäule aber sehr häufig erst 
im Gefolge anderer Schädigungen der Traube ein, indem der Pilz sich 
erst auf den bereits toten Beeren und Beerenteilen ansiedelt. Nach 
Gusnon (2) stellt sich Penicillium neben anderen Pilzen (Aspergillus, 
Mucor u. dgl.) gern im Gefolge des Rohfäulepilzes Botrytis ein, das Werk x 
der Zerstörung vollendend. Allgemeines über Penieillium findet man im 
10. und 11. Kapitel des Vierten Bandes 

Das Verhalten des Pilzes zu Zucker und Säure des Traubensaftes 
hat Mürver-TnurGau (2) sorgfältig untersucht. Dabei ergab sich, dab 
Peniecillium, ganz im Gegensatz zu Botrytis, den Zucker in weit höherem 
Maße und außerordentlich energisch angreift, die Säure dagegen schont. 
Ein Most, in dem Botrytis bezw. Penieillium durch 21 bezw. 19 Tage 
gewachsen war, würde sich unter der Annahme, daß er während dieser 
Zeit auf die Hälfte des ursprünglichen Volumens eingedunstet wäre, in 


v 
H 
© 


ws 
< 


z 
= 


40 


ui 


folgender Weise verändert haben: 15 
Zucker Siüure Stickstoff 
Proz. Promille Promille 
Ursprünglicher Most . . . . 12,55 13,0 1,206 
Böttyrtie-KRultae 4 ar uch 18.52 9,3 1,024 
Penicillium-Kultur . . . . . 11,04 20,82 0,638 


Man sieht deutlich, wie verderblich Penieillium wirkt. In bezug auf 
das Verhalten gegenüber Stickstoff gleicht es der Botrytis. Benrens (2) 


a 


zeigte, daß auch ein von ihm kultiviertes Penieillium glaucum , überein- 
stimmend mit MÜLLER-TuurGAU’s Beobachtungen, in Aepfel-, Wein- oder 
Citronensäure enthaltenden Zuckerlösungen den Säuregehalt wenig oder gar 
nicht vermindert. Den Gerbstoff greift die Penieilliumfäule, wie Coupon und 
5 PAcoTTET (1) zeigten, noch energischer an als Botrytis, und ebenso wird 
der Rotweinfarbstoff von Penieillium zerstört. Von WORTMANN (2) ist 
nachgewiesen worden, daß außer Dotrytis auch Penicillium glaucum neben 
anderen Pilzen den Wein bitter machen kann. Es kommt diese Be- 
fähigung für die Praxis aber kaum in Betracht, da Penieillium an sich 
ıo bereits so außerordentlich unangenehm schmeckende und riechende Stotfe 
bildet, daß es, wo immer es mit dem Material der Weinbereitung oder 
mit dem Wein selbst in Berührung kommt, ihm Schimmelgeschmack 
verleiht und damit die Qualität ganz außerordentlich herabdrückt. Des- 
halb müssen speckig-faule, überhaupt alle mit Penieillium-Rasen besetzten 
Beeren bei der Lese ebenso sorgfältig entfernt und verworfen werden 
wie die essigfaulen Beeren. Selbst der Cognac läßt nach GouvırRAND (1) 
die Penicilliumfäule vielfach noch spüren. Die Hemmung der Gärung 
durch Penicillium hat zuerst MÜLLER-TRURGAU (3) untersucht; da die 
Hemmung sich auch geltend machte, als der Penicilliumrasen aus dem 
»» Moste entfernt war, schloß er auf die Bildung gärungshemmender Gifte 
durch ‚Penieillium glaucum. BEHRENS (2) bestätigte diese Ansicht experi- 
mentell, wobei sich das von ihm geprüfte Pemieillium glaueum freilich 
als weniger gärungstörend erwies als Botrytis. Kayser und REGNIER (1) 
denken in erster Linie an die Verarmung des Traubensaftes an Stick- 
»stofft durch die Stickstoffassimilation des Pilzes. Giftwirkungen des 
Trauben-Penicillium, wie sie Srturuı (1) bei einer auf Polenta gefundenen 
Form (vergl. Bd. Il, S. 382 u. 525) beobachtete, sind nicht bekannt. 
Nur kurz sei noch auf die sogen. Weißfäule hingewiesen, hervor- 
gerufen durch den neuerdings auch in Deutschland gefundenen Pilz 
30 Coniothyrium diplodiella (Spes.) Sacc. IstvÄnrrı (1) hat diesem Verderber 
der Traubenbeeren, der aber, wie Botrytis, auch auf anderen Organen 
des Weinstocks vorkommt, eine ausführliche Monographie gewidmet. 
Für die Qualität des Weines dürfte vornehmlich die sekundäre Besiede- 
lung der getöteten Beeren und Beerenstiele durch Schimmelpilze u. derg]. 
s gefährlich sein. Aus Michigan gibt Lox6eyear (1) als Urheber bitteren 
Geschmackes der Traubenbeeren Melanconium fuligineum (ScRIB. et VIALA) 
Cav. an; der Pilz kommt auch in Europa, z. B. in Italien, vor. Glome- 
rella rufomaculans (BERK.) SPAULD. et v. SCHRENK ist auch (vergl. S. 362) 
als Urheber des ripe-rot, einer kurz vor der Reife eintretenden Fäule 
‚an Traubenbeeren, in Nordamerika verbreitet, wie Lüstxer (3) berichtet. 
Nach Pacorrter (3) hat auch der Befall der Beeren durch den Schwarz- 
brenner Gloeosporium ampelophagum (Pass.) Sacc. (= Sphaceloma ampelinum 
DE By.) üble Folgen für die Qualität des Weines; doch dürften sie 
zum Teil nur mittelbar mit dem Befall, unmittelbar aber mit der sekun- 
sdären Saprophyten-Flora der Schwarzbrennerflecke zusammenhängen. 
Carus (3) gibt an, dab auch Traubenbeeren, die vom Black rot, der 
durch Zaestadia Didwellii (Vıan. et Pac.) verursachten Schwarzfäule, be- 
fallen sind, dem Wein einen üblen Geschmack verleihen, soweit sie nicht 
vor der Ernte bereits vertrocknet und inhaltslos geworden sind. Danach 
soscheint in der Tat der Parasit selbst üble Geschmacksstoffe zu erzeugen. 
Bezüglich der zuletzt erwähnten Pilze muß auf die Handbücher der 
Rebenkrankheiten, z. B. das von Vırara (1), und auf den einschlägigen 
Abschnitt des Werkes von Baso und Macu (1) verwiesen werden. 


— 3719 — 


Literatur 


zum Kapitel Fäulniserscheinungen an Trauben und anderen Materialien der 
Weinbereitung. 


*Aderhold, R., und Ruhland, W., (1) Arbeiten a. d. biol. Abteilung am Kais. 
Gesundheitsamte, 1905, Bd. 4, S. 427. — (2) Arbeiten a. d. Kais. Biol. Anstalt f. Land- 
und Forstwirtschaft, 1°07, Bd. 5, S. 293. *Anonym, (1) The Natal Agrie. Journal, 
1910, Bd. 15, S. 13. *Appel, O., und Wollenweber, A. W., (1) Arbeiten a. d. Kais. 
Biol. Anstalt f. Land- und Forstwirtsch., 1910, Bd. 8, S.1. *Babo und Mach, (1) Hand- 
buch des Weinbaues und der Kellerwirtschaft, Bd. I. Weinbau, 3. Aufl., Zweiter Halb- 
band, Berlin 1910. *Baretto, L. P., (1) Revue de Viticulture, 1896, Bd. 5, S. 445. 
*Bary, A. de, (1) Ueber Schimmel und Hefe, Berlin 1869 (Heft 87/88 der Sammlung 
gemeinverständlicher wissenschaft]. Vorträge, IV. Serie). — (2) Vergleichende Morphologie 
und Biologie der Pilze. Leipzig 1884. — (3) Bot. Ztg., 1886, Bd. 34, S. 377. *Basser- 
mann, L., (1) Mitteilungen ü. Weinbau u. Kellerwirtschaft, 1903, Bd. 15, S. 101. 
*Behrens, J., (1) Z. £. Pflanzenkrankheiten, 1895, Bd. 5, S. 136. — (2) Centralbl. f. 
Bakt., 2. Abt., 1898, Bd. 4, S. 514. — (3) Arb. Kais. Ges.-Amt, 1905, Bd. 23, S. 116. 
— (4) Jahresbericht d. Großh. Bad. landw. Versuchsanstalt Augustenberg über 1906. 
Karlsruhe 1907. *Bisset, G. F., (1) Revue de Viticeulture, 1898, Bd. 10, S. 601. 
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— 331 ° — 


(Manuskript-Einlauf: 
2. Mai 1911.) 


16. Kapitel. 
Die Anwendung von Reinhefen in der Most-Gärung. 


Von 
Prof. Dr. KARL KROEMER, 


Vorstand der Pflanzenphysiolog. Versuchsstation der Königl. Lehranstalt 
für Wein-, Obst- und Gartenbau zu Geisenheim am Rhein. 


$ 9. Die Verbesserung der Most-Gärung ohne Reinhefe durch 
Reinigung des Maischgutes und Erhöhung seines Säuregehaltes. 


Wirkliche Reingärungen sind in der Weinbereitung wie in anderen 
Gärungsbetrieben erst durch die Einführung reingezüchteter Gärungs- 
erreger möglich geworden, dagegen hat man andere Methoden zur Ver- 5 
besserung der Weingärung schon früher gekannt. Diese sind es, welche 
hier und im folgenden Paragraphen zuerst besprochen werden sollen. 
Sie beruhen zum Teil auf sehr alten Erfahrungen, haben für die Praxis 
der Weinbereitung aber noch jetzt ihre Bedeutung, besonders in den 
auch heute durchaus nicht seltenen Fällen, wo die Moste noch ohne ıo 
Reinhefen vergoren werden. Wie wir sehen werden, handelt es sich 
dabei größtenteils um Verfahren ähnlicher Art, wie sie DELBRÜCK (1) 
unter dem Sammelbegriff Natürliche Hefenreinzucht (s. S. 141) zusammen- 
gefaßt hat. 

Das älteste Mittel zur Erzielung einer reintönigen Gärung ist die ıs 
Beseitigung der angefaulten Trauben aus dem Gärmaterial. 
Nach BAsSSERMANN-JORDAN (1) war es schon bei den Römern üblich, 
mangelhafte und kranke Beeren bei der Lese sorgfältig von den gesunden 
Trauben abzusondern und zu einem geringeren Nachwein zu verarbeiten. 
Im Mittelalter hielt man alle faulen Trauben für verdorben und suchte 
sie wenigstens bei der Herstellung der besseren Weine aus dem Lese- 
gute zu beseitigen. Im allgemeinen war allerdings der damals herrschende 
Lesezwang, der den Zeitpunkt der Lese nur nach den Interessen des 
Zehntenempfängers bestimmte, diesen Maßnahmen nicht günstig. Das 
änderte sich aber, als man etwa um die Mitte des achtzehnten Jahr- 
hunderts erkannte, dab die Beeren gewisser weißer T'raubensorten, wie 
des Rieslings, Sylvaners, Orleans und Traminers, erst im Zustande der 
Edelfäule die wertvollsten Weine liefern. Von diesem Zeitpunkt an 
kam das Verfahren der Traubenauslese allgemein in Aufnahme und 
wurde nach und nach bedeutend verbessert. Heute, wo man die myko- 
logische Natur der Fehlgärungen kennt, ist es wenigstens in allen 
Qualitätsweinbaugebieten strenge Regel, alle rohfaulen, grünfaulen 
und essigstichigen Beeren bei der Lese sorgfältig von den gesunden 
Früchten zu trennen, um die Kigenhefen der gesunden Beeren vor dem 
Mitbewerb der Gärungsschädlinge zu bewahren. Es wird zu diesem s 
Zweck in der Regel eine Vorlese abgehalten und bei der Hauptlese 
nochmals eine Trennung der Trauben vorgenommen. Wie man dabei 
im einzelnen vorgeht, ist aus den Handbüchern von Bano und Macn (1), 
BassermAnNn-Jorvan (1) und Pacorrer (1) zu ersehen. 


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— 32 — 


Aehnlich wie bei der Traubenweinbereitung wird auch bei der Her- 
stellung der Obst- und Beerenweine verfahren. Zu der Absonderung 
der angefaulten Früchte tritt hier noch eine gründliche Reinigung des 
Mostobstes durch Waschen in reinem Wasser. In größeren Apfelwein- 
5keltereien benutzt man dazu besondere, nach Art der Kartoffel- und 
Rübenwäschen eingerichtete Waschmaschinen, die von Löschnie (1) 
näher beschrieben worden sind. Den Verlust an Most, der beim Waschen 
der Beerenfrüchte unvermeidlich ist, nimmt man in Kauf, weil nur der 
Saft geplatzter, angegorener Früchte verloren geht, der sich doch fast 
ausnahmslos durch Krankheitserreger schon stark verunreinigt zeigt; 
worüber man S. 349 vergleiche. Daß die Säfte aus gewaschenem Kern- 
obst nach den Untersuchungen von BEHREND (1) ebenso rasch angären 
und nicht wässeriger sind als Moste aus ungewaschenem Obst, ist auf 
S. 352 bereits erwähnt worden. 

15 Da sich die Pilzflora der Mostfrüchte nach den auf S. 348 mitge- 
teilten Versuchen von PASTEUR (1), MÜLLER-THURGAU (1), WORTMANN (1), 
CORDIER (1) und anderen mit zunehmender Reife verbessert, so wird 
sich die Gärung auch durch zweckmäßige Wahl der Erntezeit günstig 
beeinflussen lassen. Nach dem, was auf S. 348 u. f. über diesen Gegen- 

»stand gesagt worden ist, werden in dieser Beziehung relativ die besten 
Aussichten gegeben sein, wenn das Mostobst zur Zeit der Vollreife ge- 
herbstet wird. Dagegen muß eine Verzögerung der Lese bis zur Zeit der 
Ueberreife die Zusammensetzung der Traubenflora verschlechtern. Daß 
das auch bei Kernobst der Fall ist, zeigen Untersuchungen von MÜLLER- 

»> THURGAU (2), aus denen hervorgeht, daß sich die Pilzflora auf Birnen 
beim Teigwerden der Früchte in einer für die Vergärung des Saftes 
unzweckmäßigen Weise verändert, „indem wohl die Zahl der Hefe zu- 
nimmt, aber die Qualität des Gemisches infolge sehr starker Vermehrung 
von Saccharomyces apiculatus und Bakterien vermindert wird.“ Mit der- 

soartigen Beobachtungen steht auch die Tatsache im Einklang, daß in 
südlichen Gegenden entsprechend ihrer früheren Traubenreife ganz allge- 
mein zeitiger gelesen wird als in nördlichen Weinbaugebieten. 

Allerdings spricht hier auch die Erfahrung mit, daß Moste von 
höherem Säuregehalt, wie sie aus frühzeitig gelesenen Trauben er- 

3 halten werden, besser gegen Fehlgärungen und Krankheiten geschützt 
sind als die säurearmen Moste, die in südlichen Weinbaugebieten von 
gewissen Traubensorten immer zu erwarten sind. Wir werden auf diese 
Erscheinung, die im wesentlichen auf die entwicklungshemmende Wirkung 
zurückzuführen ist, welche die natürlichen Säuren des Mostes auf gewisse 

40 Bakterien des Weines ausüben, im 18. Kapitel noch zurückkommen. Hier 
sei nur darauf hingewiesen, daß PAcorter (1), SEmicHox (1) u. a. zur 
Verbesserung der Weingärung empfehlen, säurearme Trauben, wie sie 
im Midi häufig vorkommen, vor der Kelterung mit weniger reifen Trauben 
oder ganz unreifen Geiztrauben (Herlinge, Grapillons), die also höheren 

Säuregehalt haben, zu vermischen. In ähnlicher Weise pflegt bei der 
Obst- und Beerenwein-Bereitung ein etwa vorhandener Säuremangel des 
Mostobstes durch Zusätze von säurehaltigen Früchten ausgeglichen zu 
werden. Barrn (1) z. B. empfiehlt, Süßäpfel mit 5-6 Proz. Speierlingen 
(Früchte von Sorbus domestica) oder in Ermangelung dieser Früchte mit 

3 Proz. Schlehen zu versetzen. Ebenso werden zu diesem Zweck Zier- 
äpfel (Früchte von Pirus baccata) und in neuerer Zeit stellenweise auch 
die Beeren der süßen Eberesche (Sorbus aucuparia var. duleis) benutzt, 
die MÜLLER-THURGAU (3) zuerst für diese Zwecke empfohlen hat. Säure- 


—_— 353 — 


arme Frühbirnen vermengt man nach Barr# (1) mit etwa 10 Proz. säure- 
reichen Aepfeln, während MEIıssxer (1) vorschlägt, Süßäpfel mit der 
doppelten Menge säurereicher Aepfel einzumaischen. Die Mischung des 
Mostobstes hat in allen diesen Fällen allerdings auch die Bedeutung, 
den Gerbstoffgehalt der Moste zu erhöhen und die Klärung der Weine 5 
durch die Ausscheidung von Eiweiß-Gerbstoff- Verbindungen zu erleichtern. 
Schon hier sei auf die dem gleichen Zwecke dienenden Scheidmoste hin- 
gewiesen, die nach KEHLHOFER (1) aus frühzeitig gelesenen, noch sehr 
herben Birnen hergestellt werden und zur Klärung gerbstoffarmer Trüb- 
moste in der Schweiz Verwendung finden. 10 
In südlichen Weinbauländern, wo gewisse Traubensorten fast regel- 
mäßig säurearme Moste liefern, wird zur Erzielung einer reineren Gärung, 
namentlich zur Unterdrückung von Bakterien, der Säuregehalt der Moste 
auch direkt durch Zusätze von Weinsäure, Citronensäure oder 
Apfelsäure erhöht. Das Verfahren ist in Deutschland, Spanien, Ungarn 
und in der Schweiz für die Herstellung von Traubenweinen nicht zuge- 
lassen und darf in Oesterreich nur bei Mosten angewendet werden, die 
bereits krank sind. Dagegen gehört es in Südfrankreich, Algier, 
Argentinien und in einigen anderen Ländern zur anerkannten Keller- 
behandlung, allerdings unter gewissen Beschränkungen durch die Landes- » 
gesetze; worüber man die Angaben von GÜNTHER (1) vergleiche. Dusast (1) 
empfiehlt einen Säurezusatz nur für solche algerische Moste, deren auf 
Weinsäure berechneter Säuregehalt geringer ist als 7—8 Promille. Der 
Zusatz soll dabei so bemessen werden, daß der Gesamtsäuregehalt des 
Mostes 8 Promille nicht übersteigt. Nach S£nmıcHox (1) können süd-» 
französischen Rotweinmosten bei Säuremangel bis 100 g, nach Pacorrer (1) 
sogar bis 200 g Weinsäure auf den Hektoliter zugegeben werden. Auf 
diese Weise ist es nach den genannten Forschern auch in Südfrankreich 
möglich, die Vorteile der Spätlese auszunutzen, d.h. möglichst reife Weine 
von hohem Alkohol- und Farbstoffgehalt zu erzielen, ohne daß die Ent- » 
wicklung von Krankheitserregern bei der Gärung zu befürchten wäre. 
Die zugesetzte Weinsäure bleibt nur zum Teil in freiem Zustande. Zum 
größten Teil geht sie Verbindungen mit den Alkalisalzen des Mostes 
ein und setzt dabei andere Säuren in Freiheit. Nahezu die Hälfte soll 
nach den Beobachtungen von S£micHon (1) und anderen französischen » 
Forschern während der Gärung als Weinstein wieder ausfallen. Citronen- 
säure und Apfelsäure werden wegen ihres hohen Preises zum An- 
säuern von Mosten seltener benutzt, doch sei erwähnt, daß nach einer 
von Pacorter (1) wiedergegebenen Mitteilung Marnreu’s bei der Her- 
stellung der roten billigen Verschnittweine Südfrankreichs unter der.« 
Bezeichnung technische Citronensäure zuweilen Mischungen von Citronen- 
säure und Oxalsäure zur Anwendung kommen sollen. Ueber die Ver- 
wendung von Weinsäure und Citronensäure bei der Vergärung von 
Birnen- und säurearmen Beerenmosten vergleiche man die Angaben in 
den Lehrbüchern von Barrn (1) und Meıssxer (1). 45 
Auf indirektem Wege wird der Säuregehalt der Moste durch das 
Gipsen erhöht, ein Verfahren, auf welches wir deshalb ebenfalls ein- 
gehen müssen. Es ist in Südfrankreich, Algier, Italien, Spanien und in 
der Kapkolonie bei der Herstellung von Rotweinen und herben, likör- 
artigen Dessertweinen (Jerez, Malaga und ähnlichen Weinen) allgemein so 
im Gebrauch, in Deutschland, Oesterreich-Ungarn und in der Schweiz 
aber verboten. Im wesentlichen besteht es darin, daß die Trauben vor 
oder nach dem Maischen mit mehr oder minder erheblichen Mengen von 


—_— 334 — 


Gips bestreut werden. Früher sollen davon bis zu 5 kg auf den Hekto- 
liter Maische benutzt worden sein, heute ist die Verwendung derartiger 
Mengen wenigstens bei der Herstellung von Rotweinen und gewöhnlichen 
Tischweinen ausgeschlossen, weil der für solche Weine zulässige Schwefel- 
ssäuregehalt fast in allen Ländern auf 2 g Dikaliumsulfat im Liter 
beschränkt worden ist. Falls diese Grenze nicht überschritten werden 
soll, dürfen der Maische nach den Angaben von Ducast (1) und 
PAcoTTET (1) für jeden Hektoliter des zu erwartenden Weines nur 200 
bis 300 & Gips zugesetzt werden. 

10 Die chemischen Wirkungen des Gipsens sind Gegenstand 
zahlreicher Untersuchungen gewesen, die nach Angaben von NENCKI (1) 
bis zum Jahre 1857 zurückreichen. Als feststehendes Ergebnis der 
vielen, sehr verschiedenwertigen Arbeiten kann der Nachweis angesehen 
werden, daß der Säuregehalt der gärenden Moste durch das Gipsen 

ıserhöht wird. ZeccHint und SıuvA (1) haben z. B. gefunden, daß zwei im 
Gärbottich gegipste Weine 1,7 und 2,1 Promille Säure (berechnet als 
Weinsäure) mehr enthielten als ungegipste Vergleichsweine. Aehnliche 
Beobachtungen liegen von Potraccı (1) und anderen Forschern vor. Wie 
diese Säurevermehrung im einzelnen zu erklären ist, bleibt aber immer 

»onoch zweifelhaft. GRIESSMAYER (1), BAsTıDe (1), PoLraccı (1), NENcCKI (1) 
und Vırauı(1) glauben auf Grund ihrer Untersuchungen, dab sie im 
wesentlichen auf den Ersatz des Weinsteins durch saures schwefelsaures 
Kali zurückzuführen ist. Nach der Gleichung 

CHOH.-COOK CHOH-COO\ 
2 | + 80,04 = | 
CHOH:COOH OHOH-C007 
soll sich das Caleiumsulfat mit dem Weinstein des Mostes in schwer- 
lösliches Caleiumtartrat, welches zum größten Teil ausgeschieden wird, 
und leichtlösliches Monokaliumsulfat umsetzen. Ü. VON DER HEIDE (1) 
sohat berechnet, daß der Säuregehalt eines Mostes von 8 Promille Wein- 
stein-Gehalt um 2,08 Promille Schwefelsäure oder 3,20 Promille Wein- 
säure erhöht werden müßte, wenn aller Weinstein in dieser Weise zerlegt 
würde. Es ist aber sehr wahrscheinlich, daß es sich bei dieser Um- 
setzung nur um eine primäre Reaktion handelt, die eine sekundäre nach 
3ssich zieht. Das gebildete Monokaliumsulfat tritt jedenfalls mit den 
Kalisalzen anderer organischer Säuren in Wechselwirkung, wobei unter 
Entstehung von Dikaliumsulfat (K,SO,) eine entsprechende Menge or- 
ganischer Säure frei werden muß. Für diese Auffassung sprechen die 
älteren Beobachtungen von R. KAIsEr (1), MAGNIER DE LA SOURCE (1) und 

40 PıcHARD (1). In neuerer Zeit wollen Macnanıst (1) und VEnturı (1) durch 
Messung der Inversionsgeschwindigkeiten von Rohrzucker ebenfalls nach- 
gewiesen haben, daß in gegipsten Weinen nicht Mono- sondern Di- 
kaliumsulfat vorkommt. Gestützt wird diese Ansicht ferner durch eine 
Arbeit von Ü. vox DER HeıpE und Baracıoua (1), in der gezeigt wird, 

sdaß die Schwefelsäure auch in ungegipsten Weinen vollständig an 
Basen gebunden ist Bei der Beurteilung der vorliegenden Fragen ist 
übrigens nicht außer acht zu lassen, daß die Veränderungen, die 
das Gipsen im Moste hervorruft, bis zu einem gewissen Grade von 
der Menge des zugesetzten Caleiumsulfates und dem Umstande abhängig 

sosein dürften, ob Traubenmaischen oder abgekelterte Moste gegipst 
werden. Ist das erstere der Fall, dann müssen sich aus der Einwirkung 
der durch das Gipsen veränderten Traubensäfte auf die Tresterbestand- 
teile weitere Umsetzungen ergeben, die in gegipsten Mosten nicht mög- 


Ca + SO,HK 


— 35 — 


lich sind. Diese Ansicht vertritt auch Ducasr (1), der annimmt, daß 
die Traubensäfte in gegipsten Maischen zwar zunächst einen Verlust 
an Weinstein und anderen organischen Salzen erleiden, sich dann aber 
durch Auslaugen der Trester von neuem mit diesen Verbindungen 
sättigen. Solche nachträglich in Lösung gehende Weinsteinmengen 5 
können unzerlegt bleiben, wenn der Gipszusatz nur klein gewesen ist. 
Neben den besprochenen Veränderungen bewirkt das Gipsen noch andere 
Umsetzungen, deren Verlauf im einzelnen allerdings noch wenig bekannt 
ist. Nach Wiınpiısch (1) wird in ähnlicher Weise wie der Weinstein auch 
das phosphorsaure Kali angegritten, wobei leicht lösliches Kaliumphosphat 1 
und schwer lösliches Caleciumphosphat entstehen. Der Mineralstoffgehalt 
der Weine wird erhöht, worüber man zahlreiche Belege in der älteren 
eitierten Literatur und in den Arbeiten von NeEnck1 (1), R. KAıser (1), Win- 
DISCH (1) und ÜARPENTIERI (1) findet. Auch der Extraktgehalt gegipster 
Weine dürfte wesentliche Abweichungen zeigen. Das Gipsen soll ferner die ı5 
Farbenintensität und die Klärung der Rotweine begünstigen, jedenfalls 
glauben die Gärtechniker, daß im Gärbottich gegipste Rotweine eine 
besonders feurige, blanke Farbe annehmen. Die Erscheinung erklärt 
sich zum Teil wohl durch chemische Einwirkungen der Sulfate auf den 
roten Traubenfarbstoff, dürfte aber auch darauf zurückzuführen sein, 20 
daß die Fällung des Weinsteins wie eine Schönung wirkt. 

In gärungsphysiologischer Hinsicht ist von allen diesen Umsetzungen 
die Erhöhung des Säuregehalts die wichtigste, da sie unter Umständen 
einen günstigen Einfluß auf die Entwicklung und Zusammensetzung der 
Gärungsflora ausüben wird. Die Beobachtungen von Erv£ryt (1) lehren: 
allerdings, daß diese Wirkung nicht immer eintritt. Daß der Wert des 
Gipsens nur ein sehr bedingter ist, zeigen auch die Untersuchungen von 
Pouraccı (1), nach denen bei der Gärung gegipster Moste durch Reduktion 
von Sulfaten leicht Schwefelwasserstoff entwickelt wird. Die Vorteile des 
Gipsens sind also sehr zweifelhafter Natur. Da die abweichende che-3 
mische Zusammensetzung der gegipsten Weine und insbesondere ihr 
Gehalt an schwefelsauren Salzen auch in gesundheitlicher Beziehung 
nicht ohne Bedenken sind, ist es nur verständlich, wenn das Gipsen seit 
neuerer Zeit in einzelnen Ländern ganz verboten, in anderen durch die 
Festsetzung der oben genannten Grenzzahl in der Ausführung wesent- 
lich eingeschränkt worden ist. 

Nur andeutungsweise sei hier das zeitweise empfohlene Verfahren 
erwähnt, gegipste Weine durch Zusätze von Strontium- oder Baryum- 
salzen wieder zu entgipsen. Man vergleiche darüber die Arbeiten von 
(sAayon und BLAREZ (1), SpicA (1), Portes (1), Quantın (1) und GiRARD (1). 
Das Verfahren hat in der Praxis wegen seiner gesundheitsschädlichen 
Wirkung ebensowenig Eingang gefunden wie der Vorschlag von CAL- 
METTES (1), Calciumtartrat an Stelle von Gips zur Verbesserung der Wein- 
gärung zu benutzen. Auch der Versuch von Zeccnixt (1), das Gipsen 
durch Vermengen der Maischen mit Kaolin und Weinsäure zu ersetzen, s 
ist von der Praxis nicht beachtet worden. 

Dagegen ist in neuerer Zeit in Frankreich und Algier die sog. 
Phosphatage in Aufnahme gekommen, bei der die Maischen mit 
Calciumphosphat behandelt werden. Die Methode ist in Frankreich von 
Husouneng und ANDOYNAUD (1) ausgearbeitet worden, nachdem schon 
vorher Zsconisi (1) in Italien bei der Vergärung von Traubenmaischen 
versuchsweise Tricaleiumphosphat als Ersatzmittel für Gips benutzt 
hatte. In Algier wird die Phosphatage nach Dusasr (1) heute so aus- 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle, Bd. V. 25 


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— 386 — 


geführt, daß die Rotweinmaischen mit Dicalciumphosphat in Mengen von 
annähernd 250 g auf 50 kg Maische versetzt werden. Aehnlich wie 
beim Gipsen wird dabei der Säuregehalt erhöht, indem sich unter der 
Einwirkung des Calciumphosphates schwerlösliches Calciumtartrat und 
ssaures phosphörsaures Kalium bilden. Die Säurevermehrung des Weines 
ist hier also auf die Zunahme seines Phosphorsäuregehaltes zurück- 
zuführen. Nach Cnauzır (1) und Dusasr (1) ist das Verfahren für fran- 
zösische und algerische Rotweine sehr zu empfehlen. In Deutschland, 
Oesterreich-Ungarn und in der Schweiz ist es vom Gesetz nicht zu- 
10 gelassen. 

Im Anschluß an diese Methoden muß schon hier auch der An- 
wendung schwefliger Säure gedacht werden, die ein altes Mittel zur 
Verbesserung der Weingärung darstellt, aber erst durch die Einführung 
der Reinhefen für die Gärführung in Weinkellereien größere Bedeutung 

ıserlangt hat und daher erst im $ 98 näher zu besprechen sein wird. 


95. Die Verbesserung der Most-Gärung ohne Reinhefe durch 
Luft-Abschluß, Temperatur-Regelung und Vormaischen. 


Eine wesentliche Verbesserung der Weingärung bewirkt die heute 
in Deutschland allgemein geübte und auch sonst bekannte Vorsichts- 
»omaßregel. die Luft von dem Mostgut und den gärenden Fruchtsäften 
nach Möglichkeit fernzuhalten. Man trägt dabei der Tatsache Rech- 
nung, daß die meisten Krankheitserreger des Weines nur bei Luftzutritt 
gedeihen, Luftmangel also eine Auslese unter den vorhandenen 
Gärungsorganismen zugunsten der alkoholbildenden Hefen herbeiführen 
smuß. Ueber die Technik, die dabei eingehalten wird, sei nur so viel 
erwähnt, daß die gesamten Lese-, Maische- und Kelterarbeiten so be- 
schleunigt werden, daß das Mosteut nur kurze Zeit mit Luft in Be- 
rührung bleibt. Das alte Verfahren der Angärung, wobei man die 
Maischen in offenen Bottichen mehrere Tage angären ließ, bevor man 
sosie abkelterte, wird bei der Herstellung besserer Weißweine wenigstens 
in Deutschland nicht mehr benutzt. Die Trauben werden unmittelbar 
nach dem Maischen abgepreßt, so dab Schimmeldecken, Essigbakterien 
und Kahmpilze, wie sie auf der Oberfläche offen stehender Frucht- 
maischen namentlich bei niederen Temperaturen gewöhnlich auftreten, 
ssauf der Maische nicht mehr zur Entwicklung gelangen. Allerdings ist 
der Einführung dieser Arbeitsweise sehr zustatten gekommen, daß die 
heutige Geschmacksrichtung grünlichhelle, sich leicht Klärende und schnell 
ausbauende Weine bevorzugt, wie man sie bei dem Verfahren der An- 
eärung nicht erzielen kann, weil die Moste bei längerer Berührung mit 
den Trestern zu viele Extraktbestandteile aufnehmen und durch "Oxy- 
dationsvorgänge leicht hochfarbig, unter Umständen sogar braun werden. 
Inwieweit Schimmelpilze, die in offenstehenden Traubenmaischen sich 
unter Umständen bis zur Bildung von Schimmelrasen entwickeln können, 
hierbei durch Oxydase- oder Pigmentbildung mitwirken, ist noch nicht 
s hinreichend Klargestellt. Man vergleiche hierzu die Angaben auf S. 54 
des Ersten, auf S. 259 des Vierten und auf S. 54 des vorliegenden Bandes. 
Aus ähnlichen Gründen verzichtet man heute auch bei der Obst- und 
Beerenwein-Bereitung auf das Angären der Maische. 
Bei der Rotweinbereitung ist dagegen die Maischegärung noch 
50 durchweg in Anwendung, weil der rote Traubenfarbstoff erst bei längerer 


— 3970 — 


Berührung mit dem gärenden Moste in Lösung geht, wenn die Proto- 
plasten der farbstoffführenden Zellen abgestorben und permeabel ge- 
worden sind. Dabei zeigen sich freilich alle Nachteile der Maische- 
gärung. Die Trester werden unter dem Druck der Kohlensäure an die 
Oberfläche des Mostes emporgehoben und zu dem sogen. Hut zusammen- 5 
gepreßt. Sie bilden hier den günstigsten Nährboden für Schimmelpilze, 
Kahmpilze und Essigbakterien, von denen namentlich die letzteren durch 
das täglich wiederholte Unterstoßen der Trester und die dadurch be- 
wirkte Durchlüftung der Maische im Wachstum begünstigt werden. Um 
die hierbei entstehenden Nebengärungen zu unterdrücken, versucht man 10 
die Trester durch hölzerne Gitterroste unter dem Flüssigkeitsspiegel zu 
halten. Man vergleiche darüber die Angaben in den Lehrbüchern von 
Nesster (1), BABo und Maca# (1), Pacortter (1), Dusast (1u.2) und die 
Mitteilungen von BARBIER (1). In neuerer Zeit werden die Gärbottiche 
auch mit Deckeln verschlossen und mit Gärspunden versehen, so dab ı5 
über der gärenden Flüssigkeit däuernd eine Kohlensäureschicht fest- 
gehalten wird („geschlossene Gärung“). Unter völligem Luftabschluß 
vollzieht sich die Gärung allerdings auch bei diesem Verfahren nicht, 
weil der gärende Most aus dem unteren Teile des Fasses täglich ab- 
gezogen und oben wieder aufgegossen wird, um die Trester besser aus- 20 
zulaugen und tieffarbige Rotweine zu erhalten. Durch Anwendung von 
Pumpen und geeignete Schlauchverbindungen würde sich die Luft hier- 
bei natürlich ebenfalls abhalten lassen, auch hat Aumass (1) einen Gär- 
bottich konstruiert, bei welchem der Druck der Gärungskohlensäure die 
Zirkulation des Mostes bewirkt, ohne daß Luft zum Inneren des Fasses » 
Zutritt hat. Einen ähnlichen, aber offenen Gärbehälter hat Marrın (1) 
beschrieben. Daß die geschlossene Rotweingärung unter Anwendung 
von Senkböden in der Praxis übrigens nicht immer die erwarteten Vor- 
teile bringt, haben Versuche von Pacorrter (2) und Brapen (1) gelehrt. 
Die Trester werden unter den Senkböden zu einer festen Masse zu-30 
sammengepreßt, die mit dem Most zu wenig in Berührung Kommt und 
sich unter Umständen zu stark erhitzt. Die Moste liefern infolgedessen 
weniger harmonische, bouquetärmere Weine als bei der gewöhnlichen 
offenen Gärung, bei der die T'rester regelmäßig untergestoben und im 
Moste gleichmäßig verteilt werden. Fuchs (1) hat versucht, diese Nach- 
teile der geschlossenen Gärung durch Anwendung von Gärfässern zu 
vermeiden, die in einem festen Gestell an zwei horizontal liegenden 
Zapfen drehbar aufgehängt sind. Ohne die Fässer Öffnen zu müssen, 
kann man in derartigen Gärbehältern eine gründliche Mischung der 
Maische dadurch herbeiführen, dab man die Gärspunde schließt und die 
Gärfässer dann einfach mehrere Male um ihre horizontale Achse herum- 
wirft. Obwohl sich diese „Rollfässer“ bei Gärversuchen in Geisenheim 
nach Krornmer (1) im allgemeinen bewährt haben, finden sie in der 
Praxis wegen ihres hohen Preises doch kaum Eingang. 

Von der Beobachtung ausgehend, daß der rote Traubenfarbenstoff 
beim Erhitzen der Maischen leicht aus den getöteten Zellen der Beeren- 
hülsen austritt, hat man wiederholt versucht, die Maischegeärung auch 
bei der Rotweinbereitung auszuschalten. So hat zuerst Reınuen (1) vor- 
geschlagen, die roten Traubenhülsen durch Erhitzen aufzuschlieben. 
Später hat dann RKosenstiens (1) empfohlen, den roten Traubenfarbstof» 
durch Erhitzen der frischen Maischen auf 45—-70°U zur Lösung zu 
bringen und die darauf sofort abgepreßten roten Traubensäfte wie Weib- 
weinmoste zu vergären. Das Verfahren, zu dem sich Cazenkuve (l), 


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Kayser und Barsa (1), sowie Mıroy (1) geäußert haben, soll nach 
Pacorter (1) allerdings den Nachteil haben, daß die Moste zu wenig 
Gerbstoff aufnehmen. 
Am strengsten wird der Luftabschluß heute bei der Vergärung der 
5 Weißweinmoste durchgeführt. Während es noch vor wenigen Jahrzehnten 
üblich war, die Gärfässer spundvoll zu machen, so dab sie bei der stür- 
mischen Gärung überliefen und ständig der Gefahr einer Infektion aus- 
gesetzt waren, werden die Fässer heute nur noch etwa zu neun Zehntel 
mit Most angefüllt und sofort mit Gärspunden versehen, die die Kohlen- 
ıwsäure durch eine Sperrflüssiekeit austreten lassen, den Zutritt der Luft 
zum gärenden Most aber verhindern. Die Einrichtung dieser Gärver- 
schlüsse ist genauer aus den Lehrbüchern von BaBo und Maca (1) und 
NEssStER (1) zu ersehen. Als Sperrflüssigkeit wird gewöhnlich Wasser 
benutzt. Es muß während der Gärung öfters gewechselt werden, weil 
ıses durch Aufnahme von Alkohol und übergespritzte Mosttröpfchen leicht 
zu einem sehr günstigen Nährboden für Kssigbakterien und andere 
Gärungsorganismen wird und dann für den Wein eine sehr gefährliche 
Infektionsquelle bildet. Besser ist es daher, die Gärspunde mit ver- 
dünntem Alkohol oder verdünntem Glycerin zu füllen. Durch die Wir- 
»kung der Gärverschlüsse bleibt der freie Raum des Gärfasses (der Steig- 
raum) mit Kohlensäure gefüllt, so daß die Gärung bei völliger Abwesen- 
heit von Luft unter einer Decke von Kohlensäure vor sich geht. Da 
sich unter diesen Verhältnissen in dem durch seinen Säuregehalt gegen 
Bakterienentwicklung geschützten Most die meisten Konkurrenten der 
» Hefe ‚nicht entwickeln können, wird auch ohne Anwendung von Rein- 
hefen eine relativ reine Gärung erzielt, wenigstens insofern, als sie im 
wesentlichen nur durch die Eigenhefen des Mostes durchgeführt wird. 
In französischen Weinkellereien legt man auf den Luftabschluß bei 
der Gärung weniger großen Wert, ja man hält dort bei der Rotwein- 
30 bereitung eine eründliche Lüftung der Maische vielfach sogar für un- 
umgänglich notwendig. Näher wird auf diese Ansichten im 17. Kapitel 
einzugehen sein. 
Zu den Hilfsmitteln, welche die Praxis zur Verbesserung der Wein- 
gärung benutzt, gehört auch die Herstellung von Gärtemperaturen, 
> welche die Weinlhefen stärker im Wachstum begünstigen als die übrigen 
Gärungsorganismen des Mostes. Da über den Einfluß der Temperatur 
noch im folgenden Kapitel zu sprechen sein wird, sei an dieser Stelle 
nur darauf hingewiesen, daß in nördlichen Weinbaugebieten, wie im 
Rheingau und an der Mosel, die Lese zu so vorgeschrittener Jahreszeit 
4 voreenommen wird, daß die Temperatur der Maischen und Moste beim 
Einkellern oft niedriger als 10°C ist, ja in manchen Fällen sich nur 
wenig über 0° erhebt. Da das W achstumsoptimum der Weinhefen weit 
höher liegt, so geraten derartige Moste, wie auch Rousszaux (1) durch 
direkte Versuche an französischen Rotweinmaischen gezeigt hat, infolge 
seiner außerordentlich trägen Hefenentwicklung nur sehr schwer und lang- 
sam in Gärung und sind dabei ständig der Gefahr von Nebengärungen 
ausgesetzt. Weiße Moste pflegen unter diesen Verhältnissen nach 
Nesster (1) meist zähe zu werden, während Rotweinmaischen nicht 
selten durch stärkere Entwicklung von Schimmelpilzen Schaden leiden. 
so Um diese Fehler zu vermeiden, werden in Deutschland nicht nur die 
Gärkeller geheizt, sondern nötigenfalls auch die Moste und Maischen 
selbst auf 15—18°C erwärmt. Wie die Technik dabei vorgeht, ist aus 
den Lehrbüchern von Bao und „Macn (1) und Nesster (1) genauer zu 


ii 


— 389 — 


ersehen, von denen das letztere auch eine nähere Beschreibung der 
Wärmeapparate von GANTTER (1) und Hour bringt, mit denen die 
Moste in den Gärfässern selbst angewärmt werden können. 

In ähnlicher Weise schützt sich die Praxis auch gegen die schäd- 
lichen Folgen hoher Gärtemperaturen, wie sie in südlichen Ländern > 
immer entstehen. Die Tagestemperatur der Trauben schwankt in Süd- 
frankreich nach den Beobachtungen, die von Müntz und Rouvsseaux (1) 
im Jahre 1894 angestellt worden sind. zur Zeit der Lese etwa zwischen 
17 und 18°C, kann aber unter besonderen Verhältnissen, wie sie nach 
Müntz und RousseAaux (2) im Jahre 1895 vorlagen, sogar bis auf 
36,5°C steigen. In Algier betragen die Tagestemperaturen reifer 
Trauben nach Duscast (1) mindestens 20 bis 25°C, erhöhen sich dort 
aber an sehr heißen Tagen und besonders bei Sirokkowind fast stets 
bis auf 35°C. Die aus solchen Trauben hergestellten Moste erhitzen 
sich bei ihrer hohen Anfangstemperatur — namentlich wenn sie über ıs 
20 Proz. Zucker enthalten — durch die Entwicklung von Gärungs- 
wärme (s. Bd. I, S. 602, und Bd. IV, S. 356) leicht bis auf 35°, ja 
nicht selten sogar bis auf 45°. Einzelbeobachtungen über diesen 
Vorgang haben Müntz und Rousszeaux (1), FoxsEcaA (1), RoussEAux (2) 
und Duscasr (1) veröffentlicht, worauf im 17. Kapitel näher einzugehen zo 
sein wird. Hier sei nur darauf hingewiesen, daß sich derartige 
Temperaturen besonders bei der Rotweinbereitung störend bemerk- 
bar machen. In den großen Gärbehältern, wie sie z. B. in Algier 
benutzt werden, treten dabei nach S£mıcHox (1) und PacoTrTer (1) nicht 
unerhebliche Temperaturunterschiede derart auf, daß der Most unmittel- » 
bar unter dem Tresterhut, wo die Gärung besonders lebhaft sein soll, 
stets beträchtlich wärmer ist als an der freiliegenden Oberfläche der 
Maische und am Boden des Bottichs. Unter den Nachteilen, die so hohe 
Gärtemperaturen mit sich bringen, fallen die Verluste an Alkohol und 
Bouquetstoffen und andere Veränderungen rein chemischer Art weniger so 
ins Gewicht. Der Hauptschaden entsteht durch den ungünstigen Ein- 
fluß auf die Zusammensetzung der Gärungsflora. Während die Entwick- 
lung und Arbeit der Hefen schon bei 35—37° so stark gehemmt wird, 
dab sie ihre Vermehrung und Gärtätiekeit einstellen (vgl. Bd. IV, 8. 117), 
finden Essigbakterien, Mannit- und Milchsäurebakterien gerade bei diesen ss 
Temperaturen die besten Entwicklungsbedingungen. Die dadurch ver- 
ursachten Gärungsstockungen und Weinkrankheiten sind bis vor etwa 
20 Jahren auf den Weingütern Algiers so verbreitet gewesen, daß sie 
nach einer Angabe von SkmıcnHox (1) im Weinhandel als das wesent- 
liche Kennzeichen der algerischen Weine angesehen wurden und in 
Frankreich für einen bestimmten Geschmacksfehler der Weine geradezu 
die Bezeichnung „goüt d’Algerie“ entstehen konnte. Heute sind derartige 
Fehler fast völlig verschwunden, nachdem man in Algier wie in anderen 
südlichen Weinländern auf die Vorzüge tieferer Gärtemperaturen auf- 
merksam geworden ist und diese auf künstlichem Wege herbeiführt. 

Die Hilfsmittel, die man dabei benutzt, sind von MEınkekk (1) 
beschrieben und auf S. 604 des Ersten Bandes zum Teil bereits erwähnt 
worden. Im Anschluß daran sei hier noch auf die Darstellungen von 
Sfmicnon (1), Dusasr (1) und Lasorpe (1) und die Untersuchungen von 
Münrtz und Rousskaux (3) hingewiesen. Aus den verschiedenen Berichten » 
geht hervor, dab die Technik zunächst immer bemüht ist, die Anfangs- 
temperaturen der Moste möglichst niedrig zu halten. Die Trauben werden 
nur an den kühleren Morgen- und Abendstunden gelesen, nieht aber in der 


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— 30 — 


Mittagszeit, wo sie nach den Beobachtungen von Müntz und RoussEAux (1) 
sogar wärmer sind als die umgebende Luft. Wo es möglich ist, breitet 
man die frisch geernteten Trauben des Nachts zu weiterer Abkühlung 
auf Zementtennen im Freien aus und besprengt sie in manchen Be- 
strieben dabei auch mit Wasser, ein Verfahren, welches nach den Ver- 
suchen von Müxrz und Rovsszavx (4) jedoch wenig wirksam und nicht 
zu empfehlen ist. Bei der Einrichtung der Gärräume legt man Wert 
darauf, daß sie sich leicht lüften und abkühlen lassen. Unterirdische 
Gärkeller werden als nicht zweckmäßig angesehen, weil sie die Wärme- 
wabgabe erschweren. Wo sie vorhanden sind, werden sie an große 
Ventilatoren oder an Aspiratoren angeschlossen, die ständig einen Luft- 
strom durch die Keller saugen, der vorher in besonderen Kühlkammern 
durch Wasserverdunstung abgekühlt wird. Vielfach ist auch empfohlen 
worden, in südlichen Weinländern nur kleinere Gärbottiche von 10—50 hl 
ıs Inhalt zu benutzen, weil solche Gefäße im Verhältnis zum Inhalt eine 
größere Oberfläche besitzen und infolgedessen mehr Wärme durch Strah- 
lung verlieren als die großen, 300—400 hl fassenden Gärbehälter, die auf 
den großen Weingütern der südlichen Weinländer sonst im Gebrauch sind. 
Bei der riesigen Ausdehnung der Betriebe läßt sich dieser Vorschlag 
»» gewöhnlich aber nicht verwirklichen. Deswegen haben auch die von 
Tour£E eingeführten Gärgefäße, die aus emailliertem Eisenblech her- 
eestellt und mit einem Leinwandüberzug versehen sind, auf den ständig 
Wasser herunterrieselt, nach Dusasr (1) in Algier nur vereinzelt Ein- 
gang gefunden, zumal sie auch nur er eine merkliche Abkühlung der 
» Moste herbeiführen, wenn die Luft im Gärraum trocken und bewegt ist, 
was in der Regel natürlich nicht zu erreichen ist. Der Gebrauch derartiger 
Bottiche wird auch dadurch erschwert, dab sie ein häufig wiederholtes 
Durchrühren der Maischen nötig machen. Unterbleibt diese Vorsichts- 
maßregel, dann stellen sich zum Nachteil der Gärung starke Temperatur- 
sounterschiede zwischen den äußeren Teilen und der Mitte des Bottich- 
inhalts ein. Wenig empfehlenswert ist die Abkühlung der Maischen 
durch Umpumpen und Lüftung der Moste (remontage, soutirage au con- 
tact de lair), wobei ein Teil des Mostes aus den Gärbottichen in Kübel 
abeezogen und von da aus wieder in denselben Gärbehälter hinauf- 
3 gepumpt wird. Man läßt den Strahl meist durch eine Brause oder über 
ein rundes, mit radialen Ablaufrinnen versehenes Brett auf den Trester- 
hut auffallen und erreicht dabei durch die Berührung des Mostes mit 
der Luft nicht nur eine gewisse Abkühlung, sondern auch eine . 
zweckmäßige Mischung der Maische.e Man hat auch versucht, die 
Kühlung dadurch zu bewirken, dab man in die Maische selbst einen 
kräftigen Luftstrom einleitete. Die Temperaturerniedrigung ist bei 
diesem Verfahren wie bei der gewöhnlichen Remontage nach den Ver- 
suchen von Müntz und Rousseaux (5) aber so gering, daß sie neben der 
Wachstumsförderung, welche die Hefen durch die Lüftung erfahren, 
spraktisch gar nicht in Betracht kommt. Auch haben S£mıcHox (1), 
FoxszcaA (2) und andere betont, daß bei diesem Verfahren nicht nur die 
Infektionsgefahr, sondern auch der Verlust an Alkohol und Bouquetstoften 
außerordentlich groß ist. In einzelnen Versuchen gingen bis 1,5 Proz. 
Alkohol verloren. Der Hauptnachteil ist aber die dabei eintretende 
s0oOxydation der Mostbestandteile, die so stark ist, daß das Verfahren bei 
weißen Mosten wegen der Gefahr des Rahnwerdens (s. Bd. I, S. 681) 
überhaupt nicht in Anwendung kommen kann. Durch Anbringen von 
Eiskästen oder Kühlschlangen im Inneren der Gärbottiche erzielt man 


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— 391 — 


zwar bessere Erfolge, doch hat auch dieses Verfahren wenig Verbreitung 
gefunden, weil es sehr hohe Betriebskosten verursacht und nur dann 
wirksam ist, wenn die im Inneren der Bottiche entstehenden starken 
Temperaturunterschiede durch öfteres Umrühren der Maische wieder 
ausgeglichen werden. Nach Ducast (1) sind deshalb auch die nach > 
diesem Prinzip konstruierten Gärbottiche von Ermass-Jarra in Algier 
wieder aufgegeben worden. 

Das beste und heute in allen südlichen Weinländern eingeführte 
Kühlverfahren beruht auf der Anwendung von ähnlichen Kühlern, wie 
sie im Brauereibetrieb benutzt werden. Man arbeitet dabei ganz ähn- » 
lich wie bei der Remontage, läßt aber den Most, bevor er wieder in den 
Gärbottich zurückgepumpt wird, durch einen besonderen Kühler laufen. 
Von diesem Apparat gibt es heute eine große Anzahl verschiedener 
Systeme. Bei ihrer Konstruktion ist man von praktischen Erfahrungen 
und den bereits auf S. 356 des Vierten Bandes erwähnten Unter- 
suchungen BouFrrArDv’s (1) über die Gärungswärme ausgegangen, aus 
denen hervorgeht, dab für die Zwecke der Weinbereitung Kühler aus- 
reichen müssen, die an Wasser die Hälfte oder das ganze Volumen des 
zu kühlenden Mostes brauchen. Die bekanntesten Kühler sind die 
Berieselungskühler von Müntz und Rousseaux (3), die von A. P. Haynxe,: 
EsroT und GRANGE, GUILLEBAUD, ÄNDRIEU und PAur, Apparate, die in 
den Lehrbüchern von S£mıcnox (1), Ducast (1) und Pacorter (1) aus- 
führlich beschrieben sind. Nach S£mıcHox (1) werden auch einzelne 
Pasteurisierapparate mit Erfolg zum Mostkühlen benutzt, worüber 
Astruc (1) ebenfalls Näheres berichtet. Ihre volle Leistungsfähigkeit 
erhalten alle hier genannten Kühler allerdings erst durch die Verbindung 
mit Verdunstungskühlwerken, die nach Art von Gradierwerken ein- 
gerichtet sind und die Temperatur des mit 30—35° aus den Kühlern 
austretenden Wassers wieder soweit erniedrigen, daß es von neuem zum 
Speisen der Kühler benutzt werden kann. Näheres über diese Ein-: 
richtungen ist aus den oben genannten Lehrbüchern zu ersehen. Er- 
wähnt sei noch, daß in neuester Zeit Pını (1), Asrruc (2) und PAcorrer (3) 
auch dazu angeregt haben, Eismaschinen zur Kühlung gärender Maischen 
zu benutzen. Um die Kühler in richtiger Weise handhaben zu können, 
wird die Temperatur der gärenden Maischen ständig sorgfältig über- ss 
wacht, wobei nach Stmıcnox (1) an Stelle gewöhnlicher Maischthermometer 
nicht selten die von Dusarpın konstruierten Maximalthermometer oder 
auch die selbstregistrierenden Gärthermometer von Roos und Houpaınue 
benutzt werden. Nach Müntz und Rousszaux (6) soll der Kühler in 
Tätigkeit gesetzt werden, sobald die Temperatur unmittelbar unter dem 
Traubenmark (dem sogen. Hut) auf 33° steigt. Zwar würden es die ge- 
nannten Forscher (3) für besser halten, noch früher mit der Kühlune zu 
beginnen und sie so zu regeln, daß sich die Temperatur der Maische 
dauernd zwischen 25 und 30° bewegt, doch glauben sie, daß das in 
südlichen Weinländern nicht zu ermöglichen sein würde, ohne jeden # 
einzelnen Gärbottich dauernd an einen Kühler anzuschließen. Dusasr (1) 
ist dagegen der Ansicht, daß zur Einhaltung dieser Temperaturgrenzen 
schon zwei bis drei Kühlungen genügen. Die kritische Temperatur, 
deren Ueberschreitung wegen der schädlichen Wirkung auf die Heften 
unbedingt vermieden werden muß, liegt nach Müntz (1) bei 37°, nach » 
Duaast (1) bei 36°C. Unter den Verhältnissen des französischen Midi- 
Gebietes treten derartige Temperaturen in der Regel erst am zweiten 
Tage nach der Füllung der Gärbottiche auf, und es genügt dort auch 


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— 392° — 


eine einmalige Kühlung, bei der die Temperatur des Mostes nach den 
Versuchen von Müxrtz und Rovsszaux (6) ohne Nachteil für die Gärung 
bis auf 18° C herabgesetzt werden kann. Hat der Most eine sehr hohe 
Anfangstemperatur, dann muß er freilich auch in Südfrankreich schon 
sam ersten Tage durch den Kühler laufen. Dusasr (1) glaubt, daß es 
für alger ische Verhältnisse richtiger ist, den Inhalt jedes Gärbottiches 
zwei- bis dreimal schwach zu kühlen, als nur eine einmalige starke Ab- 
kühlung der Maische vorzunehmen. Der Erfolg des Kühlverfahrens 
besteht nach den übereinstimmenden Angaben der Literatur in einer 

relativ reinen Gärung, bei der reintönige, völlig durchgegorene und 
haltbare Weine erzielt werden. 

Im Anschluß an die Besprechung dieser Methoden verdient die Tat- 
sache Erwähnung, daß es in Frankreich, Spanien und anderen Ländern 
üblich ist, der Entwicklung hoher Gärtemperaturen auch in der Weise 

ss entgegenzuwirken, dab die Gärung durch Zusätze von schwefliger Säure 
oder schwefligsauren Salzen künstlich verzögert wird. Man vergleiche 
darüber die Angaben von S£EMICHoN (1). 
Schließlich ist in diesem Paragraphen noch auf das Vormaischen 
einzugehen, ein Verfahren, welches der Anwendung von Reinhefen schon 
»sehr nahe steht, insofern als es ebenfalls auf einer Vorzüchtung von Hefen 
beruht. Der Gedanke, die Weingärung auf diesem Wege gegen Miß- 
erfolge zu sichern, lag nahe, nachdem BrErELD (1) im Jahre 1874 auf 
Grund seiner damaligen Ansichten über die Gärung empfohlen hatte, 
im Brauerei- und Brennereibetrieb nur frisch vezüchtete „gesunde Saat- 
»hefe“ zum Anstellen zu benutzen. NEUBAUER (1) hatte auch sofort er- 
kannt, welche Folgerungen sich daraus für die Weinbereitung ergaben, 
aber erst J. BerscH (1) zeigte auf Grund eigener Versuche, wie die 
Praxis vorzugehen habe, um durch eine Vormaische gärkräftige Hefe 
zu gewinnen und die Entwicklung von Schimmelpilzen und anderen 
»o Krankheitserregern bei der Weingärung zu unterdrücken. Nach der 
Anweisung von BErscH (1) soll etwa zwei Tage vor der Lese eine An- 
zahl ganz unversehrter Trauben für sich zerquetscht, die erhaltene 
Maische in einem warmen Zimmer der Gärung überlassen und dann zum 
Anstellen der bei der Hauptlese eingebrachten Moste verwendet werden. 
> Wie daraus zu ersehen ist, handelt es sich hierbei um eine Vorzüchtung 
der auf den Trauben sitzenden Eigenhefen des Mostes unter Bedingungen, 
die ihrer Entwicklung besonders günstig sind. Da auf gesunden Beeren 
Keime anderer Gärungspilze in weit geringerer Zahl auftreten als auf 
verletzten überreifen Früchten, so ist die Hefenaussaat beim Vormaischen 
‚verhältnismäßig rein, und es muß sich damit bei der vorteilhaften 
ehemischen Zusammensetzung des Mostes und der günstigen Temperatur 
auch ein gärkräftiger, ziemlich reiner Hefenansatz erzielen lassen. Auf 
diese Erscheinungen hat seinerzeit bereits MÜLLER-THURGAU (4) hinge- 
wiesen und das Vormaischen ebenfalls empfohlen. Nach seinen Vor- 
sschlägen sollten die frisch eingemaischten Trauben mit einem Prozent 
Vormaische in Gärung gebracht und „im weiteren Verlaufe sodann jeder 
nachfolgende Bottich in gleicher Weise aus einem der vorhergehenden 
mit Hefe“ versehen werden. Das Verfahren war also der damals allge- 
mein üblichen Arbeitsweise angepaßt, bei der man jede Maische ohne 
Ausnahme vor dem Abpressen erst angären ließ. Heute geschieht das 
nach dem auf S. 386 Gesagten bei der Weißweinbereitung in den meisten 
Betrieben nicht mehr. Trotzdem ist die Herstellung von Hefenansätzen 
durch Vormaischen gesunder reifer Trauben, wie manche Mitteilung in 


Pe 


— 393 — 


den Fachzeitungen beweist. in der Praxis noch im Gebrauch, wenn sie 
auch in einzelnen Gegenden durch die Einführung der Reinhefen fast 
völlig verdrängt worden ist. 

Das Verfahren des Vormaischens ist auch in Frankreich bekannt, wird 
dort aber zum Teil in einer Weise gehandhabt, der in Deutschland und 
Oesterreich gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen würden. Nach PA- 
COTTET (1) soll ein derartiger Hefenansatz in der Weise hergestellt werden, 
dab völlig unverletzte, reife Trauben aus den besten Weinbergslagen ausge- 
lesen, entrappt und in der üblichen Weise durch Zerquetschen einge- 
maischt werden. Der Säuregehalt der Maische wird durch einen Zusatz ıo 
von Weinsäure auf 10 Promille erhöht und die Temperatur der Mischung 
erforderlichenfalls durch Erhitzen eines kleines Mostanteiles auf 25°C 
gebracht. Um das Wachstum der Hefen zu begünstigen, soll die Maische 
stark gelüftet werden, indem sie alle 2-5 Stunden kräftig umgerührt 
oder der Most abgelassen und wieder aufgegossen wird. Nach Verlauf ıs 
von zwei Tagen sollen täglich auf jeden Hektoliter Maische 5 kg Zucker 
und 20 & Ammoniumphosphat zur Förderung der Hefenentwicklung zu- 
gegeben werden. Zweckmäßig ist der Zusatz solcher Zuckermengen 
wohl kaum, da sie in der Regel nur teilweise von der Hefe verarbeitet 
werden dürften. Nach 5—6 Tagen kann der gebrauchsfertige Ansatz 
aus dem unteren Teile abgezogen werden. Sollen größere Mengen von 
Most in Gärung gebracht werden, dann wird der entnommene Hefenbrei 
jedesmal durch eine gleiche Menge Most ersetzt, der vorher durch Er- 
hitzen auf 65° pasteurisiert worden ist. Der Ansatz bleibt so längere 
Zeit gebrauchsfähig. Ein Hektoliter davon genügt. um 30—50 hl Maische 3 
sicher in Gärung zu bringen. Einen Vorteil des Verfahrens scheint 
PACoTTET (1) auch darin zu erblicken, daß es Hefen benutzt, die aus 
denselben Weinbergslagen stammen wie die Moste. Da diese Eigen- 
hefen für den Gärton der Weine nicht selten charakteristisch geworden 
sind, ist diese Ansicht auch nicht unberechtigt. 30 


© 


$ 96. Gewinnung, Prüfung, Aufbewahrung, Züchtung und Versand 
der Hefenrassen. 


Schon in den Jahren 1871—1876 kamen die Grundanschauungen, 
die zur Züchtung reiner Weinhefen führten, in Veröffentlichungen von 
J. Bersch (2), Reess (1), NEUBAUER (1) und Pasrteur (2) zum Ausdruck, 35 
allerdings ohne daß die Praxis davon zunächst irgendeinen Nutzen 
gehabt hätte. Auch die ersten Versuche von ROMMIER (1), ORDONNEAU (1), 
Craupon und Morıs (1), die sich in den Jahren 1883—1887 mit unzu- 
reichenden Mitteln um die Züchtung reiner Weinhefen bemühten, blieben 
praktisch ergebnislos. Erst als E. Cnr. Hansen’s Verfahren der Hefen-4 
reinzucht vorlag, gelang es Marx (1) im Jahre 1888 mit Hilfe dieser 
Methode eine Anzahl von französischen Weinhefen reinzuzüchten und 
auf ihre Charaktere zu prüfen. In den beiden nächsten Jahren ver- 
öffentlichten Rommier (2 u. 3), MarrınanD (1), Rriersen und MarrınanD (1), 
Rıwrsen (1), Perraup (1) und E. Kayser (1) einige weitere Beobachtungen 
über reine Weinhefen, doch bestätigten sich ihre Angaben über die 
Rasseneigenschaften der Hefen in der Folge nur teilweise. Einen wesent- 
lichen Fortschritt bedeuteten die Mitteilungen von Münver-TuurGau (5) 
und Forri (1), die in den Jahren 1890 und 1891 über die Reinzüchtung 
einiger Weinhefen und deren Prüfung berichten konnten. In die eigent- so 


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— 34 — 


liche Praxis der Weinbereitung waren die Reinhefen damit aber noch 
nicht eingeführt. 

Selbst die französischen Handelsinstitute von JACQUEMIN und MARTI- 
NAND und RıETscH, die schon in jener Zeit reine Weinhefen in den 

5Handel brachten, konnten ihren zum Teil recht lebhaft angepriesenen 
Kulturen zunächst nur eine sehr beschränkte Verbreitung verschaffen, 
zumal die Versuche, die Omuvarp (1) und Ravızza (1) mit diesen Hefen 
angestellt hatten, wenig günstig ausgefallen waren. Dem ganzen 
Verfahren fehlte eben damals noch die nötige wissenschaftliche Grund- 
ıwlage. Erst als diese durch die Untersuchungen der nächsten Jahre 
geschaffen war, fand die neue Arbeitsweise in der Praxis rasch Ein- 
gang. Das größte Verdienst um diese Reform erwarb sich WORTMANN 
(2 u.3), der in seinen Untersuchungen aus den Jahren 13892—1894 nach- 
wies, dab auch unter den Weinhefen verschiedene, in ihren physio- 
ıslogischen Merkmalen voneinander abweichende Rassen vorkommen, die 
ihre Charaktere beim Wechsel der Nährsubstrate bewahren. Von 
Wichtigkeit war auch, daß WoRrTMAnN (4—9) gleichzeitig die Mittel zur 
Pr üfune und praktischen Verwendung der einzelnen Rassen angab. Sehr 
bedeutungsvoll für die Einführung “der Reinhefen in die Technik der 
»» Weinbereitung waren ferner die Arbeiten MÜLLER- Taurcav’s (d—1B), 
der seine Beobachtungen ungefähr in derselben Zeit wie WOoRTMANN 
veröffentlichte. Ergänzt wurden die Arbeiten Worrmann’s und MÜLLER- 
Tuursau’s namentlich durch die Untersuchungen von KAySEr (2), ADER- 
HOLD (1 u. 2), Cusoxı und Pızzıcoxı (1), SCHNELL (1), KAYSEr und 
25 BarBa (2 u. 3), Fortı (2), NAsTÜükorr (1), LENDNER (1), SEIFERT (1), 
ÖSTERWALDER (1, 2, 3), Horm (1) und Biouermi (1). Neben den Arbeiten 
dieser Autoren kam der Aufnahme des Reinzuchtverfahrens sehr zu 
statten, daß in Geisenheim, Wädenswil, Klosterneuburg und an anderen 
Orten staatliche Hefenreinzuchtstationen gegründet wurden, die völlige 
30 Sicherheit für die Brauchbarkeit der abgegebenen Rassen boten. Heute 
gehört das Verfahren in allen Weinländern zum sicheren Bestand der 
Kellerpraxis, wenn es auch bei der Hauptgärung in manchen Gegenden, 
wie z.B. im Rheingau, nur beschränkte Anwendung findet. Ueber die 
Einzelheiten der geschilderten Entwicklung vergleiche man die zusammen- 
ssfassenden Berichte von Beuress (1) nnd "CETTOLISI (1). 

Als Ausgangsmaterial für de Gewinnung reiner Weinhefen 
können verschiedene Stoffe dienen. Für die eigentlichen Betriebshefen 
benutzt man am besten Hefentrub von normal vergorenen Weinen, gären- 
den Most oder Wein, weil in diesen Substraten die natürliche Gärung 

so bereits eine Auslese zugunsten der praktisch verwertbaren Hefen bewirkt 
hat, wie sie in der Praxis auch wirklich vorkommen. Trauben oder 
Weinber esboden, den z. B. Meissner (2) in neuerer Zeit wieder als Aus- 
anesmaterial für die Hefenreinzucht anführt, wird man dagegen, wie 
bereits ADERHOLD (1) betont hat, nur in besonderen Fällen verwenden, 
480 z. B. dann, wenn es sich darum handelt, möglichst alle Hefenrassen 
reinzuzüchten, die in einer bestimmten Weinbergslage und in den aus 
ihr stammenden Weinen überhaupt auftreten können. Das Rohmaterial 
wird nach der von WorTMmann (2) angegebenen Methode zunächst in 
reinen sterilisierten Traubenmost übergeimpft, um die Hefen in dem 
sonatürlichen Organismengemisch anzureichern und, wenn nötig, aus dem 
Ruhestadium in den sprossenden normalen Zustand überzuführen. Wenn 
man von Erdboden oder Hefentrub ausgeht, wird diese Umgärung vorteil- 
haft in dem von ADERHOLD (1) angegebenen, umgekehrten, auf dem 


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— 35 — 


Stopfen stehenden Kölbchen durchgeführt, um ein von deckenbildenden 
Kahm- und Schimmelpilzen möglichst freies Hefengemenge zu erhalten. 
Die bei dieser Ueberimpfung im Most eintretende Auslese erstreckt sich 
nicht nur auf eine Trennung der Hefen von anderen Gärungsorganismen, 
sondern führt unter Umständen auch bereits zu einer Sonderung unter 
den einzelnen Hefenrassen. Wie ADERHOLD (1) gezeigt hat, werden dabei 
namentlich langsam wachsende Rassen leicht durch raschwüchsige unter- 
drückt. Wo es sich um die Gewinnung technisch verwertbarer Hefen 
handelt, ist eine derartige Vorlese unter den einzelnen Rassen aber 
im allgemeinen nicht unerwünscht, ja sie muß -durch zweckmäßige Wahl 
des Nährsubstrates sogar besonders begünstigt werden, wenn es sich 
um die Züchtung von Weinhefen für besondere Gebrauchszwecke handelt. 
wie sie z. B. durch die Rotweinbereitung, die Vergärung von stark 
gerbstoffhaltigen Obstsäften oder zuckerreichen Auslesemosten und die 
Umgärung von Weinen gegeben sind. In diesen Sonderfällen wird 
das Rohmaterial nach dem von MÜLLER-TaursaAu (7, 8, 10, 12) ausge- 
arbeiteten Verfahren wiederholt in sterilisierte Traubensäfte übergeimpft, 
die einen Zusatz von Gerbstoff, Zucker oder Alkohol erhalten haben, 
um die Vermehrung derjenigen Rassen zu begünstigen, die unter der- 
artigen Ernährungsbedingungen die günstigste Gärtätigkeit entfalten; 
vergl. Bd. IV, S. 111. Von dem gärenden Most dieser Vorzuchten 
werden unter Verwendung von Mostgelatine nach E. Cur. Hanxsen’s 
Verfahren (s. Bd. IV, S. 109), seltener nach der etwas abgeänderten 
Methode Linpner’s (s. Bd. IV, S. 111), Einzell-Kulturen hergestellt. 


Wünscht man eine Trennung der Rassen nach den Wachstumsmerkmalen : 


ihrer Kolonien vorzunehmen, dann wird noch eine Platten- oder Roll- 
zucht eingeschaltet. Auf Einzelheiten des Verfahrens kann hier nicht 
eingegangen werden; man findet sie in den Darstellungen von ADErHoLD (1), 
MÜLLER-THURGAU (6, 7, 8, 10, 12) und MeEIssnER (2). 

Außerordentlich wichtig ist die Prüfung der Weinhefenrassen 
aufihren Gebrauchswert. Grundlegend dafür ist der zuerst von WORTMAanN (2) 
geführte Nachweis geworden, daß es physiologisch sehr verschiedene 
Hefenrassen gibt, die im Weinbergsboden, auf den Trauben und im Wein 
nebeneinander vorkommen. Die Abstammung der Hefen aus einer vor- 
züglichen Weinbergslage oder aus einem Qualitätswein bietet daher noch 
keine Gewähr für ihre Brauchbarkeit, vielmehr sind die gewonnenen 
Reinzuchten in jedem Falle auf ihre Eigenschaften zunächst sorgfältig 
zu prüfen, ehe sie in den technischen Betrieb eingeführt werden. 
Bei den mannigfaltigen Zwecken, die in der Praxis der Wein- 
bereitung verfolgt werden, muß sich diese Prüfung auf die verschiedensten 
Merkmale erstrecken und auch zur Auslese einer großen Zahl sehr ver- 
schiedenartiger Rassen führen. 

Im Vordergrunde stehen dabei diephysiolorischen Merkmale 
der Hefen. Nach dem von WorTMmann (2,3, 4) und in Einzelheiten be- 
sonders von MÜLLER-TnurGau (6) ausgebauten Verfahren werden die 
gewonnenen Reinzuchten zunächst im Laboratorium auf ihr Verhalten 
in sterilem Traubenmost untersucht, wobei nach Worrtmann’s (2 u. 3) Vor- 
gehen rund eine Million bis höchstens zehn Millionen Zellen in 250 bis 
1000 cem Most ausgesät werden. Die Prüfung erstreckt sich in erster 


Linie auf den gesamten Gärverlauf, vor allem auf die Vermehrungs-: 


geschwindigkeit (s. Bd. IV, S. 115) und Gärungsenergie der Hefen, weil 
es von diesen Kigenschaften abhängig ist, ob eine Rasse die natürlichen 
Gärungserreger des Mostes unterdrücken kann oder nicht. Weiter sind 


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— 396 — 


festzustellen die Größe der Kohlensäure-Abgabe zur Zeit der stärksten 
Gärung, die Gärdauer und der endgültige Vergärungsgrad (vgl. S. 146), 
praktisch sehr wichtige Merkmale, in denen sich die einzelnen Hefen- 
arten weitgehend voneinander unterscheiden. Beispiele dafür bieten 

;namentlich die Untersuchungen von WORTMANN (2) und MÜLLER-THUR- 
GAU (6), von denen der letztere bei einer Prüfung von 25 Weinhefen 
beobachtet hat, dab die aus einem Liter Most im Verlauf von 12 Stunden 
entwickelten Kohlensäuremengen zur Zeit der stärksten Gärung zwischen 
4,51 und 10,65 g, die Gärdauer zwischen 19 und 46 Tagen und der Al- 

ıo Koholgehalt der erzielten Weine zwischen 5,7 und 10,08 Gewichtsprozenten 
schwanken können. Die Prüfung ist ferner auszudehnen auf die Schaum- 
bildung, an der die Hefen nach den Beobachtungen MÜLLER-THurGAu's (6) 
mitbeteiligt sind, auf die Trübung bei der Gärung und im Zusammen- 
hang damit auch auf die Klärung der gärenden Weine und die besonders 

ısfür die Schaumweinbereitung bedeutungsvolle Sedimentierungsart der 
Hefen. Sehr sorgfältig muß schließlich die Einwirkung der einzelnen 
Rassen auf die Qualität der Weine geprüft werden, wobei im wesent- 
lichen auf die Alkoholausbeute, die Kohlensäuremenge, die Glycerinbil- 
dung und insbesondere auf Quantität und Qualität der erzeugten Geruchs- 

» und Geschmackstoffe zu achten ist. Wenn auch die zuerst von ROMMIER (2) 
vertretene und später von einzelnen Handelslaboratorien zu Geschäfts- 
zwecken ausgebeutete Ansicht, wonach die Weinhefen die Blume der 
Weine erzeugen und das Bouquet edler Weine auf geringe Moste über- 
tragen können, durch die Arbeiten von MÜLLER-THURGAU (6, 7, 14), WORT- 

25 MANN (2) und SEMICHoN (2) längst als irrig erwiesen ist, so hat sich andrerseits 
doch gezeigt, dab gerade die von den Hefen erzeugten Gärungsbouquette (Ss. 
Bd. IV, S. 394) für die Auslese der Rassen ausschlaggebende Bedeutung 
erlangen können. Allerdings ist die Prüfung nach dieser Richtung durch 
Laboratoriumsversuche nicht allein zu erbringen, weil das Bouquet der 

30 Weine erst im Fasse ganz zur Entwicklung kommt. Es ist also in 
dieser Beziehung die weiter unten noch zu erwähnende Nachprüfung der 
Hefen im praktischen Betriebe unerläßlich. 

Besondere Gebrauchszwecke können noch eine weitergehende Prüfung 
erfordern. Hefen für die Vergärung von roten Trauben müssen auf ihr 

3; Verhalten in Rotweinmaischen besonders untersucht werden, da MÜLLER- 
THurGau (8) gezeigt hat, daß Hefen, die sich bei der Weißweinbereitung 
bewähren, bei der Rotweingärung weniger gute Erfolge aufweisen können. 
Bei den Hefen für südliche heiße Weinbaugebiete ist nach dem zuerst 
von Kayser (2) und Forrt (2) befoleten Verfahren die Empfindlichkeit 

‚gegen höhere Temperaturen zu ermitteln. Umgekehrt wird es in manchen 
Fällen, wie bei der Gewinnung von Hefen für nördliche Weinbaugebiete 
oder für die von Asrruc (2) neuerdings empfohlene Vergärung in Kühl- 
räumen, notwendig sein, die Hefen auf ihr Gärvermögen bei niederen 
Temperaturen zu prüfen. 

45 Nach den Ermittlungen von MÜLLER-THURGAU (8 u. 15) und MÜLLER- 
THURGAU und ÖSTERWALDER (1 u. 2) sind auch die für die Obstweinberei- 
tung berechneten Hefen einer besonderen Prüfung zu unterziehen, bei 
der die Gärkraft und die Einwirkung der Hefen auf die Qualität der 
Obstweine, insbesondere auch die Menge der entstehenden flüchtigen und 

so der für säurearme Birn- und Apfelmoste wertvollen nichtflüchtigen Säuren 
(s. Bd. IV, S. 378 u. 384) zu bestimmen sind. Eine nützliche Ergänzung 
des üblichen Prüfungsverfahrens, die durch die in der Weinbereitung 
gebotene Verwendungsart der Reinhefen bedingt wird, ist das von MÜLLER- 


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THURGAU und ÖSTERWALDER (1) bei der Prüfung von Obstweinhefen be- 
nutzte Verfahren, die Gärtätigkeit der Reinhefen in nicht sterilen Mosten 
schon im Laboratoriumsversuch festzulegen, um so Anhaltspunkte für 
das Zusammenwirken der Reinhefen mit den Eigenhefen und den übrigen 
natürlichen Gärungserregern des Mostes zu gewinnen. 5 

Die auf Grund der Laboratoriumsversuche ausgelesenen Rassen 
werden nach WorTMAnn (4) und MÜLLER-THurRGAU (7) in praktischen 
Betrieben nochmals auf ihr Verhalten geprüft und erst dann, wenn sie 
bei Versuchen im Fasse sich unter den in der Praxis gegebenen Ver- 
hältnissen bewährt haben, für die Verwendung im Großen bereitgehalten. 

Von verschiedenen Seiten ist versucht worden, die in Kultur ge- 
nommenen Weinhefen morphologisch zu charakterisieren. Nach den 
Untersuchungen von ADERHOLD (l) und ÖOSTERWALDER (1) gehören die 
bekannten Rassen, wie schon auf S. 174 u. 176 des Vierten Bandes be- 
merkt worden ist, zu den untergärigen Formen aus den Verwandten- ıs 
kreisen der beiden Arten Saccharomyces Pastorianus E. Cur. HaxsEx 
und Sacch. ellipsoideus E. CHr. Hansen. Unter den deutschen Wein- 
hefen tritt nach ADERHOLD (1) vorwiegend Sacch. ellipsoideus auf, 
jedoch ist bei dieser Angabe die Beobachtung OSTERWALDER’S (2) zu be- 
achten, wonach Rassen, die in Obstmosten oder Würze pastoriane Zellen 
bilden, in Traubenmost ellipsoide Tochterzellen hervorbringen. In fran- 
zösischen, italienischen und in russischen Krimweinen kommen nach 
ADERHOLD (1) mehr pastoriane Formen vor, wonach sich wenigstens ver- 
muten läßt, daß zu den Südweinhefen vorzugsweise Rassen des Sacch. 
pastorianus gehören. Sicher sind zu dieser Art zahlreiche von ÖSsTEr-3 
WALDER (1) und MÜLLER-THuRGAU und ÖSTERWALDER (1) isolierte Obst- 
weinhefen zu rechnen. Nicht unerwähnt sei, daß E. Kayser (1) in fran- 
zösischen Apfelweinen auch eine andere Art nachgewiesen hat, den 
obergärigen Saccharomyces mali Ducraux (s. Bd. IV, S. 180), der an der 
Entstehung des Ciderbouquets beteiligt sein soll. Einzelne Unterschiede » 
in der Zellengröße und Zellform der Rassen haben Avernoup (1), MÜLLER- 
Tuursau (6), BEHRENS (2), sowie Kayser und Barpa (3) nachgewiesen. 
Auch die Ring- und Hautbildung (s. Bd. IV, S. 12) der Weinhefen bietet 
nach den Beobachtungen von ADERHOLD (l), Cusoxt und Pızzıcont (1) 
und OSTERWALDER (1) Anhaltspunkte für die Unterscheidung der Rassen. 3 
Wesentliche Abweichungen treten nach den Untersuchungen von Marx (1), 
ADERHOLD (1), KAyser (1 u. 2), MÜLLER-THuuRrGau (6), KAYser und Barpa (3), 
NASTÜKOFF (1), SEIFERT (2) und OSTERWALDER (1, 2,3) bei der Sporen- 
bildung der einzelnen Rassen auf. Endlich sind die Bodensatzformen 
und das Aussehen der Stich- und Strichzuchten auf festen Nährböden 
und die Form der Riesenkolonien zur Charakteristik der Weinhefen be- 
nutzt worden; worüber man außer den bereits genannten Arbeiten auch 
die Untersuchungen von Lexpxer (1) und Bıorerri (1) vergleiche. 

Im allgemeinen hat sich feststellen lassen, daß den Verschieden- 
heiten in der Gärtätigkeit auch Unterschiede in den morphologischen # 
Eigenschaften und den Wachstumsmerkmalen der Weinhefen entsprechen, 
so dab also, worauf schon Apernoun (1) hingewiesen hat, eine Analyse der 
einzelnen Rassen in ähnlicher Weise, wie sie Hassen für die Bierhetfen 
durchgeführt hat, bei den Weinhefen ebenfalls möglich ist. Sichere 
Anhaltspunkte für den Gebrauchswert der Hefen bieten die morpholo-: 
gischen Kennzeichen der Rassen aber nicht, weil sie nach den vorliegenden 
Erfahrungen zu dem Verhalten der Hefen bei der Gärtätiekeit in keiner 
festen gesetzmäßigen Beziehung stehen. So hat auch MÜLuer-Tarursau (D) 


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schon darauf aufmerksam gemacht, daß die von Hansen zur Diagnose der 
Bierhefenrassen benutzte Sporenbildung für die Bewertung der Weinhefen- 
rassen nichts aussagt, und betont, dab die Zeit der Sporenbildung bei 
der einzelnen Weinhefenrasse nicht unbeträchtlich nach den vorausge- 
sangenen Lebensverhältnissen der Hefen, insbesondere nach der Be- 
schaffenheit der Nährflüssiekeiten, schwankt. Nach ADERHoLD (1) wäre 
es allerdings möglich, daß die Sporenbildung unter gewissen Bedingungen 
Aufschlüsse über das Gärvermögen der Weinhefen gibt. Seine Versuche 
haben gezeigt, daß Hefen, deren Sporenbildung durch verlängerte An- 
ozucht stärker verzögert wird, sich im allgemeinen auch durch geringere 
Gärkraft und längere Gärdauer anszeichnen. Eine weitere experimen- 
telle Begründung dieser Ansicht steht aber noch aus. Auch die ältere 
Beobachtung MÜLLER-THurGAv’s (6), wonach die Strichzuchten der besseren 
Weinhefen in der Regel schneeweiß, ziemlich glatt und auf der Ober- 
fläche glänzend, die der geringwertigen Hefen dagegen sehr häufig am 
Rande gefranst sind, wäre hier anzuführen. Als Gesamtergebnis der 
vorliegenden Beobachtungen ist trotzdem anzusehen, dab die morpholo- 
gischen Kennzeichen der Weinhefen und die Wuchsmerkmale ihrer Kolo- 
nien zwar für die Isolierung der Rassen von großer Wichtigkeit sind, 

»ofür die Prüfung der Rassen auf ihre Verwendungsfähigkeit zurzeit aber 
kaum in Betracht kommen. 

Die Aufbewahrung der Reinzuchten geschieht nach den auf 
S. 112 des Vierten Bandes angegebenen Verfahren. Von den Rassen, 
die für den Versand regelmäßig gebraucht werden, stellt man Reagens- 

» laskulturen in sterilem Most her und erneuert diese je nach dem Ver- 
brauch an Hefen in kürzeren oder etwas längeren Zwischenräumen. In 
derselben Weise werden auch seltener gebrauchte Rassen aufbewahrt, 
nur mit dem Unterschiede, daß eine Ueberimpfung in frischen Most nur 
monatlich einmal oder noch seltener vorgenommen wird. Weinhefen 

30 vertragen diese Art der Aufbewahrung verhältnismäßig gut und können 
nach den Beobachtungen MÜLLER-THURGAU’s (5), die durch Geisenheimer 
Erfahrungen bestätigt werden, in vergorenem Most gegen zehn Monate 
lebend und gärfähig bleiben. Voraussetzung ist dabei, daß die Kulturen 
in kühlen Räumen stehen, wo die Verdunstung der Aufbewahrungsflüssig- 

ss keit möglichst gering ist und die Hefen nicht entarten. Ebenso können 
die Reinzuchten von Weinhefe, wie MÜLLER-THURGAU (5) zuerst festge- 
stellt hat, auch als Strich- oder Stichzuchten auf Mostgelatine oder 
Mostagar über ein Jahr lebensfähig erhalten werden. Zweckmäßig ver- 
sieht man derartige Kulturen mit einem luftdichten Verschluß, indem 

„man den W attebausch in die Reagensgläser einschiebt und nach dem 
Abbrennen mit etwas geschmolzenem Paraffin vorsichtig übergießt. Neben 
den Mostzuchten sind in den Hefenreinzuchtstationen noch Stammzuchten 
vorhanden, die nach Hansen’s Saccharoseverfahren (s. Bd. IV, S. 113) 
hergestellt sind. Sie dienen für längere Aufbewahrung und werden in 

‚der Weise angefertigt, daß aus einer jungen kräftigen, in Most ange- 
züchteten Hefenvegetation der vergorene Wein abgegossen und eine 
Spur der zurückbleibenden Satzhefe in ein Freudenreich- Kölbchen über- 
tragen wird, welches 10 ccm sterile zehnprozentige Saccharoselösung 
enthält. 

50 Bei der Züchtung der Reinhefen kommen Hefenreinzucht-Apparate 
nicht zur Verwendung. MÜLLEer-TuursAv (11) nimmt die Vermehrung 
nach einer Mitteilung vom Jahre 1897 in 8—10 Liter fassenden Glas- 
flaschen vor, deren Boden nach unten trichterförmig vertieft ist, um eine 


— 39 — 


bessere Durchlüftung der Züchtungsflüssigkeit zu ermöglichen und das 
Absetzen und Abziehen der Hefen zu erleichtern. Die Gefäße stehen 
auf eisernen Dreifüßen und sind mit einem doppelt durchbohrten Stopfen 
verschlossen, durch den eine Röhre bis auf den Boden, eine andere bis 
unter den Stopfen reicht. Beide Glasröhren sind über dem Stopfen 
rechtwinklig abgebogen und mit Luftfiltern verbunden. Der zur An- 
zucht dienende Most wird in diesen Gefäßen durch Einleiten von Dampf 
bei 80° sterilisiert. WorTMmanN (10) benutzt zur Anzucht Gärflaschen 
von etwa 600 ccm Inhalt, die mit 400 ccm Most beschickt und mit Watte- 
bäuschen und Glaskappen verschlossen sind. Die gefüllten Zuchtgefäße 
werden in strömendem Dampf 30 Minuten lang erhitzt und nach dem 
Abkühlen mit der Nadel beimpft. 

Als Anzuchtflüssigkeit für die zur Traubenweinbereitung die- 
nenden Hefen darf in Deutschland nach den Bestimmungen des Wein- 
gesetzes nur Traubenmost verwendet werden. Die Geisenheimer Hefen- 
reinzuchtstation benutzt ausschließlich deutsche natürliche Traubensäfte, 
die nach einem von ADERHOLD (1) und MEISSxER (3) beschriebenen Ver- 
fahren zur Zeit der Traubenlese in größeren Mengen konserviert werden. 
Einen Ersatz für natürlichen Traubenmost bietet der von MÜLLER- 


Taursauv (11) und früher auch von WorTMmanN (11) benutzte konzen-: 


trierte italienische Most (s. S. 70). Für die Anzucht von Obstweinhefen 
werden in Wädenswil nach MÜLLER-TrurGAU (11) auch Obstsäfte ge- 
braucht. Die Vermehrung in Rosinenauszügen, künstlichen Nährlösungen 
oder in Mosten, die durch Zusätze chemisch verändert worden sind, 


scheint in manchen französischen Handelsbetrieben zwar noch üblich: 


zu sein, ist in Deutschland aber unzulässig und hat nach den Beob- 
achtungen MÜLLER-THurGAU’s (6) auch den Nachteil, daß sie die Hefen- 
ausbeute nach Menge und Beschaffenheit herabsetzt. 

Meinungsverschiedenheiten bestehen noch über die Zweckmäßigkeit 
der Lüftung. MÜLLER-TRURGAU (6) läßt die Kulturen zur Vermehrung 
der Ausbeute (vergl. Bd. IV, S. 122) lüften, betont aber, daß diese Be- 
Behandlung auf den ersten Abschnitt der Anzucht zu beschränken ist. 
WORTMAnN (9) hat einen nachteiligen Einfluß der Lüftung auf die Gär- 
tätigkeit der Hefen zwar nicht nachweisen können, bei einer mikro- 
skopischen Untersuchung aber beobachtet, daß dauernd gelüftete Hefen 
einen weit schlechteren Ernährungszustand zeigen als ungelüftete. Da 
für gewisse Zwecke der Weinbereitung, wie für die Umgärung und 
Durchgärung von Weinen, die der Hefe ein wenig günstiges Nähr- 
material liefern und ihre Lebenstätigekeit durch den vorhandenen Alkohol 
stark beeinträchtigen, aber nur Hefen von günstigstem Ernährungszu- 
stand und großer Widerstandsfähigkeit wirklich brauchbar sind, hält es 
WorTMmann (9) für das Richtigste, bei der Vermehrung der Weinhefen 
von einer Durchlüftung der Kulturen ganz abzusehen. Jedenfalls steht 
danach fest, dab es für die Qualität der Hefen nachteilig ist, wenn den 
Kulturen während der ganzen Zeit der Anzucht Luft zugeführt wird. 
Eine auf die ersten Stunden der Kultur beschränkte Lüftung dürfte 
für die Anregung des Hefenwachstums aber zweckmäßig sein, weil die 
zur Anzucht dienenden Moste durch das Pasteurisieren völlie entlüftet 
werden. Die Temperatur der Kulturflüssigkeit wird in Geisenheim kon- 
stant auf 20°C gehalten. Die Anzucht dauert dabei 4—6, höchstens 
aber 8 Tage. 

Zum Versand gelangt in den staatlichen Instituten nur die 
Bodensatzhefe. Der vergorene Most wird unmittelbar vor der Abgabe 


10 


17 
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1 
[371 


30 


35 


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— 400 ° — 


der Hefen an die Praxis vorsichtig abgegossen oder abgezogen. Die 
Geisenheimer Station verschickt ihre Hefen im Inland in kleinen, zur 
Hälfte gefüllten Champagnerfläschchen, die mit verschnürten und ver- 
lackten Korken verschlossen sind und die Bodensatzhefe aus 400 ccm 
5Most enthalten. Beim Versand der Hefen nach überseeischen Ländern 
kommt das auf S. 105 bereits erwähnte Verfahren Hansen’s zur An- 
wendung. Die Bodensatzhefe wird auf etwas keimfreie, entfettete Watte 
aufgeträufelt, die sich in kleinen, bei 140 ° trocken sterilisierten Flaschen 
befindet. Der Verschluß dieser Gefäße wird ebenfalls durch verschnürte, 
mit Flaschenwachs überzogene Korken bewirkt. An ihrer Stelle genügt 
nach Meısswer (2) aber auch ein steriler, mit Pergamentpapier über- 
bundener Wattebausch. Dieselbe Art des Versandes haben auch andere 
Staats-Institute eingeführt, nur werden an Stelle der Champagnerflaschen 
vielfach andere Behälter, in Klosterneuburg nach SEIFERT (3) z. B. stark- 
ıswandige Flaschen mit Patentverschluß, als Versandgefäße benutzt. Die 
Versuchsstation in Wädenswil gibt die Reinzuchten in Form eines dünnen 
Hefenbreies ab, der aus etwa 1,5 1 Traubenmost gezüchtet ist und in 
50cem-Flaschen abgefüllt wird. Nach Bestimmungen MÜLLER-THURGau’s{13) 
enthält jede derartige Kultur mindestens 50 Milliarden vermehrungs- 
»fähige Hefenzellen. Handelsinstitute verschicken teilweise noch in 
erößeren Behältern die gesamte Züchtungsflüssigkeit mit der gebildeten 
Hefe. Auch sei erwähnt, daß einige französische Hefenfabriken in neuerer 
Zeit unter dem Namen „Gelolevures“ Aearzuchten von Weinhefen an 
die Praxis abgeben. ÄAUDIBERT (1) hat vor ihrer Anwendung mit dem 
2: Hinweis gewarnt, daß nach praktischen Erfahrungen und Beobachtungen 
Rosenstienv's(2) die Gärfähigkeit derartiger Hefenzuchten nicht einwand- 
frei sein dürfte. Die Landw.- chem. V ersuchsstation in Graz hat mit dem 
Versand von Hefenagarzuchten in Reagensgläsern nach Löschnie (1) 
gute Erfolge in der Praxis erzielt. Nicht unwesentlich ist es, zu be- 
sotonen, daß eine biologische Prüfung der Reinzuchten bei der Abgabe 
von Weinhefen besonders wichtig ist, weil unter den praktischen Ver- 
hältnissen der Weinbereitung nicht immer günstige Bedingungen für die 
Entwicklung der Reinhefen gegeben sind. In Geisenheim werden deshalb 
alle Zuchten unmittelbar vor dem Versand mikroskopisch untersucht 
sund nur solche Hefen verschickt, die sich in günstigstem Ernährungs- 
zustand befinden. Hefenzuchten, die älter als acht Tage sind, kommen 
überhaupt nicht zum Versand. 


$ 97. Die Anwendung von Reinhefen bei der Hauptgärung der 
Traubenweine. 


40 Die Reinhefen haben für die Weinbereitung nicht nur deshalb Be- 
deutung, weil sie die Weingärung von vielen Zufälligkeiten befreien 
und im Verlauf sicherstellen. Ihr Wert beruht hier "sehr wesentlich 
auch darauf, daß sie bei richtiger Auswahl die Qualität des Weines 
beträchtlich verbessern. Mittelbar wird das schon dadurch erreicht, daß 
ssie schädliche Gärungserreger unterdrücken und so die Entstehung nach- 
teiliger Gärungsprodukte verhüten. Neben dieser Wirkung, die in der 
„Reintönigkeit“ der Weine zum Ausdruck kommt, können sie den Wert 
des Weines aber auch unmittelbar durch die Produkte ihres eigenen 
Stoffwechsels bedeutend erhöhen. Die besonderen, von der Traubensorte 
soabhängigen Merkmale der Hochgewächse vermögen die Hefen, wie auf 


— W1 — 


S. 396 bereits erwähnt ist, allerdings nicht zu übertragen, wohl aber 
macht sich ihr Einfluß in dem Mengenverhältnis derjenigen Weinbestand- 
teile, die bei der Gärung entstehen, insbesondere des Alkohols, der 
Kohlensäure, der flüchtigen und nichtflüchtigen Säuren und des Glyce- 
rins deutlich bemerkbar. Auch sind die Hefen an der Entstehung der 
Blume durch die Bildung von Gärungsbouquetten, vielleicht auch durch 
Enzymwirkungen (s. Bd. I, S. 654 u. 658) mitbeteiligt, wenn auch 
wahrscheinlich nicht in dem Grade, wie RosExsTIERL (3) annimmt. 
Nach den schon erwähnten Untersuchungen WORTMANN’S (2) und MÜLLER- 
Taurcav’s (6) unterscheiden sich die einzelnen Rassen der Weinhefe ıo 
auch in diesen Lebensäußerungen so weitgehend, daß jede Rasse nach 
einem Ausdruck WorTMmAnN’s (10) ihren besonderen „Gärton“ zeigt. 
Es erhellt schon daraus, daß bei der Anwendung des Reinzucht- 
verfahrens in der Praxis der Weinbereitung die Auswahl der Hefen- 
rassen von großer Bedeutung ist. Soweit der Gärton der Hefen dabei ıs 
in Rechnung zu ziehen ist, bieten die Beobachtungen von MÜLLER- 
THurGav (7 u. 8) und WORTMANKN (3, 4, 7) einen gewissen Anhaltspunkt; 
denn aus ihnen geht hervor, daß sich unter den reingezüchteten Wein- 
hefen ganz charakteristische Gruppen bemerkbar machen, die den Ab- 
stammungsgebieten der Hefen entsprechen. So zeigen die Rheinwein- zo 
hefen, so verschieden sie untereinander sind, doch wieder einen ge- 
meinsamen Charakter, der sie von anderen unterscheidet. Dasselbe trifft 
bis zu einem gewissen Grade für die Hefen des Moselgebietes, der 
Champagne und anderer Weinbaugegenden zu. Nach den genannten 
Forschern dürfte sich diese Erscheinung durch die Tatsache erklären, » 
daß die Hefen in jedem dieser Gebiete unter annähernd denselben 
natürlichen Züchtungsbedingungen gestanden haben. Da in solchen 
Gegenden, wo Klima und Boden ziemlich den gleichen Einfluß auf die 
natürlich vorkommenden Hefen ausüben, meist auch nur eine einzige 
Traubensorte angebaut wird, hat die natürliche Auslese Hefenrassen 3 
gezüchtet, die nicht nur im Gärton Uebereinstimmung aufweisen, sondern 
an die Traubensäfte der in diesen Gegenden heimischen Traubensorten 
auch besonders angepaßt erscheinen. Es empfiehlt sich daher im all- 
gemeinen, die Moste mit den Hefen ihrer eigenen Produktionsgebiete, 
Rheinweinmoste also z. B. mit Rheinweinhefen, zu vergären, zumal der s 
diesen Hefen eigentümliche Gärton für die Weine vielfach charakteristisch 
geworden ist. Praktische Erfahrungen haben in der Tat gezeigt, dab 
dieses Verfahren die besten Erfolge gewährt. Currer (1) und FERN- 
BACH (1) haben noch besonders darauf hingewiesen, daß dieser Weg sich 
auch deshalb empfiehlt, weil im allgemeinen nur solche Reinhefen, die « 
dem Charakter des Weines entsprechen, imstande sein werden, die Eigen- 
hefen rechtzeitig zu unterdrücken. Selbstverständlich wird es in manchen 
Fällen aber auch zweckmäßig sein, die Hefen fremder Weinbaugebiete 
in den Betrieb einzuführen, so z. B. dann, wenn eine Aenderung des 
gewohnten Weincharakters erwünscht ist, nach Wortmann (10) auch ins 
solchen Weinbaugegenden, wo die Kultur der Rebe neu eingeführt 
ist und günstige wirkende Rassen unter den heimischen Reben fehlen. 
Nach Mürver-Tnursau (13) muß bei der Auswahl der Hefen auch 
lokalen Verschiedenheiten eines Weinbaugebietes insofern Rechnung ge- 
tragen werden, als die Moste hervorragender Weinbergslagen, wie sie 
2. B. im Rheingau gegeben sind, am besten mit den ihnen eigenen 
Rassen zur Vergärung kommen. Bei der Herstellung von Massenweinen 
bestimmter Herkunft ist es dagegen für den Absatz vielfach vorteilhafter, 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. V. 26 


or 


— 42 — 


nur eine einzige günstig wirkende Hefenrasse für die Vergärung zu 
benutzen. 

Besondere Hefen sind für die Rotweinbereitung erforderlich, 
MÜLLER-THURGAU (8, 10, 12,13) hat durch Versuche, die bereits auf 

>5S. 396 erwähnt sind, festgestellt, dab Hefen, die sich für weiße Moste 
vorzüglich eignen, bei der Vergärung roter Traubenmaischen oft ver- 
hältnismäßig langsames Wachstum und geringe Gärkraft zeigen. Nach 
WORTMANN (10) empfiehlt sich für die Vergärung von roten Maischen die 
Verwendung besonderer Rotweinhefen auch schon deswegen, um den 
gewohnten Gärungston der Rotweine sicher zu erzielen. 

Daß für die Wahl der Hefenrassen bei den verschiedenen Zwecken 
der Weinbereitung auch noch andere Gesichtspunkte maßgebend sein 
müssen, ergibt sich schon aus dem Inhalt des vorhergehenden Paragraphen. 
Hier sei nur darauf hingewiesen, dab hoher Zuckergehalt, wie er bei 

ıs Auslesemosten auftritt, die Verunreinigung der Moste durch Schimmel- 
bildung und andere Krankheitserreger, ungewöhnlich hohe oder niedere 
Gärtemperaturen die Benutzung bestimmter, unter diesen Bedingungen 
noch gärkräftiger Rassen nötig machen. Auf die Auswahl der Hefen 
für besondere Zweige der Weinbereitung wird in den folgenden Para- 
»ographen näher einzugehen sein. 

Ungelöst ist noch die Frage, ob es unter allen Umständen richtig 
ist, sich bei der Anwendung von reinen Weinhefen stets auf eine einzige 
Rasse zu beschränken. Ausgehend von der Beobachtung, daß jeder 
spontan vergorene Wein mehrere sehr verschiedene Hefenrassen enthält, 

»shat schon WorTMmann (2) die Vermutung ausgesprochen, dab es für die 
Praxis manchmal vielleicht vorteilhaft sein würde, zur Vergärung der 
Moste nicht eine einzige Hefenrasse, sondern ein Gemenge von mehreren 
in ihren Eigenschaften bekannten Reinhefen zu benutzen. Aehnliche 
Ansichten haben auch ‚JACQuEmıs (1) und Dupours (1) vertreten. Diese 

so Anregungen sind bisher aber ebenso fruchtlos geblieben wie der Ver- 
such Pxsrıov’s (1), durch Analyse der in spontan vergorenen Weinen 
auftretenden natürlichen Hefengemische eine Grundlage für die An- 
wendung von Hefengemengen zu schaffen. Auch vereinzelte Beobachtungen 
MÜLLER-THuRGAU’s (9) über das Zusammenwirken verschiedener Hefen- 

3rassen in Traubenmosten haben zu weiteren Versuchen über diese Frage 
nicht geführt. RosExsTıEHL (4) fand, daß Mischungen von verschiedenen 
Hefenrassen in der Bouquetbildung den Einzelrassen durchaus nicht 
überlegen sind. Heute wird jedenfalls überall da, wo das Reinzucht- 
verfahren in die Praxis der Weinbereitung Eingang gefunden hat, jeder 

so Most und jeder Wein nur mit einer einzigen Hefenrasse versetzt. 

Was die Technik des Verfahrens anbelangt, so ist sehr zu beachten, 
daß bei der üblichen Arbeitsweise eine wirkliche Reingärung nicht er- 
zielt wird. Die Reinhefen werden den unsterilisierten Mosten zugefügt 
und gelangen hier nicht allein, sondern zusammen mit den eigenen 

s Gärungserregern des Mostes zur Wirkung. Den Erfolg des Reinzucht- 
verfahrens sucht man dadurch zu sichern. daß man dem Mostgut die 
Reinhefe nach den Anweisungen von WORTMANN (6 u. 10) und MÜLLER- 
Tuursau (6, 7, 13) so zeitig und in solcher Menge zusetzt, dab sie 
die Eirenoreanismen der Trauben durch ihre eigene Vermehrungs- 

sound Gärtätigkeit rasch unterdrückt. Die dazu nötigen Hefenmengen 
werden von den Hefenreinzucht- Stationen nicht direkt geliefert, 
sondern mit Hilfe der Versandhefen in den praktischen Betrieben selbst 
herangezüchtet. Nach dem von der Geisenheimer Anstalt empfohlenen 


— 45 — 


Verfahren hat das in der Weise zu geschehen, daß mit den zurzeit 
der Lese bezogenen Reinzuchten (vergl. S. 400) zunächst 10—20 Liter 
vorher durch Aufkochen sterilisierten Mostes in Gärung gebracht werden. 
Diese Hefenvegetation dient entweder direkt zur Aussaat oder bei der 
Verarbeitung von großen Traubenmengen auch zur Bereitung eines 5 
größeren Hefenansatzes, der mit 100 Litern frisch gekelterten, noch nicht 
gärenden und nicht aufgekochten Mostes in einem mit Gärspund und 
Zapfhahn versehenen Fasse hergestellt wird. MÜLLErR-Taursav (1 u. 7) 
hat ursprünglich versucht, die von ihm abgegebenen Hefen den Mosten 
direkt zusetzen zu lassen, später das eben beschriebene Verfahren von ıo 
WORTMAnN (6 u. 10) in etwas abgeänderter Form wegen der dabei zu 
erreichenden Auffrischung der Reinzuchten ebenfalls empfohlen. Dieselbe 
Verwendungsart wird von anderen Instituten vorgeschrieben, worüber 
man die Angaben von SEIFERT (3), Kurisch (2), Meissner (2) und 
Rousseaux (3) vergleiche. Französische Handelsinstitute bieten aller- ıs 
dings vielfach Weinhefen zur direkten Aussaat an („Multilevures Jac- 
QUEMIN“), doch haben FeErxgBAacH (1) und VENTRE (1) entgegen diesen 
Anpreisungen erst in neuester Zeit wieder betont, daß die Herstellung 
eines Hefenansatzes auch bei derartigen Hefen nicht umgangen werden 
darf. Die Vorzüge der geschilderten Anzuchtmethode liegen auch klar: 
zutage. Das Verfahren liefert der Praxis die Reinhefen in ausreichender 
Menge und in einem Entwicklungszustande, in dem sie in kräftigster 
Gärtätigkeit begriffen sind und die Sicherheit bieten, daß sie die Eigen- 
organismen der Moste nicht aufkommen lassen. Dagegen ist bei direkter 
Uebertragung der Versandhefen in das Mostgut immer mit der Möglich- » 
keit zu rechnen, dab die Reinhefen überhaupt nicht zur Wirksamkeit 
gelangen. In den Versandzuchten gehen die Hefen nämlich leicht in 
den Ruhezustand über. Wie MÜLLER-THURGAU (6) gezeigt hat, brauchen 
ruhende Hefen nach der Ueberimpfung in frischen Most aber stets einige 
Tage, bis sie Wachstum und Gärtätigkeit wieder aufnehmen. Bei der: 
Verwendung solcher Hefen in der Praxis finden daher die Eigenhefen 
des Mostes Zeit, sich so stark zu vermehren, daß die Reinhefen einen 
wesentlichen Einfluß auf den Verlauf der Gärung nicht mehr gewinnen. 
Die Aussaatmengen sind durch Versuche von MÜLLER-THURGAU 
(5, 6, 13) und WorTMmann (8) festgelegt worden. MÜLLER-THURGAU (13) 
hat nach mehrjährigen Versuchen empfohlen, den Zusatz so zu bemessen, 
dab auf jeden Liter Traubenmost 100 Millionen Hefenzellen kommen. 
Um den Most in den Zustand des „Federweiben“, d. h. in lebhafte Gärung 
zu bringen, braucht sich dann jede Zelle nur um das 25-fache zu ver- 
mehren, wozu bei günstiger Temperatur nur 24—48 Stunden nötig sind. 4 
Diese Verhältnisse werden verwirklicht. wenn eine Versandhefe der Ver- 
suchsstation Wädenswil direkt 500 Litern Most zugesetzt wird oder 
auf je 100 Liter Traubensaft 2 Liter Vermehrungsmost aus einem Heten- 
ansatz zugegeben werden, der mit einer solchen Versandzucht in der 
weiter oben beschriebenen Weise hergestellt ist. Wortmann (8, 10, 15) 
hat bei seinen Versuchen festgestellt, daß die Größe der Hefenaussaat 
einen chemisch nachweisbaren Einfluß auf das Endergebnis der Gärung 
nicht ausübt, ist aber bei Gärversuchen in der Praxis zu der Erkenntnis 
gelangt, dab geringe Moste am besten mit 0,5—1 Proz., bessere zucker- 
reiche Moste, in welchen die Entwicklung der Hefen wegen des hohen » 
Extraktgehaltes langsamer erfolgt, dagegen zweckmäßiger mit 1—2 Proz. 
Reinhefe zu vergären sind. Unter „Reinhefe* ist in diesem Falle der 
mit dem gebildeten Hefendepot vermischte gürende Anstellmost eines 


26* 


[9 


> 


5 


— 44 — 


Hefenansatzes zu verstehen. Bei Anwendung langsam wachsender Hefe- 
rassen, niedriger Gärtemperatur und der Verarbeitung fauler, stark mit 
Krankheitserregern verunreinigter Trauben ist es zweckmäßig, den 
Hefenzusatz zu erhöhen. Zu große Mengen von Reinhefe dürfen aber 
snicht benutzt werden. Wenn sich dabei auch gewisse Vorteile des Rein- 
zuchtverfahrens noch deutlicher bemerkbar machen, so namentlich die 
stürmische Gärung und das Gärungsmaximum zeitiger eintreten und 
dabei eine höhere Gärungsintensität erreicht wird, so bringt eine zu 
stürmische Gärung nach den Beobachtungen von MÜLLER THURGAU (6), 
ıo WorTMAnN (8) und Kuuisch (3) doch auch manche Nachteile mit sich. 
Vor allen Dingen besteht dabei die Gefahr, daß dem gärenden Weine 
wertvolle Bouquetstoffe in großer Menge entrissen werden. 
Der Zeitpunkt des Hefenzusatzes ergibt sich aus der Ueber- 
legung, daß den Eigenorganismen der Moste keine Zeit gelassen werden 
ı; darf, sich selbst stärker zu vermehren. Die Hefe muß dem Mostgut da- 
her so zeitig wie möglich, jedenfalls aber vor Eintritt der Rohgärung 
zugefügt werden. Nach den Erfahrungen von MÜLLER-THURGAU (13) 
und WOoRrTManNS (6) ist es unter Umständen sogar das zweckmäßigste, 
sie schon im Weinberge der frisch hergestellten Maische zuzumischen. 
zoIn trockenen und warmen Herbsten, in denen sich die Eigenhefen der 
Trauben auf den vollreifen, zum Teil geplatzten Früchten reichlich ent- 
wickeln und die Moste mit hohen Anfangstemperaturen in den Gärkeller 
kommen, ist das nach WORTMAnNN (6) besonders notwendig. Der Vor- 
schlag MÜLLER-THURGAU’S (26), die Reinhefen direkt in den Weinbergs- 
» boden auszusäen, um schon das natürliche Hefengemisch der Trauben zu 
verbessern, ist auf S. 351 des vorliegenden Bandes bereits besprochen. 
Die Vorteile, die sich aus der Anwendung reiner Hefen bei der 
Herstellung von Traubenweinen ergeben, sind von WORTMANN (10), 
MÜLLER-THURGAU (6 u. 13), MEISSNER (2), SEIFERT (2 u. 3), KurıscH (2 u.) 
sound anderen Forschern wiederholt klargelegt worden. Sie bestehen im 
wesentlichen darin, dab die Moste schneller und vollständig vergären, so 
daß die Gärdauer abgekürzt wird, und mit Nachgärungen nicht zu rechnen 
ist. Die erhaltenen Weine klären sich erfahrungsgemäß leicht, bauen 
sich verhältnismäßig rasch aus und sind im Geruch und Geschmack ent- 
3;schieden reiner als bei der Zufallseärung. Auch die Traubenbouquette 
kommen bei ihnen stärker zum Ausdruck. Ebenso werden der allgemeine 
Gärton und die Blume der Weine bei richtiger Auswahl der Rassen 
auch durch den gesamten Gärungscharakter und die bouquetbildenden 
Eigenschaften der Hefen wesentlich verbessert. Naturgemäß machen sich 
0 diese Vorzüge bei geringen Mosten und den sogen. „kleinen Jahrgängen“ 
stärker bemerkbar als bei hochwertigen Qualitätsmosten, wie sie z. B. der 
Riesling im Rheingau liefert. Traubensäfte dieser Art sind schon durch 
ihre ganze chemische Zusammensetzung gegen Fehlgärungen besser ge- 
schützt und lassen sich bei sonst zweckmäßiger Gärführung auch ohne 
Anwendung von Reinhefen zu guten Weinen ausbauen. Hierin liegt 
wohl mit der Grund, daß das Reinzuchtverfahren bei der Herstellung 
von kleineren und mittleren Weinen mehr in Aufnahme gekommen ist 
als bei der Qualitätsweinbereitung. Diesen Verhältnissen gegenüber ist 
aber immer daran festzuhalten, daß die Reingärung bei zweckentsprechender 
so Durchführung auch bei der Verarbeitung hochwertiger Moste zu Qualitäts- 
verbesserungen und Betriebserleichterungen führt. 


— 405 ° — 


$ 98. Die Verbesserung des Reinzuchtverfahrens durch Pasteuri- 
sieren, Filtrieren, Zentrifugieren und Schwefeln der Moste. 


An Versuchen, die natürliche Flora der Trauben bei der Anwendung 
von Reinhefen ganz auszuschließen, hat es nicht gefehlt. Der naheliegende 
Ausweg. die Moste durch Pasteurisieren keimfrei zu machen, ist nicht 
ohne weiteres zu beschreiten, weil Traubenmoste beim Erhitzen den sogen. 
Kochgeschmack annehmen, eine unvorteilhafte Veränderung ihres Cha- 
rakters, die sich noch nach der Vergärung bemerkbar macht und die Weine 
in ihrer Qualität ganz erheblich herabsetzt. Die eigentliche Ursache dieses 
Fehlers ist nicht bekannt, doch haben die Untersuchungen der neueren 
Zeit ergeben, daß er sich vermeiden läßt, wenn die Moste bei Luft- 
abschluß erhitzt werden. ÜARrPEnE (1) und Mexpivır (1) nehmen die 
Erwärmung der Moste deshalb im Vakuum vor, während RosENSTIEHL 
(5 u. 6) auf Grund mehrjähriger Versuche als bestes Mittel zur Be- 
seitigung des Kochgeschmackes empfiehlt, die Moste vor dem Pasteuri- 
sieren mit Kohlensäure zu sättigen. Nach den Beobachtungen von Roy- 
ÜHEVRIER (1), Mıroy (1), MArHıev (1) und SCHANDER (1) hat sich dieses 
Verfahren in der großen Praxis auch im allgemeinen bewährt. Bei der 
von Kür (1) und Wortmann (12) beschriebenen Künn’schen Methode 


wird die Bildung des Kochgeschmackes dadurch verhindert, daß die: 


Moste bei völligem Luftabschluß unter hohem Druck erhitzt werden. 
Nach einer Beobachtung von Marrtınanp (2), die von Kurısch (1) 
bestätigt wird, beugt auch ein Zusatz von Kaliummetasulfit oder schwef- 
liger Säure dem Fehler vor. Rotweinmaischen sollen nach den Unter- 


suchungen von Kayser und Barza (4 u. 5) reinschmeckende Weine: 


liefern, selbst wenn sie bei Luftzutritt pasteurisiert werden. Diese An- 
gabe erklärt sich aber wohl aus der Tatsache, daß bei Rotweinen der 
Kochgeschmack überhaupt weniger deutlich bemerkbar wird. Die 
Pasteurisiertemperatur, die bei derartigen Versuchen zur Anwendung 
kommt, schwankt je nach der Dauer des Erhitzens zwischen 50 und 
80°C. Daß diese Praxis richtig ist, geht aus Beobachtungen MÜLLER- 
Tuurcau’s (17 u. 18) hervor, wonach ein halbstündiges Erwärmen der 
Moste auf 60° genügt, um deren Eigenorganismen völlig zu vernichten. 
Genau diese Temperatur von 60° ist auch bei den erwähnten Versuchen 
von Kayser und Barzıa (4 u. 5) eingehalten worden. RosEnstienu (6 
u. 7) bringt Maischen oder Moste beim Pasteurisieren dreimal intermit- 
tierend auf 50°C. Eine absolute Sterilisation wird bei diesen Wärme- 
graden, ja selbst bei 60—65° nach Mıroy's (2) Beobachtungen allerdings 
nicht erzielt, doch reicht die dabei eintretende Verminderung der Keim- 
‚ zahl für praktische Zwecke aus. Obwohl nach diesen Feststellungen 

nicht mehr zu bezweifeln ist, daß sich das Reinzuchtverfahren auch bei 
der Weinbereitung mit dem Pasteurisieren der Gärflüssigkeit ohne Nach- 
teile vereinigen läßt, hat diese Methode der Reingärung in der Praxis 
der Traubenweinbereitung, wenn man von einigen bald wieder aufge- 
gebenen Versuchen absieht, doch noch so gut wie gar keinen Eingang 
gefunden. Es liegt das in der Hauptsache wohl daran, daß sich diese 
Arbeitsweise wegen der Kostspieligkeit der Apparate nur für die aller- 
größten Betriebe eignet. Zum Teil ist die ablehnende Haltung der 
Technik aber auch auf die Befürchtung zurückzuführen, das Pasteuri- 
sieren in dieser Form könne eine Veränderung der vorhandenen, im 
Handel bekannten Weincharaktere bewirken. Daß derartige Bedenken 


IL 
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1 
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30 


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40 


45 


50 


— 406 — 


nicht unbegründet sind, geht aus Beobachtungen von Kurısca (1) hervor. 
Bei seinen Versuchen hat sich zwar ergeben, daß das Bouquet der 
Weine bei der Mostpasteurisierung nicht notleidet, sondern sich vielfach 
gerade bei Weinen aus pasteurisierten Qualitätsmosten sehr gut ent- 
swiekelt. Andererseits hat sich dabei aber herausgestellt, daß der Ge- 
samtausbau der Weine verschoben und vor allem der Säurerückgang 
verzögert und zum Teil aufgehoben wird, eine Erscheinung, die im 17. 
Kapitel noch näher zu besprechen sein wird. Man vergleiche auch das 
auf S. 416 über das Pasteurisieren Gesagte. 

10 Auch durch Zentrifugieren und Filtrieren ist versucht 
worden, Moste keimfrei zu machen. MürLLEr-TaurGaAu (18) hat dabei 
wenig befriedigende Erfolge erzielt, während es Forrtı (3) gelungen 
ist, von den vorhandenen Organismen seiner Versuchsmoste 72—76 Proz. 
bei einmaligem und 90 Proz. bei dreimaligem Zentrifugieren zu entfernen. 

ıs Nach seinen Versuchen hält Forrı (3) das Verfahren für praktisch 
wichtig. Nach Pacortter (1) hat auch mal mit dem Zentrifugieren 
von Rotweinmosten und trüben Weißweinen gute Erfahrungen gemacht. 

Durch Filtrieren ist nach Lorrıore’s (1) Beobachtungen eine 
völlige Sterilisation von Mosten nicht zu erreichen, ja die Organismen- 

»flora der letzteren kann dabei sogar eine sehr ungünstige Veränderung 
erfahren, weil die Hefen stark zurückgehalten werden, während die 
Bakterien die Filterschichten passieren. Trotz dieser wenig ermutigenden 
Erfahrungen ist die Filtration von Mosten nach KroEMER (2) in der 
neuesten Zeit in manchen praktischen Betrieben versuchsweise einge- 

» führt worden, um die Vorzüge des Reinzuchtverfahrens besser zur Geltung 
zu bringen. Benutzt werden dazu die großen Asbestfilter von Seırz, die 
nach den Bestimmungen von KRroEMER (3) den Organismengehalt von 
Weinen bei. richtiger “Handhabung eanz außerordentlich herabdrücken. 
Allerdings ist bei derartigen Versuchen bisher die Vorsichtsmaßregel 

30 beachtet worden, die Moste vor der Filtration schwach einzuschwefeln. 
Das Verfahren lehnt sich an eine alte, nach Weısevr’s (1) Mitteilungen 
ursprünglich von LrEBiG vorgeschlagene Kellerpraxis an, die seit Ein- 
führung der Reinhefen neue Bedeutung erlangt hat und darin besteht, 
die frisch sekelterten Moste vor Eintritt der Gärung durch schwaches 

3 Einbrennen und Absetzenlassen in kalten Räumen zu klären oder, wie 
der technische Ausdruck lautet, zu „entschleimen“. Moste aus faulen 
schimmeligen Trauben werden dabei sogar ziemlich stark eingeschwefelt, 
um die Gärung während der Klärung” sicherer zu unterdrücken. Bei 
dem von GFARCIA (1) beschriebenen Klärverfahren wird die Anwendung 

von schwefliger Säure dadurch vermieden, daß man die Moste in be- 
sonderen, von L. Sterne in Glasgow gebauten Kühlgefäßen absetzen 
läßt, in denen sie sich bis auf 2—3° über Null abkühlen. Nach 
Pacorter (1) wird in Frankreich auch versucht, die Moste durch Tannin- 
schönungen zu klären. Daß sich durch diese, von Causse (1) und in den 

4 Handbüchern von BAago und Macn (1) und Pacorrer (1) näher beschriebenen 
Behandlungsweisen günstige Entwicklungsbedingungen für die Reinhefen 
schaffen lassen, ist selbstverständlich und wird auch durch Versuche 
von KEHLHOFER und Huger (1) bewiesen. 

Durch Einschwefeln der Maischen und Moste, also durch den 

:o Zusatz von schwefliger Säure, läßt sich das Gärmaterial ebenfalls bis zu 
einem Grade sterilisieren, der für die Zwecke des Reinzuchtverfahrens 
unter gewissen Bedingungen ausreichend ist. Die Möglichkeit dazu er- 
gibt sich aus der zuerst von Müruer-Tuursau (19— 2) nachgewiesenen 


A — 


Tatsache, daß die Weinhefen gegen schweflige Säure im allgemeinen 
widerstandsfähiger sind als die anderen Gärungserreger des Mostes. So 
beobachtete MÜLLER-THURGAU (20) in einem Falle, daß einzelne Hefen 
noch in einem Moste lebend und gärfähig blieben, der 123 Milligramme 
schweflige Säure im Liter enthielt. Bei einem weiteren Versuche des 
genannten Autors (21) wurde dagegen festgestellt, daß die Vermehrung 
der Arten aus dem Verwandtenkreise des Saccharomyces apiculatus schon 
durch einen Zusatz von 33 Milligramm schwefliger Säure auf einen Liter 
Most stark zurückgehalten und bei Gegenwart von 65 Milligrammen 


or 


dieses Gases im Liter völlig unterdrückt wurde. Nach Ermittlungen von 1 


MÜLLER-THURGAU (22 u. 23) und SEIFERT (4) sind auch die im Wein 
auftretenden Milchsäurebakterien, Essigbakterien und Schimmelpilze 
gegen freie schweflige Säure sehr empfindlich. Etwas widerstandsfähiger 
gegen die Wirkungen dieses Giftes scheinen nur die Kahmpilze zu sein, 
deren Wachstum in Wein bei Versuchen von SEIFERT (4) erst durch die 
Anwesenheit von 170 Milligrammen freier schwefliger Säure im Liter 
sanz verhindert werden konnte. Praktisch ist diese Erscheinung aber 
von geringerer Bedeutung, weil die Vermehrung der Kahmpilze bei der 
Weingärung in der Regel schon durch den Luftabschluß unmöglich ge- 


macht wird. Sehr wesentlich ist dagegen die von MÜLLER-THURGAU: 


(20 u. 21); Duroxt und VENTRE (1) sowie SEIFERT (4) festgestellte Tat- 
sache, dab die Widerstandsfähigkeit der einzelnen Weinhefenrassen gegen 
schweflige Säure verschieden groß ist*und im allgemeinen bei den gär- 
kräftigen Rassen, wie sie unter den reingezüchteten Weinhefen vor- 
herrschen, höhere Werte erreicht als bei gärschwachen Hefen (vergl. 
Ba. IV, S. 333). Nach MÜLLEr-Taurcau (20) können daher auch geringe 
Mengen von schwefliger Säure den Einfluß der Reinhefen auf den Cha- 
rakter des Weines wesentlich erhöhen. 

Am meisten ist der Anwendung der schwefligen Säure für die 


Zwecke der Mostgärung aber der von verschiedenen Seiten geführte: 


Nachweis zustatten gekommen, dab sich Hefen bei fortgesetzter Kultur 
in eingeschwefelten Mosten an schweflige Säure anpassen und gegen 
dieses Gift bedeutend widerstandsfähiger werden. Auf die Möglichkeit 
einer solchen Anpassung oder Akklimatisierung der Hefen hat 


nach dem Bekanntwerden des Kffront’schen Flußsäure- Verfahrens (s. S.302) » 


bereits Scheu (1) hingewiesen, aber erst MÜLLER-TnuRrGAU (21) hat 
Züchtungsversuche dieser Art mit Erfolg durchgeführt. Die Resistenz 
gegen schweflige Säure läßt sich nach seinen Beobachtungen und späteren 
Untersuchungen von Rocquzs (1) und Krormer (4) bei kräftigen Wein- 
hefen soweit steigern, dab sie in Most selbst bei Gegenwart von 200 
bis 275 Milligramm schwefliger Säure im Liter noch Gärung zu erzeugen 
vermögen. Wie diese Anpassungsfähigkeit zu erklären sein dürfte, ist 
auf S. 448 des Vierten Bandes unter Hinweis auf die Arbeiten von 
Gimen (1) und Pozzı-Escor (1) bereits ausgeführt. 

MürLver-TnurGau (19—22) hat die Verbesserung des Reinzuchtver- 
fahrens durch die Anwendung von schwefliger Säure besonders für die 
Bereitung von Apfel- und Birnenweinen und die Vergärung fauler Trauben 
in Vorschlag gebracht. Im deutschen Sprachgebiet hat sich die Sulfit- 
gärung bisher auch fast allein auf diese Gebrauchszwecke beschränkt. 


Die dabei erforderliche schweflige Säure wird in Deutschland den Be-: 


stimmungen des Weingesetzes entsprechend nur durch Einbrennen der 
Moste (vergl. Bd. I, S. 536) erzeugt. 
In Südfrankreich, Algier, Italien und anderen südlichen Weinländern 


- 
or 


iv 
[271 


0 


) 


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— 408 — 


hat das Sulfitverfahren dagegen sehr an Verbreitung gewonnen und kommt 
dort auch bei der Verarbeitung gesunder Trauben zur Anwendung. 
Dabei werden an Stelle von gasförmigem, durch Verbrennen von 
Schwefel erzeugtem Schwefeldioxyd meist Salze der schwefligen Säure 
szum Einschwefeln des Mostgutes benutzt. Das von Ravızza (2), G. DE 
Asrıs (1) und Parıs (1) für solche Zwecke versuchsweise gebrauchte 
Caleiumsulfit ist ebenso wie das von SEMICHoN (3), KAYSER (3), MARTI- 
NnAND (2), PAssErını (1) und PAnTaseunı (1) vorgeschlagene Monokalium- 
sulfit in neuerer Zeit ziemlich verdrängt worden durch das von JEAN- 
10 PRETRE (1) empfohlene Kaliummetasulfit, einer Verbindung von der Formel 
K,S,0,, die nach den Ermittlungen von KEHLHOFER (2) in Frankreich 
heute unter allerlei Phantasienamen in den Handel gebracht wird. Der 
Gebrauch dieses Salzes in Verbindung mit Reinhefen, die an schweflige 
Säure angepaßt sind, bietet nach den Untersuchungen von MÜLLER- 
15 THURGAU (22), ANDRIEU (1), KauLIivocas (1), KEHLHOFER (3), RıccIAR- 
DELLI (1), Marks (1) und Marrınano (3, 4,5) unter Umständen Vorteile 
vor dem Einschwefeln, ist in Deutschland aber gesetzlich unzulässig. 
LABOoRrDE (2) und PACOTTET (4) empfehlen neuerdines, das Kaliummeta- 
sulfit durch verflüssigte schweflige Säure zu ersetzen, weil diese mit 
» Hilfe besonderer Apparate, der von PACOTTET (4), SchucH (1) und ProTr (1) 
beschriebenen „Sulfitometer“, genau abgemessen werden kann und in 
ihrer Wirkung deshalb zuverlässiger ist als die Sulfite. 
Bei dem in Frankreich, Algier und in anderen südlichen Ländern 
üblichen Verfahren der Sulfiteärung wird die Größe des Zusatzes 
»von Schwefeldioxyd sehr verschieden bemessen. Während nach den 
Untersuchungen von MÜLLER-THURGAU (20 u. 22) schon Mengen von 40 
bis 120 Milligramm schwefliger Säure im Liter Most als ausreichend zur 
V erbesserung” der Weingärung angesehen werden können, glauben Duront 
und VENTRE A), dab je nach den Gärungsbedingungen 75—200 Milligramm 
3oschwefliger Säure im Liter Maische vorhanden sein müssen, um den Er- 
folg der Gärung sicher zu stellen. Kautıvocas (1) hat bei der Herstellung 
griechischer Rosinenweine die Korinthenauszüge mit 0,4—0,5 Promille 
Kaliummetasulfit vergoren, was einem Verhältnis von etwa 200—250 
Millieramm Schwefeldioxyd zu einem Liter entspricht. Nach einer 
35 Angabe von MArTınAanD (3) sollen bei der Rotweinbereitung sogar Zusätze 
von 1,20 Promille Kaliummetasulfit, d. h. von rund 600 Milligramm 
schwefliger Säure auf den Liter Wein, unter Umständen vorteilhaft sein. 
Allerdings hat Marrınanp (3 u. 4) diese Mengen den frisch eingemaischten 
Trauben nicht auf einmal zusetzen lassen, sondern die Gärung zunächst 
mit etwa 0,2 Promille Kaliummetasulfit eingeleitet und den Rest des 
Sulfits der Maische erst während der Gärung und beim Abpressen nach 
und nach zugefügt. Seine Mitteilungen und ähnliche Veröffentlichungen 
von Anpkrıeu (1) haben aber doch w ‚ohl die Veranlassung dazu gegeben, 
daß in manchen Kellereien Frankreichs anfänglich viel zu große Mengen 
‚von Sulfitsalzen für die Mostgärung benutzt worden sind. Auf die hier- 
bei entstehenden Nachteile für den Charakter des Weines hatte früher 
schon Kayser (3) hingewiesen. Die neuere französische Gesetzgebung 
beuet derartigen Fehlgritfen durch eine Bestimmung vor, wonach die 
für einen Hektoliter Wein zulässige Höchstmenge von Kaliummetasulfit 
so auf 20 & festgesetzt ist Die Verw vendung von gasförmiger oder flüssiger 
schwefliger Säure für Gärungszwecke wird gesetzlich allerdings kaum 
beschränkt. In Südfr ankreich und in Algier, wo die Sulfitgärung nach 
Marüs (1) besonders verbreitet ist und die Einführung der Reinhefen 


— 409 — 


überhaupt erst ermöglicht hat, ist es infolgedessen üblich geworden, sich 
beim Einschwefeln beider Präparate zu bedienen. Die Trauben werden 
nach den Angaben von Marks (1) und Dusasr (1) schon vor dem Ein- 
maischen mit 0,12—0,20 Promille pulverisierten oder in Wasser gelösten 
Kaliummetasulfits vermischt und erst nach dieser Vorsterilisation ge- 5 
mahlen. Beim Einfüllen in die Gärbottiche werden der Maische noch 
etwa 0,10—0,15 Promille flüssige schweflige Säure zugesetzt, so daß also 
jeder Liter Most insgesamt etwa 150—250 Milligramm Schwefeldioxyd 
erhält. Geht die Gärtemperatur über 30°C hinaus, dann wird die Maische 
gekühlt und unter Umständen nochmals mit etwas flüssiger schwefliger ı0 
Säure vermischt. Die bei der Gärung verwendete Gesamtmenge an 
Schwefeldioxyd übersteigt nach Ducast (1) aber in der Regel nicht 
0,30 Promille, nach MARTINAND (4) soll sie bei der Herstellung von schweren 
Weinen (12 Proz. Alkohol) allerdings auf 0,50 Promille unbedenklich er- 
höht werden können. Von Duroxr und VENTRE (1) und von MARTI- 15 
NAND (3 u. 4) ist darauf hingewiesen worden, daß sich der Grad der Ein- 
schwefelung nach dem Gesundheits- und Reifezustand der Trauben, der 
Gärtemperatur und der Zusammensetzung der Moste richten müsse, doch 
sind diese Beziehungen noch nicht so weit geklärt, um sichere Anhalts- 
punkte für die Bemessung der Zusätze an schwefliger Säure bieten zu 
können. Als erwiesen kann nur gelten, daß bei der Verarbeitung fauler 
Trauben und bei hohen Gärtemperaturen stärkere Gaben von Schwefel- 
dioxyd erforderlich sind als bei der Vergärung gesunder Maischen und 
bei niederer Temperatur. 

Von ausschlaggebender Bedeutung für den Erfolg der Sulfitgärung: 
ist natürlich, dab dabei nur Hefenrassen zur Verwendung gelangen, 
deren Widerstandsfähigkeit gegen schweflige Säure sicher erwiesen und 
möglicherweise durch geeignete Züchtung noch gesteigert ist. Wie dabei 
vorzugehen ist, -hat MÜLLER-THUurRGAU (21) gezeigt, dem wir auch den 
Nachweis verdanken, daß Rassen aus dem Verwandtenkreise des Saccha- »0 
romyces ellipsoideus sich für diese Zwecke im allgemeinen besser eienen 
dürften als solche von Sacch. Pastorianus (Sacch. intermedius II und Sacch. 
Pastorianus Wädenswil). 

Von einigen französischen Handelsinstituten werden an schweflige 
Säure angepaßte sogen. Sulfithefen vertrieben, doch benutzt man ins 
französischen Kellereien gewöhnlich nur gärkräftige Rassen, die un- 
mittelbar vor dem Gebrauch im praktischen Betriebe selbst an schwef- 
lige Säure gewöhnt werden. Man vermehrt die Reinzuchten zunächst 
in sterilisiertem, von Schwefeldioxyd völlig freiem Most und gibt zu 
diesem, sobald lebhafte Gärung eingetreten ist, in mehreren Anteilen # 
und in Zeitabständen von annähernd 12 Stunden so viel eingeschwefelten 
Most, bis der Hefenansatz denselben oder einen etwas höheren Gehalt 
an schwefliger Säure zeigt, wie er für die Hauptgärung in Aussicht 
genommen ‚ist. In den Einzelheiten des Verfahrens kommen manche 
Abweichungen vor. Pacorrer (1) gibt für die Verarbeitung von Mosten, # 
die mit 0,10 Promille schwefliger Säure vergoren werden sollen, folgende 
Vorsehrift: Zwei Liter bei 100* sterilisierten Traubenmostes werden in 
einer Fünfliterflasche mit einer Reinzucht von Hefe versetzt und nach 
Eintritt der Gärung mit 100 eem Most vermischt, der im Liter 500 
Milligramm schweflige Säure enthält. Dieser Zusatz wird mit Unter- so 
brechungen von je 12 Stunden noch viermal wiederholt, so daß die 
Züchtungsflüssigkeit schließlich auf 2,5 Liter aufgefüllt und ihr Gehalt 
an Schwefeldioxyd annähernd auf 0,10 Promille angereichert wird. Mit 


iv 
or 


— 40 — 


dieser Mischung wird eine größere Menge Most von gleichem Gehalt 
an schwefliger Säure bei 13—20°C in Gärung gebracht und der so er- 
haltene Hefenansatz dann auf die einzelnen Gärfässer oder Gärbottiche 
verteilt. Die Impfmenge muß dabei ziemlich hoch bemessen werden, da 
s5die Weinhefen nach den Beobachtungen von MÜLLER-THURGAU (20) und 
Kayser (3) bei reichlicher Aussaat die Einwirkungen der schwefligen 
Säure relativ am besten vertraeen. Ueber den Einfluß des Schwefel- 
dioxyds auf die Stoffwechseltätigkeit der Hefen vergleiche man das 
folgende Kapitel. 


ı$ 99. Anwendung von Reinhefen bei der Herstellung von Apfel-, 
Birn- und Beerenwein und Met. 


Die große Bedeutung der Reinhefen für die Obst- und Beerenwein- 
Bereitung ergibt sich schon aus der auf S. 345—346 und an anderen 
Stellen besprochenen Tatsache, daß die Epiphytenflora bei den Obst- 

ıs und Beerenfrüchten in der Regel weit ungünstiger zusammengesetzt ist 
als bei den Trauben. Infolgedessen enthalten die Obstmoste meist auch 
weit mehr Gärungsschädlinge als echte Hefen. MÜLLER-THURGAU (24) 
fand z. B. in frisch von der Kelter entnommenem Most von Teilersbirnen 
nur wenig gärkräftige Hefen, dagegen Apiculatushefen, nicht gärende 
2» Torulaceen, Bakterien und Schimmelpilze, besonders Penieillium und De- 
matium in großer Menge. Aehnlich wird das Pilzgemisch in Beerensäften 
beschaffen sein. Nur in den Mosten spätreifender, herberer Birn- und 
Aepfelsorten dürften nach den vorliegenden Untersuchungen von MÜLLER- 
TrurGau (24) gewöhnlich mehr Hefen vorkommen als schädlich wirkende 
2 Organismen. Weniger als diese Verhältnisse spricht für die Verwendung 
von Reinhefen das bei der Obst- und Beerenweinbereitung übliche 
Waschen des Mostobstes, weil die Zahl der Hefenkeime nach den auf 
S. 352 u. 382 erwähnten Beobachtungen von BEHREND (1) bei dieser 
Behandlung jedenfalls nicht wesentlich vermindert wird. Wohl aber ist 
»odas Reinzuchtverfahren bei der Obst- und Beerenwein-Bereitung auch 
deswegen sehr am Platze, weil die chemische Zusammensetzung mancher 
Obstsäfte die Vermehrung einzelner Gärungsschädlinge stärker begünstigt 
als die der Hefen. So geht aus den Arbeiten von MÜLLER-THURGAU und 
ÖSTERWALDER (1) hervor, daß in gewissen Obstsäften namentlich Apicu- 
slatushefen und Milchsäurebakterien bessere Ernährungs- und Wachstums- 
verhältnisse vorfinden als die gutartigen Hefen. Unzweifelhaft wird 
durch den niedrigen Säuregehalt mancher Obstsäfte auch die Vermehrung 
nachteiliger Gärungskeime anderer Art stark gefördert. Im Einklang 
hiermit steht die von ZwEIFLER (1) besonders erwähnte, alte Erfahrung 
soder Praxis, daß sich die Säfte gewisser Beerenfrüchte, z. B. die der Erd- 
beeren und Brombeeren, durch Selbstgärung überhaupt kaum zu rein- 
tönigen, gesunden Weinen verarbeiten lassen. Daß auch sonst unreine, 
schleppende Gärungen bei der Obstweinbereitung früher sehr verbreitet, 
ja zum Teil fast die Regel gewesen sind, ist nach dem Vorhergesagten 
sJeicht verständlich. Erst die Einführung der Reinhefen hat ein Mittel 
an die Hand gegeben, diese Mißstände zu beseitigen und die Obst- und 
Beeren wein-Bereitung so zu verbessern, daß sie wirklich nutzbringend ist. 

Die Technik der Reingärung ist bei der Obstweinbereitung 
im wesentlichen dieselbe wie bei der Traubenweinbereitung. Zur An- 

so wendung kommen entweder Traubenweinhefen oder besondere Obstwein- 


Jr 


— 41 — 


hefen. GoETHE (1) hat zwar auch versucht, Stachel- und Johannisbeermoste 
mit: Preßhefe zu vergären, dabei aber nur wenig haltbare, unangenehm 
schmeckende Weine erzielt. KEHLHOFER (4) ist bei einer Wiederholung 
dieser Versuche zu einem wenig besseren Erfolg gekommen und kann 
selbst gute Bierhefen, obwohl sie die Gärung fördern, nur für die Her- > 
stellung von Beerenwein-Haustrunk empfehlen. Der Versuch von Arnıor (1), 
aus den bouquetbildenden Zuckerrohrhefen der Rumgärung geeignete 
Rassen für die Bereitung von Apfellikörweinen auszulesen, ist zwar 
nicht ungünstig ausgefallen, praktisch aber ohne Bedeutung geblieben. 
Dagegen sind die Trauben- und Obstweinhefen rasch und mit bestem ı 
Erfolge in die Praxis eingeführt worden. Bei den ersten dahinzielenden 
Versuchen haben Kramer (1), MÜLLER-THURGAT (5 u. 6), NatHan (1 u. 2) 
und WORTMANN (6 u. 14) ausschließlich Traubenweinhefen benutzt, 
wobei sich herausgestellt hat, daß diese Hefen sich besonders für die 
Vergärung von Apfel- und Beerenmosten eignen und hier die Vorteile, ı 
die sie bei der Traubenweinbereitung gewähren, noch in erhöhtem Maße 
hervortreten lassen. Von günstiger Wirkung ist besonders die schnellere 
und gründlichere Durchgärung der Moste, bei der eine wesentlich höhere 
Alkoholausbeute erreicht wird als bei der Rohgärung. Bei Apfelweinen 
beträgt die Zunahme des Alkoholgehaltes nach MÜLLER-TRURGAU (5) 
unter Umständen 2 Prozent. Sehr wichtige für den Charakter der Obst- 
weine ist ferner die von MÜLLER-THurGAt (5 u. 6). WORTMANN (14), 
Nataan (1 u. 2) und anderen festgestellte Tatsache, dab geeignete Wein- 
hefen den Gärton und die Blume der Obstweine wesentlich verbessern. 
Nach Macn und PORTELE (1) werden Apfelweine selbst bei Verwendung » 
der von Hansen bestimmten, reinen Arten Saccharomyces ellipsoideus I 
und 5. Pastorianus I (s. Bd. IV, S. 174 u. 176) „entschieden trauben- 
‘weinähnlicher und feiner“. MoxcurE und Errer (1) haben bei der Ver- 
gärung amerikanischer Apfelmoste mit Reinhefen gleichfalls beobachtet, 
daß sich die Individualität der verwendeten Rassen noch im fertigen so 
Wein deutlich bemerkbar macht. 

OÖbstweinhefen hat zuerst E. Kayser (1) aus Apfel- und Birnen- 
weinen reingezüchtet. Später hat sich MÜLLER-THurGav (8 u. 15) dieser 
Aufgabe unterzogen, nachdem er festgestellt hatte, daß sich Trauben- 
weinhefen nicht für alle Fälle der Obstweinbereitung eignen. Nach » 
seinen Beobachtungen liefern diese Hefen besonders bei der Vergärung 
von Birnmosten nicht immer die besten Erfolge. Einzelne Rassen werden 
durch den Gerbstoffgehalt der Birnmoste zu stark im Wachstum ge- 
hemmt, bei anderen macht sich der Nachteil bemerkbar, dab sie einen 
zu hohen Endvergärungsgrad herbeiführen. Die Folge davon ist, daß« 
die Obstweine sehr bald ihre Kohlensäure verlieren und zu früh alt und 
matt werden. Für die Bereitung von Apfel- und Birnenweinen sind 
Hefen erforderlich, die gegen Ende der Hauptgärung etwas früher in 
ihrer Tätigkeit nachlassen und einen weniger hohen Vergärungsgrad 
erzeugen. Bei Verwendung solcher Rassen setzt auf dem Lager eine 
leise Nachgärung ein, die den Weinen die nötige Frische eibt. Müruer- 
Tuursau und ÖSTERWALDER (1 u. 2) ist es gelungen, solche Hefen aus 
Apfel- und Birnmosten reinzuzüchten und mit bestem Erfolge in die 
Praxis einzuführen. Bei der Auswahl dieser Hefenrassen für die Zwecke 
der Praxis wird die Gärkraft nicht als die allein maßgebende Eigen-: 
schaft angesehen, wenn auch Wert darauf geleert werden muß, daß die 
Hefen, ungeachtet ihres Verhaltens am Ende der Gärung, die Fähigkeit 
besitzen, eine rasch eintretende, kräftige Gärung zu erzeugen. Not- 


-_ 
o 


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wendig ist diese Eigenschaft in Anbetracht der starken Konkurrenz, die 
den Reinhefen durch die Eigenorganismen der Moste erwächst. Wichtiger 
sind nach MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1) aber immerhin die 
Einwirkungen der Hefen auf die chemische Zusammensetzung der Apfel- 
sund Birnweine. In Frage kommen dabei das Gärvermögen, die Bildung 
von flüchtigen und nichtflüchtigen Säuren und die Inversionskraft, 
Eigenschaften, in denen sich. die bisher untersuchten Obstweinhefen 
ziemlich weitgehend unterscheiden. Im allgemeinen wird man feststellen 
können, dab für die Vergärung von weichen, säurearmen Apfel- und 
ıo Birnmosten solche Obstweinhefen am besten geeignet sind, die bei sonst 
günstigen Gärwirkungen imstande sind, den Gehalt der Weine an nicht- 
flüchtigen Säuren zu erhöhen, wie das z. B. bei den von MÜLLER- 
TAauRrGAU und ÖSTERWALDER (1 u. 2) gezüchteten Rassen Wädenswil 4, 
Tägerwilen und FKütti 1 der Fall ist. Für Beerenmoste, die vor dem 
ı; Vergären mit erheblichen Mengen von Rohrzuckerlösung verdünnt und 
in der Regel zu schweren Weinen verarbeitet werden, scheint dagegen 
die Verwendung von gärkräftigen Traubenweinhefen zweckmäßiger zu 
sein, einmal mit Rücksicht auf den Alkoholgehalt und den’ traubenwein- 
ähnlichen Charakter der Beerenweine, dann aber auch in Anbetracht 
»o der Tatsache, dab die Fähirkeit zur Bouquetbildung bei den von MÜLLER- 
TrurGAaU und OSTERWALDER (1) reingezüchteten Obstweinhefen augen- 
scheinlich nicht in dem Grade entwickelt ist wie bei gewissen Trauben- 
weinhefen. Auch ist nicht zu vergessen, daß bei der Vergärung ge- 
zuckerter Beerenmoste dem Inversionsvermögen der Hefen erhöhte 
» Bedeutung zukommt. Da einzelne Obstweinhefen, wie MÜLLER-THURGAU 
und ÖSTERWALDER (1) nachgewiesen haben, nur unzureichende Mengen 
von Invertin bilden, wäre bei Verwendung von Obstweinhefen zur 
Beerenweinbereitung zum mindesten eine sehr sorgfältige Prüfung der 
Rassen auch nach dieser Richtung hin geboten, ähnlich wie sie MÜLLER- 
so THURGAU und ÖSTERWALDER (1u.2) durchgeführt haben. Bei der Aus- 
wahl der Hefen ist endlich noch zu berücksichtigen, daß ZwEIFLER (2) 
bei der Herstellung von roten Beerenweinen mit einer Rotweinhefe 
bessere Erfolge erzielt hat als mit Weißweinhefen. 
Der Zusatz der Reinhefe zu den Obst- und Beerensäften wird unter 
3 Bereitung eines Anstellmostes in derselben Weise vorgenommen wie 
bei den 'Traubenmosten. Wie aus den Anweisungen von WORTMANN (15) 
und MEıssxer (1) hervorgeht, kommen auch annähernd dieselben Mengen 
von Hefe zur Verwendung. Nach MÜLLER-TuurGAu (6) ist eine etwas 
stärkere Aussaat als bei der Traubenweingärung allerdings zweck- 
„mäßiger. Besonders sei erwähnt, daß in der Beerenweinindustrie 
empfindliche Beerensäfte vor dem Hefenzusatz durch Einleiten von 
Dampf nicht selten pasteurisiert werden. Kochgeschmack soll dabei 
nicht auftreten. Eine relative Sterilisation der Beerenmoste kann auch 
schon dadurch erzielt werden, daß die zur Verdünnung der natürlichen 
‚Säfte erforderlichen Zuckerlösungen heiß zu den Fruchtsäften zugegossen 
werden, wie dies WAGNER (1) zuerst empfohlen hat. Die Pasteurisation 
der Moste ist für die Obst- und Beerenweinbereitung auch wesentlich 
wichtiger als bei der Traubenweingärung, da MÜLLER-THURGAU und 
ÜSTERWALDER (1) gezeigt haben, daß die Reinhefen in nicht pasteurisierten 
so Apfel- und Birnsäften gegenüber der Eigenhefe der Moste keineswegs 
leicht zur Wirksamkeit gelangen. Namentlich können sie die Entwick- 
lung von Apiculatushefen kaum verhindern, wenn diese Organismen 
neben gärkräftigen Eigenhefen in den Mosten auftreten und schon zu 


— 43 — 


Beginn der Gärung in großer Zahl vorhanden sind. Die nachteilige 
Wirkung der in Apfel- und Birnweinen fast immer vorkommenden Milch- 
säurebakterien läßt sich durch das übliche Verfahren der Reingärung 
überhaupt nicht beseitigen, weil sich diese Bakterien noch am Schluß 
und nach Beendigung der Hauptgärung, wenn sie von den Hefen nicht 
mehr benachteiligt werden, verhältnismäßig stark vermehren können. 
Abhilfe dagegen gewährt nur das Pasteurisieren der Moste oder, wo dies 
wegen der Beeinträchtigung des Weingeschmackes nicht zulässig ist, 
das von MÜLLER-Tuurcat (22 u. 23) gerade für diesen Fall besonders 
empfohlene Verfahren der Sulfitgärung in Verbindung mit Reinhefen, ı 
die an schweflige Säure angepaßt sind. Kurısca (5) hat allerdings einen 
günstigen Einfluß des Schwefeldioxyds auf die Reinheit der Obstwein- 
gärung nicht immer feststellen können und neigt eher der Annahme zu. 
dab die Wirksamkeit der Reinhefen nur durch die Gegenwart von be- 
stimmten Mengen nichtflüchtiger Säure sicher gestellt werden kann. Ims 
Anschluß daran sei noch erwähnt, daß sich die Reinhefen in Heidelbeer- 
und Preißelbeermosten nach den Untersuchungen von Kurısch (5), 
KEHLHOFER (5) und OTTo (1) nır bei gleichzeitigem Zusatz von Stickstof- 
verbindungen in wünschenswertem (Grade vermehren können. Im nächsten 
Kapitel wird auf diese Verhältnisse noch zurückzukommen sein. Der 
Versuch von NATHAN (2), die zur Obst- und Beerenweinbereitung dienenden 
Weinhefen gegen den Wettbewerb von Gärungsschädlingen durch Ver- 
mischen der unvergorenen Obstmoste mit 10—15 Proz. vergorenem Wein 
oder mit 2 Proz. Alkohol zu schützen, ist (s. Bd. IV, S. 333) ohne prak- 
tische Folgen geblieben. Näheres über die Technik der Obst- und 
Beerenweinbereitung findet man in den Handbüchern von M. Bart (1), 
Cruss (1), MEıssser (1) und Löscanic (1). Die Herstellung des fran- 
zösischen Ciders haben Jacquemın und Auuıor (1), LaBounoux und 
ToucHArD (1) sowie SAILLARD (1) beschrieben 

Zum Vergären von Brennobst, d.h. von Kirschen, Pflaumen und; 
Mirabellen, sind wiederholt ebenfalls reine Weinhefen benutzt worden. 
Horrmann (1) erzielte bei einem derartigen Versuche gegenüber der 
Rohgärung eine Mehrausbeute von 17 Proz. Kirschwasser. ZwEIFLER (3) 
erhielt aus einem Hektoliter Zwetschenmaische bei Anwendung von 
reinen Weinhefen 5,2 1 Alkohol, bei Selbstgärung dagegen nur 481. 
Bei Herstellung von Apfelwein-Aquaviten konnte MEuNIER (1) die Gär- 
dauer mit Hilfe einer Anstellhefe und eines Zusatzes von 10—15 & 
Ammoniumphosphat pro Hektoliter auf vier Tage abkürzen. 

Bei der Erzeugung von Met hat man mit dem Reinzuchtverfahren 
ganz bedeutende Verbesserungen erzielt. Die aus dem Altertum über- 
lieferte, in manchen Ländern heute noch übliche Herstellungsart dieses 
Getränkes beschränkt sich darauf, Mischungen von Honig und Wasser 
mit oder ohne Zusatz von Gewürzen der Selbstgärung zu überlassen. 
Das von Könıs (1) erwähnte, nach VECKENSTEDT (1) aber bereits 1555 
vom Erzbischof Olaus Magnus von Upsala beschriebene Verfahren, dies 
Honigmoste mit Hopfen zu kochen und darauf mit Bierhefe zu ver- 
setzen, bedeutet gegenüber dieser primitiven Arbeitsweise schon einen 
wesentlichen Fortschritt, da es ohne Anwendung von Hefe überhaupt 
kaum möglich ist, Honiglösungen schnell und vollkommen zur Dureh- 
gärung zu bringen. Der Grund liegt nur zum Teil in dem Fehlen ge-; 
eigneter Gärungserreger. Wie Nusspaumenr (1) gezeirt hat, enthält die 
Mikroflora des Honigs neben echten Saccharomyceten und Bakterien in 
besonders großer Menge Schimmelpilze und häufiz auffallend viel Zygo- 


[37 


157 
So 


u 


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saccharomyceten, deren Auftreten im Honig wahrscheinlich im Zusammen- 
hang steht mit dem Vorkommen ähnlicher Hefenarten im Körper der 
Bienen. Es sei in dieser Beziehung daran erinnert, daß KLöcker (1) den 
von ihm beschriebenen Zygosaecharomyces Priorianus (s. Bd. IV, S. 182) 
sim Leib von Honigbienen entdeckt und auch in Hummeln einen nahe- 
stehenden oder denselben Sproßpilz aufgefunden hat. Ebensosehr wie 
die ungünstige Zusammensetzung der Mikroflora beeinträchtigt den Ver- 
lauf der Metgärung nach den Feststellungen von Kayser und Bovur- 
LANGER (1) der Mangel an geeigneten mineralischen Hefennährstoffen. 
Bei der im Hausbetrieb üblichen, unzulänglichen Herstellungsart von 
Met erhält man infolgedessen auch fast regelmäßig trübe, wenig haltbare 
Getränke, die, abgesehen von ihren Gärfehlern, meist auch noch einen 
aufdringlichen, wenig angenehmen Wachsgeschmack zeigen. Zur Ab- 
stellung dieser Mängel hat zuerst Cmvarp (1) mit Erfolg das Reinzucht- 
ıs verfahren verwendet. Es gelang ihm mit Hilfe von Sauterne-Hefen, 
Honiglösungen rasch und vollkommen durchzugären und zu Getränken 
auszubauen, die entschieden einen weinähnlichen Geruch und Geschmack 
zeigten. Später haben Kayser und BOULLANGER (1), SOwie JACQUEMIN 
und Asuıor (2) diese Versuche wieder aufgenommen und nach den Grund- 
»sätzen der Reingärung ein verbessertes Verfahren der Metbereitung aus- 
gearbeitet, das in Frankreich anscheinend Eingang in die Praxis gefunden 
hat. Man unterscheidet zwischen leichten trockenen und schweren 
süben Honigweinen. Die ersteren werden nach JacQuEMIN und ALLIoT (2) 
aus 25- bis 30-proz., die letzteren aus 35- bis 40-proz. Honiglösungen her- 
»s gestellt. Nach Kayser und BOULLANGER (1) darf der Zuckergehalt der 
Honigmoste bei der Anfertigung von trockenen zuckerfreien Weinen jeden- 
falls 24—25 Proz. nicht überschreiten. Moste, die süßbleibende Weine 
liefern sollen, werden nach ihnen am zweckmäßigsten auf einen Zucker- 
gehalt von 26 —27 Proz. eingestellt. Zur Verhütung von Nebengärungen 
so lassen JACQUEMIN und Auuıor (2) den Mosten 0,6—1,5 Promille, Kayser und 
BouLLANGER (1) aber 2—3 Promille Weinsäure zusetzen. Vaw Look (1) be- 
nutzt Citronensaft zum Ansäuern. Uebereinstimmend wird von Gas- 
TINE (1), KAysEr und BOULLANGER (1), sowie von JACQUEMIN und ALLIOT (2) 
die Zugabe von stickstoff- und phosphorsäurehaltigen Hefennährsalzen für 
unentbehrlich erachtet. Die Vergärung der mit kochendem Wasser be- 
reiteten und dadurch sterilisierten Honiglösungen gelinet nach Kayser 
und BOULLANGER (1) am besten unter Anwendung reiner, aus schweren 
Traubenweinen isolierter Weinhefen oder von reingezüchteten Methefen. 
JACQUEMIN (2) empfiehlt für die Metgärung seine Weinhefen Sauterne, 
ı Champagne und Chablis. Die Hefenaussaat wird reichlich bemessen. Im 
allgemeinen sollen 100 Liter Honigmost 0,25—0,5 kg Hefenbrei erfordern, 
der zunächst in 10 Liter einer sterilen, mit 10 & Weinsäure und einer 
entsprechenden Menge von Hefennährsalzen hergestellten 15-proz. Honig- 
lösung zu übertragen ist. Es werden also den Honigemosten 5—10 Proz. 
4 Anstellmost zur Einleitung der Gärung zugesetzt. Die eigentliche Gär- 
führung und der Ausbau der Weine nach Abschluß der Gärung erfolgt 
nach den üblichen Regeln der Kellerwirtschaft. Die fertigen Honig- 
weine enthalten in der Regel 10—16 Vol.-Proz. Alkohol. Der ihnen an- 
fänglich anhaltende Wachsgeschmack soll sich auf dem Lager bald 
;o verlieren. Näheres über die Technik der Metbereitung findet man in 
den Handbüchern von Doyex (1) und Jacquemin und Auuıor (2). Die 
Bereitung des sogen. Oenomel, der aus Mischungen von Honig und 
Traubenmost erhalten wird, haben Kayser und BoutLLaxGer (1) be- 


schrieben. Geschichtliche Mitteilungen über die Metbereitung bringt 
VECKENSTEDT (1). 


$ 100. Die Anwendung von Reinhefen bei der Umgärung von Weinen. 


In einzelnen nördlichen Weinbaugebieten, wo die natürlichen Moste 
sehr häufig nur alkoholarme, saure, nicht ohne weiteres genußfähige 
Weine liefern, ist es vielfach notwendig, die Naturweine unter Zusatz 
von Zuckerlösung umzugären, um sie zu verbessern und absatzfähig zu 
machen. Die Umgärung ist in solchen Gegenden, wie BaracıorAa (1) 
betont hat, auch das einzige Mittel zur Beschaffung neutraler inländischer 


© 


Verschnittweine, wie sie der Handel zur Herstellung von Weinen ge- ıo 


wisser mittlerer Preislagen braucht. Derartige Umgärungen versprechen 
nur dann einen sicheren Erfolg, wenn den gezuckerten Weinen von 
vornherein Hefe zugesetzt wird. Geschieht das nicht, dann kommt die 
Gärung nur langsam in Gang und erlischt häufig, noch bevor der zu- 


gefügte Zucker völlig vergoren ist. Diese Erscheinung wird leicht ver- 1 


ständlich, wenn man berücksichtigt, daß in den Weinen nach den 
Abstichen nur verhältnismäßig wenig Eigenhefen vorhanden sind, die 
durch den Alkohol im Wachstum stark gehemmt werden. Es ist auch 
gar nicht selten, daß sich in Weinen, die ohne Hefe oder mit unzu- 


reichenden Mengen von Hefe umgegoren werden, schädlich wirkende » 


Organismen entwickeln. Gewöhnlich werden solche Weine „zähe“ oder 
„stichig“, was unter Umständen einer völligen Entwertung gleichkommt. 
Die Praxis hat früher vielfach versucht, diese Gefahren dadurch zu 
umgehen, daß sie den gezuckerten Weinen von anderen Weinen ab- 


gezogene Trubhefe zusetzen ließ. Natürlich bedeutet dieses Verfahren 3 


aber nur dann eine Verbesserung, wenn gesunder, von Krankheitskeimen 
möglichst freier Weintrub zur Verwendung kommt, der nur wenig tote 
Hefenzellen enthält und durch schleimige Absatzstoffe, Weinstein, wein- 
sauren Kalk und Zellreste von Traubenbeeren nicht zu stark verunreinigt 


ist. Bei der heute üblichen Kellerpraxis steht derartiger Trub aber so 


nur in den seltensten Fällen und dann höchstens im Herbst zur Ver- 
fügung. Es war daher ein ganz bedeutender Fortschritt, als es gelang, 
der Praxis reingezüchtete Weinhefen von zuverlässiger Wirkung auch 
für die Zwecke der Umgärung zur Verfügung zu stellen. Erreicht 


wurde das im wesentlichen durch die Arbeiten von MÜLLER-TEURGAU » 


(6, 13, 25), Wortmann (6 u. 16), ScHhnELs (1), Kuuisch (2) und SEIFERT (3). 

Das wichtigste Erfordernis für die Umgärung sind Heften, die sich 
in alkoholhaltigen Nährflüssigkeiten noch gut vermehren, gegen Alkohol 
also nicht zu empfindlich sind; worüber man auch 8. 129 u. f. des Vierten 


Bandes vergleiche. MürtEer-TnurGau (6) hat zu diesem Zweck Hefen «w 


reingezüchtet, die noch bei Gegenwart von 10 Gew.-Proz. Alkohol zu 
wachsen vermögen. Die Hefenaussaat muß weit größer sein, als bei 
der Vergärung von Mosten, worauf schon MÜLLER-Tnursau (8) hingewiesen 
hat. Nach der Vorschrift der Geisenheimer Hefenreinzucht-Station und 


Angaben von Meissner (2) ist zur Einleitung von Umgärungen ein Zusatz ıs 


von mindestens 2 Proz. Anstellmost erforderlich. In der Praxis hat sich 
nach den Krfahrungen von BaraGıorA (1) aber gezeigt, daß diese Hefen- 
menge in manchen Fällen noch unzureichend ist und die Gärung nicht 
in wünschenswertem Maße beschleunigt. Auch die Verlängerung der 
Gärdauer, die Scouweun (1) bei Umgärungen von Mosel- und Saarweinen 


KU 


— 46 — 


mit Reinhefe in mehreren Fällen beobachtet hat, dürfte ihre Erklärung 
darin finden, daß die Hefenaussaat bei diesen Versuchen zu klein war. 
Baracıora (1) empfiehlt deshalb, bei Umgärungen eine staffelförmige 
Vermehrung der Reinhefe vorzunehmen, und betont dabei, dab in der 
5 Vermehrungsstaffel das Verhältnis 1: 10 nicht überschritten werden darf. 
Für dieses Vermehrungsverhältnis hat sich gleichzeitig auch SEIFERT (3) 
ausgesprochen. 
Bei der Umgärung von größeren Mengen Wein würde man hiernach 
folgendes Verfahren einschlagen. Zehn Liter des zur Umgärung be- 
stimmten Weines werden mit 500 g Rohrzucker versetzt, erhitzt, ent- 
geistet und nach dem Abkühlen mit einer Versandhefe zur Angärung 
gebracht. Dieser erste Ansatz, oder an dessen Stelle 5—10 Liter einer 
von zuverlässiger Stelle bezogenen Hefenmostkultur, wird zu einem Hekto- 
liter des gezuckerten Weines gegeben, der seinerseits nach Eintritt der 
ısGärung wieder dazu dient, 10 Hektoliter Wein in Gärung zu bringen. 
Bei der weiteren Vermehrung wird nach Baracıora (1) zweckmäßiger 
eine kleinere Vermehrungsstaffel gewählt, indem man das erste Zehn- 
hektoliterfaß (Fuder) auf 6 Fuder verteilt (Verhältnis 1:6) und dann 
mit der Vermehrung nach und nach auf 18—20 Fuder (Verhältnis 1:5), 
»50 Fuder (Verhältnis 1:25) und schließlich auf 100 Fuder (Verhältnis 
1:2) oder mehr fortschreitet. Naturgemäß ist dieses Verfahren nur für 
sehr große Betriebe und für die Herstellung von neutralen Verschnitt- 
weinen gleichmäßigen Charakters berechnet. Soll bei der Umgärung die 
Eigenart der einzelnen Faßweine erhalten bleiben, dann ist für jedes 
Faß ein besonderer Gärungsansatz erforderlich, der, wie oben angegeben, 
nach dem Verhältnis von 1: 10 staffelförmig mit dem umzugärenden Weine 
aufzufüllen ist. 
Das Pasteurisieren der Weine vor der Umgärung ist wiederholt 
empfohlen worden, hat sich aber bei deutschen Weinen bisher nicht 
s»obewährt. Wie sich bei Gärversuchen in großen Moselwein-Kellereien 
herausgestellt hat, erhält man bei diesem Verfahren Weine, die sehr bald 
kohlensäurearm werden und die frische, etwas spritzige Art, die man 
an Moselweinen liebt, zu früh verlieren. Höchstwahrscheinlich ist das 
darauf zurückzuführen, daß die Bakterien, welche die Säuren des Weines 
s unter Kohlensäureentwicklung zerlegen, beim Pasteurisieren abgetötet 
werden. Im nächsten Kapitel wird auf diese Erscheinung zurückzu- 
kommen sein. Auch das Sulfitverfahren ist bei Umgärungen nicht am 
Platze, weil nach den Erfahrungen von KurischH (2) schon geringe Mengen 
von schwefliger Säure die unter dem Einfluß des Alkohols stehenden 
ı Hefen so stark beeinträchtigen, daß ihre Vermehrung außerordentlich 
gehemmt und der Erfolg der Umgärung ganz in Frage gestellt wird. 
Eine besondere Art der Anwendung von Reinhefen liegt bei den 
von MÜLLEr-TuurGau (6 u. 8) und WoRrTMmAnN (6 u. 10) in die Technik 
eingeführten Umgärungen zur Verbesserung fehlerhafter Weine vor. Die 
» Gärführung ist dabei dieselbe wie bei der eben geschilderten Verbesserung 
von Naturweinen, doch sei erwähnt, daß in Deutschland Umgärungen 
dieser Art gesetzlich nur noch dann zulässig sind, wenn die Weine mit 
Most und nicht mit Zuckerlösung verschnitten werden. Man vergleiche 
hierüber die Angaben von Mrıssner (4) und Kurıscn (2). Von MÜLLER- 
50 TrurGau (8) und Worrmann (16) sind Umgärungen unter Zusatz von 
Reinhefe und Zucker ferner empfohlen worden zur Auffrischung alter 
Weine. Umgärungen, die lediglich zu diesem Zweck vorgenommen werden, 
sind in Deutschland nach den Bestimmungen des neuen Weingesetzes 


— 47 — 


aber gleichfalls nur dann gestattet, wenn die nötige Zuckerung durch 
einen Mostzusatz bewirkt wird. Die Hefenaussaat muß bei derartigen 
Umgärungen ebenfalls sehr hoch bemessen werden. Dasselbe gilt für 
die Verwendung von Reinhefen zur Durchgärung von Obst- und Trauben- 
weinen, die infolge ungünstiger Verhältnisse unvollkommen vergoren sind. 

Im Anschluß an die Besprechung dieser Nachgärungen sei noch 
darauf hingewiesen, daß die Einführung von Reinhefen auch die Her- 
stellung von gewöhnlichen oder petiotisierten Tresterweinen außer- 
ordentlich erleichtert hat. MÜLLER-THURGAU (6) betont, dab das besonders 
dann der Fall ist, wenn die Reinhefe bei der Hauptgärung schon den 
gemahlenen Trauben zugefügt worden ist. Die Maische ist dann mit 
guter Hefe so durchsetzt, daß nach dem Abpressen des Mostes oder Weines 
das auf die Trester aufgegossene Zuckerwasser sofort in stürmische 
Gärung gerät. Nähere Angaben über die Bereitung derartiger Nachweine 
findet man in dem Handbuch von Baso und Maca (1). Ueber Nachgärungen 
und Umgärungen des Weines überhaupt vergleiche man auch das folgende 
Kapitel. 


$ 101. Die Anwendung von Reinhefen bei der 
Schaumwein-Bereitung. 


Ganz ähnlich wie bei der Umgärtng von Weinen liegen die Be- 
dingungen für die Anwendung von Reinhefen bei der Schaumwein- 
Bereitung. Hier wie dort handelt es sich um die Einleitung einer 
Gärung in gezuckerten Weinen, jedoch mit dem Unterschiede, daß sich 
die Schaumweingärung in der Flasche vollziehen und so geleitet werden 


muß, daß nur durch das sogen. Degorgieren, d. h. durch Abspritzen des: 


auf den Stopfen eerüttelten Hefentrubs, völlig glanzhelle, schäumende 
Weine erzielt wer den. Daraus ergeben sich zwar einige besondere An- 
forderungen an die Hefen, im übrigen aber bleibt die Behandlung wesent- 
lich dieselbe wie bei der gewöhnlichen Umgärung von Stillweinen. Bei 
der Auswahl der Hefen ist darauf zu achten, daß für die Schaumwein- 
bereitung überhaupt nur solche Rassen in Frage kommen, die imstande 
sind, sich in gezuckerten Weinen zu vermehren und die Vergeärung in 
der Flasche noch unter starkem Kohlensäuredruck (8. Ale IV, S. 134) zu 
Ende zu führen. Ferner ist auf die von WOoRTMANnN (5), MÜLLER-THUR- 
GAU (13), Bioverti (1) und anderen beobachtete nt mancher Heften, 
sich schnell und „körnig* abzusetzen, großes Gewicht zu legen, weil 
durch diese Eigenschaft das Rütteln und Klären der Weine auberordentlich 
erleichtert wird. Wie Wortmann (5 u. 6) und MÜLLER-TnurGau (13) 
nachgewiesen haben, zeigen die Hefen in dieser Beziehung ziemliche 
Unterschiede. Wahrscheinlich besitzen die gewünschte Fähigkeit, sich 
leicht und körnig abzusetzen, vornehmlich die spezifisch schwereren Rassen, 
wenn auch das betreffende Merkmal jedenfalls nicht allein im spezifischen 
Gewicht der Zelle begründet ist. Offenbar spielt dabei auch die Be- 
schaffenheit der Zellwände eine wichtige Rolle. Worrmann (5) glaubt, 
dab Hefen, die etwas quellbare, schleimige Wände besitzen, leicht an- 
einander und an den Wänden der Flaschen haften bleiben und infolge- 
dessen nicht so leicht zu Boden sinken wie solche Rassen, deren Wände 
stärker und fester sind. Bei einer Untersuchung von vier verschiedenen 
Hefen hat Worrmann (5) auch die interessante Beobachtung gemacht, 


dab die davon am besten sedimentierende Rasse Schloß Johannisberg II» 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. V. 4 


10 


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11 


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sich durch auffallend große Zellen (s. Bd. IV, S. 176) auszeichnet. MÜLLER- 
TrurGauv (13) glaubt aber nicht, daß engere Beziehungen zwischen der 
Zellgröße und der Sedimentierungsart der Hefen bestehen. 

Unter keinen Umständen können Hefen in der Schaumweinbereitung 

; Verwendung finden, die in Form von „Masken“, d. h. in Streifen oder 
Wölkchen an den Flaschenwandungen haften bleiben. Auch Rassen mit 
ausgeprägter, starker Bouquetbildung sindnach WorTMmann (6) und MÜLLER- 
Trursau (13) nicht erwünscht, weil sie den neutralen Charakter der 
Schaumweine beeinträchtigen könnten. Einer näheren Untersuchung 

ıobedarf noch die Frage, ob bei der Auswahl der Hefen auch die Schaum- 
bildung der einzelnen Rassen zu berücksichtigen ist. Nach Labora- 
toriumsversuchen von MÜLLER-THURGAU (13) ist es jedenfalls nicht aus- 
geschlossen, daß sich der Einfluß der Hefenrassen auch auf die Art und 
Dauer des Schäumens der ausgeschänkten Mousseux erstreckt. 

15 Die Hefenaussaat wird weniger reichlich bemessen als bei der 
gewöhnlichen Umgärung von Stillweinen, weil die Gärung nicht zu schnell 
in Gang kommen und Zeit bleiben soll, die Weine noch vor Eintritt 
der stürmischen Gärung auf die Flasche zu bringen. Daß die Hefen- 
tätiekeit langsam einsetzt, ist besonders für solche Betriebe wichtig, die an 

oder alten Praxis festhalten, die Weine solange im Faß zu lassen, bis sie 
deutliche Spuren von Gärung zeigen. Nach der Vorschrift der Geisen- 
heimer Hefenreinzucht-Station wird die Aussaat in foleender Weise vor- 
genommen: Zwanzig Liter des zur Schaumweinbereitung dienenden Still- 
weines werden mit 3kg Zucker versetzt, durch Erhitzen vom Alkohol 

% befreit und noch warm in einen mit Gärverschluß versehenen Glasballon 
oder eine Nessler’sche Gärflasche eingefüllt. Nach dem Erkalten wird 
die Flüssiekeit mit einer frisch bezogenen Reinhefe in Gärung gebracht. 
Dieser erste Ansatz wird darauf in einem Dreihektoliter-Faß, welches 
vorher durch Ausbrühen und Einleiten von Dampf sterilisiert worden 

soist, mit dem zur Flaschengärung bestimmten gezuckerten Wein auf 200 bis 
300 Liter vermehrt. Der gärende Wein dieses Stammfasses dient als 
Anstellhefe. Es genügen davon 30—40 Liter, um je 1000 Liter ge- 
zuckerten Weines in Gärung zu versetzen. Das Stammfaß wird während 
der Dauer der „Tirage“, d. h. in der Zeit, in der die einzelnen Cuvees 

ss gezuckert und auf die Flasche gebracht werden, nach jeder Entnahme 
von Anstellhefe mit der gleichen Menge gezuckerten Weines wieder auf- 
gefüllt. 
Die Vorteile der Reineärung liegen bei der Herstellung von 
Schaumweinen so offensichtlich zutage wie bei keinem anderen Zweige 

„der Weinbereitung. Die ursprüngliche Art der Schaumweinbereitung 
ist mit allen Fehlern der Zufallsgärung behaftet. die hier um so mehr 
ins Gewicht fallen, weil fast jede Nebengärung zum Umfüllen der Flaschen 
zwingt und die Weine nicht selten für die weitere Verwertung bei der 
Anfertigung von Schaumweinen überhaupt unbrauchbar macht. In der 

4 Technik hatte man sich zwar in der Weise zu helfen versucht, daß man 
zur Einleitung der Flaschengärung Trubhefe von Stillweinen oder gärende 
Schaumweine benutzte, aber es ist zweifellos, und die vielen Mißerfolge der 
Praxis beweisen es, daß dieses Verfahren bei der Schaumweinbereitung 
noch weniger am Platze ist als bei der normalen Umgärung von Weinen. 

so Der bei der Flaschengärung entstehende Trub bleibt in der Regel mehrere 
Jahre in den Weinen liegen, ehe er durch Degorgieren aus den Flaschen 
entfernt wird. Dabei sterben die Hefen nach den Beobachtungen von 
ÜoRDIER (1) und PAcoTTer (1) fast ausnahmslos ab, während die Lebens- 


— 49 — 


fähigkeit der etwa vorhandenen Bakterien nicht wesentlich geschädigt 
werden dürfte. Daher ist es um so wichtiger, daß die Anstellhefe 
von Unreinigkeiten und Krankheitskeimen, insbesondere von Bakterien, 
frei ist, eine Anforderung, der eben nur die Reinhefen genügen. Ihre 
Einführung in die Praxis der Schaumweinbereitung hat nach Mitteilungen 3 
der Industrie, über die MÜLLER-TaurGAU (13) und WorTMmaNN (5 u. 6) berichtet 
haben, denn auch fast ausnahmslos große praktische Erfolge zezeitigt. 
Die Flaschengärung wird durch die Reinhefen nicht nur gesichert, sondern 
auch wesentlich abgekürzt. Die „Dosierung“ der Cuvees, d. h. die Be- 
stimmung der zur Flaschengärung erforderlichen Zuckermengen ist heute ı0 
erleichtert und die Gewähr dafür geboten, daß der berechnete Kohlen- 
säuredruck in den Flaschen wirklich erreicht wird. Die Reinhefen er- 
leichtern ferner die Arbeit des Rüttelns und Degorgierens. Sie liefern 
reintönige Weine von gleichbleibendem Charakter, wie er für die Zwecke 
der Schaumweinindustrie notwendig ist. Nach Angaben MÜLLER-TRtrR- ı5 
Gau’s (13) scheinen sie den Weinen außerdem einen höheren Glanz zu 
verleihen als die bei der Rohgärung wirksame Trubhefe. Eine unerläß- 
liche Vorbedingung für diese Erfolge ist allerdings, daß zur Schaumwein- 
bereitung nur gesunde, gut ausgebaute Weine benutzt werden, die nötigen- 
falls durch Schönen oder Filtrieren sorgfältig zu klären sind. Auf» 
weitere Einzelheiten der Technik wird im folgenden Kapitel einzugehen 
sein. 


x 


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zum Kapitel Die Anwendung von Reinhefen in der Most-Gärung. 


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Jahresbericht für 1898. Wiesbaden 1899, S. 26. 


— 425 — 


(Manuskript- Einlauf: 
17. April 1913.) 


17. Kapitel. 
Hauptgärung und Nachgärung des Weines. 


Von 
Prof. Dr. KArL KROEMER. 


$ 102. Einfluß der Mostbestandteile und der Gärprodukte auf 
Hefenwachstum und Gärung. 


Ueber diechemischeZusammensetzung der Obst- und Trauben- 
moste findet man Näheres bei GrünuuTt (1). ©. vox DER HEIDE (1), Ü. von 
DER HEIDE und BARAGIOLA (1), KROEMER (1), MEISSNER (1), NESSLER (1) 5 
und Wıxpiısch (1 u. 2). Zahlreiche vergleichende Angaben über deutsche 
Traubenmoste und Weine enthalten die alljährlich erscheinenden „Ergeb- 
nisse der amtlichen Weinstatistik* (1). Von den verschiedenen Most- 
bestandteilen und den bei der Gärung entstehenden Stoffen wirken auf 
die Tätigkeit der Hefen am meisten ein die Zuckerarten, die organischen 10 
Säuren, die Stickstoffkörper, die Mineralbestandteile, die Gerbstotfe, die 
Farbstotf-Verbindungen, der Alkohol und die Kohlensäure. 

Von Zucekerarten kommt für die Arbeit der Hefen neben der 
d-Glucose und der d-Fructose, den natürlichen Bestandteilen aller Trauben- 
und Obstmoste, im wesentlichen nur noch die im Saft von Aepfeln, ı 
Birnen, Aprikosen und einigen anderen Obstfrüchten mit auftretende 
Saecharose in Betracht. Letztere ist auch deswegen zu erwähnen, weil 
die zur Weinbereitung dienenden Fruchtsäfte vielfach einen künstlichen 
Zusatz von Rohrzucker erhalten. Wie im $ 21 des Vierten Bandes näher 
erörtert ist, dienen die Zuckerarten den Hefen als Bau-, Betriebs- und» 
Gärungsstoffe. Was zunächst den Verbrauch des Zuckers zur Neubildung 
von Zellmasse anbelangt, so sei erwähnt, dab wir über die Zuckermengen, 
die unter den Verhältnissen der Weingärung in dieser Weise verarbeitet 
werden, nicht genau unterrichtet sind. WORTMANnN (1 u. 2) gibt unter 
Hinweis auf Pasteur an, dab etwa 5 Proz. des vorhandenen Gesamt-: 
zuckers von der Hefe assimiliert werden, womit man die Angaben auf 
S. 96 des Vierten Bandes vergleiche. Im Kellereibetrieb entstehen bei 
der Trauben- und Obstwein-Gärung nach Winpisch (2) jedenfalls aus 
100 Gewichtsteilen Invertzucker nur durchschnittlich 46 Gewichtsteile 
Alkohol, wobei jedoch zu beachten ist, daß die Abweichung von ders 
theoretisch zu fordernden Alkohol-Ausbeute in diesem Falle nicht nur 
durch den Zuckerverbrauch zum Aufbau neuer Hefenzellen bedingt ist, 
sondern auch durch die Atmungstätigkeit der Hefen, den Stoffwechsel 
anderer Organismen und die Verdunstung von Alkohol während der 
stürmischen Gärung, 35 

Ueber den Einfluß des Zuckergehaltes der Moste auf Hefen- 
wachstum und Gärung sind auf S. 119 des Vierten Bandes schon einige 
Angaben gemacht worden. Für die Traubenmost-Gärung hat MÜLLER- 
Trursau (1) nachgewiesen, dab der Zuckergehalt innerhalb der für ge- 
wöhnliche Moste in Betracht kommenden Grenzen auf die Höhe derı 
stärksten Gärungsenergie nur einen unbedeutenden Kintlub ausübt, wozu 
allerdings zu bemerken ist, dab sich diese Feststellung nicht auf Rein- 


S 


tv 
[27 


) 


BR 


gärungen bezieht. Die in der Praxis beobachtete Tatsache, daß kleine, 
zuckerarme Moste stürmischer gären als gute Jahrgänge von höherem 
Zuckergehalt, ist nach MÜLLER-TEURGAU (1) weniger durch den Unter- 
schied im Zuckergehalt bedingt als durch die Abweichungen in der Be- 
sschaffenheit und Menge der für die Ernährung der Hefen notwendigen 
Stickstoffverbindungen, eine Frage, auf die weiter unten noch zurück- 
zukommen sein wird. Am günstigsten für die Mostgärung ist nach 
Wıspisch (3) ein Zuckergehalt von 10—18 Proz., nach MEISSNER (2) ein 
solcher von 15—18 Proz., womit man die Angabe von LAurEnT (1) ver- 
ıo gleiche, wonach in künstlichen Nährlösungen die Gärung bei einer Zucker- 
konzentration von 10—15 Proz. am besten vor sich gehen soll. Schon 
auf S. 119 des Vierten Bandes ist erwähnt worden, daß in Nährlösungen 
von sehr hoher Zuckerkonzentration die Vermehrung der Hefenzellen 
erschwert oder ganz behindert ist. Bei der Vergärung gewöhnlicher 
ısObst- und Traubenmoste, deren Zuckergehalt in der Regel nicht höher 
ist als 21 Proz., tritt eine Hemmung dieser Art nicht ein; sie macht 
sich aber bemerkbar, wenn der Zuckergehalt der Säfte über 25 Proz. 
steigt, wie das schon bei Mosten reifer Trauben unter Umständen der 
Fall ist. Stets zeigt sie sich bei der Vergärung von Auslesemosten und 
»»gezuckerten Fruchtsäften, wie sie zur Herstellung von Süßweinen be- 
nutzt werden. Derartige Moste enthalten neben anderen Stoften, die 
osmotisch auf die Hefenzellen einwirken, bis 40 Proz. und mehr Zucker 
und brauchen oft mehrere Jahre, bis sie ausgegoren haben. Man ver- 
gleiche hiermit die Angaben von MÜLLER-THUuRGAU (2) und WORTMANN (1) 
»und die Ausführungen auf S. 373 u. 574 des vorliegenden Bandes, aus 
denen hervorgeht, daß die gärungshemmende Wirkung des Zuckers in 
den aus edelfaulen Beeren hergestellten Mosten durch Botrytis-Gifte und 
den Mangel an geeigneter Stickstoffnahrung noch verstärkt wird. Die 
Zuckerkonzentration, bei welcher die Gärfähigkeit der Fruchtsäfte über- 
so haupt aufhört, ist mit allgemeiner Gültigkeit nicht festzulegen. MÜLLER- 
TrurGau (3) hat noch in einem Beerenauslese-Most mit einem Gehalt 
von 50 Proz. Zucker Hefenwachstum und Gärune beobachtet. Doch 
scheint diese Konzentration auch nahezu die Grenze für die Gärtätig- 
keit der Weinhefen zu bilden, wenigstens hat Em. Laurent (1) bei den 
3,schon auf S. 119 des Vierten Bandes erwähnten Untersuchungen beob- 
achtet, daß Weinhefen bei Gegenwart von ungefähr 60 & Zucker in 
100 cem Nährlösung merkliche Vermehrung der Zellen nicht neh zeigen. 
E. Dusour«e (1) will allerdings aus süßen Weißweinen der Sauterne 
Hefen abgeschieden haben, die sich noch in SO-proz. Invertzuckerlösung 
0 betätigen können. Die Einwirkung des Zuckergehaltes der Moste auf 
den Stoffwechsel der Hefenzellen wird in den SS 106 u. 107 des vor- 
liegenden Bandes besprochen werden. 
Ueber die Wechselbeziehungen zwischen Säuren und Hefen ist im 
$ 30 des Vierten Bandes ebenfalls schon das Wesentliche gesagt worden. 
Für die Weinbereitung kommen zunächst die Einwirkungen der natür- 
lichen Fruchtsäuren, nämlich der Weinsäure, der Aepfelsäure und der 
in einzelnen Beerenfrüchten auftretenden Citronensäure, auf die Hefen in 
Betracht. Die Ausnutzung dieser Säuren für den Aufbau der Hefen- 
zellen ist nach den auf S. 93 des Vierten Bandes besprochenen Unter- 
5osuchungen von Em. LAURENT (1) möglich, hat aber für die Praxis der 
Weinbereitung nur geringe Bedeutung. Wichtiger sind die Reiz- und 
Giftwirkungen, welche die organischen Säuren auf die Hefen ausüben. 
Wie Larar (1) zuerst an Reinzuchten in neutralisiertem und wieder an- 


— 4125 — 


gesäuertem Most nachgewiesen und auch Kayser (1,2,5) festgestellt hat, 
äubert sie sich bei den einzelnen Weinhefen verschieden, soll nach KAysEr 
und Bars (1) aber auch von der Temperatur und der ganzen Zusammen- 
setzung des Mostes abhängig sein. Kleine Mengen von Weinsäure 
beeinträchtigen die Weinhefen offenbar nicht, sondern können sie unter 
Umständen sogar günstig beeinflussen, wie ein Versuch von Larar (1) 
lehrt, bei dem die Weißbweinhefen Scharzhofberg und Geisenheim R in 
neutralisiertem und dann mit 62 Promille Weinsäure versetztem Most 
bei stärkerer Vermehrung lebhafter gärten als in Most von gewöhn- 
licher Zusammensetzung. Empfindlicher scheinen die Obstweinhefen zu 
sein, wenigstens haben MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1) beob- 
achtet, dab die Obstweinhefe Wädenswil 4 in sterilem Theilersbirn- 
Saft nach Zugabe von 1—3 Promille Weinsäure eine schwache Hemmung 
ihrer Gärtätigkeit erleidet. Größere Mengen von Weinsäure schädigen 
auch die Traubenweinhefen, wie aus den Versuchen von LAurEnt (1), 
Kayser (2 u. 5) und einer Angabe von Kayser und BarpaA (1) hervor- 
geht. Gegen Aepfelsäure verhalten sich die Weinhefen ganz ähnlich 
wie gegen Weinsäure; einzelne Rassen vertragen sie nach den Versuchen 
von Kayser (1) und Larar (1) weniger gut als Weinsäure, andere, wozu 
auch die von MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1) geprüfte Obstwein- 
hefe Wädenswil 4 gehört, bevorzugen sie. Der Einfluß der Citronen- 
säure auf die Weinhefen ist nach Fonszca’s (1) Beobachtungen geringer 
zu veranschlagen als die Einwirkung der Weinsäure, aber immerhin so 
stark, dab er bei höherer Säurekonzentration ebenfalls zu einer Gärungs- 
hemmung führt. Geringe Mengen von Citronensäure begünstigen die 
Tätigkeit der Weinhefen, wie auch GELM (1) angibt. 

Die unmittelbare Reizwirkung der Fruchtsäuren auf die Hefen wird 
sich im Kellereibetrieb freilich nur dann äußern. wenn den Mosten Säure 
zugesetzt wird, wie das bei der Vergärung weicher Traubenmoste und 
der Herstellung gewisser Obst- und Beerenweine nach den Ausführungen 
auf S. 383 des vorliegenden Bandes zu geschehen pflegt. Ueberall da, 
wo die Säuren mit der natürlichen T'rubflora der Fruchtsäfte in Wechsel- 
beziehung treten, werden sie in der Regel eine Förderung des Gärver- 
laufs herbeitühren, weil sie die Säure liebenden, an die Moste angepaßten 


Hefen gegenüber anderen Rassen begünstigen und manche Gärungs- x 


schädlinge, so vor allem gewisse Milchsäurebakterien, in der Entwick- 
lung hemmen. Wie aus den Versuchen von MacH und PORrTELE (1), sowie 
Fonseca und ÜHIAROMONTE (1) hervorgeht, ist die Weinsäure in dieser 
Beziehting besonders wirksam. Etwas weniger leistungsfähig scheint die 


Aepfelsäure zu sein. Doch haben MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1): 


beobachtet, dab bei der Verarbeitung säurearmer Obstsäfte unter Um- 
ständen schon eine Erhöhung des Aepfelsäure-Gehalts um 3 Promille aus- 
reichend ist, um die Reinheit der Gärung deutlich zu fördern. Besser 
tritt die Schutzwirkung der Aepfelsäure nach diesen Versuchen allerdings 
noch hervor, wenn der Säurezusatz auf 5—10 Promille erhöht wird. 

Die Bernsteinsäure und die Milehsäure beeinträchtigen in 
den geringen Mengen, in denen sie bei der Weingärunge gewöhnlich 
auftreten, die Hefen offenbar nicht. Man vergleiche hierzu S. 137 des 
Vierten und S. 291 des vorliegenden Bandes, 

Gegen Essigsäure sind die Weinhefen nach den Untersuchungen 
von Laran (1), Beurens (1) und GauveR (1) sehr verschieden empfindlich, 
im allgemeinen aber widerstandsfähiger als die Brauereihefen, worauf 
auf S. 137 des Vierten Bandes ebenfalls schon hingewiesen worden ist. 


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— 426 — 


Das Verhalten der Weinhefen gegen Essigsäure hängt nach den Be- 
obachtungen von Larar (1) auch davon ab, ob diese allein oder zu- 
sammen mit den natürlichen Säuren des Mostes zur Wirkung kommt. 
Im ersten Falle werden größere Mengen von Essigsäure vertragen. 
5 Larar (1) fand bei einer Prüfung von 15 Weinhefen, daß in einem Most, 
dessen natürliche Säure durch 0,78 Proz. Essigsäure ersetzt worden war, 
noch sämtliche Rassen Gärung zu unterhalten vermochten. Von diesen 
Hefen blieben gärfähig vierzehn auch bei Gegenwart von 0,88 Proz., 
drei sogar bei Anwesenheit von 1,00 Proz. freier Essigsäure. In ge- 
ıwöhnlichem Most zeigte sich die Weinhefe (Geisenheim R bei einem 
Gehalt von 0,6 Proz. natürlicher Säure und 0,27 Proz. Essigsäure weder 
in der Vermehrung noch in der Gärfähigkeit in nennenswertem Grade 
behindert. Wurde aber der Essigsäure-Gehalt in diesem Moste auf 
0.5 Proz. erhöht, so trat eine merkbare Verzögerung des Gärverlaufs 
sein, während der Vergärungsgrad noch unverändert blieb. Dieser wurde 
jedoch bei einer Steigerung des Essigsäure-Gehalts auf 0,74 Proz. eben- 
falls erheblich herabgesetzt. Bei Gegenwart größerer Essigsäuremengen 
vermochte sich die Hefe überhaupt nicht mehr zu betätigen. Bei der 
Umgärung gezuckerter Weine werden die Hefen durch Essigsäure stärker 
»eschädigt, offenbar, weil sie in diesem Falle gleichzeitig unter dem 
wachstumshemmenden Einfluß des Alkohols stehen. Nach den Be- 
obachtungen von GALLER (1) kann unter solchen Bedingungen schon ein 
Zusatz von 0,2 Proz. Essigsäure eine merkbare Verzögerung der Gärung 
herbeiführen und die Gegenwart von 0,4—0,5 Proz. Essigsäure bereits 
3eine völlige Gärungsstockung zur Folge haben. Unter den Verhältnissen 
des Kellereibetriebs macht sich der schädigende Einfluß der Essigsäure 
auf die Gärtätiekeit der Hefen sehr häufige noch stärker bemerkbar und 
ist dann nach den Angaben von Wınpisch (3) und WORTMANN (1) schon 
bei einem Gehalt von 0,2 Proz. Essigsäure und weniger oft so störend, 
3odab die Gärung erheblich verzögert und vorzeitig abgebrochen wird. 
Zum Teil dürfte sich diese Tatsache durch die ältere Beobachtung von 
NessLer (1) erklären, wonach die Essigsäure auf den Verlauf der Gärung 
um so nachteiliger einwirkt, je ungünstiger die übrigen Gärungsbe- 
dingungen liegen. Andrerseits ist aber zu beachten, dab an dem Zu- 
3 standekommen derartiger Gärungsstockungen neben der Essigsäure noch 
schädliche Stoffwechselprodukte anderer Art beteiligt sein dürften. Dafür 
spricht wenigstens der von BEHRENS (1) geführte Nachweis, dab die 
Weinhefen gegen Gärungs-Essigsäure weit empfindlicher sind als gegen 
chemisch reine, in Form von Eisessig gebotene Essigsäure. Auf die 
4 Möglichkeit, daß die Hefen im Wettbewerb mit Essigsäure bildenden 
Gärungserregern auch im Nährstoffbezug geschädigt werden Könnten, 
sei hier nur hingewiesen. 
Was den Einfluß der stickstoffhaltigen Mostbestandteile auf den 
Verlauf der Weingärung anbelangt, so ist zunächst hervorzuheben, dab 
s(en Hefen in den zur Weinbereitung dienenden Fruchtsäften ein schwer 
entwirrbares, in seiner Zusammensetzung nur ganz unzureichend be- 
kanntes Gemisch von Stickstoff-Verbindungen zur Verfügung steht. Er- 
wiesen ist, dab in diesem Stoffgemenge regelmäßig eiweibartige Körper 
auftreten; nach den Untersuchungen von Wıxpisch (2) sind es zum Teil 
5okoagulierbare Albumine, zum Teil Albumosen und Peptone, zum Teil 
auch durch Alkohol fällbare Körper. Insgesamt bilden die Eiweißstoffe 
allerdings nur einen kleinen Teil der vorhandenen Stickstoffverbindungen:; 
so beträgt die Menge des in Form von koagulierbarem Eiweiß gebundenen 


Stickstoffs nach einer von WEIGERT (1) mitgeteilten Bestimmung REser's 
in Traubenmosten nur 1—4 Proz. des Gesamtstickstoffs, und ebenso 
scheint der Gehalt an Albumosen, Peptonen und anderen Stoffen der 
Eiweißgruppe gegenüber den stickstoffhaltigen Verbindungen nicht eiweiß- 
artiger Natur verhältnismäßig gering zu sein. Stets finden sich unter 
den gelösten Stickstoff-Verbindungen der Fruchtsäfte auch Amide vor, 
doch ist nicht bekannt, in welcher Form sie auftreten. Daneben ist 
immer etwas Ammoniak zugegen, wie von DucLaux (1), KALBRUNER (1), 
NEUBAUER (1) und AMTHOR (1) zuerst für Traubenmoste, von Wıxviısch (2) 
nachträglich auch für die Säfte anderer Früchte festgestellt worden ist. 
Im Vergleich zu der Menge der übrigen Stickstoff-Verbindungen ist der 
Ammoniakgehalt nicht als unwesentlich anzusehen; in französischen 
Traubenmosten schwankt er nach den Untersuchungen von LABorDe (1) 
zwischen 44 und 224 mg im Liter, womit einige von Wıxvisch (2) für 
deutsche Traubenmoste ermittelte Zahlen annähernd übereinstimmen. 
Erwähnen wir noch, dab SEIFERT und KaseErer (1), METELKA (1) und 
SpıcA (1) in Traubenmosten auch Nitrate nachgewiesen haben, so ist die 
Aufzählung der chemisch etwas genauer bekannten Stickstott-Ver- 
bindungen der Moste im wesentlichen beendet. Daß in den Frucht- 


säften noch andere Stickstoffkörper auftreten, ist nach den Ergebnissen : 


der Stickstoffbestimmungen sicher; wir kennen aber diese Bestandteile 
nicht näher und vermögen auch nicht zu sagen, ob sie die Gärung be- 
einflussen oder nicht. So herrscht in der ganzen Frage nach den Be- 
ziehungen der stickstoffhaltigen Mostbestandteile zur Tätigkeit der 


Hefen noch eine gewisse Unsicherheit, die durch die Tatsache vermehrt 


wird, dab die chemischen Verfahren, nach denen die eiweibartigen Stoffe 
der Moste zurzeit bestimmt werden, bei dem hohen Zuckergehalt der 
Fruchtsäfte richtige Ergebnisse kaum liefern können. 

Dieses vorausgeschickt sei zunächst darauf hingewiesen, daß MÜLLER- 
Trurcau (1, 4,5) den Einfluß des Stickstoffgehalts der Moste 
auf die Weingärung zuerst genauer verfolgt hat. Nach seinen Be- 
obachtungen nehmen Schnelligkeit und Stärke der Gärung sowie 
Menge und Gärkraft der entstehenden Hefe mit steigendem Stickstoff- 
gehalt der Moste zu, was sich besonders auffallend bemerkbar macht, 


wenn man den Verlauf der Gärung bei dünnen, stickstoffarmen Mosten 3; 


mit der Gärung von Traubensäften vergleicht, die aus stark mit Stall- 
mist gedüngten Weinbergen stammen und infolgedessen sehr stickstoffreich 
sind. Solche Moste vergären, wie auf S. 105 des Vierten Bandes bereits 
erwähnt ist, unter weit stärkerer Hefenentwicklung und viel stürmischer 
als Traubensäfte von gewöhnlicher Zusammensetzung. Aehnlich tritt 
der Einfluß des Stickstoffs bei der Vergärung verdünnter Moste zutage, 
wenigstens hat MüLtEr-Thnursau (5) beobachtet. daß Traubenmoste in 
einer Verdünnung von einem Teil Most auf fünf Teile Zuckerwasser 
stets weniger Hefe bilden als in unverdünntem Zustande. Auch die be- 
kannte Erscheinung, daß Jahrgänge von Mosten, die im Stickstoflgehalt 
voneinander abweichen, meist auch auffallende Unterschiede in der 
Gärungsintensität zeigen, läßt die Abhängiekeit der Hefentätigkeit von 
den stickstoffhaltigen Mostbestandteilen erkennen. Die im Anschluß 
hieran zu erwähnenden Untersuchungen von Mürnser-Tnuursau (5) und 


ÖOzeu und Mürver-Truursau (1), wonach der Menge der vorhandenen ; 


Stickstoff-Verbindungen auch der Stiekstoffzehalt der gebildeten Hefen 
entspricht, sind auf S. 105 des Vierten Bandes bereits mitgeteilt; für 
die dort angeführten Zahlen gilt allerdings derselbe Vorbehalt wie für 


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alle derartigen Analysenbefunde, die sich auf Bodensatzhefen beziehen, 
die mit Ausscheidungen des Gärgutes und der Hefen vermengt sind. 

Was die Frage anbelangt, welche Stickstoffverbindungen für die 
Arbeit der Hefen notwendig sind, so galt bisher allgemein die Annahme, 

5dab die eigentlichen Eiweißstoffe der Moste dafür nicht in Betracht 
kommen. Wenn sich die Angaben von PANTANELLI (1), der in Trauben- 
säften eine Protease nachgewiesen haben will, als richtig erweisen 
sollten, müßte man freilich mit der Möglichkeit rechnen, daß durch 
Enzymwirkungen auch diese Körper für die Hefen verwertbar werden. 

ıoDie von WınvıscH (2) nachgewiesene Tatsache, daß Obstsäfte beim Ver- 
gären auf der Maische Weine von höherem Stickstoffgehalt liefern als 
bei der Gärung ohne Trester, deutet auf einen derartigen Vorgang 
ebenfalls hin. 

Die Verwertbarkeit der höheren Eiweiß-Spaltungsprodukte, 

ıs die sich schon aus den auf S. 103 des Vierten Bandes mitgeteilten Tat- 
sachen ergibt, ist in neuester Zeit durch die Untersuchungen von EHR- 
LIcH (2) sichergestellt worden. Für die Weinhefen ist sie durch eine 
Beobachtung von GeELM (1) und besonders durch die auf S. 104 des 
Vierten Bandes erwähnten Versuche von BEHRENS (2) erwiesen, bei denen 

»osich herausgestellt hat, dab Weinhefen in Traubenmost bei Gegenwart 
von 1 Proz. Pepton bedeutend lebhafter gären, aber auch erheblich 
mehr Extraktbestandteile verbrauchen als unter gewöhnlichen Be- 
dingungen. Die Alkoholausbeute ändert sich dabei nicht. Aehnlich 
kann nach BEHRENS ein Asparagin-Zusatz wirken, womit in Ergänzung 

»5der auf S. 101 des Vierten Bandes mitgeteilten Beobachtungen die Be- 
deutung der Amide auch für die Weinhefen klargelegt ist. Wie nötig 
gerade diese Körper für die Gärung sind, hat in neuerer Zeit PrixGs- 
HEIM (1 u. 2) durch den Nachweis gezeigt, daß die Hefen nur dann eär- 
fähig sind, wenn sie ihr Plasma aus Stickstoff-Verbindungen aufbauen, 

so welche die in den Amiden vorkommende Gruppe —NH—CH—C00— eut- 
halten. 

Von den anorganischen Stickstoffquellen kommen die Nitrate in 
den kleinen Mengen, in denen sie im Most auftreten, für die Arbeit der 
Hefen nicht in Betracht, womit man das auf S. 101 des Vierten Bandes 

5 (sesagte vergleiche. Dagegen können die Ammoniumsalze den Ver- 
lauf der Weingärung unter Umständen stark beeinflussen. Die älteren 
Ansichten über den Wert dieser Stoffe für die Hefe sind im $ 22 des 
Vierten Bandes schon erwähnt, auch sind dort die Untersuchungen über 
die Bios-Frage besprochen, aus denen WILDIERS (1) und andere gefolgert 

haben, daß die Ammoniumsalze allein zur Ernährung der Hefe nicht 
ausreichen. PrınGsHEim (3) hat inzwischen aber gezeigt, daß die Hefen 
zwar nicht ohne weiteres zur Assimilation von Ammoniakstickstoff be- 
fähigt sind, dab sie diese Fähigkeit aber sehr leicht erlangen und dann 
auch mit dieser Form des Stickstoffs auskommen, wenn sie an die 

s Verarbeitung mineralischer Nährstoffe in geeigneter Weise gewöhnt 
werden. 

Für die Weinbereitung haben diese Fragen besondere Bedeutung 
wegen des früher weit verbreiteten Gebrauchs der Ammoniumsalze 
als Gärpulver. Ihre Anwendung ist zurückzuführen auf die auf 

50S. 100 des Vierten Bandes näher besprochenen Arbeiten von Ducraux (1), 
Müntz und Rousszaux (1), Roos und CHABERT (1) und LABORDE (1), durch 
die gezeigt worden ist, dab bei der Weingärung ziemliche Mengen von 
Ammoniakstickstoff durch die Hefen verbraucht werden. Daraufhin hat 


— 429 — 


zuerst AupoyxaAuD (l) den Vorschlag gemacht, die Gärung von Trauben- 
mosten durch Zusätze von Ammoniumkarbonat und phosphorsaurem Kalk 
zu beschleunigen, während NEssLeEr (2) und nahezu gleichzeitig MÜLLER- 
Trursat (5) zu demselben Zweck die Verwendung von Chlorammonium 
empfohlen haben, allerdings nur für die Vergärung von ÖObst- und 
Traubensäften. Die Frage nach der Zweckmäßigkeit solcher Zusätze 
ist später noch von verschiedenen Seiten nachgeprüft worden. wobei 
insbesondere auch der Nutzen der Ammoniumsalze für die Umgärung 
von Weinen in Betracht gezogen wurde. Bei diesen Untersuchungen 
haben MÜLLER-THURGAU (5), NESSLER (3), MEISSNER (3) und Kuuısch (1) 
übereinstimmend beobachtet, dab sich die Gärung von Traubenmosten 
durch Ammoniumsalze nicht beschleunigen läßt, was sich wohl dadurch 
erklärt, dab die Hefen in Traubensäften geeignete Stickstoffnahrung in 
Ueberfluß vorfinden. Erwiesen ist dieser Reichtum an Stickstoftver- 
bindungen durch MÜLLER-THurGAU (5) und Kurısca (1), denen es ge- 
lungen ist, deutsche Naturweine nach wiederholter Entfernung des 
Alkohols durch einfachen Zuckerzusatz fünf- bis sechsmal in Gärung zu 
bringen. Manche italienische Moste sollen allerdings so arm an Stick- 
stoff sein, daß sie sich unter Zusatz von Ammoniumsalzen besser ver- 


gären lassen als in natürlichem Zustande. Nach Meıssxer (4) gehören 


hierzu die Muskatmoste, aus denen der unter dem Namen Moscato d’Asti 
spumante bekannte Wein hergestellt wird, und nach Mensıo (2) zuweilen 
auch Moste der italienischen Rotweinsorten Barbera, Freisa nnd Nebbiolo. 
Versuche von Kurisch (1 u. 2) haben dagegen gezeigt, daß die Benutzung 
von Ammonium-Verbindungen selbst bei der Herstellung von Stachelbeer- 
und Johannisbeerweinen zwecklos ist, wenn die Fruchtsäfte in der 
richtigen Weise gestellt und nicht zu stark verdünnt werden. Selbst 
bei übermäßiger Streckung solcher Säfte ist der Vorteil der Ammonium- 
salze für die Gärung, wie aus einigen Beobachtungen von Wınnısch (4) 


zu entnehmen ist, so gering, dab er praktisch nicht ins Gewicht fällts 


und in keiner Weise die Nachteile aufwiegt, die sich aus der starken 
Verdünnung der Fruchtsäfte für den Verlauf der Gärung und die Halt- 
barkeit der Weineergeben. Die diesen Beobachtungen entgegenstehenden 
älteren Angaben von NeEssLeEr (2) und Barrn (1) beruhen auf einer un- 


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berechtigten Verallgemeinerung der zuerst von NESSLER (2) und MÜLLER- 35 


ThurGau (5) erwiesenen und später von Orro (1) und Kuuisch (1,2,3) be- 
stätigten Tatsache, daß die Vergärung von Heidelbeersäften, die den 
Hefen geeignete Stickstoffverbindungen offenbar nicht in der nötigen 
Menge bieten, durch Zusätze von 10—40 & Chlorammonium auf 1 Hekto- 
liter Most in der Tat wesentlich gefördert wird. Wie Kuniscn (1) fest- 
gestellt hat, kann dadurch die Kohlensäureabgabe im Anfange der 
Gärung auf das Zehnfache und mehr gesteigert werden. Es macht 
dabei keinen wesentlichen Unterschied aus, ob Chlorammonium, wein- 
saures Ammoniak oder phosphorsaures Ammoniak verwendet wird. Wie 
bei der Herstellung von Heidelbeerweinen ist nach den Erfahrungen 
von Kurıscon (1) auch bei der Vergärung von Preißelbeer-Säften (Vaceinium 
Vitis Idaea 1.) ein Zusatz von Ammoniumsalzen angebracht. Dasselbe 


soll nach einer Mitteilung von Grex (1) für die Vereärune mancher 


Apfelmoste zutreffen, während für die Apfelweinbereitung im allgemeinen 
Ammoniumsalze zum mindesten entbehrlich sein dürften. 

Von einer gewissen Tragweite für die Praxis ist die Frage, ob ein 
Zusatz von Ammoniumsalzen für die Umeärung von Weinen 
notwendig ist. Da während der Hauptgärung beträchtliche Mengen von 


— 30° — 
Stickstoff für den Aufbau des Hefenplasmas verbraucht werden, ist die 
Vermutung naheliegend, daß wenigstens die kleineren, körperarmen 
Weine an assimilierbaren Stickstoff-Verbindungen nicht sehr reich sind. 
Ausgehend von dieser Annahme ist die Verwendung von Ammonium- 
5salzen für die Umgärung von Weinen von MÜLLER-THURGAU (6), WORT- 
MANN (1), Wınpisch (3) und anderen wiederholt empfohlen worden; MÜLLER- 
Trursau (6) hat auch gezeigt, daß bei der Umgärung stark überstreckter 
schweizerischer Weißweine der Gebrauch des genannten Mittels tat- 
sächlich von Erfolg sein kann. Bei neuen Untersuchungen von Kurısch (1) 
ıhat sich aber herausgestellt, daß bei der Umgärung deutscher Weine, 
die genau nach den gesetzlichen Bestimmungen behandelt und nicht 
etwa übermäbig verdünnt werden, ein Zusatz von Ammoniumsalzen nicht 
erforderlich ist. Zu ähnlichen Feststellungen ist MEıssxEr (3) gelangt, 
bei dessen Versuchen ein Chlorammonium-Zusatz die Gärung zwar bei 
ıseinigen Weinen im Anfang etwas beschleunigte, bei der Mehrzahl der 
untersuchten Weine aber überhaupt nicht förderte. In einzelnen Fällen 
wirkte die Gegenwart von Ammoniumsalzen bei Mosten wie bei Weinen 
sogar verzögernd auf die Gärung ein, was auch von KurischH (1) be- 
obachtet wurde. Wesentlich auf diese Ermittelungen ist es zurück- 
» zuführen, dab die Verwendung von Ammoniumsalzen zur Beschleunigung 
der Weingärung in Deutschland gesetzlich nicht mehr zulässig ist. 

Der Gehalt der Fruchtsäfte an Mineralstoffen, insbesondere an 
Phosphaten, Sulfaten und anderen Salzen des Kaliums, Caleiums und Mag- 
nesiums, reicht zur Ernährung der Hefen völlig aus und sinkt nach den 

5 Erfahrungen von WOoRrTMAnN (1) und anderen selbst bei den kleinsten, 
gehaltärmsten Traubenmosten nicht unter das für einen glatten Verlauf 
der Gärung erforderliche Maß. Entgegen dieser Ansicht glaubt man in 
Frankreich, daß stickstoffarme Traubenmoste der Hefe unter Umständen 
zu wenig Phosphate bieten. Nach Asrruc (1) soll das z. B. der Fall 

»osein bei allen aus faulen Trauben oder von kranken Reben gewonnenen 
Traubensäften, insbesondere aber bei Mosten von peronosporakranken 
Stöcken. Derartige Säfte vergären nach den Angaben von Asrruc (1) 
schneller und vollständiger, wenn sie mit 0.1—0.3 Promille Mono- oder 
Diammoniumphosphat oder mit der gleichen Menge einer Mischung von 

3585 Proz. Ammoniumtartrat und 15 Proz. Diammoniumphosphat versetzt 
werden. Kayser (3) hält es mit Marrınanp (1) für erwiesen, daß eine 
bemerkenswerte Beschleunigung der Gärung nach Zugabe von etwa 
0.1 Promille Monoammoniumphosphat bei allen französischen Trauben- 
maischen und Mosten eintrete; er empfiehlt dieses Mittel namentlich 

‚dann anzuwenden. wenn die Gärung bei übermäßig hoher oder sehr 
niedriger Temperatur zu langsam verläuft oder vorzeitig zum Stillstand 
kommt. Nach Lan6vane (1) soll der Gebrauch von Ammoniumphosphat 
auch am Platze sein bei der Vergärung sehr zuckerreicher Moste und 
von Traubenmaischen, die zu stark mit schwefliger Säure oder Sulfiten 

s behandelt worden sind. Auf Grund dieser und ähnlich lautender, wenig 
zuverlässiger Angaben hat die Verwendung von Ammoniumphosphat bei 
der Herstellung französischer Weine in neuerer Zeit größere Verbreitung 
erlangt, wozu allerdings wohl noch beigetragen hat, daß im Laufe der 
letzten Jahre in Frankreich auch die im vorigen Kapitel bereits be- 

5osprochene Phosphatage sehr in Aufnahme gekommen ist. Wie aber 
dieses Verfahren keineswegs allgemein als vorteilhaft angesehen und 
z. B. in neuerer Zeit wieder von Mexsıo (1) wenig günstig beurteilt wird, 
so kann auch nicht gesagt werden, daß der Nutzen der Phosphatzusätze 


— 431 — 


für die Weingärung wirklich feststeht. Kurıscr (1) hat bei sorgfältigen 
Versuchen eine günstige, praktisch wesentliche Wirkung solcher Zusätze 
auf die Vergärung von deutschen Traubenmosten und gezuckerten 
Traubenweinen jedenfalls nicht feststellen können. Auch bei Johannis- 
beer- und Stachelbeer-Säften tritt nach diesen Beobachtungen eine er- 5 
hebliche Förderung der Gärung durch die Zufuhr von phosphorsaurem 
Ammoniak nicht ein, wenn die Säfte nicht weiter verdünnt werden, als 
ihr Säuregehalt erfordert. Die Erfolge, die Wmpiısc# (4) bei der Ver- 
gärung stark verdünnter roter Johannisbeer-Säfte mit Zusätzen von 
phosphorsaurem Ammoniak erzielt hat, bedeuten für die Praxis nicht ıo 
viel, weil sie sich auf Versuchsflüssigkeiten beziehen, die so stark ge- 
streckt waren, daß sie nur noch etwa ein Fünftel bis ein Sechstel des 
im natürlichen Saft vorhandenen Mineralstoff-Gehaltes aufwiesen, also 
eine Verdünnung zeigten, die eine normale Gärung ausschließt. Bei der 
Vergärung von Heidelbeer-Säften leistet phosphorsaures Ammoniak nach 
den Beobachtungen von KurıscHh (1) und WiısviscH (4) nicht mehr als 
Ammoniumchlorid, dagegen scheint ein Zusatz von Phosphaten, wie auf 
S. 87 des Vierten und S. 414 des vorliegenden Bandes bereits erwähnt 
ist, bei der Herstellung von Met aus dem an phosphorsauren Salzen sehr 
armen Honig wirklich von Wert zu sein. Gimer (1) hat neuerdings auch » 
empfohlen, an Stelle des phosphorsauren Ammoniaks Salze der Glycerin- 
phosphorsäure zur Förderung der Weingärung zu benutzen, doch lieren 
über die Wirkung derartiger Verbindungen auf die Tätigkeit der Wein- 
hefen zuverlässige Beobachtungen nicht vor. 

Den Einfluß der in den Trauben- und Obstmosten enthaltenen Gerb-s 
stoffe auf die Hefen hat Rosexstienu (1 u. 2) näher untersucht. Nach 
seinen Angaben absorbieren die Hefen beträchtliche Mengen von Gerb- 
stoff, was zur Folge hat, daß ihre Gärtätigkeit stark behindert, ja unter 
Umständen sogar völlig unterdrückt wird. Die Vermehrungsfähigkeit 
der Hefe bleibt dagegen auch in Berührung mit Gerbstoff erhalten. Beis 
der Herstellung von Cider und, wie MÜLLER-THurGAt (7) bemerkt hat, 
auch bei der Vergärung von herben, aus halbreifen Früchten her- 
gestellten Birnmosten macht sich diese Beeinträchtigung der Hefen durch 
die Gerbstoffe häufig sehr störend bemerkbar. Allerdings wirken die 
Gerbstoffe in diesem Falle nach MÜLLER-TrurRGAU (7) auch wohl insofern 3 
nachteilig, als sie die Eiweibverbindungen der Moste zur Fällung bringen 
und den Hefen entziehen. 

Die den Gerbstoffen nahestehenden roten Farbstoffe der Trauben 
und einiger anderer Beerenfrüchte erschweren die Gärtätiekeit der Hefen 
in gleicher Weise, wie Rosenstient (1) und vor ihm Carves unda 
Niviere (1) festgestellt haben. Wenn sich die Gärung der roten, an 
Gerb- und Farbstoff reichen Moste in der Praxis trotzdem glatt vollzieht, 
so beruht das nach Rosexstiens (1) auf der Tatsache, daß die Ver- 
mehrungsfähigkeit der Hefen bei Anwesenheit dieser Körper eine ernst- 
liche Einbuße nicht erleidet. An Stelle der arbeitsunfähigen, mit Gerb- 
und Farbstoff beladenen älteren Zellen treten immer neue, junge, gär- 
tüchtige Generationen. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, 
daß die Empfindlichkeit gegen die Farb- und Gerbstotfe der Moste bei 
den einzelnen Hefenrassen sehr verschieden ist; Mürnuer-Tnursau hat 
diese Tatsache bei seinen auf S. 396 erwähnten Versuchen zur Ge-s» 
winnung von Rotwein- und Obstweinhefen zuerst nachzewiesen. 

Wird Gerbstoff roten Traubenmaischen in Form von Tannin 
künstlich zugesetzt, so kommt es, wie Coupon und Pacorter (1) be- 


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[37 


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— 432 — 


obachtet haben, nur zu einer unbedeutenden Verzögerung im Eintritt 
der stürmischen Gärung; die Hefe lagert sich bei dieser Behandlung 
aber in festerem Trub ab, der Wein klärt sich besser, erhält eine weit 
lebhaftere, beständigere Farbe und zeigt gegenüber Weinen, die ohne 
5Zusatz von Tannin vergoren werden, nur eine verhältnismäßig geringe 
Steigerung des Gerbstoffgehaltes.. Man darf aus dieser Beobachtung aber 
wohl nicht schließen, wie das RoSENSTIEHL (1) zu tun scheint, daß der 
zugesetzte Gerbstoff auch hier vorzugsweise von den Hefen absorbiert 
wird. Wahrscheinlicher ist, daß das Tannin mit den Eiweißbestand- 
ıwteilen der Maischen unlösliche Verbindungen eingeht. 

Der Einfluß des Alkohols auf die Tätigkeit der Hefen ist im $ 28 
des Vierten Bandes bereits besprochen. Nachgetragen sei, daß sich die 
Vermehrung der Hefenzellen bei der Weingärung nach WORTMANnN (3) 
schon deutlich behindert zeigt, wenn im gärenden Moste 1 Maß-Proz. 

ıs Alkohol entstanden ist, dab sie dagegen erst völlig unterdrückt wird, wenn 
6—8 Maß-Proz. Alkohol gebildet worden sind. Daß noch ein höherer 
Prozentsatz an Alkohol zu wählen ist, wenn es sich darum handelt, im 
Moste vorhandene lebenskräftige Hefenzellen durch Alkoholzusatz an der 
Entwicklung zu hindern, ist auf S. 130 des Vierten Bandes unter Hin- 
so weis auf die Untersuchungen von Haypuck (1), E. Laurent (1) und 
MÜLLER-THURGAU (8) ebenfalls schon erwähnt. Für die Praxis haben 
diese Tatsachen Bedeutung wegen der in Frankreich, Spanien und in 
anderen südlichen Ländern üblichen Herstellung der sogen. Mistellen, 
d. h. von weinartigen Getränken, die ohne Gärung durch Versetzen von 
5 Mosten oder roten Maischen mit hochgradigem Alkohol gewonnen werden 
und als Süßweine in den Handel kommen. Brarzz (1), HALPHEn (1), 
sowie (GAUTIER und HarrHen (1) haben über die Merkmale, durch die 
sich „Weine“ dieser Art von den durch Gärung gewonnenen Sübweinen 
unterscheiden, Untersuchungen angestellt, während S£mıcnox (1) ihre 
30 Herstellungsweise beschreibt. Wie er angibt, werden die Mistellen ge- 
wöhnlich auf einen Alkoholgehalt von 15 Maßprozent gebracht, können 
aber selbst bei dieser Alkoholmenge zuweilen noch in Gärung geraten. 
Es ist also nicht ausgeschlossen, daß unter diesen Verhältnissen noch 
bei Gegenwart von 15 Maßprozent Alkohol eine Vermehrung von Hefen- 
3 zellen eintritt, wenn auch die Annahme nahe liegt, dab es sich bei diesen 
Gärungen um die Arbeit von Hefen handelt, die sich vor dem Alkohol- 
zusatz in den Maischen oder Mosten bilden und dann durch den zu- 
gesetzten Alkohol wohl im Wachstum gestört werden, nicht aber die 
Fähigkeit zur Gärung verlieren. Daß zur Behinderung oder Aufhebung 
der Gärtätigkeit der Hefen größere Alkoholmengen notwendig sind als 
zur Hemmung oder Unterdrückung ihrer Vermehrung, ist im $ 28 des 
Vierten Bandes bereits erwähnt worden; man vergleiche mit dessen Inhalt 
auch die Ausführungen über die Einwirkung des Alkohols auf die zell- 
freie Gärung auf S. 359 desselben Bandes. Bei der Weingärung soll in 
Fällen, die für die Hefe besonders günstig liegen, erst ein Alkoholgehalt 
von 17—18 Maßprozenten der Gärtätiekeit der Hefen völlig Einhalt ge- 
bieten. MÜLLER-THurGAU (9) hat aus einem bei 9° C vergorenen Most 
in der Tat einen Wein von 17,3 Maßprozenten Alkohol herstellen können. 
Naturweine besitzen aber auch dann, wenn der gebotene Zucker noch 
soeine weitere Steigerung der Alkoholbildung erlaubt haben würde, ge- 
wöhnlich nicht mehr als höchstens 15 Maßprozent Alkohol. Die Angabe 
von Passerrst (1), wonach der in Toskana aus welken Trauben her- 
gestellte sogen. Vinsanto infolge einer jahrelang andauernden stillen 


— 433 — 


Gärung oft bis 20 und mehr Maßprozente Alkohol enthalten soll, bedarf 
noch der Bestätigung. R. vox DER HEıDE (1) hat bei der Vergärung von 
Mosten verschiedenen Zuckergehaltes mit einer sehr gärkräftigen Wein- 
hefe beobachtet, daß die Gärung zum Stillstand kam 


in einem Most von: nach Entstehung von: 

26,86 Proz. Zucker 11,53 Gew.-Proz.—=14,53 Maß-Proz. Alkohol 
3321 „ n 10. Fe, = —ı Du; f > 
SIEB 5 ! a 27 p 2, a. ‚68 P - Se 
45,89 „ n 7.56 n -.— 9.52 2 4 i 


Diese Ergebnisse bestätigen die älteren Befunde von MÜLLER- 5 
Tauzrsar (1), wonach der Alkohol die Zelltätigkeit der Hefen unter 
sonst gleichen Verhältnissen um so stärker beeinträchtigt, je mehr sich 
der Zuckergehalt der Moste erhöht. Auch diese Erscheinung ist ebenso 
wie die weitere Feststellung von MÜLLER-Taursat (1), dab die Gift- 
wirkung des Alkohols auf die Hefe mit steigender Temperatur anıo 
Stärke zunimmt, im $ 28 des Vierten Bandes bereits eingehend be- 
handelt. Hingewiesen sei ferner auf die im gleichen Paragraphen 
wiedergegebenen Untersuchungen von MÜLLER-TuurGAU (1) über die 
Umbildung von Hefenzellen in Ruheformen, wie sie unter dem Einfluß 
des Alkohols bei der Weingärung entstehen. 15 

Die Kohlensäure beeinträchtigt unter gewissen Bedingungen die Ver- 
mehrung und vielleicht auch die Gärtätigkeit der Hefenzellen, wie auf 
S. 459 u. 537 des Ersten und auf S. 134 des Vierten Bandes schon näher 
erörtert worden ist. Bönı (1) gibt an, dab in Mosten, die mehrere Monate 
unter stärkerem Kohlensäure-Druck gehalten werden, nach und nach 2 
sämtliche Gärungserreger absterben Unter gewöhnlichen Bedingungen ist 
die Empfindlichkeit der Hefen gegen Kohlensäure aber nicht sehr grob. 
Bei der Hauptgärung von Mosten kann von einem nachteiligen Einfluß 
der Gärungskohlensäure überhaupt kaum die Rede sein. Wenn auch die 
älteren Beobachtungen von Morıtz (1 u. 2) diese Tatsache noch nichts 
klar hervortreten lassen, so ist sie doch durch die Untersuchungen 
von MÜLLER-THURGAU (5) erwiesen, bei denen sich ergeben hat, daß die 
Kohlensäure keinen merklichen Einfluß auf den Verlauf der Haupt- 
gärung hat, selbst wenn sie mit 0,5—1 Atmosphäre Ueberdruck in dem 
gärenden Moste zurückgehalten wird. Sie hemmt nach diesen Fest- so 
stellungen selbst die anfängliche Hefenbildung im Most nicht in wesent- 
lichem Grade und vermindert infolgedessen auch die Gesamtleistung der 
Gärung nur um ein geringes Mab. Nach den auf S. 135 des Vierten 
Bandes mitgeteilten Tatsachen sollte man allerdings annehmen, dab 
durch Absaugen der gebildeten Gärungskohlensäure auch die Gärung s 
der Moste beschleunigt werden. könnte; jedoch hat diese Möglichkeit 
für die Weinbereitung wenig Bedeutung, weil eine allzu stürmische 
Kohlensäureabgabe bei der Mostgärung zu einem bedenklichen Verlust 
an Bouquetstoffen führt. Mittelbar wirkt die Kohlensäure unstreitig 
günstig auf den Erfolg der Weingärung ein, weil sie die Vermehrung «# 
von Kahmpilzen, Schimmelpilzen, Essigbakterien und anderen sauerstofl- 
bedürftigen, gegen Kohlensäure empfindlichen Gärungsschädlingen ver- 
hindert. In der Erkenntnis dieser Tatsache bevorzugt man bei der 
Weinbereitung heute das Verfahren der geschlossenen Gärung, 
bei der die gärenden Moste ständig unter einer Kohlensäuredecke ge- 
halten werden. Es ist das leicht zu erreichen, wenn man die Gärfüsser 
nur etwa zu neun Zehntel füllt und mit einem Gärtrichter verschließt, 
der nach Art eines Gasventils arbeitet. Er läßt die Kohlensäure aus- 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. V 28 


— 44 — 


strömen. verhindert aber den Luftzutritt zum Gärstoft. Infolgedessen 
bleibt der sogen. Steigraum des Fasses dauernd mit Kohlensäure ge- 
füllt. Näheres über die Einrichtung der Gärverschlüsse findet man in 
den Lehrbüchern von NessLEr (1) und Bago und Macr (1). Man ver- 
sgleiche auch $ 95 des vorliegenden Bandes. 


$ 103. Die Beeinflussung der Weingärung durch die Temperatur. 


Die Beziehungen der Weingärung zur Temperatur sind zuerst von 
BLANKENHORN (1 u. 2), DAHLEN (1), sowie BLANKENHORN und Morıtz (1) 
etwas genauer verfolgt worden, wobei man im wesentlichen allerdings 

nur zu der Feststellung gekommen ist, daß sich die Gärung unter den 
in Deutschland gegebenen Verhältnissen durch gelindes Erwärmen der 
Moste beschleunigen läßt, ohne daß die Güte der entstehenden Weine 
dadurch benachteiligt wird. Umfassender hat die Frage nach der Ein- 
wirkung der Temperatur auf die Weingärung erst MÜLLER-THURGAU 
ı5(1, 3, 9, 10) beantwortet. Nach seinen Untersuchungen, die sich zwar 
nicht auf Reingärungen beziehen, aber trotzdem für die Praxis von 
eroßem Werte gewesen sind, liegt das Temperaturminimum der Most- 
eärung bei etwa 6°, das Maximum bei etwa 40° C. Uebereinstimmend 
damit haben auch Roos (1), Rousseaux (1) und Roos und ÜHABERT (1) 
2 ermittelt, daß zwischen 38° und 42°C die Vergärungsmöglichkeit der 
Moste aufhört, auch steht mit den Angaben von MÜLLER-TaURGAU die 
schon auf S. 116 des Vierten Bandes erwähnte Feststellung von 
Hansen (1) im Einklang, wonach die von WOoRTMANN reingezüchtete 
Weinhefe Johannisberg II oberhalb 37—38° C nicht mehr zu sprossen 
simstande ist. Für das Temperaturminimum der Weingärung nehmen 
einzelne französische Forscher allerdings höhere Wärmegrade a. 
Rovsszaux (1) behauptet z. B.,, dab die untere Temperaturgrenze der 
Mostgärung in der Nähe von 12—15° © liege, wozu aber bemerkt werden 
muß, daß diese wie einige ähnliche Angaben, die weniger auf genauen 
30 Untersuchungen als auf gelegentlichen Beobachtungen in praktischen 
Betrieben beruhen, nicht sehr zuverlässig sind. Sie können auch schon 
deswegen nicht vergleichbar sein, weil sie sich stets auf Zufallsgärungen 
beziehen, bei denen sehr verschiedene Gärungserreger und auch ver- 
schiedene Rassen von Weinhefen mitwirken. Daß bei diesen letzteren 
3 die Empfindlichkeit gegen Temperatureinflüsse ebenfalls wechselt, haben 
die auf S. 396 bereits angeführten Untersuchungen von KAyser (1, 4, 5) 
und Forrı(1) gelehrt. Kayser (5) hat in einem Falle geprüft, wie sich 
das Gärvermögen von Weinhefen verschiedenen Ursprungs bei 25° und 
39.0 vestaltet, wenn die Hefen in einem Most arbeiten, der in 100 cem 
118,08 & Zucker und 0,6 & Säure enthält. Er hat dabei feststellen können, 
daß die untersuchten Weinhefen bei 25° C sich annähernd gleich ver- 
halten, daß aber bei 35° C im Gärvermögen sehr erhebliche Unterschiede 
sich zeigen, und zwar sind bei dieser Temperatur die Hefen südlicher 
Weinbaugebiete leistungsfähiger als die Hefen nördlicher Gegenden. 
4 Je nachdem Hefen der einen oder der anderen Art bei der Mostgärung 
vorherrschen, werden sich also auch die Temperaturgrenzen der Gärung 
etwas verschieben müssen. eine Erscheinung, auf die noch zurück- 
zukommen sein wird. 

Innerhalb der Temperaturgrenzen, zwischen denen die Mostgärung 

5oüberhaupt möglich ist, macht sich die Abhängigkeit des Gärverlaufs 


— 45 — 


von der Wärme in der Schnelligkeit geltend, mit der sich die stürmische 
Gärung einstellt, in der Größe der Kohlensäure-Abgabe zur Zeit der 
stärksten Gärung und in der Dauer der gesamten Hauptgärung. Je 
höher die Gärtemperatur gewählt wird, desto früher wird auch der 
Höhepunkt der Gärung erreicht. So hat MüÜLLER-TaurGAU (1) be- 3 
obachtet, daß sich die stärkste Gärung der Moste bei 9°C durch- 
schnittlich erst am fünften Tage einstellt, in einzelnen Fällen aber noch 
weiter verzögert und bis zum zehnten Tage hinausschiebt. Bei 18° C 
tritt sie gewöhnlich am dritten Tage ein; dagegen zeigt sie sich bei 
27° C ebenso wie bei 36° C regelmäßig schon am zweiten Tage und io 
zwar bei 36° C gewöhnlich etwas früher als bei 27° C. 

Mit zunehmender Temperatur erhöht sich auch die Kohlensäure- 
Abgabe zur Zeit der stärksten Gärung, jedoch ist der Höchstwert dieser 
Steigerung in der Regel schon bei 27—30° C erreicht. Höhere Wärme- 
grade können die Gärungsenergie bei besseren Mosten noch ein wenig ıs 
anwachsen lassen, drücken sie aber bei Mosten gewöhnlicher Zusammen- 
setzung in der Regel wieder herab. Die Unterschiede, die in dieser 
Beziehung auftreten, gehen aus den von MÜLLER-THURGAU (9) ermittelten 
Zahlen hervor. 

Die Gärungsintensität, die nach der stürmischen Gärung unter dem » 
Einfluß des entstandenen Alkohols stets wieder abnimmt, sinkt um so 
rascher, je höher die Gärtemperatur ‚ist. Wichtig ist ferner, daß die 
Hauptgärung um so schneller zum Abschluß kommt, je höher der Wärme- 
grad ist, bei welchem sie verläuft. MÜLLER-THuurGAt (1) fand in einem 
Versuch, daß die Hauptgärung eines Mostes von 21,75 Proz. Zucker- 3 
Gehalt bei 36°C schon nach 17,5 Tagen beendet war, während sie bei 
27°C volle 24 Tage, bei 18°C sogar 46 Tage und bei 9°C etwa 
100 Tage dauerte. 

Für die Praxis sehr wesentlich ist der Einfluß der Gärtemperatur 
auf die Beschaffenheit des entstehenden Weines. In dieser Beziehung so 
ist besonders von Bedeutung, daß der Vergärungsgrad der Weine 
von der Gärtemperatur abhängig ist, was zuerst von BLANKENHORN 
und Morıtz (1) beobachtet und dann durch MÜLLER-THURGAU (1 u.9) genauer 
verfolgt worden ist. Wie seine Untersuchungen erkennen lassen, erhöht 
sich der Vergärungsgrad in dem Maße, als die Gärtemperatur fällt. Ins 
einem Versuch, bei dem ein Most von 30 Proz. Zucker bei verschiedenen 
Temperaturen vergoren wurde, betrug der Alkoholgehalt der erzielten 
Weine: bei 9°C 14,05 Gew.-Proz., bei 18°C 12,22 Gew.-Proz., bei 27°C 
9,88 Gew.-Proz., bei 36°C 7,21 Gew.-Prozent. Aehnliche, durch Ein- 
wirkungen der Gärtemperatur bedingte Abstufungen im Alkoholgehalt «0 
von Weinen sind auch von anderer Seite festgestellt worden, u. a. 
von Müntz (1), sowie von Roos und ÜHAzerr (1), auch geht aus 
Untersuchungen von Kayser (5) und den in S 95 geschilderten prak- 
tischen Erfahrungen in südländischen Kellereien sowie aus einer älteren 
Beobachtung von Kernxtuer (1) hervor, dab die Angaben von MÜLLER- 
Trursau zutreffend sind. Der niedrige Alkoholgehalt der bei hoher 
Temperatur vergorenen Weine ist nach MÜLLER-TuurGau (1) im wesent- 
lichen darauf zurückzurühren, dab die Hefen bei höheren Wärme- 
graden so stark von dem entstandenen Alkohol benachteiligt werden, 
dab sie in einen Ruhezustand übergehen und die Fähigkeit zu gären » 
einbüßen. Man vergleiche damit die Ausführungen auf S. 132 des 
Vierten Bandes. Die Angaben von Roos (l u. 2), wonach die im 
Most arbeitenden Hefen bei einer Temperatur von 36—40° U noch andere 

28* 


— 4356 — 


Stoffe ausscheiden, die auf die Hefen so giftig einwirken, daß sie deren 
Lebenstätiekeit aufheben, ist nicht genügend begründet. 

Infolge der vorzeitigen Gärungshemmung enthalten alle zu warm 
vergorenen Weine größere oder geringere Mengen von Zucker, die bei 

skälterer Gärung nicht unzersetzt in den Weinen zurückgeblieben wären. 
Besonders sind solche Zuckerreste natürlich dann zu erwarten, wenn die 
Temperatur bei der Gärung auf 30—36° C oder noch höher gestiegen ist; 
sie können sich aber auch zeigen, wenn die Gärung bei etwas tieferen 
Temperaturen verlaufen ist, wenigstens in allen den Fällen, in denen zu 

hohe Wärme nicht nur vorübergehend, sondern dauernd auf die gärenden 
Hefen eingewirkt hat. Wie MÜLLER-THuRrGAau (10) bemerkt hat, genügt 
unter solchen Verhältnissen schon eine Erhöhung der Gärtemperatur 
auf 25° C, um bei manchen Mosten unvollständige Vergärung herbei- 
zuführen. 

15 Allerdings macht sich dieser Einfluß der Wärme nicht immer in 
gleicher Stärke geltend, sondern er wechselt je nach der chemischen 
Zusammensetzung, besonders nach dem Stickstoffgehalt der Moste. 
Nach MÜLLER-THURGAU (4) leiden die Hefen in stickstoffreichen Trauben- 
säften weniger unter den Folgen erhöhter Gärtemperaturen als in stick- 

sostoffarmen Mosten, und daher erlangen bei gleicher höherer Temperatur 
stickstoffreiche Moste auch einen höheren Vergärungsgrad als stickstoff- 
arme. Abstände im Zuckergehalt der Moste können ähnliche Unter- 
schiede bedingen, freilich nur dann, wenn die Abweichungen nicht zu 
klein sind. So entsteht in Mosten, die über 30 Proz. Zucker enthalten, 

»; bei gleicher höherer Temperatur weniger Alkohol als in Mosten von etwa 
25-27 Proz. Zucker, was unter anderem aus einer Arbeit von R. von 
DER HEIDE (1) ersichtlich ist. 

Der Einfluß der Temperatur erstreckt sich auch auf die Glycerin- 
Bildung der Hefen, eine Erscheinung, die deswegen ihre Bedeutung 

3ohat, weil Weine mit höherem Gehalt an Glycerin vollmundiger und wert- 
voller sind als Weine von geringem Glyceringehalt. Nach den Beob- 
achtungen von MÜLLER-THURGAU (10) entsteht bei mittleren Temperaturen, 
die den Hefen die besten Lebensbedingungen bieten, gewöhnlich mehr 
Glycerin als bei sehr hohen und sehr niedrigen Wärmegraden, unter 

3 deren Einwirkungen die Entwicklung und Arbeit der Hefen schon etwas 
gehemmt werden. MÜLLER-TuurGAau (10) erklärt diese Erscheinung mit 
dem Hinweis, daß die Hefen stets um so mehr Glycerin abscheiden, je 
mehr sie in ihren Lebensäußerungen begünstigt sind. Bei der Wein- 
eärung sind diese Bedingungen nach seinen Erfahrungen verwirklicht 

und ist demnach die Glycerinbildung am ergiebigsten, wenn die Gärung bei 
15—25° 0 verläuft; innerhalb dieser Temperaturgrenzen sind gesetz- 
mäßige Schwankungen in der Entstehung von Glycerin nicht nach- 
zuweisen, wozu freilich bemerkt werden muß, daß bei der Unzulänglich- 
keit der Glycerinbestimmungen genaue Feststellungen in dieser Beziehung 

süberhaupt nicht möglich sind. 

Inwieweit die Gärtemperatur auf den Gehalt der Weine an Bouquet- 
stoffen (s. Bd. IV, S. 394) einwirkt, ist noch nicht sicher entschieden. 
Im allgemeinen neigt man in der Praxis der Annahme zu, dab tiefere 
Gärtemperaturen der Entwicklung des Weinbouquets mehr zustatten 

sokommen als höhere, was sich wohl aus der Beobachtung erklärt, dab 
unter der Einwirkung höherer Wärmegrade, wenn die Gärung sehr 
stürmisch vor sich geht, mit der austretenden Kohlensäure auch ver- 
hältnismäßie viel Bouquetstoffe entweichen. Bei kleineren Mosten, die 


a 


wenig Traubenbouquet enthalten, könnte ein derartiger Verlust an 
Bouquetstoffen den Wert des Weines wohl etwas herabsetzen, bei der 
Vergärung wertvollerer Moste dürfte er aber nur dann von Nachteil 
sein, wenn es sich um sehr flüchtige Bouquets besonderer Traubensorten, 
wie z. B. des Muskatellers, handelt. RosEnstieaL (3) und MATHIEU (1) 5 
glauben allerdings nachgewiesen zu haben, daß auch bei Rotweinen tiefere 
Gärtemperaturen das Bouquet verbessern. Bei den feineren Rheingauer 
Riesling-Mosten wirken Gärtemperaturen von 20—25° © noch in keiner 
Weise ungünstig auf die Blume ein, was MÜLLER-THurGAU (10) bei Ver- 
suchen im großen zuerst festgestellt hat. 10 

Aehnlich wie die Bouquetstoffe wird sich voraussichtlich auch der 
Alkohol mit steigender Gärtemperatur in zunehmender Menge ver- 
flüchtigen, entsprechend der mit der Erhöhung der Temperatur an- 
wachsenden Stärke der Kohlensäure-Entwicklung. 

Von größter Bedeutung für die Praxis ist die Frage, welche 
Temperatur sich für die Weingärung am besten eignet. Nach den 
Erfahrungen von MÜLLErR-THuRGAU (10) kommen dabei Wärmegrade, 
die 25° C übersteigen, überhaupt nicht in Betracht, weil sie die Gärung 
anfangs zu stark beschleunigen und dann vorzeitig unterdrücken. Die 
Folge davon sind nicht nur Verluste an Alkohol und Bouquetstofien, 20 
sondern auch unvollkommen vergorene Weine, die stets zu Nachgärungen 
und Weinkrankheiten neigen. Steigt die Temperatur der gärenden 
Moste über 30°C, dann stellen sich “Bakterienkrankheiten meist schon 
vor Abschluß der Hauptgärung ein, und zwar gilt dies besonders vom 
Essigstich, vom Milchsäurestich und von der Mannitgärung. In südlichen 
Ländern, wo die Moste sich leicht über 35°C erwärmen, sind infolge- 
dessen gerade diese Weinkrankheiten überaus häufig, wie auf S. 389 des 
vorliegenden Bandes bereits erwähnt ist. Naturgemäß ist es nicht gleich- 
gültig, ob sich die Gärtemperatur dauernd oder nur zeitweilig über 25°C 
erhöht. Eine vorübergehende Erwärmung der Maischen oder Moste aufso 
25—30° C istnach MÜLLER-THURGAU (10) im Anfang nicht weiter schädlich 
und nur nach der stürmischen Gärung wirklich bedenklich. Bei dauernder 
Einwirkung machen sich die Nachteile der Temperatursteigerung dagegen 
stärker bemerkbar. In diesem Falle genügt nach MÜLLER-TaurGAau (10) 
oft schon eine Erhöhung der Gärtemperatur auf 25°C, um eine völlige » 
Durchgärung der Moste zu verhindern. 

Bei der Weingärung nicht angebracht sind auch Temperaturen, die 
unter 15°C liegen, wenigstens in allen denjenigen Fällen, in denen Rein- 
hefen nicht zur Anwendung kommen. Wie schon lange bekannt und 
neben anderen besonders von BLANKENHORN (1 u. 2), MÜLLER-THURGAU (1) 40 
und Rousszaux (2) genauer verfolgt worden ist, kommt die Gärung bei 
diesen Wärmegraden zu langsam in Gang und nimmt dabei einen so 
schleppenden Verlauf, dab sich gewöhnlich Nebengärungen einstellen. 
Man vergleiche damit das auf S. 388 Gesagte. 

Am günstigsten für die Weingärung sind nach MÜrLLer-TnuurGau (1)a 
(särtemperaturen von 15—25°C. Einen bestimmten, innerhalb dieses 
Temperaturabstandes liegenden Wärmegrad während der ganzen Dauer 
der Gärung einzuhalten, ist in der großen Praxis unmöglich, weil die 
Moste ganz verschiedene Zusammensetzung zeigen, zu verschiedenen 
Zeiten und mit verschiedener Anfangstemperatur in den Gärkeller ge- s 
langen und infolgedessen auch in der Stärke und Dauer der Selbst- 
erwärmung solche Abweichungen zeigen, daß eine Ausgleichung der 
Unterschiede durch Wärmezufuhr oder Kühlung so gut wie aussichtslos 


- 


5 


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[271 


— 4383 — 
ist. Nach MÜLLER-THuURGAU (10) ist es aber auch nicht einmal wünschens- 
wert, die Gärung bei gleichbleibender Temperatur durchzuführen, da 
nach seinen Erfahrungen die besten Erfolge erzielt werden, wenn die 
Moste sich zur Zeit der stürmischen Gärung bis auf 25°C erwärmen 
5dann aber nach und nach bis auf 15°C abkühlen. 

Wie bereits MÜLLER-TuurGau (10) betont hat, ist es zweckmäßig, 
innerhalb dieser Temperaturgrenzen kleine Verschiebungen nach unten 
oder nach oben eintreten zu lassen, je nachdem die Beschaffenheit der 
Moste die Gärung begünstigt oder nicht. So werden zuckerreiche Moste 

aus edlen Trauben und guten ‚Jahrgängen nach MÜLLER-THuRGAU (10) 
besser bei etwas höheren Temperaturen vergoren als Traubensäfte aus 
weniger guten Trauben und weichen Sorten, weil Moste dieser letzteren 
Artin der Regel an sich stürmischer gären als solche der ersteren. Noch 
schärfer hat Worrmans (1) diese Tatsache betont. Nach seinen Er- 

5 fahrungen ist es am vorteilhaftesten, Moste mit einem Zuckergehalt von 
20—25 Proz. auf eine Anfangstemperatur von 12—15°C, solche von 
geringerem Zuckergehalt auf eine Anfangstemperatur von 10—12°C 
einzustellen, wobei jedoch vorausgesetzt wird, daß die Moste nach dem 
auf S. 403 beschriebenen Verfahren von WOorTMmAanN unter Zusatz von 

»Reinhefe vergoren werden und dabei durch Selbsterwärmung eine 
Temperatur-Erhöhung von 10—11°C erfahren. 

Während Worrmann (1) also nahezu dieselben Gärtemperaturen 
empfiehlt wie MÜLLER-TrurGAu (10), halten französische Forscher vielfach 
höhere Wärmegrade für besser angebracht. So glaubt BourraArp (1) auf 

»Grund seiner Beobachtungen, daß das Temperatur-Optimum der Wein- 
gärung bei 25°C liegt. Die Wärmegrenzen, die ohne Schädigung für 
den Verlauf und Erfolg der Gärung nicht überschritten werden dürfen, 
bestimmt er zu 20 und 32°C. Rouvcıer (1) hält Gärtemperaturen von 
25— 30°C für die besten, während Roos (1,2,3) sowie Roos und ÜHABERT (1) 

soes für noch günstiger ansehen, wenn die Gärung wenigstens in den ersten 
Tagen bei 30°C verläuft. Allerdings beziehen sich diese Angaben auf 
die Rotweinbereitung unter Verhältnissen, wie sie im Süden Frankreichs 
gegeben sind, wobei angenommen wird, daß in diesem Gebiet und in 
Ländern von ähnlichen klimatischen Bedingungen bei der Weingärung 
vorzugsweise Hefen tätig sind, deren Temperatur-Optimum erheblich 
höher liegt als bei den Hefenrassen nördlicher Gegenden. Die auf S. 434 
erwähnten Untersuchungen von Kayser (5) stützen diese Auffassung bis 
zu einem gewissen Grade. Nicht unerwähnt sei, daß bei der Rotwein- 
bereitung in otfenen Gärbütten eine höhere Temperatur im Anfang der 

s Gärung möglicherweise auch deswegen zweckmäßig ist, weil dabei schnell 
größere Mengen von Alkohol entstehen, die der Vermehrung schädlicher 
Weinbakterien entgegenwirken. Auch kommt hinzu, daß nach den Be- 
obachtungen von Roos und CHABerr (1) bei etwas wärmerer Vergärung 
die Farbe der Rotweine lebhafter ausfällt, und daß Rotweine gegen eine 

4 Temperatursteigerung an sich wohl weniger empfindlich sind als Weiß- 
weine. In neuerer Zeit mehren sich allerdings auch in Frankreich die 
Stimmen für die Zweckmäßiekeit tieferer Gärtemperaturen. So empfiehlt 
Pacorrer (1), Weißweinmoste bei 16—18° C, Rotweinmaischen bei 18 bis 
20°C zu vergären, und auch RosexstıeHt (3) wie MArHıeu (1) glauben 

soauf Grund ihrer Beobachtungen über die Bouquetbildung, dab es vorteil- 
haft sei, die Temperatur bei der Weingärung unter 20°C zu halten. 

Für die Entscheidung der Frage, welche Gärtemperatur im Kellerei- 
betrieb eingehalten werden muß, ist natürlich sehr wesentlich, ob die 


’ 


Pe 


— 4139 — 


Weine unter Zusatz von Hefe vergoren werden oder nicht. Im all- 
gemeinen kann man annehmen, daß bei Zugabe reichlicher Mengen von 
Hefen zum Most tiefere Gärtemperaturen zulässig sind als ohne Hefen- 
zusatz. Wie Vırvox (1) gezeigt hat, kann man es durch geeignete Aus- 
wahl und zweckentsprechende Anwendung von Hefen sogar erreichen, 
Rotweinmaischen bei 4°C zu vergären. In ähnlicher Weise, d.h. durch 
Verwendung von Hefen, die an größere Wärme angepaßt sind, wird man 
auch den Nachteilen höherer Gärtemperaturen entgegenwirken können, 
wenn auch nach dieser Richtung die Grenzen enger gezogen sind als 
nach der Seite der tieferen Wärmegrade. 10 

Die technischen Einrichtungen zur Erzielung geeigneter Gärtempera- 
turen sind im $ 95 des vorliegenden Bandes bereits beschrieben. Nach- 
getragen sei an dieser Stelle nur noch, daß bei der Temperaturregelung 
auf die Selbsterwärmung des Gärgutes Rücksicht zu nehmen ist. Ueber 
die Temperatursteigerungen, mit welchen dabei zu rechnen ist, hat» 
MÜLLER-THURGAU (22) Ermittlungen angestellt. Er beobachtete in einem 
Falle. daß bei einer gleichbleibenden Kellerwärme von 12,5°C die 
Temperatur von sechs untersuchten Johannisberger Mosten während der 
Gärung im Mittel von 10,2° auf 21,8°C stieg. Müntz und Rousseaux (1) 
sowie RoussEaux (2) haben Beobachtungen über die Selbsterwärmung % 
gärender Rotweinmaischen veröffentlicht, allerdings ohne nähere Angaben 
über die Temperatur der Gärräume und andere wichtige Begleitumstände 
der Gärung. Die durch sie ermittelten Werte lassen erkennen, daß Ab- 
stände im Zuckergehalt der Moste entsprechend den Verschiedenheiten 
in der Gärung Aenderungen in der Art der Selbsterwärmung verursachen, 5 
die bei der Gärführung sorgfältig beachtet werden müssen. Nicht minder 
ist für den Kellereibetrieb die Tatsache wichtig, daß die Gärungswärme 
in größeren Fässern zu höheren Temperatursteigerungen führt als in 
kleineren Behältern. die eine größere Oberfläche besitzen und infolge- 
dessen auch mehr Wärme abgeben als größere Gebinde. Daß es sich » 
dabei um ganz beträchtliche Schwankungen handelt, haben die Beob- 
achtungen von MÜLLER-TaurGAau (10) gelehrt, bei denen sich in einem 
Falle herausstellte, dab die stärkste Erwärmung über die Kellertemperatur 
von 13°C 


[311 


in Halbstückfässern (6 hl) bei verschiedenen Mosten 6—9° 0 ” 
in Stückfässern (12 h]) „ £ „  7-12°C 
in 4-Stückfässern (48 hl) , “ n Y2°U 
in 6-Stückfässern (72 hl) bei einem Most 20°C 


betrug. MüÜrLLEr-TnuurGau (10) empfiehlt deshalb, die Moste in Fässern 
von gleichem und nicht zu großem Rauminhalt zu vergären. Wenn dies 
Gärbehälter, wie vielfach in Deutschland, nur 6—12 hl fassen, kann man 
mit Wortmann (1) annehmen, dab die Selbsterwärmung zu einer durch- 
schnittlichen Temperatursteigerung von 10—11’ © führen wird. In 
diesem Falle genügt in der Regel schon eine Erwärmung der Kelter- 
häuser und Gärkeller auf 15°C, um die Moste und Maischen auf dies 
für die Gärung günstigste Temperatur von 20—25° 0 einzustellen. Nur 
bei Verarbeitung von Mosten, die kälter sind als 10°C, müssen die Gär- 
räume anfangs etwas stärker geheizt oder die Moste selbst angewärmt 
werden. Meist ist es aber auch unter diesen Verhältnissen ausreichend, 
wenn die Keller zu Beginn der Gärung auf eine Temperatur von 16 bis so 
19°C gebracht werden. In südlichen Ländern, wo die Anfangstemperatur 
der Moste fast immer 20°C übersteigt und die Gärräume gewöhnlich 


— 40 — 


zu warm liegen, läßt sich die Gärtemperatur, wie im $ 95 schon aus- 
führlich beschrieben ist, natürlich nur mit Hilfe von Kühlvorrichtungen 
in den erforderlichen Grenzen halten. 


$ 104. Der Einfluß der Luftzufuhr und des Lichtes auf die 
Weingärung. 


© 


Die Zufuhr der Luft hat für die Weingärung nicht die Bedeutung, 

die man ihr nach den älteren Versuchen von BLANKENHORN und RÖSLER (1), 
BLANKENHORN (3), Morıtz (1), MoLnAR (1), NEUBAUER (2), DAHLEN (1), 
Maca (1), Roroxopı (1) und anderen beigemessen hat. Durch die genannten 
ıo Forscher ist allerdings festgestellt worden, dab Traubenmoste schneller 
vergären, wenn sie einmal oder wiederholt gelüftet werden, eine Er- 
scheinung, die in erster Linie wohl auf den günstigen Einfluß zurück- 
zuführen ist, den die Lüftung auf die Zellvermehrung der Hefen ausübt. 
Wie auf S. 122 des Vierten Bandes bereits bemerkt ist, wirkt bei einer 
ıs derartigen Behandlung der Moste nicht nur der Ueberschuß an Sauer- 
stoff anregend auf die Sprossung der Hefen ein, sondern diese wird auch 
dadurch begünstigt, daß der durch den Most hindurchstreichende Luft- 
strom entwicklungshemmende Stoffwechselprodukte der Gärung, wie 
Kohlensäure und flüchtige Säuren, mit fortführt und die Hefen gleich- 
2»ozeitig durch die mechanische Erschütterung (s. Bd. I, S. 460) in innigere 
Berührung mit dem Gärstoff bringt. Infolgedessen tritt eine Beschleunigung 
der Gärung auch dann ein, wenn an Stelle von Luft Wasserstoff, Kohlen- 
säure oder ein anderes Gas durch die gärenden Moste geleitet wird, was 
schon die älteren Beobachtungen von Morıtz (1 u. 2) erwiesen haben. 
25 Die günstige Wirkung der Luftzufuhr auf die Sprossung der 
Hefen gibt sich auch bei der Weingärung in einer Steigerung der ent- 
stehenden Mengen an Bodensatzhefe (Trub) zu erkennen. In einem Ver- 
such von NEUBAUER (2) lieferten 1000 ccm Riesling-Most bei einmaliger 
Lüftung unmittelbar nach dem Keltern und der Vergärung unter völligem 
so Luftabschluß 2,4 & bei 100° C getrockneten Hefentrub, bei Gärung unter 
täglicher Zuleitung von Luft dagegen 4,37 g Trockenhefe. Wie schon 
Weısevr (1) bemerkt hat, ist diese Erhöhung des Trubgewichts nicht 
nur auf eine stärkere Zellvermehrung der Hefen, sondern auch darauf 
zurückzuführen, daß unter der Einwirkung des Luftsauerstofts lösliche 
3 Mostbestandteile in unlösliche übergehen, wobei sich vermutlich ähnliche 
Umsetzungen abspielen wie bei dem auf S. 680 des Ersten Bandes be- 
schriebenen Braunwerden frisch gepreßter Apfelmoste Für die An- 
nahme, daß, wie bei jenem Vorgang, auch hier Oxydationsprodukte von 
Gerbstoffen entstehen, die mit den Eiweißkörpern des Mostes unlösliche 
ı Verbindungen eingehen, spricht wenigstens die Beobachtung von 
Weısent (1), wonach die beim Lüften steriler Moste entstehenden 
Abscheidungen stickstoffhaltig sind. Das Gewicht dieser Beimengungen 
ist im Verhältnis zu den Hefen aber kaum sehr hoch, sodaß die Ver- 
mehrung des Trubs in gelüfteten Weinen im wesentlichen doch durch 
seine größere Zahl von Hefenzellen bedingt sein wird, wie das auch den 
Erfahrungen bei der im $ 26 des Vierten Bandes besprochenen Luft- 
hefen-Fabrikation entspricht. Die Zunahme an Hefenzellen und der da- 
durch bedingte stärkere Verbrauch an Stickstoffnahrung erklären im Zu- 
sammenhang mit der vorhin erwähnten Abscheidung von Eiweißkörpern 
so vielleicht schon allein die von NEUBAUER (2), MounäÄr (1), Macn (1) und 


— 4dl — 


Roroxopı (1) übereinstimmend bekundete Tatsache, daß Moste, die während 
der Gärung gelüftet werden, Weine von geringerem Stickstoffgehalt 
liefern als Moste. die unter Luftabschluß vergären. An dem Zustande- 
kommen dieser Erscheinung könnte freilich auch der Stickstoffumsatz 
der einzelnen Hefenzelle beteiligt sein. und es mag deshalb erwähnt 5 
werden, daß nach einer Beobachtung von Kurısc# (1) bei der Umgärung 
von Weinen ein Zusatz von Ammoniumsalzen von den Hefen otfenbar 
besser ausgenutzt wird, wenn die Weine während der Gärung gelüftet 
werden. Die Herabsetzung des Stickstoff-Gehaltes der Weine rechnet 
man zu den Vorzügen des Lüftungsverfahrens, weil man beobachtet ıo 
hat, daß stickstoffarme Weine weniger zu Trübungen und Krankheiten 
neigen als stickstoffreiche. Dasselbe könnte man mit Bezug auf die 
Erhöhung des Glycerin-Gehaltes sagen, die sich nach MÜLLER-TaurGar (4) 
einstellen soll, wenn den Mosten während der Gärung Luft zu- 
geführt wird. 15 

Diesen kleinen Vorteilen stehen aber große Nachteile gegenüber, 
unter denen nicht der geringste die Braunfärbung ist, welche weibe 
Traubensäfte, sowie Aepfel- und Birnmoste in Berührung mit der Luft an- 
nehmen. Wie auf S. 680 des Ersten und S. 54 des vorliegenden Bandes 
näher auseinandergesetzt ist, beruht diese Farbenänderung jedenfalls 20 
auf einer Oxydation von Gerbstoffverbindungen. bei der möglicherweise 
Oxydasen als Sauerstoffüberträger mitwirken. Die Neigung zur Braun- 
färbung ist bei einzelnen Traubensorten, wie beim Riesling, besonders 
eroß und zeigt sich ferner außerordentlich leicht bei Mosten aus faulen 
Trauben, bei denen stets die Gefahr des Rahnwerdens vorliegt. Man» 
vergleiche damit die Darlegungen auf S. 681 des Ersten Bandes sowie 
$ 113 des folgenden Kapitels. Auch wenn die Berührung mit der Luft 
nur zu einer dunkleren Färbung des Weines führt, ist sie von großem 
Schaden, weil die oxydierten Mostbestandteile dem Wein einen unreinen 
und „rapsigen“ Geschmack verleihen und hochfarbige Weißweine heute » 
schon an sich einen geringeren Handelswert besitzen als helle grünliche 
Weine. 

Aus ähnlichen Gründen ist stärkere Lüftung auch bei der Rotwein- 
gärung bedenklich, weil der rote Traubenfarbstoff dabei unter Spaltungs- 
und Oxydationsvorgängen ebenfalls in eine braune unlösliche Verbindung 
übergeführt werden kann, wie deutlich daraus ersichtlich ist, dab die 
schwach rot gefärbten Moste, die man beim Abpressen roter Trauben 
erhält, nach den Verfahren von Bourrarp und SEmIcHox (1) sowie 
Martınann (3) durch starke Lüftung leicht entfärbt werden können. 
Man vergleiche damit S. 682 des Ersten Bandes. Ebensowenig dürfte 
für die Lüftung der gärenden Moste sprechen, dab bei diesem Verfahren 
die Bildung der Aldehyde und’ Ester nach den Untersuchungen von 
Kayser und Demorvon (1) anders verläuft als bei der Gärung unter Luft- 
abschlub. Die von Roroxpı (1) und anderen bekundete Tatsache, dab 
Weine aus gelüfteten Mosten schneller altern, hat höchstens für dies 
Rotweinbereitung einige Bedeutung, da Weißweine mit Altelgeschmack 
heute im allgemeinen nicht so viel Handelswert haben wie junge frische 
Weine. Sehr bedenklich ist bei der Lüftung die Begünstigung, welche 
die Gärungsschädlinge, besonders die Essigsäure-Bakterien, die Kahm- 
pilze und die Schimmelpilze, unter der Zuleitung von Sauerstoff erfahren, so 
womit man S 95 vergleiche. 

Infolge dieser Nachteile ist die Lüftung der gärenden Moste auch 
da, wo sie vorübergehend in Aufnahme gekommen ist, bald wieder auf- 


Ber 


gegeben worden, wobei wohl die von MÜLLER-THURGAU (4) bestätigte Er- 


fahrung den Ausschlag gegeben hat, dab im Kellereiheteieh Moste von 


gewöhnlicher Beschaffenheit uneelüftet ebensogut vergären wie gelüftet. 
Es ist das auch verständlich, "weil die Moste beim Mahlen und Ab- 
spressen der Trauben schon so viel Sauerstoff aufnehmen, als zur Anregung 
des Hefenwachstums erforderlich ist. Wenn die gemahlenen Trauben, 

wie das bei der Rotweinbereitung fast allgemein üblich ist, zur Besei- 
tigung der Traubenstiele noch durch eine "Entrappungsmühle getrieben 
werden, ist diese Art der Sauerstoffzufuhr, wie auch Sanxmno (1) be- 

ı merkt hat, sogar sehr ergiebig: die Beeren werden in den Entrappungs- 
Apparaten durch Schleuderwirkung so stark zerrissen und verteilt, dab 
die in feinen Strahlen und Tropfen ablaufende Maische mit der Luft 
in die innigste Berührung kommt. 

Aus denselben (ründen hat man in neuerer Zeit auch das in Fran- 

15 zösisch-Lothringen früher übliche Verfahren der Schaufelweinbereitung, 
bei der die nach und nach in die Bottiche eingebrachte Rotweinmaische 
24—48 Stunden lang mit Schaufeln von einer Seite des Gärbehälters 
nach der anderen seworfen und so einer ähnlichen Behandlung wie 

. bei der Zufuhr von Druckluft unterzogen wurde, ganz allgemein ver- 

20 Jassen. 

Mit Erfolg wird das Lüftungsverfahren dagegen heute noch zur 
Beseitigung gewisser GÄrungsstockungen benutzt, wie sie eintreten 
können, wenn die Moste vegen Ende der Gärung sich zu stark abkühlen 
oder schleimig werden, und wie sie auch bei zuckerreichen Auslese- 

> weinen vorkommen, bei denen sich die Hefen nicht selten fest zu Boden 
setzen, bevor sie genügende Mengen von Alkohol gebildet haben. Wie 
MÜLLER-THURGAU (4) und WORTMANN (1) hervorheben, läßt sich in der- 
artieen Fällen die ruhende Hefe durch Lüften der Weine leicht wieder 
zur Gärtätigkeit anregen. Nach WORTMANnN (1) ist die Lüftung unter Um- 

soständen auch bei der Umgärung von Weinen angebracht, worauf im S 110 
noch zurückzukommen sein wird. Kayser (5) empfiehlt die Lüftung für die 
Vergärung pasteurisierter Moste, was seine Berechtigung hat, weil die 
Moste beim Erwärmen die größte Menge der aufgenommenen Luft wieder 
abgeben. Unbestritten ist endlich der Nutzen der Lüftung, wenn es 

3 sich darum handelt, geschwefelte Moste oder Weine in Gärung zu 
bringen. Der günstige Einfluß der Luftzufuhr beruht hier naturgemäß 
in erster Linie auf der Umwandlung der gärungshemmenden schweiligen 
Säure in Schwefelsäure und erst in zweiter Linie auf der Anregung 
des Hefenwachstums durch Zuleitung von Sauerstoff. 

40 Was die Ausführung der Lüftung anbelangt, so genügt es in 
den meisten Fällen, den Wein durch eine Brause oder ein siebartig 
durchlochtes Rohr (Reißrohr) abzuziehen. Zweckmäßig ist es allerdings, 
an Stelle dieser Ablaufvorrichtungen den von MooG empfohlenen Aus- 
lauf zu benutzen, bei dem der Lüftungsansatz mit einem Wattefilter 

s verbunden werden kann. Als ausreichende Lüftung wirkt auch die bei 
der Rotweinbereitung vielfach übliche Umfüllung des gärenden Mostes 
(remontage), wie sie auf S. 390 beschrieben worden ist. Das Verfahren 
von Bazo (1), den Mosten durch Schlagen mit einer zweiarmigen Dreh- 
schaufel (Mostpeitsche) Luft zuzuführen, ist nicht mehr in “Gebrauch. 

so Dagegen bedient man sich in neuerer Zeit zur Durchlüftung der Moste 
und Weine wohl der Weinpumpen, was den Vorteil hat, daß man die 
Luft vor der Ueberleitung in den Most durch ein Luftfilter saugen Kann. 
Näheres über die Vorrichtungen zur Lüftung findet man in den Lehr- 


a nn na 


— 43 — 


büchern von BaBo und Mack (1), NEssLER (1) und Meıssxer (1). Bei der 
Vornahme der Lüftung ist Vorsicht geboten, wenn die Moste sehr kalt 
lagern, weil in diesem Falle die bei der Lüftung eintretende Abkühlung 
des Gärstoffes leicht zu grob wird. Bei trubhaltigen Weinen empfiehlt 
WorTMmanN (1) vor Ausführung der Lüftung stets eine Untersuchung 5 
des Trubs vorzunehmen. Enthält dieser zu viel tote Hefen oder Ver- 
unreinigungen, so ist von der Lüftung abzusehen, um die Entstehung 
von Trübungen und nachteiligen Geschmacksveränderungen des Weines 
zu vermeiden. Noch weniger ist die Lüftung zulässig, wenn in dem 
Trub schädliche Gärungserreger in größerer Menge vorkommen, weil ıo 
diese durch die Zuleitung von Sauerstoff leicht stärker begünstigt werden 
als die Hefen. Es gilt dies nicht nur von den Erregern der eigent- 
lichen Weinkrankheiten, wie z. B. den Essigsäure-Bakterien, sondern auch 
von den Apiculatus-Hefen, deren Wachstum nach den Untersuchungen 
von Röruıss (1) durch die Gegenwart von freiem Sauerstoff ganz außber- ı5 
ordentlich gefördert wird. Man vergleiche damit S. 321 des Vierten 
Bandes. 

Ueber die Beziehungen des Lichtes zur Weingärung haben Lusı- 
MENKO und FROLOFF-BAGREIEF (1) Untersuchungen angestellt, aus denen 
zu entnehmen ist, daß im Licht die Vermehrung der Hefen langsamer »0 
vor sich geht und die Kohlensäure-Entwicklung etwas schwächer ist als 
bei Lichtabschluß. Auch sollen die Hefen unter der Einwirkung des 
Lichtes etwas gröbere Mengen von Glycerin, von nicht-Hüchtigen und 
besonders von flüchtigen Säuren erzeugen als in der Dunkelheit, wozu 
freilich zu bemerken ist, daß diese Angaben, wenigstens soweit sie sich: 
auf die Glycerinbildung beziehen, wegen der Unsicherheit der chemischen 
Glycerin-Bestimmung als gut begründet nicht anzesehen werden können. 
Der Gehalt des Weines an Estern und das Trockengewicht des ent- 
stehenden Hefentrubs sollen sich unter dem Einfluß des Lichtes nicht 
merkbar ändern. Die Einwirkung des ultravioletten Lichtes auf die 
Weingärung haben MaurArm und WARCOLLIER (1 u. 2) untersucht, dabei 
aber nur auf die entwicklungshemmende Kraft dieser Strahlengattung 
geachtet. Erinnert sei an dieser Stelle auch an die auf S. 350 bereits 
erwähnten Untersuchungen von Marrınanp (2), wonach in südlichen 
Ländern der Eintritt der Weingärung dadurch verzögert werden kann, 3 
dab die auf den Trauben sitzenden Hefen durch starke Besonnung getötet 
oder geschwächt werden. 


iv 
[>71 


$ 105. Die Beeinflussung der Weingärung durch Pilzgifte. 


Von Pilzgiften, die für die Technik der Weingeärung Bedeutung 
haben, kommt in erster Linie die schweflige Säure in Betracht, die 
nach BassErRMANnN-JoRrDan (1) vielleicht schon seit römischer Zeit, sicher 
aber seit dem Mittelalter bei der Weinbereitune in Gebrauch ist. 
Meist wird sie durch Verbrennen von sogen. Schwefelschnitten er- 
zeugt, d. h. von dünnen, streifenförmigen Schwefelscheiben, die mit 
einer Papier- oder Asbesteinlage versehen sind. Die neuere Keller- 
wirtschaft benutzt die schweflige Säure außerdem in komprimiertem 
Zustande, in wässeriger Lösung oder in Gestalt der auf S. 408 erwähnten 
Alkalibisulfite Das Kinschwefeln „eschieht bei der Weinbereitung 
hauptsächlich zu dem Zweck, Moste oder Weine haltbar zu machen oder 
Gärfässer und Kellereigeräte zu desinfizieren. Seit der Einführung des w 


) 


-_ 


Sulfitverfahrens dient es ferner zur Verbesserung der Mostgärung, wie 
im $ 98 näher beschrieben ist. An jener Stelle sind die Beziehungen 
der schwefligen Säure zur Weingärung bereits gestreift, doch sind hier 
mit Rücksicht auf die vielseitige Anwendung des Schwefeldioxydes in 

sder Kellerwirtschaft und in Anbetracht des Umstandes, daß durch dieses 
Pilzgitt vielfach Gärungsstockungen hervorgerufen werden, noch einige 
ergänzende Angaben über den Einfluß der "schwefligen Säure auf den 
Verlauf der Weingärung und die Zusammensetzung der Weine nach- 
zutragen. Zu erinnern ist an dieser Stelle noch an die Möglichkeit, 

ıdab kleine Mengen von schwefliger Säure bei der Gärung von Trauben- 
und Öbstmosten auch durch Enzymwirkungen der Hefen entstehen 
können, eine Erscheinung, auf welche die Untersuchungen von Haas (1) 
und Horrer (1) aufmerksam gemacht haben. Näheres darüber findet man 
auf S. 449 des Vierten Bandes. 

15 Wie manche anderen Gifte wirken kleine Mengen von schwefliger 
Säure fördernd auf die Mostgärung ein. Bei einem von SEIFERT (1) 
mit zwei reingezüchteten Weinhefen und pasteurisiertem Most durch- 
geführten Versuch zeigte sich eine solche Begünstigung der Gärung 
deutlich bei einer Anwesenheit von 20 mg schwefliger Säure im Liter 

2Most, was mit einer ähnlichen Beobachtung von FEKRNBACHER (1) gut 
im Einklang steht. Größere Mengen von schwefliger Säure verzögern 
den Eintritt der Gärung, und zwar genügen dazu, wie von MÜLLER- 
Tuursat (11) in Uebereinstimmung mit Roos (4) und anderen festgestellt 
worden ist, unter Umständen schon 40 mg Schwefeldioxyd im Liter 

»s Most. SEIFERT (1) hat bei seinen vorhin erwähnten Versuchen ermittelt, 
daß der Beginn der Gärung in pasteurisierten, mit Reinhefen geimpften 
Mosten durch 0,05 Promille schweflige Säure um 3—4 Tage, durch 
0,08 Promille um 6—7 Tage und durch 0,10 Promille um etwa 10 Tage 
hinausgeschoben wurde, wenn die Hefenaussaat nur so grob bemessen 

sowar, daß sie der Hefenmenge des natürlichen Mostes etwa gleichkam. 
Selbstverständlich äußert sich die gärungshemmende Wirkung des Schwefel- 
dioxydes nicht unter allen Verhältnissen gleich stark. Schwankungen 
bedingt schon die Zusammensetzung der Hefenflora, da die verschiedenen 
Arten und Rassen der Gärungserreger von schwefliger Säure in sehr 

3; wechselndem Grade beeinträchtigt werden, wie bereits auf S. 407 ein- 
gehender besprochen worden ist. Es kommt hinzu, daß sich nach 
MÜLLER-THURGAU (12) und anderen Bean auch die einzelnen 
Hefen verschieden gegen schweflige Säure verhalten, je nachdem sie 
durch die Zusammensetzung des Mostes im W achstum begünstigt sind 

s00der nicht. Im allgemeinen ist ihre Widerstandskraft gegen schweflige- 
Säure um so größer, je besser sie ernährt sind. Nach MarTınanD (4) 
steigert sich diese Fähigkeit schon, wenn die Hefen in stickstoffreichen 
Nährlösungen herangezüchtet werden. Erschweren noch andere Um-- 
stände die Gärung, dann erhöht sich die Empfindlichkeit der Hefen 

sgegen schweflige Säure. So scheint in Gegenwart von Alkohol 
die störende Einwirkung dieses Giftes auf die Gärung etwas stärker 
zu sein, was wenigstens von MÜLLER-THURGAU (2) behauptet worden 
ist. Nach Beobachtungen von SEIFERT (1) können bei der Unger 
von Weinen schon Mengen von 0,05 Promille schwefliger Säure den 

50 Eintritt der Gärung beträchtlich verzögern, und zwar selbst bei reich- 
licher Aussaat von Hefen, die von schwefliger Säure sonst weit weniger 
aneeeriffen werden. In ähnlicher Weise verstärkt sich der Einfluß der 
schwefligen Säure bei Anwesenheit von Essigsäure, wozu bemerkt sein 


—_— 45 — 


mag, daß wässerige Lösungen von schwefliger Säure nach den Fest- 
stellungen von Liıxossıer (1) bei Gegenwart geringer Mengen von 
Schwefelsäure weit giftiger auf Hefen einwirken als in reinem Zustande. 
Durch die Untersuchungen von MÜLLER-THUrRGAU (12) und SEIFERT (1) 
ist ferner erwiesen, daß die Beziehungen der schwefligen Säure zur 
Weineärung von der Menge der vorhandenen Hefen abhängig sind. 
Bei reichlicher Aussaat verträgt eine Hefe unter sonst gleichen Um- 
ständen mehr schweflige Säure als bei spärlicher Aussaat. SEIFERT (1) 
hat bei seinen oben erwähnten Versuchen erst auf Zusatz von 0,080 
bis 0,100 Promille schwefliger Säure eine Verzögerung im Beginn der 
Gärung bemerkt, wenn die pasteurisierten Versuchsmoste mit ein Pro- 
zent einer kräftigen Hefenzucht geimpft wurden, während bei kleinerer 
Aussaat, wie oben erwähnt, schon Mengen von 0,05 Promille schwefliger 
Säure dieselbe Wirkung erzielten. Die hier erwähnte Tatsache erklärt 
auch die Beobachtung, daß sich die Gärung in frisch abgepreßtem Most 
durch kleinere Mengen von schwefliger Säure unterdrücken läßt als in 
angegorenen Traubensäften. 

Nach Eintritt der Gärung wird der störende Einfluß der schwefligen 
Säure bald überwunden, so daß das Endergebnis der Gärung das- 


selbe ist wie bei Abwesenheit von Schwefeldioxyd, was übereinstimmend: 


von MÜLLER-THURGAU (11 u. 12) und SEIFERT (1) festgestellt worden 
ist. Bei Gegenwart von gärkräftigen Hefenrassen zeigt sich nach Beginn 
der Gärung sogar eher eine Begünstigung der Hefentätiekeit, wie ein 
Vergleich “der nachstehenden, von MÜLLER-THuRrGAU (12) ermittelten 
Zahlen deutlich erkennen läßt. Sie geben die Kohlensäure-Mengen an, 
die ein und derselbe Most mit und ohne Zusatz von schwefliger Säure 
bei seiner Vergärung mit verschiedenen Hefenrassen bis zu bestimmten 
Tagen entwickelt hatte: 


eeekicher Gehalt Gesamtmenge der entwickelten Kohlensäure 


Hefenrasse des Mostes an schwef- ing am: 
liger Säure in Promille |; 5. Tage I? . Tage 19. Tage ik Tage'23. Tage, 30. Tage 
Aßmannshausen 5 0,032 0,3 150 | 25,0 | 44,3 | 54,7 | 66,0 
0,0 7,0 15,6 | 20,5 | 42,7 | 597 | 65,3 
Wädenswil 4 0,032 0,0 0,0 0,0 23,7 59,7 77,0 
0,0 8,8 18,2 23.0 34,8 44,5 53.5 


Wie die hier für die Hefe Wädenswil 4 angeführten Zahlen be- 


weisen und MÜLLER-TnurGau (12) auch bei anderen Versuchen beob- ; 


achtet hat, zeigen gerade die durch eine schwache Giftwirkung der 
schwefligen Säure zu einer langsamen Entwicklung gezwungenen Hefen- 
zellen eine auffallend gesteigerte Gärkraft, die sich lebhaft äußert, wenn 
genügend Hefenzellen gebildet worden sind. Die hiermit wohl im Zu- 
sammenhang stehende Tatsache, daß Hefen durch dauernde Anzucht 


in eingeschwefelten Mosten gegen schweflige Säure widerstandsfähiger 
werden, ist im $ 98 so ausführlich behandelt worden, daß sie einer 


weiteren Erörterung nicht mehr bedarf; man vergleiche dazu auch die 


Bemerkungen auf S. 448 des Vierten Bandes. Dagegen muß noch auf 


einige Untersuchungen eingegangen werden, welche über die chemischen 
Veränderungen der schwefligen Säure im Most und Wein Aufschlüsse 
gegeben haben, die auf die Beziehungen der schwefligen Säure zur Wein- 
gärung neues Licht werfen. 


or 


[892 
[271 


3 


[271 


— 46 — 


Schon lange ist bekannt, daß sich die schweflige Säure im Most 
und Wein allmählich zu Schwefelsäure oxydiert, im allgemeinen in diesen 
Flüssigkeiten aber weit beständiger ist als in wässeriger Lösung. Die 
Aufklärung dieser eigenartigen Erscheinung ist angebahnt worden durch 
den Nachweis von Schaitt (1) und Rırper (1), daß im Wein weit mehr 
gebundene schweflige Säure enthalten ist als freie Auf Grund dieser 
Beobachtung haben die beiden Forscher die Vermutung ausgesprochen, 
daß sich die schweflige Säure im Wein mit Acetaldehyd zu aldehyd- 
schwefliger Säure vereinige. Später ist Rocquzs (1) der Nachweis 

gelungen, daß auch in geschwefelten Mosten reichliche Mengen von ge- 
bundener schwefliger Säure vorkommen. Da Acetaldehyd nicht zu den 
natürlichen Bestandteilen. des Mostes gehört, hat Rocauves seine Fest- 
stellung mit dem Hinweis erklärt, daß die schweflige Säure im Most 
eine Verkettung mit dem Zucker eingehe. Den einwandfreien Beweis 

ısfür die Richtigkeit dieser Annahmen hat Kerr (1) erbracht, der auch 
gezeigt hat, daß von den Zuckerarten des Mostes nur die Glucose, die 
ja ebenfalls die Eigenschaften eines Aldehyds besitzt, schweflige Säure 
bindet. Wie Kerp’s eingehende Untersuchungen gezeigt haben, voll- 
ziehen sich die Reaktionen zwischen der schwefligen Säure und den 

»obeiden Aldehyden nach folgenden Gleichungen: 


. / H / H 
CH,-CX _—+H-S0,H=CH,.C7-OH 
>@ \80,H 
Acetaldehyd Acetaldehydschwetlige Säure 


Re i Ber: 
CH,(OH)- (CH-OH), - 2 +H.S0,H=CH, (OR)-(CH-OH), CZ S0,H 


Glucose Glucoseschweflige Säure 


Die entstehenden Säuren wären danach als Oxysulfonsäuren aufzufassen, 
womit auch die auffallende Beständigkeit der schwetligen Säure im 
Weine und Moste im Einklang stehen würde. In neuerer Zeit ist man 
allerdings mehr geneigt, die acetaldehydschweflige Säure wegen ihrer 

»leichten Verseifbarkeit als den Schwefligsäure-Ester des Aethyliden- 
Glycols anzusehen. 

Sehr wichtig ist, daß die Reaktionen zwischen den Aldehyden und 
der schwefligen Säure niemals ganz zu Ende verlaufen, sondern nur zu 
einem Gleichgewichtszustand zwischen Aldehyd, schwefliger Säure 

sound aldehydschwefliger Säure führen. Es muß also der gebundenen 
schwefligen Säure stets ein bestimmter Anteil an freier schwefliger Säure 
entsprechen, der nach den Untersuchungen von Kerr bei der Bildung 
der glucoseschwefligen Säure stets größer ausfallen wird als bei der Ent- 
stehung der acetaldehydschwefligen Säure. 

35 Für die Praxis kommt nach diesen Feststellungen naturgemäß sehr 
in Frage, mit welcher Geschwindigkeit sich diese Reaktionen voll- 
ziehen, und wie sich die gebundenen schwefligen Säuren in der Gift- 
wirkung gegenüber der freien Säure verhalten. Nach Kerr ist die 
Reaktions-Geschwindigkeit sehr groß, und man wird danach annehmen 

können, daß auch im Wein und Most schon nach wenigen Stunden, 
sicher aber nach einigen Tagen der Gleichgewichtszustand erreicht sein 
wird. Durch Bestimmungen von Kerr (1) und Serrerr (1) ist das auch 
bestätigt worden, soweit die Verhältnisse im Wein in Betracht kommen. Im 
Most geht die Bindung der schwefligen Säure nach Duroxr und VENTRE (1). 


— 47 — 


ebenfalls sehr schnell vor sich, sobald nur geringe Mengen von Gesamt- 
schwefligsäure vorhanden sind, d. h. wenn also der Most hinsichtlich 
seines Gehaltes an schwefliger Säure nur eine sehr verdünnte Lösung 
darstellt. In diesem Falle ist die schweflige Säure schon nach kürzester 
Zeit bis auf wenige Milligramm in die gebundene Form übergegangen. 5 
Mit zunehmender Konzentration an Gesamtschwefligsäure wächst aber 
auch die Menge der freien Säure. So beobachteten Duroxt und VENTRE (1), 
daß ein Most, dem auf den Liter 100 mg schweflige Säure zugesetzt worden 
waren, nach 8 Tagen im Liter nur noch 8 mg freie schweflige Säure ent- 
hielt. Wurde der Zusatz aber auf 500 mg schweflige Säure erhöht. dann 10 
fanden sich nach der gleichen Zeit noch 140 mg freie schweflige Säure im 
Liter vor. Der Gleichgewichtszustand zwischen gebundener und freier 
schwefliger Säure soll im Most nach Duroxt und VENTRE (1) in der Regel 
nach 8—14 Tagen erreicht sein. MarrıyanD (4) will dagegen festgestellt 
haben, daß in geschwefelten Mosten anfangs größere Mengen von ıs 
schwefliger Säure in freiem Zustande erhalten bleiben. Ob die Versuchs- 
bedingungen in beiden Fällen dieselben gewesen sind, ist freilich fraglich. 
Baracıora und Goper (1) haben bei der Untersuchung überschwefelter 
spanischer Traubenmoste gefunden, dab der Anteil der freien schwef- 
ligen Säure an der vorhandenen Gesamtschwefligsäure in solchen Mosten 2 
sehr verschieden groß ist. In den von ihnen untersuchten Fällen schwankte 
er von etwa 2,6 Proz. bis auf etwa 54 Prozent. Worauf diese Abweichungen 
zurückzuführen sind, ist noch nicht festgestellt. Marrınap (4) hat ge- 
zeigt, dab in pasteurisierten Mosten die Bindung der schwefligen Säure 
anders verläuft als in nicht pasteurisierten. In Traubensäften, die vorher: 
durch Erhitzen sterilisiert worden sind, soll sich nach den Beobachtungen 
von MArTIıNAsD (4) schon innerhalb weniger Tage ein Gleichgewichtszustand 
zwischen freier und gebundener schwefliger Säure einstellen, der sich 
offenbar nicht ändert, wenn die Moste ohne weitere Zusätze bei Luft- 
abschluß aufbewahrt werden. In gewöhnlichen, nicht pasteurisierten 30 
Mosten verschwindet die freie schweflige Säure dagegen angeblich sehr 
schnell. Marrınanp (4) hat z. B. in einem mit 0,10—0,15 Promille schwet- 
liger Säure versetzten Most schon nach anderthalb Tagen freie schweflige 
Säure nicht mehr nachweisen können. Auch die gebundene schweflige 
Säure geht in solchen Mosten bald zurück, was ebenso wie die Abnahme 
der freien schwefligen Säure nach Marrınanp in erster Linie auf der 
Umwandlung der gesamtschwefligen Säure in Schwefelsäure, d.h. auf einem 
Öxydationsvorgang beruhen soll, der durch gewisse, in den festen Be- 
standteilen der Traubenmaische enthaltene Körper begünstigt wird. Nach 
einigen Versuchen von Marrınann (4) scheinen diese Stoffe den Luft- 
sauerstoff zu fixieren und an die schweflige Säure abzugeben, d. h. wie 
Sauerstoffüberträger zu wirken. ‘In der Hitze sind sie unbeständige, da 
in pasteurisierten Mosten die Oxydation der schwefligen Säure unter 
gewöhnlichen Verhältnissen, wie angegeben, nicht erfolgt. 

Sehr beachtenswert ist die Angabe von Marrınano (4 u.5), dab die: 
Gärung in geschwefelten Mosten sich stets erst dann einstellt, wenn die 
freie schweflige Säure völlig oder bis auf kleine Spuren verschwunden 
ist. Eine Bestätigung dieser Wahrnehmungen würde von erheblichem 
Belang für die Deutung der auf 8. 407 beschriebenen Anpassungs- 
erscheinungen sein, wie sie die Weinhefen gegenüber der schwefligen s 
Säure zeigen. Aus den Untersuchungen von Marrınanp kann auch ge- 
folgert werden, daß die gebundenen schwefligen Säuren für Hefen be- 
deutend weniger giftig sind als die freie Säure, Für die acetaldehyd- 


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— 43 — 


schweflige Säure ist das durch besondere Versuche durch SEIFERT (1) 
auch bewiesen worden, während für die glucoseschweflige Säure der- 
artige Beobachtungen nicht vorliegen. Rost und Franz (1) haben im 
tierphysiologischen Versuch allerdings gezeigt, daß gebundene schweflige 
5Säuren eine dem Komplex eigentümliche Wirkung nicht besitzen, sondern 
im Tierkörper nach Maßgabe des zur Abspaltung gelangenden Sulfit- 
Ions wirksam sind. Die glucoseschweflige Säure ist infolgedessen weit 
giftiger, da bei ihr die Spaltung erheblich weitgehender ist als bei der 
acetaldehydschwefligen Säure. 

10 In gärenden Mosten beteiligt sich nach MarrınanD (4 u.5) auch die 
Hefe an der Umwandlung der schwefligen Säure und zwar weniger 
durch Oxydierung der Säure als durch Bildung von Aldehyd. Wirksamer 
sollen in dieser Beziehung noch gewisse gärfähige Torulaceen sein, die 
nach Marrınann reichliche Mengen von Aldehyd bilden, und von denen 

ıseine von MarrtınanD (5) geprüfte Form im Most angeblich selbst bei 
Anwesenheit von 2,43 Promille Schwefeldioxyd noch Gärung hervorzurufen 
vermag. Werden die Moste erst während der Gärung mit den in der 
Praxis üblichen Mengen von 0,1—0,2 Promille schwefliger Säure versetzt, 
so kommt die Gärung, wie übereinstimmend beobachtet worden ist, nur 

ao vorübergehend zum Stillstand, um dann lebhaft von neuem einzusetzen. 
Nach Marrıxanp (5) soll sich auch in diesem Falle die Tätigkeit der 
Hefe erst von neuem bemerkbar machen, wenn die freie schweflige Säure 
durch Aldehydbildung bis auf Spuren zurückgegangen ist. Nur wenn 
der Zusatz während der Gärung öfter wiederholt wird, beginnt die Arbeit 
23der Hefe schließlich auch bei Anwesenheit von freier schwefliger Säure, 
aber die Mengen, die dann noch vorhanden sind, sollen in keinem Falle 
0,03 Promille übersteigen. 
Die Angaben über den Wirkungsgrad der schwefligen Säure, welche 
sich auf Beobachtungen in Rotwein-Gärbetrieben stützen, sind nach 

30 MARTINnAND (4) unzuverlässig, weil es, abgesehen von der Mitwirkung 
der erwähnten Torulaceen, zu schwierig ist, die an sich kleinen Mengen 
von schwefliger Säure oder schwefligsauren Salzen gleichmäßig auf die 
großen Massen von Traubenmaische zu verteilen. In den großen Gär- 
bottichen gibt es fast immer Maischeteile, die mit schwefliger Säure 

3snicht durchtränkt sind. An diesen Stellen beginnt die Gärung, und die 
dabei vor sich gehende Aldehydbildung soll viel zur Bindung der schwef- 
ligen Säure beitragen. Hinzu kommt außerdem, dab in den oberen 
Teilen der Bottiche, wo die Maische mit der Luft in Berührung steht, 
die Oxydation der schwefligen Säure angeblich so schnell vor sich geht, 

40 (laß hier die Gärung früher einsetzt als im Inneren der Behälter. Eine 
Nachprüfung aller dieser Angaben ist um so mehr geboten, als MARTINAND 
(4 u. 5) bei seinen Arbeiten die grundlegenden Untersuchungen von 
Kerr (1) offenbar nicht berücksichtigt hat. 

Aus den angegebenen Tatsachen ist aber mit Sicherheit zu ent- 
nehmen, daß zur völligen Unterdrückung der Gärung in Mosten 
ziemlich große Mengen von schwefliger Säure nötig sein werden. 
Während Bourrarp (2) 0,3 Promille und Duront und VENTRE (1) 0,4 Pro- 
mille dazu für ausreichend halten, glaubt Marrınannp (4), daß diese 
Mengen auf die Dauer nicht genügen können, besonders wenn die von 
soihm beschriebenen Torula-Arten in den Mosten vorhanden sind. Nach 
Lisossıer (1) unterdrückt erst ein Zusatz von 0,675 Promille die Gärung 
in Traubenmosten mit Sicherheit. Lixosster (1) hat auch versucht, die 


keimtötende Wirkung der schwefligen Säure in wässeriger Lösung zahlen- 


— 49 — 


mäßig festzulegen. Er hat je 100 ccm einer wässerigen Lösung von 
bekanntem Gehalt an schwefliger Säure mit je 1 ccm einer frischen 
Zucht von Weinhefe gemischt und nach verschiedener Einwirkungsdauer 
mit einem Tropfen dieses Gemenges eine gärfähige Nährlösung geimpft. 
Dabei hat er gefunden, daß eine wässerige Lösung von: 


1,350 Proz. SO, bei einer Einwirkungsdauer von 15 Minuten 


or 


0. 270 ” n” ” ” ” ” 60 
0,108 -., Be x a erzd Stunden 
0.054..,, ar e 2 „ mehreren Tagen 


die vorhandenen Hefen abtötete. Einige ähnliche Bestimmungen hat 
FERNBACHER (1) vorgenommen; man vergleiche darüber S. 536 des Ersten 


Bandes. 
Die Wirkung der schwefligen Säure auf die Zusammensetzung 


des Weines beruht zum Teil auf rein chemischen Veränderungen, an ıo 


denen Gärungserreger nicht beteiligt sind. Zu diesen, hier vorweg zu 
nehmenden Reaktionen gehören die Bildung der aldehyd- und der glucose- 
schwefligen Säure. die Erhöhung des Schwefelsäure-Gehaltes der Weine 
durch Oxydation der schwefligen Säure und die Bindung, die sich 


nach MarrınanD (5) zwischen dem Rotweinfarbstoff und der schwefligen ı5 


Säure vollzieht. Die aldehydschweflige Säure soll nach Scaumitt (1) zur 
Entstehung des Weinbouquets beitragen, was für die glucoseschweflige 
Säure, die sich nur in Süßweinen erhalten dürfte, nicht erwiesen ist. 
Naturgemäß erhöht die schweflige Säure auch an sich den Gehalt der 
Weine an Gesamtsäure. Wenn die schwetlige Säure den Mosten nicht 
in freiem Zustande, sondern in Form von schwefligsauren Salzen zu- 
gesetzt wird, kann sich auch der Mineralstoffzehalt der Weine merkbar 
ändern, worüber KEHLHOFER und HuBer (1) Bestimmungen ausgeführt 
haben. Mehr interessieren hier diejenigen Abweichungen in der Zu- 
sammensetzung der Weine, die durch die veränderten Lebensbedingungen 
der Gärungserreger zustande kommen. Sie sind in erster Linie die Folge 
der Auslese unter den vorhandenen Gärungsorganismen, eines Vorganges, 
auf den MArrınanD (4 u. 5), Mensıo (3) und Baracıora und GoDEr (1) 
ebenfalls hingewiesen haben. Nach Marrınanp (4 u. 5) kommen in ge- 
schwefelten Mosten besonders die bereits erwähnten Torula-Arten zur3 
Entwicklung, während Mexsıo (3) gezeigt hat, daß unter Umständen in 
solchen Mosten auch Formen vorherrschend sind, die dem Saccharomycodes 
Ludwigii nahestehen. BarAaGıora und GoDEr (1) haben diese Beobachtung 
bestätigt und mitgeteilt, daß die Pilzflora der Moste unter der Ein- 


1 


[5 
[71 


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0 


wirkung der schwefligen Säure auch in anderer Beziehung ein stark ab- % 


weichendes Aussehen erhält. Zum Teil sind die durch die schweflige 
Säure ausgelösten Veränderungen in der Beschaffenheit der Weine aber 
wohl auch der Ausdruck einer veränderten Stoffwechseltätiekeit der 
Hefen. Uebereinstimmend wird von Parıs (1), Passerınt (2) und Panta- 
NELLI (2) angegeben, dab sich die Einwirkungen dieser Art zunächst ! 
in einer Erhöhung der Alkohol-Ausbeute bemerkbar machen. In Birnen- 
weinen, die aus geschwefeltem Most hergestellt werden, ist der sogen. 
Zuckerrest, wie MüLver-Tuursau (13) beobachtet hat. gewöhnlich größer 
als in Weinen, die ohne Anwendung von Schwefeldioxyd gewonnen 
werden. Er besteht nach MÜLLER- THURGAU jedenfalls nicht aus einer 
der gewöhnlichen in Früchten vorkommenden Zuckerarten, sondern aus 
einem reduzierenden Körper, der von gewissen, in Obstsäften vorhandenen 
Milchsäure-Bakterien, nicht aber von den Hefen vergoren werden kann. 
Die Menge des Glycerins und der Kxtraktbestandteile sowie der Gerb- 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bad. V 29 


0 


— 450 ° — 


stoffgehalt der Weine sollen unter der Einwirkung der schwefligen Säure 
nach den Bestimmungen von PANTANELLI (2) zunehmen. Die flüchtigen 
Säuren gehen in Obstweinen bei Gegenwart von Schwefeldioxyd an 
Menge zurück, was sich nach MÜLLER- THURGAU (15) durch die Unter- 
sdrückung der eben erwähnten Milchsäure-Bakterien erklärt. Nach Panxra- 
NELDE (2) vermindert sich die Menge der flüchtigen Säuren unter der 
Einwirkung von Sulfiten auch in. eärenden Traubenmosten, während 
Kayser (6) bei Verwendung größerer Mengen von Sulfiten allerdines das 
Gegenteil beobachtet hat, wozu aber bemerkt werden mub, dab die 
10 schwetlige Säure naturgemäß selbst den Gehalt an flüchtiger Säure ent- 
sprechend vermehrt. Sehr wichtig für die Kellerwirtschaft ist die von 
Mürter-Tuurcau (11) und KurıscH (4) nachgewiesene Tatsache, daß die 
in Gegenwart von schwefliger Säure vergorenen Obst- und Trauben- 
moste viel weniger zum Säurerückgang neigen als gewöhnliche Weine. 
ıs Wir werden auf diese Tatsache im $ 109 noch zur ückkommen. Erwähnt 
sei schließlich, daß Passermt (3) als Wirkung des Einschwefelns der 
Moste auch eine Steigerung der Aldehydbildung nachgewiesen haben 
will. Die Angabe von Roos (4) und MaArnHıeu (2), wonach bei der Ver- 
gärung eingeschwefelter Moste das vorhandene Schwefeldioxyd unter 
20 Umständen dureh besondere Hefen zu Schwefelwasserstoff reduziert wird, 
ist zunächst mit Vorsicht aufzunehmen und bedarf noch der Bestätigung. 
Man vergleiche damit S. 448 u. 450 des Vierten Bandes. 
Für die Praxis der Weinbereitung hat auch der Einfluß des Schwefels 
auf die Weingärung einiges Interesse, da beim Einbrennen nicht selten 
2 unverbrannter Schwefel in die Gärfässer gelangt und der Gebrauch des 
Schwefelns zur Bekämpfung des Oidium Tuckeri, des Erregers der als 
Mehltau (s. S. 377) bezeichneten Rebenkrankheit, ebenfalls dazu führen 
kann, daß die Moste mit Schwefel verunreinigt werden. Auf S. 450 des 
Vierten Bandes ist diese Tatsache bereits beschrieben. und in ihrer Be- 
sodeutung für die Entstehung von Schwefelwasserstoff bei der 
Gärung hinreichend sewürdiet. Nachgetragen seien hie nur einige An- 
gaben “über die Einwirkung von Schwefel auf den Verlauf der Gärung. 
WORTMAnN (4) hat zuerst nachgewiesen, daß die Gärung durch Mengen 
von etwa 0,02—0,2 Proz. Schwefel wohl im Anfang etwas verzögert 
>: werden kann, schon nach ein bis zwei Tagen aber stets erheblich be- 
schleunigt wird. Gleichzeitig tritt, wie SEIFERT (2) bemerkt hat, eine 
stärkere Vermehrung der Hefe ein, auch wird der Endvergärungsgrad 
etwas erhöht, was nach JEANPRETRE (1) besonders bei der Vergärung 
sehr zuckerreicher Moste in Erscheinung tritt und bei Anwesenheit von 
sSaccharose zu einer Steigerung des Alkoholgehalts um 3 Proz. führen 
kann. -JEANPRÄTRE folgert daraus, daß durch die Anwesenheit von 
Schwefel auch das Inversionsvermögen der Hefen begünstigt wird. Die 
Förderung der Gärunge und Hefenvermehrung durch fein verteilten 
Schwefel ist nach WORTMAnN (4) und SEIFERT (2) darauf zurückzuführen, 
»daß die Hefen durch die Beimischung des Schwefels mit dem Most in 
innigere Berührung kommen. Zu dieser rein mechanischen Wirkung, 
die auch andere Körper von ähnlicher Feinheit auf die Gärung ausüben, 
kommt nach den übereinstimmenden Angaben von WORTMANN (4), SEIF ERT(2) 
und SCHANDER (1) aber noch eine chemische, die vielleicht ähnlich zu 
so beurteilen ist wie die bekannte fördernde Reizwirkung geringer Mengen 
eewisser Gifte. Ueber den Zusammenhang zwischen dem Schwefel und 
der Bildung von Schwefelwasserstoff bei der Gärung vergleiche man 
$ 100 des Vierten Bandes. 


— #41 — 


Arsenverbindungen, die zur Bekämpfung der Raupen von Conchylis 
ambiguella und FPolychrosis botrana, der unter dem Namen Heu- und 
Sauerwurm bekannten Traubenschädlinge, stellenweise Verwendung 
finden und infolge dieser Behandlung unter Umständen in die Moste 
gelangen, scheinen in den geringen Mengen, in denen sie in solchen 5 
Fällen auftreten, die Gärung nicht zu beeinflussen; wenigstens hat 
Ü. vox DER HEıDE (2) bei der Vergärung eines derartigen Mostes, der 
aus dem an den Trauben haftenden Bleiarseniat 0,003 Promille Arsen 
und 0,008 Promille Blei aufgenonmen hatte, Unregelmäßigkeiten nicht 
beobachtet. Wie UHuarp (1) und Ü. vo DER HEIDE (2) nachgewiesen 10 
haben, wird das im Most gelöste Arsen während der Gärung zum Teil 
ausgeschieden und im Hefentrub festgelegt. Nach Ü. vox DER HEIDE (2) 
hält diese Abnahme des Arsengehalts nach der Hauptgärung noch weiter 
an und wird dann vermutlich durch die Abstiche und Schönungen des 
Weines noch begünstigt. Mit dem Arsen etwa aufgenommenes Bleiss 
wird den Weinen im Verlauf der Gärung und der weiteren Keller- 
behandlung gleichfalls zum Teil wieder entzogen, was vermutlich ähnliche 
Ursachen hat wie die Abscheidung des Kupfers aus gärendem Most, die 
auf S. 125 des Vierten Bandes besprochen worden ist. 

Ueber die Einwirkung des Kupfers und seiner Salze auf die Wein- 
gärung sind im S 27 des Vierten Bandes bereits alle wesentlichen Tat- 
sachen zusammengetragen. 

Geringe Mengen von Mangansaizen vermögen nach den Unter- 
suchungen von Kayser und Marchanxp (1) in der Weise anregend auf 
Weinhefen einzuwirken, dab nicht nur die Gärung beschleunigt, sondern 3 
auch die Alkoholausbeute erhöht und die Bildung von flüchtiger Säure und 
Glycerin etwas herabgesetzt wird. Durch wiederholte Anzucht in mangan- 
haltigen Nährlösungen lassen sich die Weinhefen angeblich an steigende 
Mengen von Mangansalzen gewöhnen und behalten dann einige der dabei 
erworbenen Eigenschaften auch bei Gärungen ohne Salzzusatz mehrere 3 
(Generationen hindurch bei. Nach Kayser und MarcHanD (1) hat diese 
Tatsache für die Vergärung von zuckerreichen Traubenmosten Bedeutung, 
besonders in heißen Ländern, wo die Gärung oft schleppend verläuft. 
Die an Mangan gewöhnte Hefe soll die Fructose schneller vergären als 
die Glucose, was nach Kayser und MArcHAnD (1) einen weiteren Vorteil; 
bedeute, weil die Fructose der Hauptnährstoff der Krankheitserreger 
des Weines sei. 

Der Zusatz von Fluoriden zu Most oder Wein ist nach der neueren 
Weingesetzgebung in den meisten Staaten unzulässige und erfolgt 
höchstens sträflicherweise, um Moste zu sterilisieren oder Süßweine gegen 
Nachgärungen zu schützen. Man vergleiche darüber die Feststellungen 
von Wınviscn (5) und Vanpam (ll. Die Einwirkung von Fluorammonium 
auf die Weingärung hat Srirert (3) geprüft und dabei gefunden, dab 
die Weinhefen durch dieses Salz in verschiedenem Grade beeinträchtigt 
werden. Die Empfindlichkeit gegen Fluorammonium wird bei manchen 
Rassen durch die Anwesenheit von Alkohol und allgemein durch die 
Gegenwart von freier Säure ganz erheblich gesteigert. Infolgedessen 
vertragen die Weinhefen in Bierwürze oder Malzmaische auch viel 
größere Fluormengen als in Most. In letzterem kann schon ein Zusatz 
von 0,1 Proz. Fluorammonium eine merkbare Verzögerung der Gärung: 
herbeiführen und eine Erhöhung dieser Menge auf 0,1—0,2 Proz. die 
Gärung völlig unterdrücken. Bemerkenswert ist, daß die im Wein 
auftretenden Kssigbakterien nach den Feststellungen von Srrrert (3) 

29% 


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— 


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gegen Fluorammonium weit widerstandsfähiger sind als Weinhefen und 
Kahmpilze. 

Die Kieselflußsäure und ihre Salze haben für die Weingärung keine 
unmittelbare Bedeutung. Ueber ihren Wert für die Desinfektion in 
5 Weinkellereien haben KRroEMER (2 u. 3) und SEIFERT (4) Versuche an- 
gestellt, aus denen hervorgeht, daß eine Lösung von Kieselflußsäure 
ebenso wie die unter dem Namen Montanin im Handel vorkommenden 
Kieselflußsäure-Präparate für diesen Zweck sehr brauchbar sind. Man 
‚vergleiche hierzu S. 183. Die Verwendung der Zink- und Kupfersalze 

ıder Kieselflußsäure an Stelle der reinen Säure scheint in dieser Be- 
ziehung wesentliche Vorteile nicht zu bieten. 

Die Borsäure beeinflußt in den kleinen Mengen, in denen sie in 
manchen Mosten von Natur aus vorkommt, nach einem Versuch von 
MEISSNER (4) die Weingärung in Keiner Weise. Ebensowenig ändert 

ıssich nach MEIıssner der Gärverlauf bei Anwesenheit von Borax, wenn 
dessen Menge 0,2 Promille nicht übersteigt. 

Ueber die Einwirkungen des Formalins auf die Weingärung liegen 
Untersuchungen von SEIFERT (3) vor, über die schon auf S. 546 des 
Ersten Bandes berichtet ist. An derselben Stelle finden sich auch 

»einige Angaben über den Wert des Formalins als Desinfektionsmittel 
für Weinkellereien, wozu nur nachzutragen wäre, daß in neuerer Zeit 
hierüber DELLE (1) und SCHAFFER (1) ebenfalls Mitteilungen gemacht haben. 

Die Alkohole der Fettreihe sind sämtlich Hefengifte, treten aber 
mit Ausnahme des Aethylalkohols in so geringen Mengen im Wein auf, 

dab sie ohne Einfluß auf die Gärung bleiben. Ueber die Wirkung, die 
sie bei höherer Konzentration auf die Gärtätigkeit der Hefen ausüben, 
haben REGNARD (1) und YABE (1) einige Versuche angestellt, deren Er- 
gebnisse auf S. 135 des Vierten Bandes mitgeteilt sind. Man vergleiche 
hierzu auch $ 85 desselben Bandes, wo die Alkohole der aliphatischen 

30 Reihe aufgezählt sind, die im Wein auftreten können. 

Das Verhalten des Chloroforms zur Weingärung ist Gegenstand 
einiger Versuche von Mourixe (1) gewesen. Sein Vorschlag, die Moste 
in heißen Klimaten mit Chloroform stumm zu machen und erst unter 
günstigeren Temperaturverhältnissen zu vergären, ist nach MArHıEv (3) 

ssundurchführbar und wohl auch nie verwirklicht worden. SAarasonx (1) ist 
später allerdings ein Verfahren patentiert worden, bei dem frisch ge- 
kelterte Obstsäfte vor der Gärung zum Zweck der Schönung mit Chloro- 
form gesättigt werden sollen; doch dürfte dieses Patent für die Praxis 
der Weinbereitung ebenfalls kaum Bedeutung erlangen. 

40 Die Beziehungen der im Most und Wein vorkommenden organischen 
Säuren zur Mosteärung sind bereits auf S. 424 erörtert worden. Was 
das Verhalten anderer Säuren dieser Art anbelangt, so sei zunächst erwälınt, 
dab die Ameisensäure als starkes Pilzgift schon in kleinen Mengen 
verzörernd auf den Verlauf der Weingärung einwirkt. Nach SEIFERT (1) 

s unterdrückt sie in Most und Wein bei einer Verdünnung von 1—1,5 Proz. 
jegliche Entwicklung von Gärungsorganismen. An Stelle der schwefligen 
Säure kann sie bei der Weinbehandlung jedoch nicht Verwendung finden, 
weil sie den Wein schon in einer Menge von ein Promille geschmacklich 
deutlich benachteiligt. Für den Kellereibetrieb hat sie auch deswegen 

sokeine Bedeutung, weil sie nach der neueren Weingesetzgebung Mosten 
und Weinen überhaupt nicht zugesetzt werden darf. 

Ueber den Einfluß der Salieylsäure auf den Verlauf der Wein- 
gärung gibt eine Reihe älterer Untersuchungen von Berscn und 


— 453 — 


WeEIGERT (1), J. BERScH (1), Amsünr (1), F. vox Heypex (1) und anderen 
einigen Aufschluß. Danach erschwert schon ein Zusatz von 0,01 bis 
0,02 Proz. Salicylsäure die Vergärung von Traubenmosten beträchtlich. 
Eine Erhöhung dieser Säuremenge auf das Zehn- bis Zwanzigfache soll 
ausreichend sein, die Gärung völlig zu unterdrücken, doch ist nach 
WixpiscH (1) wahrgenommen worden, dab sich die Salicylsäure im Most 
nach und nach zersetzt und ihre gärungshemmende Eigenschaft verliert. 
Der Salicylsäure-Zusatz muß daher von Zeit zu Zeit erneuert werden, 
wenn die Moste dauernd steril bleiben sollen. Für die heutige Technik 
der Weinbereitung sind diese Beobachtungen über die gärungshemmende 
Wirkung der Salicylsäure ebenso wie die neueren, die Lünrıs und 
SArTorL (1) darüber angestellt haben, nur noch insofern von Interesse, 
als nach den Untersuchungen von TRrAPHAGEn und Burke (1), Masr- 
BAUM (1), Wınpısch (6), Urz(1) und anderen in vielen Beerenfrüchten, 
die zur Weinbereitung dienen, kleine Mengen von Salicylsäure, wahr- 
scheinlich als Methylester, enthalten sind und sich mithin auch in 
den zur Vergärung kommenden Säften dieser Fruchtarten vorfinden 
werden. Man vergleiche hierzu S. 659 des Ersten Bandes. Zur Kon- 
servierung von Most oder Wein wird Salieylsäure heute nur noch in 
ungesetzlicher Weise benutzt, worüber DELLE (2) einige Angaben 
gemacht hat. 


x 


$ 106. Die Entstehung des Alkohols, des Glycerins und der 
Bernsteinsäure bei der Weingärung. 


Allgemeines über den Stoffwechsel der Hefenzelien findet man im 
13. und 14. Kapitel des Ersten und in $S 26 und SS 85—100 des Vierten 
Bandes. In den vorhergehenden Paragraphen des vorliegenden Kapitels 
ist auch über die Nahrungsaufnahme und die Atmung der Hefen bei 
der Weingärung alles Wesentliche mitgeteilt worden, sodaß an dieser 
Stelle nur noch einige chemische Umsetzungen zu erörtern sind, die 


durch die Gärtätigkeit und den übrigen Stoffwechsel der Hefen im Most 3 


hervorgerufen werden. 

Ueber die Bildung des Alkohols und der Kohlensäure bei der 
Weingärung vergleiche man die Ausführungen auf S. 423 des vorliegenden 
Bandes, wo bereits angegeben ist, welche Zuckerarten den Hefen in den 


verschiedenen Fruchtmosten zur Verfügung stehen. Von den beiden 


Bestandteilen des stets vorhandenen Invertzuckers wird die Dex- 
trose, also die d-Glucose, nach Gayvon und Dusourg (1) im Anfang der 
Gärung meist stärker angegriffen als die d-Fructose. Obwohl sich dieses 
Verhältnis später umkehrt, zeigen die Moste in der Regel doch während 


des ganzen Verlaufs der Gärung einen Ueberschuß an Fructose. Nach: 


den Mitteilungen von Corprer (1) soll die Vorliebe für die Glucose bei 
einer in den spontan gärenden Traubenweinen Nordfrankreichs regel- 
mäbig auftretenden Weinhefe so stark ausgeprägt sein, daß die Fructose 
während der Hauptgärung überhaupt nur zum Teil vergoren wird und 
erst später während einer langsamen, störenden Nacheärung völlie aus 
den Weinen verschwindet. Entgegengesetzt verhalten sich gewisse von 
Dusours (1) aus süßen Weißweinen der Sauterne gezüchtete Hefen, die 
nach den Beobachtungen dieses Forschers in Gemischen von d-Glucose 
und d-Fructose in erster Linie die letztere vergären. Da sie geren 
Alkohol weniger widerstandsfähig sind als die echten Weinhefen, werden 


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10 


15 


20 


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50 


— 44 — 


sie von diesen im Laufe der Zufallsgärung aber bald unterdrückt. Die 
Folge davon ist, daß auch in den weißen Sauterne-Weinen trotz der 
Gegenwart von Hefen, die die d-Fructose bevorzugen, der unvergorene 
Zuckerrest schließlich vorwiegend aus d-Fructose besteht. Eine Nach- 
sprüfung dieser Angaben von ÜoRrDIER (1) und Dusours (1) scheint aller- 
dings notwendig. Nur nebenbei sei erwähnt, daß man auf Grund der 
mitgeteilten Beobachtungen auch versucht hat, nach dem Gehalt der 
Süßweine an d-Glucose und d-Fructose zu bestimmen, ob diese Weine 
durch Gärung oder durch Vermischen von Mosten mit Alkohol her- 
ı0 gestellt worden sind (vergl. dazu S. 432). Es hat sich aber gezeigt. dab 
das nicht möglich ist, weil schon manche Traubenmoste mehr d-Fruc- 
tose als d-Glucose enthalten. In den Fruchtmosten vorhandene oder 
ihnen zugesetzte Saccharose wird im Verlauf der Weingärung 
außerordentlich schnell in den gärfähigen Invertzucker umgewandelt, 
ı5 was vorzugsweise auf die Wirkung der in den Hefen entstehenden 
Invertase und nur zum kleinsten Teil auf den Einfluß der freien Säuren 
des Mostes zurückzuführen ist. Zur Bildung dieses Enzymes sind alle 
echten Weinhefen befähigt; da diese in allen Mosten vorhanden sind, 
ist es praktisch ohne eroße Bedeutung, dab in den Mosten auch 
»Hefen auftreten können, die Invertase nicht erzeugen. Es soll das 
unter anderem der Fall sein bei den weiter oben bereits erwähnten 
Hefen, die nach den Angaben von Dupoure (1) die Gärung der zucker- 
reichen Weißweinmoste der Sauterne einleiten, gilt aber auch für einzelne 
Rassen des Saccharomyces apieulatus, der in der Trubflora der Obst- und 
35 Traubenmoste nie fehlt. Kröcker (1) hat in letzter Zeit allerdings nach- 
gewiesen, dab auch bei den Formen von S. apieulatus invertierende En- 
zyme häufiger vorkommen, als man bisher angenommen hat. Die In- 
version der Saccharose erfolgt in den gärenden Mosten nach den 
Untersuchungen von B. Haas (2) und Omeıs (1) so schnell, daß sie meist 
soschon zur Zeit der stürmischen Gärung ganz zu Ende geführt ist. Die 
in den Trauben- und Obstsäften in geringen Mengen enthaltenen Pen- 
tosen werden von den Weinhefen nicht vergoren, wie sich aus den 
Untersuchungen von WEIweErRs (1) und auch aus den auf S. 397 des 


Vierten Bandes mitgeteilten Tatsachen ergibt. Offenbar entstehen die 


3 Pentosen der Fruchtmoste aus Pektinstoffen und Pentosanen, die sich 
beide augenscheinlich in sämtlichen zur Weinbereitung dienenden Frucht- 
arten vorfinden. Man vergleiche damit die Angaben in $ 77 des Dritten 
Bandes; auch sei auf die Untersuchungen von ComBonxt(1l) und Wırr- 
MANN (1) verwiesen, die über die Höhe des Pentosangehaltes in Wein- 

sobeeren und Obstfrüchten Aufschluß geben. Die Pentosen der Trauben- 
säfte bestehen nach Werwers (1) vorzugsweise aus l-Arabinose, was 
Haıp (1) neuerdings jedoch stark in Zweifel gezogen hat. Methylpen- 
tosen kommen in Traubenmosten und Traubenweinen nicht vor. Ueber 
die bei der Weingärung entstehende Alkohol-Ausbeute und den 

sdurch die Hefentätiekeit zu erzielenden Alkohol-Höchstgehalt der Weine 

sind auf S. 423 u. 432 des vorliegenden Bandes bereits nähere Angaben 
semacht worden. 

Auf die Nebenerzeugnisse der Alkoholeärung, die in den SS 86—88 

des Vierten Bandes bereits eingehend besprochen sind, kann an dieser 

50 Stelle nır kurz eingegangen werden. Im Wein mit seinem feineren 
Geschmacks-Ton machen sich die in Frage kommenden Verbindungen 
zum Teil recht deutlich bemerkbar und sind da in höherem Grade wert- 
bestimmend als beim Bier. So eibt schon das erste hier zu nennende 


— tt u URALTEN DER EHE 


— 55 — 


Stoffwechselerzeugnis der Hefen, das GJycerin, im Geschmack des 
Weines sich deutlich zu erkennen. Es verleiht ihm eine gewisse Ab- 
rundung und Vollmundigkeit und ist deshalb auch für die Wertbemessung 
der Weine von ziemlicher Bedeutung. Ueber seine Entstehungsweise 
und die Mengen, in denen es im Weine aufzutreten pflegt, ist schon im 
$ 86 des Vierten Bandes einiges mitgeteilt worden, wozu hier vorerst 
noch bemerkt sei, daß die meisten Angaben, die sich auf die Glycerin- 
bildung im Wein beziehen, wegen der Ungenauigkeit der analytischen 
Verfahren nur einen bedingten Anspruch auf Richtigkeit haben. Man 
vergleiche damit die Ausführungen von WiınpıscH (2) und Ü. voX DER 
HEiDe (1). 

Unter demselben Vorbehalt sei nochmals darauf hingewiesen, daß die 
Glycerinbildung nach den Untersuchungen von MÜLLER-TRurGat (1,3, 4), 
WOoRrTMAnNN (2 u.5) und LABORDE (2) mit der Spaltung des Zuckers und 
der Gärkraft der Hefen in keinem inneren Zusammenhange steht, aber 
abhängig ist von anderen nicht näher bekannten Rassen-Eigentümlich- 
keiten und besonders von den Ernährungs- und Wachstums-Verhältnissen 
der Hefen. Aufden letztgenannten Umstand hat MÜLLER-Taursatr (1, 3, 4) 
zuerst aufmerksam gemacht. Nach seinen Beobachtungen erzeugen die 
Hefen unter günstigen Lebensbedingungen, wie bei ausreichender Ver- 
sorgung mit mineralischen Nährstoffen und leicht assimilierbaren Stick- 
stoff-Verbindungen, bei geeigneter Temperatur und Sauerstofizufuhr in 
der Regel mehr Glycerin als unter ungünstigen Lebensverhältnissen. 
Andere Untersuchungen haben diese Angaben bestätigt. So hat Kurısch (5) 
gefunden, daß mit zunehmendem Stickstoffgehalt der Moste auch der 
Glyceringehalt der Weine steigt. Letzteres ist nach MacH und PoRTELE (2) 
und KurıscH (5) auch der Fall, wenn die Moste zu Beginn der Gärung 
gelüftet werden. Tuyumanx und Hırser (1) sowie Rau (1) haben aller- 
dings berichtet, dab sich die Glycerinbildung durch Lüftung des Gärstoffes 
nicht beeinflussen läßt, was sich vielleicht dadurch erklären dürfte, daß 
diese Forscher zum Teil mit künstlichen Nährlösungen gearbeitet haben, 
in denen die Hefen nicht die besten Ernährungsbedingungen vorfinden. 
Die Untersuchungen von Kuuisch (5), LABORDE (2) und von SEIFERT und 
ReıscH (1) lassen ferner darauf schließen, daß die Glycerinbildung in 


Mosten von mittlerem, nicht zu niedrigem Zuckergehalt am günstigsten: 


verläuft. Die einschlägigen Versuche von WiıxpiscH (2) haben zu einem 
eindeutigen Ergebnis nicht geführt. Gesetzmäßige Beziehungen zwischen 
dem vergorenen Zucker und dem entstandenen Glycerin haben sich in 
keinem Falle feststellen lassen, wie auf S. 381 des Vierten Bandes schon 
erwähnt ist. Nachgetragen sei hierzu noch, daß nach Erkruıcn (2) und 
PrıinssHeim (2) die Glycerinbildung bei der alkoholischen Gärung 
vielleicht auf ähnlichen Vorgängen beruhen dürfte, wie die später 
zu besprechende Bildung der Bernsteinsäure und der Fuselöle. Der 
Rohstoff für das Glycerin wäre danach unter den Eiweißspaltungs- 
produkten zu suchen, die von den Hefen während der Gärung aus- 
geschieden werden. 

Hefengifte, die den Verlauf der Mostgärunge hemmen, schwächen 
auch die Glycerinbildung. Diese Wirkung hat Barrn (2) zuerst für die 
Essigsäure erwiesen, was Kurıscn (5) später bestätigt und durch den 
Nachweis ergänzt hat, daß die schweflige Säure und der Alkohol die 
Entstehung des Glycerins gleichfalls ungünstig beeinflussen. Ebenso 
verhält sich nach Wrıserr (1) die Salieylsäure. Nach den Beobachtungen 
von Kuniscn (5) und Lavorpe (2) zeigt sich die Glycerinbildung im Wein 


10 


20 


1 


5 


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40 


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50 


— 4566 — 


auch beeinträchtigt, wenn die Moste bei zu niedriger Temperatur ver- 
gären, wobei auf S. 378 des Vierten Bandes verwiesen sei. 
Wasden zeitlichen Verlaufder Glycerinbildung anbelangt, 
so sei zu dem auf S. 379 des Vierten Bandes Gesagten noch nach- 
5 getragen, dab die dort besprochenen Beobachtungen von EFFronT (1) 
und ähnlich lautende Angaben von Macn und PorTELE (2) durch die 
späteren Untersuchungen von LABORDE (2), SEIFERT und REISscH (1), sowie 
Reısc# (1) nicht bestätigt worden sind. Aus den Arbeiten dieser Forscher 
ist zu entnehmen, dab die Abscheidung des Glycerins vorzugsweise in 
ıoden ersten Abschnitten der Gärung vor sich geht. Etwa zur Zeit der 
stärksten Kohlensäure-Entwicklung erreicht sie ihren Höhepunkt, wird 
dann nach und nach wieder schwächer und erlischt am Schluß der Gärung 
völlig. 
Ueber das Verhältnis, in dem das bei der Weingärung gebildete 
ıs Glycerin zum Alkohol steht, sind auf S. 378 bis 350 des Vierten Bandes 
bereits mehrere Zahlen angeführt, aus denen ersichtlich ist, dab ein 
festes Mengenverhältnis zwischen diesen beiden Weinbestandteilen nicht 
besteht. Die frühere Annahme der analytischen Chemiker, dab im Wein 
auf 100 Teile Alkohol 7—14 Teile Glycerin gebildet werden, hat sich 
»oals unberechtiet erwiesen, da in vielen Weinen weniger als 7 Teile 
Glycerin auf 100 Teile Alkohol enthalten sind und andererseits in manchen 
Naturweinen, und zwar gerade in den sogen. Hochgewächsen und in 
Auslesen aus edelfaulen Trauben, auch schon mehr als 14 Teile Glycerin 
auf 100 Teile Alkohol gefunden worden sind, wie unter anderem die 
2» Angaben von LABORDE (3) und Wınniısch (2) zeigen. Für die Beurteilung 
der Weine hat das sogen. Alkohol-Glycerin-V erhältnis daher keinen ” ert. 
Näheres darüber findet man in den Arbeiten von WOoRrTMANnNN (1,2,5), 
MÜLLER-THURGAU (1,3,4), BEHRENS (3), Wınpisch (2), MATHIEU (4) und 
Lo,sopıce (1). Nach Szrrerr und Haı (1) verschiebt sich das Alkohol- 
sGlycerin-Verhältnis namentlich bei der Umgärung von Weinen 
leicht nach unten, weil unter der störenden W irkung des Alkohols die 
Mengen des neugebildeten Glycerins kleiner sind als bei der Vergärung 
von Mosten. 
Das Auftreten von Isobutylenglycol im Weine, auf das auf 
358. 381 des Vierten Bandes hingewiesen ist, hat für die Praxis der Wein- 
bereitung keine Bedeutung, auch ist es noch fraglich, ob dieser Körper 
als Gärungserzeugnis angesehen werden darf. 
Wichtiger ist die an derselben Stelle bereits erwähnte Tatsache, 
daß bei der Weingärung wie bei jeder alkoholischen Gärung neben den 
bisher genannten Verbindungen auch kleine Mengen von Bernsteinsäure 
entstehen. Nach den Untersuchungen von BRUNNER und BRANDENBURG (1) 
sowie von BRUNNER und OHuaArp (1) können Spuren dieser Säure zwar 
schon in den unvergorenen Zellsäften von unreifen Weintrauben und 
einzelnen anderen Obstarten vorhanden sein, der Hauptanteil der im 
Wein enthaltenen Bernsteinsäure bildet sich aber erst während der 
Gärung. Aus einer Reihe von Untersuchungen geht hervor, dab die 
dabei entstehenden Mengen von Bernsteinsäure sehr verschieden grob 
sind, doch ist es bisher nicht möglich gewesen, die Ursachen dieser 
Schwankungen sicher zu ermitteln. Zum Teil beruht das auf der Un- 
so genauigkeit. der älteren analytischen Verfahren, deren Fehlerquellen u. a. 
die Arbeiten von Ü. von DER HEIDE und STEINER (1) sowie von Ü. voN 
DER HEIDE und ScHwenk (1) aufgedeckt haben. Aus diesem Grunde 
sind auch die älteren Angaben über den Bernsteinsäure-Gehalt der 


— 57 — 


Weine, wie sie sich z. B. in den Arbeiten von Rau (1) und R. Kayser (1) 
vorfinden, wenig zuverlässig. Selbst die Bestimmungen von Kunz (1), 
der nach einem verbesserten Verfahren in 25 verschiedenen österreichi- 
schen Weinen Bernsteinsäure- Mengen von 0,06—0,115 Proz. ermittelt 
hat, können nach den Untersuchungen von Ü. von DER HEIDE und 
STEINER (1) wegen einzelner Mängel seiner Untersuchungsart nicht 
als sicher angesehen werden. Ü. vox DER HEIDE und STEINER (1) haben 
mit Hilfe eines neuen, sehr genauen Verfahrens den Bernsteinsäure-Gehalt 
eines Natur-Moselweins zu 0,0645 Proz. festgestellt. Jedenfalls kann 
bei der Weingärung aber auch bedeutend weniger Bernsteinsäure ent- 
stehen. So hat BEcker (1) durch Bestimmungen, die nach den Vor- 
schriften von Ü©. von DER HEIDE ausgeführt wurden, nachgewiesen, dab 
in den frischvergorenen Obst- und Beerenweinen von Großkeltereien 
häufig nur Mengen von 0,001—0,011 Proz., in einzelnen Fällen sogar nur 


Spuren von Bernsteinsäure vorkommen. Allerdings beziehen sich diese 


Angaben auf Weine, bei deren Herstellung die Mitwirkung von Bakterien 
und anderen Gärungs sschädlingen nicht ausgeschlossen war. Daß der 
Gehalt an Ber nsteinsäure in Obst- und Beerenweinen auch größer sein 
kann, zeigt die Tatsache, daß BECKER (1) in einem süßen Stachelbeerwein 


schon 14 Tage nach Beginn der Gärung 0,064 Proz. dieser Säure nach-2 


weisen konnte. 

DieAbhängigkeitder Bernsteinsäure-Bildung von äußeren 
Bedingungen ist auf S. 381 des Vierten Bandes auf Grund der Unter- 
suchungen, die beim Abschluß jenes Bandes vorlagen, bereits ausführlich 
besprochen. Die betreffenden Arbeiten berücksichtigen zwar nur die 
Verhältnisse in künstlichen Nährlösungen und in Würze, haben aber 
auch für die Weinbereitung einige Bedeutung. Ihre Ergebnisse lassen 
sich dahin zusanımenfassen, daß bei der Entstehung der Bernsteinsäure 
die Rasse der Hefen, die Menge und die Beschaffenheit der Hefennähr- 


stoffe, die Konzentration der Gärflüssigkeit, die Geschwindigkeit und: 


Verlaufsstufe der Gärung, die Temperatur und die Luftzufuhr eine be- 
deutende Rolle spielen, dab aber zahlenmäßige Beziehungen zwischen 
der Menge der auftretenden Bernsteinsäure und den Mengen des ent- 
stehenden Alkohols und Glycerins vollkommen fehlen. Im Gegensatz zu 


Pasteur (1) haben deshalb schon Worrmans (1), Rau (1), Sr AUB (1) und 


ÜPPENHEIMER (1) angenommen, daß die en ebenso wie das 
Glycerin ein reines Stoffwechselerzeugnis der Hefen ist, dessen Auftreten 
bei der Gärung mit der eigentlichen Zuckerspaltung nichts zu tun hat. 
Daß diese Vermutung richtig gewesen ist, hat F. Enktich (1) nach- 
gewiesen. Wie seine Untersuchungen gezeigt haben, gehört die Bernstein- 
säure zu den Eiweiß-Stoffwechsel-Produkten der Hefe. Ihre Mutter- 
substanz ist die Glutaminsäure, eine Aminodicarbonsäure, die in 
den natürlichen Gärflüssigkeiten wie im Zellkörper der Hefe enthalten 
ist und aus dem letzteren mit anderen Aminosäuren in die umgebende 
Flüssigkeit austritt, wenn die Zellen geschwächt werden und absterben. 
Die in der Gärflüssigkeit gelöste Glutaminsäure wird von den wachsenden 


Hefenzellen aufgenommen und zum Kiweißaufbau verwendet. Dieser 


Assimilationsvorgang verläuft nach Enkvıcn nun aber nicht in der Weise, 


daß das ganze Molekül der Aminosäure an das vorhandene Eiweiß der 
Hefe angelagert wird, sondern es tritt eine Spaltung der Glutaminsäure: 


in Ammoniak und einen stickstofflosen Komplex ein, der als Stoffwechsel- 
ündprodukt die Hefenzelle verläßt, während das Ammoniak zusammen 
mit Bruchstücken des Zuckers von der Hefe zu Körpereiweißb aufgebaut 


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wird. Den chemischen Verlauf der Bernsteinsäure-Bildung 
kann man sich mit EHkuich so vorstellen, daß durch die Einwirkung 
der Hefen aus der Glutaminsäure unter Abspaltung von Ammoniak und 
Anlagerung von Wasser zunächst Oxyglutarsäure gebildet wird. Diese 
szerfällt vermutlich in Ameisensäure und den Halbaldehyd der Bernstein- 
säure, der, intermediär auftretend, durch die Einwirkung der Hefen- 
oxydasen und des Luftsauerstoffs sofort restlos zu Bernsteinsäure oxydiert 
wird. Der Verlauf der Glutaminsäure-Spaltung würde sich danach durch 
folgendes Schema darstellen lassen: 


COOH COOH HCOOH 

| | Ameisensäure 

CHNH, CHOH CHO COOH 

| | | | 

CB; —> CH, —> CH, —> (CH, 

| | | | 

CH, CH, CH, CH, 

| | | | 

COOH COOH COOH COOH 

Glutaminsäure Oxyglutarsäure Bernsteinsäure- Bernsteinsäure 
Halbaldehyd 
10 Für diesen Reaktionsverlauf spricht vielleicht auch die Tatsache, 


daß man im Wein wiederholt Spuren von Ameisensäure nachgewiesen 
hat, worauf später noch zurückzukommen sein wird. Daß die Ameisen- 
säure nur in sehr kleinen Mengen im Weine auftritt, erklären vielleicht 
die Beobachtungen von Ducrauvx (2) und Enrrich (1), nach denen die 

ı» Hefe imstande ist, bei der Gärung nicht unbeträchtliche Mengen zu- 
gesetzter Ameisensäure zu zerlegen, und zwar wahrscheinlich in Kohlen- 
säure und Wasser. Es wäre möglich, daß die Hefen auch die bei der 
Vergärung der Aminosäuren sich nach und nach abspaltende Ameisen- 
säure in dieser Weise abbauen. 

Mit Enrrıc# (1) kann man annehmen, daß die Hefe nur beiGegen- 
wart von Zucker fähig ist, Glutaminsäure zu Bernsteinsäure zu ver- 
gären. Bei seinen Versuchen erzeugten 100 g Hefe in einer zucker- 
freien Lösung von 5 g Glutaminsäure auf 2 Liter Wasser innerhalb 
vier Wochen nur 0,05 & Bernsteinsäure. Wurden derselben Lösung aber 

5200 & Zucker zugesetzt, so entstanden darin unter Einwirkung von 
100 g Hefe schon im Verlauf von drei Tagen 2,03 g Bernsteinsäure. 
Diese Beobachtung läßt darauf schließen, daß die Hauptmenge der Bern- 
steinsäure, wie das auch bei dem Glycerin der Fall zu sein scheint, während 
der stürmischen Gärung erzeugt wird, d. h. zu einer Zeit, in welcher 

sodie Hefen im Wachstum und in lebhafter Gärtätigkeit begriffen sind. 

Für die Weinbereitung von Bedeutung ist auch der Nachweis von 
Enkuica (1), daß die Menge der Gärungs-Bernsteinsäure von 
der Art der gebotenen Stickstoff-Verbindungen abhängig ist. Sind in der 
Gärflüssigkeit neben Glutaminsäure andere leicht assimilierbare Stickstoff- 

» körper, wie z. B. Asparagin oder Ammoniumsalze, zugegen, dann wird 
stets bedeutend weniger Bernsteinsäure gebildet, als wenn die Hefe auf 
Glutaminsäure allein angewiesen ist. Offenbar bevorzugen die Hefen 
diese Stoffe und lassen deshalb die Aminosäuren so gut wie unberührt, 
wenn ihnen Ammoniumsalze oder Verbindungen mit leichter abspaltbarem 

Stickstoff in hinreichender Menge zur Verfügung stehen. Da nun die 
Moste der verschiedenen Obst- und Traubensorten in bezug auf Menge 


— 


u 


— 459 — 


und Zusammensetzung ihrer Stickstof-Verbindungen große Verschieden- 
heiten aufweisen, ist es sehr wahrscheinlich, daß auch die auffallenden 
Schwankungen, die der Bernsteinsäure-Gehalt der Weine zu zeigen. pflegt, 
zum Teil auf Abweichungen bei der Stickstoff-Versoreung der Hefen 
zurückzuführen sind. Auf einige weitere Erscheinungen der Bernstein- 
säure-Bildung wird bei der Besprechung der Umgärungen und des Säure- 
rückgangs der Weine hinzuweisen sein. 

Die Milchsäure, die bei der zellfreien Gärung des Zuckers wieder- 
holt beobachtet wurde, ist zwar ein regelmäßiger Bestandteil des Weines, 
entsteht in diesem aber nicht durch die Tätigkeit der Hefen, sondern 
wohl ausschließlich durch Bakteriengärung, wie im $ 109 und im folgenden 
Kapitel näher zu erörtern sein wird. Die entgegenstehende Angabe von 
Meissner (5), wonach Weinhefen ebenso wie Apiculatus-Hefen und 
Schimmelpilze aus Aepfelsäure, Bernsteinsäure, Weinsäure und Citronen- 


säure nicht unbeträchtliche Mengen von Milchsäure zu bilden vermögen, 


ist nach SEIFERT (6) wegen der Schwierigkeit der Milchsäure-Bestimmungen 
nicht sicher begründet. Bei Versuchen von SEIFERT (6) hat sich eine 
derartige Bildung von Milchsäure durch Weinhefen in keinem Falle 
nachweisen lassen. In Uebereinstimmung damit stehen die neueren Be- 
obachtungen von StLATor (1) und BUCHNER und MEISENHEIMER (1), bei 
denen festgestellt worden ist, dab lebende Hefen nicht imstande sind, 
bei der Gärung Milchsäure zu erzeugen. BUCHNER und MEISENHEIMER (1) 
sehen infolgedessen die Milchsäure auch nicht mehr als Zwischenprodukt 
der alkoholischen Gärung an und haben dementsprechend auch die 
Existenz einer Lactacidase (vergl. Bd. IV, S. 353) aufgegeben. 


$ 107. Das Auftreten flüchtiger Säuren und Aldehyde. 
Wie in $ 87 des Vierten Bandes angegeben ist, erzeugen die Hefen 


bei der Gärung neben den sogen. festen (nicht-Hüchtigen) Säuren in ge- 
ringem Maße auch flüchtige Fettsäuren. Für die Weinbereitung ist 


dieser Vorgang von erhöhter Bedeutung, weil gerade diese Stoffe dies 


Güte des Weines stark beeinflussen und schon in verhältnismäßig ge- 
ringer Menge seinen Geschmack so verändern, daß der Wein fast wertlos 
wird. Wenn solche Mengen von flüchtiger Säure auftreten, sind sie 
allerdings fast ausnahmslos das Ergebnis von Bakterien-Gärungen, wie 


sie im nächsten Kapitel zu besprechen sein werden. Spuren von flüch- » 


tiger Säure enthalten schon die unvergorenen Moste, was Bfcnamp (1) 
zuerst beobachtet und Wınvısch (2) später bestätigt hat. Da nach 
Ertenmeyer (1) Ameisensäure in unreifen Trauben vorkommt und 
nach Beramann (1) wie die Essigsäure ein allgemein nachweisbares 
Stoffwechsel-Erzeugnis grüner Pflanzenteile ist, so sind diese Befunde 
nicht unwahrscheinlich, obwohl berücksichtigt werden muß, daß auch in 
scheinbar unveränderten frischen Mosten ebenso wie in verletzten, noch 
am Stock hängenden Trauben bereits Essigsäure-Bakterien tätig sein 
können. In gesunden Weinen schwankt der Gehalt an flüchtiger 
Säure nach 0. von per Heime und E. Scnuwenk (2) in der Regel 
zwischen 0,01—0,04 g auf 100 cem. Mürver-Tnunsau (11) hat beob- 
achtet, dab die Weinhefe Steinberg 1 der Wädenswiler Sammlung bei 
der Vergärung reiner Trauben- und Birnmoste 0,047-—-0,053 Proz. tlüch- 
tige Säure bildet, und in guter Uebereinstimmung damit geben Srırert 
und Reisen (2) an, daß unter gewöhnlichen Verhältnissen bei der Wein- 


an 


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15 


20 


4u 


FE 


eärung nicht mehr als 0,06 Proz. flüchtige Säure durch Hefentätig- 
keit entstehen. Auf Ausnahmen von dieser Regel wird später einzu- 
gehen sein. 
In der analytischen Praxis werden die flüchtigen Säuren des Weines 
;nach ihrem Hauptbestandteil als Essigsäure berechnet. Neben dieser 
sind unter den flüchtigen Säuren noch Ameisensäure, Propionsäure, Butter- 
säure und deren höhere Homologe vorhanden. Ferner werden als flüch- 
tige Säure mitbestimmt die in keinem Wein fehlende schweflige Säure 
und vielleicht auch Spuren von Milchsäure. Einzelbeobachtungen über 
ı»das Vorkommen der genannten Fettsäuren in Most und Wein sind im 
$ 87 des Vierten Bandes mitgeteilt, wozu noch nachgetragen sei, dab 
nach WimpischH (7) fast alle Fettsäuren von der Ameisensäure bis zur 
Caprinsäure, ja in Spuren selbst deren höhere Homologe bis hinauf zur 
Palmitinsäure im Wein ermittelt worden sind. Es beweist das allerdings 
ısnoch nicht, daß die Hefen derartige Verbindungen erzeugen, da sich 
diese Befunde ausschließlich auf gewöhnliche Weine beziehen, die nicht 
das reine Ergebnis des Hefen-Stoffwechsels darstellen, sondern auch die 
Gärungserzeugnisse anderer Organismen enthalten. 
Die Einwirkung der Gärungsbedingungen auf die Entstehung dieser 
>» Säuren ist nur zum Teil geklärt. Aus den Untersuchungen von Kayser (7), 
ReıscH (2), OSTERWALDER (1) und MEIssneEr (5) geht hervor, dab die 
Menge der von den Weinhefen gebildeten flüchtigen Säuren bei den ein- 
zelnen Rassen verschieden groß ist. Von der Gärkraft der Hefen ist 
sie offenbar nicht abhäneig. Reısch (2) hat bei einer Prüfung von 
»drei Reinhefen zwar die Wahrnehmung gemacht, dab die gärkräftigste 
dieser Rassen die meiste flüchtige Säure bildet, doch ist andererseits 
von ÖSTERWALDER (1) festgestellt worden, daß die gärschwachen Hefen 
in dieser Eigenschaft nicht in allen Fällen hinter den gärkräftigen 
Rassen zurückstehen. Der Einfluß der Temperatur scheint sich bei 
:o Südweinhefen in anderer Weise geltend zu machen als bei Heften aus 
nördlichen Weinbaugebieten. Bei Untersuchungen von KAYsEr (7) bildete 
eine Südweinhefe bei 35° © mehr flüchtige Säure als bei 25° C, während 
sich eine Hefe aus der Champagne gerade umgekehrt verhielt. Ver- 
mehrung der Säurebildung bei höherer Temperatur haben auch Roos 
»und CHABERT (1) bei einer südfranzösischen Hefe, sowie SEIFERT (7) bei 
einer Tokayer Hefe festgestellt. Dagegen lieferte eine von SEIFERT (7) 
geprüfte Moselhefe Piesport bei höheren Temperaturen weniger flüchtige 
Säure als bei tieferen. Da die Gärtätigkeit bei Warm- und Kalthefen 
durch die Temperatur in verschiedener Weise beeinflußt wird, läge es 
‚nahe, aus diesen Beobachtungen einen Zusammenhang zwischen der 
Gärungsenergie und der Ergiebigkeit der Säurebildung abzuleiten, doch 
bedarf auch diese Vermutung noch einer gründlichen Prüfung. Daß 
Luftzufuhr die Entstehung flüchtiger Säuren während der Gärung 
berünstigt, ist nach den auf S. 384 des Vierten Bandes erwähnten Unter- 
suchungen von SrrAaup (1) und den neueren Beobachtungen von ÜSTER- 
WALDER (1) anzunehmen. Sicher steht die Bildung der flüchtigen Säuren 
in Beziehungen zum Zuckergehalt der Moste. Wie R. vox DER HEIDE (1) 
in Bestätigung einiger Angaben von T'uyLmann und Hırger (1) sowie 
von Kayser und Barpa (2) nachgewiesen hat. erhöht sich die Menge der 
sovon den Hefen gebildeten flüchtigen Säuren mit zunehmendem Zucker- 
eehalt der Moste. Dabei kann der Gehalt der Weine an flüchtigen 
Säuren entsprechend den im Moste vorhandenen Zuckermengen weit 
über das gewöhnliche Maß ansteigen. Bei einem Versuch von R. voN 


)> 


— 41 — 


DER HEIDE (1) erzeugte die gärkräftige Weinhefe Oppenheimer Kreuz 
in einer Reihe von Mosten, die sich durch wechselnden Zuckergehalt 
voneinander unterschieden, sonst aber in jeder Beziehung dieselbe Zu- 
sammensetzung zeigten, nachstehende Mengen von flüchtiger Säure: 


Zuckergehalt des Mostes: g in 100 ccem 6,82 13,49 20,52 26,86 33,21 37,88 45,49 
Gehalt des Weines an 

flüchtiger Säure: g in 100 ccm 0,020 0,024 0,044 0,062 0,097 0,150 0,250. 
Ü. vox DER HEIDE (3) ist bei einer Nachprüfung dieser Angaben zu den 
gleichen Ergebnissen gelangt. Die Menge der flüchtigen Säuren stieg 
in seinen Versuchsmosten bei Anwendung der Moselhefe Winningen bis 
auf 3,39 Promille, entsprechend einem ursprünglichen Zuckergehalt von 
48,81 Prozent. Nach Kayser (7) soll sich die flüchtige Säure bei Zu- 
nahme der im Most enthaltenen nicht-flüchtigen Säuren ebenfalls 
vermehren, und zwar unter der Einwirkung von Weinsäure in stärkerem 
Grade als bei Gegenwart von Aepfelsäure. Bei der von SEIFERT (7) 
untersuchten Moselhefe Piesport macht sich ein wesentlicher Einfluß des 
Aepfelsäure- und Weinsäure-Gehaltes der Moste auf die Bildung der 


flüchtigen Säure aber nicht bemerkbar. In Mosten, die vor der Gärung ı; 


mit Essigsäure versetzt wurden, ist die Neubildung von flüchtiger Säure 
nach Reıscn (2) sogar schwächer als in gewöhnlichen Mosten. Die 
Gegenwart von Alkohol im Gärstoff hat auf die Entstehung der 
flüchtigen Säuren keinen nennenswerten Einfluß, wenigstens nicht, wenn 
seine Menge sich in den Grenzen von 1—8 Proz. bewegt. Nachgewiesen 
ist diese Tatsache von Reısca (2) bei der Vergärung von Mosten, die 
vor der Hefenaussaat Zusätze von 1,0—8,2 Maßprozenten Alkohol er- 
halten hatten, sowie von Ü. von DER HEIDE und E. Schwenk (2) bei der 
Umgärung von pasteurisierten Weinen. Wenn im Gärstoft neben dem 


Alkoholgehalt auch die Zuckerkonzentration so abgestuft wird, daß bei: 


der Gärung Weine von annähernd gleichem Alkoholgehalt entstehen, 
dann scheint mit der Erhöhung des anfänglichen Alkoholgehaltes die 
Erzeugung flüchtiger Säure unter Umständen allerdings etwas zurück- 
zugehen, wie folgende von Ü©. von DER HEIDE und E. Schwenk (2) er- 
mittelte Zahlen beweisen: 

In 100 ecm sind enthalten & 


Anfänglicher Alhoholgehalt des Gärstoffes 

(Pasteurisierter und gezuckerter Wein) 3,00 4,00 5,00 6,00 
Alkoholgehalt des Weines nach der Umeärung 10,44 1052 10,81 10,96 
Gehalt des Weines an flüchtiger Säure nach der 


Umgärung 0,051 0,052 0,048 0,040 
Dab in derartigen Fällen aber die geringe Verminderung der flüchtigen 
Säure nicht mit dem Anfangsgehalt des Gärstoffes an Alkohol, sondern 
mit der Größe des Zuckerumsatzes zusammenhängt, zeigt ein Vergleich 
der neugebildeten Mengen Alkohol mit den neugebildeten Mengen 


flüchtirer Säure C. von per Heros und E. Scuwenk (2) sind bei einer: 
» 


derartigen -Gegenüberstellung unter anderem zu folgenden Krgebnissen 
gekommen: 


Neubildung von Alkohol: g in 100 cem 1 27 82 46: Bon. RI 
Neubildung von flüchtiger Säure: 
£ in 100 com 0,016 0,022 0,025 0,020 0,050 0,042 0,04 


Aus diesen Zahlen geht hervor, daß in dem Maße, als Alkohol neu ge- 
bildet wird, auch die flüchtige Säure zunimmt. Die Steigerung des 
Säuregehalts ist jedoch der Alkoholvermehrung nicht proportional. 


5 


N 


D 


20 


v 
or 


30 


= 
So 


10 


— a 


Die Beziehungen zwischen dem Auftreten der flüchtigen Säuren 
und den einzelnen Gärungsstufen hat Reısca (2) untersucht. Nach 
seinen Beobachtungen erzeugen die Hefen nur Spuren von flüchtiger 
Säure, solange sich die Gärung noch im Anfangsstadium befindet und 

szur Bildung nennenswerter Mengen von Alkohol "noch nicht geführt hat. 
Mit Beginn der stürmischen Gärung vermehrt sich der Gehalt der Moste 
an flüc htiger Säure jedoch ungemein rasch und erreicht bald eine Höhe, die 
im späteren Verlauf der Gärung nicht mehr überschritten wird. Bei 
den Versuchen von Reısch (2) trat dieser Augenblick schon ein, wenn 
ıwetwa die Hälfte des im Most vorhandenen Zuckers vergoren war. Nach 
diesen Beobachtungen muß also angenommen werden, ‘daß die während 
der alkoholischen Gärung entstehende flüchtige Säure zur Zeit der leb- 
haftesten Hefentätigkeit gebildet wird. OÖSTERWALDER (1) hat aber nach- 
gewiesen, daß durch die Arbeit von Hefen auch nach Abschluß der 
1» Gärung noch beträchtliche Mengen von flüchtiger Säure erzeugt werden 
können, wenn die vergorenen Ww eine bei Luftzutritt noch einige Zeit 
auf der Bodensatzhefe liegen bleiben. Unter solchen Verhältnissen be- 
einnt, wie offenbar schon Brurzns (4) beobachtet hat, auf und in dem 
Bodensatze erneutes Hefenwachstum, in dessen Verlauf sich auf dem 
»alten Trub flockige oder glatte Schichten von neuer Hefe ablagern. 
Gleichzeitig macht sich in solchen Jungweinen eine starke Vermehrung 
der flüchtiren Säure bemerkbar, wie sie während der Gärung unter 
eewöhnlichen Bedingungen nie zu beobachten ist. Der Zuwachs an 
flüchtiger Säure ist bei den einzelnen Hefen verschieden groß. Während 
sser bei der zum Typus des Saccharomyces ellipsoideus gehörenden Rasse 
Dezaley 2 den Gehalt des Weines an flüchtiger Säure im Laufe von etwa 
vier Monaten auf 1,7 Promille erhöht, ist er bei der Rasse Chardonnay 1, 
die zum Typus des Saccharomyces Pastorianus gehört, so niedrig, daß 
er sich analytisch kaum nachweisen läßt. Durch diese Feststellungen 
30 VON ÖSTERWALDER (1) erklärt sich auch die auf S. 384 des Vierten Bandes 
erwähnte Angabe von Biourse (1), wonach bei der alkoholischen Gärung 
die flüchtige Säure besonders dann zunimmt, wenn die vollständig ver- 
gorene Flüssigkeit noch längere Zeit aufbewahrt wird. Dagegen ist es 
fraglich, ob eine eleichlautende Mitteilung von Ducraux (3) sich auf die 
35 Beobachtung von Vorgängen bezieht, wie sie ÖSTERWALDER (1) beschrieben 
hat. Eher dürfte das der Fall sein bei der Säurebildung, die MEISSNER (5) 
in zucker- und alkoholfreien künstlichen Nährlösungen und zuckerfreien 
Weinen durch Weinhefen erzielt hat. Während OÖSTERWALDER (1) darauf 
hingewiesen hat, daß ein Abbau der nicht-flüchtigen Säuren bei der 
„durch Hefen bewirkten Bildung der flüchtigen Säuren nach seinen Be- 
obachtungen nicht in Frage kommt, behauptet Meısswer (5), dab die 
Entstehung der flüchtigen Säuren gerade auf diesem Wege erfolgt. Nach 
seiner Auffassung sollen die Hefen imstande sein, Aepfelsäure, Bernstein- 
säure, Weinsäure und Citronensäure so zu zersetzen, dab unter den Abbau- 
serzeugnissen neben flüchtiger Säure auch Milchsäure auftritt. Diese 
letztere soll im Stoffwechsel der wachsenden Hefenzellen zum Teil einer 
weiteren Zerlegung anheimfallen, bei der gleichfalls flüchtige Säure auf- 
tritt. Da die Hefen die nicht-Hüchtigen wie die flüchtigen Säuren nach 
MEısswer (5) auch völlig „zerstören“ können, soll der im Wein ver- 
5o bleibende Säuregehalt die, ‚Resultierende aus der Bildung und Zerstörung 
nicht-flüchtiger und flüchtiger Säure“ darstellen. Inwieweit diese Folge- 
rungen berechtigt sind, werden weitere Untersuchungen zeigen müssen, 
wobei der Hinweis von SEIFERT (6) zu beachten sein wird, daß die von 


———. 


— 465 — 


MEIsssER gefundenen Milchsäure-Werte wegen der Ungenauigkeit der 
Bestimmungsverfahren wenig sicher stehen. Nach OSTERWALDER (1) ist 
es nicht ausgeschlossen, daß die Hefen mittels Oxydasen auch den Alkohol 
zu flüchtiger Säure oxydieren. Eine ähnliche Auffassung vertreten auch 
Kayser und DEMmoLox (1) sowie TrıLLar und Sautox (1). MEISSNER (5) 5 
vermutet auf Grund einer Beobachtung von Lixpxer (1) ebenfalls, dab 
der Alkohol an der Säurebildung im Wein beteiligt ist. Fine einfache 
Oxydation des Alkohols ohne Mitwirkung der Hefen kommt dabei aber 
nicht in Frage, sondern ist, wie in neuerer Zeit auch Kayser und 
Demorox (2) im Gegensatz zu Trıtrar (1) betont haben, für die Bildung ı0 
der Essigsäure und des Zwischengliedes zwischen dieser Säure und dem 
“Alkohol, des Acetaldehyds, nur von untergeordneter Bedeutung. Daß 
die auf S. 460 aufgezählten höheren Fettsäuren zweifellos in anderer 
Weise, nämlich durch Spaltung von Fetten, entstehen, ist auf S. 386 des 
Vierten Bandes bereits erwähnt worden. 15 
Zu den Nebenerzeugnissen der alkoholischen Gärung, die regelmäßig 
im Wein auftreten, gehören auch die Aldehyde. Ob der Formaldehyd 
in geringen Spuren im normalen Wein vorkommt, wie das Farx- 
STEINER (1) und MALLMANS (1) vermutet haben, ist noch fraglich, sicher 
ist aber durch Kerr (1) der Acetaldehyd als Bestandteil des W eines 20 
nachgewiesen. Seine Menge schwankt in französischen Handelsweinen 
nach Roeser (1) zwischen 10 und 40 mg, in toskanischen Weinen nach 
Passerını (3) zwischen 10 und 60 mg im Liter. Nach Trızrar (2) sollen 
sich zuweilen aber auch bis 200 mg und mehr Acetaldehyd S Weine 
vorfinden. Schwere Weine und Weißweine enthalten nach Passerınt (3) 
mehr Aldehyd als leichte Weine und Rotweine, auch soll nach diesem 
Forscher der Aldehydgehalt in alten Weinen größer sein als in jungen. 
Die in den Handelsweinen auftretenden Aldehydmengen verdanken ihre 
Entstehung allerdings nicht allein der Tätigkeit von Hefen, sondern 
auch der Mitwirkung anderer Gärungsorganismen, nach PassErınt (3) 30 
besonders der Arbeit von Kahmpilzen und Essigsäure-Bakterien. Bei 
den Hefen ist die Größe der Aldehydbildung nach Roeser (1) vorzugs- 
weise von der Rasse der Hefe, der Zusammensetzung des Mostes und 
dem Luftzutritt abhängig, worüber Näheres bereits in den $S$ 87 u. 88 
des Vierten Bandes gesagt worden ist. Passerii (3) gibt an, daß dies 
Menge des im Wein entstehenden Aldehyds bei Gegenwart von Sulfiten, 
wie sie bei der Sulfitgärung (S. 409 u. 448) den Mosten zugesetzt werden, 
in erheblichem Maße zunimmt. Während Passerıı(3) mit der Mög- 
lichkeit rechnet, dab die Aldehyde zum Teil durch Oxydation von Al- 
kohol und zum Teil durch Reduktionsvorgänge, der Acetaldehyd also « 
z. B. durch Reduktion der Essigsäure, entstehen, sieht Trıruar (1) die 
Erzeugung von Acetaldehyd während der Gärung als eine Neben- 
reaktion an, welche nur bei Luft-Zutritt erfolgt und an die Gärung 
selbst nicht gebunden ist. Eine ähnliche Oxydation glauben Trınuar 
und Savron (1) auch durch Platinmohr, Tierkohle und abgetötete as 
Hefe herbeiführen zu können, wenn sie auch feststellen, daß die 
Aldehydbildung bei Anwesenheit von lebender Hefe stärker ist als in allen 
anderen Fällen. Kayser und Demonox (2) behaupten dagegen, daß die 
Oxydation des Alkohols auf chemischem Wege für die Entstehung des 
Acetaldehyds im Wein nur untergeordnete Bedeutung hat, und betonen, so 
daß bei ihren Versuchen der Zusatz von abgetöteten Hefen zum Wein 
auf die Aldehydbildung ohne Einfluß blieb. Nach ihren Beobachtungen 
soll der Acetaldehyd im Wein fast ausschließlich durch die lebenden 


— 464 — 


Hefen erzeugt werden, und zwar besonders dann, wenn die völlig ver- 
gorenen Moste auf der gebildeten Bodensatzhefe bei Luftzutritt noch 
einige Zeit liegen bleiben. Gegenüber den vorstehenden Angaben sei 
noch darauf hingewiesen, daß nach den zum Teil allerdings nicht sicher 
5begründeten Deutungen von ScHaDeE (1), AsHpown und Hrwırr(1) sowie 
KosrtyYTscHeEw (1) auch bei der Spaltung des Zuckers intermediär Acetal- 
dehyd gebildet werden könnte. Desgleichen sei daran erinnert, dab 
nach den Ansichten von EHrricH (1) Aldehyde verschiedener Zusammen- 
setzung möglicherweise auch aus Aminosäuren hervorgehen. 

10 Der Acetaldehyd erleidet im Wein verschiedene Veränderungen. 
Bereits erwähnt ist die von SchımItt (1) und Rıpper (1, 2,3), SEIFERT (8), 
Maca# (2), BarTH (3), ÜHUARD und JAccARD (l), SCHAFFER und BERT- 
SCHINGER (1), RIETER (1), Trızuar (3) und insbesondere durch die Unter- 
suchungen von Kerr (1) erwiesene Tatsache, daß sich die Aldehyde mit 

ısder im Wein enthaltenen schwefligen Säure zu aldehydschwefligen 
Säuren verbinden. Insoweit der Acetaldehyd diese Verbindung nicht 
eingeht, zeigt er sich nicht beständig. Trıruar und Saurox (1) haben 
beobachtet, daß Acetaldehyd, den man zu einer mit frischer Hefe ver- 
setzten alkoholischen Lösung zugibt, rasch verschwindet, und schließen 

»odaraus, daß auch der im Wein entstehende Aldehyd durch die Tätigkeit 
der lebenden Hefen nach Maßgabe seiner Bildung fortdauernd weitere 
Umsetzungen erleidet. Auch Kayser und DEmorox (1) sehen den Acetal- 
dehyd des Weines nur als eine Uebergangsstufe der Oxydation an. Nach 
Trırzar und Savron (2) oxydieren die lebenden Hefenzellen den Acet- 

35aldehyd rasch zu Essigsäure, die sich weiter mit dem Alkohol zu Essig- 
säure-Aethylester verbindet. Zum Teil geht der Aldehyd im Weine nach 
Trıruar (2) auch in Acetal, den Aethyliden-Diäthyläther CH,CH(0C,H, ),, 
über. Trıuvar (2) vermutet, dab sich sowohl der Acetaldehyd wie das 
Acetal mit dem Rotweinfarbstoff zu unlöslichen Körpern verbinden, zum 

30 Teil auch polymerisieren und verharzen und zu der bekannten, als Hoch- 
färbung bezeichneten Bräunung der alten Weißweine beitragen. 

Das Furfurol, der Aldehyd der Brenzschleimsäure, den Krvis und 
Rayman (1) für ein Stoffwechselprodukt der Hefen angesehen haben, 
scheint bei der Weingärung nicht aufzutreten. Kayser und DEMOLoN (3) 

3halten es zwar für möglich, daß die Hefen auch diese Verbindung er- 
zeugen. Seitdem aber PAsQuUERO und CAvAGnarı(1) sowie Harp (1) nach- 
gewiesen haben, daß man bei der Destillation von Naturweinen kein 
Furfurol erhält, wenn man die Weine vorher neutralisiert, ist diese 
Vermutung nicht mehr berechtigt. Das in gewöhnlichen Weindestillaten 

so regelmäßig vorkommende Furfurol entsteht erst bei der Destillation der 
Weine, und zwar jedenfalls durch die Einwirkung der im Wein ent- 
haltenen Säuren auf eine Pentose, deren Natur noch nicht ermittelt ist, 
die aber nach den Untersuchungen von Haıp (1) nicht l-Arabinose sein 
dürfte. Man vergleiche damit die Ausführungen auf S. 395 des Vierten 
sund S. 454 des vorlierenden Bandes. 


$ 108. Die Entstehung höherer Alkohole und der Bouquetstoffe. 


Von den Alkoholen, die beim Stoffwechsel der Weinhefen auftreten, 
braucht der Methyl-Alkoho] hier nicht mehr besprochen zu werden, 
da im $ 88 des Vierten Bandes die Beobachtungen über das Vorkommen 

50 dieses Alkohols im Wein bereits zusammengestellt sind. Ebensowenig 


— 45 — 


bedarf nach den Ausführungen im $ 106 des vorliegenden Bandes die 
Bildung des Aethylalkohols einer weiteren Erörterung. Dagegen muß 
auf die Entstehung der höheren Alkohole, der sogen. Fuselöle, etwas 
näher eingegangen werden. Für die Weinbereitung haben diese Ver- 
bindungen große Bedeutung, weil sie an der Bildung des Weinbouquets 5 
beteiligt sind. Daß sie sich im Weine stets vorfinden. ist schon aus 
den Angaben des $ 88 des Vierten Bandes zu entnehmen. Von ÖOR- 
DONNEAU (1), UrAaupon und Morıs (1) sowie Mor (1) sind in Wein- 
destillaten (Cognac) von höheren Alkoholen nachgewiesen worden: 
primärer Propylalkohol, normaler Butylalkohol, Isobutylalkohol, Amyl- ıo 
alkohol, Hexylalkohol und Heptylalkohol. Die Menge der im Wein ent- 
haltenen Fuselöle ist keineswegs gering. In vierzehn von K. Winpisch (2) 
untersuchten reinen Weinen betrug sie 0,0153—0,055 Maß-Proz., gleich 
0,124 — 0,495 cem auf 100 cem wasserfreien Alkohol. SEIFERT (6) fand 
in einem mit Reinhefe vergorenen Wein unmittelbar nach Abschluß der 15 
Gärung 0,009 Maß-Proz. Fuselöl. Nach sechswöchentlicher Lagerung 
des Weines auf der entstandenen Hefe war die Menge des Fuselöls auf 
0,014 Maß-Proz. angewachsen. 

Die früheren Ansichten über die Entstehung der Fuselöle 
sind im $ 88 des Vierten Bandes eingehend besprochen. Seit Erscheinen zo 
jenes Bandes haben sich unsere Kenntnisse über diesen Vorgang be- 
deutend erweitert. Die früher ziemlich allgemein vertretene Annahme, 
daß es im wesentlichen Bakterien seien, die durch eine eigenartige 
Zuckerspaltung die höheren Alkohole des Fuselöls erzeugen, ist durch 
die Arbeiten von F. EnrrıcH (2—5) als unzutreffend erwiesen worden. 3 
Wie Enrrıch (3) zuerst gezeigt und PrinGsHEim (2) bestätigt hat, sind 
die Fuselöle Stoffwechselprodukte der Hefen, die beim Eiweißaufbau 
dieser Pflanzen durch Spaltung der von vornherein im Gärstoff ent- 
haltenen oder durch Selbstverdauung der Hefe gebildeten Aminosäuren 
entstehen. Die wichtigsten dieser fuselölgebenden Aminosäuren sind das % 
Leucin, das Isoleucin und das Valin. Ihr Zerfall vollzieht sich unter 
Abspaltung von Ammoniak und Kohlensäure und Wasseranlagerung 
etwa im Sinne der folgenden Gleichungen: 


(CH,)s:CH-CH,-CHNH,-CO,H + H,O = (CH,),:CH-CH,-CH,OH + NH; + CO; 


Leuein Iso-Amylalkohol 
OENAr # n — CHNÜöH.c H.+C 
GH,/CH! HNH;,-CO.H + H,O = GH, / CH CH, OH +NH, + CO, 
Isoleuein aktiver Amylalkohol 
(CH;)s :CH-CHNH,-CO;,H + H,O = (CH,) : CH-CH,OH +NH, + CO, 
Valin Isobutylalkohol 


Wie der Abbau des Leueins und seiner Homologen zu den entsprechenden 
Alkoholen im einzelnen verläuft und welche Zwischenstufen dabei auf-s 
treten, ist mit Sicherheit noch nicht festgestellt. Für sehr wahrscheinlich 
hält es Erenicn (5), daß zuerst aus dem Leucin Ammoniak abgespalten 
wird und intermediär Leueinsäure auftritt, dab diese aber sofort nach 
ihrer Entstehung nach dem Schema 


(CH,)a:CH-CH,-CH(OH)-COOH = (CH,) :CH-CH,-CHO -+- H-COOH 
Leueinsäure Valeraldehyd Ameisensäure 


in Valeraldehyd und Ameisensäure zerfällt. Der Valeraldehyd, den wo 

schon Orvonnzau (2) bei der Gärung beobachtet hat, würde dann durch 

Reduktasen der Hefe in Amylalkohol und vielleicht zum Teil dureh, 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. V, 30 


— 466 — 


Oxydasen in Valeriansäure übergeführt werden, wodurch auch für die 
Entstehung dieser und ähnlicher Säuren bei der Hefengärung eine Er- 
klärung eegeben wäre. Nachdem in neuester Zeit Enkuich und Pıst- 
SCHIMURA (1) gezeigt haben, daß von Hefen der Gattung Willia und von 
5Oidinm lactis primäre Amine für die Zwecke des Eiweißstoffwechsels 
verwertet und dabei in die entsprechenden Alkohole übergeführt werden, 
ist es aber auch möglich, daß sich der Amylalkohol aus dem Leuein 
auf dem Umwege über das Amylamin bildet. Die Spaltung der Amino- 
säuren würde in diesem Falle erfolgen nach dem allgemeinen Schema 


10 R-CH(NH,)-COOH = R-CH,-NH, +C0, 
R.CH. NEL. H,O = R-CH-0H + NH 


Sehr bemerkenswert ist, daß nach den Beobachtungen von EHr- 
LICH (2) bei der Vergärung der Aminosäuren weder im Verlauf noch bei 
Beendigung der Gärung in der Gärflüssigkeit Ammoniak nachzuweisen 
15 1St. Vielmehr zeigt sich, daß bei der Gär ung nicht nur die Aminosäure 
aus der Gärflüssiekeit verschwindet, sondern annähernd proportional 
ihrer vergorenen Menge und der Menge des entstandenen höheren Al- 
kohols auch eine bestimmte Menge Stickstoff. Da dieser aus der sauren 
Lösung nicht in die Luft entweichen kann, so ergibt sich aus dieser 
»» Tatsache, daß die Hefe das vorübergehend aus den Aminosäuren ab- 
gespaltene Ammoniak zu in Wasser unlöslichem Körpereiweiß verarbeitet 
und den stickstofflosen Teil in Form von Alkohol und eventuell auch 
in Form von Kohlensäure unberührt zurückläßt. 
In ganz ähnlicher Weise wie das Leucin und seine Homologen spaltet 
» die Hefe während der Gärung auch andere im Eiweiß vorkommende 
Aminosäuren, so u.a. alle bisher untersuchten «-Aminosäuren in dem 
Sinne, daß sie ihnen Ammoniak zum Aufbau ihres Körpereiweißes ent- 
zieht und dabei außer Kohlensäure jedesmal eine stickstofflose Substanz, 
meist in Form eines Alkohols, zurückläßt. So entsteht aus dem T'yrosin 
so der p-Oxyphenyläthylalkohol (Tyroso]), aus dem Phenylalanin der Phenyl- 
äthylalkohol usw. Für die noch nicht näher untersuchten Aminosäuren 
läßt sich auf Grund ihrer Konstitution und des allgemeinen Verlaufs 
der Reaktion nach EnrruiıcH (2) voraussagen, welche Alkohole bei ihrer 
Spaltung wahrscheinlich zu erwarten sind. So darf man annehmen, dab 
5 aus dem Glycocoll der Methylalkohol, aus dem Alanin der Aethylalkohol, 
aus dem Serin das Aethylenglycol entsteht. In dieselbe Gruppe der 
Spaltungen gehört auch die bereits besprochene Bildung der Bernstein- 
säure aus der Glutaminsäure. In allen diesen Fällen handelt es sich 
um ein und dieselbe wichtige biologische Reaktion; da sie gewöhnlich 
‚zur Entstehung eines Alkohols und nebenbei auch zur Abspaltung von 
Kohlendioxyd führt, kann man sie mit Euruicn (2) als die alkoholische 
Gärung der Aminosäuren bezeichnen. 
Wie die Spaltung des Zuckers vollzieht sich auch die Vergärung 
der Aminosäuren innerhalb der Hefenzellen jedenfalls unter Mitwirkung 
‚sehr empfindlicher Enzyme, die mit dem Protoplasma eng zusammen- 
hängen und in ihrer Gesamtarbeit den Eiweibaufbau der Hefe vermitteln, 
von der lebenden Zelle mit den bekannten Mitteln aber nicht abgetrennt 
werden können. Es braucht sich dabei nicht um ein besonderes des- 
amidierendes Enzym zu handeln, sondern man kann sich nach Eurrıc# (2) 
50 vorstellen, daß dabei eine Reihe an sich chemisch sehr einfach reagierender 
Enzyme im Spiele sind, wie das weiter oben bereits angedeutet worden 
ist. Errront (2) glaubt zwar ein desamidierendes Enzym in der Hefe 


| 


A 


nachgewiesen zu haben, weil er festgestellt hat, daß Aminosäuren in 
alkalischer, mit Preßhefe versetzter Lösung nach Verlauf einiger Tage 
unter Ammoniak-Entwicklung und Abspaltung flüchtiger Fettsäuren zer- 
setzt werden. Nachdem aber Enruich (2) gezeigt hat, daß unter den 
Verhältnissen, wie sie Errkoxt hergestellt hat, die Desamidierung der 
Aminosäuren durch Bakterien verursacht wird, ist diese Behauptung von 
Errkoxt hinfällig. 

Sehr wichtig ist die Tatsache, daß die lebende Hefe die alkoholische 
Gärung der Aminosäuren nur dann vollzieht, wenn ihr gleichzeitig ver- 


© 


gärbarer Zucker in großer Menge zur Verfügung steht. Wie EHRLICH (2) ıo 


beobachtet hat, bestehen offenbar ganz genaue gesetzmäßige Beziehungen 
zwischen der Leistungsfähigkeit einer Hefe bei der Assimilation einer 
Aminosäure und der Zuckermenge, die ihr zur Vergärung geboten wird. 
Mit anderen Worten kann man auch sagen, daß zur Abspaltung des 


Stickstoffs aus einer Aminosäure stets die Vergärung einer ganz be-ıs 


stimmten Menge von Zucker mit überschüssiger Hefe erforderlich ist. 
Enkrich (2) schließt daraus, daß der Zerfall des Zuckers in Alkohol und 
Kohlensäure der Hefe die für die Zerlegung der Aminosäuren und für 
den Eiweißaufbau aus dem abgespaltenen Ammoniak nötige Energie 


liefert, und daß ein Teil des Zuckers selbst das Kohlenstoff- und Wasser- 20 


stoff-Material bildet, das die Hefe außer zu Glycogen zusammen mit dem 
aus Aminosäuren abgespaltenen Ammoniak zu ihrem arteigenen Körper- 
protein aufbaut. 

Die Untersuchungen von Enrrıca (2) haben auch die Verhältnisse 
klargelegt, von denen die Bildung der höheren Alkohole und insbeson- 
dere der Fuselöle bei der Gärung abhängig ist. Nach dem früher Ge- 
sagten ohne weiteres verständlich ist die von Enruica (2) und PrixGs- 
HEIM (2) festgestellte Tatsache, dab eine Vermehrung der Aminosäuren 
im Gärstoff bei Anwesenheit der erforderlichen Zuckermengen auch eine 


25 


Steigerung der Fuselölausbeute zur Folge hat. EnkuıcH (5) und nach so 


ihm Prınssmeiım (4) haben aber auch zeigen können, dab sich der Fuselöl- 
gehalt der Gärflüssiekeit vermindert, wenn der Hefe neben den Leucinen 
Stiekstoffkörper mit leicht verseifbarem Stickstoff, wie Asparagin, oder 
Verbindungen, bei denen eine Spaltung überhaupt nicht erforderlich ist, 


wie Ammoniak, geboten werden. Die Hefe bevorzugt dann diese Stoffe ss 


und greift die Leucine entsprechend weniger an. Wir werden auf diese 
Tatsache später zurückkommen müssen. Da den Hefen auch Amino- 
säuren, die bei der Selbstverdauung ihrer Körpersubstanz aus ab- 
sterbenden Zellen austreten, als Stickstoffquelle dienen können, wird die 


Fuselölbildung auch von den Ernährungs- und Wachstumsbedingungen: 


der Hefe beeinflußt. Im allgemeinen kann man annehmen, dab aus dem 
Hefeneiweiß Fuselölbildung stattfinden wird, wenn die Hefe nur unzu- 
reichend oder schlecht ernährt ist, oder wenn durch zu hohe Temperatur 
oder ungünstige Lebensbedingungen anderer Art die autolytischen Vor- 


ws 


> 


v 


gänge innerhalb der Zellen beschleunigt werden. Doch wird auch inas 


kräftig gärenden Maischen das Kuselöl zum Teil in dieser Weise ent- 
stehen können, weil bei sehr lebhafter Vermehrung der Hefe ältere 
Zellen absterben und Kiweiß-Spaltungskörper in die Gärflüssigkeit 
entlassen. 


Unstreitie haben diese Tatsachen auch für die Weingärung Be- so 
B g 


deutung. Auch bei dieser werden sich die Fuselöle beim Eiweiß-Stofl- 

wechsel der Hefen aus natürlichen Stickstoff-Verbindungen des Gärstofls 

und autolytisch entstandenen Aminosäuren bilden. Allerdings hat man 
30* 


at 


von verschiedenen Seiten die Frage aufgeworfen, ob die Fuselöle des 
Weines ausschließlich auf diesem Wege entstehen, oder ob bei der Wein- 
gärung die Möglichkeit anderer Bildungsweisen vorliegt. 
W INDISCH (2) und SEIFERT (6) haben diese Frage bejaht, weil sie be- 
5 obachtet haben, daß der Fuselölgehalt in spontan oder unter Zusatz von 
bakterienhaltigem Hefentrub vergorenen Weinen gröber ist als in Ver- 
gleichsweinen, die aus sterilisierten Mosten mit reingezüchteten Hefen 
hergestellt werden. WıxpıscH (2) vermutet, dab ein Teil der im Wein 
enthaltenen Fuselöle durch Bakterien aus Kohlenhydraten gebildet wird. 
ıDa SEIFERT (6) aber festgestellt hat, daß bakterienhaltiger Hefentrub 
den Fuselölgehalt des Weines auch dann vermehrt, wenn er dem Wein 
erst nach Abschluß der Gärung zugesetzt wird, so hat diese Annahme 
wenig für sich. Auch der Deutungsversuch von SEIFERT (6), daß die 
Bakterien ein noch nicht bekanntes Kohlenhydrat des Weines oder das 
ısGlycogen oder einen anderen Inhaltskörper der Hefen in Fuselöl um- 
wandeln, dürfte der Wirklichkeit nicht entsprechen. Die von WınpıscH (2) 
und SEIFERT (6) beobachtete Steigerung des Fuselölgehalts durch unreine 
Hefe läßt sich wohl dadurch erklären, dab sich in diesem Falle neben 
den echten Hefen noch andere Sproßpilze an der Erzeugung höherer 
20 Alkohole beteiligen. Insbesondere kämen dabei Kahmpilze und hautbilden- 
den Hefen der Gattung Willia in Betracht (s. S. 466); nach den Unter- 
suchungen von EurtıcH (2) und Prin6GsHEim (5) wäre aber auch an die 
Mitwirkung von Apiculatus-Hefen und Mucorineen zu denken. Die Bak- 
terien dürften die Fuselölbildung im Wein vermutlich nur indirekt 
s;fördern, indem sie die Autolyse der Hefe beschleunigen und so dazu bei- 
tragen, daß sich in jungen Zellen von Hefen und Kahmpilzen der Eiweib- 
Stoffwechsel lebhafter vollzieht. In jenen Fällen, in denen der nach 
Eukrrıc#’s Theorie hierzu notwendige Zucker nicht mehr vorhanden ist, 
dürfte das Glycogen als Kraftquelle an dessen Stelle treten. Die von 
30 PRINGSHEIM (4) in Brennereimaischen beobachtete Bildung von Fusel- 
ölen durch Buttersäure-Bakterien kommt für die Weingärung im all- 
gemeinen nicht in Betracht, da eine stärkere Vermehrung derartiger 
Bakterien wenigstens in den säurereichen Mosten ausgeschlossen erscheint. 
Die von der Hefe gebildeten höheren Alkohole verbinden sich im 
3: Wein mit den vorhandenen Fettsäuren leicht zu Estern, wobei nach einer 
Annahme von Kayser und Demorox (1), die auch Enktiıca (2) vertritt, 
möglicherweise ein besonderes Enzym der Hefe mitwirkt. Zum Teil 
gehen die vorhandenen Alkohole auch in Aldehyde über, nach Kayser 
und Drmorvox (1) besonders dann, wenn die Gärflüssigkeit mit der Luft 
soin Berührung steht. Wesentlich in der Form dieser beiden Verbindungen 
beteiligen sich die höheren Alkohole auch an der Bildung des Wein- 
bouquets, mit dem wir uns zum Schluß noch zu befassen haben. 
Die Bouquetstoffe des Weines kann man nach ihrer Entstehung 
in dreiGruppen einteilen. Zur ersten gehören die fertig gebildeten 
45 Riechstoffe der Rebe, die Traubenbouquets nach WORTMANN (1), die schon 
in den Beeren vorhanden sind. MÜLLER-TuurGAU (14) gibt an, daß sie 
sich durch Aether aus den Trauben ausziehen lassen und wahrscheinlich 
die Eigenschaften ätherischer Oele besitzen. Während sie in manchen 
Sorten wenig hervortreten, finden sie sich in den Trauben anderer Reben, 
su wie z. B. beim Muskateller und Gewürztraminer, in solchen Mengen vor, 
daß sie die Blume des Weines entscheidend beeinflussen. In dieselbe 
Gruppe der Weinbouquets ist das in den Samen der Rebe enthaltene 
Vanillin einzureihen, das sich nach Macn und PORrTELE (3) in der Blume 


— 469 — 


und dem Geschmack feinerer Rotweine deutlich bemerkbar macht. In 
die zweite Gruppe der Weinbouquetstoffe sind diejenigen Riechstofte 
einzuordnen, die sich aus bouquetgebenden, aber selbst nicht riechenden 
Stoffen der Trauben erst während der Gärung bilden. WorTMmann (1) 
bezeichnet sie als Gärungsbouquets. Die dritte Gruppe bilden die- 
jenigen Riechstoffe, welche die Hefe während der Gärung aus den Eiweib- 
Spaltungs-Produkten ihres eigenen Körpers erzeugt. Wie schon Jac- 
QuUEMIN (1) beobachtet hat, entstehen sie auch bei der Gärung reiner 
Zuckerlösungen, was nach den Entdeckungen von EHrLuicH (2) leicht zu 
verstehen ist. MÜLLER-THUuRGAU (8 u. 15) hat diese Bouquets Hefen- ıo 
geruchsstoffe genannt. Dahingestellt mag bleiben, ob durch rein chemische 
Vorgänge Riechstoffe im Wein entstehen, auch gehört nicht in den 
Rahmen dieser Besprechung eine nähere Beschreibung der erstgenannten 
Gruppe von Riechstoffen. Dagegen bedarf die Bildung der übrigen 
Bouquetkörper einer weiteren Erörterung. 15 
Wenn wir die Besprechung der Hefengeruchsstoffe vorweg- 
nehmen, so ist zunächst zu betonen, daß ihre Entstehung wohl sicher 
auf die Fuselölbildung zurückzuführen ist. Im wesentlichen dürften sie 
sich aus verschiedenartigen Estern und geringeren Mengen von Acetalen, 
höheren Alkoholen, Aldehyden und flüchtigen Fettsäuren zusammensetzen. 20 
Unter den Estern dürften neben dem Essigsäureäthylester und den 
Estern der niederen Fettsäuren auch‘ solche höherer Fettsäuren ver- 
treten sein, so die Ester der Capronsäure, Oenanthsäure, Caprylsäure, 
Nonylsäure und Caprinsäure, wie sie sich nach den Untersuchungen von 
K. Winoisch (2) und anderer Chemiker im Oenanthäther vorfinden. Man2 
vergleiche damit S. 394 des Vierten Bandes sowie die neueren Unter- 
suchungen von Scurri (1), der in einem alten sizilianischen Wein Aethyl- 
butyrat, Aethylacetat, Amylalkohol, Aethylsuceinat, Aethylmalat sowie 
Ester der Caprinsäure und noch höherer Fettsäuren nachgewiesen hat. 
Die Zusammensetzung der Hefengeruchsstoffe dürfte bei den einzelnen 39 
Hefen sehr stark wechseln, was EnruiıcH (2) aus der Annalıme ableitet, 
daß jede Hefenrasse im Auf’bau ihres Proteins und besonders hinsichtlich 
der darin auftretenden Aminosäuren ihre Besonderheiten zeigt. Infolge- 
dessen müssen auch die beim Eiweib-Stoffwechsel der verschiedenen Hefen 
entstehenden flüchtigen Nebenprodukte in der Zusammensetzung von-35 
einander abweichen. Euxrvıch (2) scheint den Hefengeruchsstoffen be- 
sondere Bedeutung für die Bildung des Weinbouquets beizumessen ; 
MÜLLER-TnurGau (16) hat aber beobachtet, daß sie nicht sehr beständig 
sind, wenn sie auch bei Jungweinen vorübergehend stark in der Blume 
hervortreten können. 40 
Die Gärungsbouquets entstehen nach der Auffassung von 
Wortmann (6), der sich MÜLLER-TnurGau (8), CORDIER (2), ROSENSTIEHL (4) 
und andere Forscher angeschlossen haben, beim Stoffwechsel der Hefen 
durch eine Umsetzung von Traubenbestandteilen, die an sich nicht 
riechen. Infolge dieser Bildungsweise sind die Gärungsbouquets wie diess 
fertigen Traubenbouquets in ihrer Zusammensetzung von der Trauben- 
sorte, dem Reifegrade der Früchte, von Boden und Klima der Wein- 
berge, von der Erziehungsart des Weinstocks und anderen Verhältnissen 
abhängig, welche die Beschaffenheit der Trauben bestimmen. Die Art 
dieser Bouquets wird aber von den Hefenrassen und den übrigen Gärungs: s 
bedingungen noch insofern beeinflußt, als die Birenschaften der Hefen, 
die Gärungsenergie und die Zusammensetzung der Moste für den Grad 
der Umsetzung maßgebend sind, welche die Muttersubstanzen der Gärungs- 


[#13 


) 


— 40 — 


bouquets erfahren. ROSENSTIEHL (4) behauptet, daß wenigstens in den 
edleren Traubensorten stets mehrere solcher bouquetgebenden Stoffe vor- 
handen sind, von denen die einzelnen Hefenrassen immer nur bestimmte 
angreifen. Die Art der Umsetzung hält RosexstıenL (4) für so ent- 
sscheidend, daß er die feine Blume der Hochgewächse weniger der Eigen- 
art der Traubensorten, sondern weit mehr den Eigenschaften der auf 
den Trauben vorkommenden Hefen zuschreibt. Durch die Erfahrungen 
der Praxis wird diese Annahme, die in manchen Auffassungen Eurrich'’s (2) 
eine gewisse Stütze zu finden scheint, aber jedenfalls nicht bestätigt. 
ıo Da MÜLLER-THURGAU (17) und JACQUEMIN (2) gezeigt haben, dab wässerige 
Zuckerlösungen, die unter Zusatz von Rebenblättern vergären, dasselbe 
Bouquet annehmen, wie es den Weinen aus den Trauben der gleichen 
Sorten eigen ist, kann man als erwiesen ansehen, daß die bouquet- 
bildenden Stoffe bereits in den Blättern des Weinstocks vorhanden sind. | 
ıs Von dieser Tatsache ausgehend, hat JacQuEMmın (2) vorgeschlagen, den 
gärenden Mosten zur Verbesserung des Weinbouquets wässerige Auszüge 
von Rebenblättern zuzusetzen. In der Praxis hat man mit derartigen 
Blattextrakten, deren Herstellung von Pozzı-Escor (1) näher beschrieben 
worden ist, den gewünschten Zweck aber nicht erreicht. Was die 
»ochemische Beschaffenheit der bouquetgebenden Stoffe anbelangt, 
so glaubt JacguEmm (2), daß es sich um glycosidartige Verbindungen 
handelt, die bei der Gärung durch ein Enzym der Hefe in eine Zucker- 
art und einen Riechstoff gespalten werden. Da einwandfreie Beweise 
für diese Behauptung fehlen, liegt es in Hinblick auf die Untersuchungen 
»svon EnrticH (2) jedoch näher, die bouquetbildenden Stoffe als Eiweiß- 
Spaltungs-Produkte der Rebe anzusehen. Sollte sich diese Vermutung 
bestätiren, dann würden die aus den bouquetbildenden Substanzen 
hervorgehenden Riechstoffe mit den fertigen Traubenbouquets in nahem 
Zusammenhang stehen; denn auch diese Verbindungen hat man sich in 
3ocanz ähnlicher Weise entstanden zu denken. Nach der Theorie von 
EHrriıcH (2) sind auch die fertigen Riechstoffe der Trauben und anderer 
Fruchtarten das Ergebnis eines Eiweiß-Stoffwechsels, der sich in der 
Rebe und in anderen Pflanzen in ganz ähnlicher Weise vollzieht wie 
die Bildung der Fuselöle und anderer Sekretstoffe beim Auf- und Abbau 
ssdes Hefenproteins. 

Daß der Gärverlauf auf die Bouquetbildung im Wein von großem 
Einfluß ist, läßt sich schon aus den Untersuchungen von EHrLicH (2) 
entnehmen. Es sei in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, 
daß nach den Beobachtungen von Morırz (3), WORTMANN (7), ROSEN- 
40STIEHL (3) und anderen Forschern während der Weingärung sehr viel 

Bouquetstoffe verloren gehen, wenn die Kohlensäure-Entwicklung zu 
stürmisch ist. Bei Erhöhung der Gärtemperatur steigern sich diese 
Verluste. Nach Mürzer-TrurGcau (1 u. 10) wird durch eine Temperatur 
von 25° © die Bouquetbildung allerdings noch nicht weiter benachteiligt. 
45 ROSENSTIEHL (3) vertritt dagegen die Auffassung, daß sich das Bouquet 
am besten entwickelt, wenn die Gärtemperatur unter 20° C bleibt. 
Wärmegrade von 30—35° C sind nach seinen Erfahrungen für das 
Bouquet außerordentlich schädlich. Die Zuckerkonzentration der Moste- 
dürfte auf die Bouquetbildung im Wein nur insoweit einwirken, als 
sosie für die Intensität des Kiweiß-Stoffwechsels der Heften maßgebend 
ist. Man vergleiche dazu die Ausführungen von Worrmann (1) und ni 
Enrrıch (2). Von Einfluß auf das Weinbouquet muß nach den Unter- 
suchungen von Enkrrvıcn (2) der Gehalt der Moste und Maischen an b 


b 


in 


SR 


assimilierbaren Stickstoff-Verbindungen sein, was auch Kayser und 
Demouox (1) in neuerer Zeit stark betonen. Da EnkrrıcH (5) und Prıxes- 
HEIM (4) gezeigt haben, daß bei Gegenwart von Ammoniumsalzen in der 
Gärflüssigkeit die Fuselölbildung sich verringert, wird man annehmen 
müssen, daß die auf S. 428 erwähnte Verwendung dieser Salze als „Gär-5 
pulver“ ebenfalls mit Aenderungen in der Bouquetbildung des Weines 
verbunden sein wird. Bemerkt sei schließlich noch, daß die Art des 
Weinbouquets naturgemäß in hohem Grade von der Art und Menge der vor- 
handenen Mostorganismen abhängig ist. Da nach den Beobachtungen 
von PrInGsHEIM (5), EHRLICH und JacogBsen (1), Enktıch und Pıst- 10 
SCHIMUKA (1), SEIFERT (8) und anderen Forschern nicht nur die Hefen, 
sondern auch die übrigen Gärungserreger des Mostes beim Eiweib- 
Stoffwechsel Riechstoffe erzeugen, werden im Wein bald die Bouquets 
der Hefen, bald die ihrer Begleitorganismen stärker hervortreten, je 
nachdem der Hefentrub weniger oder mehr von diesen Fremdkeimen % 
enthält. Am stärksten dürften sich dabei die Riechstotte der Apiculatus- 
Hefen bemerkbar machen, wozu man die Ausführungen auf S. 327 des 
Vierten Bandes vergleiche. 


S$S 109. Nachgärung und Säure-Abbau des Weines. 

Wenn der Zucker bis auf kleine Reste oder so weit vergoren ist, dab 
der entstandene Alkohol die Gärtätigkeit der Hefe stärker behindert, 
ist die Hauptgärung des Mostes beendet und geht der Jungwein in die 
Nachgärung über. Bei gewöhnlichen Weißweinen wird die Kohlensäure- 
Entwicklung in der Regel schon am vierten bis achten Tage nach Beginn 
der Hauptgärung bedeutend schwächer; bei sehr süßen Mosten und ins-2 
besondere bei den aus edelfaulen Beeren hergestellten, auf S. 372 erwähnten 
Auslesen vergehen aber mehrere Wochen, bis sich die Nachgärung ein- 
stellt. Jungweine von gewöhnlicher Zusammensetzung enthalten nach 
Beendigung der Hauptgärung etwa noch 0,4—2 Proz. Zucker. Dieser 
wird mit Ausnahme eines kleinen Restes, der jedenfalls aus den auf S. 454 »0 
erwähnten Pentosen besteht, im Verlauf der Nachgärung ebenfalls in 
Alkohol und Kohlensäure zerlegt, während die Hefen sich gleichzeitig 
langsam zu Boden setzen und der Wein sich klärt. 

Gewöhnlich schon in der ersten Zeit der Nachgärung werden die 
Gärfässer zur Verhütung von Kahmbildung mit Wein bis zum Spund 
aufgefüllt, nachdem die Drusen, die sich während der Hauptgärung an 
den Faßwandungen des Steigraumes angesetzt haben, durch Bürsten 
sorgfältig beseitigt worden sind. Die Kellertemperatur wird in Deutsch- 
land in allen größeren Betrieben nach der Hauptgärung auf etwa 15°C 
eingestellt. Bei dieser Temperatur ist die Nachgärung meist nach 6 bisı 
8 Wochen beendet; nur bei den oben erwähnten süßen Ausleseweinen 
aus edelfaulen Trauben dauert sie in der Regel einige Monate, in Aus- 
nahmefällen sogar mehrere Jahre. Wenn sich die Moste während der 
Gärung auf 35—40° C erwärmen oder nach Beendigung der Hauptgärung 
stark abkühlen, sodaß die Hefen geschädigt oder in ihrer Tätigkeit be- 1 
hindert werden, kann sich die Nachgärung bedeutend verzögern oder 
erst einige Zeit nach der Hauptgärung einstellen. Die Weine kommen 
dann entweder gleich nach dem Abziehen von der Hefe oder erst im 
Sommer, mit eintretender Erhöhung der Kellertemperatur, wieder in 
Gärunge. Im ersten Falle werden die Hefen durch den beim Abstich » 


= 


5 


ER, en 


aufgenommenen Sauerstoff, im zweiten durch die Erwärmung des Weines 
zu neuer Tätigkeit angeregt. Bei zuckerhaltigen Ausleseweinen treten 
derartige Nachgärungen leicht immer wieder von neuem auf, und zwar 
nicht selten noch zu einer Zeit, zu der sich die Weine schon auf der 

s Flasche befinden. Diese Tatsache erklärt sich durch den verhältnismäßig 
niedrigen Vergärungsgrad der Ausleseweine, deren Alkoholgehalt ge- 
wöhnlich nicht hoch genug ist, um die Entwicklung und Arbeit neuer 
Hefen ganz zu unterdrücken. Wie WOoRrTMANnN (1) gezeigt hat, lassen 
sich derartige Nachgärungen noch am besten dadurch vermeiden, dab 

man den jungen Ausleseweinen solche Reinzuchthefen zusetzt, die bei 
Gegenwart größerer Mengen von Alkohol und Zucker noch gärfähig 
bleiben. 

Bei der Herstellung von Rotweinen werden die vergorenen Moste 
vor der Nachgärung von den Trestern abgezogen und, soweit sie nicht 

ısfrei abfließen, mit Hilfe von Pressen abgekeltert. Im Bordeaux-Gebiet 
geschieht das schon am fünften bis sechsten, spätestens am zehnten 
Tage nach Beginn der Maischegärung. In Deutschland Keltert man die 
Rotweinmaischen gewöhnlich erst nach 2—4 Wochen ab, strebt in neuerer 
Zeit aber auch hier danach, die Maischegärung abzukürzen, weil man in 

20 Uebereinstimmung mit den Beobachtungen von NESSLER (1) und WORT- 
MANN (8) die Erfahrung gemacht hat, dab bei längerem Stehenlassen der 
Maischen die Farbe der Weine leidet und ihr Geschmack unangenehm 
herb und bitter wird. Die Versuche, die Maischegärung bei der Rotwein- 
bereitung ganz zu umgehen, sind auf S. 357 des vorliegenden Bandes 

»sbereits besprochen. Die Nachgärung verläuft bei den auf Fässer 
abgezogenen Rotweinen in ganz ähnlicher Weise wie bei den Weiß- 
weinen. 

Als Säureabbau bezeichnet man eine Säuregärung, die sich nach 
der alkoholischen Gärung im Wein einstellt und im wesentlichen darin 

so besteht, daß die (zweibasische) Aepfelsäure des Weines durch Bakterien 
in (einbasische) Milchsäure und Kohlensäure gespalten wird. Die hier- 
durch bewirkte Verminderung des Säuregehaltes kann für die Entwicklung 
des Weines entweder vorteilhaft oder nachteilig sein, je nachdem der 
ursprüngliche Säuregehalt des Mostes hoch oder niedrig ist. So erhalten 

ss viele der säurereichen Rieslingweine, wie sie in manchen Gegenden 
Deutschlands, besonders an der Mosel und an der Saar, alljährlich erzielt 
werden, nur dadurch ihre frische, spritzige und angenehme Art, daß sie 
einen starken Säurerückgang erleiden, während andererseits gewisse, von 
Natur aus säurearme Weine südlicher Gegenden durch eine lebhafte 

#Säuregärung unzweifelhaft an Haltbarkeit und Güte verlieren. 

In deutschen Weinen vermindert sich die Säure nach den Beob- 
achtungen von MÜLLER-TruurGAU (17 u. 18), A. Kocn (1), KunıscH (6) und 
anderen Forschern durch den Säurerückgang leicht bis auf zwei Drittel, 
ja nicht selten sogar bis auf zwei Fünftel der ursprünglich im Most 

s enthaltenen Menge. Kurısch (6) fand, daß ein 1901-er Elsässer Riesling- 
most von 15,5 Promille Säure einen Wein von 7 Promille Säure lieferte, 
Während hier der Säurerückgang 8,5 Promille betrug, erreichte er in 
einem 1903-er Elsässer Rotwein sogar die Höhe von 9,7 Promille. Meist 
schwankte er aber bei den von Kurısen (6) in den Jahren 1901—1908 

so untersuchten elsässischen Weinen zwischen 2,0—6,0 Promille. Man hat 
früher geglaubt, diese beträchtlichen Säureverluste damit erklären zu 
können, daß während der Gärung ein Teil des sauren Kaliumsalzes der 
Weinsäure, des sogen. Weinsteins, mit etwas weinsaurem Kalk aus dem 


Moste ausgeschieden werde. Kurısca (7) und SEIFERT (6) haben aus den 
Löslichkeitsverhältnissen des Weinsteins in Wasser und verdünntem 
Alkohol sowie in Most und Wein jedoch berechnet, daß auf diesem Wege 
nur eine Säureabnahme von etwa 1,3 Promille zu erwarten ist. Diesem 
Werte entsprechen auch annähernd die Weinsteinmengen, die BOETTICHER(1) 5 
und SEIFERT (6) in Trubgeläger von frisch vergorenem Most analytisch 
bestimmt haben. In dem von BoETTICHER untersuchten Fall waren aus 
einem Liter eines Rheingauer Weines 3,44 & Weinstein ausgefallen, was 
einem Säurerückgang von 1,37 Promille gleichkäme. SEIFERT beobachtete 
eine Weinsteinausscheidung von 3,55 g auf einen Liter Wein, entsprechend ı0 
einer Säureabnahme von 1,47 Promille. Bei sehr säurereichen Mosten 
können durch Weinstein-Ausfall nach neueren Beobachtungen von 
Kurısch (6) allerdings auch Säureverluste von 2 Promille und ausnahms- 
weise selbst von 3 Promille entstehen, weil die Moste vielfach eine stark 
übersättigte Weinsteinlösung darstellen, in der bisweilen um die Hälfte ıs 
mehr Weinstein enthalten ist, als man nach dessen Löslichkeit in Wasser 
annehmen sollte. Diesen Säureverlusten stehen aber die Mengen von 
Bernsteinsäure und flüchtiger Säure gegenüber, die von den Hefen 
während der Gärung erzeugt werden. Da sie nach den Beobachtungen 
von KuuıscH (6) den Säuregehalt von Rheingauer Rieslingweinen in den 20 
ersten Tagen der Gärung um 1,4 Promille erhöhen können, werden sie in 
der Regel ausreichend sein, um die Säureverminderung durch Weinstein- 
Ausscheidung wenigstens auszugleichen. Bei der Umgärung von Trauben- 
weinen und in Obst- und Beerenweinen, wo eine Säureverminderung 
durch Weinstein-Ausfall nicht in Frage kommt, können sie den Säure-» 
gehalt der Weine sogar um 1—3 Promille erhöhen, wie die Beobach- 
tungen von Kurisch (6) und MÜLLER-THURGAU und OÖSTERWALDER (2 u. 5) 
lehren. Da auch die Esterifizierung der Säuren, wie sie BERTHELOT (1) 
und Scurrı und Corso (1) verfolgt haben, den Säurerückgang nicht er- 
klären kann, hat zuerst Kurısch (7 u. 8), ausgehend von der Beobachtung, 30 
dab sich die Säureabnalıme in Apfelweinen unter den Erscheinungen 
einer Nachgärung vollzieht, die Vermutung ausgesprochen, daß der Säure- 
rückgang durch physiologische Vorgänge zustande käme. Seine Annahme, 
daß jener vornehmlich durch Hefen bedingt sei, die nach Abschluß der 
Gärung in Ermanglung von Zucker die Aepfelsäure zersetzen, ist durch 
die Untersuchungen von WORTMANN (2 u. 6), Schukow (1), A. Koch (1) 
sowie MÜLLER-THurGAU und ÖSTERWALDER (4) nur insofern bestätigt 
worden, als sich herausstellte, daß reingezüchtete Hefen in künstlichen 
Nährlösungen und in Mosten Citronensäure, Aepfelsäure und in schwächerem 
(Grade auch Weinsäure und Bernsteinsäure wirklich angreifen. Der Säure- 4 
verbrauch der Hefen ist nach diesen Ermittelungen aber so gering, dab 
er zur Erklärung der starken Säureverluste, wie sie im Wein beobachtet 
werden, nicht ausreicht. Aus diesem Grunde hat auch die Vermutung 
von NzvgerG und Kers (1), daß die Weinhefen die im Most enthaltene 
Aepfelsäure und Milchsäure möglicherweise in Oxalessigsäure und Brenz- 45 
traubensäure überführen und diese Ketonsäuren dann zu Acetaldehyd 
und Kohlensäure vergären, für die Praxis einstweilen wenige Bedeutung. 
Dasselbe gilt von der Beobachtung von Karczas (1), wonach die ver- 
schiedenen Stereo-Isomeren der Weinsäure durch frische Hefen und 
Hefendauerpräparate in der Tat bis zu einem gewissen Grade zerlegt so 
werden. 

Die Kahmpilze, die nach den Beobachtungen von Srırert (9) und 
Meissner (6) Aepfelsäure, Bernsteinsäure und Essigsäure zum Teil aller- 


— 44 — 


dings stark angreifen, entwickeln sich bei ihrem großen Sauerstoft- 
bedürfnis in richtig behandelten, von der Luft abgeschlossenen Weinen 
so schwach, daß sie auf den eigentlichen Säurerückgang, wie A. Koc# (1) 
gezeigt hat, keinen nennenswerten Einfluß haben. 

5 Als die eigentlichen Erreger des Säureabbaues sind gewisse 
Bakterien anzusehen, was in Bestätigung einer von MÜLLER- 
Thurgau (18) ausgesprochenen Vermutung zuerst A. Koc# (1) nach- 
gewiesen und später auch SEIFERT (10) sowie MÜLLER-THURGAU und 
ÖSTERWALDER (4) sichergestellt haben. Die genauer untersuchten Arten 

ıodieser Spaltpilze gehören in die Gruppe der Milchsäurebakterien und 
stimmen darin überein, dab sie die Aepfelsäure des Weines in Milch- 
säure und Kohlensäure zerlegen. wobei sie unter Umständen auch ge- 
ringe Mengen von flüchtiger Säure bilden. Von diesem Verhalten machen 
auch die von A. Koch (1) reingezüchteten Bakterien, mit denen die 

ıs Einleitung des Säurerückganges auf künstlichem Wege zuerst gelungen 
ist, jedenfalls keine Ausnahme. Nach den Beobachtungen des genannten 
Forschers bringen sie in künstlichen Nährlösungen und in Weinen unter 
geeigneten Bedingungen etwa 60 Proz. der vorhandenen Aepfelsäure 
zum Verschwinden und lassen in der Lösung nur einen Rest von un- 

»eefähr 40 Proz. Säure zurück, von dem schon A. Koch (1) vermutet hat, 
daß er nicht aus Aepfelsäure, sondern aus einer anderen durch die 
Bakterientätigkeit neugebildeten Säure besteht. 

Von den näher bekannten Erregern des Säurerückganges ist an 
erster Stelle zu erwähnen der von SEIFERT (10) aus einem Wein mit 

3stark abgebauter Säure reingezüchtete Micrococeus malolactieus SEIFERT. 
Das Bakterium ist fakultativ anaerob, verflüssigt Gelatine nicht und 
bildet in Traubenmosten und Obstsäften 1 « dicke, kugelige bis ovale 

Zellen, die fast ausschließlich zu Diplokokken und nur ganz ver- 
einzelt zu Tetraden verbunden sind. Wie SEIFERT (10) nachgewiesen 

3ohat, spaltet dieser Mikrokokkus in künstlichen Nährlösungen Aepfelsäure 
in Kohlensäure und Aethyliden-Milchsäure unter gleichzeitiger Bildung 
sehr geringer Mengen von flüchtiger Säure; dagegen greift er weder 
bei Luftabschluß noch bei Luftzutritt Rechtsweinsäure, Linksweinsäure, 

Traubensäure, Citronensäure, Malonsäure, Bernsteinsäure, Milchsäure 

35und Essigsäure an. 

Nahe stehen dieser Art der Micrococcus variococcus und der Miero- 
coccus acidovorax, die von MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER(4) aus 
Weinen reingezüchtet und genau untersucht wurden. Mierococcus vario- 
coccus M.-T#. et O. findet sich in Rot- und Weißweinen, die im Säure- 

soabbau begriffen sind. Seine Zellen sind unbeweglich, 0,7—1,5 u dick 
und treten einzeln, in Diplokokken, Tetraden und in manchen Weinen 
auch in Zooglöen auf. Diese Art bildet keine Sporen, verflüssigt Gela- 
tine nicht und ist fakultativ anaerob. Im Verhalten gegen Aepfelsäure 
und äpfelsaures Kali, Citronensäure, Weinsäure, Milchsäure und Bern- 

4steinsäure stimmt sie mit M. malolactieus SEIFERT überein, unterscheidet 
sich von ihm jedoch im Verhalten gegen d-Glucose und d-Fruetose, die 
sie unter Bildung von Milchsäure ohne Nebenprodukte zersetzt. Ihr 
Temperatur-Optimum liegt bei 26,5° C. 

Micrococeus acidovorax M.-Tn. et OÖ. bildet durchgehend kleinere 

;o Einzelzellen von 0,5—0,7 u Durchmesser, greift im Gegensatz zu M. vario- 
coccus Lactose und Maltose stark an, stimmt in den übrigen Eigen- 
schaften aber mit der eben beschriebenen Art ziemlich überein. 

Außer diesen drei Mikrokokken kommt als Erreger des Säurerück- 


EEE HE > EEE EENEEEEREE SIE ED EEE 


— 405 — 


ganges auch ein Stäbchen-Bakterium in Betracht, das von MÜLLER- 
THurGau (19) zuerst in einem spontan vergorenen Birnwein aufgefundene 
Bacterium gracıleM.-Tu. Nach den Untersuchungen von MÜLLER-THURGAU 
und OÖSTERWALDER (4) bildet dieses Bakterium unbewegliche Kurzstäbchen 
von 0,75—1.0 #« Länge und etwa 0,5 « Dicke, die oft zu kürzeren oder 
längeren, vielfach scharf geknickten Fäden verbunden sind. Seltener 
erscheint es in kleineren Knäueln von ineinandergeschlungenen Fäden 
oder in Zooglöen. Es bildet keine Sporen, verflüssigt Gelatine nicht 
und ist fakultativ anaerob. Das Bakterium vergärt d-Glucose, d-Fructose 
und d-Galactose unter Bildung von viel Milchsäure, Essigsäure und» 
Kohlensäure und erzeugt gleichzeitig aus d-Fructose Mannit, aus den 
beiden anderen Hexosen Aethylalkohol. Aepfelsäure wird von dem 
Bakterium rasch und vollständig zersetzt unter Bildung von Milchsäure, 
Kohlensäure und Spuren von flüchtiger Säure. Auch aus äpfelsaurem 
Kalk, neutralem äpfelsaurem Kali und äpfelsaurem Ammoniak kann ı5 
es die Aepfelsäure abtrennen und abbauen. Citronensäure wird von 
Bacterium gracile unter Bildung von wenig Milchsäure, Kohlensäure und 
viel flüchtiger Säure zerlegt, während Weinsäure und ihre Salze, Bern- 
steinsäure und Milchsäure nicht angegriffen werden. Das Temperatur- 
Optimum liegt bei 22—26° ©. 20 

In künstlichen Nährlösungen spalten also diese vier Bakterien-Arten 
die Aepfelsäure nach der Gleichung 


COOH—CH,—CHOH—COOH —= CH,—CHOH—COOH — CO, 


glatt in Milchsäure und Kohlensäure, wobei nur bei DB. gracile und 
M. malolacticus geringe Spuren von flüchtiger Säure auftreten. Andere 
Nebenprodukte fehlen anscheinend völlig. Aehnlich dürfte sich der» 
Säureabbau auch im Wein vollziehen, sofern dieser nicht noch unver- 
gorenen Zucker enthält. Ist das der Fall, dann scheint M. malolactieus 
nach den Beobachtungen von SEIFERT (10) neben Essigsäure in geringer 
Menge auch Gluconsäure, CH,OH—(CHOH),— COOH, oder Lävulinsäure, 
CH,—CO—CH,—CH,— COOH, bilden zu können, während B. gracile so 
unter solchen Umständen durch Zuckervergärung zuweilen etwas mehr 
flüchtige Säure erzeugt. Da der Säureabbau sich im Wein in der 
Regel aber erst dann einstellt, wenn die alkoholische Gärung beendet ist, 
so wird er diesen Verlauf wohl nur selten nehmen. Es ist das wichtig, 
weil sich damit die Tatsache erklärt, dab Weine, die im Säurerückgang 3 
begriffen sind, völlig rein schmecken können. Der reine Säurerückgang, 
wie er hier beschrieben ist, hat auch nichts zu tun mit dem sogen. 
Milchsäurestich, einer im nächsten Kapitel zu besprechenden Wein- 
krankheit, die durch andere Milchsäurebakterien hervorgerufen wird. 
Es kann heute kaum noch einem Zweifel unterlieren, daß die be-« 
sprochene Vergärung der Aepfelsäure zuMilchsäure und Kohlen- 
säure in der Entwicklung des Weines eine ganz normale Erscheinung 
ist, die nicht nur in nordischen, sondern auch in südländischen Weinen 
sich regelmäßig einstellt, wenn sie nicht auf künstlichem Wege unter- 
drückt wird. Dafür spricht schon die von J. A. Mürver (1), Kunz (2), 4 
Mösuinger (1), Baracıona und Goper (2) sowie von vielen anderen 
Chemikern nachgewiesene Tatsache, daß die Milchsäure ein normaler 
Bestandteil aller Weine ist. Der Säurerückgang selbst ist aber auch in 
südländischen Weinen wiederholt beobachtet worden, in französischen 
Traubenweinen von Rosexstiens (6) und in einem Falle offenbar schon » 
von Pasteur (2), in Karstweinen von Rırrear (4), in schweizerischen Weinen 


or 


- 


von MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (4) und in einzelnen Fällen nach 
BaraGıora und GODET (2) jedenfalls auch in italienischen Weinen. Man 
vergleiche damit außerdem die Mitteilungen von Kayser (8). In Frank- 
reich scheint man den Säurerückgang allerdings bis in die neueste Zeit 
svielfach mit dem „Umschlagen“ zusammengefaßt zu haben, worauf im 
nächsten Kapitel noch zurückzukommen sein wird. 

Ob in ähnlicher Weise wie die Aepfelsäure auch die übrigen im 
Wein enthaltenen Säuren durch Bakterien abgebaut werden können, ist 
noch ungewiß. A. Kock (1) gibt allerdines an, in manchen Weinen 

ıo Bakterien gefunden zu haben, welche die Weinsäure und den Weinstein 
zum Verschwinden bringen. Die weiter oben beschriebenen vier säure- 
verzehrenden Bakterien greifen, wie bereits erwähnt, diese Säure aber 
nicht an. Daß die in „Johannisbeerweinen natürlich vorkommende 
Citronensäure, diein manchen Fällen auch Traubenweinen künstlich 

ıs zugesetzt wird, von Weinbakterien zerlegt werden kann, geht schon aus 
den Angaben über Dacterium gracile hervor. In ähnlicher Weise verhält 
sich gegen diese Säure ein von MÜLLER-THuRGAU (19) untersuchtes Milch- 
säurebakterium des Weines, Bacterium mannitopoeum M.-Tr., in dessen 
Verwandtenkreis nach MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (4) offenbar 

»»auch ein von SEIFERT (11) und BEHRENS (1) in Johannisbeerweinen auf- 
gefundenes Stäbchen-Bakterium gehört, das nach Srrrert (11) die 
Citronensäure vermutlich nach der Gleichung 2C,H,0; + H,0 = 
— 30,H,0, 4400, + C,H,O in Essigsäure, Kohlensäure und Alkohol 
spaltet. Nach den Beobachtungen über das Verhalten einzelner Essig- 

»säure-Bakterien und den Ergebnissen von Serienuntersuchungen, die 
BEHRENS (4), MEISSNER (5 u. 7), SEIFERT (10 u. 6) und Wiınpisch (2) aus- 
geführt haben, darf man ferner mit der Möglichkeit rechnen, daß im 
Wein auch Hefen und Bakterien auftreten, die Milchsäure und flüchtige 
Säure verzehren können. Neben dem Aepfelsäure-Zerfall dürfte der 

30 Abbau dieser Säuren für den Säurerückgang aber von untergeordneter 
Bedeutung sein. 

Im Grad des Säureabbaues zeigen die Weine verschiedener 
Jahre und verschiedener Gegenden beträchtliche Unterschiede, die sich 
aus dem wechselnden Gehalte der Moste an Aepfelsäure erklären. Im 

ssallgemeinen wird der Säurerückgang bei Weinen aus reifen und säure- 
armen Mosten schwächer sein als bei unreifen Jahrgängen. Aus dem- 
selben Grunde ist im allgemeinen auch in südländischen Weinen, die von 
Natur aus säurearm sind und wenig Aepfelsäure enthalten, der Säure- 
rückgang nicht so auffallend wie in Weinen nördlicher Gebiete, womit 
„man die Angaben von BAarAGıoLa und GopErT (2) vergleiche. 

Der Verlauf des Säureabbaues ist in erster Linie von der 
Temperatur abhängig. Da die Wärme-Optima für die Tätigkeit der 
säureverzehrenden Bakterien nach den Untersuchungen von SEIFERT (10) 
sowie MÜLLER-THURGAU und OSTERWALDER (4) zwischen 22° © und 55° © 

liegen, wird der Säurerückgang beschleunigt, wenn die Weine nach Ab- 
schluß der Hauptgärung möglichst warm lagern, wozu jedoch bemerkt 
werden muß, daß nach den Wahrnehmungen von MÜLLER-THURGAU und 
ÜSTERWALDFR (4) Dacterium gracile, Mierococcus acidovorax und M. variococeus 
in Obstsäften selbst bei 6,5° © Aepfelsäure noch stark, wenn auch 
solangsam, angreifen. Sofern die übrigen Verhältnisse für den Säureabbau 
günstig liegen, wird mithin der Säurerückgang im Wein auch bei tiefen 

Kellertemperaturen nicht ausbleiben. 
Die Beziehungen zwischen dem Säure- und Alkohol-Gehalt 


Fe 


— 41 — 


der Weine und dem Säureabbau sind von SEIFERT (10) sowie MÜLLER- 
THURGAU und ÖSTERWALDER (4) untersucht worden. Aus ihren Beobach- 
tungen ergibt sich, daß die säureverzehrenden Mikrokokken nur bis 
9 Promille, die verschiedenen Rassen des Bact. gracile höchstens 15 Pro- 
mille Aepfelsäure zu vergären vermögen. Keines der säureverzehrenden 
Bakterien entwickelt sich in Nährlösungen, die mehr als 12 Vol.-Proz. 
Alkohol enthalten. Man darf daher annehmen, daß in sehr säurereichen 
Weinen der biologische Säure-Abbau sich nicht so leicht einstellen wird 
als in leichten und weniger sauren Weinen. 

Hoher Gerbstoffgehalt der Weine ist nach MÜLLER-THURGAU undı 
ÖSTERWALDER (4) für die Entwicklung der säureverzehrenden Bakterien 
ebenfalls ungünstig, dagegen zeigt sich ihr Wachstum nach den überein- 
stimmenden Angaben von MÜLLER-TaurGAU (17) und A. Kock (1) in 
Weinen von höherem Stickstoff-Gehalt gefördert. Ebenso ist die An- 
wesenheit von Trubhefe für den Säureabbau vorteilhaft, da sowohl 
Koch (1) wie SEIFERT (6 u. 10) festgestellt haben, daß die von ihnen 
reingezüchteten säureverzehrenden Bakterien sich nur in hefenhaltigen 
Weinen entwickeln. Aus diesem Grunde ist von verschiedenen Seiten 
empfohlen worden, den Abstich von der Hefe bei sauren Weinen nicht 
zu zeitig vorzunehmen. Die Gegenwart von Hefen ist aber zur Ein- 
leitung des Säurerückgangs nicht unbedingt erforderlich, wie nicht nur 
einzelne Beobachtungen von MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (4) be- 
weisen, sondern auch die praktische Erfahrung lehrt, daß auch in Flaschen- 
weinen Säuregärung eintreten kann. Schweflige Säure verzögert den 
Säureabbau, verhindert ihn aber nicht völlig, vorausgesetzt, daß sie nicht2 
in zu großer Menge vorhanden ist. Daß durch Pasteurisieren der Moste 
oder der Jungweine der biologische Säureabbau verzögert und leicht 
völlig unterdrückt werden kann, bedarf kaum der Erwähnung. Man 
vergleiche damit die Angaben von Kurısch (6) und RosENnSTIEHL (5). 
Die Anweisungen, die SEIFERT (10), KuLıscH (6), sowie MÜLLER-THURGAU 3 
und OÖSTERWALDER (4) zur Förderung oder Unterdrückung des Säure- 
abbaues gegeben haben, gründen sich auf die eben angeführten Tat- 
sachen. Die künstliche Einleitung des Säureabbaues durch Verwendung 
von Bakterien-Reinzuchten ist in praktischen Betrieben bisher noch nicht 
gelungen. 3 

Bei Obstweinen verläuft der Säureabbau ähnlich wie bei den 
Traubenweinen. Bei Apfelweinen ist er anscheinend zuerst von 
Boussinsauut (1) beobachtet worden, der allerdings nur die auffallende 
Verminderung des Säuregehaltes festgestellt hat. Nähere Aufklärung 
über den Säureabbau bei Apfelweinen haben erst die Untersuchungen 
von Kuniscn (7 u. 8), A. Kocn (1), K. Wiwpisch (2), MÜLLER-THuRGAU und 
ÖSTERWALDER (4 u.5), sowie BECKER (1) gebracht. Birnweine und Weine 
aus anderen Früchten, die Aepfelsäure in größerer Menge enthalten, wie 
z. B. Weine aus Speierlingen, Schlehen, Mispeln und Kirschen, schließen sich 
nach Wınvısch (2) im Säureabbau den Apfelweinen an. Bei Beeren-4 
weinen ist der Säurerückgang, wie Wınviscn (2) und Becker (1) fest- 
gestellt haben, oft sehr gering oder überhaupt nicht nachzuweisen, was 
nach Becker wohl vielfach in dem hohen Alkoholgehalt der Weine, zum 
Teil aber auch in der chemischen Konstitution ihrer Säuren seine Ur- 
sache hat. Wenn in Beerenweinen stärkere Säureverluste auftreten, wies 
sie z. B. in manchen Fällen Wınpıson (2) beobachtet hat, dann dürften 
sie wohl auf einer Zersetzung von Citronensäure durch das auf S. 476 
erwähnte Bakterium aus dem Verwandtenkreise des Bact. mannitopoeum 


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beruhen, dessen Vorkommen in Johannisbeerweinen SEIFERT (11) und 
BEHRENS (1) nachgewiesen haben. 


$ 110. Umgärung und Schaumweinbereitung. 


Wie in $ 100 des vorliegenden Bandes näher ausgeführt ist, findet 

5 das Verfahren der Umgärung hauptsächlich Anwendung zur Verbesserung 
von sauren, alkoholarmen Weinen, zur Beseitigung von Weinfehlern und 
Weinkrankheiten, sowie zur Auffrischung von alten Faß- und Flaschen- 
weinen, die durch langes Lagern matt und stumpf geworden sind. Die 
umzugärenden Weine werden in der Regel mit berechneten Mengen von 

ıoZucker (Trockenzuckerung) oder Zuckerlösung, in Ausnahmefällen auch 
mit Most versetzt, dann mit Hefen angestellt und in ähnlicher Weise 
wie die Moste zur Durchgärung gebracht. Wirtschaftlich wichtig ist 
nur die Umgärung der kleinen, unreifen Weine, die nicht als Moste ver- 
bessert werden. Es sind das fast ausschließlich die geringeren Massen- 

ısgewächse, die auch im verbesserten Zustande nicht als selbständige 
Weine abzusetzen sind, sondern lediglich zu Verschnittzwecken ver- 
braucht werden. Die Winzer verkaufen diese Weine meist an den Groß- 
handel, ‚der auf ihre Verwertung besser eingerichtet ist als der Klein- 
betrieb. Gegenüber der Verbesserung der Moste bietet die Umgärung 

„nach WorTMmann (9) den Vorteil, daß bei der Bemessung der Wasser- 
und Zuckerzusätze meist schon der natürliche Säurerückgang der Weine 
in Rechnung gestellt werden kann. Trotzdem gibt man in der Praxis, 
wo es angängig ist, der Mostverbesserung den Vorzug, weil verbesserte 
Moste leicht und vollständig durchgären, während die Umgärung von 

> Weinen mit manchen Schwierigkeiten verknüpft ist, die mit den Ein- 
richtungen der Winzerkeller schwer zu überwinden sind. 

Die Höhe der Wasser- und Zucker-Zusätze, die zur Umgärung not- 
wendig sind, regeln in fast allen Weinbauländern gesetzliche Be- 
stimmungen, auf die im einzelnen nicht eingegangen werden kann. Man 

so vergleiche damit die Ausführungen von Kuuisch (6), Ö. Vox DER HEIDE (1) 
und GÜNTHER (1). Zur Zuckerung der umzueärenden Weine dienen in 
deutschen Kellereien ausschließlich reine Handelssorten von Rohrzucker, 
obwohl nach den gesetzlichen Bestimmungen auch reiner Stärkezucker 
und Invertzucker dafür zulässig sind. Nach den Erfahrungen von 

35 KuuıschH (9) vergären diese Zuckerarten auch nicht schneller als der Rohr- 
zucker und stimmen mit diesem auch hinsichtlich der Ausbeute an 
Alkohol, Kohlensäure und Glycerin im wesentlichen überein, sofern man 
die Gärungserzeugnisse auf vergleichbare Mengen Zucker bezieht. 

Die Hefen arbeiten bei der Umgärung weniger lebhaft als bei der 

4 Mostgärung, was in der Hauptsache auf die hemmende Wirkung des 
Alkohols, in manchen Fällen auch auf den Mangel an Nährstoffen, ins- 
besondere an assimilierbaren Stickstoff-Verbindungen, zurückzuführen ist. 
Daher muß die Tätigkeit der Hefen bei der Umgärung in anderer Weise 
nach Möglichkeit gefördert werden. Die Temperatur der Weine ist 

snach Kurısca (6) anfangs auf 20° C zu bringen, nach Beginn der 
eigentlichen Gärung aber auf 15—17" © einzustellen. Höhere Wärme- 
grade, namentlich solche, die über 20° C erheblich hinausgehen, sind 
besonders gegen das Ende der Gärung nachteilig und erschweren die 
Zersetzung der letzten Zuckerreste. Die Bedeutung der Reinhefen 
sofür die Umgärung ist im $ 100 des vorliegenden Bandes ausführlich 


— 419 — 


besprochen; an derselben Stelle finden sich Angaben über das ältere 
Gärverfahren, bei dem die gezuckerten Weine mit frisch abgezogenen 
Hefen aus anderen Weinen vergoren werden. Die Benutzung von PreB- 
hefe, die nach Kurısca (1) in manchen Kellereien früher üblich war, 
kommt in Deutschland für die Umgärung von Weinen nicht mehr in 5 
Frage. Wie aus den Mitteilungen auf S. 430 hervorgeht, ist es dort 
auch unzulässig, durch Zusätze von Ammoniumsalzen den Gehalt 
der umzugärenden Weine an Hefennährstoffen künstlich zu erhöhen. 

Schweflige Säure erschwert auch in geringer Menge die Um- 
gärung in hohem Grade. Daher werden Weine, die zur Umgärung be- ıo 
stimmt sind, nur in ganz schwach eingeschwefelten Gebinden zum Versand 
gebracht und in Fässern vergoren, die schweflige Säure überhaupt nicht 
enthalten. Stärker eingebrannte Weine werden vor der Umgärung durch 
Ablassen oder Umpumpen gut gelüftet, um die vorhandene schweflige 
Säure durch Ueberführung in Schwefelsäure unschädlich zu machen. ı5 
Durch Lüftung der Weine und Aufrühren der Hefe dürfte sich die Um- 
gärung von Weinen nach den Beobachtungen von Kurısca (1) auch sonst 
beschleunigen lassen. 

Angeschlossen sei hier die Besprechung der Schaumweinbereitung, 
die in weitaus den meisten Fällen, wie im $ 101 des vorliegenden Bandes 20 
bereits auseinandergesetzt ist, gleichfalls auf eine Umgärung von Weinen 
hinausläuft. In einigen Weinbaugegenden stellt man Schaumweine zwar 
auch durch Vergären von Mosten her, doch hat dieses später noch etwas 
näher zu beschreibende Verfahren nur örtliche Bedeutung. Die Bereitung 
moussierender Weine durch Imprägnieren von Stillweinen mit Kohlen- 25 
säure gehört nicht in den Rahmen dieser Besprechung. Es werden auf 
solchem Wege nur die billigsten Trauben- und Obstwein-Sekte gewonnen, 
worüber Genaueres in den Handbüchern von Baso und Maca (1), LuH- 
MANN und Meırz (1), A. van Pıaz (1) und RHeınBers (1) zu erfahren ist. 

Den Ausgangsstoff für die echten Schaumweine bilden meist die so 
sogen. Claretweine oder Weißherbste, die aus weib gekelterten, 
d. h. vor der Gärung abgepreßten roten Trauben hergestellt werden; 
doch lassen sich auch leichtere Weißweine und Rotweine zu Schaumweinen 
verarbeiten. Die Jungweine werden zunächst sorgfältig ausgebaut und 
dann im Großen in Fässern von 100—200 hl und mehr Inhalt zu einem 3 
sogen. Guv&e vermischt, wobei großer Wert darauf gelegt wird, dab 
stets ein Verschnittwein von möglichst gleichbleibender Beschaffenheit 
erzielt wird. Nur auf diesem Wege läßt es sich erreichen, daß die ein- 
zelnen Handelsmarken der Schaumweine ihre Eigenart im Laufe der 
Jahre unverändert beibehalten. Der fertige Verschnitt wird in der«o 
Regel mit Hausenblase und Tannin geschönt, nach der Klärung in ein 
anderes Fab gepumpt und dann mit berechneten Mengen von Zucker- 
lösung gemischt. 

(Gleichzeitig erhält der Wein einen Zusatz von Tannin, Hausenblase 
oder Gelatine und in manchen Fällen auch von Alkohol in Form von as 
‘ognac oder reinstem Industrie-Sprit. Durch die Beigabe der Schönungs- 
stoffe wird das Absetzen der Hefe erleichtert, während der Alkoholzusatz 
hauptsächlich zu dem Zwecke erfolgt, Nachgärungen und Trübungen 
in den fertigen Schaumweinen zu verhüten. 

Nach der Zuckerung wird der Wein, wie in $ 101 näher beschrieben so 
ist, mit Hefe angestellt. Sobald sich die ersten Anzeichen von Gärung 
bemerkbar machen, beginnt man mit der Tirage, d. h. mit dem Ab- 
ziehen des Weines auf Flaschen, die man nur soweit füllt, daß zwischen 


— 480 ° — 


Wein und Kork noch ein Luftraum von annähernd 15 cem, die sogen. 
Kammer, erhalten bleibt. Die fest verkorkten und mit Drahtbügeln 
(Agraffen) verschlossenen Flaschen kommen in die Gärräume, wo sie in 
wagerechter Lage zu gröberen Stößen aufgestapelt werden. Die Gär- 
sräume müssen eine Lufttemperatur von etwa 15°C besitzen und so 
angelegt sein, dab sie gegen plötzliche Temperaturschwankungen ge- 
schützt sind. Zu starke Erwärmung der Gärräume ist nachteilig, weil 
dadurch die Absorptionsfähiekeit des Weines für Kohlensäure herab- 
gesetzt und der Druck in den Flaschen zu hoch wird. Trotzdem die 
ıoletzteren auf Druckfestigkeit geprüft werden, entstehen doch selbst in 
gut geleiteten Betrieben durch Flaschenbruch während der Gärung noch 
Verluste von 2—4 Prozent. Um diese nach Möglichkeit einzuschränken, 
wird die Druckentwicklung in den Flaschen durch Aufsetzen eines 
Manometers, des sogen. Aphrometers von MAuMmEnf£, von Zeit zu Zeit 
ıs gemessen. In der Regel erreicht der Druck in den Flaschen eine Höhe 
von 4—5 Atmosphären. Verschiedenheiten im Alkoholgehalt der Weine 
und der Größe der Zuckerung sollen auffallenderweise "keine größeren 
Abweichungen im Druck der fertig vergorenen Weine bedingen, eine 
Erscheinung, die man früher durch die Annahme erklärt hat, daß die 
zo verschiedenen Weine ein verschiedenes Lösungsvermögen für Kohlen- 
säure haben. Manczau (1) hat bei Druckmessungen aber gefunden, daß 
die Kohlensäuremengen, die von gleichen Raumteilen von Champagner- 
weinen bei 0° und 6 Atmosphären Druck in Lösung gehalten werden, 
annähernd gleich sind. Die gleichbleibende Druckhöhe in den Schaum- 
2: weinen ist nach MancEAU darauf zurückzuführen, daß der Zucker bei 
der Flaschengärung je nach der Höhe des Alkoholgehalts mehr oder 
weniger weitgehend vergoren wird. 
Ist die Gärung beendet, so werden die Flaschen in kühlere Keller 
gebracht, mehrmals gut durchgeschüttelt und wieder in Stößen auf- 
3ogesetzt. Die Weine lagern hier mindestens 1—2 Jahre, in manchen 
Kellereien auch noch länger. Die Hefe setzt sich während dieser Zeit 
auf der Unterseite der lagernden Flasche in Form eines langen Streifens 
ab. Um die Weine zu klären, muß sie zunächst auf dem Stopfen an- 
gesammelt werden. Man bringt die Flaschen zu diesem Zweck mit dem 
3 Hals nach unten gerichtet in die sogen. Rüttelpulte, wo sie von geübten 
Arbeitern mehrere Wochen hindurch täglich einmal in eine zitternde 
und zugleich drehende Bewegung versetzt werden. Die Hefe gleitet 
dabei nach und nach in schraubenförmiger Linie nach dem Stopfen 
hinunter und lagert sich daselbst an. Ist so völlige Klärung des Weines 
«eingetreten, so gelangen die Flaschen mit nach unten gekehrtem Stopfen 
in die Degorgierhalle. Hier wird der Drahtverschluß gelöst, worauf 
durch den im Innern herrschenden Druck der Kork zusammen mit 
der daran haftenden Hefe herausgeschleudert wird. Durch schnelles 
Neigen und Wenden der Flaschen läßt sich dabei verhindern, dab 
ssgrößere Mengen von Wein ausfließen. Es folgt nun die „Dosage“, bei 
der die Weine mit „Likör“, einer Mischung aus Zucker, Wein und 5 bis 
10 Proz. Cognac, versetzt werden. Je nach der Höhe dieses Likör- 
Zusatzes bezeichnet man die Schaumweine als trocken, halb trocken, süß 
oder sehr süß. Weine, die ohne Likör-Zusatz bleiben, heißen ganz trocken. 
5oNach der „Dosierung“ werden die Flaschen von neuem verkorkt und mit 
Drahtverschlüssen versehen. Näheres über die Technik findet man in 
den Handbüchern von Baro und Macn (1), Sauu£ron (1), A. Daun Pıaz (1) 
und WEINMAnN (1). 


— 4831 — 


Etwas abweichend von dem eben beschriebenen Verfahren ist die 
Herstellung von Schaumweinen aus Most. In Ober-Savoyen erzielt 
man nach Boiker (1) eine Art leichten Schaumweines (vin force) dadurch, 
daß man den Most in dicht schließenden, starkwandigen Fässern von 
etwa 50—60 1 Inhalt, aus denen die Kohlensäure nicht entweichen 5 
kann, vergären läßt. Im Innern der Fässer entsteht infolgedessen ein 
hoher Druck, der nach einigen von Bo1ker (1) vorgenommenen Messungen 
unter Umständen bis auf 10 Atmosphären steigt und dazu führt, daß ein 
beträchtlicher Teil der Gärungs-Kohlensäure im Wein gelöst bleibt. Da 
die Gärung zum Stillstand kommt, bevor aller Zucker vergoren ist, be- 10 
halten die fertigen Weine auch die nötige Süße. Sie dienen nach Bo1kEr 
ausschließlich als Haustrunk und werden niemals längere Zeit aufbewahrt. 

Besser entwickelt ist die Gärtechnik bei der Herstellung des sogen. 
Moscato d’Asti spumante, der in einigen Gegenden ÖOber-Italiens, 
insbesondere in den Provinzen Alessandria und Cuneo (Piemont), aus dem ı5 
Safte der Muskat-Trauben gewonnen wird und meist unter dem Namen 
„Asti spumante“ oder „Moscato spumante“ in den Handel kommt. Bei 
der Bereitung dieses Schaumweines werden die frisch abgekelterten 
Moste zunächst mit Gelatine geschönt und nach dem Absetzen des 
Schönungstrubs sorgfältig filtriert. Die gekelterten Moste pumpt man2o 
in große, schwach eingeschwefelte Gärbehälter, um sie schon nach etwa 
14 Tagen von dem entstandenen Hefentrub wieder abzuziehen und in 
neu eingeschwefelte Fässer zu bringen. Dieses Umfüllen wird während 
des Winters noch 3- bis 4-mal wiederholt, wobei die Weine nicht selten 
auch Zusätze von Calciumbisulfit erhalten. Die Gärung wird dadurch 3 
immer von neuem unterbrochen und bei der niedrigen Temperatur der 
Keller so verzögert, dab die Jungweine nach Menxsıo (4) schon klar 
geworden sind, wenn sie noch 10—15 Proz. Zucker enthalten. In diesem 
Zustande werden sie ohne Hefenzusatz in Champagnerflaschen gefüllt, 
die man mit Kork und Drahtbügeln verschließt und in ganz ähnlicher so 
Weise behandelt wie bei dem französischen Verfahren der Schaumwein- 
bereitung. Die nun einsetzende Flaschengärung verläuft außerordentlich 
langsam, was SrruccHı und ZeccnHint (1) wohl irrtümlicherweise auf die 
niedere Temperatur und die antiseptische Wirkung der Kohlensäure 
zurückführen, während Meısswer (4) den Mangel an Hefennährstoffen, 5 
insbesondere an Phosphorsäure, Kalium und Stickstoff, dafür verantwortlich 
macht. Mexsıo (4) bestätigt diese Angabe, soweit sie sich auf das 
Fehlen assimilierbarer Stickstoff-Verbindungen bezieht. Durch die 
Untersuchungen dieses Forschers ist festgestellt, daß der Gesamt-Stick- 
stoff des Asti spumante während der Faßgärung auf die Hälfte bis ein® 
Drittel der ursprünglichen Menge sinkt, Ammonsalze und Amidover- 
bindungen dabei vollkommen verschwinden, Albumosen und Peptone ab- 
nehmen, der Basen-Stickstoff dagegen bedeutend zunimmt. Wie Muxsıo (4) 
ermittelt hat, verringert sich durch die wiederholten Filtrationen auch 
die Zahl der Hefenzellen in beträchtlichem Grade. Die ganze Her-# 
stellungsart des Asti spumante beruht danach auf einer möglichst voll- 
ständigen Entfernung der Kiweißstoffe und Hefen durch wiederholtes 
Schönen und Filtrieren, wodurch die Gärungshemmung bei einem ziemlich 
hohen Zuckergehalt erzielt wird. In vielen Fällen dürfte freilich auch 
die Verwendung der Sulfite an der langsamen Gärung schuld sein. 50 

In ganz derselben Weise wie den Asti spumante bereitet man naclı 
Pacorrer (1) die Schaumweine in einigen Gegenden Frankreichs, z. B. 
im Saumur-Gebiet, in Die (Dröme) und Limoux (Aude). 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. Bd. V. al 


— 42 — 


Von den Betriebsstörungen, die bei der Schaumweinbereitung auf- 
treten, sei hier nur die Maskenbildung erwähnt, auf die schon 
auf S. 418 kurz hingewiesen ist. Sie liegt vor, wenn Teile des Hefen- 
depots so fest an den Wandungen der Flaschen haften bleiben, daß sie 
ssich beim Rütteln nicht loslösen. In der Industrie behauptet man viel- 
fach, daß die Masken durch Mängel in der Beschaffenheit des Glases 
zustandekommen. Da in Betrieben, in denen die Flaschengärung nach 
dem Reinzuchtverfahren durchgeführt wird, Masken selten oder nie be- 
obachtet werden, ist aber eher anzunehmen, daß die Erscheinung auf 
ıfehlerhaften Eigenschaften der Trubflora beruht. Dafür sprechen auch 
einige Beobachtungen von KROEMER (4). Auf das Blauwerden der 
Schaumweine wird auf S. 501 eingegangen werden. 


$ 111. Das Abziehen und Klären der Weine. 


Wenn sich der Wein nach beendeter Gärung geklärt hat, muß er 
von dem entstandenen Trub (Geläger) abgezogen und in ein anderes 
Faß umgefüllt werden. Dieser sogen. Abstich ist eine der wichtigsten 
Kellerarbeiten, von der die weitere Entwicklung des Weines in hohem 
Maße beeinflußt wird. Der Trub besteht der Hauptmenge nach zwar 
aus Heften, enthält daneben in beträchtlicher Zahl aber auch andere im 
2» Most vorkommende Gärungserreger, vor allen Dingen Kahmpilze und 
Bakterien, ferner unbelebte, aus dem Wein ausgeschiedene organische 
Stoffe, Zellreste von Trauben, Weinstein und weinsauren Kalk. Von 
Bakterien dürften regelmäßig vorhanden sein die auf S. 474 be- 
schriebenen Erreger des gesunden Säureabbaues, ferner nicht selten 
»» Milchsäure-Bakterien aus dem Verwandtenkreise des von MÜLLER- 
Trursau (19) aufgefundenen Bacterium mannitopoeum und jedenfalls auch 
noch andere, nicht näher bekannte Formen, von denen wir annehmen 
dürfen, daß sie die Selbstverdauung der Hefe beschleunigen, aber gegen 
höhere Säuregrade empfindlich sind. Durch die Lebensvorgänge dieser 
30 verschiedenen Organismen erleidet der ruhende Trub fortdauernd Ver- 
änderungen, die bald mehr, bald weniger tiefgreifend sind, je nachdem 
sie durch die chemische Zusammensetzung des W eines, die Temperatur 
und die Beschaffenheit der Trubflora begünstigt oder erschwert werden. 
Die in den Hefenzellen eintretenden Umsetzungen beruhen auf den im 
58 98 bezw. $ 99 des Vierten Bandes beschriebenen Vorgängen der 
Selbstgärung und Selbstverdauung. Im Verlaufe der Selbstgärung ver- 
schwindet nach und nach das in den Hefen aufgespeicherte Glycogen, 
während bei der Selbstverdauung die in der Leibessubstanz der Hefe 
enthaltenen Eiweiß-Verbindungen und vielleicht auch die Membranen 
‚durch die Endotryptase angegriffen werden. Die Folge davon ist, dab 
die Zellen der Trubhefe in den Hungerzustand übergehen und schließlich 
in geringerer oder größerer Zahl absterben. Aus den hungernden und 
toten Zellen wandern Inhaltsbestandteile, darunter die Endotry ptase und 
andere Stickstoff-Verbindungen, aus, die sich im Wein lösen und den 
»Trubbakterien als Nährstoffe dienen. Für das Auftreten solcher Aus- 
scheidungen sprechen nicht nur die Ergebnisse der im $ 99 des Vierten 
Bandes besprochenen Untersuchungen und eine Wahrnehmung von 
BorrrıcHer (2), sondern auch die von Amrnor (1) und WEIGERrT (1) nach- 
gewiesene Tatsache, daß „Hefenpreßwein“ und „Hefenweine“, die aus 
so Satzhefe von ‚JJungweinen durch Abpressen oder Aufgießen von Zucker- 
wasser gewonnen "werden, stets sehr reich an Stickstoff sind. 


— 43 — 


Während dieser Umsetzungen vollzieht sich nach den Beobachtungen 
von WOorTMmann (10, 11, 12) in der Zusammensetzung der Trubflora 
allmählich ein Wechsel, der im wesentlichen darin besteht, daß 
sich in dem Maße, wie die Hefen geschwächt werden und absterben, 
die Bakterien vermehren. Dabei hängt es offenbar ganz von der Zu- 5 
sammensetzung und der Temperatur der Weine ab, welche Bakterien- 
arten auftreten. In weichen, gerbstoffarmen Weinen, besonders in 
Apfelweinen, überwiegen jedenfalls Bakterienformen, welche die Auf- 
lösung der Hefe zum mindesten beschleunigen, wenn nicht sogar allein 
verursachen. Unter ihrer Wirkung kann die Hefe nach WorTMmass (1) 10 
in völlige Zersetzung übergehen und sich unter Umständen sogar bis 
auf kleine feinkörnige Reste auflösen. Allerdings stellt sich ein so 
weitgehender Zerfall der Hefe im praktischen Betriebe nur dann ein, 
wenn der Abstich, wie das bei der Bereitung von Apfelweinen noch 
vereinzelt der Fall ist, ganz unterbleibt. Die Folge davon ist fastıs 
immer, daß die Weine trüb und schleimig werden und einen äußerst 
unsauberen Geschmack annehmen. Da gleichzeitig stets die Säure der 
Weine zurückgeht, zeigen solche Weine nicht selten auch den Fehler 
des Schwarzwerdens, der auf der Ausscheidung von gerbsaurem Eisen- 
oxyd beruht. Selbst wenn das Abstechen nur verspätet wird, machen» 
sich diese Nachteile in der Regel bemerkbar, und zwar um so stärker, 
je weitgehender die Zersetzung des Hefentrubes beim Abziehen vor- 
geschritten war. Bei Obstweinen vermehrt sich bei verspätetem Abstich 
nach den Beobachtungen von MÜLLER-THURGAU und ÜSTERWALDER (6) 
nicht selten auch die Milchsäure und die flüchtige Säure, was auf dies 
Tätigkeit von Bakterien aus der Gruppe des Bacterium mannitopoeum 
zurückzuführen ist. 

Nach den übereinstimmenden Angaben von MÜLLER-TuurGAr (1), 
WOoRrTMAanN (10), sowie MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (6) werden 
die angedeuteten Umsetzungen im Trub durch höhere Gär- und Lager- so 
temperatur sowie geringen Alkohol- und Säuregehalt der Weine sehr 
begünstigt, so dab also bei weichen und leichten Weinen, wie z. B. bei 
manchen ÖObstweinen und geringen Traubenweinen, am meisten mit 
diesen Schädigungen zu rechnen ist. 

Naturgemäß sind nicht alle im Trub vor sich gehenden Veränderungen 35 
für den Wein nachteilig. So ist es für saure Weine nur vorteilhaft, 
dab die Erreger des gesunden Säureabbaues durch die bei der Selbst- 
verdauung der Hefe vom Wein aufgenommenen Trubstoffe im Wachstum 
begünstigt werden. Ebenso kommt dem Ausbau des Weines in manchen 
Fällen zustatten, daß die ruhenden Hefen des Trubs durch Flächen-: 
anziehung schönend wirken, was sich nach NEsster (4) und WORTMANnN (1) 
an der Braunfärbung der Zellwände bei den Trubhefen deutlich zu er- 
kennen gibt und auch aus der Tatsache hervorgeht, daß Hefe in ge- 
wissen Fällen der Kellerpraxis als Schönungsmittel benutzt wird. Ob 
der bei der Selbstgärung sich vollziehende Stoffwechsel günstig auf dies 
Beschaffenheit der Weine einwirkt, ist noch fraglich. Der Abbau des 
in den Trubhefen enthaltenen Glycogens kann nach den Untersuchungen 
von BorTTIicHer (2) zu einer analytisch nachweisbaren Erhöhung des 
Alkoholgehaltes schon deswegen nicht führen, weil von diesem Reserve- 
stoff auch im günstigsten Falle nur etwa 0,05 & auf 100 cem Wein zur: 
Verfügung stehen. Mit dieser Feststellung entfällt auch die Möglichkeit, 
dab aus dem Glycogen der 'Trubhefen andere für den Wein wichtige 
Stoffe in beachtenswerter Menge entstehen. Der Abbau der fixen 

31* 


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= 


— 44 — 


Säuren, den die ruhenden Hefen selbst herbeiführen, ist nach den Aus- 
führungen auf S. 473 für den Ausbau des Weines ebenfalls unwesentlich. 
Dagegen ist es nach den auf S. 462 u.464 erwähnten Untersuchungen von 
ÖSTERWALDER (1) und Kayser und DEMmoLox (3) denkbar, daß die Trub- 
5hefen unter Umständen noch etwas Acetaldehyd und flüchtige Säure er- 
zeugen. Für gewöhnlich wird allerdings auch hierdurch die Güte des 
Weines kaum beeinflußt werden, weil den Hefen der Sauerstoff. der zur 
Bildung dieser Verbindungen notwendig ist, in weitaus den meisten 
Fällen nicht zur Verfügung stehen dürfte. 

10 Für die Bestimmung der Abstichzeit sind diese Verhältnisse von 
größter Bedeutung. Wie Worrmann (10) hervorgehoben hat, muß der 
Trub unter allen Umständen aus dem Weine entfernt werden, wenn er 
nach seinem physiologischen Zustande die Entwicklung des Weines 
nicht mehr fördern kann. Da die Weine und der in ihnen enthaltene 

ıTrub verschieden zusammengesetzt sind, und auch die Gär- und Lager- 
Temperatur in den praktischen Betrieben außerordentlich wechselt, wird 
sich dieser Zustand bei den einzelnen Weinen auch zu verschiedener Zeit 
einstellen, so daß es unrichtig wäre, Jungweine verschiedener Gegenden 
und verschiedener Jahre zu gleicher Zeit abzustechen. Nach den Be- 

»»obachtungen von MÜLLER-THURGAU (1) und WORTMANN (1) müssen geringe 
und säurearme Weine stets möglichst früh abgezogen werden. Bei 
weichen Obstweinen empfiehlt es sich nach MÜLLER-THURGAU und ÖSTER- 
WALDER (6) sogar, die Hefe vom Wein zu trennen, bevor noch die letzten 
Zuckerreste vergoren sind, weil die Weine infolge der dann eintretenden 

»s Nachgärung länger ihre Frische behalten. Schwere extraktreiche und 
sehr saure Weine können nach den genannten Forschern ohne Nachteil 
etwas länger auf der Hefe bleiben. Sicher läßt sich die richtige Ab- 
stichzeit nach den Forschungen vonWORTMANN (10) immer nur dann er- 
mitteln, wenn man den physiologischen Zustand des Trubs als Maßstab 

sowählt. Da man annehmen kann, daß sich nachteilige Umsetzungen im 
Trub im allgemeinen erst dann einstellen werden, wenn das Glycogen 
aus den Trubhefen verschwunden ist, ist nach Worrmans (10) der ge- 
eienete Zeitpunkt für den Abstich dann gekommen, wenn ungefähr zwei 
Drittel der im Trub vorhandenen Hefenzellen ihr Glycogen verloren 

sshaben, wobei das verschiedene Alter der Hefenzellen und die Erfahrung 
berücksichtigt sind, daß in einem völlig elycogenfrei gewordenen Trub 
sich in der Regel schon Zersetzungserscheinungen zeigen. 

In der Kellerpraxis richtet man sich bei der Bestimmung der Ab- 
stichzeit gewöhnlich noch nach äußeren Merkmalen, wie z. B. nach dem 

‚Grade der Klärung und der Kohlensäure-Entwicklung der Weine, meist 
auch nach dem Befund von Kostproben. 

Um die günstigen Wirkungen der Trubhefe voll zur Geltung zu 
bringen, wird der Trub vielfach einige Zeit vor dem Abstich nochmals 
„aufgeschlagen“, was sich aber nur dann empfiehlt, wenn der Trub 

srein und noch gesund ist. Ueber die Technik des Abstichs vergleiche 
man die Handbücher von Bavo und Mach (1), Nesster (1) und die für 
französische Verhältnisse giltigen Beschreibungen von Bruxer (1) und 
SEMICHON (2). 

In Verbindung mit dem Abstich werden die Weine stets ein- 

soxeschwefelt, was man durch Einbrennen der Fässer oder durch 
Zusatz von verflüssigter schwefliger Säure bewirkt. Dem ersten Abstich 
folgen von Zeit zu Zeit noch weitere Abstiche, da sich in den Weinen, 
allerdings in allmählich abnehmender Menge, immer wieder von neuem 


— 45 — 


ein Bodensatz aus Hefe, Weinstein oder anderen Stoffen bildet. Die 
Zahl und die Ausführung der Abstiche richten sich ganz nach der 
jeweiligen Beschaffenheit der Weine. Kleine Jahrgänge werden in der 
Regel nur zweimal, bessere Weine dagegen drei- bis viermal abgestochen. 
Gleichzeitig werden die Weine immer wieder von neuem, nach und nach 
allerdings in schwächerem Grade, eingeschwefelt, wodurch der Gehalt 
der Weine an gesamtschwefliger Säure in der Regel auf 0,5—10 mg in 
100 ccm steigt. In stark eingebrannten Weinen sind bis 20 mg, manchmal, 
so in vielen süben Ausleseweinen, sogar 35—50 mg Schwefeldioxyd in 
100 cem enthalten. Neben der konservierenden Wirkung der schwefligen 10 
Säure kommt für ihre Verwendung beim Ausbau des Weines auch ihre 
entfärbende Kraft in Betracht. Man vergleiche dazu die Ausführungen 
auf S. 449. 

Die Veränderungen, die sich während des Faßlagerns im Wein voll- 
ziehen, sind z. T. durch rein chemische, z. T. durch physiologische Vor- 15 
gänge bedingt. Die rein chemischen Umsetzungen pflegt man auf Grund 
der Angaben von PastEvr (2 u. 3), MacH und PorTELE (4) und anderen 
Forschern in erster Linie auf die oxydierenden Wirkungen des 
Luftsauerstoffs zurückzuführen. Sicher ist auch, dab jeder Wein von 
der Luft stark beeinflußt wird. Weißweine dunkeln bei ungehindertem: 
Luftzutritt nach, bilden Niederschläge, verlieren an Bouquet und nehmen 
einen besonderen Geschmack an, den man in der Praxis geradezu als 
„Luftgeschmack“ bezeichnet. In ganz ähnlicher Weise wirkt die Luft 
auf Rotweine ein. Inwieweit bei diesen Veränderungen Enzyme beteiligt 
sind, ist noch ebenso ungeklärt wie die Frage, ob derartige Oxydations- 3 
Vorgänge oder andere rein chemische Umsetzungen für das Ausreifen 
der Weine überhaupt von wesentlicher Bedeutung sind. Im Zusammen- 
hang damit mag erwähnt sein, daß die Versuche, die Entwicklung der 
Weine durch Ozonisieren und Elektrisieren zu beschleunigen, 
wie Mur (1) festgestellt hat, brauchbare Ergebnisse bisher nicht ge- 30 
liefert haben; man vergleiche dazu auch die Angaben auf S. 457 des 
Ersten Bandes. Andererseits ist sicher, daß man bei der Herstellung 
leichter, spritziger Weine, wie z. B. der Moselweine, heute sich sehr 
bemüht, jede unnötige Berührung des Weines mit der Luft zu ver- 
meiden und deshalb die Weine auch mit Hilfe von Pumpen oder Blase- s 
bälgen absticht. 

Die physiologischen Vorgänge, die sich während des Faß- 
lagerns im Wein vollziehen, bestehen in der Tätigkeit von Gärungs- 
organismen, deren Entwicklung durch Sauerstoffzutritt zum Teil sicher 
auberordentlich gefördert wird. Nach Wortmann (1 u. 5) handelt es sich « 
dabei im wesentlichen um die Arbeit von Hefen, Kahmpilzen und 
Bakterien. ‚Je nachdem sich die eine oder die andere Gruppe dieser 
Gärungserreger während der Lagerzeit begünstigt zeigt, wird sich der 
Wein auch bald mehr, bald weniger vorteilhaft entwickeln. Daher muß 
durch geeignete Kellerbehandlung in erster Linie dafür Sorge getragen ıs 
werden, dab die Vermehrung von Kahmpilzen und Essigsäure-Bakterien 
im lagernden Wein so gut wie ausgeschlossen und die Örganismen- 
Tätigkeit überhaupt gemäßigt bleibt. Es läßt sich das durch ständiges 
Nachfüllen der Fässer, mäßiges Einschwefeln, tiefere Kellertemperatur 
und ein gewisses Mab von Luftfeuchtigkeit im Lagerkeller noch am» 
besten erreichen. Man vergleiche dazu die Ausführungen von Worr- 
MANN (1u.5) und Winviıson (3). 

(sesunde, bessere Weine klären sich auf dem Lager bei richtiger 


or 


1} 
o 


— 46 — 


Kellerbehandlung von selbst allmählich so weit, dab sie ohne besondere 
Eingriffe auf die Flasche gebracht werden können. Mittlere und kleine 
Weine müssen künstlich geklärt werden, was man entweder durch 
Schönen oder durch Filtrieren erreicht. Beim Schönen werden im Wein 
5 Niederschläge (Schönungsflocken) erzeugt, welche die Trubstoffe durch 
Oberflächenwirkung anziehen und mit zu Boden reißen. Als Schönungs- 
mittel benutzt man Hausenblase, Gelatine, Milch oder Milchcasein, 
frisches oder getrocknetes Hühner-Eiweiß, spanische Erde und ver- 
schiedene Kohlenpulver. Hausenblase, Gelatine und Eiweiß, die dem 
ıo Wein in kolloidaler Lösung zugesetzt werden, gehen mit dem Gerbstoff 
des Weines eine unlösliche Adsorptionsverbindung ein. Der Käsestoff 
der Milch und das Natriumcaseinat des Handels (Casein, Lactocoll) werden 
durch die Säuren des Weines ausgefällt. Spanische Erde, eine Art sehr 
feinen Tons von rötlich grauer Farbe, und Kaolin wirken teils mechanisch, 
ısteils durch die Entbindung von Kieselsäure, die sich voluminös aus- 
scheidet. Der Einfluß der Schönungsmittel auf die chemische Zusammen- 
setzung des Weines bedarf hier nicht der Erörterung: man findet neuere 
Angaben darüber in einer Arbeit von Ü. vox DER HEIDE (4). Dagegen 
muß die Einwirkung der Schönung auf den Organismengehalt und die 
»»mykologische Entwicklung des Weines noch gestreift werden. 

Wje ohne weiteres verständlich ist, vermindert sich bei jeder 
Schönung der Keimgehalt des Weines. Daß es sich hierbei nicht 
um eine unwesentliche Erscheinung handelt, beweist die große Zahl 
von Organismen, die in Jungweinen noch enthalten sind. MÜLLER- 

5 THuRrGAU (20) fand in einem in schwacher Nachgärung begriffenen 
Apfelwein im Liter 216 Millionen hefenartige Pilze und 1420 Millionen 
Bakterien. Ein als ziemlich gut angesprochener Birnwein enthielt zwar 
wenig hefenartige Pilze, dagegen im Liter etwa 850 Millionen Milch- 
säure-Bakterien und ungefähr 5000 Millionen andere Bakterienarten. 

soIn welchem Grade sich diese Keimzahlen bei einer Schönung erniedrigen, 
läßt sich aus einigen Versuchen von KrOEMER (5) entnehmen. In einem 
Flaschenwein, der im Liter 8,7 Millionen gelatinewüchsige Keime ent- 
hielt, war die Anzahl der Keime nach einer Hausenblasenschönung auf 
1957000, nach einer Gelatineschönung auf 880000 zurückgegangen, 
so dab also durch die Schönung rund 80—90 Proz. der vorhandenen 
Keime aus dem Wein beseitigt wurden. Wie MÜLLER-TuuRGAU (20) 
festgestellt hat, wird der Ausbau der Weine durch diese bei der 
Schönung eintretende Verminderung des Keimgehaltes in der Regel be- 
schleunigt und günstig beeinflußt. Selbst Veränderungen, die ausschlieb- 

‚lich auf der Entwicklung von Bakterien beruhen, wie der Säureabbau, 
das Zähewerden und der Milchsäurestich, lassen sich nach den Beobach- 
tungen dieses Forschers durch rechtzeitig und richtig ausgeführte Klärung 
des Weines oft unterdrücken. Dabei mag neben der Beseitigung der 
Gärungserreger freilich auch die Entfernung der im Wein verteilten 

skolloidalen Stoffe im günstigen Sinne einwirken. Wenn die Schönungen 
in mykologischer Hinsicht Erfolg haben sollen, ist es allerdings not- 
wendig, daß die Weine rechtzeitig vom Schönungstrub abgestochen und 
nach dem Schönen schwach eingeschwefelt werden. Geschieht das nicht, 
dann stellt sich in dem eiweißreichen Schönungstrub eine vermehrte 
so Bakterienentwicklung ein, die den günstigen Einfluß der Schönung bald 
in sein Gegenteil verkehrt. Aus ähnlichen Gründen wird auch die Milch 
als Schönungsmittel nicht mehr empfohlen, weil man glaubt, daß sich die 
Milchbakterien im Wein namentlich bei Säuremangel und Anwesenheit 


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von unvergorenem Zucker leicht weiter vermehren und nachteilige Um- 
setzungen herbeiführen. Als besonders gefährlich gelten in dieser Hin- 
sicht die Buttersäure-Bakterien, doch sollen nach den Angaben von SEIFERT 
und Haıp (2) auch typische Milchsäure-Bakterien der Milch imstande sein, 
durch Abbau der Aepfelsäure und Bildung von Milchsäure aus Zucker die 
Zusammensetzung des Weines nachteilig zu beeinflussen. Man vergleiche 
damit die Angaben von MÜLLER-THURGAU und OÖSTERWALDER (4) und die 
Ausführungen über die Erreger des Milchsäurestichs im nächsten Kapitel. 

Kleinere und mittlere Weine werden in neuerer Zeit nicht mehr 
geschönt, sondern über Zellulose oder Asbest filtriert. Die Einrichtung 
der verschiedenen Weinfilter, auf die hier nicht eingegangen werden 
kann, ist aus den Beschreibungen von Scara (1), sowie aus den Hand- 
büchern von BAaBo und Mac# (1), NeEssLer (1) und Meıssxer (1) zu er- 
sehen. Ueber die Wirkung der einzelnen Filter auf den Organismen- 


gehalt vergleiche man die auf S. 406 gemachten Angaben über die: 


Untersuchungen von LoPriorE (1), aus denen in Uebereinstimmung mit 
den Beobachtungen von Larar (2) über das Enzinger-Filter hervorgeht, 
daß durch die Filterschicht Bakterien vielfach in grober Zahl hindurch- 
gehen, während die Alkoholhefen stark zurückgehalten werden. Mit dem 
vorzüglich wirkenden Asbestfilter von Seızz lassen sich die Hefen aus den 
Weinen nach den Beobachtungen von KRrOEMER (5) fast völlig entfernen. 


$ 112. Der Ausbau der Weine auf der Flasche. 
Das Sterilisieren der Weine. 


Auch der bestgeklärte Wein enthält in größerer oder geringerer 


Anzahl noch lebende Organismen. Wie Wortmann (5) zuerst betont hat, 


beeinflussen diese Keime die Entwicklung und Haltbarkeit des Weines 
in hohem Maße. Wenn ihre Vermehrung in den richtigen Grenzen ge- 
halten wird, ist ihre Tätigkeit für den endgültigen Ausbau des Weines 
durchaus günstig. Beim Abziehen auf die Flasche verliert jeder Wein 
geschmacklich etwas an Feinheit. Er wird, nach dem Ausdruck der 
Praxis, zunächst „faschenkrank“. Daß dieser Fehler nach einiger Zeit 
wieder verschwindet, ist nach Wortmann (5) in der Hauptsache darauf 
zurückzuführen, dab die im Wein enthaltenen Organismen beim Abfüllen 
durch den Sauerstoff der Luft zu verstärkter Tätiekeit angeregt werden. 
Noch deutlicher zeigt sich der günstige Einfluß der Weinorganismen auf 
die Flaschenreife in all den Fällen, in denen saure leichte Weine erst 
auf der Flasche ihre Säure abbauen, eine Erscheinung, die bei Mosel- 
und Saarweinen nicht zu den Seltenheiten gehört. 

Die Organismen-Entwicklung ist in den Flaschenweinen 
naturgemäß um so lebhafter, je früher sie abgefüllt werden. Bei Mosel- 
weinen und Weinen ähnlicher Gattung, die gewöhnlich schon nach einem 
Jahre auf die Flasche gebracht werden, ist sie häufig so stark, daß sich 
in der Flasche ein neues Depot bildet, welches durch Rütteln und 
Degorgieren oder durch Umfüllen und Filtrieren aus den Weinen wieder 
entfernt werden muß. 

Mit zunehmender Dauer des Flaschenlagerns vermindert sich die 
Zahl der lebenden Keime in den Weinen allerdings in erheblichem Grade, 
was Wortmann (5) damit erklärt, dab in gut verschlossenen Flaschen- 
weinen sehr bald Sauerstofflmangel eintritt, der die weitere Vermehrung der 
Hefen, Kahmpilze und Bakterien verhindert. Einzelne Keime können sich 


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in ruhendem Zustande jedoch auch in sehr alten Flaschenweinen noch 
lebend erhalten, wie zuerst WORTMANN (5) beobachtet hat. In neuerer 
Zeit ist es Gayox und Duvsourg (2) sogar gelungen, in 80- bis 100-jährigen 
Bordeaux-Weinen ruhende, aber in geeigneten Nährlösungen noch ver- 
smehrungs- und gärfähige Hefen, ferner in einigen Fällen auch lebende 
Kahmpilze, Schimmelpilzsporen und Bakterien aufzufinden. 

Fertige Weine können durch den Stoffwechsel von Gärungsorganismen 
allerdings auch in ungünstigem Sinne beeinflußt werden, wie schon daran 
zu ersehen ist, dab jeder Wein nach einer bestimmten Zeit an Qualität 

ıo verliert. Je nach der Zusammensetzung, der Organismenflora und der 
Aufbewahrungsart der Weine beginnt dieser Rückgang bald früher, 
bald später. Kleine extraktarme Landweine, die sich früh ausbauen, haben 
den Höhepunkt ihrer Entwicklung nach C. vox DER HEIıDE (5) oft schon 
nach 1—2 Jahren überschritten. Gute körperreiche Tischweine, die 2 bis 

153 Jahre zur Reife brauchen, bewahren ihre Güte etwa 10—20 Jahre 
ohne merkbare Qualitätsverminderung. Sind unter den Weinorganismen 
in größerer Zahl Kahmpilze vertreten, und finden diese die Möglichkeit 
zu stärkerer Vermehrung, dann stellt sich der Rückgang in der Güte 
der Weine, wie WORTMANN (5) gezeigt hat, aber weit früher ein. Unter 

» allen Umständen wird die Haltbarkeit der Weine stark beeinträchtigt, 
wenn der Sauerstoff zu ihnen Zutritt hat, weil in diesem Falle nicht nur 
die rein chemischen Veränderungen, sondern auch die Lebensvorgänge der 
verschiedenen Weinorganismen zu sehr begünstigt werden. Aus diesem 
Grunde sind auch Holzfässer, durch deren Wanduneen die Luft un- 

>» gehindert diffundieren Kann, zur längeren Aufbewahrung von Weinen 
ungeeignet. Ebenso erklärt sich die bekannte Tatsache, daß Weine sich 
auf der Flasche nur dann längere Zeit auf der Höhe ihrer Reife 
halten, wenn sie durch einen möglichst dicht schließenden Kork vor der 
Berührung mit der Luft geschützt werden. 

30 Das Verfahren, die Weine durch Erwärmen zu sterilisieren oder, 
wie der Fachausdruck heißt, zu pasteurisieren, ist aus dem Be- 
streben hervorgegangen, die Weine vor den eben angedeuteten nach- 
teiligen Veränderungen zu bewahren und haltbarer zu machen. Wie auf 
S. 548 des Ersten Bandes angegeben ist, hat Pasreur (2) die Sterilisation 

sin die Kellerwirtschaft eingeführt, nachdem er ihre Wirksamkeit an 
Burgunderweinen erprobt hatte. Die großen Hoffnungen, die man in 
Frankreich ursprünglich auf das Pasteurisieren der Weine gesetzt hat, 
sind freilich nicht in vollem Umfange in Erfüllung gegangen, wenn die 
Forschungen von Gayox (1), MÜLLER-THURGAU (21), ScHurze (1) und 

40 LABORDE (4) und die praktischen Erfahrungen auch ergeben haben, daß 
das Pasteurisieren wirklich ein geeignetes Mittel darstellt, Weine 
schneller haltbar und flaschenreif zu machen. Aus diesem Grunde ist 
das Verfahren auch vielfach für Weine empfohlen worden, die nach den 
Tropen verschickt werden und höhere Wärmegrade ohne nachteilige 

4 Veränderungen aushalten sollen. Ebenso steht fest, daß das Pasteurisieren 
bei der Beseitigung gewisser Weinkrankheiten, wie des Essigstichs, nicht 
zu entbehren ist. Trotzdem wird es nur in Frankreich und in einigen 
südlichen Weinländern in etwas größerem Umfange angewendet. Man 
pasteurisiert auch dort vorzugsweise Rotweine, und zwar mehr in der 

so Absicht, diese Weine gegen Essigstich und andere Bakterienkrankheiten 
zu schützen, als zu dem ZWeck, den Ausbau des Weines zu beschleunigen. 
Für feinere Weißweine, die erst auf der Flasche ihre volle Entwicklung 
erreichen, ist das Pasteurisier-Verfahren nicht geeignet, wie schon aus 


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den Angaben über die Flaschenreife auf S. 487 zu entnehmen ist. Das 
Verfahren verbietet sich in diesem Fall auch deswegen, weil es ge- 
wöhnlich zu Trübungen und Verlusten an Bouquetstoffen Veranlassung gibt. 

Zweckmäßig ist das Pasteurisieren nach MÜLLER-THurGAU (20) da- 
gegen für die leichten und alkoholarmen Landweine der Schweiz, die3 
längeres Lagern im Fasse nicht vertragen und sich auch durch früh- 
zeitiges Abfüllen nicht mit Sicherheit frisch erhalten lassen. Bei Anjou- 
Weinen, die offenbar ähnliche Beschaffenheit zeigen, hat auch Morzat (1) 
gute Erfolge mit dem Pasteurisieren erzielt. Ebenso können Rotweine 
ohne merkbaren Nachteil für ihre Qualität sterilisiert werden, wie in1o 
Frankreich PAsteEur (2), GAvox (1), MATHIEU (5) und LABoRDE (4) nach- 
gewiesen haben und NEUBAUER (3) auch für deutsche Ahr-Rotweine fest- 
gestellt hat. Zweckmäßig ist das Pasteurisieren schließlich für leichte 
Obst- und Beerenweine, die auf dem Lager nicht haltbar sind. 

Was die Temperatur anbetrifft, bei der das Pasteurisieren 15 
auseeführt werden soll, so hat schon PasteEur (2) angegeben, dab es 
genügt, die Weine etwa eine Minute lang auf 55 bis 60°C zu er- 
hitzen. Bei höherer Temperatur kann die Erhitzungsdauer abgekürzt 
werden, bei tieferen Wärmegraden muß sie verlängert werden. Daher 
empfiehlt LABoRrDE (4) eine 15 Sekunden lange Erwärmung auf 65" C,20 
während MÜLLER-TuurGAU (21) vorschlägt, die Weine 15 Minuten 
hindurch einer Temperatur von 55° C auszusetzen. Hinreichende Sterili- 
sation erzielt man nach den Beobachtungen von ScHuLze (1) aber auch 
schon bei 45°C, und zwar bei Weinen verschiedenen Alkoholgehaltes, 
sofern diese Temperatur 2 Stunden hindurch auf den Wein einwirkt. In 
der Praxis erhitzt man die Weine gewöhnlich 1—2 Minuten lang auf 
65° C, jüngere Weine auch noch auf etwas höhere Temperaturen. Schwerere 
Weine werden im allgemeinen etwas stärker, leichtere Weine etwas 
schwächer erhitzt, worüber Marvzzıx (1) und SemıcHox (2) nähere An- 
gaben gemacht haben. Bei der Ausführung der Pasteurisierung wird 30 
stets darauf geachtet, daß die erhitzten Weine nicht mit der Luft in 
Berührung kommen, weil sie sonst Kochgeschmack annehmen. Auf Grund 
der Erfahrungen von RosEnxstieHu (7) und Küns (1) sucht man das in 
neuerer Zeit in der Weise zu erreichen, daß man die Weine in einer 
Kohlensäure-Atmosphäre oder unter Kohlensäure-Druck erhitzt und dafür 
sorgt, daß sich der Wein vor dem Verlassen des Apparates wieder abkühlt. 

Der Pasteurisierung werden sowohl Faß- wie Flaschenweine unter- 
worfen. Für beide Fälle steht heute eine große Anzahl von verschiedenen 
Apparaten zur Verfügung. Die Pasteurisierapparate für Faßweine sind 
fast sämtlich nach dem Gegenstromprinzip gebaut. Ihr wesentlichster Teil, 
der Sterilisationsraum, besteht entweder aus einem Kessel (Apparat von 
Künn), einem Schlangenrohr (Apparate von Fromme, BourDIL, GASQUET 
und Pfrınsor), einem Bündel gerader Rohre (Apparat von Houvarr), einer 
Batterie von konzentrischen Hohlzylindern (Apparat von Raunın), einem 
spiralig gewundenen Behälter (Apparat SaLvaror) oder aus einer großen 45 
Anzahl von niedrigen, durch ein Plattensystem gebildeten Kammern 
(Apparate von Marvezin und Deraty). Die Erwärmung der Sterilisations- 
behälter erfolgt durch Dampf oder heißes Wasser, Zum Pasteurisieren 
von Flaschenweinen dienen mit Wasser gefüllte Pasteurisierkessel, in 
denen die Flaschen aufrecht stehend oder liegend, unter Sicherung der 
Stopfen durch Blechverschlüsse, mittels direkter Feuerung oder Zuleitung 
von Dampf auf die erforderliche Temperatur erhitzt werden. Nähere 
Beschreibungen der verschiedenen zum Pasteurisieren von Weinen not- 


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— 490 — 


wendigen Einrichtungen finden sich in den Veröftfentlichungen von 
Gayox (1) und in den Handbüchern von BaBo und Macn (1), Dante (2), 
NesstLEr (1) und SEmıcHox (2). Die älteren Apparate hat PAsTEur (2) 
beschrieben. 


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Wädenswil f. 1901, S. 73. — (13) Centralbl. f. Bakt., 2. Abt., 1897, Bd. 17, Bo 
(14) Jahresber. d. Lehranstalt f. Wein-, Obst- u. Gartenbau in Geisenheim f. 1883/84, 
S. 53. — (15) IV, Jahresbericht ete. Wädenswil f. 1893/94. Zürich 1895, S. 74. — (16) 
Verhandlg. d. XIV. Deutsch. Weinbau-Kongr. in Neustadt a. H., Mainz 1896, S. 30, — 


— 493 — 


(17) Verhandlg. d. Deutsch. Weinbau-Kongr. 1890, S. 136. — (18) Weinbau u. Weinhandel, 
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(9) Zeitschr. f. d. landw. Versuchswesen in Oesterreich, 1901, Bd. 4, S. 215. — (10) 


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d. Lehranstalt f. Wein-, Öbst- u. Gartenbau in Geisenheim f. 1900/01. Wiesbaden 1901, 
S. 92. — (5) Landw. Jahrbücher, 1898, Bd. 27, S. 681. — (6) Ebenda, 1892, Bd. 21. 
Ss. 901. — (7) Mitteilungen ü. Weinbau u. Kellerwirtschatt, 1895, Bd. 7, S. 65. — (8) 
Landw. Jahrbücher, 1900, Bd. 29, S. 629. — (9) Mitteilungen ü. Weinbau u. Keller- 
wirtschaft, 1902, Bd. 14, Bas, (10) Landw. Jahrbücher, 1905, Bd. 34, S. 685. — (11) 
Jahresbericht ete. Geisenheim f. 1898/99, S. 77. — (12) Weinbau und Weinhandel, 1901, 
Bd. 19, S. 461. *Yabe, K., (1) Bulletin College Agrieulture, Tokio, 1897, Bd. 3, S. 221. 


a ri 


— 495 — 


Manuskript- Einlauf: 
19. Juli 1913.) 


18. Kapitel. 
Fehler und Krankheiten des Weines. 


Von 
Prof. Dr. KArL KROEMER. 


$ 113. Einleitung. Rahnwerden und Schwarzwerden. 


Wenn zur Weinbereitung verunreinigte, ungeeignete oder verdorbene 
Früchte benutzt werden oder bei der Gärführung und der weiteren Be- 
handlung des Weines Versehen vorkommen, stellen sich im Wein sehr 
leicht Fehler oder Krankheiten ein. Als Weinfehler pflegt man alles 
unerwünschten Eigenschaften des Weines zusammenzufassen, die nicht 
unmittelbar auf die Tätigkeit von Gärungserregern zurückzuführen 
sind, sondern meist durch rein chemische oder physikalische Vorgänge 
oder durch Aufnahme von fremden Stoffen zustande kommen. Als 
Weinkrankheiten kann man mit WoRTMANN (1) und MÜLLER-THURGAU 10 
und ÖSTERWALDER (1) alle nachteiligen Veränderungen des Weines be- 
zeichnen, die durch lebende Organismen hervorgerufen werden, daher 
übertragbar sind und sich innerhalb gewisser Grenzen allmählich ver- 
stärken. Scharf lassen sich die beiden Erscheinungen nicht vonein- 
ander trennen, da an der Entstehung mancher Weinfehler, wie z. B.ı5 
des Schimmelgeschmacks, Gärungspilze mittelbar beteiligt sind. Gerade 
diese Fehler, die mit Lebensvorgängen von Gärungserregern in Ver- 
bindung stehen, sind hier zu besprechen, während alle fehlerhaften Eigen- 
schaften des Weines, die auf rein chemischen oder rein physikalischen 
Veränderungen beruhen, bei der Stoffumgrenzung dieses Werkes von» 
der weiteren Erörterung ausscheiden müssen. Näher beschrieben sind 
diese Fehler von S£nmıcHox (1), Wimnpisch (1) und C. vox DER HEIDE (1). 
Von den im nachfolgenden besprochenen fehler- und krankhaften Er- 
scheinungen des Weines sind das Rahnwerden, das Schwarzwerden, der 
Schimmelgeschmack, der Stopfengeschmack und die Weintrübungen als» 
Weinfehler, alle übrigen als Weinkrankheiten anzusehen. 

Das Rahn- oder Braunwerden des Weines (franz. : la casse = Brechen) 
ist auf S. 681 des Ersten Bandes bereits beschrieben worden. Der 
Fehler kommt bei Weißweinen und Rotweinen vor und besteht darin, 
dab sich die Weine bei Luftzutritt bräunen und trüben. Läßt man» 
einen Weißwein, der zum Rahnwerden neigt, einige Zeit offen in einem 
(Glase stehen, dann wird er gewöhnlich schon vor Ablauf einer halben 
Stunde zunächst an der Oberfläche braun. Nach und nach setzt sich 
diese Färbung nach unten fort, der Wein trübt sich und überzieht sich 
nicht selten mit einem dünnen, eigentümlich schillernden Häutchen ;ss 
schließlich wird er nach Abscheidung eines braunen, pulverigen Boden- 
satzes wieder etwas heller, bleibt aber immer noch weit dunkler als 
ein gesunder Weibwein. Mit der Farbe ändern sich auch Geruch und 
Geschmack des Weines. Das Bouquet verliert sich und wird durch einen 
an gedörrtes Obst erinnernden Geruch ersetzt, während der Geschmack 
einen Ausdruck annimmt, wie er manchen alten Südweinen eigen ist, 
der aber in diesem Falle durchaus unangenehm wirkt. Rotweine werden 
beim Brechen braun und mißfarbig und erleiden dabei stets einen be- 


— 41% — 


trächtlichen Farbstofi-Verlust. Wenn der Fehler sehr stark hervortritt, 


verwandeln sie sich schließlich in eine trübe Flüssigkeit von schokolade- 


artigem Aussehen, die einem Rotwein nicht mehr im entferntesten gleicht 
und unzersetzten roten Traubenfarbstoff auch nicht mehr enthält. 

5 In Zusammenhang mit dem Fehler steht jedenfalls die bei allen 
Traubensäften vorhandene Neigung an der Luft braun zu werden. Ge- 
wöhnlich verliert sich diese Eigenschaft der Moste während der Gärung 
und der nachfolgenden Kellerbehandlung, zuweilen zeigt sie sich aber 
noch im flaschenreifen Wein, und zwar selbst dann, wenn den Weinen 

ıdie sorgfältigste Pflege zuteil geworden ist. In solchen Fällen liegt 
dem Rahnwerden offenbar eine besondere Zusammensetzung der Moste 
zugrunde, worauf auch die Erfahrungs-Tatsache hinweist, daß bestimmte 
Traubensorten, so nach SEIFERT (1) der Riesling und der Rotgipfler, 
nach MarnHızu (1) die französische Sorte Meslier, Weine liefern, die 

ısdem Braunwerden besonders stark ausgesetzt sind. Begünstiet wird 
der Fehler offenbar noch durch eine Reihe anderer Umstände. So soll 
er nach den Mitteilungen von MArnıEu (1) und Ü. von DER HEIDE (1) 
in sehr guten Weinjahren, wo die Trauben zur Zeit der Lese in der 
Reife weit vorgeschritten und dabei verhältnismäßig säurearm sind, viel 
zo» häufiger und stärker auftreten als in mittleren und geringen Weinjahren, 
in denen die Trauben nicht im Zustand der Edelreife gelesen werden. 
In Uebereinstimmung damit steht die von BerschH (1), CHuuarp (1) und 
Ü. vox DER HEIDE (1) angeführte Tatsache, dab stark saure Weine über- 
haupt selten braun werden. Im Kellereibetrieb hat man nach C. vox 

25 DER HEIDE (1), SEIFERT (1) und Winvisch (1) beobachtet, daß die Neigung 
zum Braunwerden auch durch das „Aufnehmenlassen“ und „Angären“ 
der Maischen verstärkt wird, d. h. durch das in einigen Gegenden üb- 
liche, bereits auf S. 386 erwähnte Verfahren, die gemallenen Trauben 
vor dem Keltern kürzere oder längere Zeit stehen zu lassen. Die aus 

so abzeprebten Trestern durch Uebergießen mit Zuckerwasser hergestellten, 
säurearmen Nachweine (Tresterweine, petiotisierte Weine) sind nach 
J. BerscHh (1) und C. vox DER HEIDE (1) fast immer braun. Am meisten 
scheint der Fehler nach den praktischen Erfahrungen und den Angaben 
von NESSLER (1) und LABorDE (1) durch die Verarbeitung fauler über- 

sreifer Trauben begünstigt zu werden; dagegen sollen Weine aus ge- 
frorenen Trauben nach einer durch Ü©. von DER HEIDE (1) mitgeteilten 
Beobachtung von BABo nicht rahn werden, was aber bei der Häufig- 
keit des Fehlers bei den vielfach aus gefrorenen Trauben hergestellten 
deutschen Rheinweinen des Jahres 1912 keineswegs richtig zu sein scheint. 

40 Die chemischen Umsetzungen, die zu der auffallenden Bräu- 
nung des Weines führen, sind nur unzureichend bekannt, obwohl über 
den Gegenstand eine außerordentlich umfangreiche Literatur vorliegt. 
Man weiß zwar seit langem, daß die Erscheinung auf Oxydations-Wir- 
kungen beruht, die durch starke Reduktionsmittel, wie schweflige Säure, 

4 ganz oder zum Teil wieder aufgehoben werden. Die Einzelheiten des Vor- 
sangs sind aber nicht genau festgelegt. Wie aus den Angaben auf S. 681 
des Ersten Bandes zu ersehen ist, haben GouIRrAND (1 u. 2), LABORDE (1), 
CAZENEUVE (1), PEGLIoN (1), PERRAUD (1), BoUFFARD (1), TOLoMEI (1), 
BourrArn und SEMmIcHon (1), sowie ursprünglich auch MarrınanD (1) 

5obehauptet, daß die Verfärbung durch eine Oxydase des Traubensaftes, 
die Oenoxydase, hervorgerufen werde. Unter ihrer Mitwirkung sollen 
autoxydable Verbindungen des Weines in einen braunen Farbstoff um- 
gewandelt werden. Die von WiıxpıschH (1) wiedergegebene Vermutung, 


— 497° — 


wonach die in Frage kommenden oxydierbaren Körper durch Zersetzung 
des Chlorophylis entstehen sollen. hat wenig Wahrscheinlichkeit für sich. 
Besser begründet ist die von BEHRENS (1) vertretene Annahme, daß die 
oxydierbaren Stoffe wie bei anderen sich an der Luft verfärbenden 
Pflanzensäften mehrwertige Phenole sein dürften. Sie wären also unter 
den Gerbstoffen des Mostes und, soweit Rotweine in Betracht kommen, 
auch im Rotweinfarbstoff oder in dessen Spaltungsgebilden zu suchen. 

Die Oxydase soll nach MARTINAND (1) und CAZENEUVE (1) der Trauben- 
beere entstammen, während LABorDe (1), SEmicHox (1 u. 2) und Haum (1) 
angeben, sie werde vornehmlich durch den Pilz der Edelfäule (Botrytis 
cinerea) erzeugt. PEcLiox (1) glaubt, daß sowohl die Zellen der Trauben 
wie auch gewisse Pilze, so Dotr. cinerea und Monilia fructigena, Oxydasen 
bilden, die beide sich im Most wiederfinden. In einem gewissen Zu- 
sammenhang: damit steht die Angabe von PAavarıno (1), daß besonders 
die von Plasmopara viticola befallenen Rebteile reich an Oxydasen sind. 
Nach Toromezı (1) sollen sogar die echten Weinhefen und die sogen. 
Apiculatus-Hefen oxydierende Enzyme ausscheiden. Lisper (1) will eine 
Oxydase in Aepfeln aufgefunden haben, die ähnliche Veränderungen 
auslösen soll wie die Oenoxydase, und gleichlautende Angaben macht 
BERTRAND (1) für ein oxydierendes Enzym der Birnen und Quitten. Man 
vergleiche hierzu die neuere Zusammenstellung von A. Bacr (1) und 
die Angaben über Oxydasen auf S. 573 des folgenden Kapitels. 

Von anderer Seite hat man den Oxydasen aber jede Bedeutung für 
das Zustandekommen des Rahnwerdens abgesprochen. So hat Lasart (1) 


die von LABORDE (2) und CAZENEUVE (2) sehr entschieden zurück- 2 


gewiesene Ansicht ausgesprochen, daß beim Rahnwerden des Weines 
nicht Oxydasen, sondern im Wein enthaltene Eisenverbindungen als 
Sauerstoff-Ueberträger wirken sollen. Marrınaxp (2) hat sich im Gegen- 
satz zu seinen ersten Angaben später dahin geäußert, daß das Brechen 


der Weine lediglich auf der Bildung einer braunen unlöslichen Verbin-: 


dung beruhe, die der im Wein entstandene Aldehyd mit Phenolen 
(Gerbstoffen) oder dem Rotweinfarbstoff eingehe. Daß Fällungen dieser 
Art in Weinen wirklich auftreten können, haben Untersuchungen gelehrt, 
die KEHLHOFER (1) an den sogen. Scheidmosten angestellt hat. Es 
sind das gerbstoffreiche Birnweine aus frühzeitige gelesenen, noch sehr 
herben Birnsorten, die man in der Schweiz zur Klärung weicher Birn- 
weine aus überreifen Früchten benutzt. Unter Berührung mit der Luft 
bilden sich in diesen Scheidmosten (Scheidweinen), früher oder später, 
bräunliche Niederschläge, die nach Kenutnorer (1) zur Hauptsache aus 
verändertem Gerbstoff bestehen, daneben in kleinen Mengen aber eine 
schwerlösliche Verbindung von Aldehyd mit Birngerbstoff enthalten. 
Man vergleiche damit die Ausführungen auf S. 682 des Ersten Bandes. 

Im Zusammenhang damit mag erwähnt sein, daß Keuwnorer (1) in 
Birnen zwar lösliche Oxydasen nachgewiesen, aber gleichzeitig festgestellt 
hat, dab diese Enzyme, namentlich in saurer Lösung, auf Birn- und 
Galläpfel-Gerbstoff nur in geringem Maße oxydierend einwirken. Bei 
der bekannten Braunfärbung zerkleinerter Birnen, einer Er- 
scheinung, die mit dem Rahnwerden jedenfalls nahe verwandt ist, spielen 
nach Kentwnorer (1) nicht diese löslichen, sondern angeblich unlösliche 
ÖOxydations-Enzyme der Birnfrucht eine Rolle. Unter ihrer Mitwirkung 
oxydieren sich die Gerbstoffe und werden in dieser Form zum Teil von 
den Eiweißstoffen des Plasmas chemisch gebunden, zum Teil auch von 
quellbaren, pektinartigen Stoffen rein physikalisch adsorbiert. In älın- 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd, V, 32 


ee} 


10 


20 


157 


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35 


40 


50 


— 418 — 


licher Weise hat den Vorgang, wie auf S. 680 des Ersten Bandes an- 
gegeben ist, früher schon BEHRENS (1) erklärt, der dabei auch auf die 
beachtenswerte Tatsache aufmerksam gemacht hat, daß sich zerkleinerte 
Aepfel, die im Dampftopf sterilisiert worden sind, an der Luft nach und 
snach gleichfalls bräunen. Ebenso entstehen in filtrierten Traubenmosten 
nach dem Sterilisieren häufig noch braune Niederschläge, wenn die Luft 
zu den Mosten Zutritt hat. In dem einen wie in dem anderen Falle ist 
die Mitwirkung von Oxydasen bei der Bildung der braunen Farbstoffe 
ausgeschlossen. Allerdings ist mit diesen Beobachtungen keineswegs 
ıbewiesen, daß beim Rahnwerden des Weines Enzyme überhaupt nicht 
beteiligt sind; verschiedene Feststellungen sprechen sogar sehr für die 
enzymatische Natur des Vorgangs, so einzelne Wahrnehmungen von 
BoUFFARD (1 u. 2), MÜLLER-THURGAU (1) und Skmicnox (1), nach denen 
man annehmen muß, dab manche Weine die Neigung zum Braunwerden 
ıs verlieren, wenn man sie pasteurisiert. Man wird sich dabei an die 
von BEHRENS (1) ausgesprochene Vermutung erinnern, daß die oxydier- 
baren Körper in den Mosten in glycosidartigen Verbindungen vorhanden 
sein könnten und daraus möglicherweise durch glycosidspaltende En- 
zyme frei gemacht werden. Es ist wichtig, dabei zu bemerken, daß der 
»» Rotweinfarbstoff, der nach den Untersuchungen von CAZENEUVE (1) und . 
den praktischen Er fahrungen beim Rahnwerden ebenfalls der Zerstörung 
anheimfällt, nach den auf 8. 682 des Ersten Bandes bereits angegebenen 
Untersuchungen von Hinise A), GLAN (1) und Stanc (1) wahrscheinlich 
zu den Glycosiden gehört. Da Botrytis cinerea glycosidspaltende Enzyme 
»erzeugt, wäre mit der Ansicht von BeHrexs (1) auch die Häufigkeit 
des Fehlers nach nassen Herbsten und starker Traubenfäulnis wohl in 
Einklang zu bringen. 
Zur Beseitigung des Fehlers hat man das Pasteurisieren und 
Einschwefeln der Weine empfohlen. Nach BourrArD (1 u. 3) genügt 
30 es zu diesem Zweck, die Weine auf 60—65° C zu erwärmen. SEMICHON (1) 
hält eine 3 Minuten dauernde Erhitzung des Weines auf 65—70 °C für 
notwendig, während LABorpE (3) angibt, daß die Botrytis-Denoxydase 
bei 60° C in ihrer Wirksamkeit zwar erheblich gehemmt wird, jedoch erst 
bei S0—85° C der Zerstörung anheimfällt. Im Kellereibetrieb wendet 
;sman das Pasteurisieren gegen das Rahnwerden verhältnismäßig selten 
und gewöhnlich nur zusammen mit schwefliger Säure an. Die letztere 
ist in Verbindung mit sorgfältigem Luftabschluß das allgemein gebrauchte, 
in Deutschland wohl zuerst von N&sster (1 u.3) empfohlene Mittel, um 
Weine gegen das Braunwerden zu schützen. Man brennt die Weine 
«entweder mit Schwefel ein, wobei man nach S£mıcHox (1) für jeden 
Hektoliter Faßraum 1—3 g, nach SEırerT (1) bis 5 g Schwefel ver- 
wenden muß, oder setzt den Weinen schweflige Säure in reinem Zustande 
oder in Form schwefligsaurer Salze zu. Von schwefliger Säure sind 
nach BourraArp (1 u.3) 10—100 mg auf einen Liter Wein erforderlich; 
» von Natriumbisulfit benötigt man nach ScHinpueEr (1), der dieses Salz 
mit gutem Erfolge gegen das Rahnwerden benutzt hat, bis 5g auf den 
Hektoliter Wein, was in Oesterreich gesetzlich noch zulässig, in Deutsch- 
land dagegen nicht gestattet ist. BOUFFARD und SEMICHON (1) empfehlen, 
den Rotweinen zur Verhinderung des Braunwerdens gleich nach dem 
so Abkeltern 2—4 g Schwefeldioxyd auf den Hektoliter zuzufügen. Durch 
die Behandlung mit schwefliger Säure verlieren die Weine bei sorg- 
fältigem Luftabschluß nach und nach die Neigung zum Braunwerden, was 
CAZENEUVE (1), BoUFFARD (3) sowie BOUFFARD und Semıcnox (1) darauf 


— 499 — 


zurückführen, daß die schweflige Säure das oxydierende Enzym allmählich 
zerstört. Coupox und PAcortEr (1), GoUIRAND (3), LABORDE (4) und 
DiExerT (1) haben dieser Auffassung allerdings widersprochen und 
betont, daß die schweflige Säure das Enzym bloß hindere auf die Farb- 
stoffe und Chromogene des Weines einzuwirken. Nach LABoRrDE (4) 5 
wird die Wein-Oxydase nur durch den zum Wein zutretenden Sauerstoff 
vernichtet, von gebundener schwefliger (aldehydschwefliger) Säure, wie 
sie im Wein bei Luftabschluß vorhanden ist, dagegen nicht zersetzt. 
Daher empfiehlt LABorpe (4), die Berührung des eingeschwefelten Weines 
mit der Luft nicht ganz zu unterdrücken, sondern in schweren Fällen ı0 
eher etwas zu begünstigen. Nach Diexerr (1) sind es die natürlichen 
Säuren des Weines, welche die Oxydase allmählich zerstören: infolge- 
dessen sei bei säurearmen Weinen der Erfolg des Einschwefelns auch 
weniger sicher als bei säurereichen. 

Weine, die bereits braun geworden sind, werden in der Praxis: 
zuerst eingeschwefelt und dann zur Entfernung der abgeschiedenen 
braunen Stoffe mit Gelatine, Milch oder Casein geschönt. Nach Nesster (1) 
sind auch gesunde Weinhefen und in schweren Fällen Kaolin oder 
spanische Erde als Klärmittel angebracht. Braungewordene Rotweine 
lassen sich nach den Erfahrungen von Kurıscz (2) und WiıxpiıscH (1) 
mit einiger Aussicht auf Erfolg wiederherstellen, wenn man sie zunächst 
stark einschwefelt und dann pasteurisiert. Erwähnt sei schließlich, daß 
das Rahnwerden besonders bei Rotweinen häufig mit der im $ 120 zu 
besprechenden Krankheit des Umschlagens verwechselt wird, was nach 
StmicHox (1) damit zusammenhängen dürfte, daß rahne Weine nichts 
selten auch umschlagen. 

Das Schwarzwerden (schwarzer Bruch, franz.: casse noire, casse 
bleue) ist eine schwärzliche Trübung des Weines, die in der Regel auf 
rein chemische Vorgänge zurückzuführen ist, hier aber erwähnt sein 
mag, weil sie zuweilen auch im Gefolge des Säureabbaues, des Kahmig- so 
werdens und des Milchsäurestiches auftritt. Der Fehler kommt bei 
Weißweinen und Rotweinen vor und beruht auf einer Ausfällung von 
Ferritannat, das sich meist erst durch Oxydation des im Wein ent- 
haltenen löslichen und farblosen Ferrotannates bildet, wenn der Wein 
mit Luft in Berührung kommt. Da die im Wein enthaltenen Säuren s 
die Entstehung von Ferritannat verhindern, werden nur solche Weine 
schwarz, die von Natur aus säurearm sind oder durch Gärungserreger 
ihre Säure zum Teil verloren haben. Ueber die Verhältnisse, die sonst 
zur Bildung von Ferritannat im Wein Anlaß geben, vergleiche man die 
Ausführungen von Ü©. von DER HEIDE (1) und S£EnmıcHon (1). Der Fehler » 
ist durch Schönen und Filtrieren leicht zu beseitigen, da sich die schwarz 
gewordenen Weine nach einer gewissen Zeit unter Bildung eines Boden- 
satzes gewöhnlich von selbst klären. Ist das Schwarzwerden durch 
die Entwicklung säureverzehrender Bakterien bedingt, dann kann es 
naturgemäß auch notwendig werden, die Weine zu pasteurisieren.ıs 
ümpfehlenswert ist ferner, den Säuregehalt der geklärten Weine durch 
Zusatz eines sauren Weines oder von reinen Säuren so weit zu erhöhen, 
daß eine Neubildung von Ferritannat ausgeschlossen ist. Die Wirksam- 
keit, die den im Wein vorkommenden Säuren in dieser Hinsicht inne- 
wohnt, haben Nessver (1) und Serrrert (2) bestimmt, worüber man beis 
Ö. von ver Heise (1) Näheres angegeben findet. Das Schwarzwerden 
durch starkes Lüften der Moste zu vermeiden, wie das Passerını (2) für 
die Herstellung der toskanischen Jungfernweine vorgeschlagen hat, wird 


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— 500 — 


in den meisten Fällen wegen der Nachteile dieser Behandlung nicht 
möglich sein. Erwähnt sei im Anschluß an die Besprechung dieses 
Fehlers, daß nach den Beobachtungen von BaraGıoLa und HUBEr (1) in 
manchen Weinen auch weiblich graue Ausscheidungen von Ferriphosphat 
s auftreten. 


$ 114. Weintrübungen. Geschmacksstörungen durch 
Schimmelpilze. Böckser. 


Fehlerhafte Weintrübungen liegen, vor, wenn der Wein sich nach 
der Gärung nicht klärt oder nach der Klärung von neuem trübt. In 
ıobeiden Fällen beruht die Trübung entweder auf einer Ausscheidung von 
unlöslichen Stoffen oder auf der Entwicklung von Gärungsorganismen 
oder auf beiden Ursachen zugleich. Soweit rein chemische oder rein 
physikalische Veränderungen, wie Abkühlung, Kohlensäure - Verlust, 
Sauerstoff-Aufnahme oder Berührung des Weines mit Metallen, Trübungen 
ıs veranlassen, handelt es sich um Vorgänge, die an dieser Stelle nicht 
zu erörtern sind. Erwähnt sei nur, dab sie gewöhnlich zur Ausfällung 
von Weinstein, weinsaurem Kalk, Eiweißstoffen, Eiweiß - Gerbstoff- 
Verbindungen oder anderen Extraktbestandteilen führen. Nähere An- 
gaben darüber findet man bei Nesster (2), Meissner (1) und WoRrT- 
20MANN (1). Die Unterscheidung der beiden weinsauren Salze, die unter 
den trübenden Stoffen des Weines fast immer vorhanden sind, gelingt 
mikrochemisch leicht nach den Anweisungen von R. Haass (1). Die 
meisten dieser Stoffe verursachen eine vorübergehende Trübung, die 
durch Schönen leicht zu beseitigen ist. Störend wirken sie nur dann, 
> wenn sie in sehr fein verteilter Form auftreten, wie das WORTMANN (2) 
bei Rheingauer Weißweinen des Jahres 1895 beobachtet hat. Nach 
der Ansicht dieses Forschers bestehen die trübenden Körper in solchen 
Fällen meist aus Eiweiß -Gerbstoff- Verbindungen; ihre Bildung ist 
besonders dann zu erwarten, wenn zur Weinbereitung sehr gesunde 
so Trauben benutzt werden, deren Beereninhalt den Oxydationswirkungen 
des Luftsauerstoffs nicht so stark ausgesetzt ist wie bei überreifen 
Trauben. Verbindungen, die bei den letzteren schon am Stock unlöslich 
werden, bleiben in gesunden Trauben gelöst, gelangen so in den Most 
und Wein und kommen in diesem erst zur Fällung, wenn der Wein 
s;beim Abstich oder im Faß durch die Poren der Holzwandungen Luft 
aufnimmt. Um Weine aus solchen Trauben luftbeständig zu machen, 
ist es nach WoRTMANnN (2) notwendig, sie zu lüften und etwas länger 
als gewöhnlich im Faß lagern zu lassen. Sehr nachteilig für den Wein 
können auch die Metalltrübungen werden, namentlich wenn sie durch 
„längere Berührung des Weines mit Zinn oder Kupfer entstanden sind. 
Man vergleiche damit die Angaben von Wimoisc# (1) und MALvEzin (1), 
sowie die bereits erwähnten Mitteilungen von BarAGıora und HuBer (1) 
über die Eisenphosphat-Trübung des Weines. 
Die Organismen-Trübungen können durch verschiedenartige Gärungs- 
5 pilze hervorgerufen werden, sind aber in der Regel auf die Anwesenheit 
von Hefen, Kahmpilzen oder Bakterien zurückzuführen. Soweit sie durch 
Vertreter der beiden letztgenannten Gruppen verursacht werden, be- 
dürfen sie keiner besonderen Besprechung, da sie in diesem Falle nur 
ein äußeres Merkmal einer Weinkrankheit bilden oder ein Zeichen von 
so Säureabbau (vergl. S. 472) sind. 


— 501 — 


Dagegen muß auf die Hefentrübungen, die von WORTMANN (3) 
und Merıssser (2) näher untersucht worden sind, kurz eingegangen 
werden. Sprossende Hefen sind in Jungweinen, seltener in älteren 
Weinen, häufig die Ursache der Trübung, was stets gleichbedeutend ist 
mit einer Nachgärung, wie sie auf S. 471 erwähnt ist. Am leichtesten 5 
ist in solchen Fällen dadurch Abhilfe zu schaften, daß man die ein- 
.getretene Nachgärung durch Lüftung oder Erwärmung des Weines 
nach Möglichkeit begünstigt. Trübungen derselben Art stellen sich 
nach WinviscH (2) und WOoRTManN (1) oft auch ein, wenn geringe, alkohol- 
arme Weine mit zuckerhaltigen, schweren Weinen in einem Verhältnis ıo 
gemischt werden, dab der Alkoholgehalt des Weines nicht hoch genug 
ausfällt, um die Neubildung von Hefen auf Kosten des noch vorhandenen 
Zuckers zu verhindern. In Weinen, die nicht rechtzeitig oder nicht 
richtig abgestochen werden (vergl. S. 483), stellen sich oft Trübungen 
durch ruhende Hefen ein, weil bei Temperaturschwankungen der ıs 
Trub durch aufsteigende Kohlensäurebläschen leicht in die Höhe ge- 
wirbelt wird. Trübungen dieser Art sind durch Schönen oder Filtrieren 
schnell zu beseitigen; gefährlich werden sie nach Wortmann (1) nur 
dann, wenn der Trub in Zersetzung übergeht, was besonders bei kleinen, 
säure- und alkoholarmen Weinen zu befürchten ist. In solchen Weinen » 
kann sich der Hefentrub nach den Angaben von WorTMmanN (3) geradezu 
in eine feinkörnige oder schleimige Masse auflösen, die sich im Weine 
verteilt und eine sehr hartnäckige, schleierartige Trübung hervorruft. 
Gewöhnlich sind an der letzteren auch Bakterien beteiligt. deren Ent- 
wicklung durch die Zerfallstoffe des abgestorbenen Hefenplasmas stark 3 
begünstigt wird. Ganz ähnliche Trübungen können nach KRrOEMER (1) 
auch durch Zersetzung alten Schönungstrubs durch Bakterien entstehen. 
Eine hinreichende Klärung des Weines ist in solchen Fällen durch 
Schönen oder Filtrieren oft nicht zu erreichen, dagegen läßt sich der 
Fehler nach den Erfahrungen von Wortmann (3) in der Regel durch so 
eine Umgärung des Weines beseitigen. 

Trübe Weißweine sehen im auffallenden Licht oft bläulich aus. 
Ob diese im Kellereibetrieb als Blauwerden (franz.: bleu, bleuisse- 
ment) bezeichnete Erscheinung nur bei bestimmten Ausscheidungen 
auftritt oder, was wahrscheinlicher ist, sich bei verschiedenartigen ss 
Trübungskörpern zeigt, ist nicht näher untersucht. Marmıevu (2) will 
in blaugewordenen Schaumweinen der Champagne Trübungsbestandteile 
sehr wechselnder Beschaffenheit, wie Gips, Weinstein, koagulierbare 
Stoffe, Eiweißbkörper, Kork-Lenticellen, Hefen und Bakterien, gefunden 
haben. Nach Maz& und Pacorrer (1) ist das Blauwerden der Schaum- » 
weine darauf zurückzuführen, daß sich in den Weinen ein von ihnen 
als Coccus anomalus bezeichnetes Bakterium entwickelt, was Manckav (1) 
allerdings bestritten hat. Der Organismus ist angeblich mit dem von 
WORrTMAnN (8) beschriebenen Mierococeus vini (s. S. 530) identisch. 

Von den Geruchs- und Geschmacksfehlern des Weines sei zunächst # 
der sogen. Schimmelgeschmack kurz besprochen. Er kann die Folge 
der Verarbeitung fauler Trauben sein, entsteht im Kellereibetrieb aber 
noch öfter dadurch, daß zur Herstellung oder Aurbewahrung des Weines 
verschimmelte Geräte benutzt werden. Der erregende Pilz ist fast 
immer das als Sammelart anzusehende Penieillium glaucum, auf dessen 
außerordentlich unangenehm riechende und schmeckende Stoflwechsel- 
erzeugnisse schon auf S. 378 des vorliegenden Bandes hingewiesen ist. 
Aehnlich können nach Worrmans(l) manche .Asperaillus-Arten, sowie 


50 


— 502 — 


der Faß- oder Kellerschimmel, Racodium cellare Pers., nach S£mıcHox (1) 
der Erreger des Mehltaus der Reben, Oidium Tuckeri BErK., und nach 
Carus(1) auch der Erreger des Black rot, Laestadia Bidwellii (VıaL. et 
Pac.), auf den Geschmack des Weines einwirken. Dagegen dürften 
5 Botrytis einerea (Pers.) und die meisten der anderen traubenbewohnenden 
Schimmelpilze, die auf S. 378 genannt sind, selbst keine sehr nach- 
teiligen Geschmacksstörungen im Weine hervorrufen, aber doch insofern 
an der Bildung des Schimmelgeschmacks beteiligt sein, als sie, wie auch 
SEMICHoN (2) für Botrytis einerea betont, den Boden für die Entwicklung 
ıo des Penicillium vorbereiten. Die Geschmacksfehler, welche die Plasmopara 
(Peronospora) viticola verursacht (s. S. 376), sind im wesentlichen auf die 
gleichen Ursachen zurückzuführen; worüber man die Zusammenstellung 
von ÜCERCELET (1) einsehen möge. 
Die übel schmeckenden Stoffe des Penicillium werden nach SENI- 
15 CHON(1) sowohl von den Sporen wie von den Hyphen des Pilzes erzeugt. 
Vom Most oder Wein werden sie gelöst, wie nach Skmıcnox (1) daraus 
zu entnehmen ist, dab Weine, die mit Schimmelgeschmack behaftet sind, 
den Fehler nicht verlieren, wenn man sie durch eine Chamberland- 
Kerze filtriert und so von den Sporen des Pilzes befreit, von denen 
20 WORTMANN (1) nachgewiesen hat, daß sie im Wein lange lebend und 
entwicklungsfähig bleiben. Wie die auf S. 378 erwähnte Beobachtung 
über den nachteiligen Einfluß der Penieillium-Fäule der Trauben auf 
den Cognac zeigt, sind die geschmacksstörenden Stoffe des Pilzes z. T. 
auch flüchtig. Trotzdem hält sich der Schimmelgeschmack in den 
» Weinen auch bei längerer Lagerung außerordentlich hartnäckig und ist 
nur in leichteren Fällen durch Schönungen, Behandlung des Weines mit 
absorbierenden Stoffen, wie Holzkohle, Oel u. dergl, oder durch Um- 
sären zu beseitigen, wie des Näheren aus den Veröffentlichungen von 
NESSLER (1), S6MICHON (1), WEIGERT (1) und SEIFERT (l) zu ersehen ist. 
30 Wie Worrtmans (1 u. 4) gezeigt hat, können Weine, die in feuchten 
Kellern lagern, auch auf der Flasche noch Schimmelgeschmack annehmen, 
weil sich in solchen Räumen die Außenseite der Flaschenkorken ge- 
wöhnlich mit einem grünlich-braunen Schimmelüberzug bedeckt, dessen 
Hyphen in die Lenticellen und Falten der Stopfen hineinwachsen und 
3 dabei leicht bis an den Wein gelangen. Erleichtert wird dieses Ein- 
dringen der Pilze in die Stopfen durch die Bohrgänge der Raupen von 
Tinea cloacella Haw. und anderer tierischer Korkparasiten, auf die 
Lüstser (1), Manox (1) und in einer zusammenfassenden Abhandlung 
Feyraup (1) aufmerksam gemacht haben. Die in den Korken einge- 
aonisteten Pilze gehören nach WOoRTMARNN (1 u. 4) fast immer zur Gattung 
Penieillium. Daneben sind häufig Dematium, Racodium cellare und Clado- 
sporium herbarum (s. Bd. IV, S. 274) vertreten, auch sollen in den Schimmel- 
decken Sproßpilze und Bakterien nicht fehlen. 
Der beschriebene Fehler der Flaschenweine wird zuweilen auch als 
s Stopfengeschmack bezeichnet; richtiger dürfte es aber sein, diese Be- 
nennung nur für den eigenartig unangenehmen Beigeschmack zu ver- 
wenden, den der Wein durch Berührung mit fehlerhaften Korken an- 
nimmt. Schimmelpilze sind an der Entstehung dieses Geschmacksfehlers 
nach den Beobachtungen von Wortmann (4) und KRroOEMER (2) nicht, oder 
50 jedenfalls nicht direkt beteiligt. Borvas (1) gibt an, daß die unangenehmen 
Geschmacksstoffe, die den eigentlichen Stopfengeschmack hervorrufen, 
durch die Mycelien von Aspergillus niger (s. Bd. IV, S. 214) oder Peni- 
eillium glaueum entstehen, die bereits am Baum, und zwar vorzugsweise 


— 50 — 


an dessen Regenseite, den Kork durchwuchern und ihn gelbfleckig machen. 
Aehnliche Wahrnehmungen hat MaArkreu (4) beschrieben. BorDas (2) 
empfiehlt deshalb, die Korken im Vakuum bei 120° zu sterilisieren und 
dann eine Viertelstunde lang mit Dampf von 3 Atmosphären Druck zu 
behandeln. Anschließend daran sei bemerkt, daß sich die meisten 
Weinkrankheiten in Geschmacksfehlern äußern. In den folgenden Para- 
graphen werden wir darauf zurückkommen und beim Milchsäurestich 
auch den auf S. 359 bereits erwähnten Mäuselgeschmack des Weines 
nochmals besprechen. Ueber den sogen. Hagelgeschmack vergleiche 
man die Ausführungen auf der eben angegebenen Seite. Wegen der 
zahlreichen Geschmacksfehler des Weines, die nicht mykologischer Natur 
sind, sei auf die einschlägigen Abschnitte in den Handbüchern von 
Bapo und Macn# (1), Meıssxer (1), S£micHox (1) und Wıxpisch (1) ver- 
wiesen. Für gewöhnlich rechnet man zu diesen Fehlern auch den 
Rauchgeschmack des Weines. Fırz(1) hat ihn allerdings auf hefen- 
ähnliche Zellen zurückgeführt, die er im Bodensatz eines 68-er Pfälzer 
Weines fand und die Rerss als Sporen von Botrytis cinerea bestimmte. 
Eine ähnlich lautende Angabe von J. BErsca (2) ist von E. Maca# (1) 
zurückgewiesen worden und steht außerdem im Widerspruch mit MÜLLER- 
Taursauv’s (2) Beobachtungen über die Edelfäule. BrHRrEns (2) hält es 
nicht für unmöglich, daß eine wilde Hefe, die den Botrytis-Sporen im 
Aussehen ähnelt, Rauchgeschmack hervorruft, während Kramer (1) ver- 
mutet hat, daß Bakterien daran beteiligt sind. 

Als Böckser bezeichnet man einen fauligen Geruch und Geschmack 
des Weines, der durch Schwefelwasserstoff hervorgerufen wird, in manchen 
Fällen aber außerdem auf der Gegenwart anderer flüchtiger Schwefel- 
verbindungen, nach MArHıev (3) vielleicht des Mercaptans, beruhen mag. 
Vielfach sieht man auch den bei der Zersetzung von Hefe entstehenden 
unangenehmen Geruch und Geschmack als Böckser an, was jedoch 
besser so lange unterbleibt, als nicht erwiesen ist, dab Schwefelwasser- 
stoff auch dabei auftritt. Der eigentliche Böckser ist in $ 100 des 
Vierten Bandes so ausführlich besprochen, daß wir uns hier auf die 
wichtigsten Angaben beschränken können. Wie zuerst von NESSLER (1) 
und später von KurıscH (1), WORTMANN (5) und SEIFERT (3) festgestellt 
worden ist, entsteht der Böckser des Weines meist dadurch, daß im 
Most enthaltener freier Schwefel während der Gärung von den Heften 
zu Schwefelwasserstoff reduziert wird. MÜLLER-THURGAU und ÖSTER- 
WALDER (1) halten es nicht für ausgeschlossen, dab auch im Wein 
wachsende Bakterien zu dieser Reduktion befähigt sind, eine Ver- 
mutung, die durch die auf S. 107 u. 214 des Dritten Bandes mit- 
geteilten Beobachtungen über die Verbreitung der Schwefelwasserstofl- 
Bildung bei den Bakterien gleichfalls nahegelegt wird. Nicht so häufig 
dürfte es vorkommen, dab der Böckser bei Abwesenheit von freiem 
Schwefel auftritt. In diesem Falle sind es nach den Beobachtungen 
von OSTERWALDER (1) und SchAanver (1) unorganische wie organische 
Schwefelverbindungen, besonders Sulfate, aus denen die Hefen Schwetel- 
wasserstoff oder andere flüchtige Schwefelverbindungen erzeugen. Das- 
selbe vermögen nach Scuanper (1) die sogen. Apiculatus-Hefen und 
einige Kahmpilze, vermutlich aber auch manche der im Wein vor- 


kommenden Bakterien. Diese Tatsachen erklären wohl die Angaben: 


von Nesster (1), wonach auf gipshaltigen Erden und auf Tonböden, die 
mit Kisenkies durchsetzt sind, ferner nach starker Düngung der Wein- 
berge mit Stallmist oder Wollabfällen fast regelmäßig böcksernde Weine 


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— 504 — 


gewonnen werden. Vermutlich fällt unter solchen Bedingungen der 
Gehalt der Moste an reduzierbaren Schwefelverbindungen besonders 
groß aus. Ueber die Einzelheiten des Reduktionsvorganges, der zur 
Bildung des Schwefelwasserstoffs führt, und über die Eigenschaften des 
sdabei mitwirkenden Enzyms (Philothion) vergleiche man die Aus- 
führungen in $ 100 des Vierten Bandes. Gewöhnlich verschwindet der 
Böckser während der Kellerbehandlung der Weine von selbst, besonders 
wenn man die Verflüchtigung des Schwefelwasserstoffs durch Lüften 
des Weines begünstigt. Starker Böckser läßt sich durch Einschwefeln 

ıder Weine entfernen, was auf die bekannte Reaktion zwischen schwef- 
liger Säure und Schwefelwasserstoff zurückzuführen ist. Das von 
GIMEL (1) empfohlene Verfahren, den Böckser durch Behandeln der 
Weine mit Kupferspänen zu beseitigen, sieht MÜLLER-THURGAU (3) an- 
scheinend für brauchbar an, während es Pozzı-Escor (1) entschieden 

ıs verwirft, weil der Wein Kupfer stark angreift. In Deutschland ist das 
Verfahren gesetzlich nicht zulässig. 


$ 115. Das Kahmigwerden. 


Das Kahmigwerden (fleur de vin) ist nächst dem Essigstich eine 
der häufigsten Infektionskrankheiten des Weines, die zufolge einer An- 
20gabe von BASSERMANN-JORDAN (1) vermutlich schon seit römischer Zeit, 
sicher aber seit dem frühen Mittelalter bekannt ist, deren Erreger jedoch 
erst von DESMAZIERES (1) und später von PAsTEur (1) unter der Bezeichnung 
Mycoderma vini beschrieben worden sind. Heute kann als festgestellt 
gelten, daß an der Kahmbildung des Weines nicht nur Vertreter der in 
»sneuerer Zeit von Wırt (1) schärfer umgrenzten Gattung Mwycoderma, 
sondern auch deckenbildende Saccharomycetaceen der Gattungen Willia 
und Pichia, sowie gewisse hautbildende T'orulaceen beteiligt sein können. 
Zu entnehmen ist diese im 14. Kapitel des Vierten Bandes bereits an- 
gedeutete Tatsache aus den Untersuchungsergebnissen von SEIFERT (4 u. 5), 
30 MEISSNER (3) und LEBERLE (1) sowie einigen von KROEMER (3) mit- 
geteilten Wahrnehmungen über die Entwicklungsmöglichkeit von Pichia- 
und Willia-Arten in alkoholhaltigen Mosten. Aus dem Inhalt des 
14. Kapitels geht hervor, daß Pilze der genannten Gruppen auf sämt- 
lichen zur Weinbereitung dienenden Früchten vorkommen. Von diesen 
5aus gelangen sie in den Most, überstehen darin, ohne abzusterben, die 
Gärung und bleiben später auch noch im Wein jahrelang entwicklungs- 
fähig, wie Worrmann (6) durch den Nachweis gezeigt hat, daß über 
25 Jahre alte Flaschenweine noch lebende Kahmpilze enthalten können. 
Seltener dürfte es nach Wortmann (1) sein, daß aus der Luft Kahm- 
spilze in den Wein übertragen werden. Auch eine ältere Beobachtung 
von Mayer (1) spricht nicht für diese Art der Infektion, dagegen wird 
die Ansteckung durch mangelhaft gereinigte Kellereigeräte sicher sehr 
häufig sein, zumal es nach den auf S. 213 des Vierten Bandes er- 
wähnten Untersuchungen von Wırz (2) Mycoderma-Arten gibt, die sich 
sin lufttrockenem Zustande bestimmt Monate hindurch vermehrungsfähig 
erhalten. 

Im Hinblick auf diese Verhältnisse ist die von WORrTMAnN (1) und 
ÄDERHOLD (1) erwiesene Tatsache nicht auffallend, daß Kahmbildner in 
keinem Most und ‚Jungweine fehlen. Während der Gärung wird der 

so von ihnen angerichtete Schaden selten groß sein, da sie sich nach den 


— 505 — 


Feststellungen von LorkiorE (1) in Mosten, die mit Kohlensäure ge- 
sättigt sind, nicht vermehren. In offen gärenden Rotwein-Maischen ist 
ihre Entwicklung zwar. möglich, unter den Verhältnissen der Praxis 
aber meist nicht von weiterem Nachteil. Stärker gefährden sie den 
Wein jedenfalls erst nach der Gärung, wenn sich die schützende Wir- 5 
kung der Kohlensäure nicht mehr geltend macht. In schwereren 
Weinen vermögen sie allerdings nicht zu wachsen, weil sie gegen höheren 
Alkoholgehalt empfindlich sind. Nach den Versuchen von A. Kock (1), 
SEIFERT (4) und KRoEMER (3) erlischt ihre Vermehrungsfähigkeit im 
Wein bei Gegenwart von 8—10 Gew.-Proz. Alkohol. Im Kellereibetrieb 1° 
wird Kahmbildung im allgemeinen nur in solchen Weinen beobachtet, die 
weniger als 9,5 Gew.-Proz. Alkohol enthalten, was vermutlich darauf 
zurückzuführen ist, daß der hemmende Einfluß des Alkohols durch die 
in den Weinen enthaltene schweflige Säure verstärkt wird. Wie die 
Beobachtungen von Mokrırz (1), NESSLER (4), SEIFERT (6) und KROEMER (4) ı5 
ergeben haben, behindert diese Säure, namentlich solange sie noch in 
freiem Zustand vorhanden ist, die meisten Kahmpilze im Wachstum, 
wenn auch zur völligen Vernichtung einzelner Formen, wie z. B. mancher 
Stämme von Willia anomala, nach den Wahrnehmungen von KROEMER (4) 
bis 300 mg Schwefeldioxyd im Liter (verdünnten Mostes) erforderlich 2 
sind. Die verschiedene Neigung der Weine zur Kahmbildung beruht 
daneben aber sicher noch auf anderen Ursachen. Nach den Ergebnissen 
der älteren Versuche von ScaHurz (1), MacH und PORTELE (1), sowie 
Morıtz (2) scheinen gerbstoffreiche Weine gegen Kahm besser geschützt 
zu sein als gerbstoffarme, wozu unter Hinweis auf S. 313 des Vierten 
Bandes allerdings bemerkt werden muß, daß nach MEıssxer (4) einzelne 
Mycoderma-Arten Tannin zu zersetzen vermögen. Inwieweit der Säure- 
gehalt der Weine die Kahmbildung hemmt oder begünstigt, ist an Rein- 
zuchten von Kahmpilzen des Weines noch nicht genau verfolgt worden, 
dagegen haben LesErLE (1) und Wıuu (1) bei einer Untersuchung von 30 
vier Mycoderma-Arten des Bieres die Säuremengen ermittelt, bei denen 
die Deckenbildung unterbleibt. Es hat sich dabei herausgestellt, dab 
hierzu erforderlich sind 1 Proz. Essigsäure, 2,5—4 Proz. Bernsteinsäure, 
Milchsäure oder Weinsäure, 7—8,5 Proz. Citronensäure und 12—18 Proz. 
Aepfelsäure. Aepfelweine und kleinere Traubenweine, deren Säure » 
größtenteils aus Aepfelsäure besteht, dürften deshalb für Kahm besonders 
empfänglich sein. 

Der Schaden, den die Kahmpilze hervorrufen, richtet sich danach, 
ob sie Gelegenheit finden, sich im Wein stärker zu entwickeln oder 
nicht. In leichteren Faßweinen (Traubenweinen und Obstweinen), die 4 
nicht spundvoll gehalten werden oder, wie die Ausschenkweine mancher 
Gegenden, längere Zeit im Anbruch liegen, vermehren sie sich leicht 
so stark, daß auf der Oberfläche des Weines mehr oder minder dicke 
Kahmhäute entstehen, deren ältere Schichten nach und nach zu Boden 
sinken und starke Trübungen verursachen. Dabei erleidet der Wein, # 
wie schon die älteren Beobachtungen von SCHAFFER (1) und Rooques (1) 
ergeben haben, tiefgreifende Umsetzungen; der Gehalt an Alkohol, 
Extraktbestandteilen und Säure geht zurück, während flüchtige Säuren, 
Ester und andere für die Güte des Weines nachteilige Erzeugnisse neu 
entstehen. Der Alkohol wird von den Vertretern der Gattung Mycoderma, 
wie Leserue (1) und Wins (1) gezeigt haben, zunächst lebhaft zu Säure 
oxydiert. Diese wird dann wie die natürlichen Säuren des Weines 
weiter zerstört. Die von Leserte (1) untersuchten Arten greifen 


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25 


50 


— 506 — 


Essigsäure, Bernsteinsäure und Aepfelsäure besonders stark an, während 
sie Citronensäure und Weinsäure kaum assimilieren. Aehnlich verhalten 
sich die von A. Koca (1) und SEIFERT (4) aus Wein gezüchteten Kahm- 
pilze, sowie einzelne der von MEIıssxeEr (3 u. 5) untersuchten Arten; 
sim übrigen bestehen bei den einzelnen Kahmpilzen im Verhalten gegen 
die Säuren des Weines beträchtliche Verschiedenheiten, auf die besonders 
MEISSNER (3) und SEIFERT (4) aufmerksam gemacht haben. Näheres ist 
darüber bereits auf S. 310 des Vierten Bandes gesagt worden, wo auch 
auf die mit älteren Beobachtungen von Rayman und Kruıs (1) sowie 
ıo Witz (3) im Einklang stehenden Angaben von MEISSNER (3) hingewiesen 
ist, nach denen die Kahmpilze des Weines unter Umständen auch alkalisch 
reagierende Substanzen (Ammonium-Verbindungen) erzeugen, die natur- 
semäß ebenfalls zur Säureverminderung beitragen. Die neben der Säure- 
zerstörung von den Kahmpilzen unterhaltene Säurebildunge führt im 
ıs Wein, wie Meissner (5) beobachtet hat, unter Umständen zu einer ge- 
ringen Erhöhung des Säuregehalts. Unter den entstehenden Säuren. be- 
findet sich nach den Angaben dieses Forschers nicht selten Buttersäure. 
Andererseits ist durch die Beobachtungen von LArAr (1) und die späteren 
Untersuchungen von MEISswER (3) und Wırz (1 u. 4) erwiesen, dab 

» manche Kahmpilze auch beträchtliche Mengen von Essigsäure erzeugen. 
MEıssnEr (3) glaubt, daß vorzugsweise der Zucker als Ausgangsstoft 
für die Abscheidung der Säure dient. Dagegen hat Wırı (1) festgestellt, 
dab die von LEBERLE untersuchten Mycoderma-Arten die Säure in erster 
Linie aus dem Alkohol bilden. Nach Passerinı (1) und Rocgues (1) ent- 

»steht durch die Tätigkeit der Kahmpilze im Wein auch Aldehyd. Ueber 
die Einwirkungen der Kahmpilze auf das Glycerin und die Gerbstoffe 
des Weines vergleiche man das auf S. 313 des Vierten Bandes Gesagte. 
Blume und Geschmack des Weines werden durch die Kahmpilze in sehr 
nachteiliger Weise verändert. Die Bouquets werden durch unangenehm 

30 wirkende Riechstoffe ersetzt, die möglicherweise aus esterartigen Ver- 
bindungen bestehen und nach Merıssxer (3) in manchen Fällen auch 
Buttersäure enthalten sollen. Willia anomala, die sich im Wein häufig 
als Kahmbildner bemerkbar macht, erzeugt nach den Angaben auf 
S. 186 des Vierten Bandes Essigsäure-Aethylester und beeinträchtigt 

s durch diesen geruchlich stark hervortretenden Stoff die Blume feinerer 
Weine ebenfalls in hohem Maße. Man vergleiche damit die auf S. 466 
besprochenen Angaben von EHruicH und PistscHimukA (1), wonach den 
Pilzen dieser Gattung auch die Fähigkeit zukommt, primäre Amine in 
höhere Alkohole überzuführen. Erwähnt sei schließlich noch die ent- 

sfärbende Wirkung der Kahmpilze, die sich nicht nur im Bier, wo sie 
Wir (4) festgestellt hat, sondern nach Meısswer (3) auch im Wein 
bemerkbar macht. 

Eine braune Verfärbung, wie sie Meissner (3) nach den Angaben 

auf S. 310 des Vierten Bandes in kahmigen Traubensäften beobachtet 

shat, ist im Wein ebenfalls möglich, wäre aber als Zeichen einer völligen 

Zersetzung des Weines anzusehen. Die mit der Kahmbildung ver- 

bundene Säureverminderung hat übrigens nicht selten zur Folge, dab 

sich in den Weinen der auf S. 499 beschriebene Fehler des Schwarz- 
werdens einstellt. 

50 Im allgemeinen sind ernstere Schädigungen des Weines durch 
Kahmbildung in den Weinkellereien heute eine Seltenheit. Dagegen 
dürften sich Nachteile, die durch schwächeres Wachstum von Kahm- 
pilzen hervorgerufen werden, noch sehr häufig bemerkbar machen. Wie 


WORTMANN (7) in Uebereinstimmung mit den Beobachtungen von Wiıxo- 
GRADSKY (1) nachgewiesen hat, vermögen die Mwycoderma-Arten auch 
untergetaucht und bei sehr geringem Luftzutritt im Wein zu leben. In 
Faßweinen, die in trockenen Kellern lagern, wie in Flaschenweinen, 
deren Kork nicht luftdicht schließt, können sie sich nach Worrmanx (1u. 7) 
sogar ziemlich lebhaft vermehren und sich, ohne daß es zu einer Decken- 
bildung kommt, jahrelang am Leben erhalten. Die Folge solcher Kahm- 
entwicklungen ist nach WOoRTMAnN (7) stets ein vorzeitiger Rückgang 
in der Güte der Weine, der sich meist durch einen stumpfen und leeren 
Geschmack des Weines kenntlich macht und auf dem Verbrauch des 
sogen. Weinkörpers für den Stoffwechsel und den Aufbau der Kahm- 
zellen beruht. Die Mittel gegen die Entwicklung von Kahmpilzen be- 
stehen in der Abhaltung der Luft vom Wein, Vollhalten der Fässer, 
Verhinderung von Temperaturschwankungen im Weinkeller, die stets 
eine Lufterneuerung im Faß-Innern zur Folge haben, Einschwefeln und 
Anschluß der im Anbruch liegenden Fässer an Kohlensäure-Apparate. 
Nähere Angaben darüber enthalten die Handbücher von Bao und 
MaAca (1), Wınpisch (1) und WORTMAnNN (1). 


$ 116. Der Essigstich. 


Unter ganz ähnlichen Bedingungen und ebenso häufig wie das: 


Kahmigwerden tritt der Essigstich des Weines auf, hervorgebracht 
durch Essigsäure-Bakterien, die den Alkohol des Weines zu Essigsäure 
oxydieren. Die Erreger dieser gefährlichen Weinkrankheit finden sich 
auf allen Rohstoffen der Weinbereitung, besonders reichlich auf ver- 


letzten Früchten, wie auf S. 346 u. 376 bereits des Näheren auseinander-: 


gesetzt ist. FuHrmans (1) hat zwar auf Weintrauben am Stock Essig- 
säure-Bakterien nicht feststellen können, was aber wohl darauf zurück- 
zuführen ist, dab er grüne, nicht ganz reife Beeren untersucht hat. An 
solchen Früchten werden sich die Essiesäure-Bakterien wie die Hefen 


allerdings nur kurze Zeit am Leben erhalten, dagegen vermögen sie3 


sich auf reifen Keltertrauben und auf anderem Mostobst, wie auch 
WorTMmAnn (1) angedeutet hat, unter Umständen sogar sehr lebhaft zu 
entwickeln. 

Die Lebensbedingungen der Essigsäure-Bakterien verschlechtern 


sich nicht mit dem Einmaischen und Keltern der Früchte, da die Trauben- x 


masse beim Mahlen und Entrappen stark gelüftet wird und der fertige Gär- 
stoff zunächst mit der Luft in Berührung bleibt. Im Laufe der Herbst- 
arbeiten mögen sich Essigsäure-Bakterien auch in den Keltergeräten 
einnisten und von da wieder auf neu eingebrachte Trauben übergehen, 
woraus aber nicht zu entnehmen ist, daß die Ansteckung der Maischen 


mit Kssigsäure-Bakterien, wie Funrmann (1) glaubt, ausschließlich auf 


diesem Wege erfolgt. Höhere Temperatur der Trauben und der Kelter- 
räume und Verzögerungen bei der Zubereitung des Gärstofls fördern die 
Entwicklung der Kssigsäure-Bakterien in hohem Grade. Deshalb stellt 
sich nach dem Aufnehmen der Weißwein-Maischen (s. S. 386) leicht 
Essigstich ein, und dasselbe ist nach Winvison (1) der Fall, wenn die 
Trester zu lange in der Presse bleiben, wo sie sich durch Selbsterwärmung 
meist stark erhitzen. Während der Gärung ist dagegen weiteres Wachs- 
tum der Kssigsäure-Bakterien ausgeschlossen, sobald die Luft von dem 
Gärstoff ferngehalten wird. In offen gürenden Rotwein-Maischen finden 


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— 508 — 


die Schädlinge allerdings sehr vorteilhafte Lebensbedingungen, vor allem 
in dem sogen. Hut (s. S. 387). Fertige Weine erliegen der Krankheit 
stets, wenn sie längere Zeit mit der Luft in Berührung bleiben, was 
z. B. eintritt, wenn die Fässer nicht vollgehalten werden oder der Wein 
;seleich aus dem Faß zum Ausschank kommt. Gewöhnlich entwickeln 
sich auf der Oberfläche solcher Weine, wie schon PastEur (2) beobachtet 
hat, gleichzeitig Essigsäure-Bakterien und Kahmpilze. Ob auf einem 
Wein mehr die einen oder die anderen dieser Schädlinge zur Aus- 
breitung gelangen, hängt sicher von sehr verschiedenen Umständen ab, 
ıovon denen genauer aber nur der Einfluß des Alkohols bekannt ist. 
Gegen den letzteren sind die Essigsäure-Bakterien widerstandsfähiger 
als die Kahmpilze, und infolgedessen neigen schwere Weine bei Luft- 
zutritt leichter zum Stich als zum Kahm. Nicht durch den Essigstich 
gefährdet sind nur ganz schwere Weine, die nach WOoRrTMmanN (1) 
ıs mindestens 11 g Alkohol in 100 ccm enthalten müssen, wozu PEROLD (1) 
bemerkt hat, daß selbst Weine von 15—16 Maß-Proz. (=12,0—12,7 Gew.- 
Proz.) Alkohol zuweilen noch stichig werden. Nach CARLES (1) und 
Winvisch (1) wird die vorbeugende Wirkung des Alkohols gegen den 
Essigstich durch die Gegenwart größerer Säuremengen verstärkt, was 
2omit der praktischen Erfahrung übereinstimmt, daß leichte Weißweine 
und Obstweine für die Krankheit besonders empfänglich sind. Ebenso sind 
nach Wıspiısch (1) unvollkommen durchgegorene Weine dem Stichig- 
werden sehr ausgesetzt. Gefördert wird die Krankheit außerdem durch 
höhere Gär- und Lager-Temperaturen, und deshalb sind auch vorzugs- 
> weise in südlichen Gebieten mit Rotweinbau die Bedingungen für ihre 
Entstehung gegeben. 

Die verschiedenen Erreger des Essigstichs des Weines sind noch 
nicht genauer umgrenzt. Nachdem sie zuerst Kürzıns (1) beobachtet 
hatte, wurden sie später unter dem Namen Mycoderma aceti von PASTEUR (2) 

so beschrieben, der aber noch nicht mit dem Bestehen mehrerer Arten 
rechnete. Erst als die im nächsten Kapitel zu besprechenden Unter- 
suchungen von W. von KnIErıem und A». Mayer (1), Wurm (1), E. Cr. 
Hansen (1) und Brown (1) vorlagen, machte WERMISCHEFF (1) den 
Versuch, die im Rotwein auftretenden Essigsäure-Bakterien genauer zu 
3charakterisieren, wobei er zwei verschiedene Arten auffand, darunter 
eine, die in ihrem Verhalten dem von Brown (1) entdeckten Bacterium 
zylinum ähnelte. Kramer (1) war der Meinung, daß in stichigen Weinen 
vorzugsweise Bacterium aceti auftrete, während SEIFERT (7) aus einem 
solchen Wein drei verschiedene Arten von Essigsäure-Bakterien züchtete, 
sodarunter neben D. Pasteurianum und B. zylinum eine unbewegliche, sich 
mit Jod nicht bläuende Art, deren zarte Häute, wie die des D. Kützin- 
gianum, an den Gefäßwänden in die Höhe klettern. HENNEBERG (1) 
beobachtete in Wein wiederholt die von ihm aufgestellte Art D. ascendens, 
und Funrmann (1) trennte aus einem gesunden steierischen Weißwein 
seine neue (Acetobacter plicatum benannte) Art ab, die in Wein noch bei 
einem Alkohol-Gehalt von 11 Gew.-Proz. gedeiht und zum Wachstum in 
dieser Flüssigkeit im allgemeinen eine niedrige Temperatur (um 25° C) 
verlangt. Einen Versuch, die im Wein vorkommenden Essigsäure- 
Bakterien systematisch zu bearbeiten, machte Perou» (1), dem es dabei 
so gelang, elf verschiedene Arten zu ermitteln, darunter schwach säuernde, 
6—6,5 Proz. Essigsäure bildende Arten und mehrere stark säuernde 
Arten, die in seinen Versuchsflüssigkeiten 8,3—9,6 Proz. Essigsäure 
erzeugten. Vermutlich sind auch die von HrxnEgerg (2) als B. zylinoides 


und B.orleanense bezeichneten Bakterien und mehrere von ROTHENBACH (1) 
aus Weinessig gezüchtete, nicht näher benannte Arten am Stichig- 
werden des Weines beteiligt. Zwei aus milchsäurestichigen Obstweinen 
gezüchtete Essigsäure-Bakterien hat neuerdings ÖSTERWALDER (2) be- 
schrieben und auf ihre Säurebildung untersucht. Eine genauere Kenn- 5 
zeichnung der aufgezählten Arten wird das nächste Kapitel bringen. 

Die Nachteile des Essigstichs für die Weingärung zeigen die auf 
S. 425 besprochenen Untersuchungen über den Einfluß der Essigsäure 
auf die Tätigkeit der Hefen. Für den fertigen Wein ist der Essigstich 
besonders deswegen gefährlich, weil schon außerordentlich kleine Mengen ı0 
von Essigsäure genügen, um den Geschmack des Weines erheblich zu 
verschlechtern. Bei alkohol-, extrakt- und säurearmen Weinen macht 
sich diese Wirkung nach WmpıscH (1) schon bei Gegenwart von 
0,1 Proz. Essigsäure so stark bemerkbar, dab der Wein fehlerhaft 
erscheint; dagegen treten in Weinen von höherem Zucker-, Alkohol- ı 
und Gerbstoff-Gehalt unter Umständen selbst 0,2—0,25 Proz. flüchtige 
Säure nicht störend hervor, wenn sie auch einer feinen Zunge in dieser 
Menge nie verborgen bleiben. Mach und PoRrTELE (2) glauben, daß sich 
höchstens 0,13—0,15 Proz. Essigsäure durch Süße und höheren Alkohol- 
gehalt des Weines einigermaßen verdecken lassen, wozu bemerkt sei, z0 
daß die deutschen Nahrungsmittel-Chemiker im allgemeinen ausge- 
sprochenen Essigstich als vorliegend ansehen, wenn der Gehalt an 
flüchtiger Säure in Weißweinen mehr als 0,12 g, in Rotweinen mehr 
als 0,16 & in 100 ccm beträgt. Freilich genügt die übliche chemische 
Bestimmung der flüchtigen Säuren, wie hier vorgreifend erwähnt sei,» 
zum sicheren Nachweis des Essigstichs nicht, da verschiedene Gärungs- 
erreger des Weines flüchtige Säure in beträchtlichen Mengen erzeugen 
können. Neben dem Geschmack werden auch andere Eigenschaften des 
Weines durch den Essigstich verändert. So stellt sich mit beginnendem 
Stich zuweilen eine Trübung des Weines ein, die vielleicht auf die so 
Anwesenheit solcher Bakterien schließen läßt, wie sie Lispxer (1) be- 
schrieben hat. In australischem Wein sind nach einer Mitteilung von 
SıuıtH (1) derartige Trübungen gleichfalls zu beobachten. Bis zur Bildung 
stärkerer Decken schreitet die Entwicklung der Essigbakterien in den 
Weinkellereien heute wohl selten vor, dagegen ist es nach Winvisch (1): 
möglich, daß sich auf der Oberfläche der Weine dünne Bakterienhäute 
bilden. Zuweilen werden stichige Weine auch zähe, was man wie 
BEiserIncK (1) vielleicht mit dem Auftreten von schleimbildenden 
Varietäten von DB. rancens und B. Pasteurianum in Zusammenhang 
bringen könnte. Nach Serrrerr (2) sollen stark stichige Weine bei 
geringem Gehalt an nicht-flüchtigen Säuren auch leicht zum Schwarz- 
werden neigen, weil die Essigsäure der Entstehung von Ferritannat wenig 
hinderlich ist. Ueber die Einwirkung der Kssigsäure-Bakterien auf die 
chemische Zusammensetzung des Weines enthält das folgende Kapitel 
nähere Angaben, wobei vorausgeschickt sei, daß nach den Versuchen # 
von ÖSTERWALDER (2) verschiedene Essigsäure-Bakterien im Wein neben 
Essigsäure in geringen Mengen auch Milchsäure erzeugen. 

Zur Bekämpfung der Essigsäure-Bakterien während der Gärung 
ist außer den im 16. Kapitel angegebenen Maßregeln zur Unterdrückung 
der Gärungsschädlinge von Serrert (1) und Skmıcnox (1) noch besonders: 
das auf S. 406 beschriebene Sulfit-Verfahren empfohlen worden, dessen 
Nutzen sich aus der von Srırert (6) und Haıver (1) ermittelten Empfind- 
lichkeit der Essigsäure-Bakterien gegen schweflige Säure ergibt. Man 


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— 510 — 


vergleiche damit die einschlägigen Paragraphen des nächsten Kapitels. 
Weine, die nach ihrem Gehalt an flüchtiger Säure zum Stich neigen, 
werden am besten pasteurisiert. Nach KEHLHOFER (2) ist diese Behand- 
lung schon angebracht, wenn die Menge der flüchtigen Säuren im Jung- 
swein auf 0,07—0,08 g in 100 ccm gestiegen ist. Nicht sehr erfolg- 
versprechend ist nach den Beobachtungen von ReıscH (1) das von 
Wixpssch (2) in einigen Fällen als brauchbar befundene Verfahren, 
stichige Weine durch eine Umgärung wieder herzustellen. Ganz unzweck- 
mäßig” ist die Entsäuerung 'stichiger Weine. Man vermindert damit 
10 zwar die Gesamtsäure, verbessert aber gleichzeitig die Lebensbedingungen 
für die Essigsäure-Bakterien, weil nur die nicht-flüchtigen Säuren, in 
erster Linie die Weinsäure, durch kohlensauren Kalk ausgefällt werden, 
wie die Versuche von Reıs (1) ergeben haben. Man vergleiche damit 
die Angabe von Sauz£ar (1). Das von Durour und Danzer (1) vor- 
15 geschlagene Mittel, den Essigstich des Weines durch Zusatz von basischem 
Wismutnitrat ( Bismuthum subnitrieum) zu unterdrücken, ist gesetzlich 
nicht zulässig. Ueber den Versuch von SCHNITZLER und Hexkı (1), die 
Erreger des Essigstichs durch Einwirkung ultravioletter Strahlen zu 
vernichten, und den Vorschlag von Toromeı (2), stichige Weine durch 
»ostarke Entladungen von Elektrizität zu heilen, vergleiche man S. 593. 
Wie in ähnlichem Sinne bereits Preyss (1) und BEHRENS (2) aus- 
geführt haben, dürfte der Essigstich in der Praxis und wohl auch von 
einzelnen Chemikern vielfach mit anderen Krankheitserscheinungen ver- 
wechselt werden. Deshalb sei daran erinnert, daß nicht nur die Essig- 
>5säure-Bakterien, sondern auch andere Gärungserreger des Weines ver- 
hältnismäßig große Mengen von flüchtiger Säure erzeugen können. So 
besitzen diese Fähigkeit, wie an verschiedenen Stellen dieses Werkes 
angegeben ist, 7. B. einzelne von Larar (1), Wıuu (4) und SEIFERT (4) 
untersuchte Vertreter der Gattung Mycoderma, ferner manche der sogen. 
so Apiculatus-Hefen, von denen eine durch MÜLLER-THURGAU (3) unter- 
suchte Rasse in Traubenwein 0,09 Proz., in Birnwein 0,12 Proz. flüchtige 
Säure bildete. Aehnliche Beobachtungen über diese Hefen haben 
SEIFERT (7 u.8) und AmrHor (1) gemacht. Daß auch die gewöhnlichen 
Weinhefen unter gewissen Verhältnissen sehr viel flüchtige Säure ab- 
3 scheiden, ist auf S. 460 eingehend erörtert worden. Endlich verdient 
noch besondere Aufmerksamkeit die Tatsache, daß die Erreger des 
Milchsäurestichs und der Mannitgärung, auf die in den folgenden zwei 
Paragraphen eingegangen werden soll, stets flüchtige Säure in beträcht- 
licher Menge erzeugen. Manche Angaben über essigstichige Weine, die 
s von Chemikern gemacht worden sind, so z. B. die von J. A. MÜLDER (1) 
und ERCKMANN ( 1), legen den Gedanken nahe, daß den Analytikern in 
diesem Falle milchsäur vestichige Weine vorgeleren haben. Man "vergleiche 
damit auch die zusammenfassende Besprechung von KROEMER (D). 


$ 117. Der Milchsäurestich. 


45 Als Milchsäurestich pflegt man eine Weinkrankheit zu  be- 
zeichnen, die vorzugsweise in säurearmen Weinen auftritt und daher 
in den milden Traubenweinen südlicher Herkunft häufiger zu beobachten 
ist als in den säurereichen Gewächsen nördlicher Weinbaugebiete. Wie 
MÜLLER-TuurGAU (5 u. 6) und MÜLLER-TnuurGAU und OSTERWALDER (1) 

sonachgewiesen haben, werden auch manche Obst- und Beerenweine, be- 


— 5ll — 


sonders weiche Birnweine, leicht von der Krankheit befallen, und ebenso 
erliegen ihr nicht selten die stark überstreckten, gallisierten Weine. 
Die Krankheit gibt sich durch einen süßlich-säuerlichen, etwas kratzen- 
den Geschmack und einen eigenartigen Geruch zu erkennen, der an 
unverdorbenes Sauerkraut erinnert. MÜLLER-THuuRrGAU(6) hat es wahr- 5 
scheinlich gemacht, daß letzterer von Estern der Milchsäure herrührt, 
während Kramer(1l), MEıssner(l1 u. 6), SEIFERT(l) und Wiınpısc# (1) 
annehmen, daß er auf die Gegenwart von Buttersäure zurückzuführen 
ist. Anlaß dazu hat vielleicht die Tatsache geboten, daß sich in stark 
milchsäurestichigen Weinen manchmal auch Buttersäure-Gärungen ein- ı0 
stellen, wie das offenbar bei gewissen von Mach und POoRTELE(3) 
näher untersuchten Tiroler-Weinen der Fall gewesen ist, die aus stark 
mit kalkhaltiger Erde verunreinigten Trauben hergestellt worden waren. 
Weine, die in dieser Weise erkranken, bezeichnet man wegen ihres 
eigenartigen, ranzigen Geruches als zickend (von Zicklein, Ziege ab- ı5 
geleitet). Es hat das dazu geführt, daß man in der wissenschaftlichen 
Literatur den Ausdruck Zickendwerden auch zur Bezeichnung des 
Milchsäurestichs verwendet, was aber nicht mehr ganz zweckmäßig ist, 
seitdem MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER(1) nachgewiesen haben, 
daß Buttersäure beim eigentlichen Milchsäurestich nicht entsteht. Wesent- 20 
lich für die Krankheit ist die Tatsache, dab dabei neben Milchsäure 
stets beträchtliche Mengen von flüchtiger Säure gebildet werden; auch 
läßt sich die Krankheit in vielen Fällen an dem Auftreten von Mannit 
im Wein erkennen. 

Die Erreger des Milchsäurestichs hat zuerst J. BerscH (1) be-» 
schrieben, nachdem vorher schon PAstEur (2) die Entstehung der Milch- 
säure im Wein auf die Tätigkeit eines Spaltpilzes zurückgeführt hatte. 
Genauer sind die in Frage kommenden Milchsäurebildner aber erst von 
MÜLLER-TuurGAu(5, 7, 8) und von MÜLLER-THURGAU und OÖSTERWALDER (1) 
untersucht worden. Nach ihren Beobachtungen handelt es sich ums 
Milchsäure-Bakterien, die ausschließlich im Wein und in Flüssigkeiten 
ähnlicher Zusammensetzung vorkommen und mit keiner der bekannten 
Arten von Milchsäure-Bakterien aus anderen Gärstoffen identisch 
sind. Die am häufigsten auftretende Art scheint das von MÜLLER- 
Taurcau(8) beschriebene Bacterium mannitopoeum M.-Tu. zu sein. Ess 
bildet kürzere oder längere, septierte und nicht septierte Fäden, sowie 
unbewegliche Kurzstäbchen, die 1,5 « lang sind und in der Breite meist 
zwischen 0,7 und 1,3. schwanken. In Obst-Säften und in Weinen er- 
scheint es oft in größeren Flocken, die aus langen, vielfach ineinander 
geschlungenen Fäden bestehen, oder auch in Form von kugeligen # 
Zooglöen, in denen die meist nicht mehr unterscheidbaren Einzel-Bak- 
terien durch eine Zwischensubstanz verklebt sind. Aus derartigen 
Zooglöen gehen zuweilen runde bis eiförmige, manchmal mit nabelartigen 
oder schlauchförmigen Ausstülpungen versehene Bakterienblasen 
(Bakteriocysten) hervor, Gebilde, die sich unter ähnlichen Verhältnissen 
auch bei Micrococcus acidovorax M.-Vn. et OÖ. (vergl. S. 474), Bacterium 
gracile M.-Tu. (vergl. S. 475) und bei einem Weinbakterium zeigen, das 
MÜrLver-Tnuraav (8) ursprünglich unter dem Namen Micrococeus eysti- 
opoeus beschrieben hat, neuerdings als besondere Art aber nicht mehr 
aufrecht erhält. Der Durchmesser der Bakterien-Blasen schwankt bei » 
BD. mannitopoeum im allgemeinen zwischen 10 und 1000 «, doch hat 
Mürver-Tuuraau (8) in einem jahrelang auf der Hefe gebliebenen Rein- 
holz-Birnwein auch eiförmige Blasen von 12—20 mm Längendurchmesser 


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5 


22 Bi 


beobachtet. Die allseitig geschlossene Haut der Bakterien-Blasen ist 
glatt, vollkommen durchsichtig und in der Regel 05—2u dick. Wie 
sie zustande kommt, ist noch nicht vollkommen aufgeklärt. Nach 
MÜLLER-THURGAU (8) ist es nicht unmöglich, daß sie eine Niederschlags- 

;smembran ist, die durch die Einwirkung des im Wein enthaltenen Gerb- 
stoffs auf eiweibartige Ausscheidungen der Bakterien entsteht. Richtiger 
dürfte es nach dem genannten Forscher aber sein, sie als eine von der 
Grenzschicht des Zooglöen-Schleimes gebildete Kolloid-Membran anzu- 
sehen, die durch den Gerbstoft des Weines unlöslich wird. Kleine, eben 

ı entstandene Blasen enthalten nur Bakterien, die durch Schleim verklebt 
sind. In älteren und größeren Blasen fehlt der Schleim; die Bakterien 
liegen hier am Grunde der Blasen, während der übrige Raum von einer 
wasserhellen, sauer reagierenden Flüssigkeit erfüllt ist. 

Bacterium mannitopoeum ist fakultativ anaerob und vermag bei Luft- 

ısabschluß fast ebensogut zu wachsen und Säure zu bilden wie bei Luft- 
zutritt. Es vergärt d-Fructose, d-Glucose und Galactose, wobei neben 
Milchsäure, Essigsäure und Kohlensäure aus d-Fructose Mannit, aus 
den beiden anderen Hexosen Aethylalkohol erzeugt wird. Saccharose 
wird, vermutlich nach Inversion durch ein Endoenzym, in Milchsäure, 

»oflüchtige Säure, Alkohol und Mannit umgesetzt. Unter Auftreten von 
Milchsäure werden ferner zerlegt: Maltose, Raffinose, l-Arabinose, Xylose, 
Aepfelsäure, saurer äpfelsaurer Kalk und in geringem Grade auch 
Citronensäure. Dagegen werden von dem Bakterium nicht angegriffen: 
neutrales äpfelsaures Kali, äpfelsaures Ammoniak, Weinsäure, weinsaure 

25Salze, Bernsteinsäure und Milchsäure. Das Temperatur-Optimum der 
Säuerungs-Geschwindigkeit liegt zwischen 26 und 34°C. 

BD. mannitopoeum bildet Rassen, die sich im Durchmesser der 
Stäbchen und in der Energie der Milchsäure- und Mannit-Gärung unter- 
scheiden. MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1) haben fünf von diesen 

30 Formen reingezüchtet; doch ist deren Zahl damit sicher noch nicht er- 
schöpft. So gehören zum B. mannitopoeum jedenfalls die Bakterien, die 
MÜLLER-THuuURGAU (5 u. 7) bei seinen ersten Arbeiten über den Milch- 
säurestich beobachtet hat. Vielleicht ist auch das zooglöenbildende 
Bakterium dazuzurechnen, das MÜLLER-THURGAU (9) in einem Ingelheimer 

3 Rotwein aufgefunden und als Baeillus piluliformans bezeichnet hat. 
Ebenso ist es nach dem auf S. 476 Gesagten leicht möglich, daß die 
von SEIFERT (9) und BEHRENS (3) in Johannisbeer-Weinen aufgefundenen, 
säurezehrenden Stäbchenbakterien Vertreter aus der Gruppe des B. 
mannitopoeum sind. Nahe verwandt mit dieser Art, wenn auch in den 

physiologischen Eigenschaften etwas von ihr verschieden, ist das von 
Gayon und Durours(l u. 2) beschriebene „Mannitferment“, dessen 
Merkmale auf S. 517 zu besprechen sein werden. Zum Verwandtenkreise 
des 5. mannitopoeum dürften ferner zu zählen sein zwei von LABORDE(D) 
aus umgeschlagenen Weinen reingezüchtete Arten von Stäbchenbakterien, 
sowie die von Maz# und PAcoTTET (2) aus umgeschlagenen, bitteren und 
schleimigen Weinen abgeschiedenen Bakterien, von denen die Verfasser 
selbst annehmen, daß sie dem Mannitferment von GAYon und DUBOURG 
sehr nahe stehen. Milchsäure-Bakterien ähnlicher Art liegen möglicher- 
weise auch in den von PAstrur (2) entdeckten und von WORTMANN (8) 
soals Bacillus vini bezeichneten Bakterien vor, die man regelmäßig im Trub 
von bitteren Rotweinen vorfindet. In Ausnahmefällen kommen als Erreger 
des Milchsäurestichs nach MÜLLER-TnurGau und ÖSTERWALDER (1) auch 
Bakterien aus der Gruppe des auf S.475 beschriebenen Bact. gracile in 


— 53 — 


Betracht. Sie sind gegen Säure etwas weniger empfindlich als die Rassen 
des B. mannitopoeum und unterscheiden sich von diesen in der Dicke 
der Stäbchen und der Einwirkung auf Aepfelsäure, stimmen mit ihnen 
aber im Verhalten gegen d-Fructose nahezu überein, die sie gleichfalls 
in Milchsäure, flüchtige Säure und Mannit zerlegen. 5 

Unter den aus Bier und aus Brennerei-Maischen gezüchteten Milch- 
säure-Bakterien scheinen sich keine Arten zu finden, die im Wein 
Milchsäurestich hervorzurufen vermögen. Wie MÜLLER-THURGAU und 
ÖSTERWALDER(1) nachgewiesen haben, wächst der auf S. 296 des vor- 
liegenden und auf S. 85 u. 93 des Zweiten Bandes besprochene Baeillus ı0 
acidificans longissimus Larar (Bacillus Delbrück: LEICHMANN), der äußer- 
lich mit dem B. mannitopoeum eine gewisse Aehnlichkeit besitzt, in 
Weinen überhaupt nicht. Der von HENxnEBERG (3) aus Berliner Weißbier 
(s. S. 214) gezüchtete Saccharobacillus pastorianus var. berolinensis läbt 
sich nach den Wahrnehmungen derselben Forscher in sehr säurearmen ı5 
Obstsäften zwar zur Entwicklung und Säurebildung bringen, dürfte in 
Wein oder Obstwein aber kaum eine Rolle spielen. Wegen der stören- 
den Einwirkung des Alkohols und der Säure des Weines ist das auch 
ausgeschlossen bei den zur Milchflora gehörigen, auf S. 83 des Zweiten 
Bandes erwähnten Arten Bacillus aerogenes ( Bact. lactis aerogenes ESCHE-: 
Rich), Dacillus acidi lactiei HuzrrE und Bacterium Güntheri L. et N. 
(Bact. lactis acidi LEICHMANN), die nach MÜLLER-THURGAU und ÖSTER- 
WALDER(1) in Wasserbirnsäften mit 1,25 und 2,41 Promille Säure gleich- 
falls gedeihen und Milchsäure erzeugen. KRAMER (1) soll es zwar ge- 
lungen sein, mit Bacillus acidi lactici HvErrE und einem aeroben: 
Buttersäurebildner, dem Urheber der Kartoftelfäule, einen Wein in Milch- 
säure- und Buttersäure-Gärung zu versetzen, aber dieser Befund besagt 
nichts gegen die hier vertretene Auffassung, weil der von KrAMmER(1l) 
benutzte Versuchswein nur 5 Proz. Alkohol enthielt und die Bakterien 
erst nach Zugabe von 0,8 Proz. Traubenzucker und etwa (0,1 Proz. 
Pepton zur Entwicklung kommen ließ. Mithin lagen Verhältnisse vor, 
die im Wein selten gegeben sind. Auch die Versuche von SEIFERT 
und Haıp (1 u. 2) sprechen nicht dafür, daß Milchbakterien im Wein 
Milchsäurestich hervorzurufen vermögen; die beiden Forscher haben 
allerdings beobachtet, daß nach Milch-Schönungen der Milchsäure-Ge- ss 
halt des Weines eine geringe Zunahme erfahren kann, wobei aber zu 
berücksichtigen ist, daß sich diese Feststellung auf Versuchsbedingungen 
bezieht, unter denen die Bildung von Milchsäure durch eigene Bakterien 
des Weines nicht ausgeschlossen war. Es geht das schon daraus her- 
vor, dab die von Seırert und Haıp(1) gewählten, mit ein Proz. Glucose 
versetzten Versuchsweine vor der Schönung zwar filtriert, aber nicht 
sterilisiert wurden. Da sie bei der Lagerung zum Teil in Gärung 
kamen, zum Teil zähe wurden, bleibt immerhin fraglich, ob die mit der 
Milch in die Weine gelangten Bakterien sich an der Milchsäure-Bildung 
beteiligten. Nachdem Srırert und Haıv (2) festgestellt haben, daß Milch- 
bakterien in Nährlösungen nicht mehr wachsen, wenn 4 Promille Aepfel- 
säure zugegen sind, der Säure-Gehalt sich also in Grenzen bewegt, die 
im Wein meistens überschritten werden, ist es noch unwahrscheinlicher 
geworden, dab Milchbakterien imstande sein sollten, den Milchsäure- 
Gehalt von Weinen in nennenswertem Grade zu erhöhen. Nur in sehr: 
weichen und alkoholarmen, schlecht vergorenen Weinen könnten sie 
eine geringe Vermehrung der Milchsäure herbeiführen, wie die beiden 
Forscher übrigens selbst annehmen. 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie, Bd. V 33 


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— 5lli — 


Ueber die Bildung von Milchsäure durch Essigsäure-Bakterien ver- 
gleiche man die Bemerkung auf S. 509. Daß die Weinhefen größere 
Mengen von Milchsäure abscheiden können, wie MEISsSxer (8) angenommen 
hat, ist nach den Angaben auf S. 459 und einer neueren Mitteilung von 

5ÖSTERWALDER (3) nicht wahrscheinlich. 

Ueber den Verlaufdes Milchsäurestichs und die Umsetzungen, 
die er im Wein hervorruft, haben MÜLLER-THURGAU (5, 7, 8) und MÜLLER- 
THURGAU und ÖSTERWALDER (1) folgende Beobachtungen gemacht. Die 
Krankheit stellt sich im Wein in der Regel schon vor Abschluß der 

ı Hauptgärung ein, kann aber auch später auftreten, da B. mannitopoeum 
bei Abwesenheit von Zucker auch auf Kosten von Extrakt-Bestandteilen 
zu wachsen vermag. In Obstweinen zeigt sich bei beginnendem Milch- 
säurestich leicht eine milchige Trübung, die als Begleiterscheinung der 
starken Bakterien-Entwicklung nach einiger Zeit wieder verschwindet. 

ısNur wenn an ihrer Entstehung, wie das zuweilen vorkommt, auch Aus- 
scheidungen des Weines beteiligt sind, hält sie nach Beendigung der 
Milchsäuregärung noch an. Wird die Vermehrung der Milchsäure- 
Bakterien durch die Zusammensetzung der Moste begünstigt, dann wirkt 
der Milchsäurestich hemmend auf die Alkoholgärung ein, was sich mit 

»oder Benachteiligung der Hefen durch die auftretende Essigsäure und 
mit dem Umstand, daß die Alkoholbildung durch den Zuckerverbrauch 
der Bakterien eine ziemliche Einbuße erleidet, wohl befriedigend er- 
klären läßt. Die als Erreger der Krankheit hauptsächlich in Frage 
kommenden Arten B. mannitopoeum und B. gracile werden ihrerseits 

»sdurch die Hefen nicht selten deutlich im Wachstum gefördert. Ander- 
seits ist von MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1) allerdings ermittelt 
worden, daß die beiden Bakterien-Arten in manchen Obstsäften nicht 
imstande sind, die Vermehrung der Hefen irgendwie zu stören. 

Von den chemischen Veränderungen durch den Milchsäure- 

sostich ist die wichtigste die unter Kohlensäure-Entwicklung vor sich 
gehende Umsetzung des Zuckers in Milchsäure und verhältnismäßig 
große Mengen flüchtiger Säure. Deren Gehalt kann in milchsäure- 
stichigen Weinen nach den Wahrnehmungen von MÜLLER-THURGAU und 
ÖSTERWALDER (1) bis auf 3 Promille und mehr ansteigen. Von den vor- 

3;;handenen Zuckerarten der Obst- und Traubensäfte wird die Fructose in 
erster Linie abgebaut, wobei neben den ebengenannten Verbindungen, 
wie zuerst MÜLLER-THURGAU (6 u. 8) nachgewiesen hat, auch Mannit in 
beträchtlichen Mengen gebildet wird. Neben der Zersetzung des Zuckers 
führt der Milchsäurestich in der Regel zu einem Abbau der Aepfel- 
wosäure, worüber man in den Arbeiten von MÜLLER-THURGAU (8) und von 
MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1) nähere Belege findet. Stellt 
sich der Milchsäurestich erst nach der Gärung ein, dann äußert er sich 
ebenfalls in der Entstehung von Milchsäure und flüchtiger Säure, die 
aber in diesem Falle nicht nur aus dem meist noch vorhandenen Zucker- 
ssrest, sondern auch aus anderen Bestandteilen des Weines, vor allem 
aus Aepfelsäure und Citronensäure, nach MÜürLEer-TuurGAU und ÖSTER- 
WALDER (1) vielleicht auch aus Pentosen und Glycerin erzeugt werden. 
Mannit tritt dabei gewöhnlich nicht auf, weil die Jungweine Fructose 
in der Regel nicht mehr enthalten. Unterbleibt die Bildung dieses 
so Alkohols, dann zeigen sich die Folgen des Milchsäurestichs, wie MÜLLER- 
Trursau (5 u. 7) festgestellt hat, auch in einer beträchtlichen Verminde- 
rung des Extraktgehaltes der Weine. Anweisungen zur Beurteilung 
milchsäurestichiger Weine, die den Bedürfnissen der Nahrungsmittel- 


— 515 — 


Kontrolle entsprechen, haben BarascıoLa und Goper (1) und MÜLLER- 
THURGAU und ÖSTERWALDER (1) gegeben. 

Die Temperatur beeinflußt das Auftreten des Milchsäurestichs 
und die Umsetzungen, die er zur Folge hat, in hohem Maße. Bei einem 
vom Milchsäurestich befallenen Theilersbirn-Saft, den MÜLLER-TrurGAu (6) 5 
bei verschiedenen Wärmegraden zur Vergärung brachte, betrugen die 
Mengen der gebildeten Milchsäure bei 6° © 1,90, bei 8° © 2,24, bei 11° © 
2,92, bei 13° C 2,64, bei 17°C 3,88, bei 20°C 4,72 und bei 25° C 5,01 
Promille. Bei den gleichen Teemperaturgraden waren außerdem ent- 
standen 0,02, 0,35, 0,36, 0,41, 0,98, 1,70 und 2,03 Promille flüchtige Säure. ıe 
Aus diesen Zahlen und ähnlichen von MÜLLER-THURGAU und ÖSTER- 
WALDER (1) ermittelten Werten geht hervor, daß der Milchsäurestich 
schon bei verhältnismäßig niederer Temperatur auftreten kann, daß er 
aber durch höhere Wärmegrade stark begünstigt wird. Dabei ist zu 
beachten, daß nach weiteren Feststellungen der genannten Forscher bei 5 
gesteigerter Wärmezufuhr die Mannitbildung in höherem Grade angeregt 
wird als die Milchsäuregärung. So hatten sich in einem milchsäure- 
stichigen Theilersbirn-Wein bei 33 ° C 4,2 Promille, bei 21°C 4,9 Promille 
und bei 15°C 2,9 Promille Mannit gebildet, während bei 10° C dieser 
Alkohol überhaupt nicht entstanden war. 20 

Was die Beziehungen zwischen der chemischen Zusammensetzung 
des Weines und dem Auftreten des Milchsäurestichs anbelangt, so haben 
MÜLLER-THURGAU (5 u. 8) und MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1u.2) 
ermittelt, daß vor allem der Gehalt der Weine an Säure, Gerbstoff und 
Alkohol bestimmend für das Auftreten der Krankheit ist. Jeder vons 
diesen Bestandteilen kann für sich allein den Milchsäurestich verhindern, 
wenn er in genügenden Mengen vorhanden ist. In Nährlösungen wird 
das Wachstum des D. mannitopoeum zwar erst unterdrückt, wenn mehr 
als 11 Promille Aepfelsäure oder mehr als 11 Proz. Alkohol zugegen 
sind. In Weinen, in denen Hemmungen verschiedener Art zusammen- 30 
wirken, genügen in der Regel aber weit kleinere Mengen von Säure 
und Alkohol, um die Entwicklung von Milchsäure-Bakterien unmöglich zu 
machen. So ließ sich z. B. in einem Clävner Wein mit einem Gehalt 
von 6,8 Promille Säure das BD. mannitopoeum nicht mehr zur Vermehrung 
bringen, während in einem Apfelmost, der dem Bakterium günstigere ss 
Lebensbedingungen bot, die Wachstumserenze bei 8,5 Promille Säure 
(als Aepfelsäure berechnet) lag. 

Schweflige Säure zeigt für sich allein und in mäßigen Mengen an- 
gewendet nach den Feststellungen von MÜLLER-TuurGau (10) und MÜLLER- 
TuurGauv und OSTERWALDER (1 u. 4) oft keinen besonderen Einfluß aufs 
den Milchsäurestich; in Verbindung mit anderen Einwirkungen kann 
sie aber gegen die Krankheit schützen, besonders dann, wenn sie den 
Mosten schon vor der Gärung zugesetzt wird. Ebenso hat die Trennung 
der Weine von der Bodensatzhefe für die Verhinderung des Milchsäure- 
stichs nur dann Bedeutung, wenn die Weine nach ihrer Zusammensetzung . 
für die Krankheit keine besondere Veranlagung zeigen und die Ent- 
wicklung der Milchsäure-Bakterien während der Gärung nicht durch 
höhere Temperaturen zu stark gefördert wird. Wo diese Bedingungen 
nicht gegeben sind, vermag auch ein frühzeitiger Abstich, wie MÜLLER- 
Tuursauv und OsTerwALDER (1, 3, 4) nachgewiesen haben, die Weine so 
gegen den Milchsäurestich nicht zu schützen. Wohl aber kann die Ver- 
gärung der Moste mit geeigneten Reinhefen, die den Gehalt der Weine an 
nicht-flüchtiger Säure eher erhöhen als vermindern, als Vorbeugungsmittel 


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— 5l6 — 


gegen die Krankheit angesehen werden. Wie MÜLLER-TaurGAU und 
ÖSTERWALDER (1) hervorheben, empfiehlt es sich deshalb in allen den 
Fällen, in denen die Weine zum Milchsäurestich neigen, durch früh- 
zeitige Lese, Zugabe säurereicher, gerbstoffhaltiger Früchte zum Mostobst 
soder durch Zusatz von reiner Säure zunächst dafür zu sorgen, daß der 
Säure- und Gerbstoff-Gehalt der Moste nicht zu niedrig ausfällt. Die 
Vergärung ist mit geeigneten Reinhefen bei niedriger Temperatur und 
nötigenfalls unter Zufuhr von schwefliger Säure durchzuführen. Und 
endlich ist es geboten, den Wein frühzeitig abzustechen und kühl zu 
lagern. 


$ 118. Die Mannitgärung. Das Mäuseln. Der Buttersäurestich. 


Als „fermentation mannitique“, Mannitgärung, bezeichnet man in 
Frankreich eine in südlichen Weinbaugebieten sehr verbreitete Wein- 
krankheit, die in ihren Merkmalen, wie sich aus den im vorigen Para- 

ısgraphen besprochenen Untersuchungen von MÜLLER-THURGAU (6 u. 9) 
ergeben hat, mit dem Milchsäurestich übereinstimmt, die aber hier 
besonders besprochen werden soll, weil der Milchsäurestich zuweilen auch 
ohne Mannitgärung verläuft. In Frankreich ist man auf die Krankheit 
zuerst durch den ‚von verschiedenen Ohemikern geführten Nachweis auf- 

»omerksam geworden, daß in algerischen, südfranzösischen, spanischen und 
sizilianischen Weinen nicht selten Mannit enthalten ist. Da diese Ver- 
bindung in Feigenweinen, deren Herstellung nach den Mitteilungen von 
CARLES (2) und VoceEn (1) in Algier und Portugal vielfach üblich ist, 
fast nie fehlt, hat CAartes (2) alle derartigen Befunde als Zeichen einer 

» Verfälschung der Traubenweine mit Feigen oder Feigenwein ange- 
sprochen. Den von seiten der algerischen Weingutsbesitzer erhobenen 
Einwand, daß sich bei anhaltendem Scirocco in den Weinbeeren Mannit 
bilde und so in die Traubenweine gelange, haben CARLES (3), DAUDRIEUX (1) 
und Pınarp (1) auf Grund ihrer Untersuchungen zurückgewiesen. Später 

soist nach H. und A. MAugor (1) aber gezeigt worden, daß es auch mannit- 
freie Feigenweine gibt, und andererseits haben Lan6raıs (1) und PORTES (1) 
festgestellt, dab sich selbst in zuverlässig reinen algerischen und französi- 
schen Traubenweinen 0,05—0,70 Proz. Mannit vorfinden kann. Aehnliche 
Tatsachen haben JEcou (1) und LEBANNEUR (1) ermittelt und daraufhin 

35 wohl zuerst die Vermutung ausgesprochen, daß die mannithaltigen Weine 
unter dem Einfluß des heißen Scirocco-Windes eine fehlerhafte Gärung 
durchmachen. Roos (1) hat sich dieser Meinung angeschlossen und nach- 
gewiesen, dab in den mannithaltigen Weinen Gärungserreger vorhanden 
sind,, die den Zucker des Weines in Mannit umwandeln. Ebenso hat 

40 BasıLe (1) den Mannitgehalt der sizilianischen Weine auf krankhafte 
Gärungsvorgänge zurückgeführt, während MAıtre (1) der Meinung Aus- 
druck gegeben hat, daß in Dattel- und Feigenweinen der Mannit gleich- 
falls in dieser Weise entstehe. Als Ergebnis von Gärungsvorgängen ist 
der Mannit allerdingsschon weit früher erkannt worden. So hat STRECKER (1) 

s bereits 1854 bei einer Spaltpilzgärung von Zucker Mannit und Propion- 
säure auftreten sehen, und PAstEur (3) bemerkt 1857, daß bei der Milch- 
säuregärung unter gewissen Umständen Mannit erzeugt wird. Ferner 
hat ©. Scheigter (1) Mannit unter den bakteriellen Gärungs-Produkten 
nachgewiesen, die sich beim Schleimigwerden «des Rübensaftes bilden 

so(vergl. Bd. II, S. 462). DRAGENDORFF (1) hat wahrgenommen, daß Mannit 


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— 51 — 


bei der Milchsäure-Gärung von Rohrzucker entsteht, während Kramer (2) 
diese Beobachtung durch den Nachweis ergänzt hat, daß der von ihm 
reingezüchtete Bacillus viscosus sacchari Rohrzucker in Kohlensäure, 
Mannit und einen Schleimstoff umsetzt. Endlich hat Marcaxo (1) mitge- 
teilt, daß unter den Gärprodukten der Zuckerrohr-Melasse, die in West- 5 


Indien zur Gewinnung von Rum dient, stets Mannit vorkommt. 


Daß eine Mannitgärung unter gewissen Verhältnissen auch bei der 
Weingärung möglich ist, haben GAyox und Dupours (1 u.2) unter An- 
gabe einer genauen, später von SCHIDROWITZ (1) etwas abgeänderten 
Anweisung zur Bestimmung des Mannits im Wein sichergestellt. Nach w 
ihren Ermittlungen kommen in südlichen Weinen auffallend große 
Mengen von Mannit vor; so haben sie in zwei französischen Rotweinen 
86 & und 12,4 g, in einem algerischen Rotwein 183 g, in einem 
spanischen Rotwein 232g und in einem algerischen Weißwein sogar 3l,4g 
Mannit im Liter aufgefunden. Weißweine führen nach ihren Wahr-ı5 
nehmungen im allgemeinen allerdings weniger Mannit als Rotweine. 

Als Mannitbildner erkannten Gayon und Dusourc (1, 2, 5) 
einen Spaltpilz, den sie aus einem mannithaltigen Weine gezüchtet hatten. 
Dieses weniger in morphologischer als in physiologischer Richtung unter- 
suchte Bakterium ist nach MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1), wie 20 
auf S. 512 erwähnt worden ist, mit .Bacterium mannitopoeum jedenfalls 
nahe verwandt, aber nicht mit ihm identisch. Es ist ebenfalls fakultativ 
anaerob und vermag, wie dieses, d-Glucose, d-Fructose, Galactose, Sac- 
charose, Maltose, Raffinose und Xylose zu vergären, greift aber, im 
(segensatz zu diesem, l-Arabinose, Amygdalin, Aepfelsäure und Citronen- 3 
säure nicht an. Lactose, die das D. mannitopoeum nicht zu spalten ver- 
mag, wird von dem Mannitbildner vergoren. Dagegen ist der letztere 
nicht, wie jenes, befähigt, aus Saccharose Manmnit zu erzeugen, sondern 
greift diesen Zucker direkt an, wobei Milchsäure, Essigsäure, Aethyl- 
alkohol, Kohlendioxyd, Glycerin und Bernsteinsäure entstehen. Dieselben 30 
Verbindungen sind bei der Vergärung von d-Glucose, Maltose, Lactose 
und Raffinose nachzuweisen. 

Mannit wird nur aus d-Fructose erzeugt, die unter der Einwirkung 
des Bakteriums außerdem in Milchsäure, Essigsäure und geringe Mengen 
von Bernsteinsäure und Glycerin zerfällt. Das Verhältnis der ent-s 
stehenden Gärprodukte zur vergorenen Fructose schwankt bei Mannit 
von 58,2— 72,8 Proz., bei der Essigsäure von 12,8—16,2 Proz., bei der 
Milchsäure von 9,8—15,0 Proz., beim Kohlendioxyd von 6,7—12,7 Proz. 
und beim Glycerin von 0,93—1,5 Proz.; bei der Bernsteinsäure beträgt 
es etwa 0,615 Prozent. Die Mengen der abeespaltenen Essigsäure und 
Milchsäure sind um so größer, je schwächer die gebotenen Zucker- 
lösungen sind. 

Der entstandene Mannit wird von dem Mannitbildner nicht weiter 
abgebaut, woraus sich auch die von MÜLLER-Tnursau (6) beobachtete 
Tatsache erklärt, dab mannithaltige Weine stets einen auffallend hohen 
Extraktgehalt zeigen. Dabei ist zu beachten, daß nach den Wahrneh- 
mungen von MÜLLER-TuurGau und OÖSTERWALDER (1) Mannit anscheinend 
auch von anderen Weinbakterien nicht angegriffen wird. 

Wie das BD. mannitopoeum, so wird auch das Mannitbakterium durch 
höhere Temperaturen im Wachstum stark begünstigt, wodurch sich das: 
häufige Vorkommen von Mannit in Weinen südlicher Herkunft und die 
Angaben über den Zusammenhang zwischen dem Seiroeco und dem Auf- 
treten der Krankheit in Algier ohne weiteres erklären. Gavon und 


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— 518 — 


Dusoure (1) haben unter anderem festgestellt, daß sich das Mannit- 
bakterium bei 35° C im Wein noch gut vermehren kann. Die Empfindlich- 
keit des Bakteriums gegen höhere Konzentrationen von Säure und 
Alkohol scheint nahezu ebenso groß zu sein wie bei B. mannitopoeum. 
5In Nährlösungen liegt die Wachstumsgrenze des Bakteriums für Wein- 
säure bei 7 Promille, für Milchsäure bei 8 Promille, für Citronensäure 
bei 9 Promille und für Essigsäure und Aepfelsäure bei 12 Promille. 

Aus allen diesen Merkmalen ergibt sich, daß gegen. die Mannit- 
gärung ganz dieselben Abwehr-Maßnahmen anzuwenden sind wie gegen 

ıoden Milchsäurestich. Ueber die Bedeutung, die den Kühleinrichtungen 
in südländischen Gärbetrieben für die Verhinderung der Mannitgärung 
beizumessen ist, vergleiche man S. 389. Gayon und Duxovre (2) haben 
die Tötungstemperatur des Mannitbildners ermittelt und dabei fest- 
gestellt, daß das Bakterium in Nährlösungen eine zwei Minuten lange 

ıs Erhitzung auf 50° C nicht übersteht. Moste und Jungweine können 
daher durch Pasteurisieren bei 60° C gegen die Krankheit geschützt 
werden. Entgegenwirken läßt sich der Krankheit auch durch schweflige 
Säure Fluorammonium und basisches Wismutnitrat, gegen die das 
Mannitbakterium nach den Feststellungen von GAaYox und DUBoureG (2) 

»»sehr empfindlich ist, kommen für die Bekämpfung nicht in Frage, da 
ihrer Anwendung gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen. 

Schon aus dem Inhalt des vorhergehenden Paragraphen ist zu ent- 
nehmen, daß es außer den von MÜLLER-TauuRGAU (8) und GaYox und 
Dusovurs (1 u. 2) beschriebenen Mannitbildnern noch andere Weinbakte- 

»srien gibt, die zur Manniteärung befähigt sind. Diese Tatsache sei aber 
hier unter Hinweis auf die Arbeiten verschiedener französischer Forscher 
nochmals hervorgehoben. So haben MazE und PERRIER (1) aus um- 
geschlagenen, zähen und bitteren Weinen mannitbildende Bakterien 
reingezüchtet, und dasselbe ist PE6Lıon (2), LABORDE (5) sowie MAzE 

sound PacortEr (2) gelungen. Die systematische Stellung dieser von 
verschiedenen Seiten beschriebenen Bakterien ist allerdings noch ganz 
fraglich, weil die in Betracht kommenden Weinbakterien je nach den 
Lebens- und Züchtungs-Bedingungen sehr verschiedenes Aussehen an- 
nehmen. Gayon und Dupourc (1 u. 2) vertreten die Ansicht, daß das 

3 von ihnen untersuchte Mannitbakterium in seinen Merkmalen von den 
Erregern des Umschlagens und des Bitterwerdens durchaus abweicht. 
womit man die Bemerkung auf S. 525 vergleiche. 

LABorDe (6), Maz&s und PacoTrTEr (2) und Kayser und ManceaAu (1) 
haben auch in zähen Weinen mannitbildende Bakterien aufgefunden, 

«0 worauf im folgenden Paragraphen näher einzugehen sein wird. Er- 
wähnt sei hier nur, daß nach den Beobachtungen von H. und A. MArzor (1) 
die Mehrzahl der mannithaltigen Weine nicht zähe ist. 

Im Anschluß an die Besprechung des Milchsäurestichs und der 
Mannitgärung sei auf das Mäuseln des Weines (s. S. 359) hingewiesen, eine 

s Krankheits-Erscheinung, bei der die Weine einen Geruch nach Mäuse- 
harn und einen so widerlichen Geschmack zeigen, daß sie kaum noch 
zu genießen sind. Bersch (4) hat das Mäuseln als einen Weinfehler 
angesehen, der lediglich durch schlechte Behandlung des Weines, modrige 
Fässer und dergl. verursacht würde. Auch sonst ist die Erscheinung 

soals Weinfehler bezeichnet worden, wobei in manchen Fällen allerdings 
angedeutet wird, daß sie auf mykologischen Vorgängen beruhen dürfte. 
So gibt WinvischH (1) an, daß das Mäuseln besonders bei leichten säure- 
armen Weinen auftrete, die zu warm vergären oder zu spät abgestochen 


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werden, wozu ergänzend zu bemerken wäre, daß der Fehler bei gewissen 
Beerenweinen, wie z. B. bei Stachelbeer- und Johannisbeerweinen, am 
häufigsten zu beobachten ist. Wiıspisch (1) weist ferner auf die be- 
achtenswerte Tatsache hin, daß mäuselnde Weine stets größere Mengen 
von flüchtiger Säure enthalten, die nicht durch Essigsäure-Bakterien 5 
erzeugt werden, sondern bei Luftabschluß entstehen. Erckmans (1) hat 
daraufhin betont, daß der Mäuselgeschmack jedenfalls die Folge einer 
Bakterienkrankheit ist und vermutlich auf der Bildung von Acetamid 
(CH, -CO.NH,) beruht, einer Verbindung, die einen auffallenden Mäuse- 
geruch besitzt. Sie kann durch Einwirkung von Ammoniak auf Essig- ıo 
säure-Aethylester erhalten werden und entsteht möglicherweise auf ähn- 
lichem Wege auch im Wein. Die Berechtigung dieser Annahme zeigen 
neuere Beobachtungen von MÜLLER-THURGAU und ÜSTERWALDER (1), aus 
denen hervorgeht, dab Bacterium mannitopoeum bei der Zersetzung von 
d-Glucose, d-Fructose und Saccharose die Erscheinungen des Mäusel- 
- geschmackes hervorruft. Da milchsäurestichige Weine nicht selten mäuseln, 
darf man heute annehmen, daß der Fehler eine Begleiterscheinung des 
Milchsäurestichs ist, die möglicherweise nur unter gewissen, noch nicht 
erforschten Bedingungen auftritt. Mit dieser Erklärung lassen sich die 
vorhin erwähnten Wahrnehmungen von WinpiscH (1) ohne weiteres ver-2 
einigen. Die Beseitigung des Mäuselgeschmackes soll nach BAuEr (1), 
SEIFERT (10) und Merz (1) durch Behandeln der Weine mit Eponit, 
einer Pflanzen-Kohle, die Srtronmer (1) und Häprıcr (1) untersucht 
haben, wenigstens soweit erreicht werden, dab der Wein zur Bereitung 
von Wein-Branntwein Verwendung finden kann. 25 
Der Buttersäurestich, hervorgerufen durch die Entwicklung von 
Buttersäure-Bakterien, scheint nur in Weinen von ganz ungewöhnlicher 
Zusammensetzung vorzukommen. MacH und POoRrTELE (3) haben eine 
derartige Erkrankung bei Rotweinen der Etsch-Niederungen in ‚Jahren 
auftreten sehen, in denen sich die Trauben infolge von Ueber- » 
schwemmungen mit einer an kohlensaurem Kalk und kohlensaurer 
Magnesia reichen Schlammkruste bedeckt hatten. Der Buttersäurestich 
ist in diesem Falle sicher die Folge der weitzehenden Entsäuerung der 
Traubensäfte gewesen, wie daraus hervorgeht, dab sich in Most von 
Trauben, die vor dem Maischen mit verdünnter Schwefelsäure und dann s 
mit Wasser gewaschen wurden, die Krankheit nicht zeigte. Auch 
MÜLLER-THuRGAU und ÖSTERWALDER (1) haben in einem künstlich ent- 
säuerten Wein mit stark zersetztem T'rub Buttersäure-Bakterien mit 
Eigenbewegung beobachtet. Es ist danach wohl möglich, daß sich in 
sehr weichen Weinen im Gefolge anderer Bakterien - Umsetzungen 
schließlich auch Buttersäurestich entwickeln kann, wenn die im Wein 
vorhandenen geringen Säuremengen während oder nach der Gärung 
noch eine weitere Verminderung erfahren. Nach den analytischen 
Bestimmungen von Macn und PorrtEuz (3) scheint beim Buttersäurestich 
neben dem Zucker des Weines auch der Weinstein in hohem Maße # 
angegriffen zu werden. Bezeichnend für die Krankheit ist der auf- 
fallende Geruch des Weines nach Buttersäure. Ueber die sonstigen 
Umsetzungen ist nichts Näheres bekannt. Sfmıcnon (1) bezeichnet auch 
die Bitterkrankheit der Rotweine als Buttersäure-Gärung, wobei er sich 
auf eine Angabe von Ducuaux (1) stützt, der in einem Falle Spuren so 
von Buttersäure in einem bitteren Weine nachgewiesen hat. Als be- 
rechtigt kann dies nicht angesehen werden, da den Bakterien der 
bitteren Weine der Charakter von Buttersäure-Bakterien nicht zukommt. 


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— 520 — 


$ 119. Das Zähewerden. 


Die schon von CHaPTau (1), Francoıs (1) und P£uisor (1) unter- 
suchte Krankheit des Zähewerdens der Weine (Weich-, Lind-, Lang-, 
Schwer- oder Oeligwerden, franz.: graisse, vins filants, vins huileux) 
säußert sich dadurch, daß die Weine schleimig werden, beim Ausgießen 
lange zähe Fäden bilden, lautlos (lind) ins Glas fließen und beim 
Schütteln ziemlich viel Kohlensäure entwickeln. Zu Beginn der Er- 
krankung pflegen die Weine schwach zu opalisieren, später zeigen sie 
stärkere, wolkige Trübungen, werden aber manchmal mit dem Fort- 
schreiten der Krankheit wieder klar. Der Geschmack der Weine wird 
schleimig und fade, während das Bouquet meist nicht leidet. Das Zähe- 
werden tritt vorzugsweise bei jungen Weißweinen und Obstweinen auf, 
die noch unvergorenen Zucker enthalten. Nicht so häufig ist die Krank- 
heit bei Beerenweinen, und fast nie wird sie bei Rotweinen beobachtet. 
ısSie befällt sowohl Faßweine wie Flaschenweine, wie schon CHAPTAL (1) 
bemerkt hat, verschwindet aber in manchen Fällen, besonders dann, 
wenn sie sich vor Abschluß der Gärung einstellt, wieder von selbst. 

Ueber die Erreger des Zähewerdens liegt eine große Reihe von 
Untersuchungen vor, ohne daß jedoch völlige Klarheit über die in Frage 
»» kommenden Organismen geschaffen wäre. PAsSTEUR (2) beschreibt als 
Urheber des Zähewerdens der Weine einen Bazillus, dessen Zellen zu 
rosenkranzähnlichen Ketten verbunden sind. Kramer (2 u. 3) führt die 
Krankheit auf die Tätiekeit eines als Dae. viscosus vini bezeichneten, obligat 
anaeroben Spaltpilzes zurück, dessen dünne, verhältnismäßig lange Stäbchen 

»0ft zu kettenartigen Fäden vereint sind, die bis 14 « lang werden. 
Er bildet nach Kramer (3) aus der im Wein enthaltenen Glucose 
Schleim, Kohlensäure und Mannit, diesen vermutlich jedoch erst sekundär 
infolge einer Abscheidung von Wasserstoff, der in statu nascendi die 
(Glucose zu Mannit reduziere. Kramer (1 u. 3) ist es auch gelungen, 

sodurch Uebertragung des B. viscosus vini, dessen Zuchten übrigens nicht 
frei von anderen Organismen waren, gesunde, zum Zweck des Luft- 
abschlusses mit Oel überschichtete Weine innerhalb 4—6 Wochen künst- 
lich zähe zu machen. Boersch# (1) hat in einem mit Stärkezucker her- 
gestellten schleimigen Wein eine Sarcina aufgefunden, die mit Sareina 
ssflava DE Bary identisch sein soll, aber nach den Beschreibungen und 
Abbildungen, wie BEHreEns (2) betont hat, wohl zu der Gattung Miecro- 
coccus gehört. Ob der Spaltpilz das Langwerden hervorrufen kann, ist 
fraglich, da er bei Impfversuchen in gesunden Weinen nicht zur Ent- 
wicklung kam. ADpERHOoLD (1) glaubt. daß ein Diplokokkus (Diplococeus I), 

„den er aus einem fadenziehenden Weißwein abgeschieden hat, als Er- 
reger der Krankheit gelten kann, obwohl auch in diesem Falle der 
Infektionsversuch nicht gelungen ist. Der Spaltpilz soll neben einer 
ähnlichen Art (Diplococcus II) auch an der Zersetzung des Hefentrubs 
beteiligt sein und könnte nach einem Hinweis von BEHRENS (2) beim 

s Zähewerden vielleicht dann eine Rolle spielen, wenn die Schleimbildung 
auf Fäulnisvorgänge im Hefentrub zurückzuführen ist. Nach BEHRENS (2) 
handelt es sich bei dieser von Nesster (1 u.5) beschriebenen Form des 
Langwerdens aber wohl um eine Erscheinung, die mit dem eigentlichen 
Zähewerden des Weines nur eine äußerliche Aehnlichkeit besitzt. BeI- 

50 JERINCK (1) hat die Vermutung ausgesprochen, daß Weine auch durch 
schleimbildende Essigsäure - Bakterien aus der Gruppe des Bacterium 


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> inf. — 


rancens zähe werden könnten. Maz& und PAcoTTErT (2) haben aus faden- 
ziehenden Weinen zwei obligat anaerobe Bakterien-Arten gezüchtet, die 
nach ihren Beschreibungen sehr lange Ketten bilden, deren ziemlich 
kräftige Einzelglieder anfangs rund, später deutlich stäbchenförmig er- 
scheinen. Sie sollen zu den Mannitbildnern gehören und auch in anderen 5 
kranken Weinen häufig zu finden sein. Auch Lagorpe (6) hat aus 
schleimigen Weinen zwei Bakterien-Arten abgeschieden, von denen die 
eine aus Fructose Mannit erzeugte. 

Kayser und Manckau (1, 2,3) haben die Organismen der schleimigen 
Weine näher untersucht. Als Erreger des Zähewerdens beschreiben sie ıo 
eine Anzahl fakultativ anaerober Bakterien, die in einzelnen Kurzstäbchen 
oder in kettenartigen Verbänden auftreten und meist von einer Schleim- 
hülle umgeben sind. Sie gehören zu den Mannitbildnern und erzeugen 
aus Glucose und Fructose dieselben Umsetzungsprodukte wie das von 
GAayYon und Dupourg (1 u.2) beschriebene Mannitbakterium. Günstige ı5 
Entwicklungsbedingungen bieten ihnen besonders solche Weine, die noch 
unvergorenen Zucker, vor allem Fructose, enthalten und dabei reich an 
Stickstoff-Verbindungen, Phosphaten und Kalisalzen sind. In schweren 
und säurereichen Weinen vermögen sie nicht zu wachsen, weil sie gegen 
höhere Alkohol- und Säure-Konzentrationen und besonders gegen die» 
sogen. freie Säure sehr empfindlich sind. Dagegen ist ihre Vermehrung 
vom Gerbstoff-Gehalt des Weines nicht in dem Grade abhängig, wie 
man nach den Angaben von NEssLeEr (1) hätte erwarten sollen. 

Nach diesen Beobachtungen ist es verständlich, dab es gerade die 
weichen, leichten und mangelhaft vergorenen Traubenweine sind, dies 
zum Zähewerden neigen. Ebenso erklärt sich die Häufigkeit des Fehlers 
bei Apfelweinen, in denen sich nach den Feststellungen von Kayser (1) 
ganz Ähnliche Bakterien als Krankheits-Erreger betätigen. 

Neben den beschriebenen Schleimbakterien treten in zähen Weinen 
nach Kayser und MAnceaAu (2) stets noch verschiedene andere Lebewesen 30 
auf, so aerobe Bakterien, darunter die Urheber des Blauwerdens 
(s. S. 501), ferner Hefen und Kahmpilze, sämtlich Begleit-Organismen, 
die an der Krankheit aber insofern beteiligt sind, als sie die für die 
Krankheitserreger erforderliche geringe Sauerstoft-Konzentration her- 
stellen und die letzteren auch sonst im Wachstum fördern. Eine Nach- 
prüfung dieser Wahrnehmungen, die ManceEaAu (2) näher geschildert hat, 
erscheint allerdings notwendig. 

Während nach den bisher besprochenen Untersuchungen feststehen 
dürfte, daß in Jungweinen nur Bakterien als Urheber des Zähewerdens 
in Frage kommen, wissen wir durch die Beobachtungen von WORTMANN (9) 40 
und OÖ. von Skerst (1), daß Moste auch durch das im $ 60 des Vierten 
Bandes beschriebene Dematium pullulans ölig werden können. Dieser 
Pilz gibt an die Traubensäfte eine schleimige, fadenziehende Substanz 
ab, die wahrscheinlich ein Quellungsprodukt der äußeren Schichten 
seiner Zellhaut ist, Bei der Herstellung alkoholfreier Weine und während 
der Gärung von Mosten kann der Pilz durch diese Schleimbildung 
störend wirken. Am Zähewerden ausgegorener Weine ist er, wie schon 
Beurens (2) angedeutet hat, wohl kaum beteiligt, weil er nach Worr- 
MANN (9) und O. von Skerst(l) sehr sauerstoftbedürftig und nach den 
Beobachtungen von Avernonn (2) gegen Kohlensäure so empfindlich ist, » 
daß er in gärenden Mosten sein Wachstum sehr bald einstellt. Worr- 
MANN (9) hat allerdings nachgewiesen, daß die Konidien des Pilzes in 
Mosten noch bei Gegenwart von 8 Maß-Proz. Alkohol längere Zeit 


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lebensfähig bleiben. Worrmans (1) glaubt deshalb, daß die sogen. Dema- 
tinm-Hefen während der Gärung nicht absterben, sondern nach deren 
Beendigung wieder zu sprossen vermögen, wenn der Wein mit Luft in 
Berührung kommt. Nach den auf S. 369 erwähnten Beobachtungen 
;von LABORDE (1) und PAcorteEr (3) soll auch Botrytis einerea Schleinistoffe 
absondern, die den Wein zähe machen. Für deutsche Verhältnisse 
dürfte auch diese Tatsache nicht von Belang sein. 
Nach den Untersuchungen von MEISSNER (7 ) können Moste und teil- 
weise vergorene Weine ferner durch gewisse Torulaceen (Schleim- 
ıo hefen), deren physiologische Merkmale im $S 63 des Vierten Bandes 
bereits beschrieben sind, eine schleimige Beschaffenheit erhalten. Der 
höchste Grad des Zähewerdens, bei dem der Wein wie Eiweiß aus der 
Flasche läuft, läßt sich mit diesen Pilzen, wie Meissner (7) selbst be- 
merkt hat, allerdings nicht hervorrufen, doch wird der Most unter der 
15 Einwirkung der Schleimhefen deutlich diekflüssig. Gegen Kohlensäure, 
Alkohol und Gerbstoff sind sie ziemlich empfindlich und werden deshalb 
bei der Gärung gleichfalls bald unterdrückt. Sie sollen sich nach 
MEISSNER (7) im Wein aber längere Zeit lebend erhalten, woraus WORT- 
MANN (1) schließt, daß sie sich in Weinen, deren Zusammensetzung ihre 
» Entwicklung ermöglicht, nach der Gärung von neuem vermehren dürften. 
Faßt man die Ergebnisse dieser verschiedenen Arbeiten zusammen, 
so verdient zunächst hervorgehoben zu werden, daß es offenbar ver- 
schiedene Formen des Zähewerdens gibt. Die wichtigste ist zweifels- 
ohne diejenige, bei welcher der Schleim durch Spaltpilze, die vermutlich 
»zu den Milchsäure-Bakterien eehören, gebildet wird. Von dieser Art 
der Krankheit unterscheidet sich vielleicht das Zähewerden durch Zer- 
setzung von Hefen- und Kahmtrub, auf das N£sstLer (1 u. 5) und Mav- 
MEN&(1) hingewiesen haben. Eine dritte Art der Krankheit könnte 
durch Essigsäure-Bakterien verursacht werden, wofür außer dem Hinweis 
so von BEIJERINCK (1) manche Beobachtungen der Praxis sprechen. Endlich 
ist noch das Schleimigwerden von Mosten und gärenden Weinen durch 
Dematium pullulans oder durch Torulaceen als eine besondere Erscheinung 
des Zähewerdens anzusehen. 
Ueber die chemische Zusammensetzung des Schleimes 
sder zähen Weine ist nichts Sicheres bekannt. Die frühere Annahme, 
daß es sich um einen Umsetzungsstoff von Eiweiß-Verbindungen handeln 
könnte, hat schon Murver (1) zurückgewiesen; immerhin sollte diese Art 
der Entstehung, an der Maumzx® (1) noch festhält, bei der Untersuchung 
von Schleimbildungen durch Hefenzersetzung nicht ganz außer Acht 
40 gelassen werden. In den meisten Fällen liegt wahrscheinlich ein Um- 
wandlungsprodukt von Zucker oder einem anderen Kohlenhydrat vor, 
das möglicherweise durch Verschleimung der Außenschichten der Zell- 
wand der Bakterien in den Wein gelangt. Ob sich in den zähen 
Weinen stets Mannit, Milchsäure und flüchtige Säure, also diejenigen 
4 Verbindungen vorfinden, welche die von Kayser und ManckaAt (1 u. 2) 
untersuchten Schleimbakterien erzeugen, bedarf noch näherer Prüfung; 
in einigen Fällen ist das Vorkommen dieser Stoffe in zähen Weinen 
festgestellt worden. Sollten die genannten Körper beim Schleimigwerden 
stets auftreten, dann müßten die zähen W eine, wenigstens in den Fi ällen, in 
so denen sie vor der Gärung von der Krankheit befallen werden, auch die 
Eigenschaften des Milchsäurestichs zeieen. Damit steht aber die Tat- 
sache nicht im Einklang, daß die Krankheit häufig von selbst wieder 
verschwindet und nach den bisherigen Beobachtungen krankhafte Ver- 


— 5123 — 


änderungen in der Regel nicht hinterläßt. Sicher ist nach den über- 
einstimmenden Angaben von NEssLEr (1), J. BERSCH (1) und Kayser und 
MasceEAU (2), daß sich unter den Umsetzungsprodukten der beim Zähe- 
werden beteiligten Schleim-Organismen stets Kohlendioxyd befindet. 
Um das Auftreten der Krankheit zu verhindern, ist nach KAYsEr 
und Manceat (2) durch rechtzeitige Lese oder durch Zusatz von Säure auf 
die Erhöhung des Säuregehaltes des Mostes Bedacht zu nehmen und die 
Hauptgärung bei 18—20° C so vollständig als möglich durchzuführen: 
die Jungweine sind nicht zu spät abzustechen, und endlich sind durch 
Schönungen die stickstoffhaltigen Bestandteile, die die Entwicklung der 
Schleimbakterien begünstigen, aus dem Weine zu entfernen. Die An- 
wendung des Tannins, die zuerst von Francoıs(1) und später von NEss- 
LER (1) zur Verhütung des Schleimigwerdens empfohlen worden ist. 
halten Kayser und Manckzat (2 u. 3) nicht für angebracht. Um auf 
diesem Wege die Krankheit zu unterdrücken, würde es erforderlich 
sein, die Weine mit 0,5 Promille Tannin zu versetzen, was bei den 
bekannten Geschmacks-Eigenschaften des käuflichen Gerbstoffs, der sich 
schon in einer Menge von 0,1 Promille im Wein unangenehm bemerkbar 
macht, ganz unausführbar erscheint. Die Tatsache, daß Rotweine selten 
schleimig werden, beruht nach der Ansicht von KAyYsEr und MANCEAU 
(1 u.2) nicht auf der schützenden Wirkung des Tlannins, wie NEsSLEr (]) 
und Meissxer (7) angenommen haben, sondern darauf, dab die Rotweine 
auf den Trestern besser durchgären als gewöhnliche Weißweine. Die 
Heilung schleimiger Weine ist durch Lüften, Schönen mit spanischer 


Erde, Einschwefeln und nötigenfalls durch Hefenzusatz meist leicht zu: 


erreichen, worüber man nähere Anweisungen in den Lehrbüchern von 
Bao und Maca (1), WinpiscH (1) und Wortmans (1) findet. Beachtens- 
wert dürfte dabei die von einem ungenannten Verfasser im „Weinbau“ (1) 
mitgeteilte Beobachtung sein, daß fadenziehende Weine auch durch 
(efrierenlassen leicht wieder herzustellen sind. 


$ 120. Das Umschlagen. 


Der Ausdruck Umschlagen ist in deutschen Kellereien früher eine 
Sammelbezeichnung für alle krankhaften Veränderungen gewesen, die 
der Wein überhaupt annehmen kann, was sich noch heute in der Be- 


deutung zu erkennen gibt, die BaAssEerMAnN-.JORDAN (1) dem Worte unter- 


legt. In neuerer Zeit ist es in Deutschland dagegen üblich geworden, 
nur dann von Umschlagen zu reden, wenn sich der Wein wieder trübt, 
ein Sprachgebrauch, dem sich ©. vov per Heıpe (1), Meissner (1 u. 6), 
Wınvisch (1) und Wortmann (1) angeschlossen haben. Manche Fach- 
leute ordnen auch das im $ 113 besprochene Rahnwerden des Weines 
dem Begriff Umschlagen unter, was nach Sfmıcnon (1) in manchen 
Fällen sicher auf einer Verwechslung dieser Erscheinung mit der nun 
zu besprechenden Infektionskrankheit des Weines beruht. Benurens (2) 
sowie Mürver-TnurGau und ÖSTERWALDER (1) verstehen unter dem Um- 
schlagen eine Bakterien-Erkrankung, die von Pastrur (2) unter der 
Benennung „maladie des vins tournes“, von späteren französischen 
Forschern meist unter dem Namen tourne beschrieben worden ist. In 
ähnlichem Sinne haben J. Benson (1), Nesster (1) und Kramer (4) das 
Wort Umschlagen gebraucht, und diese engere Fassung des Begriffs 
soll auch hier beibehalten werden, 


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Auf Grund dieser Vorbemerkungen ist das Umschlagen des Weines 
als eine Krankheit zu bezeichnen, die sich vorzugsweise in Rotweinen, 
nach PAsSTEUR (2) vereinzelt auch in Weißweinen und Obstweinen zeigt. 
Sie beginnt mit einer durch Bakterien verursachten Trübung und 

5 Kohlensäure-Entwicklung und führt, namentlich bei Luftzutritt, bald zu 
einer Aenderung der Farbe, ähnlich, wie man sie beim Rahnwerden 
beobachtet. Gleichzeitig treten Ausscheidungen auf, unter denen sich 
bei Rotweinen neben anderen Verbindungen auch der zu einem braunen 
Körper verwandelte rote Traubenfarbstoff befindet. Dabei erhalten die 

ıo Weine, wie nach PAsTEur (2) schon RozıEer (1) im Jahre 1770 an- 
gegeben hat, einen höchst widerwärtigen Geruch und Geschmack und 
werden völlig ungenießbar. Die Kohlensäure-Abgabe hält während 
dieser ganzen Veränderungen an, was bereits PAsTEur (2) bekannt war 
und die Veranlassung gewesen ist, dab man die Krankheit in Frank- 
ısreich auch als pousse, in Oesterreich nach J. BerschH (1) als Versieden 
bezeichnet hat. Da die verschiedensten Vorgänge im Weine unter Ent- 
bindung von Kohlendioxyd verlaufen, läßt man beide Benennungen, nach 
dem Vorgehen von MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1), jedoch 
besser fallen, um nicht zu einer Verwechslung Anlaß zu bieten, wie sie 

2» Kossowicz (1) unterlaufen ist, wenn er die Ausdrücke „vin mont&“ oder 
„vin, qui a la pousse“* als die in Frankreich übliche Art zur Be- 
zeichnung des Milchsäurestichs anspricht. 

Als Erreger des Umschlagens hat PastEur (2) zarte, etwa 1 u 
dicke, in Stäbchen oder Fäden auftretende Bakterien beschrieben, die 

»später auch GAUTIER (1) beobachtet hat. E. Kramer (4) hat aus um- 
geschlagenen Weinen neunerlei, die Gelatine verflüssigende Spaltpilze 
gezüchtet, die er als Bacillus saprogenes vini 1-7 und als Mierococeus 
saprogenes vini 1 und 2 bezeichnete. Bei Uebertragung dieser Bakterien 
in gesunde Weine hat Kramer (4) das Umschlagen aber in keinem 

so Falle künstlich hervorrufen können, einerlei ob er nur eine einzige Art 
oder mehrere Arten zusammen aussäte. Dagegen ist es ihm allerdings 
gelungen, in Weinen, die einen Zusatz von 3 Proz. Pepton erhalten — 
hatten, mit den Bakterien Umsetzungen einzuleiten, wie sie beim Um- 
schlagen auftreten. Da Kramer (4) aber sonst keine Gärversuche mit 

seinen Reinzuchten ausgeführt hat, ist es durchaus fraglich geblieben, 
in welcher Beziehung die verschiedenen, von ihm beschriebenen Bakterien 
zu dem Vorgang des Umschlagens stehen. Da sie zum Teil beweglich, 
zum Teil sporenbildend sind, derartige Formen in Wein aber selten 
vorkommen, ist es bei den tiefgreifenden Umsetzungen, die sie nach 

0 KRAMER (4) verursachen, nicht unwahrscheinlich, daß sie in die Gruppe 
der Fäulnisbakterien gehören, deren Vertreter sich im Wein sonst nicht 
vorfinden. Ravızza (1) glaubt auf Grund einiger Versuche, daß das 
Umschlagen von einer Bakterien-Zersetzung der Faßdrusen (organismen- 
haltigen Weinstein-Ausscheidungen) ausgeht; er hat die beteiligten 

»sSpaltpilze jedoch nicht näher untersucht. Auch Wortmann (10) hat 
aus umgeschlagenen Rotweinen mehrere Bakterien abgetrennt, mit 
denen Impfversuche aber nicht geglückt sind. Gaukazzı (1) ist ge- 
neigt, das Umschlagen der italienischen Weine der Marchigiana auf die 
Wirkung eines lebhaft beweglichen, aeroben Bazillus zurückzuführen, 

5soobwohl ihm sämtliche Impfversuche mißlungen sind. Borpas, JOULIN 
und Raczkowskt (1 u. 2) haben in umgeschlagenen Algier- und Midi- 
Weinen verschiedene Spaltpilze aufgefunden, darunter zwei Stäbchen- 
bakterien, von denen sie das eine (Bacterium a) Bacillus roseus vint 


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genannt haben. Es soll auf Gelatine dicke, weißliche, nicht ver- 
flüssigende Kolonien erzeugen und in Hefenwasser Decken aus beweg- 
lichen, polar begeibelten, sporenbildenden Stäbchen von sehr wechseln- 
der Länge und 0,6—0,8 u Breite bilden. In Weinen soll sich der 
Bazillus unter Entwicklung eines starken Bodensatzes gut vermehren, 5 
dabei die Glucose und das Glycerin angreifen, aber den Weinstein- und 
Säure-Gehalt nicht vermindern. Der zweite von Borvas, JouLıv und 
Raczkowskı (2) reingezüchtete Spaltpilz (Bacillus b) tritt in Hefen- 
wasser in 8—12 u langen und 0,8 « breiten Fäden auf, die sehr be- 
weglich sind, Gram-Färbung nicht geben und keine Sporen hervor- ıo 
bringen. In Wein wächst der Bazillus sehr langsam, ruft darin aber 
Trübung, Verminderung der Farbentiefe und schon nach 20 Tagen eine 
merkliche Abnahme des Weinstein- und Zucker-Gehaltes hervor, wobei 
die Gesamtmenge der Säure etwas steigt. H. vay Laer (1) gibt an, 
dab der von ihm aufgefundene Saccharobacillus pastorianus (s. S. 212) in 
Apfelweinen und Traubenweinen von geringem Säuregehalt ähnliche 
Veränderungen hervorruft, wie sie beim Umschlagen beobachtet werden. 
Der Bazillus soll dem von PastEur (2) beschriebenen Erreger des Um- 
schlagens ähnlich sein, noch mehr aber den Bakterien gleichen, die 
nach PAstEur (2) in bitteren Rotweinen vorkommen. 20 

Forrtı (1) beschreibt als Erreger des Umschlagens den Oeno- 
bacillus Abbae, ein unbewegliches, Gelatine nicht. verflüssigendes Bakte- 
rium, mit dem er gesunde Weine zum Umschlagen gebracht haben will. 
LABORDE (7, 8, 9) hat aus umgeschlagenen Weinen mehrere Stäbchen- 
bakterien gezüchtet, die aus Fructose Mannit erzeugen und sich ins 
Nährlösungen ähnlich wie die von Gayox und Dusoure (1 u. 2) be- 
schriebenen Mannitbakterien verhalten. LABorDE (9) ist geneigt, sie 
als Rassen einer einzigen Art anzusehen, zu der auch das Mannit- 
bakterium von GAYon und Dusourc (1 u. 2) zu stellen wäre. Mit einem 
dieser Spaltpilze ist es LaBorne (8 u. 9) gelungen, in einem gesunden 30 
Rotwein mit einem geringen Zuckerrest die Erscheinungen des Um- 
schlagens deutlich hervorzurufen. Das Bakterium soll in dem betreffenden 
Wein unter Verminderung des Gehaltes an Weinstein beträchtliche 
Mengen von Essigsäure und Propionsäure erzeugt haben. Von Maz# 
und Perkıer (1) ist in einem umgeschlagenen Wein ein mannit-ss 
bildendes Bakterium festgestellt worden, das nach den Angaben dieser 
Forscher ähnliche Umsetzungen hervorruft wie das Mannitbakterium von 
Gayon und Dupoure (1 u. 2). Es soll auch am Umschlagen beteiligt 
sein, eine Annahme, deren Richtigkeit Gayov und Dupourc (3) aber 
sehr in Frage stellen. Auch Mazr und PacorteEr (2) haben aus einem 
umgeschlagenen Wein ein mannitbildendes Stäbchenbakterium gezüchtet, 
das bald einzeln, bald in langen welligen Faden-Verbänden wächst 
und in Mosten neben Mannit beträchtliche Mengen von Milchsäure 
erzeugt. Es soll an der Krankheit des Umschlagens zwar beteiligt 
sein, diese aber nur dann hervorrufen, wenn es im Verein mit dens 
Bakterien des Zähewerdens und anderen Spaltpilzen in den Weinen auftritt. 

Trotz aller dieser Arbeiten sind wir weder über die Mikrotflora der 
umgeschlagenen Weine noch über die eigentlichen Erreger der Krank- 
heit recht ins Klare gekommen, was z. T. schon dadurch bedingt ist, 
daß die morphologischen Beschreibungen der aufgrefundenen Bakterien » 
vielfach ganz unzureichend sind, mehr allerdings noch dem Mangel an 
gründlichen Beobachtungen über die physiologischen Merkmale der 
Bakterien zugeschrieben werden muß, 


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— 56 — 


Die Wirkungen der Krankheit auf den Wein scheinen etwas 
besser bekannt zu sein als ihre Ursachen, aber bei genauerer Prüfung 
ergeben sich freilich auch nach dieser Richtung hin manche Lücken. 
Uebereinstimmung herrscht bei der Mehrzahl der beteiligten Forscher 
sdarüber, daß im Verlauf der Krankheit die Weinsäure und ihre Salze 
nach und nach völlig zersetzt werden. Von A. Schurzz (2), dem es 
auch gelungen ist, gesunden Rotwein mit krankem anzustecken, ist diese 
Erscheinung zuerst genauer untersucht worden. In dem infizierten Wein 
verminderte sich der Weinsteingehalt von 2,85 & im Liter innerhalb 

mehrerer Wochen auf Null. Diese auffällige, schon von MuLper (1) be- 
schriebene Abnahme des Weinsteins ist auch von MAacaGno (1), GAUTIER (1), 
CARLES (4), KRAMER (1 u. 4), NEssLER (1) und Ducraux (1 u. 2) beob- 
achtet worden. Nach der Ansicht des letztgenannten Forschers ist sie 
ein besonders bezeichnendes Merkmal der Krankheit und geht soweit, 
ısdaß auch der an der Fabwand abgelagerte Weinstein ganz oder zum 
Teil verschwindet, was übrigens schon von A. ScHuLz (2), NESSLER (1) 
und CARLES (4) mitgeteilt worden ist. Wie die sogen. gebundene, zer- 
fällt nach den Bestimmungen von GAUTIER (1) und CArues (4) auch die 
freie Weinsäure des Weines. Ueber die Beziehungen der Krankheit 
»zur Aepfelsäure liegen ältere Beobachtungen nicht vor, wenn auch 
Kramer (1) angenommen hat, daß sie gleichfalls zersetzt wird. Nach 
neueren Feststellungen von MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1), die 
weiter unten zu besprechen sein werden, ist eine Zerlegung der Aepfel- 
säure wahrscheinlich, nur dürfte sie auf andere Weise erfolgen, als 
25 KrAMER (1) vermutet hat. 

Gleichzeitig mit dem Rückgang der natürlichen Säure treten neue 
Fettsäuren im Weine auf. Schon Pasteur (2) hat eine Zunahme der 
flüchtigen Säuren bemerkt. A. Schuzz (2) hat später nach- 
gewiesen, dab umgeschlagene Weine Essigsäure, Propionsäure, Butter- 

;osäure und Valeriansäure enthalten. Soweit sich dieser Befund auf das 
Vorkommen von Essigsäure bezieht, ist er später durch die Unter- 
suchungen von MacaAGno (1), GAUTIER (1), Ducraux (1) und LABORDE (9) 
als richtig bestätigt worden. Nach Gayvox (1) verläuft auch eine dem 
Umschlagen ähnliche, vielleicht mit ihr identische Krankheit der sogen. 

> Peronosporaweine (vgl. S. 376) unter Bildung von Essigsäure und Propion- 
säure. Auf die Entstehung dieser letztgenannten Verbindung hat dann 
besonders Ducraux (1 u. 2) verwiesen und bemerkt, daß in einigen von 
ihm näher untersuchten Fällen die beim Umschlagen aufgetretenen 
flüchtigen Säuren etwa zur Hälfte aus Propionsäure bestanden. 

40 LABORDE (9) hat diese Säure, allerdings in geringeren Mengen, auch in 
einem Wein vorgefunden, den er mit einem reingezüchteten Bakterium 
zum Umschlagen gebracht hatte. Die von Macasno (1) in umgeschlagenen 
Weinen ermittelte Metacetonsäure dürfte ebenfalls Propionsäure ge- 
wesen sein. Buttersäure hat außer A. Scuurzz (2) auch Macasno (1) 

sin umgeschlagenen Weinen ermittelt; dagegen gibt GAuTLEr (1) an, dab 
er diese Säure in solchen Weinen ebensowenig nachweisen konnte wie 
die Glycolsäure. Nach Macasno (l), GAUTIER (1) und Maz& und 
PacortEr (2) enthalten umgeschlagene Weine meist auch noch Milch- 
säure. GaAuTIeR (1) will darin außerdem Tartronsäure nachgewiesen 
sohaben. Erwähnt sei an dieser Stelle schließlich, daß Reusch (1) bei 
einer von ihm beobachteten, dem Umschlagen vielleicht ähnlichen Wein- 
krankheit auch Ameisensäure auftreten sah. 
Im Weine etwa noch vorhandener Zucker verschwindet beim Um- 


an 


schlagen nach CArrves (4) und LABorDE (8) vollkommen. Der Alkohol- 
gehalt soll sich nach MacaAscno (1) mit fortschreitender Erkrankung 
deutlich vermindern, wogegen GAUTIER (1) angibt, daß die Abnahme 
nicht sehr wesentlich ist. Der rote Traubenfarbstoff wird schon vor der 
sichtbaren Bräunung in seiner Zusammensetzung verändert, wie aus 
dem Nachweis von PORTELE (1) hervorgehen dürfte, daß Rotweine, die 
zum Umschlagen neigen, durch wiederholte Schönungen leicht völlig 
entfärbt werden. Bei der von Borvas (3) beschriebenen Krankheit der 
Algierweine, die dem Umschlagen jedenfalls sehr nahe steht, wird der 
Weinfarbstoff angeblich nicht angegriften. Macasno.(1) und ScHuzz (2) 
haben auch keine Zersetzung des Gerbstoftfs bemerkt, wogegen ÜARLES (4) 
und GAUTIER (1) angeben, daß dieser Bestandteil gleichfalls angegriffen 
wird. Nach den Mitteilungen von CArtEs (4) und BoRrDAs, JouLIn und 
Raczkowskı (1) geht ferner die Menge des Glycerins zurück. Ebenso 
vermindert sich nach CArLes (4) der Extraktgehalt des Weines, während 
die Menge der Kalisalze wegen der Zersetzung des bereits ausgeschie- 
denen Weinsteins, wie A. ScHurz (2) und CARDES (4) beobachtet haben, 
deutlich zunimmt. Nach Lasorve (8) soll beim Umschlagen zucker- 
haltiger Weine unter Umständen auch Mannit entstehen, der im weiteren 
Verlauf der Krankheit wieder verschwindet. 

Ob das Umschlagen eine besondere Veranlagung zur Krankheit, 
vielleicht eine bestimmte chemische Beschaffenheit des Weines voraus- 
setzt, ist eine Frage, die sich noch nicht sicher beantworten läßt. Nach 
den Beobachtungen von GAUTIER (1), KRAMER (4) und Gayox (1) und einer 


Mitteilung von Preyss (2), der das Umschlagen der Ungarweine auf: 


deren hohen Stickstoffgehalt zurückführen will, wäre sie zu bejahen. 
LABORDE (8) ist zu der Ueberzeugung selangt, daß die Neieung zum 
Umschlagen mehr vom Keimgehalt als von der chemischen Zusammen- 
setzung des Weines abhängig ist. Nach seinen Untersuchungen übt 


z. B. der Alkohol nur einen unwesentlichen Einfluß aus. Die Anwesen- 3 


heit größerer Mengen organischer Säuren soll das Umschlagen aller- 
dings verhindern, womit auch die Beobachtung übereinstimmt, daß in 
den säurereichen deutschen Rotweinen die Krankheit nur selten vor- 
kommt. Der Gerbstoffzehalt des Weines ist nach LABORDE (8) für das 


Auftreten der Krankheit in der Regel ohne Bedeutung. Ist er auber- x 


gewöhnlich hoch, so Kann er das Umschlagen sogar begünstigen, weil 
er die Tätigkeit der Hefen beeinträchtigt. Tannin-Zusätze wirken vor- 
beugend, allerdings erst in Mengen, die für den Geschmack des Weines 
gefährlich sind. Verstärkt wird die Neigung zum Umschlagen durch die 
Anwesenheit von Zucker, wobei es nach LABOoRDE (8) gleichgültig ist, 
ob Fructose oder Glucose vorhanden ist. Gefährdete Weine lassen sich 
nach Skmicnon (3) durch Filtrieren und starkes Einschwefeln vor der 
Krankheit bewahren, worüber auch das Handbuch von SEmıcHon (1) 
Auskunft gibt. 

An Krklärungen für die oben geschilderten Umsetzungen hat es 
nicht gefehlt. Kramer (4) sieht im Umschlagen des Weines einen be- 
sonderen Fall der fauligen Gärung, bei der zunächst die KEiweißstoffe, 
wahrscheinlich unter Auftreten von Aminosäuren, abgebaut werden und 
erst an zweiter Stelle die Weinsäure und andere Extraktstoffe des 


Weines der Zersetzung anheimfallen. Größere Beachtung verdient die: 


Annahme, dab der Erscheinung des Umschlagens mehrere Krankheiten 
zugrunde liegen, wie das schon Pasreur (2) vermutet hat. Nach 
Skmionon (1) unterscheidet man in Frankreich häufig zwischen tourne 


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und pousse, wobei als pousse diejenige Form der Krankheit bezeichnet 
wird, die unter stärkerer Kohlensäure-Entwicklung vor sich geht. Die 
vins tournes enthalten nach S£mıcHon (1) meist Kurzstäbchen, die vins 
pousses längere, gebogene Bakterienfäden. PAcoTTeEr (1) gibt allerdings 
san, daß die Bakterien in beiden Fällen dasselbe Aussehen zeigen; Ab- 
weichungen sind nach ihm nur durch das Alter der Weine bedingt. 
GAUTIER (1) glaubt als Unterschied der beiden Krankheiten festgestellt 
zu haben, daß bei der als tourne bezeichneten Erscheinung Tartron- 
säure und Milchsäure, bei der pousse dagegen Kohlensäure und Propion- 
sosäure gebildet werden. Ducraux (2) hat dieser Auffassung aber wider- 
sprochen und der Vermutung Ausdruck gegeben, daß die von GAUTIER (1) 
untersuchten Krankheitsfälle nicht durch das gewöhnliche Umschlagen, 
sondern durch mehrere Krankheiten, und zwar angeblich durch das 
Rahnwerden, die pousse und eine unbekannte Krankheit, die unter 

»s Bildung von Tartronsäure verlaufe, verursacht worden sei. Ducraux (2) 
erblickt den wesentlichen Vorgang des Umschlagens in der Vergärung 
des Weinsteins zu Kohlensäure, Essigsäure und Propionsäure. SEMICHON (1) 
hat sich dieser Meinung angeschlossen und das Umschlagen (tourne und 
pousse) geradezu als Propionsäure-Gärung bezeichnet. 

20 Neue Tatsachen zur Erklärung des Umschlagens haben Unter- 
suchungen von MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1) erbracht, bei 
denen sich herausgestellt hat, daß weiche Rotweine beim Säureabbau 
(s. S. 472) vielfach alle äußeren Erscheinungen des Umschlagens zeigen. 
Mit dem auf S. 474 beschriebenen Micrococeus acidovorax ließ sich in 

seinem gesunden Rotwein innerhalb 8 Wochen sowohl die Erscheinung 
der pousse als auch die eigentümliche schokoladenartige Färbung und 
Zersetzung des Farbstoffs hervorrufen, wie sie für das Umschlagen be- 
zeichnend sind. In Weinen, die von selbst umgeschlagen waren, konnten 
MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1) Spaltpilze aus den Gruppen des 

30 Bacterium mannitopoeum, des B. gracile und des Micrococeus variococeus 
nachweisen. Die Weine hatten sämtlich einen starken Säurerückgang 
unter Zerfall der Aepfelsäure erlitten. Propionsäure-Bestimmungen 
haben die beiden Forscher in diesen Weinen leider nicht ausgeführt. 
Es dürfte danach nicht unmöglich sein, daß die als tourne bezeichnete 

Krankheit der französischen Rotweine in manchen Fällen mit einem 
Säureabbau durch die eben genannten Bakterien in Verbindung steht. 
Vielleicht bildet die Tätigkeit dieser Organismen den Beginn der Zer- 
setzung, wobei nicht nur die Säure abbauenden Mikrokokken, sondern 
auch Stäbchenbakterien aus den Verwandtenkreisen des BD. mannitopoeum 

und des D. gracile mitwirken dürften. In den Beobachtungen von Maz& 
und PERRIER (1), Maz£& und PAcoTTET (2) und LABORDE (8 u. 9) könnte 
man eine Stütze für diese Vermutung erblicken. Die wiederholt fest- 
gestellte Vergärung des Weinsteins läßt aber andererseits annehmen, 
dab nach dem Aepfelsäure-Zerfall noch weitergehende Zersetzungen 

sbeim Umschlagen erfolgen. 


$ 121. Das Bitterwerden. 


Die Krankheit des Bitterwerdens zeigt sich vorzugsweise bei den 
Rotweinen. Bei Weißweinen, die wie die Rotweine auf den Trestern 
vergoren werden, kommt sie nach NeEsstEr (2) ebenfalls vor, ist aber 

5osonst bei diesen Weinen eine seltene Erscheinung. Nach PAsTEUR (2) 


29° — 


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sind es namentlich die besseren Burgunderweine, weniger oft die 
Bordeauxweine, die von der Krankheit befallen werden. Leichtere 
Weine neigen nach PasteEur (2) mehr zum Umschlagen, wogegen WORT- 
MANN (1 u. 8) bemerkt, dab alle Rotweine ohne Unterschied der Güte 
und Herkunft zum Bitterwerden veranlagt sind. Die Krankheit ist bei 
Fab- und Flaschenweinen und in jedem Alter des Weines zu beobachten, 
stellt sich nach VERGNETTE-LAMOTTE (1) bei den Burgunderweinen aber 
am häufigsten im zweiten oder dritten Jahre nach der Kelterung ein. 
Auch sehr alte, gesund auf die Flasche gebrachte und jahrelang gesund 
gebliebene Weine können nachträglich noch bitter werden, was PastEux (2) 
z. B. an zwei Rotweinen bemerkt hat, von denen der eine 17 Jahre, der 
andere 30 Jahre alt war. 

Nach der treffenden Beschreibung von VERGNETTE-LAMOTTE (1) gibt 
sich die Krankheit zunächst dadurch zu erkennen, dab der Wein einen 
eigentümlichen Geruch erhält, etwas in der Farbe abstumpft und einen 
faden, nach dem Ausdruck der Küfer süßlichen Geschmack annimmt. 
Unmittelbar darauf wird der Wein bitter und läßt einen leichten Gär- 
geschmack wahrnehmen, der angeblich durch eine schwache Entwicklung 
von Kohlensäure bedingt ist. Bei weiterem Fortschreiten der Krankheit 


verändert sich unter Bildung stärkerer Trübungen auch der Farbstoff, : 


während der Geschmack so abstoßend. bitter wird, daß der Wein nicht 
mehr zu genieben ist. 

Die Ursache der Bitter-Krankheit erblickt Pasteur (2) in der 
Tätigkeit eines nach seinen Beschreibungen fakultativ anaeroben Spalt- 


pilzes, der in kräftigen Stäbchen oder Fäden auftritt, die nach seinen 


Angaben dicker sind als die des Erregers des Umschlagens. Nach 
Ducraux (2) soll der Querdurchmesser dieser von PAsTEur (2) be- 
schriebenen Bakterien 1 « selten übersteigen. Die Stäbchen und Fäden 
sind meist von einer braunen Hülle von ausgeschiedenem Farbstoff 
umgeben und erscheinen dadurch dicker und stellenweise knorrig. 
J. Bersch (1 u.35) führt das Bitterwerden ebenfalls auf die Anwesen- 
heit eines Gärerregers zurück, gibt davon aber eine ganz unzureichende 
Beschreibung, deren Mängel schon WorTMAanN (8) aufgedeckt hat. NEuv- 
BAUER (1) hat die von Pasteur (2) beschriebenen Bakterien angeblich 


auch in Ahr-Rotweinen als Erreger des Bitterwerdens nachgewiesen. : 


Perroxcıro und MAGGIorA (1) haben in bitterkranken, jungen Peronospora- 
Weinen (vergl. S. 376) ein Stäbehenbakterium aufzefunden, dessen 5—6 u 
lange und 1 «u dicke Zellen meist zu vielfach ineinandergeschlungenen 
Fäden vereinigt sind. Mit Bouillonzuchten dieses Spaltpilzes ließ sich 
ein gesunder, alkoholarmer Rotwein künstlich bitter machen, während 
das bei einem Wein von 85 Proz. Alkohol-Gehalt nicht gelang. 
Kramer (1) vertritt dieselben Ansichten wie Pasreur (2), hat aber 
bei Impfversuchen mit den Bakterien eines bitteren Weibweines keinen 
Erfolg gehabt. Aperuonn (1) ist geneigt, als Ursache der Krankheit 
einen Bazillus anzusehen, den er in einem bitteren deutschen Rot- 
wein auffand, jedoch nicht reinzüchtete. Dieser Spaltpilz bildet sehr 
dünne Zellen, die zu langen Fäden mit scharfen Kniekungen verbunden 
sind. Versuche, die Krankheit durch Ueberimpfen des Bazillus auf ge- 
sunde Rotweine zu übertragen, haben nach einer Mitteilung von Worr- 


MANN (8) nicht zum Ziel geführt, obwohl der Organismus nach der An-: 


sicht dieses Forschers mit dem von Pasreur (2) beschriebenen Bitter- 

ferment zweifellos identisch war. Borpas, JovLın und DE RaczKkowskı 

(3, 4,5) haben aus einem bitteren Wein ein polar begeißeltes, sporen- 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. V, 34 


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— 530 — 


bildendes Bakterium gezüchtet, mit dem sie einen gesunden, durch ein 
Chamberland-Filter sterilisierten Wein innerhalb 8 Monate angeblich 
bitter machen konnten. Auch Wortmann (8) hat in einem bitteren 
Rotwein einen sporenbildenden Bazillus beobachtet, der aber an der 
s Krankheit nicht beteiligt sein soll. Dasselbe gilt nach seiner Ansicht 
von einer Reihe anderer Bakterien, die er in bitteren Weinen auf- 
gefunden hat. Es befinden sich darunter auch das von PAsTEUR (2) 
beschriebene Bitter-Bakterium sowie ein als Micrococcus vini bezeich- 
neter Spaltpilz. Maz& und Pacorter (2) haben aus bitteren Rot- 
ıo weinen vier angeblich streng anaerobe mannitbildende Bakterien ge- 
züchtet, die in ihrem morphologischen und physiologischen Verhalten 
mit den Bakterien des umgeschlagenen Weines und dem Mannit- 
bakterium von Gayon und Dupoure (1 u. 2) völlig übereinstimmen 
sollen. Die Bitterkrankheit konnten auch sie mit diesen Bakterien 
ısin gesunden Weinen nicht hervorrufen. Vo1senxer (1) beschreibt als Ur- 
heber des Bitterwerdens unter dem Namen Baeillus amaraerylus ein Stäb- 
chenbakterium, welches er einem bitteren Wein entnommen hat; es soll aus 
Glycerin Acrolein bilden und dadurch den bitteren Geschmack des Weines 
verursachen. Der Infektionsversuch ist mit diesem Bakterium angeb- 
»o]ich geglückt. MÜLLER-THURGAU und ÖSTERWALDER (1) haben in bitteren 
Rotweinen der Schweiz regelmäßig die von PAstEur (2) beschriebenen 
Bakterien vorgefunden und sind der Ansicht, daß diese Spaltpilze das 
Bitterwerden in den von ihnen beobachteten Fällen auch tatsächlich be- 
wirkt haben. Als Ergebnis dieser verschiedenen Arbeiten verdient fest- 
» gehalten zu werden, dab in bitteren Rotweinen stets Bakterien vor- 
kommen, daß wir über die Rolle, die sie beim Bitterwerden spielen, 
aber mehr auf Vermutungen als auf sicher ermittelte Tatsachen ange- 
wiesen sind. An dieser Sachlage haben auch die neueren Befunde 
von Voısener (1—4), die der Nachprüfung bedürftig sind, nicht viel 
30 gebessert. 

Was die Veränderungen anbelangt, welche die Bestandteile des 
Weines beim Bitterwerden erleiden, so sei zunächst auf die Angabe von 
PastEur (2) verwiesen, wonach die Krankheit den Gehalt des Weines 
an Weinsäure und Weinstein unverändert läßt und sich darin deutlich 

3; vom Umschlagen unterscheidet. Die Weinstein-Bestimmungen, auf die 
sich PAstEur (2) hierbei stützt, haben freilich, wie schon BEHRENS (2) 
ausgeführt hat, sehr widersprechende Ergebnisse geliefert. Der Gehalt 
des Weines an Gesamtsäure kann sich nach Pastevur (2) fast um ein 
Promille erhöhen, wogegen NEUBAUER (1) gefunden hat, daß selbst bei 

ıhochgradigem Bitterwerden eine nennenswerte Vermehrung der Gesamt- 
säure nicht stattfindet. J. Bersc# (1) bemerkt, daß bei der Krankheit 
die Weinsäure unter leichter Kohlensäure-Entwicklung angegriffen wird, 
und ähnliche Angaben finden sich bei Grenarp (1), Dauten (1) und 
E. Kramer (1). Ducravx (1) hat eine Abnahme der fixen Säuren nicht be- 
sobachtet und erblickt hierin wie PasteEur (2) ein wesentliches Unterschei- 
dungsmerkmal gegenüber dem Umschlagen, bei dem gerade diese Säuren 
der Zersetzung anheimfallen. Neuerdings hat auch Voısexer (1) einen Fall 
von Bitterkrankheit beobachtet, bei dem innerhalb 10 Jahre nur eine un- 
wesentliche Verminderung der Weinsäure eingetreten war. Bei der Unter- 

so suchung von länger aufbewahrten bitteren Rotweinen hat Ducraux (1) 
ferner ermittelt, daß bei der Krankheit die flüchtigen Säuren des Weines 
an Menge zunehmen. Da nach seinen Beobachtungen gleichzeitig der 
Glycerin-Gehalt des Weines zurückgeht, vermutet er, daß diese Säure- 


— 531 — 


bildung auf einer Vergärung des Glycerins beruht. Die auftretenden 
flüchtigen Säuren bestehen nach Ducravx (1 u. 2) aus Essigsäure und 
geringen Mengen von Buttersäure. In einem stark erkrankten Burgunder- 
wein hat er z.B. 1,83 Promille Essigsäure und 0,19 Promille Butter- 
säure gefunden. In einem anderen Falle hat er nachgewiesen, daß sich 5 
in einem bitterkranken Wein, der im Jahre 1872 nur 1,85 Promille 
Essigsäure und 0,08 Promille Buttersäure enthalten hatte, im Laufe von 
12 Jahren der Essigsäure-Gehalt auf 3,88 Promille und die Buttersäure 
auf 0,17 Promille erhöht hatte. Eine Vermehrung der flüchtigen Säuren 
mit Bildung von etwas Buttersäure wollen auch Borvas, JounLıy und ıo 
RAczkowsk1ı (4) in einem mit reingezüchteten Bakterien bitter gemachten 
Rotwein erzielt haben. Daß diese beiden letztgenannten Befunde nicht 
dazu berechtigen, die Bitterkrankheit als eine Buttersäure-Gärung zu be- 
zeichnen, wie das von SEmıcHox (1) geschieht, ist auf S. 519 bereits 
gesagt worden. 15 

Die mitgeteilten Angaben über das Verhalten der Säuren zeigen 
manche Widersprüche, die zum Teil sicher darauf zurückzuführen sind, 
daß nicht immer die reine Krankheit des Bitterwerdens, sondern öfter 
die Wirkungen einer Mischinfektion untersucht worden sind. Für ein- 
zelne Bestimmungen von Ducraux (1) steht das nach dessen eigenen » 
Mitteilungen unzweifelhaft fest. Wie MÜLLER-THaURGAU und ÖSTER- 
WALDER (1) bereits bemerkt haben, erhält man bei einem Vergleich der 
ermittelten Zahlenwerte auch den Eindruck, daß die Krankheit mit dem 
Abbau der aus den Trauben stammenden organischen Säuren beginnt. 
Darauf weisen neben anderen Tatsachen der wiederholt beobachtete 3 
fade Geschmack und die Kohlensäure-Entwicklung hin, die sich in 
diesem Abschnitt der Krankheit anscheinend regelmäßig bemerkbar 
machen. Nachträglich dürfte dann wohl durch Bildung von Milchsäure, 
Essigsäure und anderen Fettsäuren, die man früher als Weinsäure 
bestimmt hat, der Säure-Gehalt des Weines wieder eine Erhöhung » 
erfahren. Mit dieser Auffassung stehen freilich die später zu be- 
sprechenden Ansichten von WORTMANN (8) über das Wesen der Krankheit 
nicht ganz im Einklang. 

Dab der Rotweinfarbstofft im Verlaufe der Krankheit zum Teil 
ausgefällt wird, hat schon Pasrteur (2) mitgeteilt. Der unlöslich ge-s> 
wordene Farbstoff schlägt sich an der Flaschenwand in Lamellen nieder, 
die sich später wieder loslösen, und setzt sich auch auf den Bakterien 
und sonstigen Trübungsstoffen ab, woraus kugelförmige, einzeln lierende 
oder zu Konglomeraten vereinigte Ausscheidungen hervorgehen. WoRrr- 
MANN (8) bezeichnet sie als Bitterkörnchen und ist im Gegensatz zu % 
Pasteur (2) der Ansicht, daß sie in der Hauptsache aus Bitterstoff 
bestehen, der sich aus einem Oxydationsprodukt des Rotwein-Gerbstoffs 
bilde Die beim Bitterwerden eintretende Abnahme des Farbstoff- und 
Gerbstoff-Gehaltes der Weine, wie sie NEUBAUER (1) beobachtet hat, 
dürfte zu diesem Vorgang in Beziehung stehen. Nach Berscn (1) solls 
der Gerbstoff allerdings in Gallussäure und vielleicht in Pyrogallus- 
säure übergehen, eine Behauptung, die sich mit den von Berscn (1) 
angeführten Tatsachen freilich nicht beweisen läßt. 

Schon seit Pasteur (2) und Ducraux (1 u. 2) ist bekannt, daß beim 
Bitterwerden auch der Glycerin-Gehalt des Weines eine Verminderung s 
erfährt. Borvas, Jounıs und Raczkowskt (4) haben in einem dureh 
Ansteckung bitter gemachten Wein im Laufe von 6 Monaten eine Ab- 
nahme der vorhandenen Glycerinmenge von 7,5 Promille auf 4,8 Promille 

34* 


— 532 — 


festgestellt, wozu freilich bemerkt werden muß, dab es bei dem auffälligen 
Rückgang des Weinstein-Gehaltes, der in diesem Wein eingetreten war, 
noch sehr fraglich ist, ob diese durch Impfung herbeigeführte Erkrankung 
mit dem gewöhnlichen Bitterwerden verglichen werden darf. Vo1sExEr (1) 
swill allerdings eine ebenso weitgehende Abnahme des Glycerins in 
Weinen beobachtet haben, die unzweifelhaft bitter waren. In einem 
Falle hatte die Krankheit den Glycerin-Gehalt im Laufe von 10 Jahren 
von 7,65 Promille auf 3,92 Promille herabgesetzt. 
Ueber die Natur des Bitterstoffs sind die Meinungen sehr 
ıogeteilt. Der Körper haftet nach NEUBAUER (1) zunächst nicht dem 
Gärerreger an, sondern ist anfangs im Wein gelöst, nach Wimpiısch (1) 
möglicherweise in kolloidaler Form. Worrmann (8) hat gezeigt, dab 
sich der Bitterstoff im Laufe der Krankheit zum Teil unlöslich ab- 
scheidet und im Bodensatz des Weines zu den oben erwähnten Bitter- 
ıskörnchen zusammenballte Beim Erwärmen des Weines gehen diese 
Gebilde wieder in Lösung, worauf die Erscheinung zurückzuführen ist, 
daß der bittere Geschmack beim Pasteurisieren des Weines leicht noch 
verstärkt wird. Ueber die chemische Zusammensetzung des Bitterstoffs 
ist nichts sicheres bekannt. Die in den älteren Werken von JULLIEN (1) 
»ound L. vow Bao (1) enthaltene Angabe, dab er aus einem bitter 
schmeckenden Citronensäure-Ester bestehe, hat Murper (1) schon 1856 
mit der Bemerkung zurückgewiesen, daß bei dem Fehlen der Citronen- 
säure im Traubenwein eher der gleichfalls bitter schmeckende Weinsäure- 
Amyl-Ester vorliegen dürfte. Bei HELLENTHAL-BEYSE (1) findet sich die 
25 Bemerkung, daß der bittere Geschmack auf einen Ueberschuß an Tannin 
zurückzuführen ist, wie er sich ergibt, wenn die Weine zu lange auf 
den Trestern gären oder Gerbstoff aus dem Holz der Gärbehälter auf- 
nehmen. Auf Grund ähnlicher Anschauungen geben NEUBAUER (1) und 
DAHten (1) der Vermutung Ausdruck, dab die bitter schmeckenden 
30 Körper durch eine Umsetzung des Gerbstoffes entstehen. WORTMANN (8) 
vertritt die gleiche Ansicht, die auch darin eine Stütze findet, daß die 
Krankheit vorzugsweise Rotweine und solche Weißweine befällt, die wie 
die ersteren auf den Trestern vergären und daher ebenfalls sehr viel 
Gerbstoff enthalten. J. BrrscH (1) glaubt zwar nachgewiesen zu haben, 
5daß der Gerbstoff des Weines durch Bakterien in Gallussäure und 
vielleicht auch in die schwach bitter schmeckende Pyrogallussäure ver- 
wandelt wird, gibt aber doch an, dab der eigentliche Bitterstoff aus 
einem anderen Extrakt-Bestandteil des Weines hervorgehen müsse, weil 
der Geschmack der Pyrogallussäure mit dem eines bitteren Rotweines gar 
sonicht zu vergleichen sei. MÜLLER-THURGAU und OÖSTERWALDER (1) weisen 
darauf hin, daß Gallussäure-Aethylester, der bei längerem Verweilen von 
Gallussäure im Wein wohl entstehen kann, gleichfalls bitter schmeckt. 
Nach Maumen#& (1) sollen stickstoffreiche Weine besonders leicht bitter 
werden. Man wird sich dabei der von F. Eukrıca (1) erwiesenen Tat- 
ssache zu erinnern haben, daß die Hefe beim Eiweib-Stoffwechsel aus 
Tyrosin den stark bitter schmeckenden p-Oxyphenyl-Aethylalkohol (Tyro- 
sol) abspaltet. Aehnliche Umsetzungen wären auch bei anderen Gärungs- 
erregern möglich. Nach MAumen& (1) beruht das Bitterwerden des 
Weines nicht selten auch darauf, daß unter dem Einfluß des Luft-Sauer- 
sostoffs ein bitteres Aldehyd-Ammoniak-Harz im Weine gebildet wird. 
Derselben Ansicht ist Trızzar (1), der auch nachgewiesen hat, daß in 
bitteren Rotweinen bis 0,15 Promille Aldehyd und verhältnismäßig 
viel Ammoniak enthalten ist. Nach den Beobachtungen dieses Forschers 


— 593 — 


kann man Rotweine durch Zusatz kleiner Mengen von Aldehyd und 
Ammoniak bitter machen, wobei auch die bekannten Ausscheidungen 
auftreten. Sie sollen Niederschläge des Harzes oder des Weinfarbstoffes 
sein, der durch Spuren von Aldehyd in eine unlösliche Verbindung über- 
geführt wird (s. S. 464 u. 497). Dieselbe Beschaffenheit besitzen nach 
Trırrar (1) auch die bekannten Knötchen und Hüllen an den Bakterien 
der bitteren Weine. Mit dieser Ansicht steht bis zu einem gewissen 
Grade die Angabe von Wortmann (8) im Einklang, nach der die Bitter- 
körnchen als Gemenge von Bitterstoff und ausgeschiedenem Farbstoff 
anzusehen sind. Man vergleiche damit die Darlegungen von PAcoTTEr (2) 10 
und Kayser (2), worin Näheres über die Anschauungen von TRrıLLar (1) 
mitgeteilt wird. Nach Voısexer (2 u. 3) entsteht beim Bitterwerden 
der Rotweine durch die Einwirkung des Dac. amaracerylus aus Glycerin 
Acrolein, das durch Oxydasen und Hefen sehr leicht oxydiert wird, im 
Wein aber eine Verbindung mit dem Rotweinfarbstoff eingeht und einıs 
Polymerisationsprodukt von stark bitterem Geschmack bildet. In dieser 
Form soll es auch in dem bekannten Bodensatz der Weine enthalten 
sein und dessen bitteren Geschmack verursachen. 

Wie diese Zusammenstellung erkennen läßt, gehen nicht nur die 
Ansichten über die chemische Natur des Bitterstoffs weit auseinander, »o 
sondern es herrscht auch keineswegs. allgemein die Ueberzeugung, dab 
die Bitterkrankheit der Rotweine auf bakteriologischen Vorgängen be- 
ruht. Lehrreich sind in dieser Beziehung die mitgeteilten Versuche 
von Trızzar (1), die gezeigt haben, daß auf rein chemischem Wege 
Rotweine bitter werden können. Eine ähnliche Beobachtung hat übrigens 3 
auch PAsTEur (2) gemacht, der darauf hinweist, daß im Anbruch liegende 
Rotweine oft schon durch die bloße Einwirkung der Luft einen bitteren 
Geschmack annehmen, diesen aber wieder verlieren, wenn man sie sorg- 
fältir von der Luft abschließt. 

Nach den Untersuchungen von WORTMANnN (1,8,11) kommt der Mit-% 
wirkung des Sauerstoffs beim Bitterwerden selbst dann große Bedeutung 
zu, wenn die Krankheit durch Gärungserreger verursacht wird. Nach 
seinen Ausführungen berechtigen die vorliegenden Tatsachen nicht dazu, 
die Krankheit des Bitterwerdens auf die Lebensvorgänge bestimmter 
Bakterien zurückzuführen. Beteiligt sind an ihr pilzliche Organismen, s 
und zwar vor allen Dingen gewisse Schimmelpilze, darunter in erster 
Linie der auf S. 365 beschriebene Pilz der Edelfäule (Botrytis cinerea), 
in zweiter Linie auch Penieillium glaucum, Racodium cellare und andere 
Pilze. Unter gewissen Umständen sollen nach Wortmann (1 u. 11) auch 
Hefen das Bitterwerden bewirken, ferner gibt er die Möglichkeit zu, « 
daß Bakterien zu der Krankheit in Beziehung stehen, hebt aber hervor, 
daß die Beweise dafür noch fehlen. Durch die Lebenstätigkeit der 
Schimmelpilze werden die Gerbstoffe des Weines in Verbindungen um- 
gewandelt, die bei Sauerstofl-Zutritt früher oder später in Bitterstoffe 
übergehen. Wortmann (8) hält diese letzteren also für Oxydations- # 
produkte eines Gerbstoff-Abkömmlings, der durch Organismenwirkung 
entsteht. Von großer Bedeutung für das Auftreten der Krankheit sind 
nach WOorTMmAnN (8) die Fäulnisvorgänge der Trauben, weil in der 
Regel schon dabei die Umsetzung der Gerbstoffe erfolgt. Weine aus 
stark verschimmelten Trauben sollen daher immer die Neigung besitzen, » 
an der Luft bitter zu werden. Durch vergleichende Gärversuche mit 
reinen Traubensäften und Gemischen von Mosten aus gesunden und 
faulen Trauben hat sich die Richtigkeit dieser Annahme erweisen lassen, 


— 54 — 


Auch hat Worrmann (11) gezeigt, dab gerbstoffhaltige künstliche Nähr- 
lösungen unter der Einwirkung von Schimmelpilzen und Hefen bitter 
werden. Seine Auffassung wird ferner durch die Ergebnisse von Gär- 
versuchen gestützt, die E. Kayser und REGNIER (1) ausgeführt haben, 

5 und entspricht auch der Ansicht, die Av. MAver (1) über das Bitter- 
werden geäußert hat. 

Aus alledem ergibt sich der Schluß, daß der Wein auf sehr ver- 
schiedene Weise bitter werden kann. Völlig aufgeklärt sind die Vor- 
gänge, die sich dabei abspielen, aber keineswegs, und eine befrie- 

ıdigende Lösung der ganzen Frage wird auch kaum zu erwarten sein, 
bevor die chemische Zusammensetzung der Bitterstoffe nicht genauer 
erforscht ist. 

Als Bekämpfungsmittel gegen die Krankheit haben PAastEur (2), 
NEUBAUER (1), J. Bersch (3) und B. Haas (1) das Pasteurisieren der 

ıs Weine empfohlen. Wortmann (8) hält diese Behandlung nur dann für 
angebracht, wenn die Weine stark bakterienhaltig sind und die Krank- 
heit noch nicht weit vorgeschritten ist. Bei Weinen, die schon längere 
Zeit unter der Krankheit leiden, ist das Pasteurisieren bedenklich, weil 
sich in der Hitze die ausgeschiedenen Bitterstoffe wieder lösen und die 

»» Weine dadurch nur noch bitterer werden. Das von B. Haas (1) an- 
gegebene Verfahren, die Weine durch Zusatz von Kaliumpermanganat 
oder durch andere Oxydationsmittel vom Bittergeschmack zu befreien, 
ist für die Praxis bedeutungslos.. Nach NessLEr (1 u. 2) lassen sich 
bittere Weine oft durch Umgären auf frischen Trestern wieder her- 

stellen, was nach NEsstLer (1 u. 2) und Wortmann (8) darauf beruht, 
daß die Hefen die Bitterstoffe durch Flächen-Anziehung mit zu Boden 
reißen. Dieselbe Wirkung hat Nesster (2) in manchen Fällen mit 
Filtrierpapier erreicht. Endlich läßt sich der Bitterstoff, wie WOoRrT- 
MANN (8) und WinpiscH (1) angegeben haben, nicht selten auch durch 

soSchönungen mit Hefe, Casein oder Holzkohle aus dem Wein entfernen. 
Vorzubeugen ist der Krankheit nach Wortmann (8) durch sorgfältige 
Beseitigung der faulen Trauben aus dem Lesegut, zeitises Abkeltern 
der gärenden Maische, Abhalten der Luft vom Wein und “durch Unter- 
drückung jeder Schimmelbildung auf den Fässern und auf den Korken 

sder Flaschenweine. Man vergleiche damit die Ausführungen von 
Rovvier (1), FArtor (1) und SEMICHoN (1). 


Literatur 
zum Kapitel Fehler und Krankheiten des Weines. 


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S 140. — (4) Ebenda, 1899, Bd. 22, S. 391. *Windisch, K: (1) Nessler (2). En (2) 
Weinbau und Weinhandel, 1902, Ba. 20782 297 „Ninogradsky, S.; (1) Arb. 
St. Petersburger naturforsch. Gesellsch., 1884, Bd. 14, S. 132, ref. in Justs Botan. Jahres- 
ber., 1885, S. 278. *Wortmann, J., (1) Die wissenschaftl. Grundlagen der Weinbereitung 
und Kellerwirtschaft. Berlin 1905. — (2) Ber. der Kgl. Lehranstalt für Wein-, Obst- 
u. Gartenbau in Geisenheim f£. 1900/01. Wiesbaden 1901, S. 88; desgl. für 1898/99. 
Wiesbaden 1899, S. 61. — (3) Weinbau und W einhandel, 1899, Bd. 17, S. 294. — 
(4) Ebenda, 1896, Bd. 14, S. 392; Verhdig. d. XV. Deutsch. Weinbaukongresses in 
Heilbronn 1896. Mainz 1897. — (5) Jahresber. d. Kgl. Lehranstalt usw. in Geisenheim 


f. 1900/01, S. 92: Mitteilungen über Weinbau u. Kellerwirtschaft, 1901, Bd. 13, S. 49, 


ao) Weinbau und Weinhandel, 1897, Bd. 15, S. 321; Jahresber. d. Kol. Lehranstalt 
usw. in Geisenheim f. 1896/97. Wiesbaden 1897, S. 162. — (7) Landw. Jahrbücher, 1897, 
Bd. 26, S. 473. — (8) Ebenda, 1900, Bd. 29, S. 629. — (9) Jahresber. d. Kgl. Lehr- 
anstalt usw. in Geisenheim f. 1891/92. Wiesbaden 1892, 8. 52. — (10) Ebenda, S. 55; 
Weinbau und Weinhandel, 1893, Bd. 11, S. 9. — (11) Jahresbericht d. Kel. Lehranstalt 
usw. in Geisenheim f. 1901. Wiesbaden 1902, S.116. *Wurm, E., (1) Dinglers Journ., 
1880, Bd. 235, S. 225. 


Sechster Abschnitt. 


Die Essigsäuregärung. Der Abbau einiger organischer 
Säuren durch Spaltpilze. 


Manuskript-Abschlu/s: 
Ende 1911.) 


19. Kapitel. 
Die Essigsäuregärung. 


Von 
Dr. Larar. 


$ 122. Die Essigsäuregärung als Lebensvorgang. 


Fr. Tr. Kürzıme (1) ist nicht bloß, zusammen mit Schwan und 
ÜAGNIARD-LATOUR, einer der drei gleichzeitigen Gründer der Gärungs- 
physiologie im allgemeinen gewesen. Schon auf S. 15 des Ersten Bandes, 
auf der man die entscheidende Stelle aus seiner anspruchslos auf- 
tretenden Abhandlung wörtlich wiedergegeben finden kann, ist mit Nach- 
druck darauf hingewiesen worden, daß er sich nicht, wie seine eben 
genannten zwei Mitstreiter, auf die Alkoholgärung beschränkt, sondern 
den Kreis der Betrachtung viel weiter ausgedehnt hat. Ihm allein 
kommt das Verdienst zu, auch die Essigsäuregärung als Ergebnis der 


Tätigkeit gewisser Kleinlebewesen aufgefaßt zu haben, die er scharf 


von den Erregern der Alkoholgärung unterschied. Seine Bedeutsamkeit 
als grundlegender Forscher ist durch W. Zorr (2) und W., Scnumann (1) 
in je einem lesenswerten Nachruf betont worden. A. Scnurone (3) sieht 


einen Vorläufer Kürzıns’s in H. Borrmaave (1), weleher im Jahre 1732 u 


in seinem auch für die Geschichte der Gärungstechnik wertvollen Buche 
die Gärung als eine Art Vegetationsprozeß aufgefaßt zu haben scheine 
und für deren Erreger die wohl aus der Volkssprache bloß herüber- 
genommenen Ausdrücke Blume (flos) und Mutter (mater) gebraucht habe. 


Gegenstand der Darlegungen Kürzıns’s war bloß jene Art der: 


Säuerung gewesen, die in alkoholischen Getränken, wie Wein oder Bier, 
bei ruhigem Stehen durch eine an der Oberfläche sich entwickelnde 


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— 540 — 


Wucherung von Spaltpilzen eintritt und bei Verwendung von Wein als 
Unterlage den Weinessig liefert, der in Frankreich insbesondere in der 
Gegend von Orleans seit langem in vortrefflicher Beschaffenheit hergestellt 
wird, wonach auch diese Art der Essigebereitung kurzweg Orl&eans- 
sVerfahren heißt. In Deutschland hingegen war damals (1837) schon 
das nach ScHÜrzengacHh benannte Verfahren in Gebrauch, das, zum 
Unterschied von jenem, nicht ein verhältnismäßig extraktreiches Roh- 
material, sondern eine aus verdünntem Spiritus, Essig und geringen 
Mengen anderer organischer und anorganischer Nährstoffe zusammen- 
gesetzte Maische (Essiggut) verwendet, weiterhin dann diese letztere 
nicht, wie dort, ruhig stehen läßt, sondern im Gegenteil in tropfenfeiner 
Zerteilung in dem mit Holzspänen beschickten sogen. Bildner einem 
Strome von Luft entgegenführt und so in viel kürzerer Zeit zu hohen 
Säuregraden gelangt, so daß dieses Verfahren mit Recht als Schnell- 
Bessig- Fabr: ikation bezeichnet wird. Hier liegen also die Verhält- 
nisse "anders und kommen jenen sehr nahe, unter welchen der Chemiker 
zu arbeiten und zu beobachten gewohnt ist: denn hier, im Bildner, ver- 


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mag, bei normaler Arbeit, das unbewafinete Auge nicht die Anwesen- 


heit pilzlicher Organismen zu entdecken. Man wird sich demnach 


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allein zum Gegenstande hatte, sozusagen von selbst zu einer rein chemi- 
‚ schen Auffassung des Vorganges im Essigbildner hingeleitet wurde. Zu 
erwägen wäre aber auch, inwieweit er dabei unter dem Einflusse 
» HermestÄpr’s (1) sich bewegte, welcher als chemischer Technologe da- 
mals ziemliches Ansehen genoß und im Jahre 1807 die Essigsäuregärung 
vom Standpunkte der auf S. 3 des Ersten Bandes dargelegten Gärungs- 
Theorie Starv's aus gedeutet hatte. 
Epm. Davy (1) hatte im Jahre 1820 an dem durch ilın entdeckten 
Platinschwarz die Fähigkeit bemerkt, den Alkohol unter Bildung von 
Essigsäure zu oxydieren. J. W. DÖBEREINER (2), dessen Arbeiten und 
Bestr ebungen auf dem Gebiete der Dee ihre Würdigung durch 
A. SCHROHE (1) gefunden haben, bestätigte und erweiterte diesen Be- 
fund im Jahre 1821 dahin, daß als Zwischenprodukt der Oxydation der 
ssogen. Sauerstoffäther, der später den Namen Aldehyd bekam, auftrete. 
Ein Jahr darauf wies DÖBEREINER (5) auf die Anwendbarkeit jenes 
Verhaltens zur Darstellung der Essigsäure im Großen hin und gab 
dann auch einen Apparat für diesen Zweck an. Und wieder ein Jahr 
später (1823) empfahl ScHhürzenrach sein neues Verfahren der Schnell- 
ıessig-Fabrikation (s. S. 608). 

Als dann Lrerıe (1) im Jahre 1835 mit dem Studium der Produkte 
der (auf nassem Wege bewirkten) Oxydation des Alkohols beschäftigt 
war, unter denen er als erstes den Aldehyd erkannte und benannte, 
wiederholte er auch DÖBErkEıner’s Versuch und erörterte schließlich die 

Frage, ob bei der Essigbildung die Entstehung des (schon bei 21° © 
siedenden) Aldehyds jener der Essigsäure stets vorher gehe und inwie- 
weit sie an der von den Schnellessig- Fabrikanten so oft beklagten 
schlechten Leistung der Bildner und an der ungenügenden Ausbeute 
die Schuld trage. Zwei Jahre später kommt Lıesıc (2) darauf in einer 
so Abhandlung zurück, die laut Titel schon der Theorie des Essigbildungs- 
prozesses gewidmet ist. Sie beschäftigt sich zwar im wesentlichen bloß 
mit der Frage des Luftbedarfes und der Lüftung der Bildner, weist 
jedoch zu Beginn darauf hin, daß die Art der Wirkung der der Essigmaische 


auch nicht wundern können, dab Liegis, als er an das Studium der 
Essigsäuregärung schritt und dabei zunächst dieses deutsche Verfahren 


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— 54 — 


zugesetzten organischen Stoffe (Zucker, Malz usw.) noch nicht hinläng- 
lich erforscht sei. Im übrigen aber hält sie sich ganz auf dem Boden 
rein chemischer Auffassung und stellt zum Schlusse es als gewiß hin, 
Essig in jeder beliebigen Stärke bereiten zu können, sofern man für 
Zusatz von Alkohol bei jedem neuen Aufgießen auf den Bildner Sorge 
trage. Und wieder zwei Jahre später dehnt Liesıc (3) seine Deutung 
auf die Säuerung des Weines (wie auch des Bieres) nach dem Orleans- 
Verfahren aus und behauptet, daß die Essiggärung mit der (von anderen 
mit ihr verglichenen) Mostgärung nichts anderes gemein habe, als daß 
auch sie bei Luftzutritt vor sich gehe, ohne daß man sonst etwas hin- 
zubringe. Er erklärt die Wirkungsweise der Holzspäne im Bildner 
derjenigen des Platinmohrs in DÖBEREINErR’sS Versuch für durchaus gleich 
und legt (4) diese seine Theorie noch eingehender in seiner im selben 
Jahre herausgegebenen Organischen Chemie und im folgenden Jahre in 
seinem schon auf S. 16 des Ersten Bandes angeführten Buche dar. 
Und auch Berzeuivs (1) ging in seinem Jahresbericht für 1839 über 
die Beobachtungen Kürzıng’s geringschätzig hinweg; nach seiner Meinung 
wirke die Essigmutter durch die in ihr eingesogene Essigsäure, welch 
letztere selbst er für das eigentliche Ferment ansah, obwohl doch 
DÖBEREINER (1) schon im Jahre 1816 bemerkt hatte, dab der Essig 
durch Sieden zwar haltbar aber zugleich auch unfähig werde, die saure 
Gärung zu veranlassen. Fr. J. Orro' (1) erklärte im Jahre 1840 in 
seinem Lehrbuche es für ungewißb, ob „mikroskopisch kleine Gebilde 
des Pflanzen- oder Tierlebens* es seien, welche die Essigsäuregärung 
bewirken. Selbst ©. Trommer (1), der doch in seinem, lieferungsweise 
ausgegebenen und durch DELBRÜCK und SCHROHE (1) wieder hervor- 
geholten und neu gewürdigten Buche in dessen ersten Lieferung in 
einer wunderbar klaren Darstellung schon im Jahre 1856, also ein volles 
Jahr vor der Veröffentlichung (s. Bd. I, S. 17) der ersten Arbeit 


Pasreur’s, in betreff des Wesens und Wirkens der Hefe sich ganz aufs 


dem Boden der vitalistischen Auffassung der Alkoholgärung im Sinne 
ÜAGNIARD’S, SCHWANNS und Kürzıng’s bewegt, hat weiterhin in betreff 
der Essiggärung noch unentschieden gelassen, ob auch diese „unter 
Mitwirkung gewisser organischer Wesen“ stattfinde. 


So war es denn erst PAsreur, welcher die Auffassung der Essig- x 


säuregärung als Wirkung bestimmter Kleinlebewesen aufs neue be- 
hauptete und als zutreffend erwies. Die ihm dafür gebührende Aner- 
kennung wird jedoch durch die Tatsache getrübt, daß er seinen einzigen 
wirklichen Vorgänger Kürzıng, dessen Arbeit er anführt und also wohl 
gekannt hat, in der Meinung des Lesers dadurch herabwürdigt, dab er 
ihn mit Turrın (s. Bd. I, S. 15) auf eine Linie stellt und sagt, dab 
beide nichts Neues erbracht hätten. Davon ist nur das eine richtig, 
dab Kürzına seinem Nachfolger die gröbere Beweisführung übrig ge- 
lassen hat, in der Schärfe der Beobachtung jedoch gegen ihn nicht 
zurückstand und in der Folgerichtiekeit des Schließens ihn, wie bald 
festgestellt werden wird, sogar übertraf, Pasrzur’'s Haltung in dieser 
Frage ist jedoch recht begreiflich: anstatt die weniger dankbare Rolle 
des Fortsetzers der von dem Botaniker Kürzıns vorgezeichneten Auf- 
gabe zu übernehmen, wählte er, der ja Chemiker war, diejenige des 


Kiämpfers gegen den damals angesehensten Fachgenossen in einer Aus-: 


gangsstellung, in welcher, dank gerade der Vorarbeit der von ihm so 
geringschätzig behandelten Botaniker, ein siegreicher Ausgang schon 
von Beginn an wahrscheinlich war. Gegen Lienis’s Dogmatismus also 


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kehrte er das Rüstzeug seiner großen Geschicklichkeit in der Anstellung 
von Versuchen. Schon im Jahre 1862 zeigte PastEur (2), daß ver- 
dünnter Alkohol, den man bei Zutritt von Luft über reine (keimfreie) 
Holzspäne oder über eine Schnur langsam hinabtröpfeln läßt, keine 

; Säuerung erfährt, und dab diese in der Essigbereitung durch Kleinlebe- 
wesen besorgt wird, welche er Mycoderma aceti (s. S. 543) nannte. Zwei 
Jahre später führte Pasteur (4) den strengen Beweis und gab eine 
Beschreibung der Gestalt, der Entwicklungsgeschichte und der Lebens- 
bedingungen dieses Gärerregers, von dem er wiederholt sagt, daß er 

ı.nach Art des Platinschwammes“ wirke,. Er verwahrt sich sogar da- 
gegen, dab man seine Darlegungen so verstehen könne, als ob er jenen 
Hautgebilden eine physiologische Wirkung habe zuschreiben wollen. 
Er hat also sich selbst noch nicht ganz von der rein chemischen Auf- 
fassungsweise losgemacht und ist noch gar nicht bis zur rein physio- 

ıs logischen Deutung vorgedrungen. Er steht noch auf dem Standpunkt 
Tmuonmsov’s (1), der schon im Jahre 1852 die Wirkungsweise der Essig- 
mutter derjenigen des Platinschwammes für gleich gehalten hatte. 
LreeıG (6) machte diese Halbheit sich alsbald zunutze und verfocht im 
Jahre 1870 aufs neue seine alte Lehre, der gegenüber dann PAsTEur (6) 

.im Jahre 1872 seine Auffassung nochmals darlegte und nun schon ver- 
gleichsweise die Wirkungsart der Essigsäure-Bakterien als derjenigen 
der roten Blutkörperchen ähnlich erklärte. Es war nun so außer Zweifel, 

daß nicht jedes beliebige proteimfhaltige Ferment wirkt und dab dieser 
_ Gärerreger aus anor ganischen Nährstoffen gezüchtet werden Kann. 

25 Einen weiteren und nieht unwesentlichen Fortschritt verdankt 
man W. vox KnIERIEM und A. MaAYer (1) insofern, als sie im Jahre 1873 ° 
feststellten, daß nur das Platinmohr sowohl verdünnten als auch hoch- 
srädigen Alkohol oxydiert und daß seine Wirkungsgröße mit der 
Temperatur ansteigt, während hingegen der in Rede stehende (Gär- 

au erreger in beiderlei Hinsicht an sehr enge Grenzen gebunden ist. Sie 
widerlegten auch STAHLSCHMIDTS (1) Behauptung, dab ozonisierte Luft 
den verdünnten Alkohol unmittelbar in Essigsäure umwandle, und zeigten 
weiterhin, dab man der Mycoderma aceti durch ein den Zusammenhang 
der Hautdecke schonendes Erhitzen die Fähigkeit zum Säuern dauernd 

ss nehmen kann. Sie faßten das Ergebnis ihrer Beobachtungen in dem 
Satze zusammen, daß die Essigsäuregärung eng mit dem Gesamtstoff- 
wechsel des Gärerregers verknüpft, also ein physiologischer Vorgang 
und in ihrer Ursächlichkeit in jeder Hinsicht ein Gegenstück zur Al- 
koholgärung sei. 

40 Die Frage nach der Natur der Essigsäuregärung war damit im 
Sinne Kürzıse’s nun so gut wie entschieden. Zweifler gab es aller- 
dings noch immer. Sechs Jahre nachdem E. Car. Hansen das Bestehen 
mindestens zweier Arten von Essigsäure-Bakterien bemerkt hatte, ver- 
hielt E. Kreiv (1) im Jahre 1884 in seinem Lehrbuche sich zuwartend 

s und meinte, dab erst noch Versuche mit sicheren Reinzuchten anzu- 
stellen wären, bevor man endgültig aussprechen dürfe, welches die wahre 
Ursache der Essiggärung sei. Dieser Anregung verdanken wir die 
schönen Untersuchungen A. J. Browv’s (3), durch welche dieser Forscher 
auch zeigte, daß das durch ihn rein gezüchtete Bact. aceti weder Methyl- 

50 alkohol noch auch Erythrit angreift, welch beide durch Platinschwarz 
hingegen oxydiert werden. 

Weniger scharf ist aber die weitere und feinere Frage beantwortet, 
die dahin geht, ob die Essigsäure als Ergebnis des Gesamtstoffwechsels 


— 543 — 


anzusehen, also in ihrer Entstehung auf die Tätigkeit der Zellen selbst 
angewiesen ist, oder aber durch einen einzelnen Zellbestandteil, das 
heißt durch ein Enzym, hervorgebracht wird, für das man den Namen 
Alkohol-Oxydase vorgeschlagen hat; davon wird auf S. 574 ausführlicher 
zu reden sein. Hier sei nur noch bemerkt, daß Hoyer (1) festgestellt 
hat, dab die Säuerung auch in solcher Versuchsanstellung eintrat, in 
welcher eine zum Wachstum notwendige Nahrung nicht vorhanden war 
und eine Entwicklung (also Wachstum) der Aussaat nicht hat beobachtet 
werden können. 


$ 123. Systematik der Essigsäure-Bakterien. 


Die Pilzwucherungen, die auf der Oberfläche des Weines, Bieres 
und ähnlicher alkoholischer Flüssigkeiten bei deren Stehen an der Luft 
unter gewöhnlichen Verhältnissen auftreten, sind einer botanischen Be- 
trachtung zuerst im Jahre 1822 durch Pexrsoox (1) gewürdigt und mit 
dem Namen Mycoderma, zu deutsch Schleimhaut oder Pilzhaut, belegt 
worden. Diese Gattungsbezeichnung übernahm Desmazreres (1), als er 
mit der rein morphologischen Betrachtung des Aufbaues solcher Decken 
beschäftigt war und entsprechend dem Fundorte zweierlei Arten, Myco- 
derma vini und M. cerevisiae, unterschied; die Zellen der zweiten Art 


beschrieb er als eiförmig und ca. 8 « lang und hielt sie für Tierchen 2 


(animalcula monadina). In dem letzteren Punkte vermochte ihm schon 
sein Landsmann QUEVENNE (1) nicht beizustimmen, der im übrigen in 
seiner Abhandlung erkennen läßt, dab die Arbeit Kürzıne’s (1) in Frank- 
reich alsbald beachtet worden ist. Die von diesem deutschen Forscher 


untersuchten schleimigen Häute von der Oberfläche säuernden Bieres: 


oder Weines, die schon seit langem den Namen Essigmutter trugen, er- 
wiesen sich als aus viel kleineren Bestandteilen aufgebaut; es waren 
dies annähernd kugelige Zellen von 1,1—1,4 u im Durchmesser, manch- 
mal zu Ketten gereiht, welche nebeneinander gelagert und durch eine 


Schleimhülle zusammengehalten waren. Man ersieht daraus, daßs 


Kürzısse die wesentlichen äußeren Merkmale der Essigsäure-Bakterien 
schon gesehen und festgelegt hat. In systematischer Hinsicht wies er, 
der ja hauptsächlich mit der Erforschung der Algen sich beschäftigte, 
die Essigmutter, bezw. die sie zusammensetzenden Wesen, unter dem 
neuen Namen Ulvina aceti dem Reiche der Algen zu, worüber man sich 
um so weniger wundern darf, als ja, wie er selbst betont, seine Fach- 
genossen AGARDH und BiasoLEerto vordem in ähnlichen Fällen zleich 
verfahren hatten. Diese Bezeichnungsweise hat übrigens keine weiter- 
greifende Annahme gefunden, sondern man hielt an dem durch Persoon 
und Desmazıkres gegebenen Gattungsnamen noch durch lange Zeit hin 
fest. Wie vor ihm schon Tnuomsox (1) und andere getan hatten, so 
gebrauchte auch Pasteur, welcher sich, nach F. Conx’s (1) Urteil, mit 
„souveräner Willkür“ über die Regeln der botanischen Nomenklatur 
hinwegsetzte, dann, wenn er Essigsäure-Bakterien meinte, die Bezeich- 


nung Mycoderma aceti. Und noch im Jahre 1879 bediente sich E. Unn.« 


Hassen (1) in seiner ersten Arbeit über diese Gärerreger des Gattungs- 

namens Mycoderma, gab ihn jedoch auf Zorr’s Kritik hin dann auf. 
Inzwischen hatte ja der Begriff Mycoderma eine größere Bestimmt- 

heit erlangt. Ursprünglich war er, wie schon A. pw Bary (1) treflend 


bemerkt hat, nach der äußeren Erscheinung (also dem Aussehen) ge- » 


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wählt worden. Spätere Forschung wurde dann bald dessen gewahr, daß 
diese Decken durch vielerlei Pilze zustandekommen können, die man 
zunächst und auf Grund der Gestalt der vorgefundenen Zellen den 
beiden Hauptgruppen der Schizomyceten und Eumyceten zuteilte, von 
sdenen dann weiterhin nur noch die zweite für jenen Namen in Betracht 
kam. Innerhalb dieser sind es insbesondere viele Sproßpilze, bei denen 
man die Neigung zur Bildung einer Kahmhaut (s. Bd. IV, S. 15) 
sehr oft antrifft und die danach auch durch lange Zeit den Sammel- 
namen Kahmhefen geführt haben. BonorDEn (1) hatte, freilich ohne 
Erfolg, für sie den Gattungsnamen Hormiscium vorgeschlagen. Eine 
erste Bemühung zur Zerlegung dieser Gruppe unternahm im Jahre 1870 
M. Rexss (1), jedoch noch nicht an Reinzuchten und also noch nicht 
mit zweifelsfreiem Ergebnis. Er stellte wohl die erste schärfere Be- 
eriffsbestimmung der Gattung Saccharomyces auf, reihte aber dieser auch, 
ıs unter dem neuen Namen Sacch. Mycoderma, als bloße Art die bisherige 
Gattung Mycoderma ein, weil auch er, so wie kurz zuvor schon J. DE 
Seynes (1), bei ihr Sporenbildung (s. Bd. IV, S. 169) beobachtet zu 
haben glaubte, mit welcher Angabe er dann Zustimmung bei Ense (1) 
fand, hingegen Anzweifelung durch CIEnkowskı (1) und BREFELD (1) 
»erfuhr. BEIJERINCK (1) gebrauchte noch im Jahre 1892 diese Bezeich- 
nung in seiner Arbeit über die Ernährungsphysiologie der Mycoderma, 
und sie findet sich sogar noch sechs Jahre später bei Hoyer (1). Im 
‚Jahre 1879 wies C. von NÄserı (1) auf die arge Verwirrung hin, die in 
der Benennung der auf gegorenen Flüssigkeiten auftretenden Decken 
sliege; er stellte eine neue Einteilung auf und gebrauchte in dieser für 
die Essigsäure-Bakterien die Bezeichnung Mycoderma aceti und M. vint, 
hingegen für die am Aufbau der kraus gefalteten Kahmhaut beteiligten 
Sproßpilze den neuen Namen Sacch. mesentericus. Bald danach wurden 
zuverlässige Reinzüchtungsverfahren geschaffen und mit diesem neuen 
30 Hilfsmittel durch E. Cur. Hansen und seine Schüler (s. Bd. IV, S. 2) 
die Gattung Saccharomyces auf gesicherte Grundlage gestellt und gegen 
die übrigen Sproßpilze abgegrenzt. Diese letzteren nun, welche also 
durch ihre Unfähigkeit zur Bildung von Ascosporen sich von der neuen 
Gattung Saccharomyces unterscheiden, können in mehrere Untergruppen 
(Gattungen) gesondert werden. Die eine von diesen, nämlich die im 
Jahre 1910 durch A. GEIGER (1) aufgestellte Gattung Pseudomonilia (mit 
den vier Arten Ps. albomarginata, Ps. rubescens, Ps. mesenterica, Ps. car- 
tilaginosa) vermittelt den Uebergang von den im Jahre 1911 durch 
Vvuısuemin (1) gegen einige nahestehende andere Gattungen schärfer 
sabgegrenzten Monilien (s. Bd. IV, S. 334) zu den Angehörigen der 
zweiten Untergruppe, nämlich den schon im 13. Kapitel des Vierten 
Bandes eingehend besprochenen und seitdem insbesondere durch Wit (1) 
und dessen Schüler J. Dacus (1), J. SCHECKENBACH (1) und O. ScHımon (1) 
weiter durchforschten Torulaceen. Von diesen sowohl durch das 
4 Unvermögen zur Erregung von Alkoholgärung, wie auch durch das 
starke Luftbedürfnis, durch die Gestalt, den Bau und die Art der Ent- 
wicklung der Zellen usw. verschieden ist die Untergruppe der Myco- 
dermen. Ueber diese hat schon das 14. Kapitel des Vierten Bandes 
eine Reihe von Angaben gebracht, welche durch die vorstehenden Er- 
soörterungen, wie auch durch zugehörige andere Bemerkungen in den 
übrigen Teilen des vorliegenden Kapitels, nun einige vielleicht nicht 
unnütze Ergänzungen auch nach der bibliographischen Richtung hin 
erfahren. Weitere Einzelheiten geschichtlicher Art enthält H. Le- 


— 55 — 


BERLE’S (1) Abhandlung. In einem Bericht über diese letztere hat dessen 
Lehrer H. Wırr (2), dem wir ja die erste, im Jahre 1899 unternommene, 
schärfere Fassung des Begriffes Mycoderma verdanken, im Jahre 1910 
eine neue Umgrenzung dieses Begriffes gezogen. eine (193 Arbeiten auf- 
zählende) Zusammenstellung der Literatur über diese Sproßpilz-Gattung 
geliefert, die durch LEBERLE beschriebenen vier Arten mit den Namen 
Muycoderma valida, M. gallica und M. cerevisiae var. a, c belegt und ihnen 
als fünfte seine gleichfalls genau untersuchte M. decolorans angereiht. 
PAsTEur (5) hatte den hautbildenden Sproßpilzen ganz allgemein die 
Fähigkeit zur Erregung von Essigsäuregärung abgesprochen. F. Larar (1) 
hat jedoch zuerst eine Art aufgefunden, welche sehr kräftig säuert. 
Ihr sind später noch mehrere andere angereiht worden, so der Saccha- 
romyces acetaethylicus, gewisse Arten aus der Gattung Mwycoderma (Ss. 
Bd. IV, S. 311) und einige Arten aus dem Verwandtenkreise des ehe- 
maligen Saccharomyces anomalus, der jetzt zur Gattung Willia geworden 
ist (s. Pd. IV, S. 186), über welch letztere man auch die Darlegungen 
bei H. Zıkes (2) vergleiche, der aus Erdboden die neue Art Willia 
Wichmanni abgeschieden hat. 

Und nun wenden wir uns den Essigsäure-Bakterien zu. Aus ihnen 
allein oder doch hauptsächlich ist gewöhnlich jede auf säuernden alkohol- 
haltigen Flüssigkeiten entstehende Haut aufgebaut, welche bei der Prüfung 
mittelst des Mikroskopes nur Spaltpilze aufweist; denn die meisten 
anderen Bakterien-Arten sind durch die Beschaffenheit solcher Nährböden 
so gut wie ausgeschlossen. Kürzıns hatte sie, wie schon auf 8. 543 
dargelegt worden ist, zuerst erkannt und ziemlich gut beschrieben. 
PAstEur hat seines Vorgängers Beobachtung fast ausschließlich nach der 
physiologischen Richtung hin verfolgt und gegen Stack’s Deutung dieser 
Gärerreger als Bakterien sich ausgesprochen, als die sie dann durch 
W. von Kntertem und Ap. Mayer (1) im Jahre 1873 endgültig erklärt 


wurden. Diese beiden Forscher hatten, als die ersten, auch die durchs 


Pasteur gar nicht in Betracht gezogene Möglichkeit des Bestehens ver- 
schiedener Arten von Essigsäure-Bakterien ins Auge gefaßt. Ihre Ver- 
mutung erhielt dann sieben Jahre darauf eine weitere Stütze durch 
E. Wurm (1), welcher, je nach dem Anfangssäuregehalt des Nähr- 


bodens, dreierlei Arten von Hautbildungen durch Essigsäure-Bakterien 5 


beobachtet hatte. Aber kurz zuvor, im Jahre 1879, war schon durch 
E. Our. Hansen (1 u. 2) über Untersuchungen betreffend die beim Stehen 
des Bieres auf dessen Oberfläche auftretenden Hautbildungen berichtet 
worden. Er hatte diese letzteren unter gewissen Umständen als aus 
Zooglöen von Essigsäure-Bakterien bestehend befunden und zweierlei 
Arten unterscheiden können: die Verbände der Zellen der einen Art 
färbten sich auf Zusatz von Jodlösung immer nur gelb, die anderen hin- 
gegen blau. Er belegte die erstere Art mit der schon durch Pasreur 
gebrauchten Bezeichnung NMycoderma aceti und die zweite zu Khren 
jenes mit dem neuen Namen M. Pasteurianum. Durch eingehende mor- 
phologische und entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen zeigte 
Hansen (7) dann im Jahre 1893, daß es sich wirklich um zwei ver- 
schiedene Arten handle, die er, in Abänderung des Gattungesnamens 
(s. S. 543), fürderhin Dacterium aceti und Baet. Pasteurianum nannte und 


denen er noch das BDact. Kützingianum anreihte. In der Zwischenzeit.: 


im Jahre 1886, hatte A. J. Brown (1) zwei neue Arten aufgefunden, 

von denen die eine, das Bact, aylinum, durch die Mächtigkeit ihrer 

Schleimbildung und die andere, für die er den Namen Baet. acetı ge- 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie, Bd, V. 80 


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— 546 — 


brauchte, durch die an ihr bemerkte Fähigkeit der Eigenbewegung sich 
auszeichnete und von Hansen’s gleichnamiger Art unterschied. Im 
Jahre 1889 züchtete W. PETERS (1) aus Sauerteig eine anscheinend neue 
Art heraus, die er als Bact. C bezeichnete. Im Jahre 1893 hatte 
5 WERMISCHEFF (1) in Rotwein mehrere Arten von Essigsäure-Bakterien 
vorgefunden. unter ihnen eine dem Dact. zylinum wesensgleiche oder sehr 
ähnliche und eine zweite, welcher er jedoch keinen Namen gab. Dem 
ersten durch Brown beschriebenen Vertreter aus der Schar der Essig- 
säure-Bakterien mit Eigenbewegung, welche vordem schon durch KxIERIEM 
wund MAYER (1) und W. Zopr (1) bemerkt worden war, reihte A. ZEIDLER (2) 
im Jahre 1896 durch sein Termobacterium aceti einen Genossen an. Nach- 
dem zuerst A. J. Browx (1) und in anderer Richtung dann F. Larar (2) 
die Reihe jener Untersuchungen eröffnet hatten, welche die chemisch- 
physiologische Kennzeichnung und Unterscheidung der Essigsäure- 
ıs Bakterien sich zur Aufgabe stellten und hierin zunächst an W. SEIFERT (1) 
einen Fortsetzer fanden, fügte W. HExnEBERG (1) im Jahre 1897 den 
bis dahin genauer unterschiedenen und beschriebenen sechs Arten (das 
sind drei durch Hansen, zwei durch Brown und eine durch ZEIDLER) 
zwei neue an, nämlich Dact. oxydans und Bact. acetosum, denen er (2, 4, 7) 
»oim nächsten Jahre noch drei, nämlich Dact. acetigenum, Dact. in- 
dustrium und Bact. ascendens, und schließlich (13) im Jahre 1906 dann 
noch fünf hinzugesellte, nämlich Bact. Schütxenbachi, Bact. curvum, Bact. 
‚orleanense, Bact. xylinoides und Baect. vini acetati. Inzwischen hatte 
Fr. RoTHENBACH (25) aus verschiedenen Proben von Weinessig neun 
» Arten von Essigsäure-Bakterien abgeschieden, sie jedoch nicht benannt 
und auch nicht eingehend gekennzeichnet. Im Jahre 1905 hat FunHr- 
MmAanN (1) eine aus Wein stammende und als Acetobacter plicatum be- 
zeichnete neue Art beschrieben. Ebenfalls aus Wein hat Prroup (1) 
elf angeblich verschiedene Arten herausgezüchtet, die er zwar nicht 
sobenannt und in chemisch-physiologischer Hinsicht auch nicht ausführlich 
genug gekennzeichnet, wohl aber durch gute Mikrophotographien ver- 
anschaulicht hat. 
Die Fähigkeit zur Deckenbildung ist sowohl von wissenschaftlicher 
als auch von praktischer Bedeutsamkeit. In ersterer Hinsicht ist sie 
sein Beispiel der auf S. 51 u. 99 des Ersten Bandes vom allgemein 
morphologischen Standpunkte aus betrachteten Zooglöenbildung. 
Durch die Verquellung und Verschleimung der äußersten Schichte der 
Zellhaut werden die einzelnen Zellen zu haltbaren Ketten und Ketten- 
bündeln verklebt, welche in ihrer Gesamtheit eben dann die Decke 
ausmachen. Nach der Mächtigkeit der Schleimbildung kann man die 
Essigsäure-Bakterien in drei Gruppen sondern. In üppigster Entfaltung 
tritt sie bei dem Baet. wylinum und einigen ihm in dieser Hinsicht nahe 
kommenden anderen Arten auf; man könnte sie zur Gruppe der Schleim- 
essig-Bakterien vereinen. Das Gegenstück zu diesen sind jene Arten, 
‚denen die Fähigkeit zur Verschleimung so gut wie ganz fehlt; es sind 
dies die Schnellessig-Bakterien. Die dritte Gruppe schließlich nimmt 
eine vermittelnde Stellung insoferne ein, als bei den ihr zuzuzählenden 
Arten die Verschleimung nicht mehr bis zur Bildung ledrig-dicker 
Lappen und Klumpen, wohl aber zur Entstehung einer zusammenhängen- 
soden und auf der Oberfläche der (notwendig in Ruhe belassenen) Nähr- 
lösung schwimmenden Decke führt; dieser Gruppe gehören jene Arten 
an, welche im Orleans-Verfahren (in dessen weitesten Sinne) tätig sind 
und also Weinessig und Bieressig liefern. Diese Abgrenzung hat in 


— 541 — 


ihrer vollen Schärfe bloß ideellen Wert; Arten, welche den Uebergang 
zwischen den drei Gruppen vermitteln, gibt es genug, ihre Zuteilung 
zu einer von ihnen ist also nicht frei von Willkür. Im Örleans-Verfahr en, 
das ja bestrebt sein muß, einen klaren, blanken Essig zu erzeugen, 
wünscht man nur solche Arten tätig zu "sehen, welche sich ausschliebß- 
lich an der Oberfläche der säuernden Flüssigkeit zu einer zusammen- 
hängenden Hautdecke entwickeln und also jene unter sich klar lassen. 
Es gibt jedoch Arten, welche eine sehr schwache Decke bilden, dafür 
aber im Innern der durch sie dauernd getrübten Flüssigkeit sich stark 
vermehren. Inwieweit auf dieses Verhalten die Empfindlichkeit gegen ıo 
den Luftsauerstoff, d. h. dessen Menge oder Spannung, mitspielt, bleibt 
noch zu untersuchen. Die Schleimbildung und Deckenbildung überhaupt 
und die Stärke ihrer Ausbildung insbesondere ist kein unveränderliches 
Merkmal für die Artenabgrenzung, sondern von den Lebensbedingungen 
abhängig, also zunächst von der Beschaffenheit des Nährbodens. So trittı 
sie z. B. bei Bieressig- und Weinessig-Bakterien auf alkoholhaltigem 
Hefenwasser gewöhnlich viel schwächlicher ein als auf Bier oder Wein. 
Bei manchen Arten (DB. zylinum und Verwandte) gibt die Schleimhülle 
die Cellulose-Reaktion, bei anderen (5b. Pasteurianum, B. Kützin- 
gianum u. a.) wird sie, ähnlich wie das Amylum, durch Jodlösung (in: 
Alkohol oder Jodkalium) schön blau gefärbt. Arten mit diesem letzteren 
Verhalten sind zufolge BEISErRINcK (4), dem ich auf Grund eigener viel- 
fältiger Erfahrung zustimmen kann, recht häufig anzutreffen. Es bläut 
sich jedoch in der Regel nur der Schleim junger, vermehrungsfreudiger 
Zellen, die auf günstigem Nährboden herangewachsen sind; solche aus» 
alkoholfreiem Hefenwasser reagieren nicht. "In einem derart gefärbten 
mikroskopischen Präparate kann man durch genügend scharfes Drücken 
und seitliches Schieben des Deckglases die an und für sich durch das 
Jod schwach gelb gefärbten Zellen selbst aus dem sie umhüllenden rein 
blauen Schleime herausquetschen. Bei anderen Arten wird die Schleim- 30 
hülle durch Jod mehr oder weniger stark gelb gefärbt. 

Die schleimigen Hautbildungen der Essig gsäure-Bakterien überhaupt 
und diejenigen des Bat. zylinum insbesondere tragen in der Volks- 
sprache seit langem den Namen Essigmutter, der jedoch früher auch 
anderen Trägern von Essigsäure-Bakterien (so z. B. dem Sauerteig) bei- » 
gelegt wurde und also nicht immer eindeutig war. 

Die Gestalt der Kolonien auf festen Nährböden, die ja für die 
bakteriologische Analyse im allgemeinen ein wertvolles Merkmal zur 
Trennung der Arten voneinander abgibt, ist bei den Essigsäure-Bakterien 
genauer zuerst durch E. Cur. Hansen (3) geprüft worden; sie erwies so 
sich als sehr stark beeinflußt durch die Art und Dauer der Züchtung. 
Die aus vielzelliger Aussaat hervorgegangenen Kolonien des Baet. aceti 
auf Würzegelatine unterscheiden sich durch ihre Sterngestalt von jenen 
des Bact. Kützingianum und des Bact. Pasteurianum, wele he ganzrandig 
sind und bei der letztgenannten Art Fältelung aufweisen: keine von as 
ihnen vertflüssigt die Gelatine, Letzteres gilt zufolge A. J. Brown (1) 
auch von dessen Daet. wylinum. Hingegen vermag dies das Zermo- 
bactertum aceti zufolge Zeivuer (2). Ueber die Entwicklungsweise, das 
Aussehen und den inneren Bau der Riesenkolonien (s. Bd. I, S. 575) 
hat zuerst Prrono (1) an seinen Arten vergleichende Untersuchungen so 
angestellt. 

Die Wandelbarkeit der Zellgestalt ist gerade bei vielen Arten 
von Essigsäure-Bakterien sehr groß und in ihrer Abhängigkeit von der 

30* 


[>17 


19 
o 


o 


— 5418 — 


Temperatur eingehend durch E. Cur. Haxsex (3) vornehmlich an 
Bact. Pasteurianum dargelest worden. Auf extraktreichem Doppelbier 
bei 5—34° C binnen einem Tage herangewachsene kräftige Zuchten 
bestehen fast ausschließlich aus Ketten von Kurzstäbchen. Diese er- 
sleiden, wenn man sie hierauf bei 40—40,5°C hält, eine schon nach 
wenigen Stunden bemerkbare Umbildung (s. Fig. 27) zu Langstäbchen 
und weiterhin zu Langfäden, welche, bei fast unveränderter Breite, bis 
zu 200 « in der Länge erreichen können und nach 24 Stunden fast 
allein vorhanden sind. In die Temperatur von 34° zurückversetzt, gehen 
ıodiese dann binnen wenigen Stunden abermals Umwandlungen ein; an 


QS 


Fig. 27. Bacterium Pasteurianum. 
Umbildung von Kurzstäbchen zu Langfäden. Zucht auf Doppelbier-Agar in der Böttcher- 
schen Kammer, bei ungefähr 40,5° ©. a, Kette von 8 Kurzstäbchen; a'’—a‘‘, dieselbe 
nach 6 bzw. 10 u. 20 Stunden. b, Kette von 5 Kurzstäbchen; b’—b‘, dieselbe nach 5 bzw. 
9 Stunden; ce und d, nach 10 bzw. 21 Stunden. — Vergr. 1000. Nach Hansen. 


einigen Stellen treten spindelähnliche, bis 10 « weite Ausbauchungen 
auf, und an anderen Stellen kommt es zu einem Zerfall in Teilstücke, 
so daß binnen 24 Stunden jeder Langfaden schließlich wieder zur Kette 
von Kurzstäbchen geworden und also zur Ausgangsgestalt zurück- 
ıs gekehrt ist. Nur der stärkst entwickelte Teil der Ausbauchungen bleibt 
von dieser Rückbildung ausgeschlossen, wird abgegliedert, verquillt und 
verschwindet. BDact. aceti und B. Kützingianum verhalten sich zufolge 
Hansen im wesentlichen ebenso, auch darin, daß die Verwendung eines 
sehr guten Nährbodens, wie Doppelbier, erforderlich ist; schon auf 
eo Lagerbier verläuft die Entwicklung etwas anders. Wir haben also hier 
eigentlich ein Beispiel der vereinten Einflüsse des Zellalters, der Tempe- 
ratur und der Art der Ernährung. ZEIDLER (2) hat an seinem Zermo- 
bacterium aceti und SEIFERT (1) an einem Weinessig-Bakterium aus dem 
Verwandtenkreise des D. aceti die Beobachtungen Hansen’s bestätigt. 
25 Für Involutionsformen im Sinne der allgemeinen Darlegungen in 
$ 11 des Ersten Bandes darf man, wie schon auf dessen S. 39 betont 
worden ist, die eben beschriebenen Wuchsgestalten nicht halten; denn 


— 549 — 


sie sind entwicklungsfähig und also keinesfalls krankhafte, dem Ab- 
sterben nahe Gebilde. Hingegen treten echte Involutionsformen dann 
auf, wenn ungünstige Einflüsse sich geltend machen, wie z. B. ein von 
Anfang an zu hoher oder durch die Gärung hoch angestiegener Säure- 
gehalt des Nährbodens, so daß sie also in alten Zuchten meist sehr 3 
reichlich, und zwar als mannigfaltig gestaltete (wurstähnliche oder 
blasige) Riesenzellen anzutreffen sind, die eine Länge oder Dicke 
von 10 « und mehr erreichen können. E. Cur. Hasen hat sie zuerst 
untersucht. Fr. Larar (2) hat dann gezeigt, dab sie, allerdings in ge- 
ringer Anzahl, bei Dact. aceti und 5b. Pasteurianum schon zu einer Zeit 
nachzuweisen sind, zu welcher der Nährboden noch reich an Nährstoffen 
und noch arm an schädigenden Stoffwechselprodukten ist. PEROLD (1) 
hat diese Feststellung an seinen aus Wein stammenden Arten bestätigen 
können; er will die Gestalt der Involutionsformen sogar für die Kenn- 
zeichnung der Arten heranziehen. HENNEBERG (2) zeigte dann, undıs 
zwar zuerst an Dact. oxydans, B. acetosum und B. acetigenum, dab die 
Bildung der Involutionsformen durch Zusatz übergroßer Mengen von 
Alkohol und Salzen, wie Kochsalz (s. S. 590), hervorgerufen werden könne. 
Hoyer (1) hat diese Beobachtung bestätigt und auf einige Säuren aus- 
gedehnt, so z. B. die Aepfelsäure (bis 0,7 Proz.), die Weinsäure (bis zo 
1,1 Proz.), die Salzsäure (bis 0,1 Proz.). Zufolge HENNEBERG treten die 
Involutionsformen reichlich in Zuchten in Hefenwasser auf, insbesondere 
bei Bact. ascendens; selten sind sie bei B. industrium zu finden. Zur 
Bildung von Verzweigungen, als einer besonderen Ausbildungsweise 
der Involutionsformen, kommt es zufolge Haxsen’s (3) Beobachtungen ans 
dessen drei Arten selten. HENNEBERG sah solche bei Pact. oxydans und 
anderen Arten. 

Ein Merkmal ist allen bisher bekannten echten Essigsäure-Bakterien 
gemeinsam, das ist die Unfähigkeit zur Bildung von Endosporen, 
worüber man auch Hansen (4) vergleiche. Sie würden demnach in dem s 
durch LEHumAnn und NEUMANN gegebenen allgemeinen Bakterien-System 
(s. Bd. I, S. 147) alle den Gattungsnamen Bacterium tragen. A. DE 
Bary (2) hatte noch im Jahre 1887 auf Grund seiner (niemals erwiesenen) 
Annahme des später durch Hansen (4) vergeblich gesuchten Vorkommens 
von Arthrosporen (s. Bd. I, S. 123 u. 141) die durch ihn beschriebene » 
(in Kurzstäbchen auftretende) Art unter den von ihm wohl als gleich 
berechtigt erachteten Namen Micerococeus aceti, Bacterium aceti und Arthro- 
bacterium aceti aufgeführt. 

Das Vorkommen von Eigenbewegung, die bisher außer an Zorr's 
und an Brown’s Dact. aceti und an ZEınLer’s Termobacterium aceti noch 
an Hennerere’s Bact. oxydans, BD. acetigenum und B. industrium, an 
Beiserinor’s Bact. aceti var. agile und an Hover’s Bact, pasteurianum 
var, agile nachgewiesen worden ist, würde jedoch diesen Arten eine 
Sonderstellung sichern, welche auch auf einem morphologischen Merk- 
mal beruht, das nicht, wie BEwERINcK (4) tat, darum geringschätzig 
beurteilt werden soll, weil es ab und zu unter ungünstieen Ernährungs- 
‚„verhältnissen nicht entwickelt oder nicht erkennbar ist. Die Unerläß- 
lichkeit der Anwesenheit freien Sauerstofles als eines Reizmittels für 
die Auslösung der Bewegung (s. Bd. I, S. 478) ist durch HExNEReRg ins- 
besondere am D. acetigenum beobachtet worden. ‚Je nach der Art der: 
Ausbildung der Begeibelung würden im Sinne Mıisuna’s (s. Bd. I, S. 145) 
noch die Gattungsnamen Pseudomonas und Baeillus in das System der 

‚ssigsäure-Bakterien einzuführen sein. Die Gattungsnamen Teermobacterium 


- 


5 


> 


) 


und Acetobacter müßten danach freilich entfallen. In seinem Versuch 
zur Aufstellung eines natürlichen Bakteriensystems hat O. JENSEN (1) 
sowohl die Gliederung als auch die Namensgebung vornehmlich auf 
physiologische Eigenschaften (vergl. Bd. I, S. 149) gegründet und die 
> Essigsäure-Bakterien zu der neuen Gattung Acetimonas zusammengefaßt. 
Das Bedürfnis nach einer Systematik der Essigsäure-Bakterien ist 
allein schon angesichts der großen Schar der bisher beschriebenen Arten 
begreiflich. E. Cur. Hansen (3) hat im Jahre 1893 den ersten Versuch 
zu einer Einteilung gemacht. BEIJERINcK (4) und dessen Schüler Hoyer (1) 
ıosetzten ihr im Jahre 1898 eine andere entgegen. Diese aber fand wieder 
bei Hansen (4) im Jahre 1900 eine ablehnende Beurteilung. Auch 
ROTHENBACH (1 u. 25) hatte im Jahre 1898 ihr nicht vollen Beifall zu 
zollen vermocht und im Jahre 1907 an deren statt eine Zusammen- 
stellung der bis dahin beschriebenen Arten auf Grund des natürlichen 
ıs Vorkommens zu sechs Untergruppen vorgeschlagen, nämlich den Schnell- 
essig-Bakterien, den technischen Weinessig-Bakterien, den technischen 
Bieressig-Bakterien, den essigsäurebildenden Maische- und Würzebakterien, 
den Arten, welche mit Ammoniak als Stickstoffquelle allein sich begnügen, 
und den Krankheits-Essigbakterien. HENxNnEBERG (17) schließlich be- 

»schränkte sich im Jahre 1909 auf vier Gruppen, nämlich Maische- und 
Würze-Bakterien, Bieressig-Bakterien, Weinessig-Bakterien und Schnell- 
essie- Bakterien. Diese Einteilung kann eine vielleicht verbessernde 
Abänderung dadurch erfahren, daß man das durch starke Zooglöen- 
bildung ausgezeichnete D. zylinum und die ihm darin verwandten Arten 

szur neuen Gruppe der Schleimessig- Bakterien vereint und dafür die 
Gruppe der Maische- und Würze-Bakterien auflöst, deren Angehörige 
man der Gruppe der Bieressig-Bakterien anfügen kann. Für die in 
dem vorliegenden Kapitel zu gebende Darstellung ist eine Gliederung 
der Arten in bloß drei Gruppen gewählt worden: die erste (S. 551) um- 

sofaßt die Bieressig- und Weinessig-Bakterien, die zweite (S. 559) die 
Schnellessig-Bakterien und die dritte (S. 562) die Schleimessig-Bakterien. 
Abbildungen sollen nur von den drei Arten Hansen’s gegeben werden. 
Eine reiche Anzahl solcher, und zwar meist Mikrophotographien, findet 
man bei HENNEBERG (13 u. 17), Prroup (1) und RoTHENBAcH (25). 

35 Die Frage nach der Variation kann in einer Darlegung der Syste- 
matik der Essigsäure-Bakterien schon aus wissenschaftlichen Gründen 
nicht umgangen werden. Es kommt ihr aber auch noch hohe praktische 
Bedeutung insoweit zu, als es sich um die im deutschen Verfahren 
tätigen Arten handelt, welche ja, wie schon zuvor gesagt, durch geringe 

‚Ausbildung der. Fähigkeit zur Deckenbildung und durch ihre Genüg- 
samkeit in betreff organischer Nährstoffe so stark von jenen Arten sich 
unterscheiden, die im Orleans-Verfahren die Säuerung besorgen. Jenes 
erstere Verfahren ist ja noch nicht hundert Jahre alt. Es wurde unter 
Voraussetzungen ausgearbeitet, welche der Auffassung der Essigsäure- 

+ gärung als Lebensäußerung geradezu widersprechen und also der Schaffung 
der äußeren Bedingungen zu solcher zum mindesten nicht günstig waren. 
Das bis dahin (im Orl&ans-Verfahren) tätige sogen. Ferment, nämlich 
die Hautdecke, würde ja durch seine Wucherung die für den Durch- 
gang der eingeführten Luft notwendigen Wege zwischen den Holz- 

sospänen des Bildners bald verenget und schließlich ganz verlegt haben. 
So sehen wir denn auch, dab die Erfinder für die auf dem Wege der 
Erfahrung als nötig erkannte Einsäuerung eines in Betrieb zu setzenden 
frischen Bildners die Verwendung eines klaren Essigs vorschreiben, der 


also gewiß keine Zooglöen kräftiger Hautbildner enthielt, wohl aber 
vereinzelte Zellen von Essigsäure-Bakterien. Nach allgemeiner Annahme 
sollen nun diese in den neuen Verhältnissen ihre Fähigkeit zur Haut- 
bildung bald verloren haben und zu genügsamen Schnellessig-Bakterien 
geworden sein. Von den diese Umwandlung bewirkenden Einflüssen ist 5 
einer bisher nicht gebührend bewertet worden, und das ist die Tempe- 
ratur. Die auf S. 607 in ihren Haupttatsachen darzulegende Geschichte 
der Entwicklung des Schnellessig-Verfahrens zeigt, daß man nach und 
nach zu immer wärmerer Führung des Bildners übergegangen ist und 
ihn jetzt bei einer Temperatur arbeiten läßt, welche derjenigen im 10 
Orl&ans-Verfahren um viele Grade überlegen ist. Daß die Erhöhung 
der Temperatur aber ein wichtiger Faktor bei der Umbildung ist, haben 
Hansen’s Untersuchungen über die Variation bei den Saccharomyceten 
(s. Bd. IV, S. 162) dargetan. Es bleibt auch noch zu untersuchen, ob 
diese Umwandlung als Transformation oder als Spaltung (s. Bd. I, S. 367) 15 
zu deuten ist und ob sie im allgemeinen als wirklich feste Variation 
gelten darf. Eine mehr oder minder große Einbuße an der Fähigkeit 
zur Bildung von Hautdecken oder Ketten-Verbänden hat Hanszx (4) an 
mehreren Arten bei langem Stehen ihrer Zuchten in Bier bemerkt. Die 
durch WERMISCHEFF (1) geäußerte Meinung, daß man jene Fähigkeit: 
durch lange andauerndes Schütteln der Zuchten beseitigen könne. hat 
in Hansen’s (3) Versuchen keine Bestätigung gefunden. Flüchtige Varia- 
tionen (s. Bd. IV, S. 156) hingegen gibt es gerade im Bereich der Essig- 
säure-Bakterien sehr viele. Als eine solche hat das manchmal zu be- 
merkende und nicht zu erklärende Ausbleiben der Bläuung bei den mit: 
Jod im allgemeinen reagierenden Arten zu gelten. BEIERINCK (4) und 
Hoyer (1) behaupteten, daß sie dauernden Verlust dieser Fähigkeit, 
also eine echte Variation, durch geeignete Züchtung erzielt hatten; 
Hansen (4) hingegen hat durch eine an seinen eigenen Arten vorgenommene 
Nachprüfung dies nicht bestätigen können. Daß es auch an Mutationen » 
(s. Bd. IV, S. 164) nicht mangelt, wird man zugeben dürfen. 


iv 
© 


iv 
or 


$ 124. Die Bieressig- und Weinessig-Bakterien. 


DBacterium aceti E. Cur. Hansen ist durch diesen Forscher (1—4) 
aus Bier abgeschieden worden. Die auf Doppelbier (wie auch auf Lager- 
bier oder Würze) bei 25>—34° C herangewachsene junge Hautdecke » 
(s. Fig. 28) ist schleimig und glatt und wird durch Jod tiefgelb gefärbt. 
Sie ist aus Ketten aufgebaut, deren fast ausschließlich kurze Glieder 
infolge der sich lebhaft vollziehenden Vermehrung meist die Gestalt 
eines Stundenglases (oder der Ziffer 8 nach Pasreur’s Ausdruck) auf- 
weisen. Die Flüssigkeit unter der Decke bleibt klar. Die Kolonien » 
auf Würzegelatine (s. S. 547) bestehen hauptsächlich aus freien Stäbchen; 
die Kettenverbände sind spärlich. Ueber die Gestaltwandlung und die 
Involutionsformen vergl. man S. 549. Für das Wachstum auf Doppel- 
bier sind 4—5 °C die niederste, 42°C die höchste und 34 Ü die günstigste 
Temperatur und 11 Vol.-Proz. die höchste erträgliche Gabe an Alkohol. 
Die größte bisher beobachtete Menge Essigsäure war 6,6 Proz. zufolge 
Hensesera (17) Diese Art findet sich allgemein in unter- und ober- 
eärigen Bieren vor, 

Bacterium aceti nannte A. J. Brown (1) ein von Hansen’s gleich- 
namiger Art verschiedenes Essigsäure-Bakterium, welches er im Jahre sc 


2 


- 


5 


1886 aus einer auf sauer gewordenem englischen Biere entstandenen 
Decke abgeschieden hatte. Diese Art entwickelt sich auf alkoholhaltigem 
Hefenwasser zu einer graulichen Decke, die im Jugendzustande an der 
Wand des Zuchtgefäßes emporsteigt. Auf einer mit Dextrose versetzten 
5 Mineralsalz-Nährlösung nach PAasteur entsteht eine äußerst zarte, auf 
verdünntem Claret-Weine eine papierdicke Hautdecke, unterhalb welcher 
die Flüssigkeit gewöhnlich trüb wird. Die Zellen sind Kurzstäbchen 
von 2 «u Länge, in der Mitte etwas eingeschnürt, zu Ketten vereint. 
Involutionsformen, 10—15 u lang und geschwollen, treten reichlich inner- 
halb und am Grunde der Flüssigkeit auf: Jodlösung färbt sie gelb. 
Eigenbewegung ist beobachtet worden. Bei Luftabschluß aufbewahrt, 
erhielten sich die Zellen durch mehr als sechs Monate entwicklungs- 
tähig. Je eine angebliche Varietät sowohl von dieser als auch von 
Hansen’s gleichnamiger Art hat Taxanasuı (4) aus Tanezu (s. S. 617) 
ıs abgeschieden. 


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i AED) 


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=: 
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EB Bi 
Fig. 28. Bacterium aceti. Fig. 29. Bacterium Pasteu- Fig. 30. Baclerium Kützingia- 
rianum. num. 


Zellen junger, bei 34° herangewachsener Häute auf Doppelbier. — Vergr. 1000. 
Nach Hassen. 


Bacterium aceti var. albuminosum, später B. albuminosum kurzweg, 
nannte P. Linpxer (3 u. 6) eine im Jahre 1890 durch ihn aus Breslauer 
Kretschmer-Bier abgeschiedene und durch ZEIipteEr (1) näher untersuchte 
Art, welche ihren Namen nach der an Hühnereiweiß (Albumin) erinnern- 

»o den zähflüssigen Beschaffenheit der Schleimbildungen erhalten hat, die 
sie in Bier hervorbringt. In ihrer (nur wenig untersuchten) Morpho- 
logie und im Verhalten gegen Jodlösung (Gelbfärbung) steht sie Hansenx’s 
Bact. aceli nahe. In Würze und noch reichlicher in Bier brachte sie, 
je nach der Temperatur, einen dicken, schichtenweise abgelagerten 

» Bodensatz oder aber Verschleimung oder Trübung zustande. Die günstigste 
Temperatur für die Säuerung in Bier schien ca. 20° © zu sein. 

‚Bacterium aceti var. friabile, später B. friabile kurzweg, nannte 
P. Linoser (3 u. 6) eine durch A. ZEıpueEr (1) im Jahre 1890 aus einem 
trüben Berliner Biere abgeschiedene, jedoch nicht genau genug unter- 

so suchte Art, welche zwar, wie schon die erst angeführte Bezeichnung 
sagt, dem Bact. aceti Haxsen, insbesondere morphologisch, nahesteht, 
jedoch sicher davon verschieden ist., In Bier rief sie Trübung (Schleier- 
bildung), jedoch nicht auch Verschleimung, wohl aber Säuerung hervor, 
welch letztere bei ca. 20° C am reichlichsten ausfiel. 


Bact. Pasteurianum E. Cur. Hansex (1—4) ist zuerst aus dänischem 
untergärigen Bier abgeschieden worden. Seine auf Doppelbier, Würze 
oder Lagerbier bei 25—34° entstandene Hautbildung ist trocken und 
wird bald runzelig und faltig. Sie besteht (s. Fig. 29) aus langen 
Ketten, deren Glieder größer und gedrungener sind als die bei D. aceti H., 
von welchem diese Art sich durch die auf Jod-Zusatz eintretende Bläuung 
(s. S. 547) wie auch noch dadurch unterscheidet, daß ihre Kolonien 
(s. S. 547) hauptsächlich aus Ketten zusammengesetzt sind und daß 5—6 ° 
als die niedrigste Temperatur für das Wachstum und für die Säuerung 
ermittelt wurde. ‚Jene drei Nährlösungen läßt sie dauernd klar. Ueber ıo 
die Gestaltwandlungen und die Involutionsformen vergl. man S. 548. 
Die höchste, das Wachstum noch zulassende Alkohol-Menge gibt HExsE- 
BERG (17), welcher diese Art auch in deutschen obergärigen Bieren auf- 
gefunden hat, zu 9,5 Proz. und die größte beobachtete Essigsäure-Bildung 
zu 6,2 Proz. an. Sie kommt in obergärigen Brauereien häufiger als inıs 
untergärigen vor und wurde auch in stichigem Weine durch W. SEIFERT (1) 
angetroffen, welch letzterer, bei Verwendung von Hefenwasser als Nähr- 
boden, die chemische Wirkungsweise dieser Art auf eine Reihe von 
Alkoholen, Zuckerarten und Säuren geprüft hat. 

Bact. pasteurianum var. colorium nannte BEIJERINCK (4) eine Abart,: 
welche nur in der Flüssigkeit sich entwickelt, also keine Decke bildet. 
Nach Hoyer (1) kommt sie selten vor, und zwar im Bodensatz ober- 
gärigen Flaschenbieres. Auf festem Nährboden herangezüchtet, zeigt 
nur eine Minderheit der Kolonien die Bläuung durch Jodlösung. 

Eine durch Hoyer (1) als Bact. pasteurianum var. variabile be-3 
zeichnete Art aus obergärigem Biere scheint dem Bact. Kützingianum 
nicht bloß auf Grund des gleichen Verhaltens gegen Jodlösung sondern 
auch durch den Mangel des Verbandes der Zellen nahezustehen. Eine 
andere Art, das Dact. pasteurianum var. agile, soll, wie schon der Name 
besagt, sich von‘ ersterer durch die Schwärmfähigkeit unterscheiden. so 
Die Zellen einer durch Hoyer (1) als Bact. pasteurianum kurzweg be- 
zeichneten Art, welche jedoch mit derjenigen Hansen’s nicht überein- 
stimmt, starben, auf Fließpapier angetrocknet, bei 99° C binnen 5 Minuten 
ab, ertrugen jedoch, freilich unter merklicher Schwächung, die Einwir- 
kung einer Temperatur von 84° © durch 15 Minuten. In entgeistetem 
Biere erhitzt, starben sieab: bei 65° binnen 1 Minute, bei 60° binnen 3, 
bei 55° binnen 15, bei 50° binnen 75 Minuten, bei 45° nach mehr als 
D und weniger als 14 Stunden. 

Bacterium Kützingianum E. Cur. Hansen (3 u. 4) ist aus Doppel- 
bier abgeschieden worden und in vieler Hinsicht dem Baet. Pasteu- 
rianum ähnlich, so auch in der Bläuung durch Jod. Es unterscheidet 
sich jedoch von diesem schon äußerlich dadurch, daß seine Hautbildungen 
über die Oberfläche der Nährlösungen hinaus an der Innenwand des 
Zuchtgefäßes sich hoch emporheben und daß sie, ebenso wie die Kolonien 
(s. S. 547) auf Würzegelatine, hauptsächlich aus freien oder bloß paarig ıs 
verbundenen Kurzstäbcehen (s. Fig. 30) bestehen und längere Ketten nur 
spärlich aufweisen. Die niedrigste Temperatur für das Wachstum in 
Doppelbier liegt bei 6—7°, die höchste bei ca. 42° ©, Eine bei 34 C 
sich entwickelnde Zucht auf Bier läßt dieses ganz klar; sie wird jedoch 
bald trübe, wenn man sie in gewöhnliche Zimmertemperatur überträgt.» 
Ueber die Gestaltwandlung und die Involutionsformen vergleiche man 
S. 548 u. 549. Die chemische Wirkung dieser Art ist, ebenso wie die 
des Dact. Pasteurianum, zuerst durch W, Srırert (1) geprüft worden. 


Qi 


19 
o 


— 554 — 


HENNEBERG (17) hat deren Vorkommen auch in deutschen obergärigen 
Bieren beobachtet und 9,5 Vol.-Proz. Alkohol als höchste, das Wachstum 
noch nicht hindernde Gabe und 6,6 Proz. Essigsäure als höchstes Er- 
trägnis festgestellt. 

5 Ein durch W. SEIFERT (1) aus stichigem Wein abgeschiedenes Essig- 
säure-Bakterium kommt in Hinsicht auf die Aehnlichkeit im äußeren 
Verhalten und im inneren Aufbau seiner Hautbildungen dem Bat. 
Kützingianum nahe, von dem es sich jedoch durch den Mangel der Jod- 
Reaktion wie auch dadurch unterscheidet, daß es die Nährlösung (Lager- 

ıobier) schon von Anfang an trübt. Fünf Varietäten (a, ö, y, d, n) des 
Bact. Kützingianum hat Taxanasnaı (3) aus sauer gewordenem Sake 
(s. S. 622) abgeschieden und beschrieben. 

Termobacterium aceti hat A. ZEIDLER (2) im Jahre 1896 eine aus 
einem Flaschenbier-Bodensatz abgeschiedene Art benannt, die er zu 
ıs Anfang den Termobakterien (s. S. 211) zuzuzählen geneigt war. Dank 
einer durch ZEIDLER (4) abgebildeten langen Geißel zeigt die Zelle 
lebhafte Eigenbewegung, welche, demselben Forscher (3) zufolge, ins- 
besondere durch das Ansteigen des Säuregehaltes (bis ca. 35 cem Normal- 
säure auf 100) gelähmt wird, bei dessen Sinken jedoch wiederkehrt, 
unter gewissen Züchtungsbedingungen aber ganz verloren geht. Von 
den (selten zu Ketten verbundenen) Kurzstäbchen, die sich aus der Ein- 
impfung zunächst entwickeln, gehen sehr viele bald in Involutions- 

‘formen über. Diese Art entwickelt sich gut auf Biergelatine, spärlich 
auf Würze- oder Fleischsaft-Gelatine, gar nicht auf Kartoffeln. In ge- 

shopfter Bierwürze tritt, von der (höchstens mit Hautinselchen sich be- 
deckenden) Oberfläche ausgehend, allmählich Trübung und gelbbraune 
Verfärbung ein. In Bier setzt die Entwicklung merklich später ein 
und bringt es auch hier nicht bis zu einer vollständig geschlossenen 
Decke. Noch länger (bis zu einer Woche) dauert es bei Zuchten in 

3 Rotwein. Als minder tauglich erwiesen sich Hefenwasser, Peptonlösung 
oder mineralische Nährlösung. Wachstum trat auf Bier oder Würze 
einerseits noch bei 33° C und anderseits noch bei 5—6° C binnen 
8-30 Tagen ein, jedoch nicht mehr bei 1—2° C. In Würze erhitzt, 
sterben die Zellen bei 50—55° C, in Bier schon bei 45—50° © ab. 

3 Die Säuerung verläuft im allgemeinen träger als bei anderen Arten und 
am besten bei 25° C; sie betraf nur Aethylalkohol, Glucose, Propyl- 
alkohol und Glycol. Mehr als 9 Proz. Alkohol werden nicht vertragen 
und mehr als 6 Proz. Essigsäure wurden nicht beobachtet. ZEIDLER (3) 
hielt diese Art für wesensgleich mit dem ein Jahr später entdeckten 

40 Bact. oxydans. Deren Verschiedenheit, insbesondere in physiologischer 
Hinsicht, wurde jedoch außer Zweifel gestellt. Sowohl die starke Trü- 
bung -des Nährbodens wie auch die geringe Säuerungskraft machen auch 
diese Art für die Essigbereitung untauglich. 

Bacterium rancens nannte BEISERINcK (4) eine Art, welche er als 
sden Hauptvertreter jener Bieressig-Bakterien (s. S. 550) erklärte, deren 
Hautbildungen durch Jodlösung keine Bläuung erfahren. Sie, wie auch 
ihre Varietäten im Sinne jenes Forschers, sollen gegenüber dessen 
Bact. aceti und seinen Varietäten sich zunächst dadurch unterscheiden, 
daß die Schleimbildung auch bei Abwesenheit von Rohrzucker auftritt 
sound durch diesen sogar beeinträchtigt werden kann. Sie wächst auf 
Bier zu einer an der Wand des Zuchtgefäßes emporsteigenden, trockenen, 
faltigen Haut, welche aus Ketten von Kurzstäbchen aufgebaut ist. In 
einem mit Alkohol versetzten aufgekochten Biere verlief die Säuerung 


am besten bei 23—31° C. Von ihren Varietäten ist jene, welche nach 
des genannten Forschers Auffassung in der gewerblichen Bereitung von 
Essig aus Bier tätig ist, als D. rancens var. zythi bezeichnet worden, 
nach dem im alten Aegypten gebrauchten lateinischen Namen Zythum 
für Bier. Eine zweite Varietät erhielt durch Hoyer (1) den Namen 5 
B. rancens var. celiae, nach der lateinischen Bezeichnung Celia für Bier 
im alten Spanien; diese Abart soll innerhalb des Bieres sich entwickeln. 
Eine dritte Abart, D. rancens var. agile, welche ebenso wie die zwei 
vorgenannten aus obergärigem Bier herausgezüchtet worden ist, soll 
sich durch die Fähigkeit der Eigenbewegung von der ihr sonst gleichen ıo 
zweiten unterscheiden. Eine vierte Abart, das aus untergärigem Biere 
abgeschiedene B. rancens var. muciparum, bildet aus Bier erst spät, wenn 
die Säuerung fast beendet ist, eine dünne Hautdecke und lebt bis dahin 
innerhalb der dadurch stark getrübten Flüssigkeit. Bei keiner dieser 
Abarten, und auch bei BD. rancens selbst nicht, wird durch Jodlösung ı5 
jemals eine Bläuung bewirkt. 

Bacterium oxydans ist durch W. HENNEBERG (1) aus untergärigem 
Bier im Jahre 1897 gewonnen worden; es findet sich im Flaschenbier 
sehr häufig vor. Die ihm zukommende Eigenbewegung ist nur unter- 
halb 30° C zu beobachten; bei Anwesenheit von Mannit im Nährboden » 
dauert sie länger an, und durch frischen Zusatz von Alkohol kann sie 
in einer gealterten Zucht aufs neue angeregt werden. Es entwickelt 
auf Bier, welches bald stark getrübt wird, eine zarte Haut. Diese ist 
aus leicht zerfallenden Ketten von Kurzstäbchen aufgebaut, welche, wenn 
aus jungen Zuchten stammend,. 2,4—2,7 « lang und 0,8—1,2 u breit 
sind. Die höchste zulässige Temperatur für das Wachstum liegt bei 
30—33° C, die günstigste bei 18—21° C, die niederste bei ca. S’Ü. 
Feuchte Wärme von 55—60° und trockene Hitze von 97—100° wirken 
abtötend. Weil diese Art gegen größere Mengen freier organischer 
Säuren recht empfindlich ist, vermag sie nicht in unverdünntem Weine 
aufzukommen. Bei mehr als 7 Vol.-Proz. Alkohol tritt nicht mehr Ent- 
wicklung ein. Mehr als 2 Proz. Essigsäure werden nicht gebildet. Es 
ist demnach auch diese Art für die Essigbereitung aus Bier schon wegen 
der geringen Leistungsfähigkeit, wie auch wegen des scharfen Geruches, 
den sie dem Essig erteilt, nicht brauchbar und also fernzuhalten. Ueber ihre s 
Beziehung zu Termobact. aceti vergl. man (s. S. 554) auch HExNEBERG (2). 

Bacterium acetosum ist durch W. HENNEBERG (1) im Jahre 1897 
zuerst aus Döllnitzer Gose, einer besonderen (salzreichen) Art von ober- 
gärigem sächsischen Bier, abgeschieden worden. Auf Bier und Hefen- 
wasser bildet es glatte, fest zusammenhängende, im Alter faltig werdende, ı 
mit Jod nicht färbbare Hautdecken, welche aus langen Ketten von Kurz- 
stäbchen (von 1 « Länge und 0,4—0,8 u Breite) aufgebaut sind. Die 
Flüssigkeit bleibt klar. Dem Baet. Pasteurianum ähnelt die Art auch in 
betreff des Auftretens und Aussehens der Involutionsformen, insbesondere 
der ausgebauchten (geblähten) Zellen. Die zulässige höchste Temperatur 
beträgt zufolge Heusserere (17) für das Wachstum 36° C und für 
die Säuerung 33° CO, die günstigste für beide ca. 28° C, die niederste 
für das Wachstum fast 8° ©. Mehr als 11 Vol.-Proz. Alkohol hindern 
die Entwicklung. Die stärkste beobachtete Säuerung entsprach 6,6 Proz. 
Essigsäure. Diese Art entwickelt sich zufolge Hrssenrere (17) gut ins 
einer Nährlösung, bestehend aus je 0,1 Proz. Ammoniumsulfat, saurem 
Kaliumphosphat und Magnesiumsulfat, 0,2 Proz. saurem Ammonium- 
phosphat, je 1,0 Proz. Essigsäure und Stärkesirup und 2 Proz. Alkohol. 


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Ein Zusatz von B. acetosum regt das Epieoccum purpurascens in Zuchten 
auf gedämpftem Reis sehr stark zur Hervorbringung des roten Farb- 
stoffes an, wie durch K. W. Naumans (1) bemerkt worden ist, welcher 
in seiner Abhandlung auch eine (die Angaben auf S. 393 des Ersten 
sBandes ergänzende) Zusammenstellung einer Anzahl der bisher vor- 
liegenden Beobachtungen über die Bedingungen für die Farbstoff- 
bildung bei Schimmelpilzen (vergl. Bd. IV, S. 258) gebracht hat. 
TAKAHASHI (4) hat zwei Varietäten (Tanezu I, T. II) des Bact. acetosum 
aus Tanezu (s. S. 617) abgeschieden und beschrieben. 

10 Bacterium industrium ist durch P. Lixpxer in einer amerikanischen 
Preßhefe entdeckt und später durch HENNEBERG (4 u. 7) in Berliner 
Bierwürze und in Preßhefen verschiedener Herkunft wieder aufgefunden 
und untersucht worden. Die auf Nährflüssigkeiten entstehende (durch 
‚Jod nicht färbbare) Hautdecke ist meist schleimig, auf einem mit 

ıs Maltose oder Glycerin versetzten Hefenwasser jedoch von fester und 
trockener Beschaffenheit. Die Flüssigkeit wird stark getrübt. Die 
Zellen in den Häuten zeigen keinen regelmäßigen Zusammenhang. Es 
sind Kurzstäbchen ; solche aus dreitägigen Zuchten auf Bier sind 1,6—1,8 « 
lang und 0,8—1,2 « breit. Die Entfaltung der ihnen zukommenden 

»»Schwärmfähigkeit wird durch die Anwesenheit von Essigsäure, wie auch 
von Kaliumphosphat oder Glycerin, begünstigt und ist nur bei Luft- 
zutritt und unterhalb 47° C zu bemerken. Auszeichnend ist für diese 

‘ Art das Verhalten in Dextrin-Lösungen; diese werden fadenziehend und 
erstarren beim Erwärmen auf 30° ©. Die günstigste Temperatur für 

»;die (bis höchstens 2,7 Proz. Essigsäure vorschreitende und bei höchstens 
7 Vol.-Proz. Alkohol eintretende) Säuerung liegt bei 21° C, die obere 
(‚srenze bei 28° und die untere bei 10° C. Für das Wachstum sind 
entsprechend 23° bezw. 35° und 8° © festgestellt worden. 

Acetobacter melanogenum nannte BEIJERINCK (6) eine Art. welche er 
sonicht bloß in Bieren verschiedener Herkunft regelmäßig vorgefunden 
hat, sondern auch auf anderen Unterlagen, insbesondere in den ge- 
säuerten Brühen der Gerbereien, nachweisen konnte. Zu deren Ge- 
winnung läßt man in einem damit halb befüllten und bedeckten Becher- 
glase ein nicht zu extraktreiches Bier bei 25—30° C stehen. Die an 
ss dessen Oberfläche bald sich entwickelnde Haut ist gewöhnlich aus 
Myeodermen und Essigsäure-Bakterien aufgebaut. Im Falle der Anwesen- 
heit der in Rede stehenden Art, die man durch Züchten auf Bier- 
oder Würze-Gelatine aus jenem Gemische abscheiden kann, wird die 
Farbe der Flüssigkeit nach und nach immer tiefer braun. Diese Ver- 
änderung kommt durch einen durch diese Art gebildeten Farbstoff zu- 
stande, der nur bei Anwesenheit irgendeines Peptones als Stickstoff- 
quelle und der Glucose oder der Maltose als Kohlenstoftquelle auftritt. 
Er ist ein Benzol-Abkömmling, vielleicht Chinon. Er schwärzt Eisen- 
salze und verändert (gerbt) Gelatine insofern, daß diese dann weder 
sdurch kochendes Wasser noch auch durch Trypsin gelöst wird, und 
zeigt also die gleichen Eigenschaften wie der durch Streptothrix (Actino- 
myces) chromogena GASPERINI (s. Bd. III, S. 206 u. 451) hervorgebrachte 
Farbstoff. Acetobacter melanogenum ist ein kräftiger Säuerungserreger; 
in Bier kann er 3,6—4,2 Proz. Essigsäure bilden. Er tritt übrigens in 
somehreren Varietäten auf, die insbesondere bei längerem Aufbewahren 
der Zuchten sich bemerkbar machen und die Fähigkeit zur Farbstoff- 
bildung verloren und die zur Schleimbildung neu erworben haben, und 
würde also ein guter Gegenstand für Studien über Variation sein. 


re — 


Bacterium ascendens ist durch HExseEBere (4 u. 7) zuerst im Jahre 
1898 aus trübem Weinessig abgeschieden und seitdem öfter in Wein 
aufgefunden worden. Seinen Art-Namen hat es wegen der stark ent- 
wickelten Fähigkeit seiner (sehr zarten) Hautbildungen erhalten, an der 
Innenwand des Zuchtgefäßes über die Oberfläche der Nährflüssigkeit 5 
hinaus (bis 8 cm hoch) emporzusteigen. Der Zusammenhang der (mit 
Jod nicht färbbaren) Hautdecke ist sehr schwach; sie zerfällt leicht, 
die Flüssigkeit unter ihr ist infolgedessen stets trüb. Darum ist diese 
Art für die Weinessig-Bereitung untauglich. Ketten sind selten aufzu- 
finden, meist nur Zellpaare oder einzelne Kurzstäbchen, welche, ausıo 
junger Zucht entnommen, eine Länge von 1,35—2 u und eine Breite von 
1,2—1,6 u aufweisen. Involutionsformen treten häufig auf. Die höchste 
zulässige Temperatur wurde für das Wachstum auf Würze-Agar zu 44° C 
und für die Säuerung in Bier zu 42° C, die günstigste zu 31° bezw. 
27° C, die niederste zu 10° C ermittelt. Als brauchbar für Zuchten » 
erwies sich von künstlichen Nährlösungen eine solche, die 0,3 Proz. 
saures Kaliumphosphat, 0,2 Proz. Magnesiumsulfat, 0,5 Proz. Asparagin, 

1 Proz. Essigsäure, 2 Proz. Alkohol und 6 Proz. Stärkesirup enthielt. 
Der höchste Alkohol-Gehalt für Eintritt der Säuerung wurde zu ca.12 Vol.- 
Proz. bestimmt. Die höchste beobachtete Essigsäure-Bildung belief sich » 
auf 9 Prozent. Die Oxydationstätigkeit dieser Art ist bemerkenswert 
wählerisch: außer Aethylalkohol werden nur noch Propylalkohol und 
Glycol in Säuren übergeführt, nicht auch Glucose oder andere Zucker. 
TARAHAsHI (4) hat eine Varietät Tanezu aus Taanezu (s. S. 617) abgeschieden. 

Bacterium vini acetati ist durch HenseEBeEre (13) im Jahre 1904 aus» 
dem Bottich einer nach dem Orl&eans-Verfahren arbeitenden Weinessig- 
Fabrik in Berlin abgeschieden und später auch wiederholt in anderen 
Fabriken vorgefunden worden. Auszeichnend für diese Art ist die 
Schwächlichkeit des Zusammenhaltes der auf Flüssigkeiten entstehenden 
(durch ‚Jod nicht färbbaren) Hautbildungen, welche leicht zu einem» 
feinen Staube zerfallen und also jene vorübergehend trüb machen. Die 
Farbe der Häute wird auf Bier allmählich bräunlich, auf unverdünnter 
Weinessig-Maische sogar braunschwarz. Längere Ketten findet man in 
ihnen nicht, sondern höchstens Verbände von je drei neben paarigen 
und einzelnen Zellen. Diese sind meist abgerundete Kurzstäbchen oder s 
länglich-eiförmig. Sie messen, wenn aus Zuchten auf Agar ent- 
nommen, 0,3—0,8 u in der Breite und 0,8—2 « in der Länge und, wenn 
von Essigmaische stammend, 0,4 « in der Breite und 1,2—2.,1 « in der 
Länge. Die Neigung zur Bildung von Involutionsformen ist gering. 
Die höchste zulässige Temperatur für das Wachstum liegt zwischen 
36—38° C, die günstigste bei 23—33 °C, die niederste oberhalb 85°C, 
die Entwicklung ist jedoch schon bei 15—19° C sehr träge. Dieser Art 
steht in Gestalt und Größe der Zellen und in Farbe und Aufbau der 
Hautdecken das durch W. L. Prrers (1) aus altem Sauerteig abge- 
schiedene Bact. C sehr nahe, das jedoch nicht eingehend genug be- 
schrieben ist. 

Bacterium zylinoides, durch HEnxegere (13) zuerst im Jahre 1904 
in den Kufen zweier Berliner Weinessig-Fabriken aufgefunden, ist ein 
gutes Beispiel des Einflusses der Züchtungsbedingungen auf die Mächtig- 
keit der Hautbildung. Diese kann entweder eine dünne und trockene 
(an Seidenpapier erinnernde) Decke liefern, oder aber eine schaumig- 
schleimige (Flockenhaut), oder aber eine dicke und zähe (Lederhaut), 
welche dann derjenigen des B. zylinum ähnlich ist und so wie dieses 


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50 


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— 5585 — 


mit Jod und Schwefelsäure die Cellulose-Reaktion (Bläuung) liefert. Das 
bisher einzige Unterscheidungsmittel ist das Ueberimpfen auf Würze- 
Agar: auf diesem entwickelt sich das 5b. zylinum zu einem trockenen, 
gelbbräunlichen Ueberzug, das BD. zylinoides hingegen zu einem wasser- 
s5hellen Schleim. Die Lederhaut, welehe der Art auch den Namen ver- 
schafft hat, bildet sich regelmäßig auf Hefenwasser, das mit Zucker 
(Arabinose, Fructose, Saccharose u. dgl. m.) versetzt worden ist, ohne 
daß man diesen als den eigentlichen Verursacher erklären dürfte; denn 
auf gezuckerter Weinessig-Maische entwickelt sich nicht sie, sondern die 

ıerstbezeichnete dünne Haut. Auch die Zellgestalt ist bei dieser Art 
je nach den Bedingungen der Züchtung und dem Alter sehr schwankend, 
bald vollkommen kugelig, bald als Kurzstäbchen oder Langstäbchen auf- 
tretend, mit abgerundeten oder aber mit zugespitzten Enden, gerade 
oder gebogen. Kettenbildung kommt vor. Die Zellen aus Zuchten auf 

ıs alkoholhaltiger Würze waren 0,8 « breit und 1,2—2,0 u lang, diejenigen 
von Würze-Agar 1,2 « lang und 0,5 « breit oder aber 0,5,—0,8 u dick, 
wenn sie kuglig waren. Entwicklung tritt nur innerhalb 6—55° C ein. 
TAKAHASHT (4) hat aus Tanezu (s. S. 617) eine Varietät Tanezu dieser 
Art abgeschieden. 

20 Bacterium orleanense ist zwar aus dem Inhalt eines Bildners der 
Berliner Versuchs-Essigfabrik durch HExneBere (13) im Jahre 1904 ab- 
geschieden worden, ist jedoch nicht ein Schnellessig-Bakterium sondern 

‘ein kräftiger Hautbildner und zur Verwendung im Orl&ans-Verfahren 
geeignet und darnach auch benannt worden. Die Art gleicht in manchen 

»s Eigenschaften der zuletzt beschriebenen, .die vielleicht zu ihr und zu 
dem B. zylinum in dem Verhältnis von Varietäten steht. Ebenso wie 
B. xylinoides vermag auch sie in verschiedener Ausbildungsweise der 
(jedoch niemals die Cellulose-Reaktion gebenden) Hautdecke sich zu ent- 
wickeln. Meist ist diese letztere zwar dünn, die Festigkeit ihres Zu- 

sosammenhanges aber recht groß und die Flüssigkeit (Bier, Wein) unter 
ihr dauernd klar. Trübung tritt nur in künstlichen Nährlösungen ein. 
Die gleiche Mannigfaltigkeit herrscht auch in der Gestalt der Zellen. 
Solche aus Zuchten in Essigmaische maßen 1,6—2,4 « in der Länge und 
0,3—0,4 u in der Breite, solche von Zuchten auf Würze-Agar 12—2,1 u 

zu 0,4—0,5 «. Ketten und Involutionsformen kommen vor. Die Tem- 
peraturen für das Wachstum liegen zwischen 39° und 8° C. 

Acetobacter plicatum ist durch Fr. Funrmann (1) aus einem Weine 
abgeschieden worden. Die Zellen dieser Art sind Stäbchen ohne Eigen- 
bewegung und messen ca. 1,5 « in der Länge und 0,5 « in der Breite, 

so wenn sie von gelatinehaltigen Nährböden, die niemals verflüssigt werden, 
herstammen, und ca. 0,8 « in der Länge und 0,6 «u in der Breite, wenn 
sie auf agarhaltiger Unterlage herangewachsen sind. Auf Wein ent- 
wickelt diese Art, ohne ihn irgendwie zu trüben, eine zusammenhängende 
Hautdecke, welche durch Jodlösung keine Bläuung erfährt. Die günstigste 

s Temperatur für sie liegt zwischen 28—30° ©. Involutionsformen bringt 
sie nur kärglich hervor. 

Auf die durch Rormensach (25) und durch Perroup (1) beschrie- 
benen unbenannten neun und elf Arten, die nach Herkunft und Ver- 
halten auch zu der Schar der Weinessig-Bakterien zählen, ist schon auf 

soS. 546 hingewiesen worden. 


$ 125. Die Schnellessig-Bakterien. 


Bacterium acetigenum, durch HENNEBERG (2) im Jahre 1898 aus dem 
Essig einer Schnellessig-Fabrik in Halle abgeschieden, ist unter den 
wenigen Arten mit Eigenbewegung die lebhafteste; in 2-proz. Glycerin- 
Hefenwasser war diese letztere noch am 16. Tage zu beobachten. Die 
Haäutdecke auf Bier, Hefenwasser, Weißwein und stark verdünntem Rot- 
wein ist zwar dünn, hängt aber dennoch so fest zusammen, daß sie beim 
Schütteln als Ganzes in der (bisweilen sich trübenden) Flüssigkeit unter- 
sinkt. Die (manchmal die Cellulose-Reaktion gebende) Decke weist keine 
Kettenverbände auf; die einzeln oder höchstens paarig vorkommenden 
Zellen sind abgerundete Kurzstäbchen von 1,2—1,4 u Länge und 0,8—1,2 u 
Breite. Involutionsformen sind selten zu finden. Die günstigste 
Temperatur für Wachstum und Säuerung liegt bei 33° C, die zulässige 
niedrigste bei 8°C. Der für die Entwicklung noch erträgliche höchste 
Alkohol-Gehalt beträgt 7 Vol.-Proz. und die größte beobachtete Säure- 
bildung war bisher 3,5 Proz. Essigsäure. Es kann also diese Art für 
die Schnellessig-Fabrikation nicht in Betracht kommen. Sie bildet aber 
aus dem Grunde den Uebergang von den Bieressig- und Weinessig-Bakterien 
zu den weiterhin zu beschreibenden wahren Schnellessigbakterien, weil 
sie, so wie diese letzteren und zum Unterschiede von jenen, auch in 
Mineralsalz-Nährlösungen sich gut zu entwickeln vermag; HENNEBERG (17) 
gibt solche von sehr verschiedener Zusammensetzung und gleicher 
Tauglichkeit an. 

Bacterium Schützenbachi, aus einem Bildner der Berliner Versuchs- 


Essigfabrik stammend, ist durch HEnnEBere (13) im Jahre 1906 be-: 


schrieben worden. Die auf Nährflüssigkeiten entstandenen (durch ‚Jod- 
lösung nicht färbbaren) Decken zeigen keinerlei festen Zusammenhang 
und sind aus mannigfaltig gestalteten (runden, eiförmigen, länglichen, 
gebogenen, abgerundeten oder zugespitzten) Zellen aufgebaut. die sowohl 
zu Ketten vereint wie auch außer Verband sind. Deren Länge schwankt 
von 1,6—3,6 u bei einer Breite von 0,3—0,4 u. Die Grenzen der 
Temperatur für das Wachstum liegen unterhalb 37° und oberhalb 7,5° C. 
Die mit dieser Art bisher erreichte höchste Essigsäuremenge betrug 
11,5 Prozent. Nach Hexsegere’s Annahme sind diese und die folgende 


Art und deren (noch unbekannte) Verwandten als die echten oder s 


Kultur-Schnellessig-Bakterien, also als die wirkenden im deutschen Ver- 
fahren, anzusehen. 

Bacterium curvum hat mit der vorher beschriebenen Art die Her- 
kunft und das Jahr der Reinzüchtung durch Hexnesere (13) gemein, 
übertrifft sie aber sowohl in der Bescheidenheit der Ansprüche an den 
Nährboden als auch in der Fähigkeit des Ertragens höherer Temperaturen 
und ist der bis nun hervorragendste Vertreter der noch sehr stark der 
weiteren Erforschung und Vergrößerung bedürftigen Gruppe der wahren 
Schnellessig-Bakterien. Das Hautbildungsvermögen auf Flüssigkeiten ist 
bei dieser Art am schwächsten ausgebildet, und oft bleibt es bei der 
Bildung einzelner schwimmender Inseln; im günstigsten Falle des Ent- 
stehens einer vollkommenen und geschlossenen Decke ist diese ohne 
festen Zusammenhang, Sie färbt sich mit Jod nicht. Die Zellen haben 
Ei-Gestalt oder sind länglich bis lang, abgerundet oder zugespitzt und 


zeigen oft eine (im Art-Namen zum Ausdruck gebrachte) schwache » 


Krümmung. Meist sind sie einzeln oder zu zweien, selten zu kurzen 


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Ketten verbunden. Die Größe der Zellen schwankt je nach dem Nähr- 
boden, Alter usw. der Zucht von 1,6—12,0 « in der Länge und 0,3—0,5 u 
in der Breite. In Essigmaische vermehren sie sich noch bei 35° und 
nicht mehr bei 8° C, aber schon gering bei 16° C und am besten bei 
sca. 30° C. Gute Entwicklung sowohl dieser wie auch der vorher- 
genannten Art, jedoch nicht auch des D. orleanense und des D. vini acetati, 
trat in HEnseBErG’s vergleichenden Versuchen in einer Nährlösung ein, 
welche enthielt: je 0,1 Proz. der Sulfate des Ammoniums und des 
Magnesiums und des sauren Phosphates des Kaliums, 0,2 Proz. 
ı Ammoniumphosphat, 6 Proz. Stärkesirup und 3 Vol.-Proz. Alkohol. Ein 
weiterer Zusatz von 1 Proz. Essigsäure macht die Lösung merkwürdiger- 
weise für die in Rede stehende Art ganz untauglich. 
Bacterium aceti var. agile soll seinem Entdecker BEIJERINCK (4) zufolge 
als Mikrokokkus auftreten, hat also seinen Gattungsnamen zu Unrecht 
ısund wohl darum erhalten, weil es, wie ja der Zusatz besagt, nur für 
eine bewegliche Varietät einer in Kurzstäbchen auftretenden Art gelten 
soll. Diese letztere, also das Bact. aceti BEISERINCK’s, soll, zusammen mit 
seiner Abart, auf den Spänen der Bildner sich finden und als Haupt- 
vertreter der Schar der Schnellessig-Bakterien angesehen werden. 
20 Die Frage nach dem Bedarf an Mineralstoffen kommt in der Praxis 
der Essigbereitung nur bei der Verarbeitung von Sprit, also in der 
Schnellessig-Fabrikation, in Betracht und soll aus diesem Grunde hier 
‘erledigt werden. In wissenschaftlicher Hinsicht ist sie selbstverständlich 
von gleicher Wichtigkeit für alle Essigsäure-Bakterien überhaupt und 
sin dem Falle ganz besonders, wenn Versuche über Gärvermögen in 
künstlichen Nährlösungen vorgenommen werden müssen. Für diesen 
letzteren Zweck hatte schon PAstEur (4) eine solche verwendet, welche 
im Liter 12,75 g Essigsäure, 22,5 & Alkohol, 0,2 & Ammoniumphosphat 
und je 0,1 & der Phosphate des Kaliums, Caleiums und Magnesiums ent- 
sohielt. Hoyer (1) hat dann die Frage des Bedarfes näher geprüft und 
zur Züchtung von Schnellessig-Bakterien eine Nährlösung für tauglich 
befunden, welche je 0,1 Proz. von Natriumacetat und der Phosphate 
des Kaliums, Magnesiums und Ammoniums und 3 Vol-Proz. Alkohol 
enthielt. Ihm zufolge sind nur drei Mineralstoffe (Kalium, Magnesium 
3 und Phosphor) unerläßlich; hingegen sind Schwefel, Calcium, Natrium, 
Silicium, Eisen, Aluminium und Mangan entbehrlich. Den Maischen der 
Schnellessigfabrik werden von jenen drei Elementen die zwei Basen 
gewöhnlich in dem zum Verdünnen des Sprites verwendeten Wasser zu- 
geführt, dessen chemische Beschaffenheit demnach wichtig ist. An der 
40 Phosphorsäure ist jedoch meist ein Mangel, so daß also, wie DoxsEur (1) 
bemerkt hat, ein Zusatz von Phosphaten immer gute Wirkung hat. 
ROTHENBACH (5), welcher außer dem Magnesium auch das Calcium und 
die Schwefelsäure für nützlich erachtet, hat in einem Falle vergleichender 
Untersuchung festgestellt, daß von zwei Wässern das an diesen drei 
Stoffen ärmere ein auffallend schlechteres Ergebnis lieferte, nämlich 
Sinken der Essig-Ausbeute auf zwei Drittel und beträchtliches Fallen 
der Arbeitstemperatur der Bildner. Ihm zufolge ist die Bindungsweise 
jener zwei Basen nicht gleichgültig; denn ein starker Gehalt an Sulfat 
und noch mehr an Chlorid wirkt lähmend. Ob die Bindung als Karbonat 
sodie günstigste ist, bleibt noch zu untersuchen. Ein überflüssig hoher 
Gehalt an kohlensaurem Kalk wird, wegen der durch ihn zustande- 
kommenden Minderung der Ausbeute an freier Fissigsäure, selbst- 
verständlich unerwünscht sein. Zur Deckung des Bedarfes an Mineral 


stoffen und also zur Hebung der Lebenstätigkeit der Gärerreger und 
somit zur Steigerung der Ausbeute werden Nährsalz-Gemische 
verkauft, manchmal unter klangvollem Namen und zu einem den Material- 
Wert weit übersteigenden Preise. Ein als „Essigferment“ bezeichnetes 
Gemisch bestand zufolge M. MAssrELD (1) aus 46 Proz. Mineralstoffen, 5 
unter denen außer 10 Proz. Sand und 5,4 Proz. Phosphorsäure viel Nitrate, 
Sulfate und Chloride waren. Ein als „Acetogen“ bezeichnetes Gemisch 
bestand nach B. FıscHer aus 15 Proz. Caleiumphosphat, 45 Proz. Dinatrium- 
phosphat und 40 Proz. Ammoniumphosphat. Nicht nur die anzuwendende 
Menge sondern auch die Zusammensetzung solcher Gemische wird in jedem ıo 
einzelnen Falle erst auf Grund der Betriebsverhältnisse und der 
chemischen Analyse des Betriebswassers angegeben werden können. 
Eine allgemein gültige Gebrauchsanweisung ist also von vornherein 
ausgeschlossen; man vergleiche darüber P. Hassack (1). Daß die an 
feinere Nahrung gewöhnten Weinessig- oder Bieressig-Bakterien in ıs 
Mineralsalz-Nährlösungen nicht selten versagen, hat schon A. J. Browx (1) 
an seinen Arten in betreff Pasrteur’s Lösung bemerkt. BEIJERINCK (4) 
hat die gleiche Beobachtung gemacht und auf sie dann seine Ansicht 
gestützt, dab PAstEeur gar nicht, wie er geglaubt habe, Weinessig- 
Bakterien sondern Schnellessig-Bakterien gezüchtet und studiert hatte, 
und daß also Pasteur’s B. aceti als Typus der Schnellessig-Bakterien 
zu gelten habe. Hansen (4) hat demgegenüber mit Recht betont, dab 
man heute nicht mehr feststellen könne, was PastEur's B. aceti eigentlich 
gewesen war. Auch HEnxneBere (13) hat Mißerfole, d. h. Ausbleiben 
der Entwicklung der Aussaat von Schnellessig-Bakterien, sowohl mit: 
Pasteur’s als auch mit Hoyer’s Nährlösung zu verzeichnen gehabt. An 
der durch ihn beklagten Launenhaftigkeit der Essigsäure-Bakterien ist 
im Grunde genommen bloß die Mangelhaftigkeit unserer Kenntnisse 
schuld. 

Ueber die Stickstoff-Nahrung der Essigsäure-Bakterien ist dasso 
wesentliche unserer Kenntnisse schon auf S. 411 des Ersten Bandes 
gesagt worden und also hier nur noch zu ergänzen. Schon PAstEur (4) 
hatte für sein Bakterium festgestellt, daß es seinen Bedarf an Stickstoff 
dann aus Ammoniumsalzen decken könne, wenn ihm Essigsäure oder 
Alkohol als Kohlenstoffquelle geboten werde. Diese gegenseitige 
Bedingtheit hat Berserinck (4) im Jahre 1898 dann genauer betreff der 
Essigsäure erforscht. War diese als Kohlenstoftquelle vorhanden, so 
konnte der Stickstoff entnommen werden: durch Bieressig-Bakterien nur 
aus Peptonen und nicht auch aus Amiden oder aus Ammoniumsalzen, 
durch B. zylinum aus Peptonen oder Amiden und nicht auch aus 
Ammoniumsalzen, durch Schnellessig-Bakterien aus jeder dieser drei 
(Juellen. War jedoch Glucose neben Essigsäure verfügbar, dann be- 
enügten sich die Bieressig-Bakterien auch mit Ammoniumsalzen oder 
mit Nitraten als Stickstoffquelle Hexnerere (2) ist im selben Jahre 
zu der gleichen Feststellung gelangt, welche hierauf durch Hover (1)a 
bestätigt wurde. Die Nitrate, die, nebenbei bemerkt, .J. Tınumans (1) 
als einen (bis 18 mg N,O, im Liter ausmachenden) Bestandteil. vieler 
naturreiner deutscher Weine erkannt hat, sind nach HexnEpere (2) 
jedoch wenig tauglich, in etwas größerer Menge (s. S. 592) sogar schädlich. 
SEirert (6) hingegen behauptet, daß sie sogar dem Pepton vorgezogen 
werden und also während der Säuerung des Weines verschwinden, so 
daß ein Nitrat-Gehalt käuflichen Weinessigs dahin zu deuten sei, dab 
dieser letztere erst im fertigen Zustande mit nitrathaltigem Wasser 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie, Bd. V. 36 


IV 
[ayı 


17 


5 


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verdünnt (verfälscht) worden ist. Die Ueberlegenheit der Amide und 
Peptone gegenüber den Ammoniumsalzen als Stickstoffquelle macht man 
in der Schnellessig-Fabrikation sich zu nutze und bietet jene in Gestalt 
eines vergorenen Malzauszuges, um einen frischen Bildner in Betrieb zu 
ssetzen oder einen geschwächten in seiner Leistung anzuregen. Weil 
dieser Zusatz aber nicht bloß den allein zu begünstigenden Schnellessig- 
Bakterien sondern auch den als unerwünschte Eindringlinge vorhandenen 
Bieressig- oder Schleimessig-Bakterien zugute kommt, wird man sehr 
umsichtig verfahren müssen; man vergleiche darüber ROTHENBACH (7). 
ıAmide und Peptone sind auch in dem billigen und darum für 
Laboratoriums-Versuche sehr beliebten Hefenwasser (s. Bd. I, S. 554) 
vorhanden, das, mit 1--2 Proz. Essigsäure und 3—4 Proz. Alkohol 
versetzt, zuerst durch Pasteur (5) gebraucht worden ist. 
Die Vortrefflichkeit der Glucose als Kohlenstoff-Nahrung erhellt 
schon aus der zuvor angegebenen Beobachtung BEIJERINcKS (4). Das 
Bact. xzylinum verlangt zufolge Hoyer als Kohlenstoff-Nahrung entweder 
Glucose oder Saccharose. Ebenso wie dieser Forscher hat auch HExneE- 
BERG die allgemeine Tauglichkeit der Glucose erwiesen. Sie wird in 
der Praxis der Schnellessig-Fabrikation ausgenützt, welche die Maischen 
eo (Essiggut) durch einen Zusatz von Stärkesirup, der hauptsächlich Glucose 
enthält, für die Bakterien nahrhafter macht. Ueber die Tauglichkeit 
des Aethylalkoholes liegen widersprechende Angaben vor. Hoyer (1) 
‘stellt sie in betreff seines Pact. aceti in Abrede. HENNEBERG hingegen 
behauptet, daß sein BD. ascendens in künstlicher Nährlösung nur dann 
» sich entwickle, wenn in ihr auch Alkohol geboten werde. Der günstige 
Einfluß der Anwesenheit einer nicht zu hohen Menge von Alkohol 
auf die Zellvermehrung der Essigsäure-Bakterien ist im allgemeinen un- 
verkennbar. Die Tauglichkeit des Aethylalkohols als alleiniger Kohlen- 
stoffquelle für den Zellaufbau und den Stoffwechsel ist, nebenbei bemerkt, 
sofür die Mycodermen (s. Bd. IV, S. 312) und für einige Schimmelpilze 
(s. Bd. I, S. 421) schon seit langem bekannt und für Penicillium durch 
H. Hasserpring (1), für Rhizopus nigricans, Oidium lactis und Willia 
anomala durch F. Enkrıch (7) und für eine große Anzahl von Schimmel- 
pilzen, Sproßpilzen, Saecharomyceten und niederen Ascomyceten durch 
>P. Lmpxer und Sr. Czıser (1) vor kurzem erwiesen worden. Das 
Glycerin soll zufolge Browv’s (3) Beobachtung, die durch Hrxse- 
BERG (7) an dessen Bact. industrium bestätigt worden ist, eine weit 
üppigere Vermehrung sichern als irgendeine andere Kohlenstoffquelle. 
Der Acetaldehyd, welcher zufolge A. Perrrıer (1) manchen Pilzen, 
«so insbesondere einer Torula-Art, den Kohlenstoff zu liefern vermag, ist 
im Bereich der Essigsäure-Bakterien auf diese Fähigkeit erst noch 
senauer zu prüfen. 


$ 126. Die Schleimessig-Bakterien und der Schleimfluß der Bäume. 


Bacterium xylinum hat A. J. Brown (2) im Jahre 1886 gelegentlich 

4 der Untersuchungen über sein Dact. aceti entdeckt, von welch letzterem 
es sich durch die Mächtigkeit der auf Nährlösungen bis zur Dieke von 
25 mm heranwachsenden, manchmal sogar die Flüssigkeit vom Grunde 
bis zur Oberfläche durchsetzenden Hautbildung (Zoogloea, vergl. S. 546) 
unterschied. Es wurde auf gleiche Weise wie die andere Art in Rein- 
sozucht gewonnen. Die mikroskopische Prüfung ihrer derben, zu einem 


— 5635 — 


Ganzen fest zusammenhängenden Decke ließ, in den Schleim eingebettet, 
die Zellen als ungefähr 2 « lange Stäbchen erkennen, welche manchmal 
zu Verbänden aneinandergereiht waren. In alten Zuchten stellten sich 
häufig auch kugelige Gestalten ein. Unter ungünstigen Verhältnissen 
(z. B. in Hefenwasser) traten fädige Gebilde, 10—30 u lang, auf; blasige 5 
Involutionsformen hingegen wurden niemals bemerkt. Innerhalb der 
Nährlösung findet man nur spärlich Zellen, die jedoch, auf eine andere 
Nährlösung geschickt übertragen, zu einer Hautdecke sich entwickeln. 
Oberhalb 36° © tritt Wachstum nicht mehr ein. Die Zooglöen setzen 
sich aus der Schleimhülle und aus den in sie eingebetteten Zellen zu-10 
sammen. Jene erstere ist in Kupferoxyd-Ammoniak löslich und daraus 
dann durch Ansäuern wieder ausfällbar, wird durch Jod und Schwefel- 
säure oder durch Chlorzinkjod dunkelblau gefärbt und durch starke 
Schwefelsäure ohne Schwärzung in Auflösung gebracht, in welch 
letzterer, nach geschehenem Verdünnen mit Wasser, sie durch Kochen s 
in eine Zuckerart übergeführt wird. Diese ist zufolge Brown (4) optisch 
rechtsdrehend und reduziert Ferume’s Lösung kräftig, so daß jener 
Forscher die Substanz des Schleimes für Cellulose ansieht, deren Menge, 
auf Trockenrückstand bezogen, er zu 35—62 Proz. bestimmte. O0. EmmEr- 
LInG (1) kam jedoch in betreff des Verhaltens zu jenen Reagentien zu» 
abweichenden Ergebnissen, sodaß vielleicht an Hemicellulose (s. Bd. I, 
S. 229) zu denken sein wird, mit welcher, nach des letztgenannten 
Forschers Beobachtung, noch Chitin vergesellschaftet ist. Dextran hin- 
segen, das in den äußerlich etwas ähnlichen Zooglöen des Leuconostoec 
mesenterioides vorkommen soll (s. Bd. II, S. 462), hat Brown hier ver-s 
geblich gesucht. Nicht bloß auf jeglicher der vielen und mannigfaltigen 
Nährlösungen, die Brown unter verschiedenen Züchtungsbedingungen ge- 
prüft hat, sondern auch auf Würzegelatine, die nicht verflüssigt wird, 
kommt stets die Zooglöen-Bildung zustande, für welche nach Brown (2) 
der Aethylalkohol untauglich ist und der Mannit und die Fructose noch s0 
förderlicher sind als die Glucose. 

In England benützt man zufolge Tuoumsox (1) in den Haushaltungen 
zur Erzeugung von Essig für den eigenen Bedarf aus Zuckerlösung die 
sogen. vinegar plant. Zufolge A. J. Brown (2) sind dies Zooglöen 
des Bact. zylinum, auf denen Hefenzellen sich angesiedelt haben, welche s 
die erforderliche Vorarbeit der Vergärung des Zuckers zu Alkohol leisten 
und unter denen zufolge P. Lıspser (7) auch der Schizosaccharomyces 
Pombe sich betätigt. In seiner Verneinung der Essigmutter als eines 
belebten Dinges hatte sich Lıesıs auch auf eine Angabe Murver’s (1) 
gestützt, welcher jenes Gebilde als frei von Asche befunden zu haben » 
glaubte. Er wurde darin aber später durch eine durch R. Tuousonx (1) 
vorgenommene Analyse widerlegt, welche 94,53 Proz. Wasser, 5,134 Proz. 
organ. Stoffe und 0,336 Proz. Asche ergab, die hauptsächlich aus Alkali- 
salzen bestand. Im Anschlusse an diese Angabe soll auch die durch 
ALıLAIRE (1) vorgenommene Analyse angeführt werden. Sie hat wahr-s 
scheinlich nicht das Daet. zylinum zum Gegenstande gehabt, sondern die 
Deckenbildung aus den Bottichen einer nach dem ÖOrleans-Verfahren 
arbeitenden französischen Weinessigfabrik, welche den Wein zuvor 
pasteurisiert und dann mit kräftigen Essigsäure-Bakterien angestellt 
hatte. Die vorerst mit Wasser gewaschenen Zooglöen gaben an 80-proz. 
Alkohol 1,56 Proz. einer fettartigen Substanz ab, welche 2,3 Proz. 
Phosphor enthielt und beim Verseifen Cholin abspaltete, also vermutlich 
lecithinartig war. Der von ihr befreite Rest enthielt 6,9 Proz. Stick- 

36* 


— 564 — 


stoff und lieferte 5,9 Proz. Asche. Letztere bestand aus 0,6 Proz. SiO,, 
1.66 Proz. CuO, 10,7 Proz. Fe,0,, 47,45 Proz. H,PO,, 10,7 Proz. CaO, 
8,0 Proz. MgO, 18,02 KOH, 2,87 Proz. NaOH und Spuren von Mangan, 
Chlor und Schwefel. 
5 Mit Browv’s Bact. wylinum für übereinstimmend hält W. SEIFERT (1) 
eine durch ihn im Jahre 1897 aus stichigem Weißweine abgeschiedene 
Spaltpilz-Art, welche auch gegen die Cellulose-Reagentien das gleiche 
Verhalten wie jene erstere zeigte. Gewibheit herrscht darüber jedoch 
nieht; denn dazu ist Browx’s Art nicht genug eingehend beschrieben. 
ıoDas gleiche gilt von der vorgängigen Angabe WERMISCHEFF'S (1) aus 
dem Jahre 1893 betreffend die Auffindung jener Art in Wein; denn 
das Auftreten in Gestalt einer die Cellulose-Reaktion gebenden mächtigen 
Haut ist noch nicht ein vollgiltiger Beweis. 
W. Henxepere (7) hat im Jahre 1898 eingehend eine Art unter- 
ıssucht, welche er derjenigen Brown’s für gleich erachtet. Es scheint 
jedoch wahrscheinlich zu sein, daß wir es hier mit einer Schar von 
Varietäten zu tun haben, denen vielleicht auch das Bact. zylinoides und 
das B. orleanense zuzuzählen sind. HENNEBERG gibt für sein D. zylinum 
den das Wachstum noch zulassenden Höchstgehalt des Nährbodens an 
»o Alkohol zu 6—7 Vol.-Proz. und den höchsten erzielten Essigsäuregehalt 
zu 4,5 Proz. an. 
Bacterium acidi oxaliei, durch W. Zopr aus dem Schleimflusse einer 
‘ Eiche (s. S. 568) abgeschieden und durch Fr. BannınG (1) im Jahre 1902 
beschrieben, steht in morphologischer Hinsicht dem .Bact. zylinum sehr 
»snahe. Auf Bier, in welchem es Essigsäuregärung durchführt, entwickelt 
es sich zu mächtigen, zähen, schleimigen Häuten, die aus Ketten von 
Kurzstäbchen aufgebaut sind, welche eine Länge von 1,6—2,9 « und 
eine Breite von 0,5—0,9 u besitzen, also sehr auffällige Schwankungen 
in ihren Abmessungen aufweisen können. Die stark verquollene äußere 
soSchichte der Zellhaut, die Schleimhülle, gibt mit Chlorzink-Jodlösung 
oder mit Jod und Schwefelsäure die Cellulose-Reaktion. Schwärmzellen 
konnten nicht beobachtet werden. Von dem Bact. zylinum unterscheidet 
sich diese Art zunächst dadurch, daß sie Oxalsäure nur aus Glucose 
(s. S. 588) zu bilden vermag und also ihre Art-Bezeichnung nur sehr 
3 wenig verdient, daß sie, in Banxıng’s Versuchsanstellung, mit Lactose, 
Rhamnose, Propylalkohol, Butylalkohol, Isobuttersäure und Brenzwein- 
säure nur schlecht oder gar nicht ernährt werden konnte und daß hin- 
gegen die Essigsäure als guter Nährstoff sich erwies. Verflüssigung der 
Gelatine konnte nicht bemerkt werden. Die höchste Temperatur für das 
40 Wachstum wurde zu ca. 30°, die niedrigste zu ca. 16° und die günstigste 
zu 23—25° G ermittelt. 
Leuconostoe Lagerheimi ist zufolge NAapson und BATSCHINSKAJA (1) 
im Schleimflusse der Eichen (s. S. 567) schon im Jahre 1883 in Rußland 
durch Jacopy entdeckt und unter dem Namen Leuconostoce quercus kurz 
ss beschrieben worden. Diese Mitteilung blieb jedoch in Westeuropa un- 
beachtet, wo jene Art durch Fr. Lupwıc (2) erst ein Jahr später auf- 
gefunden, durch G. von LAGERHEIMm dann als ZLeuconostoc erklärt und 
diesem zu Ehren benannt wurde. Diese Spaltpilz-Art ist es, welche 
dem Schleimflusse seine zähe Beschaffenheit verleiht. Die Zellen sind 
sokugelig, messen 0,6—0,8 «u und sind zu Ketten vereint, welche von den 
mächtig verquollenen äußeren Schichten der Zellhaut umhüllt und zu- 
sammengehalten sind. M. W. Briserinck (3) fand diese Art gleichfalls 
im Eichen-Schleimflusse auf, erkannte sie als Essigsäure-Bakterium und 


— 565 — 


erklärte sie für die eigentliche Ursache jener Baumkrankheit. Dieser 
Forscher hat auch zufolge Lupwıs (9) festgestellt, daß diese Spaltpilz- 
Art, ganz ähnlich wie der Leuconostoc mesenterioides (s. Bd. II, S. 465), 
nur bei Anwesenheit von Zucker und wenig oder keinem Alkohol die 
Schleimhüllen hervorbringt, andernfalls aber in Gestalt von hüllenlosen 
Kurzstäbehen sich entwickelt, viel Essigsäure bildet und als Varietät 
von Brown’s Bact. zylinum aufzufassen sei, die er später als Aceto- 
bacterium zylinum var. Lagerheimi bezeichnete. Lupwıc (8) hingegen 
meinte ganz richtig, daß die wild wachsende Art als die ursprüngliche 
aufzufassen sei, aus der später erst Browx’s Art, die doch aus einem ıo 
gewerblichen Betriebe entnommen worden war, sich nach und nach als 
Varietät herausgebildet habe. An Reinzuchten angestellte vergleichende 
Untersuchungen haben Napsox und BaTscHIsskaJA (1) zu der Auffassung 
geführt, daß Leuconostoc Lagerheimii und Leuc. mesenterioides nicht zwei 
selbständige Arten sondern bloß zwei Formen oder Rassen ein und: 
derselben Art von Leuconostoc sind, welche sich von dem Bact. zylinum 
scharf abgrenzen lassen. 

Als Sorbose-Bakterium hatte BErTRAND (1) zuerst jene Spalt- 
pilz-Art bezeichnet, welche auf dem Vogelbeersaft (s. S. 582) nach Ablauf 
der Alkoholgärung und der auf diese zunächst folgenden Wucherungen 20 
von Kahm- und Fadenpilzen zur Entwicklung gekommen war und dessen 
Sorbit zu Sorbose oxydierte. Als Zuträger betätigten sich auch hier 
die Essigfliegen (s. S. 568). In einem auf das Doppelte verdünnten 
Gemische gleicher Teile von Weinessig und Rotwein konnte er diese 
Bakterien-Art regelmäßig auftreten sehen. Er hielt sie für mindestens 
sehr nahe verwandt mit dem Bact. zylinum Brown, wenn nicht sogar 
damit übereinstimmend. O0. EmmErume (1) hat dieser Vermutung dann 
auf Grund der Vergleichung einer von BErTRAnD erhaltenen Ueber- 
impfung mit einem B. zylinum aus einer Essigfabrik zwar zugestimmt, 
jedoch auch bemerkt, daß die Zooglöen des Sorbose-Bakteriums ins 
Kupferoxyd-Ammoniak nur wenig löslich waren. Man wird hier wahr- 
scheinlich mit einer Reihe von Abarten zu rechnen haben. Glycol soll 
durch das Sorbose-Bakterium zufolge BERTRAND (3) nicht angegriffen, 
durch B. zylinum hingegen zufolge HexsEperG (7) schwach oxydiert 
werden. BerrranD (15) beschreibt die Zellen seiner Art als bewegungs- s 
lose Stäbchen von 0,5 « Dicke und 2—3 u Länge; sie würden demnach 
wesentlich schlanker als die meisten anderen Essiesäure-Bakterien sein. 
In den Zooglöen alter oder erschöpfter Zuchten findet man nur kugelige 
Gebilde von 0,5 u Durchmesser, die wohl als Involutionsformen an- 
zusprechen sind und nicht als Sporen, wie BERTRANnD gemeint hatte. 
Diese Art ist ein kräftiges Essigsäure-Bakterium. Ihr Verhalten zu den 
mehrwertigen Alkoholen und zu den Zuckerarten ist durch Berrraxn (15) 
umfassend geprüft worden. Sie oxydiert jene ersteren zu den zu- 
gehörigen Ketosen (mit der Carbonyl-Gruppe am zweiten Kohlenstoff‘), 
die Zucker aus der Reihe der Aldosen zu der zugehörigen einbasischen 
Säure, die aus der Reihe der Ketosen hingegen viel weitergehend und 
ohne bemerkenswerte Zwischenprodukte. Die Entwieklung in Zuchten, 
in denen die Aldosen oder Arabit, Erythrit, Perseit und Volemit ge- 
boten werden, ist weit spärlicher als in jenen mit Glycerin, Sorbit oder 
Mannit. 50 

Die Baumflüsse, und unter ihnen die als Schleimfluß und als 
Essigfluß bezeichneten Abarten an den Eichen insbesondere, wirken 
in der freien Natur als Brutstätten für die Essigsäure-Bakterien. Bisher 


or 


ps 


0 


— 


5 


— 566 — 


vornehmlich vom Standpunkte der Lehre von den Pflanzenkrankheiten 
aus betrachtet, verdienen sie jedoch auch in jener erstgenannten Eigen- 
schaft eine noch gründlichere Untersuchung. Die schaumigen oder 
schleimigen Massen, welche sehr häufig an den Eichen und in selteneren 
sFällen auch an Weiden und Pappeln aus dem Stamme oder aus der 
Wurzel hervorquellen, sind zuerst im Jahre 1884 durch Fr. Lupwıc (1) 
studiert worden, der seit dem Jahre 1886 über die in diesen Aus- 
scheidungen anzutreffenden pflanzlichen und tierischen Kleinlebewesen 
wiederholt berichtet und in den Jahren 1896 und 1899 dann über die 
ıbis dahin vorliegenden eigenen und fremden Beobachtungen und Ver- 
öffentlichungen je eine zusammenfassende Uebersicht (8 u. 9) geliefert 
hat, welche hierauf in den durch W. Horrz (1) und L. Rose (2) er- 
brachten Beiträgen auch in bibliographischer Hinsicht bis zu den 
Jahren 1901 und 1909 fortgesetzt wurden. Die Flora dieser Schleim- 
15 flüsse ist nicht bloß je nach der Art des Baumes sondern weiterhin auch 
je nach dem Standorte und anderen äußeren Umständen etwas ver- 
änderlich und zum größten Teil aus Pilzen zusammengesetzt, daneben 
auch aus Algen, so aus den durch Krüger (1) entdeckten zwei Arten 
Prototheca moriformis und Pr. Zopfii, deren zweite auch L. Rose (2) vor- 
eofand. Im braunen Schleimfluß der Apfelbäume und Roßkastanien traf 
Lupwıc (4 u. 7) die Torula monilioides Corpa an, in dem nach Moschus 
(s. Bd. III, S. 413) riechenden Schleimfluß der Linden und Buchen eine 
‚Art aus der Gattung Fusarium, über welch letztere vor kurzem O. ArPpEu 
und W. WOLLENWEBER (1) eine auf vergleichenden Untersuchungen an 
%Reinzuchten sich gründende Monographie veröffentlicht haben. Die 
Flora des weißen Schleimflusses und Alkoholflusses der Eichen etc., der 
allein uns weiterhin angeht, ist zufolge Lupwıc hauptsächlich aus 
dreierlei Pilzen zusammengesetzt, nämlich Endomyces Magnusü, Saccha- 
romyces Ludwigii und Leuconostoe Lagerheimü. In betreff der schon auf 
308. 210 des Ersten Bandes genannten Gattung Endomyces, über welche 
eine beträchtliche, bei W. Domsrowskı (1) ziemlich vollständig ge- 
sammelte Literatur vorliegt, hat, nebenbei bemerkt, A. GUILLIERMOND (3) 
die schon wiederholt (s. Bd. IV, S. 56 u. 145) geäußerte Vermutung 
eines entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhanges mit den Familien der 
3; Saccharomycetaceen und Schizosaccharomycetaceen vor kurzem wieder 
in einer Abhandlung vertreten, in welcher er die Arten jener Gattung 
zu zwei Gruppen sondert. Zu der einen Gruppe, aus der, nach seiner 
Ansicht, die Saccharomycetaceen hervorgehen können, zählt er den ihm (4) 
zufolge dem Eremascus fertilis nahestehenden und durch W. DOMBROWSKI (1) 
eingehend untersuchten Endomyces fibuliger (s. Bd. IV, S. 529), mit 
‚ welchem zufolge L. Rose (1) der End. mali (s. S. 362) vermutlich 
wesensgleich ist, den durch A. KLöcker (1) in Erde aus Java entdeckten 
End. javamensis, den durch ihn (1) in End. capsularis umbenannten 
Saccharomycopsis capsularis (s. Bd. IV, S. 183) und auch den End. (Monilia) 
ss albicans. Die andere Untergruppe, in der also die Stammeltern der 
Schizosaccharomycetaceen zu suchen seien, umfabt zufolge GUILLIERMOND 
alle übrigen bisher bekannten Arten der Gattung Eindomyces: die zuerst 
durch Turasne (1) als Hypomyces deeipiens beschriebene und später durch 
Reess (1) mit dem neuen Gattungsnamen Endomyces decipiens belegte Art 
50 (s. Bd. I, S. 196), dann den E. Magnusü, auch den durch Lupwıc (6) 
zuerst im weißen Fluß der Birken aufgefundenen #. vernalis, dessen 
Sproßform vermutlich wesensgleich mit dem durch Cn. Peck (1) im 
Birkensaft beobachteten sogen. Saccharomyces Betulae ist, vielleicht auch 


— 561 — 


den durch F. W. NEcer (1) als einen der Pilze der Ambrosia der 
Waldbäume erkannten und als £. Hylecoeti bezeichneten Hyphomyceten 
und einige andere Formen. Ihnen zuzuzählen ist möglicherweise auch 
der E. mali, welcher (s. S. 566) durch Cr. Lewis (1) auf faulen Aepfeln 


vorgefunden und vergleichend untersucht worden ist. Der Endomyces ; 


Magnusii nun, als die uns weiterhin allein angehende Art, war durch 
Lupwıc (2) im gärenden Schleimfluß der Eichen im Jahre 1884 ent- 
deckt, seither auch in demjenigen anderer Baumarten alljährlich be- 
obachtet und durch E. Car. Hansen (5 u. 6) und später nochmals 
durch BELERINCK (3) und W. Horrz (1) auf Grund kritischer Prüfung 
(s. Bd. IV, S. 145) für ein Oidium (O. Ludwigi) erklärt worden, welche 
Annahme aber schon durch BreErFELD (2) angezweifelt und dann durch 
GUILLIERMOND (5) und L. Rose (2) widerlegt worden ist. Der letzt- 
genannte Forscher hat auch die Ernährungsphysiologie des E. Magnusüi 
überhaupt und dessen Gärvermögen insbesondere eingehend untersucht 
und hat die Maltose als taugliche Kohlenstoffquelle erkannt, die nicht 
durch Glucose, Fructose, Mannose oder Saccharose ersetzt werden kann, 
welche vier Zuckerarten hingegen, zum Unterschiede von jener erst- 
genannten, kräftig vergoren werden. Für die Bildung von Alkohol in 
dem Baumfluß ist schon durch das Wirken dieses Ascomyceten gesorgt. 
Er ist jedoch in dieser Hinsicht nicht ohne Mitarbeiter, und zwar aus 
der Gruppe der Sproßpilze überhaupt und der Familie der Saccha- 
romycetaceen insbesondere, welch letztere, nebenbei bemerkt, durch 


67 


10 


15 


20 


A. Kröcker (2) durch die aus Erdproben von der westindischen Insel . 


St. Thomas abgeschiedenen neuen Arten Debaryomyces globosus und 
Schwanniomyces oceidentalis zugleich um zwei neue Gattungen vergrößert 
worden ist. Von den übrigen Gattungen dieser Familie ist der auf 
S. 182 des Vierten Bandes beschriebene Saccharomyces (Saccharomycodes) 
Ludwigi als der zweite der drei niemals fehlenden Bestandteile der 
Flora des Eichenschleimflusses zu nennen. Der Sacch. apiceulatus wurde 
durch E. Cur. Hansen (5) und L. Rose (2) oft in solchem Ausflusse an- 
getroffen. Von anderen Sproßpilzen sind noch solche aus der Gruppe 
der sogen. Rosahefen (s. Bd. IV, S. 296) durch Hansen in mehreren 
Arten vorgefunden worden, welcher auch, gegenüber Laurext's (1) gegen- 
teiliger Meinung, deren Verschiedenheit betont hat. Arten aus der 
Gruppe der Torulaceen und solche, welche der Gattung Zygosaccharomyces 
nahestehen, hat L. Ross (2) vorgefunden, dessen Beobachtung in letzterem 
Punkte an das durch Nussßaumer im Honig (s. S. 413) festgestellte 
regelmäßige Vorkommen von Zygosaccharomyceten erinnert, von 
deren Arten eine neue (Zygosacch. lactis) durch W. Domprowskt (2) 
auch aus Butter abgeschieden worden ist. Und auch aus dem Reiche 
der Spaltpilze sind beachtenswerte Arten in den Baumftlüssen zu 
treffen. So z. B. hatte Sororıs (1) in Pappel-Schleimtluß das Spörillum 
endoparagogieum gefunden, das mehr als eine Spore in einer Mutterzelle 
bildet (vergl. Bd. I, S. 108). Als regelmäßigen und also dritten Haupt- 
bestandteil des Kichenschleimtlusses hat Lupwis (2) aber den auf S. 564 
beschriebenen Leuconostoe Lagerheimii bezeichnet. Er fand darin Zu- 
stimmung durch Bewerinor (3) und Napson und BarsconınskAJa (1) und 
Widerspruch bei W. Howvz (1), welch letzterer nicht bloß die von jenen 


ersteren zwei Forschern vertretene Ansicht von der tätigen Mitwirkung: 


dieses Spaltpilzes bei der Hervorrufung des Schleimtlusses bestritt, 
sondern auch dessen regelmäßiges Vorkommen, ja sogar dessen Arten- 
Einheit nicht gelten zu lassen vermochte, weil die Bakterienflora der 


o 


25 


30 


35 


- 
>= 


= 


Schleimflüsse sich ihm als sehr mannigfaltig und sehr stark wechselnd 
erwiesen hatte. Wie dem auch sei, so steht das Eintreten von Essig- 
säure-Gärung in jenen Ausscheidungen als Tatsache fest. Und auch 
W. Zorr hat zufolge BansınG (1) im sauren Schleimfluß einer Eiche ein 
5 Essigsäure-Bakterium, nämlich das Dact. acidi oxaliei, angetroffen. Er- 
reger dieser Säuerung sind also Essigsäure-Bakterien, gleichgiltig von 
welcher Art. Deren oxydierende Tätigkeit setzt dann ein, sobald durch 
die Arbeit der Hefen wie auch der Oidien-Vegetation des Zndomyces 
Magnusiö Alkohol entstanden ist. Dieser letztere allein schon, dazu noch 
ıodie bald entstehenden Ester (nicht bloß der Essigsäure) locken nun von 
weither viele und bald sich berauschende Gäste aus dem Reiche der 
Insekten (Bienen, Fliegen usw.) an, über welche man bei Lupwıc (2 u. 3) 
eine Aufzählung findet. Unter ihnen fehlen auch die rötlichen Essigfliegen 
(Drosophila) nicht. Aus der Gruppe der Würmer fand Lupwıc (5 u. 9) 
ssregelmäßig in dem schon essigsauer gewordenen Schleimflusse die als 
neue Art erkannte Rhabditis dryophila, eine nahe Verwandte der auch 
als Rhabditis oxyphila bezeichneten Angwillula aceti, für die sie zuerst 
gehalten worden war, bis dann LeuckArt den Unterschied klar legte. 
Die Horniß verzehrt, wie Lupwıc (5) beobachtet hat, jenes Würmchen 
»ound verschleppt es. Die Essigfliegen insbesondere sorgen für die 
Verbreitung der Essigsäure-Bakterien nach den gewerblichen Gärbetrieben. 
Man unterscheidet zwei Arten: Drosophila funebris, die größere, und 
‚Dros. fenestrarum, die kleinere. Eingehendere Angaben über sie findet 
man bei HENnnEBERG (10 u. 17) und ROTHENBACH (25). 


95 $ 127. Chemismus der Essigsäure-Gärung. 


Unter Essigsäure-Gärung wird im vorliegenden Kapitel die durch 
Spaltpilze bewirkte Oxydation des Aethylalkohols zu Essigsäure verstanden, 
insofern dieser Vorgang die Hauptquelle für die Gewinnung von Spann- 
kraft ist und also die Essigsäure in Hinsicht auf ihre Menge als das 

sohervorragendste Ergebnis der chemischen Tätigkeit der Zellen auftritt. 

Außer Betracht bleibt demnach das Sauerwerden verdünnten 
Alkohols, das sich bei dessen Stehen an der Luft ohne Mitwirkung 
von Kleinlebewesen einstellt, jedem Chemiker bekannt ist, welcher 
alkoholische Titer-Flüssigkeiten benutzt, und immer aber nur zur Bildung 

seiner sehr geringen Menge von Säure führt. R. Ducnemin und J. DouURLEN 
(1) haben den Verlauf dieser rein chemischen Erscheinung und die Be- 
dingungen ihres Eintretens genauer geprüft. Sie kann auch im Wein 
sich geltend machen, wobei zufolge A. Trır.ar (1) auch Acetal und 
Acetaldehyd auftreten. Ueber die Bildung dieses letzteren ohne Mit- 

so wirkung von Kleinlebewesen vergleiche man auch Marzıeuv (1). Wirkend 
sind hier hauptsächlich die ultravioletten Strahlen des Spektrums. 

Ebenso bleiben all jene anderen Fälle abseits, in welchen die Essig- 
sänre zwar auch durch Pilztätiekeit zustande kommt, jedoch nicht aus 
Aethylalkohol durch Oxydation sondern aus anderen Stoffen (Proteinen, 

» Kohlenhydraten, organischen Säuren usw.) durch tiefgreifende Abspaltung 
hervorgeht, also als Nebenprodukt irgendeiner anders benannten Gärung. 
Derartiges Entstehen kann in der vorliegenden Betrachtung nur ge- 
legentlich gestreift werden. Es hat jedoch, wie schon PastEur (4) bemerkte, 
wegen seiner Mannigfaltigkeit und Häufigkeit viel Erschwernis in die 

so Forschung über die echte Essigsäure-Gärung hineingebracht. 


— 569 — 


Die Festlegung der Gleichung der Essigsäure-Gärung hat die 
Kenntnis der Molekularformel der ins Spiel kommenden Bestandteile zur 
Voraussetzung. Diese letztere wurde im Jahre 1814 in betreff des 
Aethylalkohols durch Saussure und in betreff der Essigsäure durch 
Berzeuıus erfüllt. Weiter zurück als diese analytischen Feststellungen 
reicht die Erkenntnis des Wesens des Vorganges selbst, als einer Oxy- 
dation. Daß es der Alkohol ist, aus welchem beim Sauerwerden des 
Weines und Bieres die Essigsäure entsteht, und daß das Zutreten der 
Luft für den Verlauf dieser Umwandlung von Bedeutung ist, wußte man 
schon lange, ohne jedoch über die Art dieses Einflusses sich klar zum 
sein. Entgegen der Annahme des Alchemisten BECHER kam Rozıer (1) 
im Jahre 1786 durch Versuche zur Erkenntnis, daß der säuernde Wein 
Luft aufnimmt. Im selben Jahre zeigte Lavoısıer (1), dab von deren 
Bestandteilen bloß der eine, nämlich der im Jahre 1774 durch PrIESTLEY 
als Element erkannte Sauerstoff, hier ins Spielkomme. Th. pe Saussure& (1) ı5 
behauptete dann im Jahre 1804, beobachtet zu haben, daß während der 
Essigbildung eine dem aufgenommenen Sauerstoff gleiche Menge Kohlen- 
säure entbunden werde und daß also das Wesen dieser Säuerung nicht 
in der dauernden Aufnahme von Sauerstoff sondern in der Abspaltung 
von Kohlenstoff in Gestalt der Kohlensäure bestehe. DÖBEREINER (1): 
hingegen meinte im Jahre 1816, daß die Essigsäure auch aus Kohlen- 
säure bei deren andauernden Berührung mit Luft und Wasser entstehe. 
Nicht weniger wunderlich waren die Ansichten, welche in den auch bei 
Disster (1) auszugsweise wiedergegebenen Abhandlungen vertreten 
wurden, die auf eine in den Jahren 18261831 durch die Societe des 
Pharmacie in Paris wiederholt gestellte Preisfrage betreffend die Theorie 
der Essigsäure-Gärung eingelaufen waren. L. GmELıs (1) wiederholte im 
Jahre 1829 in seinem Lehrbuche die Behauptung Saussure’s zwar zuerst 
noch, berichtigte sie jedoch an einer späteren Stelle in dem zuerst 
von Berzeurus vertretenen Sinne dahin, daß die von Saussurz und» 
anderen Forschern bemerkte Kohlensäure zum Teil auf noch stattfindende 
Alkoholgeärung und zu einem anderen Teile auf eine Zersetzung der 
gebildeten Essigsäure und anderer Bestandteile des Essigs zurückzuführen 
sei. Denn inzwischen hatte DÖBEREINER (2) seine quantitativen Unter- 
suchungen über die durch das Platinmohr (s. S. 540) bewirkte Oxydation s 
des Aethylalkohols zu Essigsäure vorgenommen und hatte gefunden, dab 
hierbei ein Molekül Alkohol mit einem Molekül Sauerstoff zusammen 
trete und je ein Molekül Essigsäure und Wasser liefere, entsprechend 
der Gleichung 


Qi 


C,H,0+0, = (,H,0,+H;0. 40 
Ausgehend von der damals angenommenen Gleichheit der Wirkung des 
Platinmohrs einerseits und der "Essigsäure- Gärung andrerseits, galt nun 
weiterhin auch für diese letztere die eben aufgestellte Gleichung. 

Es war Pasteur (4), welcher im Jahre 1864 darauf hinwies, dab 
diese einfache Gleichung sich niemals streng bewahrheitet und dab der 
Verlauf der Essigsäure-Gärung weit verwickelter ist und außer der 
Kssigsäure noch andere saure und neutrale Verbindungen liefert, unter 
denen er zuerst die später auch durch A. J. Brown (1) aufgefundene 
Bernsteinsäure nannte. Inwieweit die Nebenprodukte aus dem Alkohol 
selbst hervorgehen und also in Wirklichkeit solche der KEssigsäure-Gärung so 
sind, oder aber, in der technischen Essigbereitung, aus anderen Bestand- 
teilen der säuernden Flüssiekeit gebildet werden, das alles ist Gegen- 
stand zukünftiger Forschung, welche hierin um so weiter ausgreifen 


570 ° — 


| 
a 


müssen wird, als wir heute mit einer großen Anzahl voneinander sehr 
stark verschiedener Arten von Essigsäure-Bakterien zu rechnen haben. 
Die praktische Bedeutsamkeit solcher Forschung braucht nicht erst 
betont zu werden. 

5 Die Frage nach der Größe des Luftbedarfes kommt hauptsächlich 
für die Schnellessig-Fabrikation in Betracht. Fr. Knarr (1) hat schon 
im Jahre 1842 einige Untersuchungen und Berechnungen darüber an- 
gestellt; er hatte in einem Falle den "Sauerstoffgehalt der aus dem Bildner 
abziehenden Luft zu 19.1 Proz. bestimmt und das Zehnfache der theoretisch 

wausreichenden Luftmenge als das praktisch Erforderliche bezeichnet. 
Später hat dann P. Hassack (1) einige Versuche ausgeführt. Aus der 
zuvor gegebenen Gleichung läßt sich ableiten, daß 46 Gewichtsteile 
Alkohol 32 Gewichtsteile Sauerstoff zur Umwandlung in Essigsäure be- 
dürfen, also für jeden Liter absoluten Alkohols 2,08 Kubikmeter Luft, 

ıs wenn man die Dichte des ersteren mit 0,794 und den Sauerstoff-Gehalt 
der letzteren mit 21 Proz. in Rechnung stellt. Kxarp’s Versuche sind 
mittelst verfeinerter Verfahren durch H. WÜSTENFELD und TH. FOERR (1) 
wieder aufgegriffen worden; sie stellten fest, daß der tatsächliche Luft- 
verbrauch der einzelnen Bildner starke Schwankungen aufwies, sich 

»zwischen dem Anderthalbfachen und dem Achtfachen des theoretisch 
erforderlichen Bedarfes bewegte. Noch weiter gehende Untersuchungen 
können vielleicht zu Ergebnissen führen, welche für die Praxis unmittel- 

‘bar zu verwerten sind. Bisher hilft sie sich durch Probieren. Die 
Uebertreibung der Lüftung kann nicht bloß wegen eintretender Ueber- 

> 0xydation oder Ueberhitzung gefährlich werden, sondern steigert jene 
Verluste stark, welche selbst unter normalen Verhältnissen den Verdienst 
des Essigmachers schmälern, das sind die durch die abziehende Luft 
mitgeführten Mengen von Alkohol und Essigsäure. Untersuchungen über 
diese Verluste durch Verdunstung sind jüngst an den Bildnern der Ver- 

sosuchs-Essigfabrik in Berlin durch H. WÜSTENFELD und Tu. FoEHR (2) 
unternommen worden“ die Verluste an Alkohol bewegten sich in den 
Grenzen von 5—19 Proz. des Rohmateriales, diejenigen an Essigsäure 
gingen über 2 Proz. nicht hinaus. 

Die Oxydation der Essigsäure zu Kohlensäure ist eine dem Praktiker 

3 wohlbekannte Erscheinung, welche in dem sogen. Schwachwerden des 
Essigs beim Stehen zum Ausdruck kommt. Nach Pasrteur (4) und A. J. 
Browx (1) soll sie erst dann sich einstellen, wenn kein Alkohol mehr 
vorhanden ist und also die Essigsäure-Bakterien in ihrem Bemühen nach 
Freimachung von Spannkraft sich notgedrungen auf ihr eigenes Erzeugnis 

so werfen müssen. Der Essigmacher begegnet dieser Gefahr dadurch, daß 

die Säuerung nicht bis zum völligen Verschwinden des Alkoholes 
vortreibt, sondern schon etwas früher abbricht und also dem fertigen 
Essig noch etwas Alkohol beläßt. Pasreur’s Behauptung trifft übrigens 
heute insofern nicht mehr ganz zu, als Fr. Larar (2) an Reinzucht- 

s Gärungen zuerst festgestellt und Hoyer (1) dann bestätigt hat, daß die 
Oxydation bis zu Kohlensäure schon zu einer sehr frühen Zeit eintreten 
kann, zu welcher noch ansehnliche Mengen von Alkohol vorhanden sind. 
Zufolge Errront (2) sollen die an Flußsäure (s. S. 590) gewöhnten Essig- 
säure-Bakterien dieses Verhalten ganz besonders stark zeigen. Bact. 

5ooxydans und B. industrium hingegen greifen zufolge HENNEBERG (2 u. 7) 
die Essigsäure nicht an. Und nur bedingungsweise, wenn sie in geringer 
Menge vorhanden ist, wird sie zufolge ZEIDLER (2) und HENxNEBERG (17) 
weiter oxydiert durch Termobacterium aceti, Bact. acetosum, BD. ascendens, 


ee 


B. orleanense. Einzehendere Versuche hierüber, welche unter'dem Gesichts- 
punkte der im $ 79 des Ersten Bandes behandelten Lehre von der 
Elektion der Nährstoffe vorzunehmen wären, sind sehr erwünscht. Ueber 
die Bedingungen, unter denen die Essigsäure angegriffen wird, ist eine, 
nämlich die Höhe ihrer Konzentration, zuerst durch ZEIDLER (2) geprüft 
worden; er ermittelte für sein Termobacterium aceti und ein hautbildendes 
Bieressig-Bakterium einen Gehalt von 2,6 Proz. bezw. 3,8 Proz. Essig- 
säure als Grenzwert, oberhalb dessen die Oxydationswirkung nicht mehr 
beobachtet wurde. Hoyer (1) bestimmte ihn für sein Dact. rancens zu 
3,66 Proz., für DB. rancens var. zythi zu 4,32 Proz., für D. rancens var. 
muciparum zu 4,74 Prozent. Diese Befunde machen die Erfahrung der 
Praktiker verständlich, daß die an Säure armen Essige es sind, welche 
dem Schwachwerden anheimfallen, also auch die Schwierigkeit der 
Herstellung eines haltbaren Essigs aus einer an Alkohol armen Flüssig- 
keit und die Notwendigkeit des Pasteurisierens insbesondere der schwachen 
Essige. Man vergl. dazu auch RoTHEnBAacH’s (26) Bemerkung auf S. 613. 

Im Bildner des deutschen Verfahrens tritt die Verbrennung des 
Alkohols bis zu Kohlensäure, die man hier als Ueberoxydation be- 
zeichnet, als eine sehr verlustbringende und gefürchtete Betriebsstörung 


gewöhnlich dann ein, wenn man zu alkoholarme Aufzüsse bei zu reich-: 


licher Lüftung gegeben hat. Als Folge der heftigen Oxydation stellt 
sich zunächst eine beträchtliche Steigerung der Innentemperatur des 
Bildners und lebhafte Entwicklung von Kohlensäure ein, welche dann 
lähmend auf die Bakterien einwirkt, so daß hierauf die Temperatur 
wieder zurückgeht, immer tiefer sinkt und der Bildner schließlich zu 
wirken aufhört. In manchen Fällen jedoch arbeiteten, wie P. Hassack (1) 
bemerkt hat, Fabriken jahrelang unter chronischer Ueberoxydation mit 
einer Ausbeute von bloß 50-60 Prozent. Künftige Forschung wird 
hier auch nach Mycodermen fahnden müssen, und zwar an solchen 


Stellen im Bildner, zu denen, infolge schiefer Lage des letzteren oder 


infolge ungeschickter Späne-Packung, der Regen von Maischgut nicht 
unmittelbar gelangen kann, wohl aber dieses durch Haarröhrchen- 
Wirkung stetig hingesogen wird. 


Das Auftreten des Aldehydes, also des Acetaldehydes, im Verlauf 
der Essigbildung insbesondere nach dem deutschen Verfahren ist zwar ss 


durch Liesıe als Stütze für die rein chemische Deutung der Essigsäure- 
Gärung verwertet worden, erweist sich jedoch bei schärferer Betrachtung 
als dazu untauglich. Schon die Krinnerung an die zur Nachweisung 
des Aldehydes gebräuchlichen Verfahren, wie dasjenige durch Reduktion 
einer ammoniakalischen Silberlösung, wird genügen, um darzutun, dab 
die Verwandtschaft des Sauerstoffes zu dieser Vorstufe der Essigsäure 
größer ist als diejenige zum Alkohol, und man wird demnach, auf dem 
Boden der Deutungsweise Liesre’s stehend, es nicht verstehen, warum 
bei kärelichem Zutritt von Sauerstoff dieser letztere nicht ausschließlich 
dazu verwendet wird, vorerst den vorhandenen Aldehyd in Säure über- 
zuführen und dafür eben eine entsprechende Menge des schwerer 
oxydierbaren Alkohols ganz zu verschonen. Noch auffälliger wird die 
Unhaltbarkeit jenes Standpunktes aber im Hinblick auf die auch durch 
P. Hassack (1) eingehend besprochene Tatsache des gleichzeitigen Auf- 


tretens von Aldehyd-Bildune und Ueberoxvdation in ein und demselben : 
) g \ 


Bildner. Die physiologische Deutungsweise hingegen vermag diese Ver- 
bindung zweier gegensätzlicher Erscheinungen wenigstens in der Haupt- 
sache dahin zu erklären, daß an einzelnen Stellen des Bildners die 


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© 


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So 


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30 


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5 


— 52 — 


säuernden Bakterien durch irgendeine Ursache eine Hemmung und an 
anderen Stellen eine Ueberreizung ihrer Betätigung erleiden. Ueber 
verschiedene andere Einflüsse, welche zum Eintreten der einen oder der 
anderen dieser auch durch Fr. RoruexgacH (15) besprochenen zwei 

; Störungserscheinungen mittelbar beitragen, findet man bei P. Hassack (1) 
lehrreiche Angaben und praktische Winke. Auch bei der Weinessig- 
bereitung nach dem Orl&ans-Verfahren tritt ab und zu Aldehyd-Bildung 
ein, wenngleich seltener und weniger auffällig. Hier wird die Frage 
insofern verwickelter, als der Wein selbst schon Träger dieses Stoffes 

ısein kann. Schon auf S. 386 des Vierten Bandes sind über das Auf- 
treten des Acetaldehydes im Verlaufe der technischen Alkohol-Gärung 
einige Angaben gemacht worden, denen hier einige Ergänzungen 
gelegentlich nachgetragen werden sollen. Nach Trırzar (1) fehlt Acet- 
aldehyd niemals in älteren Weinen. Und auch A. J. Browx (1) bemerkte 

ıs dessen (wenn auch nur spurenweises) Vorkommen bei normaler Gärung. 
TrıtL.atr und Saurox (1) und E. Kayser und Drmorox (1) haben ihn 
entstehen sehen, wenn 2,5- bis 10-proz. Alkohol bezw. Wein über Hefe 
bei Luftzutritt längere Zeit hindurch lagerte. Zufolge Asupown und 
Hewırt (1) soll das Alanin dabei eine Rolle spielen. K. FARNSTEINER 

20.(2 u. 3) beobachtete bei der Weinessig-Gärung die Bildung einer die 
Aldehyd-Reaktion gebenden Substanz in beträchtlicher Menge, fand sie 
auch in vier Jahre lang gelagertem Weinessig noch vor und hält sie für 

‘ dem Acetal verwandt. Zufolge E. Voısexer (1) soll sich bei der be- 
schränkten Oxydation des Aethylalkohols immer auch etwas Form- 

»ssaldehyd bilden und so in Spuren auch im Gärungsessig stets vorhanden 
sein. Künftige Forschung auf diesem fast noch gar nicht bearbeiteten 
Gebiete wird gut tun, auch mit der Möglichkeit des Bestehens zweier 
verschiedener Enzyme der Essigsäure-Bakterien zu rechnen, eines aldehyd- 
bildenden und eines säurebildenden. 

30 Die Frage nach der Ausbeute an Essigsäure darf nach all dem 
bisher Gesagten keine sehr günstige Antwort erhoffen. Auf Grund der 
zuvor angegebenen Gärungsgleichung sollte aus einem Moleküle (1,0 g) 
Alkohol ein Molekül (1,3 g) Essigsäure entstehen, das ist also, nach 
Pasteur’s (5) Gedächtnisbehelf, auf je ein Volum-Prozent Alkohol etwas 

über ein Gewichts-Prozent Säure. ZEIDLER (2) hat an seinem Termo- 
bacterium aceti eine fast quantitative Umsetzung beobachtet. Spätere 
Forscher sind, wie zuvor schon PASTEUR, zu einem weniger günstigen 
Ergebnis gelangt. Hoyer (1) hat an seinem Dact. rancens und dessen 
Varietäten eine Ausbeute von 70—90 Proz. Essigsäure festgestellt. Der 

40 Fehlbetrag ist nicht bloß auf die Bildung der Nebenprodukte (Kohlen- 
säure, Aldehyd etc.) zurückzuführen, von denen man vielleicht manche 
noch gar nicht kennt, sondern wird auch durch die Verflüchtigung 
von Alkohol und Essigsäure (vergl. S. 570) verursacht. Noch mehr als 
in Laboratoriums-Versuchen kommt diese letztere Verlustquelle im 

ss praktischen Betriebe zur Geltung; es sinkt also hier die Ausbeute oft 
noch weit tiefer. Im Orleans-Verfahren ist sie gewöhnlich noch nie- 
driger als im deutschen Verfahren, bei welchem eine mittlere Ausbeute 
von 85 Proz. als sehr befriedigend gilt. WaAGEnMmAnN (1) hatte, als er 
im Jahre 1832 an Stelle des Verfahrens SCHÜTZENBACH’S sein eigenes 

soempfahl, diesem letzteren nachgerühmt, daß es eine fast quantitative 
Ausbeute liefere und also in seiner „ganzen Vollkommenheit“ sich zeige. 
Dem lag wohl ein Beobachtungsfehler zugrunde. Denn zehn Jahre da- 
rauf, während welcher doch noch manche Vervollkommnung angebracht 


— 573 — 

worden war, stellte Fr. Knapp (1) durch seine von Geschäftsrück- 
sichten nicht beeinflußten Untersuchungen einen Verlust von mehr als 
10 Proz. Alkohol fest, der sich als Essigsäure nicht wieder vorfand. 
P. Broxser (1) gab im Jahre 1876 auf Grund der Ermittlungen in einer 
sorgfältig geleiteten größeren Fabrik sogar einen Verlust von 23,8 Proz. 5 
an. Beim Weinessig, dessen an und für sich viel höherer Preis mehr 
durch die geschmacklichen Eigenschaften als durch den Säuregehalt be- 
stimmt wird, fällt der größere Verlust aber weniger ins Gewicht als 
beim deutschen Verfahren, in welchem der Preisunterschied zwischen 
Rohmaterial und Erzeugnis innerhalb viel engerer Grenzen sich bewegt. ıo 
Einige Bemerkungen und Betrachtungen über Verlust und Ausbeute 
beim deutschen Verfahren sind bei E. Urrıcas (1 u.2) und bei W. Horr- 
MANN (2) zu finden. Der letztere gibt auf Grund der durch ROTHENBACH 
in der Berliner Versuchsanstalt gemachten Ermittlungen an, dab die 
Ausbeute daselbst beim Einbildner-Betrieb 85—90 Proz., beim Zweibildner- ı5 
Betrieb 75—80 Proz. und beim Dreibildner-Betrieb 70—75 Proz. betrug. 

Ueber die Oxydase der Essigsäure-Bakterien als deren eigentliches 
Werkzeug für die Oxydations-Arbeit ist eine kurze Bemerkung schon in 
dem 27. Kapitel des Ersten Bandes gemacht worden, welches von den 
Oxydasen im allgemeinen handelt. Seit der Drucklegung dieses viel früher » 
(1907) veröffentlichten Kapitels sind nun einige einschlägige Arbeiten 
allgemeinen Inhaltes erschienen, auf welche hier bei dieser Gelegenheit 
kurz hingewiesen werden soll; eine bis zum Jahre 1909 reichende Zu- 
sammenstellung hat A. Baca (4) gegeben. Ueber das Vorkommen von 
Tyrosinase bei Spaltpilzen (Bact. phosphorescens, B. putidum, Actinomyces 3 
chromogenes) berichteten K. B. Leumann und Saxo (1). Der auf S. 675 
des Ersten Bandes bedingterweise erhobene Zweifel an der Enzym-Natur 
der Oxydasen im allgemeinen ist noch im Jahre 1907 durch ©. Doxy 
und J. van Duvrex (1) in betreff der tierischen Alkoholoxydase und 
Aldehydase im besonderen ausgesprochen worden, über welche zwei En- 
zyme man die Arbeiten von BarterLı und StErx (1) vergleiche. Bald 
darauf hat O. Donxy (1) auch der Laccase das Dasein abgesprochen. Und 
H. Eurer und I. Borıw (1) haben im selben Jahre (1908) dargetan, 
dab die neutralen Salze gewisser aliphatischer Oxysäuren die gleiche 
Wirkung wie die Medicago-Oxydase ausüben, welch letztere sie dann als 
ein Gemisch der Caleiumsalze ein-, zwei- und dreibasischer Oxysäuren 
(Glyeolsäure, Citronensäure, Aepfelsäure, Mesoxalsäure etc.) erkannten. 
Nicht weniger lebhaft sind die Angriffe, welche sich gegen die schon 
auf S. 673 des Ersten Bandes dargelegte Behauptung Berrrann's von 
der tätigen Rolle des Mangans in den Oxydasen und bei deren Wirkung # 
richten. Den dort erwähnten Angaben Sarrnmou’s und SLOWTZOFFS 
über manganfreie Oxydasen hat Issasww (1) solche über die eisen- 
haltige Oxydase des Malzes angereiht. A. D. Rosexrerp (1), E. DE 
Stöckuin (1) und A. Bacnu und J. Tscherntack (1) haben dargetan, dab 
die Peroxydase weder Mangan noch Eisen enthält, und A. Bacon (2) er-«s 
achtet diese Beobachtung, wie auch neuere eigene Feststellungen, als 
weitere Stützen für die schon im Jahre 1897 durch ihn (1) aufgestellte 
und auf S. 674 jenes Bandes erwähnte Auffassung der Oxydasen als 
Gemenge von Peroxyden mit Peroxydasen. A. W. van per Haar (1) 
konnte jedoch die Peroxydase der Kartoffelknollen nicht vollständig: 
manganfrei machen und bezweifelt auch, ob dies wirklich in Bacır's 
Versuchen gelungen sei, stimmt diesem jedoch insoweit zu, als auch er 
eine Beziehung zwischen Mangangehalt und Wirkungsgröße verschieden 


u 


— 514 — 
- 
stark gereinigter Präparate nicht hat beobachten können. Der zuerst 
durch BErTRAnD im Jahre 1897 bemerkte und durch C. GEssarD (1) 
dann genauer geprüfte günstige Einfluß eines Zusatzes von Salzen des 
Mangans oder anderer geeigneter Metalle, die als eine Art Coferment 
s wirken sollen, ist durch A. Bach (5) in betreff der Phenolasen bestätigt 
worden, jedoch nicht auch in betreff der Alkoholoxydase, also des 
oxydierenden Enzymes der Essigsäure-Bakterien, dem wir uns nun zu- 
wenden wollen. E. BuCHxEr und J. MEISENHEIMER (1) haben im Jahre 1903 
nachzuweisen sich bemüht, dab die durch Essigsäure-Bakterien durch- 
ı geführte Oxydation des Aethylalkohols zu Essigsäure der Tätigkeit eines 
im Bakterienleibe enthaltenen Enzymes zuzuschreiben sei. Versuche, 
das Zellplasma für sich zu gewinnen und dann auf verdünnten Alkohol 
einwirken zu lassen, also die Anwendung von Preßsaft (s. Bd. IV, S. 349), 
blieben ohne Erfolg. Als jedoch aus Bieressig-Bakterien mittelst Aceton 
ısin ähnlicher Weise wie bei der Darstellung der Dauerhefe (s. Bd. IV, 
S. 361) ein Dauerpräparat hergestellt worden war, konnte mit diesem 
unter günstigen Umständen sowohl die Oxydation eines mit Calcium- 
karbonat versetzten vierprozentigen Aethylalkohols zu Essigsäure als 
auch die des Propylalkohols zu Propionsäure erzielt werden, selbstver- 
»ständlich unter Bedingungen, welche nur Enzymtätigkeit und nicht auch 
Zelltätigkeit zuließen, also insbesondere unter Zusatz von Toluol (vergl. 
Bd. IV, S. 358). Die Ausbeute war zunächst freilich nicht ansehnlich, 
‚ nämlich vier Gramm Essigsäure auf hundert Gramm Dauerpräparat. 
F. RoTHEnBACH und L. EBERLEIN (1) konnten unter Verwendung von 
»; Reinzuchten von Dact. Pasteurianum Hansen diese Befunde bestätigen. 
Ep. Buchner und R. GAuntT (1) gaben im Jahre 1905 jenem Enzyme 
den Namen Alkoholoxydase und lieferten dann (2) eine genauere Kenn- 
zeichnung dieses Enzymes. Monr (1) meinte jene kärgliche Ausbeute an 
Essigsäure auf Grund der oben angedeuteten Auffassung Bac#’s derart 
soerklären zu können, dab die also auch als Gemenge einer Oxygenase 
(Peroxyd) mit einer Peroxydase zu betrachtende Alkoholoxydase während 
ihrer Abscheidung durch die lösenden und fällenden Agentien eine Ein- 
buße an ihrem leicht zersetzlichen erstgenannten Bestandteil erlitten 
habe. In Verfolgung dieses Gedankens haben dann F. ROTHENBACH und 
35 HOFFMANN (3) geprüft, ob man, entsprechend dem Befunde Bacr#’'s an 
der Tyrosinase, auch in diesem Falle durch Zusatz von Wasserstoft- 
superoxyd eine Kräftigung erzielen könne; es gelang ihnen dies jedoch 
an einem Aceton-Dauerpräparat von dem durch HENNEBERG reingezüch- 
teten Weinessig-Bakterium ?—R nicht. Und in einem durch ROTHENBACH 
und DonsEut (1) unternommenen Versuche an einem ähnlich bereiteten 
Präparate von Dact. aceti Hansen erwies sich der Zusatz von 0,2 Proz. 
Superoxyd zu der 2 Proz. Alkohol enthaltenden Lösung sogar als schäd- 
lich. Die Wirksamkeit der Essigsäure-Bakterien im Sinne BERTRAND’S 
durch einen Zusatz von 0,01—0,1 Proz. Mangano- oder Ferrosulfat zur 
+ Nährlösung zu steigern, haben RoTHENnBACH und Horrmans (3) an Dact. 
ascendens, B. rancens, DB. aceti und B. Kützingianum mit Erfolg versucht. 
Der Verein (1) der Spiritus-Fabrikanten in Deutschland hat im Jahre 
1906 auf den Zusatz derartiger Metallsalze zur Essigmaische ein Patent 
eenommen. Die von manchen in ihrer Beweiskraft überschätzte Re- 
soaktion auf Oxydasen mittelst Guajaktinktur (s. Bd. I, S. 669) konnten 
HENNEBERG und Wirke (1) allerdings auch oft an lebenden Zuchten 
einiger Essigsäure-Bakterien hervorrufen, jedoch nicht auch in Gärungs- 
essig oder Eisessig, wohl aber in Rohspiritus und an den gekochten 


Se 


Zooglöen des BDact. zylinum. Zu einem besseren Ergebnis wird man 
vielleicht bei Anwendung des durch P. Erkuich empfohlenen Gemisches 
von «-Naphtol und Dimethylparaphenylendiamin gelangen, über dessen 
Anwendung man auch W. H. ScHtuLTzeE (1) vergleiche. Acetobacter me- 
lanogenum und andere Essigsäure-Bakterien (mit Eigenbewegung) oxydieren 
zufolge BEIJERINcK (6) das Hydrochinon (0,02 Proz.) zu Chinon. Auf den 
durch H. ScHAaps (1) unternommenen Versuch, über die Enzym-Theorie 
noch hinauszugehen und die einzelnen Stufen der Vergärung des Zuckers, 
also in weiterer Folge auch die Essigsäure-Gärung, auf katalytische Re- 
aktionen zurückzuführen, kann hier bloß hingewiesen werden. 


$ 128. Die Säurebildung aus einwertigen Alkoholen. 


Das Verhalten der Alkohole unter dem oxydierenden Einflusse der 
Essigsäure-Bakterien ist in wissenschaftlicher und in technischer Hin- 
sicht von Wichtigkeit. Von den bisher darüber vorliegenden Beobach- 
tungen sind einige das Ergebnis tiefgreifender Untersuchung und darum 
in diesem und dem nächstfolgenden Paragraphen etwas ausführlicher 
dargelegt. In anderen Fällen hingegen hatte es, angesichts der Schwierig- 
keiten der vorzunehmenden chemischen Analysen, dabei sein Bewenden 
gefunden, dab der Forscher bloß die eine Frage erledigte, ob aus dem 
zu prüfenden Alkohole unter dem Einftusse der angewandten Arten von 
Essigsäure-Bakterien es zur Bildung von Säure überhaupt gekommen 
ist, ohne jedoch die Natur dieser letzteren festzustellen. Im Interesse 
der Vollständigkeit fanden auch diese Angaben hier Aufnahme, jedoch, 
um nicht Raum zu verschwenden, bloß in Gestalt einer in der folgenden 


> 


10 


15 


20 


Tabelle gegebenen Uebersicht, in welcher das Minus-Zeichen das Aus-» 


bleiben, das Plus-Zeichen hingegen kräftige Säuerung, und ein Plus- 
Zeichen in Klammern eine sehr schwache Säuerung andeutet. 


Säurebildung aus Alkoholen. 


B. = Bertrand 
Br. = Brown 


SE 
| A | E A: a ; 

H. = Hansen AH a : 

H». — Henneberg 512485 .418318|31% Autoren 

8. = Seifert s|e2ı 58|8|31 >I1>AIlpI 3 

Z. —= Zeidler ein | AlAIASıI 7 5 o5| A | - 
2 | | r 

act. aceti Br. — + | | TIP 1 rare Br 

B. aceti H. A| | I-|—|+|—| —| —[]$.(1) u. He. (7) 
B. acetigenum H». —/+1— | — | —|—|+[| —| — | — | Hs. (2u. 7) 
B. acetosum Hp. —|+|i-|-|-'—| +| — —, —| He. (1,2, 7) 
B. ascendens H». —-|+1—-  —|-' — + — H». (7 u. 13) 
B. eurvum Hn. + | (+) + (+) H». (13) 
B. industrium Hn. (Hi —|—|—-|1—-| ++ | Hs. (7) 
B. Kützingianum H. —+-/— i+1+/—|+| —|- S.(1) u. Hn. (2u.7) 
B. orleanense H». r + (+) (-F)] He. (13) 
B. oxydans Hn. ee ec) 21 LIE ER 
B. Pasteurianum H, — + —-+1+/-|+|1 — Ss, (1) u. Hs. (2u. 7) 
B. Sehützenbachi H». } + (+) Hn. (13) 
B. vini acetati Hn», 5 + (+) (+)]| Hn. (13) 
B. xylinoides Hn. H | +) + (+) Hn. (13) 
B. xylinum Ba, Br. (2) 
B. xylinum Hn, -|+/—1—1— | — |(-+)|(-++) (+) (+)I Ha. (7u. 18) 
Sorbose-Bakterium B. | B, (8, 10, 11) 
Termobaeterium aceti Z. | — | -I .—-—|—|—|+ . — | 2.(8) u. Hn. (7) 


Be 


Der Methylalkohol wird, nach den übereinstimmenden Befunden 
fast aller Beobachter von A. J. Brown (1) an, durch die Essigsäure- 
Bakterien nicht in Säure übergeführt. NÄGELTSs (1) gegenteilige Be- 
hauptung stützt sich nicht auf Reinzucht-Gärungen. Die durch HEnxE- 
5BERG (7) bemerkte schwache Säurebildung durch Baect. industrium ist 
fraglich und wohl auf eine andere Quelle zurückzuführen. Für die 
Essigsäure-Bakterien trifft also die Bemerkung nicht zu, welche OÖ. Lorw (1) 
gelegentlich der Beschreibung seines BDac. methylicus machte und die 
dahin geht, daß (0,5-proz.) Methylalkohol eine sehr gute Kohlenstoff- 
ıo quelle für aerobe Spaltpilze sei. P. Lispxer (8) hat dessen Untauglich- 
keit auch für einige Eumyceten (Oidium lactis und Sacch. membranaefaciens) 
festgestellt. F. Eukric# (7) hat jedoch ein (allerdings schwächliches) 
Wachstum bei Willia anomala erzielen können. 

Daß im Gegensatze dazu der Aethylalkohol (CH, — CH,OH) 
ıs durch alle Essigsäure-Bakterien in die ihm entsprechende Fettsäure über- 
geführt wird, braucht an und für sich gar nicht erst betont zu werden; 
denn diese Fähigkeit ist ja das Hauptmerkmal der in Rede stehenden 
Spaltpilz-Gruppe. 

Auch der Propylalkohol (CH, — CH,— CH,OH) ist allen bisher 

» daraufhin geprüften Arten zugänglich. Die Ergiebigkeit an Propion- 
säure ist jedoch verschieden groß. In Zuchten in Hefenwasser mit 
2 Proz. dieses Alkohols erzielte HENNEBERG (2 u. 7) binnen 14 Tagen 

‘ durch Bact. ascendens 1,9 Proz., durch B. acetosum 1,8 Proz., durch 
B. oxydans, B. industrium und B. Kützingianum 1,5 Proz., durch B. aceti 

sund B. Pasteurianum 1,3 Proz., durch B. acetigenum 0,6 Proz. Propion- 
säure. A. J. Brown (1) gibt als erster Beobachter an, daß er neben 
der Propionsäure noch eine Spur einer nicht flüchtigen Säure habe auf- 
treten sehen. SEIFERT (1), als der nächste, hat keine quantitativen Er- 
mittlungen angestellt. Die Gärungsgleichung ist also erst noch festzu- 

30 Jegen. 

Der Isopropylalkohol (CH, — CHOH — CH,) erwies sich in SEI- 
FERT’S (1) Versuchen als unzugänglich und hinderte (in einproz. Lösung 
in Hefenwasser oder Bierwürze) die Entwicklung der Aussaat. HENxNE- 
BERG (7) hat dann auch an anderen Arten, die er in zweiproz. Lösung 

3 hielt, die gleiche Erfahrung gemacht. Aceton (CH, —CO—CH,), als 
das nächste Ergebnis der (rein chemischen) Oxydierung dieses Alkoholes, 
war also auf diesem Wege bisher nicht zu gewinnen. Erneute Unter- 
suchungen hierüber erscheinen erwünscht, und zwar in Hinblick auf 
das schon nachgewiesene Entstehen von Dioxyaceton aus dem Dioxy- 

40 Produkt dieses Alkohols, nämlich dem Glycerin. 

Den Normal-Butylalkohol (CH, — CH, — CH, — CH,OH) hat zu- 
erst Serrert (1) auf seine Oxydierbarkeit (in einproz. Hefenwasser) 
durch Baet. Pasteurianum und B. Kützingianum geprüft. Er erhielt in 
beiden Fällen normale Buttersäure in reichlicher (jedoch nicht be- 

sstimmter) Ausbeute HrxsegerG (7) hingegen konnte (in zweiproz. 
Lösung) weder bei diesen zwei noch auch bei acht anderen Arten eine 
Säuerung oder Entwicklung der Aussaat beobachten. Die Frage bedarf 
also erneuter Bearbeitung. 

Vom Isobutylalkohol (CH, —CH-CH, — CH,OH) gilt das Gleiche. 

5A. J. Brown (1) hat (in halbproz. Lösung in Hefenwasser) wohl Ent- 
wicklung der Aussaat, jedoch keine Säuerung feststellen können. In 
Henserers’s (7) Versuchen in zweiproz. Lösung trat weder die eine 
noch die andere ein. An den auch durch den letztgenannten Forscher 


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geprüften zwei Arten Bact. Pasteurianum und B. Kützingianum war 
W. SEIFERT (1) zuvor schon bei Verwendung von Hefenwasser mit einem 
Proz. dieses Alkohols zu dem gleichen Ergebnis gelangt; hingegen hatte 
er bei Verwendung von Würze als Nährboden sowohl die Entwicklung 
der Aussaat als auch die Entstehung einer immerhin beträchtlichen 
Menge (0,4 Proz. als Essigsäure berechnet) von Säure beobachtet, welche 
er für Isobuttersäure hielt. Seine sonst so befriedigenden Analysen- 
Ergebnisse stimmen in diesem Falle mit der aus der Formel zu be- 
rechnenden Zusammensetzung nicht gut überein. Es ist demnach die 
Art der entstandenen Säure noch ungewiß und deren Ursprung wohl 
in einem säureliefernden Kohlenhydrate der Würze zu suchen, also in 
einer Fehlerquelle, durch welche kurz zuvor HENNEBERG (1) zu der irr- 
tümlichen Behauptung von der Säuerung des Methylalkohols durch 
Bact. acetosum und B. oxydans verleitet worden war. 


Die vorliegenden Angaben über den Amylalkohol leiden schon an ı; 


dem einen Mangel, dab sie nicht immer genau erkennen lassen, für 
welchen der acht Isomeren sie gelten sollen. Sowohl Browx (1) als 
auch SEIFERT (2) sprechen von Gärungsamylalkohol, mit welcher Be- 
zeichnung in der organischen Chemie wohl gewöhnlich das Isobutyl- 
carbinol, CH(CH,), — CH, — CH,0OH, gemeint ist, während in dem ein 
buntes Gemisch darstellenden Gärungsamylalkohol des Sprachgebrauches 
der Gärungstechniker außer jenem auch noch aktiver Amylalkohol, 
CH, — CH(C,H,)— CH,OH, enthalten ist. In Brown’s Versuchen trat 
weder Wachstum noch auch Säuerung ein. Diejenigen SEIFERT’s führten 
nur in einem Falle zu einer geringen Säuerung ohne Beweiskraft. 
Und auch HEnnEBERG (2 u. 7) konnte, bei Anwendung von 2 Proz. in 
Hefenwasser, bei keiner der zehn geprüften Arten binnen 14 Tagen 
eine Entwicklung oder Säuerung bemerken. 

Das Schicksal der an Kohlenstoff reicheren einwertigen Alkohole 


unter dem Einflusse der Essigsäure-Bakterien ist auch von praktischer: 


Bedeutsamkeit. Im $ 88 des Vierten Bandes ist eine beträchtliche An- 
zahl solcher Nebenprodukte der technischen Alkoholgärung unter der 
gemeinsamen Bezeichnung Fuselöle genannt worden. ‚Jenen Angaben 
sei hier zunächst die Bemerkung hinzugefügt, daß K. Winvisch (1) eine 


bis zum Jahre 1893 reichende Zusammenstellung der Literatur über die: 


Fuselöle gegeben hat, welche durch H. H. Prm6smem (1) bis zum 
Jahre 1906 fortgesetzt und ergänzt worden ist. Seine schon auf S. 393 
des Vierten Bandes erwähnten Untersuchungen über die Entstehung 
jener Alkohole hat F. Enkvıcn (1—6) seitdem weiter ausgedehnt. Er 
hat (s. S. 465) gezeigt, daß die einbasischen «-Monaminosäuren durch 
die Hefentätigkeit entsprechend der Gleichung 
R— CH-NH,— COOH + H,0 = R—CH,OH + C0, + NH, 

in die um ein Kohlenstoff-Atom ärmeren zugehörigen Alkohole über- 
geführt werden. Danach entsteht der aktive Amylalkohol aus dem 


Isoleuein, der Isoamylalkohol aus dem Leuein, der Isobutylalkohol aus: 


dem Valin. Als Zwischenprodukte des Abbaues der Aminosäuren treten 
zufolge NeurAuer und Fromnerz (1) die entsprechenden Ketonsäuren 
auf. Den im Fuselöl auch vorhandenen Isopropylalkohol und Normal- 
butylalkohol hält H. H. Prinasueım (2) hingegen für Krgebnisse der 


Tätigkeit gewisser Bakterien (s. Bd. IV, S. 399). Die Entstehungsweise : 


des Normalpropylalkoholes ist noch unbekannt. E. Kayser und A. Dr- 
MOLON (1) haben die Entstehung höherer Alkohole in sterilisiertem 
Weinmost durch Reinhefen festgestellt und betonen, daß deren Auftreten 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologle, Bd. V. 37 


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nicht durch die Verwendung eines ausgewählten Hefenstammes ver- 
hütet werden kann, sondern durch die Art der Ernährung der Hefe, 
also vor allem durch die Beschaffenheit des Nährbodens, bestimmt wird. 
Im Hinblick auf das Vorkommen solcher Alkohole sowohl in dem für 

;die Zwecke der Schnellessig-Bereitung herangezogenen Rohspiritus als 
auch in dem der Säuerung zugeführten Wein ist eine umfassende Unter- 
suchung über deren Angreifbarkeit durch Essigsäure-Bakterien erwünscht. 
G. HEInzELMAnNN (3) hat in einem aus fuselhaltigem Spiritus erzeugten 
Schnellessig das wohlriechende Amylacetat vorgefunden. 

10 Der Phenyläthyl- Alkohol, C,H, —CH,—CH,OH, welcher zu- 
folge F. EuruicH (4) durch Hefentätiekeit aus dem (auch in den Proteinen 
der Maischen und Würzen enthaltenen) Phenylalanin nach dem all- 
cemeinen Schema der Vergärung der Aminosäuren (vergl. S. 577) entsteht, 
ist auf seine Angreifbarkeit durch Essigsäure-Bakterien hin noch nicht 

» untersucht. Ebenso zu prüfen sind drei andere einwertige aromatische 
Alkohole, nämlich das Tryptophol und das Histidol, welche zu- 
folge F. Eurticm und JAcogsEn (1), auf gleiche Weise wie jener erst- 
venannte, aus dem Tryptophan bezw. Histidin hervorgehen, und das 
durch F. Enkuicn (4) entdeckte Tyrosol. Des letzteren Muttersubstanz 

»oist das (ebenfalls in Maischen und Würzen enthaltene) p-Oxy- Phenyl- 

alanin, also das Tyrosin, aus welchem jener Alkohol nicht bloß durch 

Saecharomy cetaceen (dar unter auch Willia anomala) sondern auch durch 

Mycodermen gebildet werden kann. Das Schicksal dieser aromatischen 

Alkohole in Wein und Bier während der Essigsäure-Gärung ist auch 

» vom Standpunkte des Nahrungsmittel-Chemikers aus einer Untersuchung 
würdig. 


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$ 129. Die Oxydation mehrwertiger Alkohole. 


Das Aethylen-Glyecol (CH,OH— CH,OH), also das erste Glied der 
Reihe der u  L Alkohole, wurde, als 2-proz. Zusatz zu Hefen- 
30 wasser, in Brown’s (3) Veı ‘suchen durch dessen Bact. aceti wahrschein- 
lich vollständig in De zugehörige einbasische Säure, die Glyeolsäure 
(CH,0H — C OOH), über geführt, wenn durch Beigabe von Caleiumkarbonat 
für Bindung dieses entwieklungshemmenden Oxydationsproduktes vor- 
gesorgt worden war. W. Sererr (1) gelangte an Dact. Pasteurianum 
35 und RB. Kützingianum zu dem gleichen "Befunde. Die auf zehn Arten 
ausgedehnten Untersuchungen HENNEBERG’S (7) beschränkten sich auf die 
(titrimetrisch vorgenommene) Feststellung, daß Säure überhaupt gebildet 
wurde, ohne jedoch deren chemische Natur aufzuklären. In 2-proz. 
Lösung des Glycols in Hefenwasser trat Säuerung leicht .(jedoch nicht 
0 weitgehend) in allen Zuchten ein; in 6-proz. hingegen kam nur geringe 
Entwicklung der Aussaat zustande. Das Sorbose- -Bakterium verhielt sich 
in Berrranv’s (3) Versuchen ablehnend. Das gleiche gibt Taranasnı (3) 
von seinen fünf Varietäten des B. Kützingiamum an. 
In anderer Weise, als dies in Le Ber’s und in Pürf’s Versuchen 
(Ss. Bd. I, S. 436 u. 437) eingetreten war, wird zufolge A. Kuınc (1 u. 2) 
das racemische «-Propylen-Glycol ( (CH, — CHOH — CH,OH) sowohl durch 
das Sorbose-Bakterium wie auch durch eine zweite Art von Essigsäure- 
Bakterien verarbeitet, welche durch Berrranp und Sazerac als Myco- 
derme race d’Orlcans bezeichnet worden ist. Von den beiden Kompo- 
sonenten jenes racemischen Doppelmoleküles wird nach dessen Spaltung 


— 579 — 


bloß die linksdrehende zum zugehörigen Ketoalkohol oder Ketol, dem 
Acetol (CH, — CO — CH,OH), oxydiert, die rechtsdrehende hingegen nicht 
angegriffen. Andere Arten von Essigsäure-Bakterien sind in dieser Hin- 
sicht bisher noch nicht geprüft worden. 

Der dreiwertige Alkohol Glycerin (CH,OH — CHOH — CH,OH), 
dessen Vergärung nach verschiedenen Richtungen hin schon A. Fırz (1) 
im Verlaufe seiner freilich nicht mit wahren Reinzuchten angestellten 
Untersuchungen über Spaltpilzgärungen (s. Bd. IV, S. 400 u. ff.) und 
nach ihm auch H. Bucaxer (1) mittelst des Dac. Fitzianus, E. von SOMMA- 
RUGA (1) mit 16 Arten, A. P£r# (1) mittelst bac. subtilis, Bac. mesente- ı0 
ricus vulgatus und Thyrothrix tenwis verfolgt hatten, lieferte in Brown’s (3) 
Versuchen mit dessen Dact. aceti nicht, wie erwartet worden war, die 
Glycerinsäure (CH,OH— CHOH-—-COOH), sondern wurde, in 2,5-proz. 
und 5,0-proz. Lösung in Hefenwasser, wahrscheinlich bis zu Kohlensäure 
und einer geringen Menge einer anderen Säure unbestimmter Art oxy-ı5 
diert. Im wesentlichen ebenso verhielt sich ein Essigsäure-Bakterium, 
das BERTRAND und SAzErAC (1) kurzweg Mycoderma aceti PASTEUR heißen, 
und das überhaupt nur wenig Neigung zu Glycerin kundgab. Bat. 
Pasteurianum und B. Kützingianum zeigten in SEIFERT'S (1) quantitativen 
Versuchen, auch bei Anwesenheit von Calciumkarbonat, bloß eine geringe, : 
bald aufhörende Einwirkung auf Glycerin, dessen Menge von 2,04 e in 
100 ccm, in Hefenwasser geboten, binnen zehn Wochen nicht weiter als 
auf 1,9 bezw. 1,3 g hinabgedrückt wurde. Auch das Termobacterium 
aceti soll zufolge ZEIDLER (1) das Glycerin nicht angreifen. Anders ver- 
hält sich aber nach BERTRAND (3 u. 4) dessen Sorbose-Bakterium; dieses : 
oxydiert den in Rede stehenden dreiwertigen Alkohol zum entsprechen- 
den Keton, das ist das Dioxyaceton (CH,OH — CO — CH,OH), welches, 
wie BERTRAND (5) bemerkte, später noch weiter zersetzt wird. R.SazErac (1) 
hat aus einem Weinessig eine (nicht benannte) Bakterienart abgeschieden, 
welche den Aethylalkohol nur schwierig in Essigsäure umwandelt und so 
also kein wahres Kssigsäure-Bakterium ist, jedoch das Glycerin rasch 
zu Dioxyaceton oxydiert und auch Erythrit und Sorbit, jedoch nicht 
auch Mannit, unter Bildung reduzierend wirkender Verbindungen an- 
greift. Auch die Tyrothrix tenuis wandelt, nebenbei bemerkt, zufolge 
Fernsach (1) das Glycerin wie auch die Sorbose, die Saccharose und 
die Stärke zunächst in Dioxyaceton und dieses dann in Methylelyoxal, 
Formaldehyd und Essigsäure um. HExneErere’s (2, 7, 13) Untersuchungen 
an fünfzehn Arten beschränkten sich auf die Prüfung, ob aus Glycerin 
überhaupt eine Säure gebildet wird, ohne nach deren Natur zu fragen; 
acht Arten erwiesen sich als dazu fähig, die übrigen nicht. Im Hin- 
blick auf das Vorkommen des Glycerins im Wein und Bier verdient 
dessen Verarbeitung durch die Essigsäure-Bakterien eine tiefergreifende 
Ueberprüfung. Die Möglichkeit der Entstehung des (Frurnına’s Lösung 
reduzierenden) Dioxyacetones durch gewisse Arten während der Wein- 
essig-Gärung und also dessen Vorkommen im Weinessie verdient Be- 
achtung für den Fall der chemischen Untersuchung (Zucker-Bestimmung) 
dieses letzteren. Die Leichtigkeit der Beschaffung des Dioxyacetones 
mittelst des Sorbose-Bakteriums, in betreff welcher man die durch 
Berrrann (5) gegebene genaue Anleitung einsehe, ist, nebenbei bemerkt, 
auch für die künftige Forschung über den Chemismus der Alkohol-: 
gärung wertvoll. Denn Ev. Buchner und J. Meisenneimer (1 u. 3), 
denen vor kurzem auch A. von Lesepew (1) beigetreten ist, halten 
jetzt für das Zwischenprodukt der Vergärung der Glucose nicht mehr 


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— 580 — 


die Milchsäure (s. Bd. IV, S. 353 u. 376), deren Unvergärbarkeit durch 
Hefe inzwischen A. Sraror (1) dargetan hat, und auch nicht die von 
H. ScHape (1) und von FRANZENn und STEPPUHN (1) dafür angesehene 
Ameisensäure und den Acetaldehyd, sondern eben das Dioxyaceton, dessen 
> Vergärbarkeit durch Hefe schon durch BeErrraxD (15) behauptet und im 
Jahre 1912 durch A. StAator (2) wieder angezweifelt worden ist, und 
auf das schon zuvor W. Lösg (1) und P. B. Jensen (1) hingewiesen hatten, 
welch letzterem jedoch durch S. KArAUSCHANnOW (1) Vorhaltungen in 
methodologischer Hinsicht gemacht worden sind. Und tatsächlich hat 
ıwA. von LEBEDEW (2) sich dieses Verfahrens zur Darstellung von Dioxy- 
aceton bei seiner jüngsten Untersuchung über die Rolle der Zucker- 
Phosphorsäure-Ester im Chemismus der Alkoholgärung bedient. Die über 
diesen letzteren in den Jahren 1904—1910 veröffentlichten Mitteilungen 
hat, nebenbei bemerkt, A. HArpex (1) in einer zusammenfassenden Ueber- 
1ıssicht besprochen. Das im Weine beim Bitterwerden (s. S. 533) entstehende 
Acrolein, also der Allylaldehyd (CH, —=CH—-CHO), geht zwar auch aus 
dem Glycerin hervor, jedoch nicht durch Essigsäure-Bakterien, sondern 
zufolge E. VoısEnET (2) durch eine besondere Spaltpilz-Art. 
Den vierwertigen Alkohol Erythrit, und zwar in der natürlichen 
»Form der inaktiven Mesoverbindung, hatte in Brown’s (3) Versuchen 
dessen Dact. aceti binnen 12 Wochen nicht anzugreifen vermocht, ob- 
gleich die Einimpfung (in Hefenwasser) sich lebhaft vermehrte. Ber- 
_ TRAND (3 u. 8) konnte ausihm jedoch mittelst seines Sorbose-Bakteriums eine 
neue Ketose, die d-Erythrulose (CH,OH — CO — CHOH — CH,0H,), 
» darstellen. W. HEnnEBErG (2 u. 13) hat zwölf Arten auf Bildung von 
Säure aus diesem Alkohol geprüft und deren sieben als dazu fähig er- 
kannt, ohne jedoch auch die Natur der Säure zu bestimmen. Nebenbei 
sei zur Ergänzung der Angaben des 12. Kapitels des Ersten Bandes hier 
gelegentlich bemerkt, dab J. ZELLNER (1) im Verlaufe seiner Unter- 
sosuchungen über die Chemie des Zellinhaltes der Pilze im Jahre 1910 
den Erythrit zum erstenmal als Bestandteil eines Eumyceten (Maisbrand- 
Sporen) festgestellt hat. 
Der 1-Xylit, also der Alkohol, welcher (C,H,s0,) der 1-Xylose ent- 
spricht, wurde in BrrtrAanv’s (3) Versuchen durch dessen Sorbose-Bak- 
3 terium nicht angegriffen. Hingegen wurde der ihm stereoisomere l-Arabit 
zu l-Arabo-Ketose oxydiert. 
Der Quereit oder Eichelzucker, ein fünfwertiger eyklischer Alkohol 
(C,H, ,0,), ist in HEnneperg’s (2) Versuchen durch keine der sechs ge- 
prüften Arten von Essigsäure-Bakterien angegriffen worden, nämlich 
# Bact. aceti H., B. acetigenum, D. acetosum, B. Kützingianum, B. oxydans 
und BD. Pasteurianum. Dessen nächstes Oxydations-Produkt, also das 
Hexaoxy-Hexahydro-Benzol, d. i. der Inosit (C,H,,O,), der jaim Wein 
regelmäßig vorkommt, ist schon aus diesem Grunde einer umfassenden 
Prüfung auf sein Verhalten gegen die Essigsäure-Bakterien würdig. 
15 Von den sechswertigen Alkoholen (C,H,,O,) ist der Mannit in Hin- 
sicht auf sein Verhalten zu den Bakterien überhaupt bisher am ein- 


gehendsten untersucht worden. Je nach der Art des Gärerregers und - 


der Züchtungsbedingungen vermag er in sehr verschiedener Weise ver- 
arbeitet zu werden und mannigfaltige Produkte zu liefern, worüber 
soeinige Angaben auf S. 400 u. ff. des Vierten Bandes gesammelt sind, 
noch andere in diesem und in den übrigen Bänden mit Hilfe der Register 
unter dem Schlagworte Mannit aufgefunden werden können. Ihnen sei 
der Hinweis auf eine (jedoch nicht mit Reinzuchten vorgenommene) Be- 


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— 581 — 


obachtung BERTHELOT’s (1) angefügt, welcher aus Mannit einen durch 
Hefe vergärbaren, Frarıng’s Lösung reduzierenden, nicht kristallisier- 
baren und wahrscheinlich linksdrehenden Zucker erhielt. A. P£ErRE (1) 
hat im Verlaufe seiner Untersuchungen über die Verarbeitung der 
ternären Verbindungen (insbesondere der höheren Alkohole und der Kohlen- 5 
hydrate) durch aerobe Bakterien festgestellt, dab der Mannit durch 
Bac. subtilis zu Fructose und durch Bac. mesentericus vulgatus und Tyro- 
thric tenwis zu Mannose oxydiert wird. Im Bereiche der Essigsäure- 
Bakterien hat zuerst A. J. Brown (1) im Jahre 1886 an seinem Bact. 
aceti gezeigt, dab dieses in Pasteur’s Mineralsalz-Lösung, die mit etwas ıo 
Gelatine als aufbesserndem Nährstoff und mit 2 Proz. Mannit versetzt 
war, freudig gedieh und dabei aus letzterem die ihm entsprechende 
Ketose, das ist die d-Fructose, bildete. In Hefenwasser verschwanden 
25 & des Alkohols im Liter binnen fünf Wochen vollständig. Außer 
jener Hexose als Hauptprodukt entstand wahrscheinlich noch eine geringe ı5 
Menge unbekannter Nebenprodukte, jedoch keine Säure. Das gleiche 
Verhalten wurde an einigen anderen Arten von Essigsäure-Bakterien 
festgestellt, so durch Browx (2) an dessen Dact. zylinum, durch SEIFERT (1) 
an Dact. aceti Hansen, durch VIncEnT und DELACHANAL (2) an BERTRAND'S 
Sorbose-Bakterium, durch BEIJERINcK (6) an dessen Acetobacter melano- 20 
genum. Hingegen übt zufolge SEIFERT (1) das Bact. Kützingianum nur 
eine geringe und das B. Pasteurianum gar keine Einwirkung auf Mannit 
aus. In Henneperg’s (2, 7, 13) Versuchen an fünfzehn Arten bildeten 
deren vier aus Mannit in Hefenwasser eine deutliche Menge von Säure. 
Von TAaKAHasHrSs (3 u. 4) fünf Varietäten des Dact. Kützingianum säuerten 3 
zwei, nämlich « und d; hingegen waren die übrigen drei ebenso wie 
beide Varietäten (Tanezu I u. II) sowohl des Bact. aceti Brown als 
auch des D. acetosum und die des BD. ascendens ohne Einwirkung auf 
Mannit. 

Der Duleit, auch ein sechswertiger und dem Mannit und dem Sorbit so 
isomerer Alkohol, wurde in Browx’s (3) Versuchen in Hefenwasser durch 
dessen Dact. aceti binnen 2—4 Monaten nicht angegriffen, obgleich 
kräftige Entwicklung der Einimpfung sich einstelltee. W. SEırert (1) 
machte dann die gleiche Beobachtung an Dact. aceti Hansen, D. Pasteu- 
rianum, B. Kützingianum und einer durch ihn aufgefundenen Art, welche s 
vermutlich mit Brown’s Bact. zylinum wesensgleich war. Das Sorbose- 
Bakterium Berrranv’s (3) verhält sich ebenfalls ablehnend. Auch in 
W. Hennegerg’s (2) Versuchen wurde dieser Alkohol nicht angegriffen, 
weder durch Hansen’s drei Arten noch auch durch Bact. acetigenum, 
B. acetosum und BD. oxydans. 40 

Der Sorbit verdankt seine gelegentliche Entdeckung im Jahre 1872 
durch J. Boussinaauut (1) in dem Saft der Vogelbeeren (Sorbus) den 
Bemühungen dieses Forschers nach Wiederauffindung der durch Pruovze (1) 
im Jahre 1852 entdeckten und mit dem Namen Sorbin belegten Hexose, 
welche in diesem Safte vorgefunden worden war, nachdem dieser letztere 
die auf eine andere, schon durch Kırrer (1) erkannte Zuckerart be- 
schränkte Alkoholgärung durchgemacht und hierauf an seiner Oberfläche 
sich mit einer Pilzwucherung bedeckt hatte. Sein eigentliches Ziel er- 
reichte Boussinsaust jedoch ebensowenig wie vor ihm schon Bysons (1). 
Ob Deurrs (1) darin wirklich, wie er meinte, erfolgreicher war, ist frag- s 
lich; seine Abhandlung ist in ihren tatsächlichen Angaben zu kurz ge- 
halten und nur darum erwähnenswert, weil in ihr zuerst, also fast ein 
Jahr vor Boussinsaunvt, der sie wohl hat kennen können aber nicht er- 


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wähnt, der neue Name Sorbit vorgeschlagen worden ist, allerdings für 
das angeblich wiedergefundene Sorbin, das DEurrs der Reihe des Mannits 
und Duleits einfügen zu sollen glaubte Im Jahre 1880 berichtete 
C. Vıxcent (1) über seine Erfahrungen und äußerte die Vermutung, dab 
;sdas Sorbin wohl nur unter ganz besonderen Bedingungen und „wahr- 
scheinlich unter dem Einflusse eines bestimmten Fermentes“ aus dem 
Sorbite gebildet werde. In dieser neuen Richtung bewegte sich dann 
zehn Jahre später A. Freunp (1). Er machte die Beobachtung, daß man 
den (manchmal sehr sauren!) Vogelbeersaft (s. S. 599) bis zu einem spezif. 
Gewichte von 1,06—1,09 verdünnen müsse,. wenn das Sorbin sich bilden 
solle. Er stellte auch fest, daß als Quelle des Sorbines, das inzwischen 
in Sorbose umbenannt worden war, nur der Sorbit in Betracht kommen 
könne, der unter dem oxydierenden Einflusse der „Schimmelpilze“ in 
Sorbose übergeführt werde. Frzuxp hätte nur der dazu erforderlichen 
ıs Einsicht und Schulung in Mykologie bedurft, um den letzten Schritt zur 
vollen Klarstellung zu tun. Es war Berrtrann (1), welcher im Jahre 
1896 dann zeigte, daß auf dem (gegebenenfalls verdünnten) und sich 
selbst überlassenen Vogelbeersafte, nachdem er die Alkoholgärung durch- 
gemacht hat, zunächst Mycoderma und hierauf Schimmelpilze sich an- 
»osiedeln, weiterhin aber durch Essigfliegen (s. S. 568) ein Essigsäure- 
Bakterium, nämlich das Sorbose-Bakterium, eingeschleppt wird. Dieses 
oxydiert nun den bisher unangegriffenen Sorbit zu Sorbose (C,H, ,0,), 
‚ einer neuen, der Fructose stereoisomeren Ketohexose, zu deren bequemen 
Herstellung BErTRAnD (14) dann eine genaue Anleitung gab. Ein Jahr 
» darauf bemerkte Serrerr (1) die Bildung einer linksdrehenden redu- 
zierenden (jedoch nicht näher bestimmten) Zuckerart aus Sorbit durch 
sein Bact. zylinum und stellte fest, dab hingegen das Bact. aceti H., das 
B. Pasteurianum und das B. Kützingianum bei vierwöchentlicher Züch- 
tung bei 26—30° C in Hefenwasser mit ein Prozent Sorbit diesen nicht 
so angriffen. Acetobacter melanogenum jedoch bildet nach BEIJERINeK (6) in 
geeigneten Nährlösungen Sorbose. Diese Ketose entsteht übrigens zu- 
folge Ferngach (1) auch durch Einwirkung der Zyrothrix tenwis auf 
Sorbit. Marror’s (1) Angabe, daß auch Mycoderma vini diesen Alkohol 
in Sorbose umzuwandeln vermöge, stützt sich, wie BERTRAND (2) wider- 
»legend dargetan hat, auf Beobachtungen an unreinen Zuchten; dieser 
Sproßpilz oxydiert den Hexit sogleich bis zu Kohlensäure und Wasser. 
Die Gärung des Saftes der Vogelbeeren, die ein in vielen Gegenden 
angewendeter Rohstoff für die Gewinnung von Branntwein sind, würde, 
nebenbei bemerkt, eine genauere Untersuchung verdienen, und zwar 
“nicht bloß auf die erzielbare Alkoholausbeute hin, die von Liezgıc (5) 
gelobt, von Boussineausr (1) hingegen für unbefriedigend erklärt wurde, 
sondern auch in betreff des schon durch Prwovze (1) vergeblich ver- 
folgten Schicksals der in den Beeren reichlich enthaltenen und fabriks- 
mäßig aus ihnen gewonnenen Aepfelsäure, die während der Alkohol- 
seärung zufolge Lresıs vollständig erhalten bleibe, zufolge DEurrs (1) 
aber fast ganz verschwinden könne. Nach Vincent und DELACHANAL (1) 
enthalten die Früchte der Rosaceen ausnahmslos Sorbit, an welchem ins- 
besondere die Birnen, Kirschen und Pflaumen sehr reich (8 g pro kg) 
befunden wurden. Dieser sechswertige Alkohol wird sonach auch im 
so Apfelwein und Birnwein vorhanden sein und bei der Essigsäure-Gärung dann 
in die gegen Fenuıns’s Lösung reagierende Sorbose übergehen Können. 
Der Nahrungsmittel-Chemiker wird also bei der Prüfung solcher Essige 
auf Zuckergehalt sehr umsichtig zu verfahren haben. 


— 5853 — 


Der d-Idit, der durch Vıscexnr und MEvuNIER (1) als ein regel- 
mäßiger Begleiter des (ihm isomeren) Sorbites in dem Safte der Früchte 
vieler Rosaceen, insbesondere auch der Vogelbeeren, entdeckt und zuerst 
für einen Oktit gehalten worden war, durch BERrRTRAND (10) dann als 
Hexit erkannt und als vermeintlich neu unter dem Namen Sorbierit be- 
schrieben, später jedoch durch BErTRAND (11) als d-Idit erwiesen worden 
ist, wird zufolge der Beobachtungen der genannten Forscher durch das 
Sorbose-Bakterium nicht angegriffen. 

Der Perseit, also der der d-Mannoheptose entsprechende Alkohol 
(C,H, ,0;), wurde in BERTRAND’s (3 u. 12) Versuchen durch dessen Sorbose- 
Bakterium in die Perseulose, eine durch Hefe nicht vergärbare Keto- 
Heptose, übergeführt. Der jenem Heptite stereoisomere Volemit (s. Bd. I, 
S. 279) liefert zufolge BERTRAND (3) in gleicher Weise eine Ketose, welche 
mit der Volemose wesensgleich zu sein scheint. 

Die Bedeutsamkeit der zuerst durch A. J. Brown erkannten Ver- 
schiedenheit des Verhaltens der Alkohole und Kohlenhydrate gegenüber 
der oxydierenden Einwirkung der Essigsäure-Bakterien wird, vom Stand- 
punkte der Ermittlung der Konstitution jener Verbindungen aus be- 
wertet, um so weniger unterschätzt werden dürfen, als der englische 
Forscher selbst auf sie nachdrücklich hingewiesen hat. Zu der bis dahin 
schon bekannten und im 15. Kapitel des Ersten Bandes eingehend be- 
sprochenen Verwendung von Kleinlebewesen zur Aufspaltung racemischer 
Doppelmoleküle, die, so erfolgreich sie für den synthetischen Chemiker 
auch ist, doch bloß präparativen Nutzen schafft und durch die Lösung 
des lockeren Bandes zwischen zwei unverändert bleibenden Molekülen 
gekennzeichnet ist, trat nun jenes neue Werkzeug, das, einer Sonde 
gleich, tief in das Gefüge des Moleküles selbst hineinzufühlen ermöglichte 
und in Berrranvp’s Hand zur leichten Darstellung neuer Körper führte, 
welche auf rein chemischem Wege bis dahin nur auf großem Umwege 
oder gar nicht erreichbar waren. Es konnte so BERTRAND (8 u. 9), vom 
i-Erythrit ausgehend, diesen durch das. Sorbose-Bakterium in d-Erythru- 
lose überführen, deren Reduktion durch chemische Mittel dann den 
neuen d-Erythrit lieferte. In ähnlicher Weise gewann BERTRAND (13) 
den neuen Alkohol Perseulit aus dem Perseit auf dem Wege über 


die Perseulose. E. VoroceEr (1) hatte aus dem Glykoside Convolvulin s 


(Rhodeoretin) die Rhodeose, eine neue Methylpentose, C,H,(CH,)O,, ab- 
gespalten und diese dann durch Reduktion mittelst Natriumamalgams 
in den (als Rhodeit bezeichneten) zugehörigen Alkohol U,H,,O, über- 
geführt. Für diesen letzteren wurde hierauf durch Vorocek und Buri (1) 
festgestellt daß er durch das Sorbose-Bakterium nicht angegriflen wird. 
Es kommt demnach dem Rhodeit und somit auch der Rhodeose die dem 
genannten Bakterium nicht genehme sterische Konfiguration zu. Diese 
Schlußfolgerung hat später durch Vorocer (2) auf chemisch-synthetischem 
Wege bekräftigt werden können. 


$ 130. Die Bildung von Säuren aus Kohlenhydraten. 


Die Zuckerarten können, als Aldehyde oder Ketone, nicht bloß durch 
rein chemische Oxydation sondern auch durch die Einwirkung der Essig- 
säure-Bakterien in Säuren übergeführt werden. Bei aller Gleichheit des 
grundsätzlichen Verhaltens erweisen sich jedoch auch hier die biologischen 
Mittel im Kinzelfalle als feiner. Darüber, ob die Oxydation eintritt, 


6) 


10 


20 


x 


25 


30 


zn 
- 


u 


entscheidet sowohl der chemische Bau der Zuckerart als auch die 


584 


Fähigkeit des Plasmas der Bakterienart. 


tief genug bearbeitet. 


zusammengestellt worden. 


Säurebildung aus Kohlenhydraten. 


Pasteur 


.„B. = Bertrand 


Angesichts der Schwierigkeit der auszuführenden 
Analysen haben sich die Forscher oft mit der einfachen Feststellung 
;begnügt, daß es überhaupt zur Bildung von Säure gekommen war, ohne 
jedoch diese letztere nach Art und Menge zu bestimmen; diese all- 
gemeinen Angaben sind, um Raum zu sparen, in der folgenden Tabelle 
Die anderen Fälle hingegen, in denen man 
jener weitergehenden Frage nachgespürt hat, sollen in den weiterhin 
folgenden Darlegungen genauer betrachtet werden. 


Das Gebiet ist noch nicht 


un e ea | 
Bs. —=Beijerinck S. = Seifert a Bl Berge 
Br. — Brown T —=Takahashi 1-3 8713418 1153| 2 este Autoren 
H. — Hansen Z. — Zeidler 22/55 83[|2338|x 
Hr. — Henneberg 88/5 3/S3|ä|&|A 
Bact. aceti Br. | —| + —_ Br. (1) 
B. aceti H. —ı —|+| —| —| —| —| —| —|He. (2u.7) 
B. aceti P. var. Tanezu T. +++ +/+/+| +|/?°]? | 
B. aceti Br. var. Tanezu I. T. +] +/—-| —-|—-|—-| -|+ T. (4) 
B.,aceti Br. var. Tanezu Il. T. ES PL Su ee Tr ee re en ee 7 ) 
B. acetigenum Hp. —|;— | +1 —l 1 — 1 Hr. (2 u. 7) 
B. acetosum H». — — +[/+|-|-| | —| — (He. (1, 2,7) 
B. acetosum Hp. var. Tanezu I T.I)+ — | +| ?ı—|— + m. (4 
B. acetosum H». var. Tanezull. T.|?| ?| +, — | + I+[—|? . 
B. ascendens Hp». — —| —| —| — =) = Hp. (7) 
B. ascendens var. Tanezu T. + + +/ + —[?)—| —IT.(4) 
B. ecurvum He. +(+) + (+) —| — —| + | + | He. (13) 
B. industrium H». ee H». (7) 
B. Kützingianum H. — —| +) —| —|—| —| —| —[8.© u. H2.(1,2,9 
B. Kütz. var. « T. A ee 
B: Kütz: var. 2 T. le Fer a re | 
B. Kütz. var. y T. ?|— | —I? |—| —|—| —| |, To) 
B. Kütz. var. $ T. KERNE Nr > —|-|| 
B. Kütz. var. n T. LEE LEN Re 
B. orleanense Hp. + (+) +# (CH) (+) (#)| + |(+)| + [ He. (13) 
B. oxydans Hr. + +1 +|1+| +[ +) +| +1E.0,279 
B. Pasteurianum H. — ll £1.—| —[.— | 2] | 2 Bo Ge 
B. Schützenbachi H». + +1 + CH) (+) (+) +1(+)] + [| He. (13) 
B. vini acetati H». ++) +| +[(+) +) —| +1 + |H22018) 
B. xylinoides Hp. +(+) + (+) (+) (+) (+) +) (+)| He: (13) 
B. xylinoides var. Tanezu T. ++? | +++?) +] + DE (d38 
B. xylinum Br. | u il Br. (2) 
B. xylinum Hr. (8 | Ne — | Hs. (7 u. 13) 
Sorbose-Bakterium B. ne In = er F | (M) B. (6, 7, 15) 
Termobacterium aceti Z. I —| +1) -1—- || ER 
Acetobacter melanogenum By. ar N I © Bs. (6) 


Die 1-Xylose, als die daraufhin zuerst 
wurde zufolge BertranD (6) durch dessen Sorbose-Bakterium zu der ihr 


entsprechenden einbasischen Säure, der Xylonsäure, oxydiert. 


geprüfte Pentose (C,H, ,O,), 
Und 


durch dieselbe Art wurde zufolge Berrrrann (7) die l-Arabinose in 
Fünfzehn andere Arten von Essigsäure- 


sArabonsäure übergeführt. 
Bakterien sind durch Henxnegere (2,7, 13) daraufhin geprüft worden, 


gebnis ist in der Tabelle verzeichnet. 


ob sie Säure aus dieser zweiten Pentose zu bilden vermögen; das Er- 


Bisher noch nicht untersucht ist 


— 55 — 


das Verhalten sowohl der dritten Zuckerart aus der Reihe der Aldo- 
pentosen, nämlich der Ribose, die als Bestandteil der Nucleine (auch 
der Hefen) einige Beachtung verdient, als auch der vierten, der Lyxose. 
Die Rhamnose, eine Methylpentose (C,H,,O,), wurde in TAKaHasAT's (4) 
Versuchen an je einer Tanezu-Varietät des bact. ascendens und B. zylinoides, s 
an zweien des D. acetosum und an dreien des BD. aceti nicht gesäuert. 
Die Glucose (C,H,,0,) war das erste Kohlenhydrat überhaupt, 
dessen Schicksal unter dem Einflusse der Essigsäure-Bakterien genauer 
verfolgt worden ist. L. Bourrovx (1) hatte im Jahre 1878 den durch 
PAstEur untersuchten Erreger der Milchsäure-Gärung (s. Bd. I, S. 17) 
auf dessen Zersetzungstätigkeit in verschiedenen Nährböden hin geprüft, 
hatte dazu auch glucosehaltiges Hefenwasser verwendet und in diesem 
die Bildung von Säure beobachten können. Dadurch: wurde er, der ja 
wahre Reinzuchten damals noch nicht in Händen haben konnte, zu der 
Ansicht geführt, daß der Erreger der Milchsäure-Gärung (ferment lactique) ı5 
und derjenige der Essigsäure-Gärung (Mycoderma aceti) als ein und die- 
selbe Art aufzufassen Sei, deren Wirkungsweise mit der Beschaffenheit 
des Nährbodens sich ändere. Mit dieser letzteren Ansicht stellte sich 
Bourroux allerdings in einen merkwürdigen Gegensatz zu der durch 
seinen Lehrer PAastEeur (1) vertretenen und gerade an jenen zweizo 
Gärungen (s. Bd. I, S. 24) eingehend dargelegten Lehre von den 
spezifischen Gärungserregern. Zwei Jahre darauf zeigte Bourrovx (2), 
daß die aus Glucose entstandene Säure nicht, wie er vordem angegeben 
hatte, Milchsäure sei, sondern mit der Gluconsäure (CH,OH — 
(CHOH), — COOH) wesenseleich ist, die gerade zehn Jahre zuvor durch 
Hrasıwetz und HABERMANnN (1) auf rein chemischem Wege durch die 
oxydierende Einwirkung von Chlor auf Glucose entdeckt "worden war, 
also die dem Aldehyd Glucose entsprechende einbasische Säure, welche, 
angeblich fast quantitativ, aus jenem durch Umwandlung der Aldehyd- 
in die Carboxyl-Gruppe hervorgeht. A..J. Browx (1) konnte im Jahre 1886 so 
die gleiche Fähigkeit an seinem Dact. aceti feststellen, das nur diese 
Säure allein und kein anderes Nebenprodukt bei der Einwirkung auf 
die in Rede stehende Aldohexose (2 Proz. in Pasreur’s Mineralsalz- 
Nährlösung) entstehen ließ, deren Auffassung als Aldehyd dadurch auch 
eine damals willkommene Stütze erfuhr. Das Bact. Kützingianum und ss 
das D. Pasteurianum verhalten sich zufolge Seırert (1) ebenso, und zwar 
ist die letztgenannte Art weniger wirkungskräftig und weniger ergiebig 
als die andere. Ebenso entsteht Gluconsäure aus Glucose durch das 
Termobacterium aceti zufolge ZEIDLER (3), welcher sie zuerst (2) für 
Milchsäure gehalten hatte, durch Bact. rancens selbst und dessen zwei ıo 
Varietäten DB. r. var. zythi und B. r. var. mueiparum zufolge Hover (1), 
durch Acetobacter melanogenum zufolge Beweriser (6) und durch fast 
alle Arten Henneperg’s. Das Bact. zylinum verarbeitet zufolxe Brown (2 
die Glucose nach zweierlei Richtungen hin, durch Oxydation zu Glucon- 
säure und durch Kondensation zu Cellulose, und zwar verlaufen diese ıs 
zwei Umwandlungen gleichzeitig nebeneinander. Die einzige bisher 
bekannte Ausnahme ist das Dact. ascendens, welches zufolge Hexx#- 
BERG (7) weder in Hefenwasser noch auch in Würze die Glucose sänerte, 
Das dem Bact. zylinum sehr nahe verwandte Sorbose-Bakterium lieferte 
in Burrranv’s (7) Versuchen zunächst auch Gluconsäure. Diese erlitt so 
jedoch, sobald die Glucose ganz aufgearbeitet war und die Zucht 
weiterhin beträchtlich unterhalb der für ihre Entwicklung günstigsten 
Temperatur (ca. 30° C) gehalten wurde, zufolge Berrrann (15) eine 


— 5856 — 


weitergehende Oxydation zu Oxygluconsäure, einer Keto-Säure 
von der Formel CH,OH — CO — (CHOH), — COOH. Das gleiche scheint 
auch von den anderen Hexonsäuren zu gelten, insofern sie eine durch 
diese Bakterien-Art angreifbare sekundäre Alkohol-Gruppe (CH.OH) 
;s enthalten. Eine allmähliche Aufzehrung der entstandenen Gluconsäure 
durch deren Erzeuger ist schon mehrmals festgestellt worden, so durch 
HENNEBERG (14) an Dact. zylinum und B. zylinoides, und wird vielleicht noch 
öfter ohne Wissen des Beobachters eingetreten sein. Mit dieser Möglichkeit 
ist zu rechnen, sobald wir an die Bewertung der Ergebnisse schreiten, 
ızu denen HENNEBERG (7) bei seiner vergleichenden Untersuchung über 
die Größe der Ausbeute an Gluconsäure gelangt ist. Bei Ver- 
wendung von Hefenwasser als Nährboden wurden nach Ablauf von (meist) 
14 Tagen vorgefunden: 16,6 Proz. Gluconsäure bei Bact. industrium 
(binnen 20 Taren in 40-proz. Glucose-Lösung), 8,0 Proz. bei D. oxydans 
15(25 Proz. Glucose), 4,6 Proz. bei BD. acetosum (25 Proz.), 2,6 Proz. bei 
B.aceti (10 Proz.), 2,5 Proz. bei Termobacterium aceti (8 Proz.), 1,9 Proz. 
bei B. acetigenum (10 Proz.). 1,5 Proz. bei D. en (12 Proz.), 0,8 Proz. 
bei B. Kützingianum (15 Proz.), 0.5 Proz. bei B. Pasteurianum (15 Proz.). 
Aus dieser Zahlenreihe erhellt auch, wie wenig empfindlich die Essig- 
0 säure-Bakterien gegen starke Konzentration an Glucose sind. HoyEr 
(1) hatte schon festgestellt, daß sein Dact. rancens sich in entgeistetem 
Biere nicht mehr entwickelte, wenn diesem 55 Proz. Glucose zugesetzt 
- worden waren, daß es jedoch noch bei 50 Proz. dieses Zuckers, denen 
ein osmotischer Druck von ca. 37 Atmosphären entspricht, sich zu be- 
2 haupten und zu vermehren vermochte. HENNEBERG 7) ermittelte die 
das Wachstum noch zulassende höchste Gabe an dieser Hexose (in 
Hefenwasser) zu 50 Proz. für Baet. industrium, zu 45 Proz. für B. acetosum, 
zu 35 Proz. für B. oxydans, B. aceti, B. Pasteurianum, B. Kützingianum 
und B. zylinum, zu 25 Proz. für BD. acetigenum und Termobacterium „aceti. 
30 Unempfindlichkeit gegen hohe Konzentration an Glucose kommt jedoch, 
nebenbei bemerkt, nicht allein den Erregern der Essigsäure-Gärung 
sondern auch anderen Bakterien-Arten zu, so z. B. den auch in dieser 
Hinsicht auf ihr Verhalten gegen Glucose, Saccharose, Maltose und 
Lactose durch J. MENDEL (1) geprüften Dact. coli commune, B. vulgare, 
35 D. cloacae, B. lactis aerogenes und bac. Fitzianus, von denen die ersten 
zwei Arten schon vordem (s. Bd. II, S. 482) in Sesıw’s (1 u. 2) Unter- 
suchungen über das Verhalten der Bakterien zu den Zucker ein- 
bezogen gewesen waren. 
Die Galactose wurde zufolge Berrtrann (7) durch das Sorbose- 
40 Bakterium fast vollständige zu Galaetonsäure oxydiert; sie verhielt 
sich also vollkommen entsprechend der ihr stereoisomeren Glucose. Auch 
in HEnnegerß’s (2, 7, 13) Versuchen trat durch die Mehrzahl der ge- 
prüften fünfzehn Arten eine Säurebildung ein. 
Auf die Fructose hingegen sind zufolge A. J. Brown (1), SEIFERT (1), 
45 Hoyer (1) und BEIJERINcK (6) die durch diese Forscher geprüften Arten 
ohne Einwirkung. Das Bact. zylinum verwendet sie zufolge Brown (2) 
zur Sehleimbildung. Das Sorbose-Bakterium Berrtranv's (15) soll sie 
langsam und ohne bemerkenswerte Zwischenprodukte vollständig zersetzen. 
In Hrxnegere’s (2, 7, 13) Untersuchungen bildeten mehrere Arten etwas 
50 Säure; man vergleiche darüber die Tabelle auf S. 584. 
Die Sorbose, eine der Fructose isomere Keto-Hexose, welche aus 
Sorbit (s. 8.581) durch die oxydierende Einwirkung von Essigsäure- 
Bakterien entsteht, wird zufolge HEvnEBERG (2) weder durch dessen Bact. 


a 


acetigenum, B. acetosum und 5. oxydans noch auch durch Hansen’s drei 
Arten gesäuert. 

Das Verhalten zur Maltose kann auch ein Merkmal für die Unter- 
scheidung der einzelnen Arten der Essigsäure-Bakterien abgeben. Dieses 
Disaccharid ist aus zwei Molekülen Glucose zusammengesetzt. Die dessen 
weitere Zersetzung entweder ermöglichende oder doch erleichternde 
Lösung der Kuppelung wird durch solche Bakterien-Arten zu erwarten 
sein, welche über das dazu erforderliche Werkzeug, das ist das Enzym 
Maltase (s. Bd. IV, S. 412), verfügen und also die Maltose in die 
durch fast alle Arten angreifbare Glucose umzuwandeln vermögen. Die 
Fähigkeit zur Hervorbringung dieses Enzymes läßt sich bisher nur einer 
Art, dem Acetobacter melanogenum, nachsagen, welche zufolge BEIJERINcK 
(6) aus Maltose reichlich Gluconsäure bildet. Nicht angegriffen wird 
dieses Disaccharid zufolge SEIFERT (1) durch Bact. Pasteurianum und B. 
Kützingianum und zufolge Hoyer (1) durch Bact. rancens var. zythi und 
B. rancens var. muciparum. Die Mehrheit der durch HENNEBERG (2, 7, 13) 
geprüften fünfzehn Arten bildete aus Maltose keine Säure; durch die 
übrigen (insbesondere Dact. oxydans und B. industrium) kam solche zu- 
stande, ohne daß sie jedoch auf ihre Natur geprüft worden wäre. Das 
Gleiche gilt von TAXAHasurs (3 u. 4) Angaben. 

Von der Saccharose ist ungefähr dasselbe zu sagen. In A. JJ. 
Brownv’s (1) Versuchen an dessen Dact. aceti und B. zylinum, in denen 
ZEIDLER’S (3) und in späteren BELIERINCK’S (6) wurde sie nicht angegriffen. 
BEIJERINCK (1) hatte den Essigsäure-Bakterien ganz allgemein die Fähig- 
keit abgesprochen, Maltose oder Saccharose zu spalten. Dessen Schüler 
Hoyer (1) gab jedoch an, dab sein Dact. aceti und sein B. zylinum durch 
die Hervorbringung des die Saccharose in ihre zwei Teilstücke (Glucose 
und Fructose) zerlegenden Enzymes Invertin (s. Bd. IV, S. 407) sich 
auszeichnen. TAKAHASHI (3 u. 4) sagt seinen Varietäten Tanezu des Bact. 
aceti und B. zylinoides Invertin-Bildung nach. In Prrorp’s (1) Zuchten 
in gezuckertem Wein entstand Invertzucker, jedoch keine Säure, und 
viel Saccharose verschwand auf unaufgeklärte Weise. HENXNEBERG (7 u. 13) 
hingegen stellte Säuerung durch einige Arten (darunter vornehmlich 
sein Dact. zylinum) fest. Hoyer (1) hat die Aussaat seines Dact. rancens 


in entgeistetem Biere bei 30 Proz. sich noch entwickeln sehen, wenns 


diesem 50 Proz. Saccharose zugesetzt war, jedoch nicht mehr bei Anwesen- 
heit von 60 Proz., hat also große Unempfindlichkeit festgestellt. Prroun 
hingegen bemerkte an seinen Arten eine Beeinträchtigung der Säuerung 
(jedoch in verhältnismäßig säurereichem Wein) schon durch 3,6 Proz. 
dieses Zuckers. 

Die Lactose wird nur durch wenige Arten angegriffen. In HENNEBERG'S 
(2, 7,13) Versuchen säuerten sie, wie aus der Tabelle zu ersehen ist, 
nur drei deutlich, und auch in betrefl' dieser ist nicht geprüft worden, 
ob sie zur Bildung von Laactase (s. Bd. IV, S. 420) fähig sind, also des 
jenes Disaccharid zu Glucose und Galactose hydrolysierenden Enzymes. 
Von dem Trisaccharid Raffinose ist das gleiche zu sagen. 

Das Dextrin, das in dem in der Schnellessig-Fabrikation als Nähr- 
stofl verwendeten Stärkesirup vorhanden sein kann, wird, wie die Tabelle 
zeigt, durch einige Arten gesäuert und zufolge Hrnnepere (7) durch 
Bact. industrium in einen Schleimstoff umgewandelt. 

Die Stärke, das Amylum, wurde in Hexnenenrg’s (7) Versuchen nur 
durch eine unter neun geprüften Arten (Daet. industrium) gesäuert, und 
auch durch diese nur in geringem Maße. Taxanasıı (3 u.4) gibt Ein- 


5 


no 


5 


w 


0 


co 


GB 


treten von Säurebildung rür seine drei Varietäten des Baef. aceti, hin- 
gegen Ausbleiben solcher für seine fünf Varietäten des Dact. Kützingianum 
an. Das dem Amylum nahestehende Inulin hat sich sowohl in HENNEBERG’S 
(2) Versuchen an sechs Arten als auch in denen TakaHasurs (3 u.4) an 
sjenen Varietäten als unzugänglich erwiesen, wurde jedoch angeblich 
durch die Tanezu-Varietät des Bact. xylinoides etwas gesäuert. Das 
Glyeogen schließlich wurde zufolge HEnNEBERG (2) durch keine der 
sechs geprüften Arten (unter ihnen die drei Hansen’s) angegriffen. 
Die Bildung von Oxalsäure aus Kohlenhydraten, die bei anderen 
ıo Pilzen schon wiederholt Gegenstand der Untersuchung (s. Bd. IV, S. 243) 
gewesen ist, hat bei den Essigsäure-Bakterien zuerst W. Zorr (3) in 
betreff der Glucose an Haxsen’s drei Arten (Bact. aceti, B. Pasteurianum, 
B. Kützingianum), an Brown’s Bact. zylinum und an HEnneperg’s Bact. 
acetigenum, B. acetosum und B. ascendens festgestellt. Fr. BannınG (1) 


ıshat in umfassenderen Untersuchungen dann auch noch ZEIDLER’S Termo-, 


bacterium aceti, HENNEBERG’S Bact. oxydans und B. industrium und sein 
Bact. acidi oxalici herangezogen. Er hat die in Rede stehende Fähigkeit 
dieser elf Arten von Essigsäure-Bakterien an einer beträchtlichen An- 
zahl von Kohlenhydraten, Alkoholen und Säuren (letztere in Form ihrer 
»» Natrium- oder Kaliumsalze) geprüft. Keine einzige vermochte Oxalsäure 
zu bilden aus: Maltose, Raffinose, Weizenstärke, Inulin, Glycogen, Methyl-, 
Propyl-, Normalbutyl- oder Gärungsamyl-Alkohol, Duleit, Ameisen-, 
 Propion-, Normalbutter-, Baldrian-, Bernstein-, Aepfel-, Wein- oder Citronen- 
säure, Glycoecoll, Sarkosin, Kreatin, Kreatinin, Leuein, Tyrosin, Harnstoff, 
>» Harnsäure, Benzoesäure. Hippursäure, Salieylsäure. Die Glucose lieferte 
Oxalsäure durch jede dieser Arten, der Mannit hingegen nur durch 
Bact. industrium, die Lactose nur durch B. Kützingianum, die Galactose 
nur durch dieses letztere und durch Termobacterium aceti. Durch BDact. 
acidi oxalici wurde Oxalsäure bloß aus Glucose gebildet. Das Ergebnis 
soder Prüfung der übrigen Substanzen ist in der folgenden Tabelle ver- 


Oxalsäure-Bildung 


Kohlenhydrate Alkohole Säuren (Natriumsalz) 
E 1% 0,5%) 0,25 9,11%, | 0,25 %,.0,25% 

; |’. = 5 Be 2 = 
durch aloe] See E 2 = 5 
25 ses aaa 22 jene 
223338 >»>8:2=S1% 8|I|2|4| 8 S 
2|88|sS/=|Kkl$|%| >| Pl 7 a En = 5 
E ele32]23l23232228 | 22|5|83 5 & 

Finj<s|M|- sinne oA u „m | © ri m 
3. aceti Hansen | + + +++ —1— +++] —| + ir = Er $ 
3. acetigenum —— + — | any + Pe we. Er 
B. acetosum — ++ + + ea - 1 ae ri + 
B. ascendens — — + + — 1-1 +1 +11 — | — Au A £ 
B. industrium + +| a a te — | + 
3. Kutzıngranum = ee S - + +1 + 
B. oxydans + + +] Fi a — 
B. Pasteurianum )—| +) — 1 — +1) 4441-1 — | + Ba 1 
B. xylinum SER | 1 | —) EZ BEE > Be 
Termobaet. aceti [J— — + _ BI an Na nn En 1 e + 12 

| 
| 


zeichnet, in welcher das Plus-Zeichen das Auftreten und das Minus- 
Zeichen das Ausbleiben von Oxalsäurebildung andeutet. Diese Befunde 
gelten, wie ja BannınG selbst betont, nur unter den durch ihn gebotenen 


— 589 — 


Züchtungsbedingungen, auf deren großen Einfluß schon auf S. 319 des 
Ersten Bandes hingewiesen worden ist; sie verdienen jedoch eine ein- 
gehendere Verfolgung, insbesondere auch nach der quantitativen Seite 
hin. HENNEBERG (13) hat der oben angeführten Schar von Oxalsäure- 
Bildnern noch Bact. curvum, B. ascendens und B. Schützenbachi angereiht. 5 
Im Verlaufe der sogen. Ueberoxydation (s. S. 571)im Bildner beim deutschen 
Verfahren kann es zur Entstehung von Oxalsäure kommen, die sich dann 
im Ablaufessig vorfinden wird. Bei der Begutachtung eines Essigs 
wird also der Gerichtschemiker an diese mögliche Herkunft allenfalls 
vorgefundener Oxalsäure zu denken haben. 10 


$ 131. Der Einfluß anorganischer Gifte und des Lichtes. 


Der Einfluß der schwefligen Säure ist darum ganz besonderer Auf- 
merksamkeit würdig, weil gerade dieses Pilzgift in der Weinbereitung 
sehr viel verwendet wird, ja sogar während der Most-Gärung entstehen 
kann. Ueber dessen Wirkungsgröße sind schon auf S. 536 des Ersten 
und auf S. 417 des Zweiten Bandes eingehende Angaben gemacht worden, 
denen hier nun einige Ergänzungen nachgetragen werden sollen. 
W. SEIFERT (10) hat durch vergleichende Versuche an einem dem Bat. 
aceti Hansen nahestehenden Essigsäure-Bakterium, das aus Wein ab- 
geschieden worden war, festgestellt, daß die Weinhefen und die Kahm- » 
pilze gegen schweflige Säure weit weniger empfindlich sind als jenes 
Essigsäure-Bakterium, welch letzteres selbst in größerer Menge schon 
durch 50 mg freier schwefligen Säure im Liter Nährlösung (Wein) ab- 
getötet wurde, eine Gabe von 30 mg aber noch ganz gut vertrug, jedoch 
dadurch eine Verzögerung der Entwicklung erlitt. Eine umfassende: 
Untersuchung über die Giftwirkung der schwefligen Säure, der Sulfite 
und einiger komplexer Verbindungen dieser Säure hat dann E. Haırer (1) 
vorgenommen; ihm zufolge stehen die zur Abtötung von Spaltpilzen, 
Hefen und Schimmelpilzen erforderlichen Mengen dieses Giftes im Ver- 
hältnis von 1:4:5. 30 

Die aldehydschweflige Säure findet sich, wie schon auf S. 446 des 
vorliegenden Bandes und auf S. 449 des Vierten Bandes eingehend be- 
sprochen worden ist, im Wein, Obstwein und Bier, allerdings in geringer 
Menge, selbst dann vor, wenn diese Getränke nicht geschwefelt worden 
sind. In ihrer Einwirkung auf Essigsäure-Bakterien hat sie in SEIFERT'S » 
(10) Versuchen sich als recht schwach erwiesen; denn selbst eine Gabe 
von 100 mg auf den Liter Wein hat die darauf ausgesäten Reinzucht- 
Ueberimpfungen nicht am Aufkommen zu hindern vermocht. Wenn nun, 
wie PARMENTIER (1) angibt, zu seiner Zeit die Essigfabrikanten in 
Örlöans keine geschwefelten Weine zur Essigbereitung verwendeten, so4 
kann man wohl schließen, daß in Frankreich wie heutzutage (s. S. 408) 
so schon vor mehr als hundert Jahren recht kräftig geschwefelt wurde. 

Der Schwefelsäure, und zwar einer 0,05-proz. Lösung, widerstanden 
in Hennererg’s (6) Waschungsversuchen an Brennerei- und Preßhefen 
zum Zwecke der Reinigung von den ihnen anhaftenden Essigsäure-Bak- 
terien diese letzteren durch länger als 24 Stunden, wurden jedoch durch 
eine Lösung von 0,15 Proz. binnen 39 Minuten getötet. Der Eintluß 
des Natriumsulfates ist zuerst durch Hoyer (1) an Baect, rancens 
geprüft worden; die höchste zulässige Gabe für die Entwicklung in ent- 
geistetem Biere bei 30°C wurde zu 19,3 Proz. von dem kristallisierten w 


I 
[27 


iv 
Dar 


= 


-_ 


— 590 — 


Salze ermittelt, das in der Menge von 20,9 Proz. die Vermehrung der 
Aussaat verhinderte. HENNEBERG (2 u.7) sah gute Entwicklung in Bier 
noch eintreten: bei Dact. aceti, B. acetigenum und B. acetosum, wenn 
5 Proz. des Salzes zugegeben worden waren, und bei Dact. oxydans, B. 

5 Pasteurianum und B. Kützingianum, wenn ein Proz. vorhanden war. 
Derselbe Forscher hat, unter Verwendung des gleichen Nährbodens, gegen 
Ammoniumsulfat als am empfindlichsten das Bact. Kützingianum be- 
funden, das nur noch bei ein Prozent Zusatz gedieh, während Bact. aceti, 
B. acetigenum, B. acetosum, BD. ascendens, B. Pasteurianum und Termo- 

ıo bacterium aceti noch bei 5 Proz. und Bact. wylinum sogar noch bei 8 Proz. 
sich zu entwickeln vermochten. Fast zur gleichen Feststellung gelangte 
er in betreff des Magnesiumsulfates, nur mit dem Unterschiede, 
daß von den genannten Arten das Dact. ascendens und B. industrium 
einen $-proz., das Bact. Kützingianum, wie dort, bloß einen einproz. und 

» alle übrigen einen 5-proz. Zusatz ertrugen. 

Von der Salzsäure werden nur geringe Mengen ertragen. HENxNE- 
BERG (2) sah Entwicklung der Aussaat in Bier noch eintreten: bei 
einem Zusatz von 0,036 Proz. bei Dact. aceti, BD. acetosum und BD. oxydans, 
bei einem solchen von 0,01 Proz. bei Dact. acetigenum, B. Pasteurianum 

»und B. Kützingianum. Die in Preßhefe vorhandenen Arten konnte 
HENNEBERG (6) durch halbstündiges Waschen mit 0,36-proz. Säure ab- 
töten. Den Einfluß des Mittels auf die Wirkungsgröße zeigte Hoyer (1) 

‘an seinem Bact. rancens: dessen Aussaat entwickelte sich bei 30° C in 
entgeistetem Biere noch, wenn diesem höchstens 0,063 Proz. Säure zu- 

»gefügt waren, durch welche Menge, wenn sie in destilliertem Wasser 
einwirkte, schon binnen einer Stunde die Zellen abgetötet wurden. HırscH- 
FELD (1) hat gelegentlich seiner Untersuchungen über den Einfluß des 
künstlich bereiteten Magensaftes auf die Milchsäure- und Essigsäure- 
Gärung an einer als Dac. aceticus bezeichneten Art eine Förderung der 

30 Entwicklung und Oxydationstätigkeit durch einen Zusatz von 0,01—0,02 
Proz. Salzsäure, deren Aufhebung durch einen solchen von 0,06—0,07 Proz. 
und die Abtötung der Zellen durch einen solchen von 0,12 Proz. Säure 
festgestellt. Für das Kochsalz gibt Hoyer (1) die für die Entwick- 
lung des BDact. rancens noch erträgliche Gabe in entgeistetem Bier zu 

31,16 Proz. an. In HENNEBERG’S (2 u. 7) Versuchen trat in Bier mit 
ein Proz. Zusatz noch Vermehrung der Aussaat bei den oben genannten 
sechs Arten ein; bact. ascendens und B. industrium hingegen gediehen 
dabei nur wenig. Dieses Salz ruft leicht die Bildung von Involutions- 
formen (s. S. 549) hervor, und zwar bei Dact. acetosum in der Menge von 

#83 Proz. und bei D. ascendens schon in der Menge von einem Prozent. 
Wenn eine Aussaat des Bact. rancens in entgeistetem Bier sich ver- 
mehren sollte, durfte Hoyer (1) diesem letzteren höchstens 1,48 Proz. 
Kaliumcehlorid oder 1,32 Proz. Ammoniumchlorid oder 1,19 Proz. 
Kaliumbromid oder 0,83 Proz. Kaliumjodid zusetzen. Derselbe 

Forscher folgert aus seinen Versuchen auch, daß die Giftwirkung der 
Säuren vornehmlich durch deren Wasserstoff-Ion (s. Bd. I, S. 493) ver- 
ursacht werde; denn die freien Säuren sind weit schädlicher als äqui- 
molekulare Mengen ihrer Salze und erweisen sich als um so giftiger, 
je mehr sie dissociiert sind. 

50 In betreff der Flußsäure hatten A. JÖRGENSEN und J. Cur. Horı (1) 
einige Beobachtungen angestellt, als sie das auf S. 300 u. f. des vor- 
liegenden Bandes besprochene Verfahren Errroxr's einer Ueberprüfung 
unterzogen; sie befanden das Baet. aceti Hansen als sehr zählebig gegen- 


— 591 — 


über jener Säure. EFrRoxT (1) machte jedoch auf den großen Einfluß 
aufmerksam, welchen die Beschaffenheit des Nährbodens auf den Ausfall 
solcher Vergiftungs-Versuche ausübt, welchen Einwurf aber JÖRGENSEN 
und Horm (2) als belanglos für die Entscheidung über die Brauchbar- 
keit jenes Verfahrens erachteten. Weiterhin berichtete EFrroxt (2), 
daß auch die Essigsäure-Bakterien an hohe Gaben von jenem Gifte ge- 
wöhnt werden können, so dab sie dann in einem mit Alkohol und Essig- 
säure versetzten Malzauszug zu wachsen vermögen, welcher bis 12 g, 
Fluorwasserstoffsäure im Liter enthält; mit steigender Widerstands- 
kraft wird ein immer geringerer Teil des Alkohols in Essigsäure über- 
geführt, nämlich in letzterem Falle nur 2,62 Teile aus 100 Teilen Alkohol, 
gegenüber 32,3 und 76,9 Teilen bei einem Zusatz von 0,5 g bezw. 0,25 g 
dieser Säure und 97,1 Teilen in der fluorfreien Probe. W. SEIFERT (2) 
hat gelegentlich seiner Untersuchungen über die Einwirkung einiger 
Antiseptika auf die in Most und Wein vorkommenden Organismen (Wein- 
hefen, Mycodermen) auch ein nicht näher bezeichnetes Essigsäure- 
Bakterium geprüft. Es erwies sich gegen Fluorammonium, welches 
durch MAarrınorrı (1) für die Zwecke der Haltbarmachung des Weines 
empfohlen worden war, als weit weniger empfindlich als jene Sproßpilze; 


denn zur Verhinderung seiner Entwicklung in sterilisiertem Wein be-: 


durfte es eines Zusatzes von mehr als 0,1 Prozent. In HENNEBERG'S (6) 
Versuchen starben die Essigsäure-Bakterien bei Einwirkung von 0.01 Proz. 
binnen zwei Stunden ab. Ueber die Zulässigkeit der Flußsäure zur 
Haltbarmachung der Fruchtsäfte vergleiche man Loock (1) und R. Cors (1). 
Im wesentlichen aus Kieselfluorwasserstoffsäure bestehen das HygienolGl 


und das Siflural, welche, ebenso wie das Grotan, das Pyrieit und das: 


Hygienol GII, auf ihre schädigende Kraft gegenüber den in der Brauerei 
in Betracht kommenden Kleinlebewesen durch SCHÖNFELD und HARDECK (1) 
geprüft worden sind. Eine als schleimbildendes Dact. aceti bezeichnete 
Art wurde bei einstündiger Einwirkung schon durch ein Proz. Hygienol GI 


abgetötet; von dem Siflural hingegen waren dazu 5 Proz. erforderlich. 


Von der Phosphorsäure hatte in Hırscareuv’s (1) Versuchen ein 
Zusatz von 0,1 Proz. genügt, um die Betätigung des Daec. acetieus zu 
verhindern. HENNEBERG (7) stellte fest, daß eine Entwicklung der Aus- 
saat in Bier noch eintrat, wenn diesem 0,17 Proz. Säure zugegeben war, 


sofern es sich um Bact. aceti, B. acetosum oder B. oxydans handelte, dab 


hingegen für Dact. acetigenum, B. Pasteurianum und B. Kützingianum man 
den Zusatz auf 0,05 Proz. beschränken mußte. In Hexneperg's (6) 
Reinigungsversuchen an Preßhefe zwecks Abtötung der anhaftenden 
Essigsäure-Bakterien erwies sich die einstündige Einwirkung von 
0,1 Proz. Phosphorsäure als unverläßlich, ein durch 65 Minuten währen- 
des Waschen mit 0,2 Proz. Säure jedoch für ausreichend. Vom sauren 
Kaliumphosphat (PO,H,K) werden zufolge Hexnerere (2 u.7) große 
Mengen vertragen; denn es trat in Bier noch Entwicklung der Aussaat 
des Dact. acetosum bei Anwesenheit von 12 Proz. dieses Salzes, derjenigen 
des B. aceti, B, acetigenum, B, oxydans, B. Pasteurianum und B, Kützin- 
gianum bei 8 Proz, derjenigen des BD. ascendens bei 5 Proz. und der- 
jenigen des BD. industrium und Termobaeterium aceti bei 3 Proz. Phosphat- 
Zusatz ein. Dieses Salz ist (unter den durch HexsepenG geprüften) das 


einzige, welches, in geringer Gabe, auf das Wachstum einen fördernden : 


Einfluß (s. S. 560) zu nehmen vermochte. Für das Natriumphosphat 
(PO,Na,H-H-12aq) ermittelte Hoyer (1) die für die Entwicklung der 
Aussaat des Dact. rancens in entgeistetem Bier noch erträgliche 


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höchste Gabe zu 17,9 Proz. und die verhindernde Gabe zu 19,7 Proz. 
von dem kristallisierten Salze. DasAmmoniumphosphat(N,H,,PO,) 
beeinträchtigte zufolge HENNEBERG (7) in der Menge von 5 Proz. die 
Entwicklung des BDact. aceti, B. acetigenum, B. acetosum und B. Pasteu- 
srianum in Bier nicht. 

Der Salpetersäure in der Gabe von 0,08 Proz. widerstanden in 
HENNEBERG’S (6) Reinigungsversuchen an Preßhefen die diesen letzteren 
anhaftenden Essigsäure-Bakterien durch mindestens 46 Minuten; durch 
Einwirkung der doppelt so großen Menge hingegen trat binnen 42 Minuten 

ıdas Absterben ein. Das Kaliumnitrat, das ja auch als Nährstoff 
(s. S. 561) in Betracht kommen Kann, ist auf seine Giftwirkung durch 
HENNEBERG (2 u. 7) unter Verwendung von sterilisiertem Bier als Nähr- 
boden geprüft worden. Bei Anwesenheit von 1 Proz. Salpeter ent- 
wickelten sich noch die Aussaaten von Bact. aceti, BD. acetigenum, B. 

ı5 acetosum, B. Pasteurianum, B. Kützingianum und DB. zylinum, bei einer 
solchen von 0,5 Proz. eben noch die von DB. oxydans und bei einer 
Menge von 0,3 Proz. noch die von B. industrium und Termobacterium 
aceti. Das Bismuthum subnitricum (s. S. 305) ist durch Durour 
und Dasıer (1) in der Gabe von 10 g pro hl als Vorbeugungsmittel gegen 

»das Auftreten des Essigstiches im Apfelwein empfohlen worden. 

Gegen Alkalien sind die Essigsäure -Bakterien sehr empfindlich. 

Das Bact. rancens starb zufolge Hoyer (1) in destilliertem Wasser binnen 
‘ einer Stunde ab, wenn mehr als 0,056 Proz. Aetzkali (KOH) zugesetzt 
worden waren. In Hexnegere’s (6) Reinigungsversuchen an Preßhefen 
3vertrugen die vorhandenen KEssigsäure-Bakterien einen Gehalt von 
0,2 Proz. Aetznatron (NaOH) bloß durch 19 Minuten und einen 
solchen von 0,05 Proz. durch mehr als zwei Stunden. Der Hauptmenge 
nach aus Natronlauge mit einem Zusatz Javelle’scher Lauge besteht das 
Hygienol G II, welches durch ScHÖNFELD und HARDEcK (1) auf seine 
so keimtötende Kraft auch gegenüber einer als schleimbildendes Daet. aceti 
bezeichneten Art geprüft wurde und selbst in der Gabe won 10 Proz. 
noch nicht Abtötung binnen einer Stunde zu bewirken vermochte. Die 
Giftigkeit der Soda (Na,CO,) prüfte HENNEBERG (2) unter Verwendung 
von Bier als Nährboden; in diesem kamen bei einem Zusatz von 0,6 Proz. 
35 Natriumkarbonat noch Bact. acetosum und BD. oxydans, bei 0,4 Proz. noch 
B. aceti, bei 0,3 Proz. nur noch schwächlich 2. acetigenum und b. Kützin- 
gianum und gar nicht mehr B. Pasteurianum zur Entwicklung. Die 
Empfindlichkeit gegen alkalische Reaktion macht auch in alternden 
Zuchten sich geltend, in denen, wie schon A. J. Brown (1) bemerkt hat, 
‚onach vollständigem Verbrauch der Essigsäure die alkalischen Produkte 
des Stoffwechsels sich anhäufen und so vielleicht zu einer der Ursachen 
des reichlichen Auftretens von Involutionsformen und des Absterbens 
der Zellen werden. 

Der Einfluß des Ozons auf die Essigsäure-Bakterien ist schon durch 

+ ToLomzı (3) geprüft worden; ihm zufolge wird die Essigsäure-Gärung 
durch kleine Mengen dieses Gases gefördert. In Serrerr’s (2) Versuch 
vermochten 0,3 & Ozon, die im Verlaufe einer Viertelstunde durch einen 
halben Liter Wein hindurchgetrieben wurden, an den sie. ca. 0,07 g ab- 
gaben, eine wesentliche Beeinträchtigung der in jenem vorhandenen 

50 Essigsäure-Bakterien nieht zu bewirken. Und auch W. Sıcmuxp (1) be- 
obachtete in ähnlichen Versuchen bloß eine vorübergehende Schwächung. 
Wirt und WreEnısGeEr (1) haben dann im Verlaufe ihrer Untersuchungen 
über den Einfluß des Ozons auf die im Brauereibetriebe in Betracht 


— 593 — 


kommenden Kleinlebewesen festgestellt, daß 0,6—0,7 & Ozon im Kubik- 
meter Luft ausreichen, um auch die Essigsäure-Bakterien abzutöten. 
Der Einfluß des Lichtes äußert sich bei den Essigsäure-Bakterien 
so, wie dies in dem von diesem Einflusse im allgemeinen handelnden 
898 des Ersten Bandes für die meisten Spaltpilz-Arten schon angegeben 
ist, also schädigend. M. Gıuxtı (1) stellte dies nicht nur für die un- 
mittelbare Besonnung sondern sogar für das zerstreute Tageslicht fest, 
was auch Hoyer (1) bemerkt hat. G. Toromei (2) zeigte hierauf, daß 
bloß die chemisch wirksamen Strahlen schädlich sind. Man wird also 


© 


bei Versuchen im Laboratorium die Zuchten im Dunkeln halten. Ueber ıo 


den Einfluß ultravioletter Strahlen, die von einer Quecksilber-Lampe 
ausgesandt wurden, haben V. Henkı und J. SCHNITZLER (1) einige Ver- 
suche an zwei Proben algerischen Weines angestellt. Eine halbstündige 
Belichtung genügte, um die in ihnen enthaltenen Essigsäure-Bakterien 
abzutöten oder doch so zu schwächen, daß nachher keine Säuerung mehr 
eintrat; nur die Strahlen mit einer Wellenlänge von weniger als 302,1 uu 
erwiesen sich als wirksam. Für die Zwecke der Haltbarmachung des 
Weines ist solche Behandlung jedoch nicht zulässig; denn die Farbe des 
Rotweines geht durch sie, wie SCHNITZLER und Henkı (1) weiterhin be- 


obachtet haben, in ein schmutziges Kaffeebraun über, diejenige desz 


Weißweines wird dunkler, und die eintretende Geschmacksveränderung 
und Ausfällung eines schwarzen Niederschlages machen das Getränk 
ungenießbbar. Der Einfluß der Radium-Emanation, welche zufolge 
H. Jansen (1) das Dact. prodigiosum abzutöten vermag, ist im Bereich 
der Essigsäure-Bakterien noch nicht geprüft worden. Stärkere Ent- 
ladungen von Elektrizität sollen zufolge G. Toromei (1) die Ent- 
wicklung der Essigsäure-Bakterien aufzuhalten vermögen, so daß dieser 
Forscher, wie schon auf S. 457 des Ersten Bandes bemerkt worden 
ist, Weine, die zum Sauerwerden neigen, derart heilen will. 


$ 132. Verhalten zu organischen Giften. 


Die Frage nach dem Einflusse des Aethylalkoholes auf die Essig- 
säure-Bakterien ist nach mehrerlei Richtungen hin zu verfolgen. Kärg- 
lich sind die Angaben über die Abtötung entwässerter, angetrockneter 
Zellen durch starken, allenfalls sogar absoluten Alkohol, welch 
letzterer ja im allgemeinen (s. Bd. I, S. 545) weniger als der halbver- 
dünnte leistet, welche Tatsache, nebenbei bemerkt, eine neue Bestätigung 
durch Srorvis (1) erfuhr, der in absolutem Alkohol lebenskräftige Keime 
(Sporen?) des Dac. Megatherium vorgefunden hat. Unter Einhaltung 
des schon durch Russ (1) geübten Verfahrens hat E. Cnr, Hansen (8) 
auber mehreren Saccharomyces-Arten auch sein Bact. Pasteurianum da- 
raufhin geprüft; dessen Zellen wurden, in dünnster Schichte angetrocknet, 
sowohl durch absoluten (99-proz.) als auch durch 82-proz. Alkohol 
binnen einer Minute abgetötet. Sobald der Alkohol nicht in konzen- 
triertem sondern in verdünntem Zustande auf seinen Einfluß inner- 
halb eines Nährbodens zu prüfen ist, hat man, wie ja bei jedem Gifte 
(s. Bd. I, S. 482), dreierlei Gesichtspunkte ins Auge zu fassen: die Ab- 
tötung, die Hemmung und die Förderung. Von den letzteren zwei 
Wirkungen ist jede wieder nach zweierlei Richtungen zu verfolgen, 
nämlich einerseits in betref! des Wachstums, also hauptsächlich der 
Zellvermehrung, und andererseits in betrefl der Zersetzungstätigkeit, also 

LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. Bd. V, 38 


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—. 54 — 


insbesondere der Säuerung. Die Größe der Gabe, welche zur Hervor- 
bringung einer bestimmten Wirkung erforderlich ist, hängt selbst bei 
ein und derselben Art ganz beträchtlich von der Beschaffenheit der 
Umgebung ab, also von der Temperatur und von der Zusammensetzung 
sdes Nährbodens, wie auch vom Alter und Vorleben der Zellen. In betreif 
der Abtötung gibt Hoyer (1) von seinem Bact. rancens an, daß es bei 
Zimmertemperatur in Bier einem Alkoholgehalt von 13 Proz. durch 
zwei Tage widerstand und durch einen solchen von 15 Proz. binnen 
einem Tage abstarb, dab es hingegen in Wasser schon einen Zusatz 
von 4 Proz. während der gleich kurzen Zeit nicht mehr ertrug. In 
HENNEBERG'S (6) Versuchen (s. S. 589) wurden die in Preßhefe vor- 
handenen Essigsäure-Bakterien binnen 37 Minuten wohl durch 25-proz., 
nicht aber auch durch 20-proz. Alkohol abgetötet. Zur Erzielung der 
Hemmung des Wachstums, die man mit der wirklichen Abtötung 
ıs nicht verwechseln darf, reichen schon geringere Gaben hin. Termobact. 
aceti zeigte in ZEIDLERS (2) Versuchen noch eine (freilich erst am 
10. Tage merkliche) Entwicklung in einer mit 15 Proz. Alkohol ver- 


setzten Würze. Hoyer (1) ermittelte für sein Dact. rancens und dessen 


Varietäten, daß sie in entgeistetem Biere bei einer Gabe von mehr als 
29 Proz. Alkohol nicht mehr wuchsen und daß 7,2 Proz. als Höchst- 
menge gilt, bei der noch Entwicklung eintrat, welche jedoch schon 
oberhalb 4 Proz. eine Beeinträchtigung merken ließ. Von Perorp’s (1) 
Essigsäure-Bakterien aus Wein vermochte die kräftigste Art noch in 
sterilisiertem Weine mit einem (durch Zusatz hergestellten) Alkohol- 
»serehalte von 15,5 Vol.-Proz. sich zu entwickeln und zu säuern. Gegen- 
über anders lautenden Angaben bei J. Wortmann (1) und bei PossErto (1), 
welche als entwicklungshinderlichen Gehalt 13,75 bezw. 15 Vol.-Proz. 
Alkohol bezeichnen, betont PEROLD mit Recht, daß die Höhe dieses Ge- 
haltes nicht unbedingt sei, sondern durch den Charakter des Weines, 
soinsbesondere dessen Säurigkeit, mitbestimmt werde; säurereiche Rhein- 
und Moselweine brauchen zum Schutz gegen das Stichigwerden weniger 
Alkohol als die säurearmen Südweine. Acetobacter plicatum gedeiht zu- 
folge Funrmann (1) in Wein bei 11 Gew.-Proz. und in Bier bei 9,5 Proz. 
Alkohol, wenn die Temperatur sich innerhalb 22—25° C hält. G. Wıir- 
3Gıw’s (1) Abhandlung ist hier mehr wegen der darin gegebenen und 
dann durch W. Kurzweury (1) und V. Russ (1) ergänzten Uebersicht 
über die bis 1902 bezw. 1904 vorliegende Literatur betreffend den Ein- 
fluß des Alkohols auf Kleinlebewesen überhaupt anzuführen; denn ihr 
Verfasser war von medizinischem Interesse geleitet und prüfte vor- 
sonehmlich pathogene Bakterien (Dac. typhi, Bac. anthracis, Dact. coli u. a.), 
jedoch auch drei Essigsäure-Bakterien. Ihm zufolge zeigten in einer 
15-proz. Bierwürze binnen 14 Tagen noch Entwicklung: Bact. Pasteuria- 
num Haxsen bei 5 Proz. Alkoholzusatz, Bact. aceti H. und eine aus 
Fäces abgeschiedene Art bei 7 Proz., während ein Zusatz von 10 Proz. 
4 keine dieser drei Arten mehr aufkommen ließ. Eine Förderung des 
Wachstums durch Alkohol (s. S. 562) konnte Hoyer (1) in seinen 
Versuchen mit Bact. rancens nicht bemerken. Ueber den Einfluß der 
Größe des Alkoholgehaltes des Nährbodens auf Eintritt und Verlauf 
der Säuerung lauten die Befunde der einzelnen Forscher sehr ver- 
so schieden. Bei Termobacterium aceti trat sie zufolge ZEIDLER (2) bei 
höchstens 7 Proz. Alkohol noch ein. HExneBere (7) gibt die Grenze 
für Bact. oxydans mit 5 Vol.-Proz. und für B. ascendens mit über 12 Proz. 
an. Hoyer (1) sagt von seinem B. rancens, daß bei diesem ein Alkohol- 


— 593 — 


gehalt, welcher das Wachstum nicht beeinträchtigt, auch keinen schäd- 
lichen Einfluß auf die Säuerung ausübt. 

Die Empfindlichkeit der Essigsäure-Bakterien zegen die kohlen- 
stottreicheren aliphatischen Alkohole, insbesondere jene des Fuselöles, 
würde erst noch einer umfassenden Untersuchung zu unterziehen sein, 5 
wobei auch die durch H. SrAapter (1) bemerkte Abnahme der hemmen- 
den Wirkung bei steigendem Molekulargewichte erneut zu prüfen wäre. 
Denn in G. Wırsıy’s (2) Versuchen an Bac. anthracis und an Staphylo- 
kokken hatte sich ein Ansteigen der keimtötenden Wirkung bei zu- 
nehmendem Molekulargewichte (vergl. Bd. IV, S. 133) ergeben, also ıo 
"ganz entsprechend dem Gesetze RıcHarpson’s, über das man R. FOERSTER (1) 
vergleiche, welcher eine zusammenfassende Uebersicht über die bisher 
vorliegende Literatur betreffend die Wirkung der Fuselöle auf den 
Tierkörper gegeben hat. 

Ueber die Wirkung des Formaldehydes als Pilzgift im allgemeinen ıs 
ist schon im $ 121 des Ersten Bandes gesprochen worden, der auf seiner 
S. 546 auch auf die größere Empfindlichkeit der Essigsäure-Bakterien 
hingewiesen hat. In SEIFERT’sS (2) Versuchen an einer nicht näher be- 
zeichneten Species reichte ein Zusatz von 0,5 Proz. Aldehyd zur Ver- 
hinderung der Entwicklung der Einimpfung in sterilisiertem Weine» 
aus. W. HENNEBERG (6) hat beobachtet, daß in einer mit Essigsäure- 
Bakterien behafteten Hefe bei deren. Waschen mit O0,1-proz. Formal- 
dehyd-Lösung durch fast drei Stunden hindurch jene Schädlinge noch 
nicht alle abgetötet worden waren. Weit ausdauernder erwies sich, 
dank seiner schützenden Hülle, eine als schleimbildendes Dact. aceti be- 2 
zeichnete Art in den durch ScHönFELp und HArpeck (1) angestellten 
Beobachtungen; denn es war die Einwirkung einer 2 Proz. Formalin ent- 
haltenden Lösung durch 3 Stunden und einer solchen von 5 Proz. durch 
eine Stunde hindurch zur Abtötung nicht ausreichend, die jedoch durch 
eine 10-proz. Lösung binnen einer Stunde eintrat, während hingegen » 
zur bloßen Entwicklungs-Hemmung ein Gehalt von weniger als 0,5 Proz. 
Formalin genügte. Die gleichen Zahlen gelten den letzgenannten zwei 
Forschern zufolge auch für das Grotan, das im wesentlichen eine 
wässerige Lösung von Formaldehyd und schwefliger Säure ist. 

Die Ameisensäure war auf ihre Giftwirkune schon durch ZEIDLER (2) 35 
an dessen Termobacterium aceti geprüft worden, das bei einem Zusatz 
von 0,46 Proz. in Bier oder Hefenwasser keine Entwicklung zeigte. 
Anläßlich der Beurteilung des unter dem Namen Alacet verkauften, 
wesentlich Ameisensäure enthaltenden Mittels zur Verhütung der Most- 
gärung und zur Haltbarmachung der Weine hat W. Srrrerr (9) dann % 
festgestellt, daß ein Zusatz von 0,1 Proz. von dieser Säure zu Weißb- 
wein von 7 Vol.-Proz. Alkohol die Entwicklung der eingeimpften (nicht 
näher bezeichneten) Essigsäure-Bakterien auf die Dauer nicht zu ver- 
hindern vermochte, sondern dab dazu 0,15 Proz. erforderlich waren. 
Weniger widerstandskräftig befand HExneEpers (5) das Bact. ascendens ıs 
und einige andere Arten, welche sowohl in Bier wie auch in Brennerei- 
Maische schon durch einen Zusatz von 0,06 Proz. vollständig unter- 
drückt wurden. Als noch empfindlicher erwies sich, nebenbei bemerkt, 
eine Mycoderma-Art, für welche schon 0,04 Proz. die Grenze bildeten, 
als weniger empfindlich hingegen (vergl. S. 304) die Brennereihefen so 
Rasse II und Rasse XII der Berliner Station, zu deren Unterdrückung 
man bis zu 0,2 Proz. hinaufgehen mußte. Um eine Preßhefe von den in 
ihr vorhandenen Essigsäure-Bakterien zu befreien, bedurfte es in Hexne- 

j 38* 


— 596 — 


BERG'S (6) Versuchen der durch 19 Minuten andauernden Einwirkung einer 
0,17-proz. wässerigen Lösung dieser Säure. V.Krers (1) hat gelegentlich 
seiner Untersuchungen über das schon durch Fr. Croxer und E. SELIG- 
MANN (1) geprüfte Vorkommen von Ameisensäure in Fruchtsäften, ins- 
5besondere in Himbeer-Säften, und über deren zufolge Loock (1) industriell 
allgemein geübte Haltbarmachung (s. S. 72) durch künstliche Erhöhung 
des Gehaltes an jenem Pilzgifte auch beobachtet, daß es in der Menge 
von 0,4 Proz. nicht imstande war, den Säften einen dauernden Schutz 
geren das Aufkommen von Essigsäure-Bakterien zu bieten. Dem ob- 
ıgenannten Alacet ähnlich ist das Fructo] und das Werderol, über 
die man FR. CrOnEr und E. SELIGMAnN (1) vergleiche. Das Natrium- 
formiat ließ zufolge Hoyer (1) bei 30° C in entgeistetem Biere in 
der Menge von 1,36 Proz. keine Entwicklung des eingeimpften Bat. 
rancens mehr zu, wohl aber noch in der Menge von 1,02 Prozent. 

15 Die Essigsäure ist, vom Standpunkte der ökologischen Gärungs- 
theorie (s. Bd. I, S. 330) aus betrachtet, wohl eine Waffe, welche die 
Essigsäure-Bakterien im Kampfe gegen andere Mitbewerber im Nähr- 
boden bilden. Sie kann jedoch schließlich ihnen selbst schädlich oder 
verderblich werden. sobald die Menge der entstandenen Säure den er- 

»träglichen Grenzwert erreicht hat. Eine Abimpfung aus einer derart 
zum Stillstand gekommenen Zucht ist aber nicht fähig, in einem im 
übrigen gleichartigen, jedoch etwas weniger sauren Nährboden sich zu 

‚ entwickeln oder die zur Erreichung jenes Grenzwertes noch erforder- 
liche Menge von Säure zu bilden. Die eine Beobachtung könnte man 

dahin erklären, daß eben der Grenzwert für das Wachstum weit niedriger 
als der für die Säuerung ist. Für die zweite Beobachtung hingegen fehlt 
eine befriedigende Deutung. Schon ZEIDLER (2) hat an seinem Termo- 
bacterium aceti bemerkt, daß es in einer mit 5 Proz. Alkohol versetzten 
Würze keine Entwicklung der eingebrachten Einimpfung zeigte, wenn 

sodem Nährboden schon von Anfang an 2,2 Proz. Essigsäure zugefügt 
worden waren, daß es hingegen in einem von diesem Zusatze freien und 
sonst gleichen Nährboden die Säuerung weit über jene Grenze hinaus- 
trieb. Für die Hemmung der Entwicklung, also die Verhinderung 
der Zellvermehrung, reichen nach den übereinstimmenden Erfahrungen 
der Forscher verhältnismäßig geringe Mengen von Essigsäure aus. 
Gegenüber den durch Nurrarı (1) in Erinnerung gebrachten Ergebnissen 
der Versuche Assorr's (1) über die Giftiekeit verschiedener Pflanzen- 
säuren für Bakterien hat Sroxvıs (1) nicht bloß die geprüften patho- 
genen Arten (BDact. typhi, B. paratyphi B, Vibrio cholerae) und ‚bact. 
aocoli und Dac. prodigiosus, sondern auch ein aus Bier abgeschiedenes 
Essigsäure-Bakterium als gegen Essigsäure sehr empfindlich erkannt; 
das letztere wuchs kaum mehr auf einem mit 2 Proz. Säure versetzten 
Bier-Agar. Umfassender waren HeExnEperd’s (7) Versuche an einer An- 
zahl von Arten, von denen einige sehr kräftige Säurebildner sind. In 

s Bier als Nährboden trat bei einem anfänglichen Zusatze von 1,5 Proz. 
Essigsäure noch Entwicklung der Aussaat und bei einem solchen von 
2 Proz. keine mehr ein bei Bact. oxydans, B. industrium, BD. acetosum, 
b. aceti und Termobacterium aceti. Bei 2 Proz. Zusatz trat noch Ent- 
wicklung ein bei BDact. Pasteurianum, B. Kützingianum und B. ascendens, 

so welch letztere Art bis 9 Proz. Säure zu bilden vermag. Bei 3 Proz. 
Zusatz kam noch BDact. acetigenum auf. Von Prrouv's (1) Essigsäure- 
Bakterien entwickelten sich in einem zuvor mit Essigsäure versetzten 
und sterilisierten Weine die Einimpfungen von einigen Arten nicht 


9 


mehr bei einem Säurezusatz von 2,6 Proz., von anderen noch bei einem 
solchen von 5 Proz., von keiner aber bei einem solchen von 9,5 Prozent. 
Hoyer (1) gibt für sein Bact. rancens den Grenzwert (für entgeistetes 
Bier als Nährboden) zu 3,36 Proz. an; schon 3,6 Proz. lassen keine 
Vermehrung der Aussaat mehr zu. Diesem Forscher zufolge hat die 5 
Essigsäure ebensowenig wie der Alkohol in irgendeiner Gabe einen 
förderlichen Einfluß auf die Zellvermehrung. In betreff der Abtötung 
der Zellen hat er den Einfluß der Beschaffenheit des Nährbodens an 
derselben Art festgestellt: in entgeistetem Biere töteten 7,9 Proz. Säure 
binnen einem Tage, in Leitungswasser reichten dazu schon 1,2 Proz. ıo 
aus. Die Anpassungsfähigkeit (s. Bd. I, S. 490), also die Angewöhnung 
an größere Gaben, ist aber auch den Essigsäure-Bakterien eigen. HENxNE- 
BERG (13) hat sie am Bact. zylinoides, PEROLD an seinen Arten eingehen- 
der geprüft. Sie kommt insbesondere bei den Schnellessig-Bakterien 
(s. S. 610) in Betracht, deren kräftigste zufolge O. STEINMETZ (1) ab-ı 
sterben, wenn der Säuregehalt im Bildner 14 Proz. übersteigt. In ihren 
Befunden betreffend den Einfluß der Essigsäure auf die Geschwindigkeit 
der Säuerung weichen die Forscher (Hoyer, PEroLD) voneinander ab; 
die Frage bedarf also erneuter Prüfung. Ueber die Angreifbarkeit der 
Essigsäure durch deren Erzeuger und ihre Eignung als Kohlenstoff- » 
quelle für diese letzteren sind Angaben schon auf S. 561 u. 570 gemacht 
worden. Mit (allerdings geringen Mengen von) Essigsäure haben die 
Essigsäure-Bakterien es bei der Säuerung von Wein, Bier und Obstwein 
immer schon zu Beginn zu tun; denn alle diese Flüssigkeiten enthalten 
sie, wie R. Reısc# (1) neuerdings gezeigt hat, als regelmäßiges Neben- 3 
produkt (s. Bd. IV, S. 385) der Alkoholgärung. Der schädliche Einfluß 
der Acetate ist durch Hoyer (1) unter Verwendung von entgeistetem 
Biere als Nährboden und einer Züchtungstemperatur von 30°C an dem 
Bact. rancens geprüft worden. Dessen Aussaat entwickelte sich noch 
bei Anwesenheit von 6,86 Proz. Kaliumacetat und nicht mehr beiso 
7,35 Prozent. Für Natriumacetat befand er 9,5 bezw. 10,2 Proz., für 
Jaleiumacetat 7,04 bezw. 7,92 Proz. und für Baryumacetat 1,37 bezw. 
2.05 Proz. von den kristallisierten Salzen als Grenze. 

Die Propionsäure wird im freien Zustande nach den überein- 
stimmenden Befunden mehrerer Forscher durch die Essigsäure-Bakterien ss 
zwar nicht angegriffen, jedoch in beträchtlicher Gabe noch ertragen. 
In Zeivver’s (2) Versuchen wurde die Aussaat von Termobacterium aceti 
sowohl in Bier als auch in Hefenwasser durch 0,7 Proz. dieser Säure 
nicht an der Vermehrung gehindert. Als empfindlicher erwiesen sich 
zufolge SEIFERT (1) das Bact. Pasteurianum und das BD. Kützingianum, 
deren Einimpfungen in Hefenwasser mit 0,47 Proz. und in ungehopfter 
Würze mit 0,63 Proz. Säurezusatz sich binnen 10 Wochen nicht ent- 
wickelten. Hoyer (1) befand für sein Baet. rancens als höchste erträg- 
liche Gabe 0,37 Proz. für die Zellvermehrung in entgeistetem Biere bei 
30° C. Das Oaleiumpropionat soll diesem Forscher zufolge wohl durch 
dessen Baect. aceti, jedoch nicht auch durch dessen B. pasteurianum oder 
B. rancens zum Karbonat oxydiert werden. 

Die Buttersäure, und zwar die normale, ließ in der Gabe von 
0,9 Proz. in Zeivver's (2) Versuchen die Entwicklung des Termobacterium 
aceti in Bier oder Hefenwasser nicht mehr zu. In denen Serrrrr's (1): 
genügte schon ein Zusatz von 0,44 Proz, um in dem letztgenannten 
Nährboden das Aufkommen von Baet. Pasteurianum und B. Kützingianum 
durch mindestens 10 Wochen zu verhindern; in zleich stark gesäuerter 


) 


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5 


Fi 
e. 


— 598 — 


Würze trat jedoch eine ganz schwache Entwicklung ein. In HExxe- 
BERG'S (6) Reinigungs-Versuchen genügte ein durch 34 Minuten währendes 
Waschen mit 1,5-proz. Buttersäure-Lösung, um die in einer Preßhefe 
vorhandenen Essigsäure-Bakterien abzutöten. Nach Horver (1) soll eine 
s(nicht angegebene) geringe Menge dieser Säure die Zellvermehrung des 
Bact. rancens nicht beeinträchtigen. 

Mit der Milchsäure, und zwar der Gärungs-Milchsäure («- Oxy- 
Propionsäure), treffen die Essigsäure-Bakterien oft, zusammen; denn sie 
ist ja ein normaler Bestandteil des Bieres und Weines. In dem letzteren 

ıo entsteht sie während des Lagerns beim normalen Säureabbau (s. S. 474) 
durch den Mierococceus malolacticus, der übrigens, nebenbei bemerkt, zu- 
folge SEIFERT (7) in alkoholhaltigen Nährlösungen auch eine schwache 
Essigsäure- -Gärung zu erregen vermag. Daß Essigsäure-Bakterien die 
Milchsäure in ziemlich weitgehendem Maße zu verarbeiten vermögen, 

15jst durch SEIFERT (6), Hoyer (1) und andere Forscher beobachtet worden. 
Dementsprechend vertragen sie auch beträchtliche Gaben. So entwickelt 
sich zufolge Hoyer das Bact. rancens in entgeistetem Biere bei 30° © 
noch bei Anwesenheit von 1,12 Proz., jedoch nicht mehr bei 1,21 Proz. 
Milchsäure-Gehalt. Eingehende Feststellungen hat HENvEBERG (7) unter- 

»nommen. Danach trat Entwicklung der Aussaat in Bier noch ein: mit 
einem Säurezusatz von 0,5 Proz. bei Bact. Kützingianum und B. Pasteuri- 
anım, von 0,7 Proz. bei B. aceti, B. acetigenum und Termobacterium aceti, 
von 1,0 Proz. bei D. acetosum, B. zylinum und B. oxydans, von 1,2 Proz. 
bei B. industrium, welches jedoch, ebenso wie alle anderen, bei 2 Proz. 

ssnicht mehr aufkam. Preßhefe konnte HExNEBERG (6) durch halbstündiges 
Waschen mit 2-proz. Milchsäure-Lösung von den anhaftenden Essig- 
säure- Bakterien befreien. Von dem Calciumlactat vertragen sie 
sehr viel; das B. rancens entwickelte sich zufolge Hoyer (1) ) in ent- 
geistetem. Biere bei 30° C noch gut bei einem Zusatz von 15,4 Proz. 
so des kristallisierten Salzes, Ca(C,H,0,), 45 aq. Von praktischer Be- 
deutsamkeit ist auch das noch nicht geprüfte Verhalten einiger aroma- 
tischer Abkömmlinge der Milchsäure gegenüber den Essigsäure-Bakterien. 
F. Enkvicn und Jacogsen (1) haben dargetan, daß die «-Aminosäuren 
(s. S. 577) durch Oidium lactis fast quantitativ in die zugehörigen 

3 @-Öxysäuren umgewandelt werden, so daß aus dem Phenyl-Alanin die 
Phenyl-Milchsäure, aus dem auch während der Käsereifung (8. 
Ba. II, S. 188) entstehenden Tyrosin die p-Oxyphenyl-Milehsäure 
und aus dem Tryptophan die Indol-Milchsäure hervorgeht, dab 
hingegen durch Monilia candida aus dem Tyrosin sowohl jene Oxysäure 

„als auch Tyrosol (s. S. 578) entsteht. 

Die Oxalsäure verdient aus dem doppelten Grunde eine genauere 
Prüfung auf ihre Giftigkeit, weil sie möglicherweise ein Zwischen- 
produkt der Ueberoxydation (s. S. 571) ist und aus mancherlei Zucker- 
arten (s. S. 588) durch Essigsäure - Bakterien gebildet werden kann. 

s Hoyer (1) gibt an, daß sein Bact. rancens in einem mit 0,395 Proz. von 
dieser Säure beschickten entgeisteten Biere bei 30° C keine Entwick- 
lung der Aussaat zeigte. In Hexnegere’s (6) Reinigungsversuchen 
w urde durch ein auf 58 Minuten ausgedehntes Waschen mit 0,21-proz. 
Oxalsäure-Lösung die Preßhefe von den "anhaftenden Essigsäure- Bakterien 

sobefreit. Das Natriumoxalat (C,O,Na,) scheint in "größerer Menge 
vertragen zu werden; in Hoyver’s Versuchen an obgenannter Art ließ 
ein Zusatz von 2,01 Proz. noch Entwicklung der Aussaat zu, ein solcher 
von 2,68 Proz. jedoch nicht mehr. 


‘ 


= 59 — 


Die Malonsäure wurde zuerst durch Hoyer (1) geprüft; in der 
Menge von 0,52 Proz. zu entgeistetem Biere hinzugefügt, ließ sie keine 
Entwicklung der Aussaat von Bact. rancens bei 30° C zu. Und auch 
SEIFERT (6) beobachtete deren Giftigkeit für zwei aus Weintrub und 
Weinessig abgeschiedene Arten. 

Mit der Bernsteinsäure, als einem normalen Nebenprodukte der 
technischen Alkoholgärung, treffen die Essigsäure-Bakterien in Wein 
und Bier zusammen. Sie vermögen sie abzubauen (s. S. 614) und ver- 
tragen dementsprechend auch größere Mengen. Die Verschiedenheit 
der Empfindlichkeit der einzelnen Arten ist durch HExsEBerG (17) ge-10 
prüft worden. Bei Verwendung von Hefenwasser als Nährboden trat 
Entwicklung der Aussaat noch ein: von Bact. acetigenum bei 0,5 Proz. 
Säurezusatz, von 5. aceti H. bei 0,6 Proz., von B. acetosum und B. zyli- 
num, jedoch nicht mehr von B. industrium, bei 1,2 Prozent. Ein Zusatz 
von 0,3 Proz. zu Bier verhinderte das Aufkommen des BD. oxydans. Das ı; 
Kaliumsuceinat (C,H,0,K, +2aq) ließ zufolge Hoyer (1) die Ver- 
mehrung der Aussaat in entgeistetem Biere noch zu, wenn höchstens 
17,7 Proz. zugesetzt, und verhinderte sie, wenn mindestens 18,66 Proz. 
gegeben worden waren. 

Mit der Aepfelsäure haben die Essigsäure-Bakterien sich insbesondere » 
im Obstwein, also bei der Bereitung des Cider-Essigs, abzufinden, treffen 
auf sie aber auch im Traubenwein und’im Vogelbeersaft, welch letzterer 
(s. S. 582) zufolge BERTRAnD (15) im Oktober meist 4,0—4,5 Proz. und 
im November noch mindestens 1,6 Proz. an dieser Säure enthält. Des 
letztgenannten Forschers Sorbose-Bakterium vertrug von ihr 0,5 Proz. 
noch ganz gut. In HexneEgerg’s (7) vergleichenden Untersuchungen in 
Hefenwasser zeigten bei 0,4 Proz. Säure-Zusatz keine Entwicklung der 
Aussaat das Bact. oxydans und das B. industrium, bei 0,6 Proz. Zusatz 
noch eine geringe Entwicklung das B. Fasteurianum und eine gute 
das B. acetigenum, bei 1 Proz. Zusatz noch eine geringe das D. acetosum. z0 

Das Verhalten zur Weinsäure, und zwar zur Rechts-Weinsäure, ist 
durch HExnEBEre (7) unter Verwendung von Bier als Nährlösung ge- 
prüft worden. Bei einem Zusatze von einem Proz. von jener Säure ent- 
wickelte sich noch die Aussaat von Bact. oxydans und B. industrium, 
hingegen nicht mehr die von B. zylinum, bei einem solchen von 0,5 Proz. 3 
noch die von B. acetosum, bei einem Zusatze von 0,2 Proz. noch die von 
B. acetigenum und nicht mehr die von B. ascendens. Anders wurde, 
jedoch unter Verwendung von Hefenwasser als Nährboden, die Empfind- 
lichkeit gegen Traubensäure, also geren die racemische Form, be- 
funden. Ein Zusatz von ein Proz. ließ die Aussaat von Baet. industrium w 
nicht mehr aufkommen, bei einem solchen von 0,5 Proz. entwickelte sich 
noch die von D. acetosum und B. zylinum, jedoch nieht mehr die von 
B. Kützingianum, bei einem solchen von 0.36 Proz. trat Vermehrung 
noch bei B. aceti, B. acetigenum und B. oxydans, jedoch nicht auch bei 
B. Pasteurianum ein. Bei seinen Reinigungs-Versuchen an Preßhefe 
mittelst Weinsäure (vergl. Bd. IV, S. 137) hat Hunnesers (6) die Ab- 
tötung der anhaftenden Essigsäure-Bakterien durch Waschen mit einer 
2,5-proz. Weinsäure-Lösung während 42 Minuten erzielt. Das Seignette- 
salz ist durch Hoyer (1) am Bact. rancens geprüft worden; bei Ver- 
wendung von entgeistetem Biere als Nährboden trat bei 30° 0 die Ent- » 
wicklung der Aussaat noch ein, wenn höchstens 25,4 Proz, und blieb 
aus, wenn mindestens 26,8 Proz, dieses Salzes (in Kristallisiertem Zu- 
stande) ) zugefügt worden waren. 


or 


— 60 — 


Die Citronensäure erwies sich in HENNEBERG'S (6) Versuchen als 
wenig schädlich; denn es bedurfte des auf eine halbe Stunde aus- 
sedehnten Waschens mit einer 2,5-proz. Lösung dieser Säure, um die 
in der Preßhefe vorhandenen Essigsäure-Bakterien abzutöten. 

5 An der @luconsäure hatte schon Bovrroux (1) die entwicklungs- 
hemmende Eigenschaft bemerkt und derentwegen den Zusatz von Kreide 
zur Nährlösung empfohlen, um hierdurch eine Erhöhung der Ausbeute 
an diesem Oxydationsprodukte der Glucose (s. S. 585) zu erzielen. 
A. J. Brown (1) bestimmte an seinem Dact. aceti dann die Grenze, ober- 

ıhalb welcher die Säuerung in einer ohne jenen abstumpfenden Zusatz 
gebotenen Nährlösung merklich nachläßt, zu 0,4 Proz. Säure, als Essig- 
säure berechnet. Empfindlicher ist Zermobacterium aceti, das zufolge 
ZEIDLER (2) schon bei einer Säurigkeit von 0,3 Proz. sowohl die Eigen- 
bewegung als auch seine Einwirkung auf die genannte Hexose einstellt. 

ıs In Srrrertr’s (1) Versuchen mit Dact. Pastewrianum und B. Kützingianum 
wurden noch niedrigere Werte für jene Grenze gefunden, nämlich 
0,12 Proz. bezw. 0,29 Proz., als Essigsäure berechnet. Zu weit höheren 
Werten, und zwar nicht bloß an den letztgenannten drei Arten, ist hin- 
gegen HENNEBERG (7) bei seinen schon auf S. 586 besprochenen Ver- 

»suchen betreffend die erzielbare Ausbeute an Gluconsäure gelangt. 
Ebenda ist auch eine Bemerkung über die Aufzehrung dieser Säure 
durch die Essigsäure-Bakterien untergebracht. Eine eingehendere Prüfung 
der ganzen Frage ist erwünscht. 

Der Einfluß der Salieylsäure auf die Essigsäure-Bakterien würde 

schon darum ein genaueres Studium verdienen, weil dieses vielleicht 
einen Beitrag zur Aufklärung der jedem Praktiker bekannten Tatsache 
erbringen könnte, daß manche Weine so schwer auf Essig zu verarbeiten 
sind. Die Forschungen des letzten Jahrzehntes haben das regelmäßige 
Vorkommen von Salicylsäure in süßen Früchten und auch im Trauben- 

30 weine und Obstweine endgültig erwiesen. Darüber sind schon auf S. 659 
des Ersten Bandes eingehende Angaben gemacht worden; der dort an- 
geführten Literatur sei hier noch der Hinweis auf die Bemerkungen bei 
P. Süss (1) und auf die durch ForMmENTI und Scırıorrı (1) vorgenom- 
menen Untersuchungen an italienischen Tomaten angefügt. Tr. BoKoRrNY (1) 

3 zufolge soll durch einen Zusatz von 0,5 Proz. benzoesauren Natrons 
oder von 0,1 Proz. Para- oder Ortho-Kresol die Entwicklung der Essig- 
säure-Bakterien verhindert werden können. Ein anderer Abkömmling 
der Benzoesäure, nämlich das Saecharin, ist durch MACHELEIDT (1) 
geprüft worden; in gehopfter Würze wuchsen Dact. oxydans und B. ascen- 

so dens ebenso wie die zum Vergleiche herangezogenen Hefen und Mycodermen 
noch gut, wenn ihr 0,5 Proz. von dem Sübstoffe zugefügt worden waren, 
und nicht mehr bei Anwesenheit eines doppelt so groben Zusatzes. 

Das Benzylsenföl, welches (s. Bd. I, S. 654 u. 663) durch Myrosin- 
Wirkung aus dem in der Kapuzinerkresse enthaltenen Glycoside Gly- 

» cotropaeolin entsteht, ist zufolge BEITERINCK (5) für Essigsäure-Bakterien 
weniger schädlich als für Mycoderma, deren Wachstum schon durch 
die Menge von einem Milligramm jenes Senföles in 100 cem Nährlösung 
vollständig verhindert wird. Man kann sich also dieses Mittels in jenen 
Fällen bedienen, in denen aus einer Probe von Bier, Wein und dgl. m. 

sodie Essigsäure-Bakterien auf dem Wege der Anreicherung (s. S. 602) 
abgeschieden und also vor Ueberwucherung durch die gleichfalls an- 
wesenden Zellen von Mycoderma bewahrt werden sollen. Die Schädlich- 
keit des Senfsamens, also des aus ihm entwickelten Senföles, hatte 


— 601 — 


schon J. ©. LeucHs (3) im Verlaufe seiner heute fast ganz vergessenen 
Versuche über den Einfluß verschiedener Substanzen auf die Essigsäure- 
Gärung bemerkt. 

Das Phloxin verdient aus dem Grunde hier Erwähnung, weil es 
zufolge Hoyer (1) in die Essigsäure-Bakterien eindringt und sie also 
färbt, ohne sie zu töten, wenn man davon nicht mehr als 0,01 Proz. in 
die Zuchtflüssigkeit gebracht hat; die zehnfache Menge übt bereits eine 
Hemmung auf das Wachstum aus. Gegen einen anderen roten und ver- 
wandten Farbstoff, nämlich das Eosin, erwiesen sie sich als weit 
empfindlicher. DasHämatoxylin, das indigosulfosaure Natron» 
und das Methylenblau wurden hingegen als weniger schädlich be- 
funden. Die letztgenannten zwei Farbstoffe werden, ebenso wie das 
Lackmus, bei Luftabschluß entfärbt, d. h. reduziert; es vermögen dem- 
nach die Essigsäure-Bakterien den ihnen nötigen Sauerstoff nicht bloß 
im freien Zustande heranzuziehen, sondern auch aus lockerer Bindung ı5 
herauszulösen. Das Mikrosol (s. S. 183) tötete zufolge Lixpxer und 
SCHELLHORN (1) in 2-proz. Auflösung Essigsäure-Bakterien (Bact. zythi) 
bei einstündiger Einwirkung ab. 


[>11 


$ 133. Der Reinzucht-Betrieb im Orleaus-Verfahren. 


Das Wesen des Orl&ans-Verfahrens im weiteren Sinne des Wortes» 
ist schon auf S.540 dahin gekennzeichnet worden, daß eine an organischen 
Nährstoffen verhältnismäßig reiche alkoholhaltige Flüssigkeit eine Be- 
siedlung mit solchen Essigsäure-Bakterien erfährt, welche auf der Ober- 
fläche zu einer Hautdecke sich vermehren, so dab die Säuerung nur hier, 
also in der obersten Schichte der Flüssigkeit, sich abspielt und dzese 3 
letztere während ihrer Umwandlung in Essig sorgfältig vor Erschütte- 
rung oder Bewegung bewahrt werden muß, damit nicht die wirkende 
Hautdecke zerrissen werde, zum Teil untersinke und dadurch dem Luft- 
Sauerstoff entzogen werde. Die Ortsbezeichnung trägt dieses Verfahren 
mit Recht; denn gerade in der Gegend von Orleans ist es zu einem 30 
wirklichen Verfahren geworden und hat ein Erzeugnis hervorgebracht, 
das einen großen Ruf erlangte. Die Essiefabrikanten daselbst waren, 
wie der Chemiker FONTENELLE (1) bemerkt, dadurch im Vorteil, daß sie, 
ungleich ihren Berufsgenossen in Paris und anderwärts, sich als erste 
von dem Wahne befreiten, daß der Wein verdorben sein müsse, wenns 
er guten Essig liefern solle. Während es hier der Wein war, den man 
säuern ließ, waren es anderwärts, in Gegenden ohne Weinbau, andere 
Flüssigkeiten, entweder Obstwein, welcher so den Cideressig lieferte, 
oder Bier, das aus irgendeinem Grunde unverkäuflich war und also dann 
als Bieressig verwertet wurde, oder aber geradezu für die Zwecke 4 
der Essigbereitung hergestellte Maischen aus Malz, aus denen dann 
Malzessig gewonnen wurde und wodurch auch die Bezeichnungen 
Essigsiederei oder Essigbrauerei ihre Erklärung finden. 

Ueber das in Orl&ans geübte Verfahren hat der Apotheker Prozer 
daselbst die ersten wissenschaftlichen Beobachtungen angestellt und 
Mitteilungen gemacht. Auf ihn berief sich dann Parmentier (1), Und 
auf diesen letzteren beziehen sich immer wieder alle folgenden Schritt- 
steller, von Cmarrtan (1) angefangen und Pasreur nicht ausgeschlossen. 
Danach verwendet man daselbst liegende Fässer von ca. 660 Litern 
Fassungsraum. Der Boden eines jeden Fasses weist eine größere ver- so 


) 


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schließbare Oeffnung für das Füllen und Entleeren und daneben noch 
ein kleines Zugloch auf, durch welches die Luft eintritt. Falls die 
Fässer neu sind, werden sie zuvor mit Essig getränkt und ausgelaugt. 
Man beschickt sie zunächst mit ungefähr 150 Liter Essig und fügt 

5hierauf in Zwischenzeiten von je acht Tagen jeweils ca. 15 Liter klaren 
Wein so lange hinzu, bis das Faß zu vier Fünftel befüllt und sein Inhalt 
auch schon in Essig umgewandelt ist. Man zieht diesen dann zur 
Hälfte ab und macht das Faß hierauf abermals durch allmähliche Gaben 
von Wein ein zweitesmal fast voll. Dies wiederholt sich so oft, bis 

ıoschließlich (nach 6—8 Jahren) soviel Weinstein, Hefe und Essigmutter 
sich ausgeschieden haben, dab das Faß zwecks Reinigung entleert werden 
muß. Eine im wesentlichen gleiche und bloß in den Einzelheiten 
(Größe der Fässer u. a. m.) abweichende Beschreibung hat PasreEur (5) 
gegeben. 

15 Das Verfahren beginnt also nicht, wie man erwarten würde, mit 
Wein sondern mit Essig, welchem nur wenig Wein zugefügt ist. Dieser 
Umweg wird zu dem Zwecke eingeschlagen, um das Aufkommen der im 
Wein wohl niemals fehlenden Mycodermen zu verhüten, welche, bei ihrer 
bald einsetzenden und eifrig sich betätigenden Vermehrungskraft, die 

2» Oberfläche des Weines sehr rasch mit ihrer (allen zutretenden Sauer- 
stoff an sich reißenden) Decke überwuchern und so den verhältnismäßig 
trägeren Essigsäure-Bakterien das Aufkommen unmöglich machen würden. 

‘ Das Mittel zur Verschiebung des Verhältnisses zugunsten dieser Spalt- 
pilze liegt darin, daß ihnen die Essigsäure (s. S. 596) weniger gefährlich 

3ist als jenen Sproßpilzen. Eine Vergleichung zwischen den Essig- 
säure-Bakterien und den Mycodermen in Hinsicht auf ihre 
Empfindlichkeit gegen Essigsäure ist demnach hier am Platze. 
Sie ist schon durch PAsTEUR (5) angestellt worden; er hielt ein Prozent 
an jener Säure für ausreichend, um das Aufkommen dieser Sproßpilze 

3ozu verhüten. E. Wurm (1) hat sie jedoch später bei einer Gabe von 
1,2 Proz. ausschließlich und bei einer solchen von 1,6 Proz. noch vor- 
wiegend sich entwickeln sehen und erst durch einen Zusatz von 2 Proz. 
Essigsäure vollständig unterdrücken können. Einige Angaben späterer 
Forscher findet man auf S. 311 des Vierten Bandes. Niedriger noch als 
ss der dort berichtete Befund H. van Laer’s ist derjenige Hoyer’s (1), dem- 
zufolge ein Zusatz von 1,0 Proz. Essigsäure zur Nährlösung die Ver- 
mehrung der in Rede stehenden Sproßpilze ausschließt. H. LEBERLE (1) 
hat an seinen vier Arten von Mycoderma festgestellt, daß sie in einer 
Bierwürze noch zu leben vermochten, welcher nicht mehr als ein Prozent 

4 Essigsäure zugesetzt worden war, während hingegen von Milchsäure, 
Bernsteinsäure und Weinsäure, und noch mehr von Citronensäure und 
Aepfelsäure, beträchtlich höhere Gaben (bis 15 Proz.) ertragen wurden. 
Es ist demnach ein Wein von noch so hohem Gehalte an diesen letzt- 
eenannten drei Bestandteilen ungeschützt, wenn er nicht einen Zusatz 

von Essig erhält, welcher, um sicher zu gehen, beträchtlich stark be- 
messen werden darf, weil ja, wie auf S. 597 dargelegt worden ist, die 
meisten Essigsäure-Bakterien eine weit größere Menge als ein Prozent 
ohne Schaden zu ertragen vermögen. Die Größe des zur Hintanhaltung 
der Entwicklung der Mycodermen erforderlichen Zusatzes von Essig- 

sosäure wird auch durch die Höhe der Züchtungstemperatur mit bestimmt. 
Diese berücksichtigend, hat ©. Berssrex (1) ein Verfahren ausgearbeitet, 
um auf dem Wege der Anhäufung aus einem Mycoderma und Essigsäure- 
Bakterien enthaltenden Biere diese letzteren abzuscheiden und dann der 


— 605 — 


Reinzüchtung zuzuführen, und hat für die (in Volum-Prozenten Normal- 
Essigsäure ausgedrückte) Größe des Zusatzes nachfolgende Werte er- 
mittelt: 

Temperatur A 3 30% 250720071586 
Normal-Essigsäure 0 10. 15.200297 Vel-Pro2 
Daß in dem im Bier hervorgerufenen Wettbewerbe zwischen Mycodermen 
und Essigsäure-Bakterien (Bact. Pasteurianum) die letzteren bei hoher 
Temperatur (42—21° C) und die ersteren bei niedriger Temperatur 
(unter 15° C) den Sieg davontragen, hatte schon E. Car. Hansen (1) 
im Jahre 1879 bei seinen Untersuchungen über die Flora des Bieres 
bemerkt. Ein anderes Vorbeugungsmittel gegen das Aufkommen der 
Mycodermen und störender Bakterien ist zufolge RoTHENnBAcH (26) in 
Deutschland beliebt: man versetzt den an solchen Schädlingen reichen 
Wein, bevor man ihn der Säuerung überläßt, mit Alkohol oder mit 

starkem Essig und lagert ihn eine Zeitlang ein. 


Trotz des zuvor erklärten Kunstgriffes gelingt es manchmal den 
Mycodermen dennoch, den Essigsäure-Bakterien zuvorzukommen. Und 
wenn jene Unkräuter, wie PAsTEur sie nannte, einmal sich festzusetzen 
vermocht haben, dann behaupten sie dauernd das Feld, oxydieren den 
Alkohol bis zu Kohlensäure, und der Wein ist somit verloren. Dieser 
häufigsten, jedoch nicht einzigen Zufälligkeit zu begegnen und zudem 
das Eintreten der Säuerung zu beschleunigen, die Dauer ihres Verlaufes 
abzukürzen und also die Erzeugung zu sichern und zu steigern, war 
PaAsteur (3) bemüht. Er schlug im Jahre 1862 vor, das (nun nicht mehr 
in Fässern sondern in bedeckten flachen Bottichen zu haltende) Gemisch 
von Essig und Wein künstlich mit einer Zucht von Essigsäure-Bakterien 
zu beimpfen, welche man entweder von der Hautdecke eines gut säuernden 
Bottichs mittelst eines Spatels abheben könne, um sie auf die Ober- 
fläche der zu säuernden Flüssigkeiten zu übertragen, oder aber zuvor 
auf einer künstlichen Nährlösung heranzüchten solle. Brerox-Lorıox (1) 
führten das Verfahren in ihrer Fabrik in Orleans ein und erhielten im 
Jahre 1870 dafür einen Anerkennungs-Preis von seiten der Societe 
d’Encouragement pour l’Industrie nationale in Paris. In Deutschland 
wurde das Verfahren durch Fr. J. Orro (2) und durch P. Broxxer (1) 


empfohlen, durch E. Wurm (1) in Breslau danach eine Anlage für Ge-: 


N 


winnung von Essig aus Spiritus eingerichtet, ohne daß es jedoch, wie 
E. Cur. Hansen (3) im Jahre 1893 feststellte, dauernd Erfolg geboten 
hätte oder in Anwendung geblieben wäre, weder in Breslau oder sonst 
in Deutschland noch auch in Frankreich. Die Erklärung für das ab- 
lehnende Verhalten der Praxis ist nicht vielleicht in der Scheu vor 
Neuheiten zu suchen, sondern vornehmlich in zwei Tatsachen: erstens in 
dem weniger feinen Geschmack des nach PasrEur erzeugten Weinessigs 
und zweitens in der Unsicherheit des Verfahrens, das ja noch nicht mit 
wahren Reinzuchten arbeitete. 

Als die Voraussetzungen zur Gewinnung solcher dann gegeben und 
das Bestehen verschiedenartiger Essigsäure-Bakterien außer Zweifel ge- 
stellt war, wiesen E. Ce. Hansen (3) und Larar (1) im Jahre 1893 
auf den durch Reinzucht-Betrieb voraussichtlich zu erreichenden Fort- 
schritt hin. In dieser Richtung weiterbauend, hat W. Hexnenere (3) 


dann vom Jahre 1905 an begonnen, Reinzuchten an Weinessiefabriken : 
[e} e 


zu liefern, und zwar in Gestalt von Ueberimpfungen auf Nährgelatine 
oder Agar. Von diesen werden entsprechend einer durch Rornennach (17) 


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.. 


[9 


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) 


30 


— 604 — 


gerebenen Anleitung nach und nach weitere Ueberimpfungen auf Wein 
hergestellt, um die Angewöhnung an den im großen zu säuernden Wein 
zu bewirken. Diese Angewöhnung ist auch in jenen Fällen vorzu- 
nehmen, in denen eine neue Weinsorte in die Fabrik eingeführt worden- 
sist; denn auch in dieser Hinsicht ruft jeder schroffe Wechsel, wie 
RoTHENBACH (16) gezeigt hat, Störung hervor. Im Jahre 1910 hat 
W. HEnNnEBERG (15) für die Bereitung des Weinessigs dann das Baet. 
orleanense und das Bact. zylinoides und für diejenige des Bieressigs das 
Bact. rancens und das Bact. acetosum als besonders geeignet bezeichnet 
und Vorschriften für die Anwendung dieser Arten gegeben. Wenig 
tauglich ist, wie W. HENNEBERG (14) festgestellt hat, das sehr leicht 
sich von selbst einstellende und von PASTEUR (4) für eine krankhafte 
Entwicklungsstufe der gutartigen Essigsäure-Bakterien gehaltene Dact. 
zylinum, weil dessen zu üppige Wucherung infolge ihres großen (manch- 
ısmal durch einen Mann allein kaum zu hebenden) Gewichtes leicht als 
Ganzes untersinkt und infolgedessen die Säuerung zum Stillstehen kommt. 
Zudem läßt diese Bakterienart auch in ihrer Leistung manches zu 
wünschen übrig; denn sie säuert langsam, verzehrt viel Alkohol und ver- 
ursacht schlechten Geruch. Arten, deren Hautbildung ohne jeglichen 

»festen Zusammenhang ist, und die also die Flüssigkeit leicht trüb 
machen, wie Bact. ascendens und Bact. vini acetati, sind hier ganz un- 
brauchbar. Arten mit geringer Säuerungskraft, wie BDact. acetigenum 

- und die meisten Bieressig-Bakterien, sind in der Weinessig-Fabrikation 
zu meiden. Man vergleiche dazu auch W. HorrMmann (1). 

25 DecHherr (1) hat im Jahre 1906 ein Patent auf eine neue Art der 
Verbindung der in gleicher Höhe aufgestellten Bottiche genommen, bei 
welcher die Flüssigkeit unterhalb der Hautdecke des einen Bottiches 
durch Heber abgezogen und nach der Tiefe der Flüssigkeit des nächsten 
Bottiches hinübergeführt wird. H. Frisss (2), dem wir bereits die Ein- 

soführung des bei Hassack (1) beschriebenen Glasdreharmes als Verteilers 
für Weinessig-Fabriken nach dem deutschen Verfahren verdanken, hat 
ein Mittelding zwischen diesem Verfahren und dem in Orleans geübten 
durch eine im Jahre 1906 ihm patentierte Arbeitsweise geschaffen, durch 
welche in verschlossenen Schiffen mittelst ruhender Decken von Rein- 

»zucht-Bakterien aus steriler Maische diese letztere durch einmaligen 
Durchgang zu fertigem Essig wird. Man vergleiche auch Wırke's (1) 
3jemerkungen. Ueber die nach dem Orl&ans-Verfahren geübte Bereitung 
von Essig aus vollkommen vergorenen Malz- und Getreide-Maischen 
(Malzwein) gibt W. Horrmann (3) einige Winke. 

a0 Durch das Pasteurisieren des zu säuernden Weines wird man dem 
Reinzucht-Verfahren erst die zuverlässige Unterlage schaffen; denn man 
beseitigt dadurch alle im Weine vorhandenen Mitbewerber, darunter 
auch solche aus der Schar der (in diesem Falle als „wilde“ zu bezeich- 
nenden) Essigsäure-Bakterien selbst, welche, wenn sie irgend zur Mit- 

«arbeit gelangen, den Geschmack des werdenden Essigs beeinträchtigen 
können. Dazu dienliche Vorrichtungen hat schon Pasteur (5) beschrieben. 
R. HeiınzeLmann (1 u. 2) hat zweimal eine (durch 160 Abbildungen 
unterstützte und bis zum Jahre 1906 reichende) Darstellung der Erfin- 
dungen auf dem Gebiete des Pasteurisierens des Bieres (s. S. 196) ge- 

soliefert, auf welche hier empfehlend hingewiesen sei; denn es läßt sich 
aus ihr, obzwar sie fast nur dieses Getränk betrifft, doch auch manches 
für das Pasteurisieren des Weines und die Haltbarmachung des 
Essigs lernen, die wir nun betrachten. Dieser letztere ist durch seinen 


— 605 — 


Säuregehalt wohl gegen viele Zersetzungserreger gefeit, jedoch manchen 
säureliebenden noch immer zugänglich und erfährt durch diese nach und 
nach eine Einbuße an Säure, zudem auch Trübung und Verschlechterung 
des Geschmacks. In bösen Fällen geht das sogen. Schwachwerden bis 
zum völligen Verschwinden der Säure, worauf der Essig dann einer Art 
fauligen Zersetzung anheimfällt. Dagegen gibt es nur ein Vorbeugungs- 
mittel, und das ist eben das als Pasteurisieren bezeichnete Verfahren, 
das ja in Europa (s. Bd. I, S. 548), allerdings noch nicht unter diesem 
viel später gegebenen Namen, zu allererst gerade am Essig erprobt und 
angewendet worden ist, und zwar schon durch ScHEELE (1) im Jahre 
1782. Eine durch W. HEnnEBEre (11) angestellte Untersuchung hat, in 
Uebereinstimmung mit vorgängigen Versuchen SEIFERT's (3), ergeben, 
daß ein Erwärmen des Essigs durch wenige Minuten bei einer Tem- 
peratur von 48—50° C ausreicht, um ihn dauernd haltbar zu machen, 
sofern er weiterhin in dicht verschlossenen Gefäßen aufbewahrt wird. ı5 
Angaben über Pasteurisier-Apparate für Essig findet man auch bei 
RoTHENBACH (6) und Hassack (1). 

Die Lebensdauer der Reinzuchten, welche für ein bakteriologisches 
Laboratorium insbesondere dann wichtig ist, wenn dieses in bestimmten 
Zeitabschnitten wiederholt an eine Fabrik solche zu liefern hat, soll in 2o 
betreff der Essigsäure-Bakterien hier besprochen werden. Eingehendere 
Untersuchungen über diese Frage hat Hansen (3 u. 4) angestellt. Er 
hat als längste Lebensdauer auf Lagerbier bei Zimmertemperatur für 
sein Dact. aceti mehr als 9 Jahre, für B. Pasteurianum mehr als 10 Jahre, 
für DB. Kützingianum mehr als 7 Jahre und für Termobacterium aceti mehr 3 
als 3'/, Jahre festgestellt. In manchen Fällen waren jedoch Zuchten 
der zweitgenannten Art schon nach 1—2 Jahren und der dritten nach 
5 Jahren nicht mehr entwicklungsfähig. ZemrLer (2) hatte Zuchten 
seines Termobacterium aceti in Bier oder Würze bei Zimmertemperatur 
nach 5 Monaten noch entwicklungsfähig, nach 6 Monaten jedoch abge- 30 
storben befunden. Bei Aufbewahrung der Zellen in Wasser oder in 
10-proz. Saccharoselösung erwies sich in Hassen’s Versuchen die Lebens- 
dauer als weit kürzer, nämlich 9—24 Monate. An kleinen Stücken von 
Platindraht behutsam angetrocknet, bewahrten die Zellen der erstge- 
nannten drei Arten durch ungefähr 5 Monate ihre Entwicklungsfähig- s 
keit. Letzteres Verhalten ist wertvoll für die Beurteilung des Aus- 
dauerns im Staube der Luft und für die Zwecke der Versendung einer 
Probe auf weite Strecken hin. 

Von den Vorteilen des Reinzucht-Verfahrens ist einer unter allen 
Umständen gewiß, das ist die Fernhaltung der Anguwillula aceti, also desı 
sogen. Essigälchens, das ungefähr 1,0—1,5 mm lang ist. Die Be- 
schreibung dieses Fadenwurmes fällt nicht in den Aufgabenbereich dieses 
Buches; W. Henneprere (8) hat unter Anführung der vorgängigen Lite- 
ratur und auf Grund eigener Untersuchungen und solcher RoTHENBACH's 
eine eingehende Darstellung der Entwicklungsgeschichte und der Lebens- 
bedingungen dieses Schädlings gegeben, welche auch in die Bücher von 
Roruensach (25) und von Hennerere (17) übergegangen ist. Im Essige- 
bottich nähren sich die Würmchen von den Bakterien der säuernden 
Hautdecke und sammeln sich, weil luftbedürftig, hauptsächlich oberhalb 
dieser ringsum als ein dicker Belag an der Bottichwand an, finden sich s 
aber auch darunter in der obersten Schichte der Flüssigkeit. Das letztere 
wird das Gewöhnliche in einem Bottich sein, welcher erst zu säuern be- 
ginnt, «dessen Hautdecke also erst in Bildung begriffen ist, woran sie 


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— 606 — 


aber durch die schlängelnde Bewegung der nach Luft ringenden Würm- 
chen unaufhörlich gestört wird. PastEeur hat diesen Kampf sehr an- 
schaulich geschildert, und der Wunsch nach Ausschaltung dieses un- 
appetitlichen Störenfriedes war ihm auch der erste Anlaß zur Ausarbei- 
stung seines neuen Verfahrens gewesen. Die Abtötung der Essigälchen 
in einem mit ihnen behafteten Essig ist durch Pasteurisieren leicht zu 
erreichen; denn zufolge HENNEBERG (11) genügt dazu ein durch zwei 
Minuten währendes Erhitzen des Essigs bei 46° ©. Bei Mangel eines 
Pasteurisier-Apparates kann das Absterben auch durch Zusatz von Koch- 
ıo salz erzielt werden; nach WÜSTENFELD, Rossmann und FoOEHR (1) tritt es 
durch 1—2 Proz. Salz binnen einer Woche ein. Ueber die hygienische und 
diätetische Seite des Vorkommens dieser Würmer im Speiseessig vergleiche 
man auch G. Lispxer (1). Weil diese Tiere auf organische Nahrung 
angewiesen sind, werden sie in dem an solcher reicheren Weinessig 
leichter als im Schnellessig sich vermehren, der zudem meist stärker 
sauer ist. Sie sterben zufolge R. Lüpers (1) bald ab, wenn sie in ver- 
dünnte Essigessenz gebracht worden sind. Nicht bloß gegen Essigsäure 
sondern auch gegen andere Gifte erwiesen sie sich als ziemlich wider- 
standskräftig. Dazu vergleiche man außer den auf S. 611 zu findenden 

2» Bemerkungen auch die Angaben bei HENNEBERG (8), bei P. Lispxer und 
SCHELLHORN (1) betreffend das Mikrosol und die bei G. WESENBERG (1), 
welch letzterer gelegentlich seiner im übrigen an Pilzen der Gärungs- 
‚ technik vorgenommenen vergleichenden Untersuchungen (s. Bd. I, S. 543) 
über die Tauglichkeit der unter den Namen Afral, Antiformin, Mycelieid, 
Antigermin und Mikrosol in den Handel gebrachten Gifte auch das Essig- 

älchen auf seine Empfindlichkeit gegen die zwei letztgenannten geprüft hat. 

Zufolge R. SADEBECK (1) werden diese Schmarotzer zuweilen von einem Para- 
siten aus der Gruppe der Pythiaceen (s. Bd. I, S. 205), dem Pythium 

Angwillulae aceti, befallen und getötet. 

30 Das Vorkommen von Amöben in den Betrieben für Essigerzeugung 
ist erst noch einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Deren Eigen- 
schaft als Hefenfresser hatte schon M. Rezss (1) in seinen Zuchten be- 
merkt. Inungenügend behüteten Sporenkulturen (s.S. 168) hat P.Linpxer (1) 
sie oft auftreten sehen, dessen Beobachtungen dann durch W. HExNE- 

5BERG (16) bestätigt und durch die Beschreibung einer neuen Art ergänzt 
wurden. Eine andere Art fand noch später T. Unrzaszcz (1) auf gären- 
dem Most von moniliafaulen Birnen. Verschieden von diesen, auch durch 
ihre Abneigung gegen Bierhefe, ist die durch BEwerısck (2) von faulen 
und in Rohgärung geratenen Weintrauben abgeschiedene Amöben-Art, 

‚deren Reinzüchtung gelang, sofern als Nahrung entweder die zugespitzte 
Hefe oder Essigsäure-Bakterien geboten wurden, welch letztere hin- 
gegen der durch UHrzaszcz beschriebenen Art nur sehr wenig genehm 
gewesen waren. 


25 


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$ 134. Die biologischen Verhältnisse im Bildner beim deutschen 
4 Verfahren. 


Die Geschichte des Werderanges der Schnellessig-Fabrikation ist 
serade in dessen entscheidendem Wendepunkte schon von Anfang an 
mit dem Schleier des Geschäftsgeheimnisses bedeckt gewesen, und ein 
solches wird, nach einem bei PArMmENTIER (1) angeführten alten fran- 

sozösischen Sprichwort, durch den Essigmacher zuverlässiger behütet als 


I 


irgend ein anderes. Aber auch die Entwicklung bis dahin und seitdem 
ist in manchen Einzelheiten nicht hinreichend genau festzulegen. Fr. 
J. Orro (1) macht im Jahre 1840 in seinem Lehrbuche in dieser Hinsicht 
keinerlei Angaben, weder nach Person noch nach Zeit, und P. Broxxer (1) 
geht in dem seinen aus dem Jahre 1876 mit einigen aus zweiter Hand > 
übernommenen und zum Teil unzutreffenden Bemerkungen nur flüchtig 
darüber hinweg. 

Der Ausgangspunkt dieser neuen Richtung war durch ein Verfahren 
gegeben, welches, wie A. SCHROHE (3) festgestellt hat. zuerst durch den 
deutschen Chemiker GLAUBER (1) im Jahre 1654 beschrieben worden ist, ı0 
dessen Darlegungen dann BOERHAAVE (1) im Jahre 1732 in sein Buch 
hinübernahm. Es stand damals schon seit langenı in Uebung, und zwar 
sowohl in Nordfrankreich als auch in den Niederlanden, welch letzteres 
Land zu jener Zeit große Mengen von Essig teils zum Vertrieb durch 
seinen ausgedehnten Welthandel, teils zur Bereitung des Bleiweißes nach ı5 
dem holländischen Verfahren erzeugte. Dieses (also zu Unrecht nach 
BOERHAAVE benannte) Verfahren ist vermutlich aus der Beobachtung 
hervorgegangen, daß Weintrester, welche als Abfall fortgeworfen worden 
sind oder auf der Oberfläche der in Alkoholgärung begriffenen Rotwein- 
Maische (s. S. 387) schwimmen, rasch und reichlich sauer werden. Anz 
die Stelle der nicht zu jeder Jahreszeit verfügbaren Trester traten dann 
die haltbaren und versendbaren Trauben-Stiele (Kämme), die so auch 
zu einem Gegenstand der Ausfuhr aus Frankreich nach den Niederlanden 
wurden. BOERHAAVE verwendete zwei oben oftene Bottiche oder aber 
zwei aufrecht gestellte Fässer, deren oberer Boden weggenommen worden 25 
ist. In einiger Entfernung von dem unteren Boden setzt man einen 
Rost ein, auf dem zunächst Weinreben und auf diesen soviel Trauben- 
kämme zu liegen kommen, daß der Bottich zu mehr als der Hälfte mit 
ihnen beschickt ist. Den einen der beiden derart hergerichteten Bottiche 
(Fässer), die an einem warmen Orte (25—27° C) aufgestellt sind, gießt so 
man dann ganz und den anderen halb mit Wein voll. In letzterem tritt 
bald so kräftig Säuerung ein, daß die Temperatur in ihm binnen 24 
Stunden hoch ansteigt. Man gießt diesen Bottich nun aus dem anderen 
völl, so dab jetzt in letzterem (nur halb befüllten) Bottich die Säuerung 
sich einstellt, worauf er wieder aus dem ersten gefüllt wird. Und sos 
soll man das Umgieben durch 15—20 Tage hindurch wiederholen, wor- 
auf der Essig dann gar ist. Als gegen Ende des achtzehnten Jahrhundertes 
die Wirkung des Luftsauerstoffs bei der Essigsäure-Gärung festgestellt 
worden war, ging man dazu über, das Maischgut in liegenden Fässern, 
die zu zwei Dritteln damit beschickt waren, unterzubringen und diese 40 
mehrere Male im Tage zu rollen, worauf jeweils wieder das Spundloch 
geöffnet wurde. Hier haben wir also bereits den bis auf das Luftloch 
ganz geschlossenen Bildner vor uns. 

Der nächste Schritt zur Verbesserung, der, wie J. ©. Leuvens (3) 
vermutet, noch vor dem Jahre 1814 geschah, bestand in der Anwendung ıs 
eines aufrecht stehenden Bottichs, der auch oben (bis auf ein Abzugloch) 
verschlossen war und nur in seiner halben Höhe ein Luftloch oberhalb 
des Spiegels der darin stehenden Flüssigkeit aufwies. Die weiteren 
Stufen der Entwicklung des Verfahrens bis zu der alsbald zu kennzeich- 
nenden Verbesserung durch Scnhürzenvacn sind in Dunkel gehüllt.: 
Tatsache ist, dab Döpereiser (1) im Jahre 1816 in seinem Leitfaden 
und ©. W. Juon (1), K. Kasıner (1) und J. Westruns (1) im Jahre 1818 
in ihren Büchern über Essigbereitung, I. W. Juen im Jahre 1820 in 


> 


— 


— 608 — 


seiner mit Anmerkungen versehenen Uebersetzung von PARMENTIER’S (1) 
Werk und DÖBEREINER (4) im Jahre 1822 in seiner Gärungschemie noch 
keinerlei Andeutung nach dieser Richtung hin machen. 

So war es wohl etwas Neues, was SEBASTIAN SCHÜTZENBACH ZU 

5Eudingen im Breisgau in Baden durch die Tagesblätter im Sommer 
1823 den Essigfabrikanten zum Preise von 1500 Talern und unter der 
weiteren Bedingung anbot, es „keinem anderen für oder ohne Geldleistung 
mitzuteilen“, nämlich ein Verfahren, um „einen dem echten Weinessig 
gleichen, sehr starken Essig innerhalb achtundvierzig Stunden fabriks- 
ıwmäbig zu erzeugen.“ Ein Jahr darauf arbeitete schon die größte 
Fabrik in der Nähe Berlins nach diesem neuen Verfahren. Kasrxer (3) 
gibt freilich an, das er schon im Sommer 1823, also genau zur Zeit des 
öffentlichen Angebots ScHÜTzEnBAacH's, einige Versuche angestellt habe, 
dahin gehend, Treber durch Buchenholzspäne zu ersetzen und über sie 
ısden auf ca. 25°C angewärmten Spiritus hinabtröpfeln zu lassen. Es 
kann ihm also vielleicht, wie Lrucas (3) annimmt, die Empfehlung dieses 
neuen Füllmateriales zugeschrieben werden, nicht aber, wie ZıeEr (1) 
meinte, auch die Erfindung des ganzen Verfahrens, welches er (2) noch 
in seinem Buche vom Jahre 1828 mit keinem Worte erwähnt. Vorbild für 
2v diese Art der Berieselung waren ausgesprochenermaßen sowohl bei KASTNER 
als auch bei anderen die in der Salzsiederei gebräuchlichen Gradierwerke 
gewesen und danach hieß man den Bottich auch Gradierfaß, so noch 
‘ bei ALDEFELD (2) im Jahre 1840, obwohl WAGENMANN (1) schon im Jahre 
1832 ihn mit der Bezeichnung Essigbilder belegt hatte, welche 
3sspäter dann in Essigbildner umgewandelt wurde. 

Das Geheimnis von SCHÜTZENBACH’S Verfahren scheint zunächst gut 
gewahrt worden zu sein; denn Toucayv (1) weiß im Jahre 1829 noch 
nichts darüber zu sagen. J.G. und E. M. Din6ter (1) betonen in ihrer 
im Jahre 1831 gegebenen Beschreibung eines ähnlichen Verfahrens, 

sowelches nach WAGENMAnN’S (1) Versicherung demjenigen SCHÜTZENBACH’S 
sehr nahe kommen solle, daß sie nicht wüßten, inwieweit das ihre mit 
diesem letzteren übereinstimme. Hingegen lieferte HermestÄpr (2) im 
gleichen Jahre 1831 eine Darstellung, welche dem damals geübten Ver- 
fahren zu entsprechen scheint. Noch eingehender ist es dann fünf 
35 Jahre darauf bei Kırcanor (1) beschrieben, das ist noch vier Jahre vor Ablauf 
(1840) der ausbedungenen Dauer der Geheimhaltung. FONTENELLE (1) bringt 
im Jahre 1836 in der zweiten Auflage seines Buches nur DixGter’s 
Verfahren allein. 
SCHÜTZENBACH'S Erfolge spornten manchen anderen dazu an, entweder 
‚auf dem Wege eigener Versuche ein gleichwertiges Verfahren zu erreichen, 
oder aber durch Versuchung anderer sich jenes Geheimnis zu erschleichen. 
Durch ©. WAGENMANN (1) wurden im Jahre 1832 sowohl Leucns (2) als 
auch SchmoGgrow in dieser Richtung bezichtigt. HermestÄpr (2) stellte 
diese zwei und auch ScHÜürzenBAcH als geeldgierige Geheimniskrämer 
shin und fand damit Beifall bei ALprrern (2), der noch einige andere 
Namen anfügte und die Ehre der Erfindung dem schon genannten Chemie- 
Professor Kastner zuschrieb, was jedoch auch nicht den Tatsachen ent- 
spricht. HermestÄpr erklärte für den ersten Fırfinder den englischen 
Essigmacher J. Ham (1), dessen Patent jedoch, wie schon 0. WAGNER (1) 
5obetont hat, nicht nur der Zeitfolge nach sondern auch in der Ausführung 
und in der Leistung rückständig ist. Gleichgiltig, wie stark SCHÜTZEN- 
BACH und wie stark die übrigen sich an dem Ausbauen des Schnellessig- 
Verfahrens beteiligt haben, so sind doch sie alle auf deutschem Boden 


— 609 — 


tätig gewesen, und danach kann man es mit gutem Grunde auch in Deutsch- 
land als das deutsche Verfahren bezeichnen, wie das die Franzosen 
schon seit langem tun. 

Der Grundgedanke dieses Verfahrens ist wohl aus DÖBEREINER'S 
Versuchen (s. S. 540) entsprungen und lockte also zu dem Bestreben, 
dem zu säuernden Essiggute dadurch eine rasche und reichliche Oxy- 
dation zu sichern, daß man es in dünnster Schichte einem Luftstrome 
langsam entgegenführe. Ueber die zweckmäßigste Art der Erfüllung 
dieser Anforderung drehten sich zunächst die Bemühungen. Den wahren 
Erfinder für jeden einzelnen Fortschritt festzustellen, ist angesichts der 
oben gekennzeichneten Sachlage heute nicht mehr möglich. J. G. 
und E. M. Dinster (1) beschreiben noch im Jahre 1831 den Bildner als 
ein Faß, welches en mit einem in zwei Hälften zerlegten und auf 
einer kreisrunden Leiste anfliesenden Deckel verschlossen ist, den man 
nur dann abhebt, wenn man das Maischgut mittelst einer Gießkanne 
auf die Holzspäne aufspritzt, was alle 12 Stunden zu geschehen habe, 
worauf er sofort wieder aufgelegt werde, um Verluste an Alkohol und 
Säure durch die Verdunstung zu verhindern. Zufolge ALDEFELD (2) ver- 
dankt man Leucns die Anbringung des Kranzes von acht Eintrittslöchern 


für die Luft in dem unteren Teile des Bildners und die Herstellung des: 


oberen Verschlusses durch einen Siebboden, durch dessen feine Löcher 
kurze Bindfaden-Stücke hinabhängen, welche das auf jenen aufgegossene 
Essiggut als feinen Regen langsam und stetig auf die Späne hinab- 
tröpfeln lassen. ALprrerp (1) empfahl dann den Ersatz des oberen Sieb- 


bodens durch eine Siebbütte und der leicht verschleimenden Wollfäden: 


(oder Roßhaare) durch kantig geschnittene Holzstifte. In seiner durch 
Wasner (1) gelobten Abhandlung hat Zıer (1) die durch Leucnhs ge- 
gebene Einrichtung des Bildners verändert und mit einer Vorrichtung zum 
Auffangen der entweichenden Essigdämpfe versehen. (Ü. F. SALzEr (1) 
wollte die Holzspäne zum größten Teile dadurch überflüssig machen, 
dab er vier bis fünf Siebböden untereinander in den Bildner einsetzte, 
was jedoch schon WAGxer (1) als unpraktisch tadelte. Später führte 
man vervollkommnete Aufgießvorrichtungen ein, so den Kipptrog und 
das dem Segner’schen Wasserrad nacheebildete Spritzkreuz. Ueber 
die heutzutage gebräuchlichen Aufguß-Vorrichtungen zur selbst- 
tätigen Verteilung des Essiggutes, so z. B. die von Frinss (1,2, 3), 
findet man ausführliche Angaben bei F. Rornexsach (20) und bei 
P. Hassack (1). Auf des letzteren neues Buch sei auch in betreff aller 
übrigen Einzelheiten des Betriebes hiermit verwiesen. Ueber die durch 
H. Heıver (1), W. J. Lenze (1) und J. Crasına und K. GiusporrF (1) 
unter dem Namen Kastenbildner bezw. Kammerapparat vor- 
geschlagene viereckige Gestalt und innere Einrichtung der Bildner für 
die Großerzeugung von Spritessier vergleiche man Rorurspach's (21) 
Bemerkungen. 


1 
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[371 


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Weniger rasch als die Einrichtung der Bildner vervollkommnete 4s 


sich die Einsicht in deren Wirkungsweise. Ansätze zur Erkenntnis 
sind zunächst nur spärlich zu finden, so bei A. L. Trenn (1), welcher 
gelegentlich der Beschreibung des so wichtigen Einsäuerns der Holz- 
späne eines frisch in Betrieb zu setzenden Bildners ironisch auf den 
Widerspruch hinweist, dab einerseits nach den Behauptungen der T'heore- 
tiker (Benrzenıus u. a.) die Kssigsäure selbst das Ferment sei und daß 
andrerseits nach den Erfahrungen der Praktiker eine zu weit getriebene 
Steigerung des Gehaltes des Essiggutes an diesem angeblichen Fermente 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. Bad. V. 3 


0 


= 


— 610 — 


die Essigbildung erschwert und sogar unmöglich macht. TreEnxN selbst 
war jedoch auch nicht frei von Beeinflussung durch die Theoretiker; 
er betrachtete die im Bildner sich abspielende Umsetzung noch im Jahre 
1850 unter dem Gesichtspunkte der elektrochemischen Theorie des BER- 
5 ZELIUS, SO wie dies vor ihm Zıer (1) und HErMmBsTtÄpT (2) im Jahre 1831 
und bald darauf auch WAGEnMmann (1) schon getan hatten. P. Pruxp (1) 
stellte sich noch im Jahre 1874 fest an die Seite Lıepıg’s (6), weil auch 
er, so wie dieser schon vier Jahre zuvor (Ss. S. 542), auf den Spänen keine 
Bakterien hatte vorfinden können. P. BroONnxeEr (1) hingegen hielt zwei 
ı Jahre später es für wahrscheinlicher, daß der „Essigpilz* das treibende 
Agens sei. Wie E. Car. Hansen (9) bezeugt, war es Fr. Larar (1), 
welcher die ersten Untersuchungen über die in der Schnellessig-Fabrikation 
wirksamen Bakterien und deren Reinzüchtung anstellte. Im gleichen 
Jahre 1892 sprach O. Steinmetz (1) auf Grund seiner Erfahrungen im 
ıs Betriebe die Vermutung aus, dab man hier mit verschiedenen Arten zu 
rechnen haben werde. ROTHENBACH (2 u. 4) und HENNEBERG (2) haben 
unter wesentlich günstigeren äußeren Bedingungen dann vom Jahre 1897 
an in der angegebenen Richtung fortgearbeitet und uns einige Arten 
kennen gelehrt, deren Beschreibung schon auf S. 559 gegeben worden 
»ist. So war denn die neue Gruppe der Schnellessig-Bakterien ge- 
eründet. Nach allgemeiner Annahme sollen sie durch Variation (s. S. 550) 
‚ aus anderen Arten langsam herangebildet worden sein. ROTHENBACH 
(2 u. 4) hieß sie „akklimatisierte* Organismen, d. h. Arten, denen all- 
mählich die Fähigkeit anerzogen worden ist, unter bescheideneren und 
5 ungünstigeren Bedingungen mehr als vordem zu leisten. Beispiele 
solcher Angewöhnung in Hinsicht auf die Steigerung der Säuerungs- 
kraft hat RoTHEnsach (25) gegeben, der auch das Weinessig-Bakterium 
Bact. ascendens in ein Schnellessig-Bakterium umgewandelt haben will. 
Nachdem W. HEnNEBERG (3 u. 12) im Jahre 1905 in einer kleinen 
> Versuchsanlage mit absoluten Reinzuchten einen Schnellessig von mehr 
als 9 Proz. Säuregehalt erzielt hatte, ging F. RorHenBacH (3 u. 24) noch 
im gleichen Jahre zur Einführung von Reinzuchten in den Betrieb der 
ihm unterstellten Versuchs-Essigfabrik über und dehnte sie im nächsten 
Jahre auf alle neun Bildner aus, welche entweder mit Bact. Schützen- 
35 bachi oder mit Bact. zylinoides beimpft wurden und es auf einen Säure- 
gehalt von 11,5 Proz. brachten. Wenn ein Bildner mit einer Reinzucht 
in Betrieb gesetzt werden soll, muß er selbstverständlich zuvor keimfrei 
eemacht werden, was durch Ausdämpfen geschieht; man sehe darüber 
bei RoruengacH (10) nach. Die zu verwendende Zucht wird zuvor nach 
sund nach an das Ertragen großer Mengen von Alkohol und Säure einer- 
seits und Armut an organischen Nährstoffen andrerseits gewöhnt; man 
vergleiche darüber RoruengachH (17 u. 19). Ist ein Bildner derart in 
Gang gesetzt, dann liefert er in seinem fertigen Ablaufessig das Mittel, 
um andere Bildner und andere Fabriken mit Anstellessig: zu versorgen. 
» Für die Zwecke des Studiums des Betriebes der Schnellessig-Fabrikation 
im kleinen haben SchrAper (1) und Wırke (2) je einen Laboratoriums- 
Apparat empfohlen. In die große Praxis ist das Reinzucht-Verfahren 
bisher noch nicht eingedrungen. Auf die hier zu erwartenden Schwierig- 
keiten weist auch H. WÜstEnreup (1) in einem Aufsatz hin, in welchem 
soer über neue Versuche (seit 1911) berichtet. 
Die biologischen Verhältnisse in den einzelnen Bildnern der nicht 
mit Reinzucht arbeitenden Fabriken sind noch nicht genügend aufgedeckt. 
Wichtig ist vor allem die Frage, ob bei dem Mehrbildner-Betrieb, bei 


— 611 — 


dem also der Ablauf des einen Bildners (A) zwecks Verstärkung dann 
durch einen zweiten (B) oder sogar dritten (C) Bildner geführt wird, 
die Flora in diesen dreierlei Bildnern die gleiche ist. Fr. ROTHENBACH (2) 
hält auf Grund seiner Untersuchungen dafür, daß in den einzelnen 
Bildnern (A, B, C) einer Gruppe die gleichen Arten von Spaltpilzen 
wirken, die jedoch staffelweise an höhere Säuremengen sich gewöhnt 
haben und eben darum aber auch gegen raschen Wechsel des Gehaltes 
an Alkohol oder Säure sehr empfindlich sind. Mit jener Steigerung der 
Widerstandskraft ist eine Verringerung der Vermehrungskraft verbunden, 
so daß man im A-Bildner den größten und im C-Bildner den geringsten 10 
Keimgehalt vorfindet. HENNEBERG (17) weist mit Recht darauf hin, daß 
beim Dreibildner-Betrieb die Temperatur im A-Bildner am höchsten 
(35—38° C), die im C-Bildner am niedrigsten (235° C) und die im B-Bildner 
dazwischenliegend (33° C) sei, was zu einer Auslese führen müsse. Die 
gleiche Folgerung wird man aber auch auf die verschiedenen Stellen ı5 
innerhalb ein und desselben Bildners anwenden dürfen, in dessen Mitte 
eine höhere Temperatur als an den ferner lierenden Punkten herrscht. 
Es kann demnach die Flora mannigfaltig sein. Damit könnte man auch 
ROTHENBAcH’S (3) Angabe erklären, der in einem Falle bei Einbildner- 
Betrieb den Säuregehalt des Ablaufessigs bis auf 14,7 Proz. hinaufzu- 20 
treiben vermocht hat. Es sei auch daran erinnert, dab Bact. Schützen- 
bachi, B. curvum und B. orleanense zusammen in ein und demselben 
Bildner angetroffen und aus ihm herausgezüchtet worden sind. Makro- 
skopisch läßt sich auf den Spänen gesunder Bildner keinerlei Wucherung 
von Bakterien bemerken. Mikroskopisch findet man jedoch auf und in: 
und zwischen den Zelien des Holzes reichlich Bakterien, jedoch nicht 
in Verbänden, sondern einzeln oder zu höchstens je dreien vereint. Be- 
merkungen betreffend die Biologie der Arbeit in den Bildnern findet 
man auch bei SCHRADER (2). 

DieVorteile des Reinzucht-Verfahrens sind für kein anderes so 
Gebiet der Gärungsgewerbe so offensichtlich wie gerade im Bereich der 
Schnellessig-Fabrikation. Einer dieser Vorteile ist die Vermeidung einer 
Unzukömmlichkeit, welche sich andernfalls nicht ausschließen läßt, und 
das ist das Auftreten der Essigälchen. Von ihnen wurde schon 
im vorhergehenden Paragraphen gesprochen, so daß hier nur noch darauf ss 
hinzuweisen ist, daß für deren Aufkommen die Verhältnisse im Bildner 
in einer Hinsicht noch günstiger sind. Beim Orl&ans-Verfahren ist der 
Zutritt der Luft zum Innern der säuernden Flüssigkeit durch die Bak- 
teriendecke erschwert und also der Aufenthalt der Aelchen örtlich be- 
schränkt. Anders ist es im Bildner, in welchem reichliche Durchlüftung 
der Flüssigkeit geboten ist. So fehlen denn die Aelchen auch in keiner 
Schnellessig-Fabrik. Ueber Versuche zu ihrer Unterdrückung ohne Rein- 
zucht-Verfahren vergleiche man G. HeEınzELmann (2), Fr. RoTneNnBACcH (9), 
W. Hennegera (9) und Roruenpacn und Rossmann (1), welch letztere 
eine Reihe von Versuchen zur Abtötung der Aelchen mit einer Anzahl 
von Drogen angestellt haben, von denen jedoch die meisten sich als 
wirkungslos erwiesen. Das Kochsalz hingegen hat (s. S. 606) guten Er- 
folge gegeben. 

Seltener ist ein anderer Schmarotzer, welcher gemeinhin Essiglaus 
genannt wird, in Wirklichkeit aber eine Milbe ist, und zwar aus der» 
in Hinblick auf ihr häufiges Vorkommen in Futter- und Nahrungsmitteln 
durch A. Maurızıo (1) genauer betrachteten Familie der Zyrogluphinae, 
nämlich die Kssigmilbe, Zyroglyphus (Histiogaster) carpio, welche in Kssig- 

30* 


or 


167 
[371 


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v 


- 


bildnern sowohl durch G. HEINZELMANN (1) als auch durch L. FuLmek (1) 
als bakterienfressender Schädling vorgefunden wurde. 
Als eigentliche Betriebsstörung kann das Vorkommen der Essig- 
älchen für gewöhnlich nicht gelten. Die Verschleimung der Bildner 
5jedoch ist eine solche. Die echten Schnellessig-Bakterien vermehren sich 
verhältnismäßig kärglich, verschleimen ihre Zellhaut ganz wenig, bilden 
fast keine Verbände, treten demnach niemals in zusammenhängenden 
Haufen auf und lassen also die Zwischenräume zwischen den Holzspänen 
frei für den Durchgang von Luft und Flüssigkeit. Wenn hingegen Bak- 
wterien, wie sie beim Orleans-Verfahren tätig sind, in den Bildner ein- 
geschleppt und hier durch besondere Umstände in der Entwicklung be- 
günstigt werden, wachsen sie rasch undrreichlich zu Wucherungen (Zooglöen) 
heran, welche gar bald die Durchgangswege verengen und verstopfen 
und so den Verlauf der Säuerung lähmen und schließlich ganz verhindern. 
ıs Diese Eindringlinge stellen im allgemeinen höhere Ansprüche an die 
Ernährung, und zwar sowohl in quantitativer Hinsicht, weil sie ja viel 
üppiger sich entfalten, wie auch in qualitativer, weil sie organische 
Nährstoffe bevorzugen. Sie werden also dann leichter zur Geltung 
kommen, wenn von diesen letzteren reichlichere Mengen im Essiggut 
» vorhanden sind. Zusätze von Sirup, Malzauszug u. dgl. m. werden also 
mit großer Vorsicht zu geben sein, und man soll, wie Doxsert (1) 
folgerichtig rät, sich bemühen, die Nährstoffe, insbesondere die stickstoft- 
haltigen, in einer Gestalt zu bieten, welche den Schädlingen nicht mehr 
genehm ist. Die weitere Forschung über die Schnellessig-Bakterien wird 
5zu einem guten Teil gerade in dieser Richtung sich bewegen müssen. 
Das Bact. zylinum ist vermöge seiner geradezu unheimlich ergiebigen 
Schleimbildung der gefürchtetste unter den Störungserregern. ROTHEN- 
BACH und HorFmann (1) berichteten im Jahre 1906 über dessen Ein- 
dringen in die Bildner ihrer Versuchs-Essigfabrik. Sie hatten gehofft, 
soihn durch Ausdämpfen zu bekämpfen, was jedoch nur vorübergehend 
half; denn ein Jahr darauf fanden RorHurxngacH und Doxsevr (2) ihn 
schon wieder vor. Ueber die Beseitigung von Schleimbildungen aus dem 
Bildner vergleiche man auch noch RorHeEnsach (12). 
Ueber zwei andere Störungserscheinungen, nämlich die Aldehyd- 
35bildung und die Ueberoxydation, sind schon auf 8. 571 einige 
Angaben” gemacht worden; man vergleiche über sie die lehrreichen Be- 
merkungen bei Hassack (1). Eingehendere Betrachtungen über die Be- 
triebsstörungen überhaupt und Winke zu deren Beseitigung bieten 
A. und O. STEINMETZ (1) in einem besonderen Buche. Bemerkungen be- 
treffend die aus irgendeiner Ursache notwendige Stilllegung der Bildner 
machte auch ROTHENBACH (11). 


$ 135. Die Essig-Arten. 


Als Weinessig im Sinne der Rechtsprechung und des Handels- 
gebrauches gilt heute in Deutschland (jedoch nicht in Oesterreich 
und in der Schw eiz) auch jenes Erzeugnis, das nicht ausschließlich aus 
Wein durch das Orlsans-Verfahren sondern aus einem Gemische von 
mindestens zwanzig Raumteilen Wein mit höchstens achtzig Teilen 
Essiggut (mit Nährstoffen und Essig versetztem verdünnten Spiritus) 
durch das Schnellessig-Verfahren bereitet wird. (©. KırpENBERGER (1) 
sohat neuerdings die Forderung erhoben, daß nur ein aus Wein allein 


A 


entstandenes Erzeugnis als Weinessig bezeichnet werden dürfe F. 
RoTHENBAcH (26) hat ihm darauf entgegnet, daß diese strenge Forderung 
in Deutschland meist nicht erfüllt werden könne. Denn hier sind für 
die Essigbereitung gewöhnlich entweder nur sehr alkoholarme einheimische 
Weine verfügbar, welche für sich allein einen säureschwachen und also 
nicht haltbaren oder nicht marktfähigen Essig liefern würden, oder aber 
billige ausländische Südweine, welche wegen ihres zu hohen Alkohol- 
sehaltes unverdünnt sich nicht versäuern lassen. In Portugal darf, wie 
H. Masteaum (1) angibt, für Speisezwecke, ausgenommen die Konserven- 
Fabrikation, nur der aus Wein hergestellte Essig verwendet werden. ıo 
Eine Uebersicht über die in den einzelnen Ländern giltige Fassung 

des Begriffes Weinessig, wie auch über die gesamte Gesetzgebung be- 

treffend Bereitung und Vertrieb des Essigs in Frankreich lieferte L. Car- 

vET (1) in seinem auch sonst dem Essig-Analytiker nützlichen neuen 

Buche. 15 

In gerichtlichen Fällen hat man versucht, aus der Menge und Be- 
schaffenheit des Trockenrückstandes der Probe und aus ihrem Gehalte 
an Glycerin, organischen Säuren und deren Salzen einen Rückschlub 
darauf zu ziehen, ob man es mit Weinessig zu tun habe oder nicht. 
Die Frage nach dem Schicksale der Bestandteile des Weines während » 
und durch die Essigsäure-Gärung hat also nicht bloß physiologische 
Bedeutsamkeit. 

Die Verfahren zur chemischen Analyse des Essigs sind nicht bloß 
für den Nahrungsmittel-Chemiker von Wichtigkeit, sondern auch 
für den Gärungsphysiologen das unentbehrliche Werkzeug bei seinen» 
Forschungen und also auch hier wenigstens zu streifen. Eine kritische 
Studie darüber haben J. Bropve und W. Lange (1) in ihrem Berichte 
über die eingehende Analyse von vier Proben von Weinessig geliefert. 
Sie haben insbesondere auch eine tiefgreifende Erörterung über die 
Zuverlässigkeit und Brauchbarkeit der für die Säurebestimmung aufs 
titrimetrischem Wege bisher vorgeschlagenen Indikatoren gegeben, 
welche früher schon Gegenstand je einer durch GLASER (1) und später 
durch A. Turer (1) gelieferten monographischen Darstellung gewesen 
sind und von denen allein das Phenolphtalein sich für die Titration 
der Essigsäure als tauglich und empfehlenswert erwiesen hat. Weiter-s 
hin wurde auch, beiläufig bemerkt, eine Prüfung der zur Nachwei- 
sung freier Mineralsäuren angerebenen Verfahren angestellt, deren 
wichtigste zuvor schon F. Urz (1) vergleichend besprochen hatte. Das 
Studium der im Weine durch die Essigsäure-Gärung eintretenden Um- 
setzungen läuft zu einem guten Teile auf die quantitativ analytische 
Bestimmung der einzelnen Säuren hinaus. Die dafür bisher üblichen 
Verfahren sind heute selbst nicht mehr für den Aufgabenbereich des 
Nahrungsmittel-Chemikers und noch weniger für die Zwecke des 
Gärungsphysiologen allgemein zulässig, seitdem Paun und GünTtner (1) 
und, diesen folgend, C. von per HEıDE und Baracıora (1) auf Grund as 
der physikalisch-chemischen Lehren von der Dissociation und der 
Lösungstheorie die Wein-Analyse in neue Bahnen gelenkt haben. 

Ueber die Veränderungen des Weines durch die Säuerung hat 
zuerst FARnstEIneR (1) vom Standpunkt des Nahrungsmittel-Chemikers 
einige Versuche im Laboratorium unternommen. Die durch ihn zus 
6—16 Proz. festgestellte Abnahme des Gehaltes an Trockenrückstand 
während der Essigsäure-Gärung ist nicht bloß auf die Ansprüche der sich 
vermehrenden Gärerreger an organische Baustoffe sondern insbesondere 


or 


- 


v 


— 614 — 


auch auf das Ausfallen von Weinstein zurückzuführen. Versuche, welche 
FARNSTEINER (2) darauf in einer Fabrik anstellte, ergaben weiterhin, 
daß unter den Verhältnissen im großen ein wesentlicher Unterschied 
im prozentischen Gehalte an Trockensubstanz des Weines einerseits 
sund des daraus entstandenen Essigs andrerseits aus dem Grunde nicht 
mehr bemerkt werden konnte, weil hier während der langandauernden 
Gärung eine beträchtliche Verdunstung und also eine Anreicherung an 
den nicht flüchtigen Bestandteilen eintritt, welche den oben gekenn- 
zeichneten Ausfall größtenteils wieder ausgleicht. A. FROEHXER (1) hat 
ıodann das Rohmaterial und das Erzeugnis einer Fabrik untersucht, deren 
Maische angeblich aus 150 Liter Wein, 45 Liter dreißiggrädigem, mit 
Essigsäure denaturiertem Spiritus und 150 Liter Wasser zusammen- 
gesetzt war; seine Befunde, die im wesentlichen mit denen FARNSTEINER’S 
übereinstimmen, lassen eine erhebliche Verminderung des Gehaltes an 
Glycerin und Weinsäure durch die Gärung nicht erkennen. Auch A. 
MÖSLINGER (1) hat solche vergleichende Untersuchungen in einer nach 
SCHÜTZENBACH arbeitenden Fabrik derart angestellt, daß die Maische für 
den ersten Aufgubß zu Dreivierteln und der zweite Aufguß zu zwei Dritteln 
aus Wein bestand, und hat regelmäßig ungefähr ein Drittel des 
»0 Glycerines des Weines bei der Essiggärung verschwinden sehen. RoTHEN- 
BACH (25) hat dann unter Verwendung von Reinzuchten (des Dact. zylinoides 
u. a.) diese Beobachtung an Weinessig im wesentlichen bestätigen können. 
‘ KarPELLEer nnd THEoroLD (1) prüften vergleichend die Zusammensetzung 
zweier Weinessig-Maischen und der aus ihnen gewonnenen Essige, deren 
seiner nach dem Orl&ans-Verfahren und der andere nach dem deutschen 
Verfahren bereitet worden war. Rönrıe (1 u.2) hat den Verlauf der 
Säuerung eines unveränderten Frankenweines zu drei verschiedenen 
Zeitpunkten untersucht. B. Haas und W. FıscHer (1) haben zwölf echte 
Weine säuern lassen und ziehen aus den vorgenommenen Analysen den 
so Schluß, daß echter Weinessig mindestens 12 g zuckerfreien Extrakt im 
Liter enthalten müsse und auf einen Teil Extrakt höchstens sechs Teile 
Essigsäure aufweisen dürfe, widrigenfalls er als mit künstlicher Essig- 
säure verschärft anzusehen sei. H. Lürrıc (1) hat einige Proben von 
Weinessig nach deren achtmonatlichem Lagern wieder analysiert und 
seine Abnahme des Gehaltes an Glycerin, Extrakt und Asche nicht be- 
merken können. Die durch Rarcuırr (1) untersuchten elf Proben von 
Weinessig aus dem englischen Handel enthielten 3,2—5,2 Proz. Essig- 
säure, 1,6—3,76 Proz. Extrakt und 0,19—0,8 Proz. Asche. H. MastBaum 
(1) hat Analysen von zwanzig Proben von Weinessig aus dem Handel 
«. Portugals und von siebzehn zuverlässig echten Weinessigen dieses Landes 
gegeben. A. Corsını (1) hat sechzig Proben aus dem Florentiner Handel 
untersucht. Ueber einen durch Eisengehalt grünen Essig hat SALomonxe (1) 
berichtet. Ueber das Dunkelwerden des Weinessigs (maladie de la casse 
oxydasique) infolge Wirkung von Oxydase auf dessen Gerb- und Farb- 
4 stoffe bei Luftzutritt während des Lagerns spricht Astruc (1). 

Der Abbau der organischen Säuren des Weines während der 
Essigsäure-Gärung ist vom Standpunkte des Nahrungsmittel-Chemikers aus 
hier besonders zu betrachten. Der Abbau der Bernsteinsäure ist 
schon aus dem einen Grunde von Bedeutung, weil diese Säure regel- 

5o mäßig und in beträchtlicher Menge bei der durch Hefe bewirkten Alko- 
holgärung auftritt. In Ergänzung der schon auf S. 383 des Vierten 
Bandes gebrachten Erörterung sei hier noch (s. S. 458) darauf hingewiesen, 
daß F. Enrtvıcn (2) seitdem hat dartun können, daß die Quelle der 


— 615 — 


Entstehung dieses Nebenproduktes die Glutaminsäure ist, also nicht der 
Zucker sondern mittelbar das Eiweiß des Nährbodens (Maische, Würze, 
Most) oder des Hefenleibes selbst. Hoyer (1) hat an seinem Bact. rancens 
die Fähigkeit festgestellt, in einem entgeisteten Biere die ihm zugesetzte 
Bernsteinsäure bei Luftzutritt binnen wenigen Tagen fast vollständig 
zu verbrennen. W. SEIFERT (6) hat diesen Befund an einem Weinessig- 
Bakterium und an einem aus Trub gezüchteten Essigsäure-Bakterium 
bestätigt und dahin erweitert, daß durch diese zwei Arten eine (dann 
allerdings nicht so weitgehende) Zersetzung jener Säure auch bei 
Luftabschluß (unterhalb einer Schichte von Paraffinöl) eintritt. Die 
Weinsäure wurde zufolge Hoyer (1) durch dessen Baet. rancens nicht 
angegriffen. SEIFERT (6) hingegen gibt von zwei nicht näher bezeichneten 
Arten von Essigsäure-Bakterien an, daß sie diese Säure (wie auch die 
Links-Weinsäure) zersetzten und zum Verschwinden brachten, und zwar 
nicht bloß bei Luftzutritt sondern auch (jedoch weniger weitgehend) 
unterhalb Paraffinöl, also bei Luftabschluß. Die Aepfelsäure wurde in 
Hoyer’s (1) Versuchen schwieriger als die Bernsteinsäure angegriffen. 
SEIFERT’S (6) zwei Arten vermochten auch sie, ähnlich wie die Wein- 
säure, zu zersetzen, ohne daß jedoch dabei Milchsäure aus ihr hervorging. 
Die Citronensäure wurde durch Hover’s (1) Art stark zersetzt, durch 
diejenigen SEIFERT'S (6) bei Luftzutritt ganz zerstört und bei Luft- 
abschluß beträchtlich angegriffen. 

G. MEILL&ERE (1) hat in einer der weiten Verbreitung des Inosites 
nachgehenden Reihe von Arbeiten dessen ständiges und reichliches 
Vorkommen in den natürlichen Weinen festgestellt; im Weinessig ist 
er jedoch nur noch in geringen Spuren aufzufinden gewesen. 

Das Auftreten vonAcetylmethylcarbinol(CH,-CHOH-CO.CH, 
in Essig hat zuerst 0. A. Brownxe (1) gelegentlich seiner chemischen 
Untersuchungen über den Verlauf des Schwachwerdens des Üideressigs 
bemerkt. Pasturzau (1) konnte dann dieses Carbinol in der Menge von 
0,03—0,05 Proz. im Weinessig nachweisen und gab eine Methode zu 
dessen quantitativen Bestimmung an. Er hatte zuerst gemeint, dab es 
das Ergebnis der Tätigkeit von Bakterien von der Art des Baeillus 
tartricus sei, Konnte es jedoch später auch durch Mycodermen und durch 
Essigsäure-Bakterien erhalten und wollte die Anwesenheit dieser Sub- 
stanz in einer Essigprobe als Beweis dafür gelten lassen, daß man es 
mit Tresteressig zu tun habe. Bald darauf fand Ü. A. Browne (2) dieses, 
übrigens auch durch viele andere Bakterien (s. Bd. II, S. 521) gebildete 
Carbinol in vergorenem Zuckerrohr-Sirup vor. 

Die Bereitung von Apfelwein-Essig, Cider-Essig, hat in Nordamerika 
große Ausdehnung erfahren. C. A. Browne (1) verfolgte durch chemische 
Analysen den Verlauf der durch fast vier Jahre sich hinziehenden Ver- 
gärung von Apfelmost zu Apfelwein und Apfelwein-Essig und des letzteren 
Schwachwerden, für dessen Verursacher er das Baet. zylinum hielt. Ueber 
die besonderen Verfahren zur Analyse und Erkennung der Echtheit 
vergleiche man Leach und Lyrucoe (1). Eine eingehende Analyse einer 
Probe Cideressie haben BropeE und Lanae (l) unternommen. Von 270 
durch Leacn (1) untersuchten Proben aus dem nordamerikanischen 
Handel erwiesen sich 178 als verfälscht: dieser Forscher hält die An- 


wesenheit der Salze der Aepfelsäure (s. S. 599) als kennzeichnend für: 


echten Cideressig. Lyvrnsor (1) gibt auf Grund seiner vielen Analysen 
4,5—D,4 Proz. Essigsäure als Durchschnittsgehalt an. Genauere Unter- 
suchungen über den Chemismus der Säuerung des Uiders und über die 


10 


1 
27 


30 


35 


40 


= 


— 616 — 


Ursachen der oft recht schlechten Beschaffenheit des ÜCideressigs 
verdanken wir L. van SLykE (1). Analysen von nordamerikanischen 
Obstweinessigen und deren Aschen haben auch DooLittLe und Hess (1) 
gegeben. Ueber den gelungenen Versuch der Gewinnung von gutem 
sEssig aus der in den Vereinigten Staaten weit verbreiteten aber wenig 
begehrten Kieffer-Birne hat H. (. Gore (1) berichtet. Ueber die Unter- 
scheidung von Weinessig und Cideressig durch Analyse und über die 
Erkennung einer Verfälschung dieses letzteren hat A. W. Smıt# (1) einige 
Bemerkungen gemacht. 

10 Honigessig wird in Holland fabriksmäßig bereitet. J. J. Hormann (1) 
hat einige Proben untersucht und 4,8 Proz. Essigsäure, 2,4 Proz. Trocken- 
rückstand, 0,04 Proz. Asche festgestellt. Das in Arizona in Nordamerika 
übliche Verfahren ist, wie A. E. Vınsox (1) bemerkt hat, insbesondere 
wegen der ungenügenden Vergärung des Zuckers des Honigs (vergl. S. 413) 

ssnicht als gut zu bezeichnen und liefert nur schwache Essige; in drei 
untersuchten Proben waren zwischen 2,1 und 4,2 Proz. Säure vorhanden. 
Vınsov hat darum eine Anleitung zum sachgemäßen Arbeiten verfaßt. 
Zur Erkennung einer Probe als echten Honigessig oder zur Feststellung 
seiner Anwesenheit in einem gemischten Essig wird man vielleicht des- 

»o selben serologischen Verfahrens sich bedienen können, das für die Unter- 
scheidung des echten Honigs vom Kunsthonig bereits wertvolle Dienste 
geleistet hat, und zwar sogar für quantitative Bestimmungen. Es ist 

‚ auf die Präcipitin-Reaktion (s. Bd. II, S. 391, und Bd. III, S. 116) gegründet, 
wurde zuerst durch G. von Rıster (1) im Jahre 1902 angegeben, durch 

25.J. LANGER (1) dann genauer ausgearbeitet und durch GALLI-VALERIO und 
Borxasp (1) und durch W. Cart (1) als brauchbar empfohlen. J. Tnöxı (2) 
hat schließlich im Verlaufe ausgedehnter und volle Bestätigung er- 
bringender Versuche auch noch feststellen können, daß die Menge des 
durch das Antiserum in Naturhonig erhältlichen Präeipitats durch die 

30 Alkoholeärung nicht verringert wurde. Der Einfluß der Essigsäure- 
Gärung ist in der Hinsicht noch zu prüfen. W. Lexz (1) hat über einen 
aus Met bereiteten Essig berichtet, welcher so große Mengen einer 
kräftigen Protease enthielt, daß die in ihn eingelegten (marinierten) 
Heringe innerhalb 24 Stunden zerfielen und aufgelöst wurden. 

35 Ueber die Zusammensetzung des aus Palmwein durch freiwillige 
Gärung entstandenen Essigs findet man bei Kexpars (1) und H. D. 
Giıses (1) einige Angaben; die Erreger dieser Säuerung scheinen bisher 
noch nicht geprüft worden zu sein. Die in dem officinellen Sabadill- 
Essig bei längerem Aufbewahren eintretende Trübung schreibt O0. 

0 LANGKOPF (1) der Wirkung einer aus dem Sabadill-Samen herstammenden 
Peroxydase zu, die man durch Fernhalten des Luftsauerstoffes unschäd- 
lich machen könne. Analysen einiger brauner, zähflüssiger, 50—200 
‚Jahre alter Proben von Gewürz-Essig aus Modena hat F. Sesrınt (1) 
angestellt. Die Herstellung von Essig aus Molken ist durch Epm. 

45 KAYSEr (1), diejenige aus Buttermilch durch Fıraupeau und VIroux 
(1) beschrieben worden. F. Farktey (1), Ratcuırr (2) und Russen und 
Hopsson (1) geben Analysen von englischen Malz-Essigen, welch 
letztere zufolge Rıcmarvson und Bowen (1) auch daran zu erkennen 
sind, daß ihre Asche zu mehr als der Hälfte aus Kaliumphosphat (K,PO,) 

so besteht. 

In Japan ist der Essig gewöhnlich Sak6-Essig. Er wird zufolge 
T. Taxanasıı (4) entweder aus verdorbenem Sak& selbst oder aus dem 


leicht dem Sauerwerden verfallenden Moto (s. S. 247) oder aus verun- 


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I 


— 611 — 


glücktem Moromi (s. S. 330) oder endlich aus den (Sak&-Kasu genannten) 
Preßrückständen hergestellt und heißt in letzterem Falle Kasuzu. 
Um diese Rückstände rasch in Säuerung zu bringen, verdünnt man sie, 
nachdem sie durch ungefähr eine Woche die Alkoholgärung durchgemacht 
haben, mit Wasser und preßt sie. Von der so erhaltenen Flüssigkeit 
erhitzt man die eine Hälfte auf 80—90° C, vereinigt sie dann mit der 
anderen Hälfte und fügt dem Ganzen nun eine Art Essigmutter zu, 
welche Tanezu, zu deutsch: Essigsamen, heißt. Dieser Gärerreger ist 
nichts anderes als eine Rohzucht von Essigsäure-Bakterien und führt 
jene Essigmaische binnen einem Monat oder mehr in Kasuzu über. Die ıo 
Flora des Tanezu ist durch den obgenannten Forscher studiert worden. 
In zwei Proben fand er, neben Aspergillus Oryzae, Asp. glaucus und 
mehreren Arten von Mycoderma und Torula, als hauptsächlichen Be- 
standteil sieben Arten (oder Abarten) von Essigsäure-Bakterien, von 
denen er je eine als Varietät Tanezu von Bact. ascendens, B. zylinoides ı5 
und Pasteur’s Dact. aceti und je zwei als Varietäten Tanezu I und II 
von Bact. acetosum und von Brown’s Bact. aceti beschrieb. 

Spritessig heißt jeder aus Spiritus (Sprit) nach dem Schnellessig- 
Verfahren hergestellte Essig. Je nach der Größe seines Gehaltes an 
Essigsäure unterscheidet man im Handel dreierlei Arten von Spritessig. zo 
Entsprechend der Vereinbarung des Bundes Deutscher Nahrungsmittel- 
Fabrikanten, über welche WırrE (1) berichtet, soll einfacher Essig, 
auch Essig kurzweg genannt, mindestens 3,5 Proz, Doppelessig 
mindestens 7,0 Proz., dreifacher Essig oder Essigsprit mindestens 
10,5 Proz. Essigsäure enthalten. Im Sprachgebrauche muß man also» 
die Ausdrücke Essigsprit und Spritessig scharf auseinanderhalten. Die 
Verwendung des Essigs zum Haltbarmachen proteinreicher Nahrungsmittel 
und Speisen ist in der Empfindlichkeit der meisten Fäulnisbakterien 
gegen Säure begründet. Um die erforderliche Stärke der Säurigkeit zu 
erzielen, wird man im allgemeinen für Nahrungsmittel, die, wie z. B.» 
das Fischfleisch und die Krabben, von Natur aus alkalische Reaktion 
haben, mehr oder aber schärferen Essig verwenden müssen. G. Por (1) 
hat darüber einige Versuche angestellt und erachtet einen Gehalt von 
2 Proz. Essigsäure als die Mindestanforderung an einen solchen Essig; 
daß man beim sogen. Marinieren der Fische (s. Bd. II, S. 421) mits 
schwächerem Essig auslangt, erklärt er mit dem Hinweis auf den üblichen 
Zusatz antiseptisch wirkender Gewürze, wie Pfeffer, Senf und Zwiebeln. 

Die Unterscheidung von Weinessig und Spritessig ist nicht selten 
Gegenstand einer dem Nahrungsmittel-Chemiker als gerichtlichem Sach- 
verständigen aufgetragenen Untersuchung. W. Fresexıvs (1) war wohl 
der erste, welcher schon im Jahre 1885 für diesen Zweck auf die Ver- 
schiedenheit der Zusammensetzung der Maische für Weinessige und der- 
jenigen für Spritessig hingewiesen und die Hoffnung ausgedrückt hatte, 
dab die Anwesenheit des Glycerins in jener ersteren und dessen Ab- 
wesenheit in der letzteren sich vielleicht auch noch in den aus ihnen 
bereiteten Essigen als Unterscheidungsmerkmal werde heranziehen lassen. 
Die eigenen Zweifel des genannten Forschers an der Zuverlässigkeit 
dieses Merkmales wurden vier Jahre darauf durch H. Eckexkorn (1) 
bestärkt, der in den durch ihn untersuchten Weinessigen meist nur ca. 
0,1 Proz. Glycerin vorgefunden hatte. Hierzu ist zunächst daran zu so 
erinnern, dab die Glycerin-Bestimmung nach dem bei der Wein-Unter- 
suchung üblichen Verfahren mittelst Kalkmilch und Alkohol und Aether 
bei Essig wegen der großen Mengen von essigsaurem Kalke immer un- 


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— 618 — 


genau ausfällt und manchmal sogar unausführbar ist, was schon FRE- 
senIus (1) selbst, wie auch FARNSTEINER (1), ALLEN und Moor (1) und 
andere Forscher nachher betont haben. Nun hat uns freilich das durch 
Z=ısEL und FAnTo (1) angegebene Verfahren einen neuen Weg gewiesen, 
;sder nach den durch BropE und LanGe (1) gemachten Erfahrungen auch 
bei der Essiguntersuchung zur quantitativen Bestimmung des Glycerins 
sicher zum Ziele führt. Doch ist damit nicht viel geholfen. Denn eine 
auf den Glyceringehalt gegründete Unterscheidung von Weinessig und 
Spritessig müßte einen normalen Glyceringehalt des zur Essigbereitung 
ıo verwendeten Weines zur Voraussetzung haben. Diese letztere trifft 
aber, wie FRESENIUS (2) gegenüber A. JoONSCHER (1) neuerdings betont 
hat, sehr oft nicht zu; denn meist verarbeitet man stichige oder kranke 
Weine, in denen auch das Glycerin schon zersetzt ist. Und weiterhin 
kann, sofern davon noch ein Rest vorhanden ist, dieser dann während 
ısder eigentlichen Essiggärung (s. S. 579 u. 614) verringert oder ganz be- 
seitigt werden. Aehnliches gilt zufolge MösrLinGEr (1) vom Weinstein 
bezw. der Weinsäure, welche Eckexkror# (1) als Merkmal aufstellen 
zu dürfen gemeint hatte. Nicht besser steht es auch mit der durch 
FARNSTEINER (2) empfohlenen Heranziehung der Größe und Beschaffen- 
aheit des Trockenrückstandes. Das durch A. Srocky (1) bemerkte 
Vorkommen von Vanillin im Weinessig kann auch nicht als ein Merk- 
mal für diesen gelten; denn dieser Riechstoff ist durch Froexıus (1) 
‚ auch in Essigessenz vorgefunden worden und wird sich wohl auch im 
Spritessig entdecken lassen, weil er ja, zusammen mit Coniferylalkohol 
sund Eugenol, schon durch E. BAavEr (1) als Bestandteil des Melassen- 
branntweines erkannt worden ist, in den er von der Zuckerrübe her 
(s. Bd. II, S. 491) hineingelangt. Man wird also wohl H. Löünkıc (1) 
beipflichten können, wenn er sagt, daß derzeit eine sichere Antwort 
durch die chemische Analyse allein sich im allgemeinen nicht geben 
soläßt und daß von der Aufstellung von Grenzzahlen unbedingt abgesehen 
werden sollte. Die Kostprobe durch Essiekenner ist auch nicht mehr 
verläßlich, seitdem, wie LüHrıs und SArTorRI (1) bemerkt haben, die 
Fälscher durch Zusatz von Estern den Spritessig parfümieren, ihm Wein- 
aroma verleihen. Auf die durch das Verfahren von MEILLERE und 
3 FLEURY (1) zu ermittelnde Anwesenheit des Inosites in den Wein- 
essigen (s. S. 615) und dessen Fehlen in Spritessigen hat P. Freury (1) 
eine Entscheidung gründen wollen, die Jedoch im günstigsten Falle nur 
darüber aussagt, ob die Probe reiner Spritessig ist, und die nicht auch 
Gemische von Weinessig mit Spritessig als solche erkennen läßt. 
A. FROEHSeER (1) empfahl als Anhaltspunkt für die Beurteilung die 
Prüfung auf den Gehalt an Milchsäure, welch letztere ja zuerst 
durch R. Kuxz (1) als normaler Bestandteil jedes gesunden Weines 
erwiesen und durch SEIFERT (5 u. 7) dann als Ergebnis des Abbaues der 
Aepfelsäure (s. S. 598) erkannt worden ist; wie es jedoch in der Hinsicht 
sbei den für die Essigbereitung vornehmlich herangezogenen kranken 
Weinen steht, ist freilich eine andere Frage. 

Der Nachweis eines Zusatzes von Spritessig zu Weinessig ist also 
derzeit noch nicht eine befriedigend zu lösende Aufgabe. H. Quar- 
rın (1) hat im Jahre 1896 eine Kritik der bis dahin vorgeschlagenen 

50 Prüfungsverfahren, insbesondere desjenigen von GIRARD und Dupk£, ge- 
geben und hat daran erinnert, daß es in der Regel nicht normale son- 
dern verdorbene (also schon von Anfang an einseitig veränderte) Weine 
sind, die man der Weinessigbereitung zuführt. 


— 619 — 


Ueber das Wesen und die kennzeichnenden Merkmale, durch welche 
der aus Alkohol (Sprit) durch die Essigsäure-Gärung hergestellte Gärungs- 
essig (Spritessig) sich von der aus den Erzeugnissen der trockenen 
Destillation des Holzes u. dgl. bereiteten Essigessenz unterscheidet, hat 
W. BEHREND (1) im Auftrage des Verbandes Deutscher Essigfabrikanten 
eine Flugschrift verfaßt, in welcher auch versucht wird, die Vorzüge 
des Gärungsessigs einerseits und die Gefährlichkeit der Essigessenz 
andrerseits darzutun. Für die Essenz waren schon E. Hmrz (1) unter 
Beibringung einigen literarischen Materiales im Jahre 1898 und bald 
darauf R. Kayser (1) u.a. eingetreten. Die der Essigessenz nachgesagte 
größere Wirkungskraft bei ihrer Verwendung zur Haltbarmachung von 
Nahrungsmitteln gegenüber einem Gärungsessig von gleich großem 
Essigsäure-Gehalte, wie auch die Schädlichkeit eines unvermittelt hohen 
Zusatzes von Essenz zur Maische des Bildners wird durch RoTHEx- 
BACH (18) mit der Anwesenheit stark giftiger Verunreinigungen erklärt, 
welche der Essigessenz, als einem Erzeugnisse der trockenen Destillation 
des Holzes, hartnäckig anhaften. Als eine solche Beimengung haben 
H. Ost und F. Kreis (1) und H. Fıscke (1) in dem sogen. Eisessig des 
Handels die Ameisensäure, und zwar in der Menge bis 0,5 bezw. 
0,3 Proz. nachgewiesen. Auch RoTHENBAcH (18) hat in Essigessenz 
diese Säure vorgefunden, ein paarmal Salzsäure und öfter schweflige 
Säure. Er ging jedoch zu weit, wenn er aus diesem Grunde die Ver- 
wendung von Essigessenz in den Nahrungsmittelgewerben verboten 
sehen wollte; denn die letztgenannte Säure ist, wie W. FRESENIUS (2) 
dargetan hat, fast nur in Spuren (höchstens 4 mg im Liter) vorhanden, 
also in einer weit geringeren Menge, als sie in anderen Nahrungs- und 
(Genußmitteln, wie z. B. dem Weine, gesetzlich zulässig ist. 

Die Frage nach der Unterscheidung von (verdünnter) Essigessenz 
und Gärungsessig tritt ab und zu an den Nahrungsmittel-Chemiker in- 


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folge des oben angedeuteten Widerstreites geschäftlicher Interessen » 


heran. Nicht selten, so insbesondere in gerichtlichen Fällen, spitzt 
sie sich noch dahin zu, ob die vorgelegte Probe aus letzterem allein 
besteht oder aber auch einen Zusatz von jener ersteren enthält. Der 
Verband Deutscher Essigfabrikanten hatte im Jahre 1900 zur Aufsuchung 
eines für solche Zwecke tauglichen Verfahrens durch ein Preisaus- 
schreiben aufgefordert. Ueber dessen Ergebnis hat dann F. Rornex- 


BACH (8) dahin berichtet, daß die eingesandten drei Verfahren alle auf 


Reaktionen sich gründen, welche dem Gärungsessig eigentümlich sind, 
so insbesondere dessen Gehalt an Aldehyd, und also wohl zur Unter- 
scheidung eines reinen Gärungsessiges von verdünnter Essigessenz, je- 
doch nicht auch zu der viel wichtigeren Nachweisung eines Zusatzes 
dieser letzteren zu einem angeblich reinen Gärungsessig dienen können. 
Das gleiche gilt von einer durch W. Kraszewskı aufzefundenen Reaktion, 
welche darauf beruht, dab im Gärungsessig gewisse aus den Gärerregern 
stammende Stoffwechselprodukte sich stets vorfinden, die mit ‚Jod zu 
einer unlöslichen Verbindung zusammentreten, so daß also durch Zusatz 
dieses Reagens zu der entsprechend vorbereiteten Probe eine Trübung 
oder sogar eine Fällung hervorgerufen wird. E. Scuamipr (1) hat, unter 
Verwendung von Bact. aceti und B. Kützingianum, diese Reaktion ge- 


nauer geprüft und hat die durch ihren Entdecker gegebene Krklärung: 


als im wesentlichen zutreffend erweisen können, Später hat sich dann 
F. Rorımenpach (22) auf Grund gemeinsam mit Rossmann und Wırke 
angestellter Versuche dahin ausgesprochen, dab man als Träger jener 


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— 620 — 


Reaktion gewisse Enzyme anzusehen habe. Auch das durch C. Bör- 
TINGER (1) angegebene Verfahren gründet sich auf das ausnahmslose 
Vorkommen des Aldehyds im Gärungsessig und bringt als Reagens eine 
Auflösung von Resorein oder Pyrogallol in konz. Schwefelsäure in An- 
swendung. H. Fıncke (2) hingegen meint, eine Unterscheidung zwischen 
Gärungsessig und verdünnter Essigessenz, ja sogar einen Zusatz letzterer 
zu jenem, auf die in der Essenz stets vorhandene Ameisensäure gründen 
zu dürfen, obwohl doch er selbst die Möglichkeit des Auftretens dieser 
Säure während einer fehlerhaft verlaufenden Gärung zugibt und in 
ıomehreren echten Spritessigen zwar keine Ameisensäure vorgefunden hat, 
bei mehreren Weinessigen jedoch zu einem zweifelhaften Ergebnis ge- 
langt ist. Im Verlaufe einer kritischen Untersuchung über die Ver- 
fahren zur Nachweisung der Ameisensäure in Nahrungsmitteln hat 
Fıncke& (4) dann festgestellt, daß in Gärungsessig entweder gar keine 
soder nur eine äußerst geringe, in Essigessenz hingegen beträchtliche 
Mengen jener Säure (bis 1,0 Proz. der Gesamtsäure) vorkommen. Bei 
der Beurteilung eines angeblichen Gärungsessigs aus dem Handel wird 
der Analytiker jedoch an die im Jahre 1911 auf der Hauptversammlung 
der Deutschen Nahrungsmittel- Chemiker durch Dr. Zucker unwider- 
sprochen aufgestellte Behauptung sich erinnern müssen, daß die Mehr- 
zahl der Spritessig-Fabrikanten ihren Gärungsessig durch Zusatz von 
Essigessenz aufbessern und haltbar machen. In manchen Fällen wird 
sich eine Unterscheidung zwischen Gärungsessig und Essenz auf den 
Nachweis des im Spritessig immer häufiger bemerkten Gehaltes an 
Pyridin gründen lassen, welcher auf die angeblich immer mehr zu- 
nehmende Mitverwendung eines mit dieser Base vergällten (denaturierten) 
Spiritus zurückzuführen ist; man vergleiche darüber Fıscke (3), welcher 
auch über das geeignetste Untersuchungsverfahren spricht. Ueber die 
zur Nachweisung empyreumatischer Substanzen im Essig vorgeschlagenen 
Farbenreaktionen und über deren Verläßlichkeit für die Zwecke der 
Unterscheidung des Weinessigs von Spritessig und Essenzessig hat 
M. MALACARNE (1) einige Bemerkungen gemacht. 


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$ 136. Essigsäure-Bakterien als Schädlinge in den Gärungsbetrieben. 


Ueber den Essigstich in Bieren hat schon der $ 54 dieses Bandes 
eine Reihe von Angaben gemacht, die hier nun ergänzt werden sollen. 
Nach H. Wınr's (3) Erfahrung kommen Essigsäure-Bakterien in unter- 
gärigen wie in obergärigen Bieren sehr häufig, ja fast regelmäßig, vor, 
jedoch meist in so geringer Anzahl, daß sie nur selten die Ursache von 
Verderbnis werden. In den Erzeugnissen der untergärigen Braue- 
reien ist durch die hier sehr niedrige Temperatur der Gär- und Lager- 
keller und später durch die meist rasche Leerung des Fasses beim 
Wirte die Möglichkeit zur Entwicklung sehr gering. Wenn dennoch, 
wie ich wiederholt festgestellt habe, das dem Gaste vorgesetzte Bier 
reich an Essigsäure-Bakterien befunden wird, so stammen diese aus 
sden Abzapf-Vorrichtungen (Zapfhahn, Röhren etc.), in denen, bei nicht 
sehr sorgfältiger Wartung, sie sich rasch ansiedeln und hartnäckig be- 
haupten. Fr. Funrmann (2) hat bei seinen Untersuchungen über den 
Bakteriengehalt des Flaschenbieres des Grazer Handels, in betreff der 
man die Bemerkungen bei 0. Krauss (1) einsehe, wohl allerlei andere, 
sozum Teil als neu beschriebene Bakterien vorgefunden, von jenen Schäd- 


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— 21 — 


lingen jedoch anscheinend keinen angetroffen. Eine grobe Anzahl der 
bisher bekannten Arten von Essigsäure-Bakterien ist zuerst aus Bier 
abgeschieden worden. Deren Wirksamkeit als Erreger des Stiches kann 
man durch Luft-Abschluß verhüten. Schlimmer steht es dann, wenn 
sie außer durch Säuerung auch noch durch andere Veränderungen zu 
schaden vermögen, wie z. B. das Bact. albuminosum und das B. friabile, 
welche, wie schon auf S. 552 angedeutet wurde, zufolge ZEIDLER (1) das 
Bier trüb oder schleimig machen können. Vorbeugung der Ansteckung 
durch größte Sauberkeit, also die Fernhaltung der Keime, muß, wie 
schon auf S. 178 betont worden ist, das unablässige Streben des Brauers 
sein. Die schon auf S. 539 des Ersten Bandes erwähnte Verwendbar- 
keit des Ozons zur Bekämpfung schädlicher Keime im Brauereibetriebe 
(s. S. 592) ist neuerdings durch L. vox VETTER und E. Movrane (1), durch 
H. Wırn und P. BEYERSDORFER (1) und durch E. MovraAnG (1) ein- 
gehender geprüft worden. In betreff derobergärigen Biere, in denen 
die Essigsäure-Bakterien (dank der hier gebotenen höheren Temperatur) 
besonders häufig auftreten und zu den gefährlichsten Eindringlingen 
zählen, sei auf ScHönrEnp’s (1) Beobachtungen verwiesen. Auch in 
Weißbierim besonderen, dessen wirksame Milchsäure-Stäbchenbakterien 


(s. S. 215) noch durch ScHönFELD und DEHNIcKE (1) untersucht worden: 


sind, können Essigsäure-Bakterien Schaden stiften, und zwar entweder 
durch Säuerung oder durch Schleimßildung. In gelegentlicher Ergän- 
zung des auf S. 220—221 Gesagten soll hier noch angefügt werden, 
daß an dem durch Pediokokken zustande kommenden Sauerwerden zweierlei 


Arten sich betätigen können, die SCHÖNFELD (2) als Pediococcus acidule- 2 


faciens und P. odoris melisimilis unterschieden hat. Ueber eine absonder- 
liche Wucherung von Bact. zylinum in Weißbier hat P. Lispxer (2) 
berichtet. 

H. Zıxes (1) hat bei seiner durch längere Zeit hindurch angestellten 
mikrobiologischen Prüfung des Wassers aus vier verschiedenen Brunnen 
auf dessen Gehalt an Organismen, welche für Würze oder Bier gefähr- 
lich werden können, Essigsäure-Bakterien nur sehr selten vorgefunden. 
Das gleiche gibt H. Wırı (3) in seiner empfehlenswerten Anleitung zur 
biologischen Brauereikontrolle (s. S. 154) auf Grund fünfundzwanzig- 
jähriger Erfahrung an. 

Essigsäure-Bildung soll zufolge W. M. Esrten (1) auch einer der 
Gärungsvorgänge sein, welche an der Oberfläche der Körner des in 
Speichern (Silos) aufgesammelten Getreides (s. Bd. I, S. 610) sich ein- 
stellen. M. W. Bewerınck (1) hatte auf das allgemeine Vorkommen 
von Essigsäure-Bakterien im Staube des Getreides schon vordem hin- 
gewiesen. 

Auch im Sak6 und bei dessen Bereitung stellen Essigsäure-Bakterien 
als Zerstörer sich ein. Schon auf 8. 247 ist angedeutet worden, dab im 
Moto jene Schädlinge sehr leicht zur Geltung kommen, wenn die Bil- 
dung von Milchsäure zu langsam auftritt oder nicht weit genug vor- 
schreitet. K. Yeoa (1) empfiehlt deshalb den Zusatz einer Reinzucht 
von Milchsäure-Bakterien zu jener Maische. Y. Oxupva (1) hat aus Moto 
fünferlei Arten von Milchsäure-Bakterien abgeschieden, zwei Stäbchen- 
Arten und drei Kokken-Arten. T. Takranasnı (1) hat, in Fortführung 


der durch Sarro und durch Kozaı vorgenommenen Studien (s. S. 248), 


aus Koji, Moto und Sak& eine Anzahl von Kalımhefen abgeschieden, die 
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alle zur Bildung von Essigsäure aus Alkohol fühig sind. Bei dieser Ge- 
legenheit seien nachfolgend die wichtigsten neueren Arbeiten über die 


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Mykologie des Sak& angeführt. Ob die durch R. Narazawa (1) als 
Saccharomyces Tokyo und Sacch. Yedo beschriebenen (von Kozars Sacch. 
Sak6 verschiedenen) zwei Saccharomyceten wesentliche Erreger der Sak6- 
eärung sind, ist wohl fraglich. Ueber Bildung und Verbrauch von 

;s Aminosäuren durch Sacch. Sake und andere Hefen haben TaraHaAsaı und 
Yamamoro (1) berichtet, nachdem zuvor schon über die in Sak& vor- 
kommenden Mengen solcher Säuren und der aus ihnen entstandenen 
höheren Alkohole (s. S. 577) quantitative Ermittlungen durch TARAHASHI 
und Saro (2) angestellt worden waren. K. Kuroxo (1) zufolge ist das 

ıLeuein die Hauptquelle für die Entstehung von Fuselölen durch die 
Sak6-Hefe. Aus Moromi hat Kuroxo (2) drei Arten von Buttersäure- 
Bakterien abgeschieden, deren eine vermutlich den (als Takaawa be- 
zeichneten) eigentümlichen Geruch des Sak6-Gebräues und eine andere 
das (als Akamoto benannte) Rotwerden des Moto hervorruft. In einer 

ıs Probe umgeschlagenen (trüb gewordenen) Sak& hat Taranasnı (2) einen 
(Mycoderma saprogenes Sake benannten) Sproßpilz vorgefunden, der selbst 
durch 17 Vol.-Proz. Alkohol nicht an dem Aufkommen sich hindern lieb. 
Als Erreger einer mit dem Namen Hyochi belegten, an dem eigenartigen 
Geruche kenntlichen und oft vorkommenden Krankheit des Sak& hat 

»o TaraHasaı (3) auf Grund der Untersuchung an vielen Proben aus ver- 
schiedenen Betrieben den in mehreren Varietäten auftretenden neuen 
Bacillus saprogenes Sale beschrieben. Daneben waren meist noch Milch- 

‘ säure-Bakterien vorhanden, welche jener Forscher für Varietäten von 
Hexnegerg’s Milchsäure-Bakterien (s. S. 298) hält, und Essigsäure- 

»s Bakterien, die er als fünf Varietäten des Dact. Kützingianum HANSEN 
(s. S. 554) auffaßt. Auch von dem Aspergällus Oryzae (s. Bd. IV, S. 203 
u. 243) hat Taxamasuı (4) drei Varietäten aufgestellt. Die Angabe 
SınGuineris betreffend die Bildung von Essigsäure und Ameisensäure 
durch diesen Schimmelpilz hat durch Sarro’s (1) Nachprüfung keine Be- 

;ostätigung gefunden. An der während des Lagerns des Sak& sich voll- 
ziehenden Nachreife, durch welche eine erwünschte Abnahme der Säurig- 
keit und die Bildung wohlriechender Ester zustande kommt, betätigten 
sich in den durch Taranasnı und Saro (1) untersuchten Fällen viererlei 
(neue) Varietäten von Willia anomala (s. S. 545). 

35 In der Rumbrennerei ist das Mitspielen der Essigsäure-Gärung 
insofern erwünscht, als sie zur Bildung von wohlriechenden Estern bei- 
trägt; insbesondere im Dunder (s. S. 338) stellt sie sich ein, aber auch 
in dem der sauren Gärung überlassenen Schaume (Skimmings), worüber 
man W. ©. Wirrrams (1) vergleiche. In der durch K. Sarro (3) unter- 

suchten Rumbereitung auf den japanischen Bonin-Inseln hingegen scheint 
eine der Pichia californica nahestehende oder mit ihr sogar wesensgleiche 
Hefe außer der Alkoholgärung auch noch die Bouquetbildung zu be- 
sorgen. Eingehendere Untersuchungen über Auftreten und Art der 
Essigsäure-Bakterien fehlen ebensowohl in betreff jener Betriebe als auch 

sin betreff der ostasiatischen Branntweinbereitung überhaupt, zu deren 
Kenntnis K. Sarro (4) jüngst einen Beitrag geliefert hat, in welchem 
einige neue Gärerreger (darunter der durch sein Verhalten zu den Zucker- 
arten bemerkenswerte Saccharomyces coreanus) aus der in Korea ge- 
brauchten Art von sogen. chinesischer Hefe (s. S. 320) beschrieben 
so werden. 
Die Weinbereitung hat in allen ihren Stufen die Essigsäure- 
Bakterien zu fürchten. Auf unverletzten grünen Beeren der Weintraube 
sind freilich sie ebenso wie die Hefen meist in recht übler Lage. Und 


— 293 — 


auf solche bezieht sich wohl Funrmanv’s (1) Angabe, daß er die Trauben 
am Weinstocke als von ihnen frei befunden habe und daß die An- 
steckung des Mostes mit Essigsäure-Bakterien erst in der Presse (Kelter) 
sich einstelle, welche der Sitz dieser Schädlinge sei. Daß diese Behaup- 
tung nicht allgemein gültig ist, beweist die schon auf S. 376 erwähnte 
Essigfäule an Beeren ohne sichtbare Verletzung. Durch irgendeine 
Einwirkung verletzte Beeren zeigen, wie schon auf S. 346 u. 353 betont 
wurde, auch diese Schmarotzer in üppiger Entwicklung. Gelegenheit zu 
solcher ergibt sich, wie auf S. 387 bemerkt worden ist, weiterhin während 
der Gärung der Maische für Rotwein auf den auf dem Moste schwimmen- 
den Trestern. Die Essigsäure-Bakterien des Mostes sterben während 
dessen Alkoholgärung nicht ab, sondern werden durch die Kohlensäure, 
wie schon auf S. 354 erwähnt wurde, bloß an der Entwicklung ge- 
hindert. Diese kann also im ausgegorenen Jungweine, wenn die Be- 
dingungen günstig sind, alsbald einsetzen; es tritt der Essigstich 
(s. S. 507) dann ein, die neben dem Kahmig werden häufigste Krankheit des 
Weins. Eine beträchtliche Anzahl der bisher beschriebenen Arten von 
Essigsäure-Bakterien ist ja gerade aus Wein abgeschieden worden. Eine 
systematische Bearbeitung der Frage nach dem Vorkommen dieser Spalt- 


pilze auf Trauben und in Wein bleibt erst noch zu unternehmen; ein2 


Anfang dazu ist schon durch PERoLD (1) gemacht worden. Bei einer be- 
sonderen Erkrankung des Johannisbeer-Weines, welche schon 
durch J. BEHRENS (1) beobachtet worden war und zunächst durch Ab- 
nahme der Säurigkeit sich kundgibt, entsteht (einbasische) Essigsäure 
neben Alkohol und Kohlensäure nach Ww . SEIFERT (8) nicht infolge w vahr er 
Essigsäure-Gärung sondern als Ergebnis der Zersetzung der (dreibasischen) 
Citronensäure durch (in Reinzucht nicht erhaltene) Bakterien, welche 
auch in Traubenwein-Trub angetroffen wurden und den schon durch 
A. Fırz (1) im Jahre 1878 studierten Gärerregern in ihrer Wirkungs- 
weise sehr nahe kommen. 

In der durch MORGENROTH (1), G. Schütz (1), K. G. KUYLENSTIERNA (1) 
und J. Tuönı (1) untersuchten Flora der Limonaden des Handels sind 
wohl allerlei Schimmelpilze, Sproßpilze und Spaltpilze, jedoch bisher 
noch nicht auch Essigsäure - Bakterien aufgefunden oder aufgesucht 
worden. 


InRohrzuckerfabriken in Louisiana soll zufolge 0. A. Browne& (2) 


das Schleimigwerden der Säfte (s. Bd. II, S. 496) sehr oft durch eine 
Bakterien-Art herbeigeführt werden, welche jener Forscher für Dac- 
terium zylinum hält, obgleich dessen Zooglöen bei der Hydrolyse mittelst 
Säure nach Emmerving’s Vorgang (s. S. Pop) ihm kein Glucosamin ge- 
liefert hatten. Eine Zooglöa dieser Art war jedoch wahrscheinlich die 
durch Ep. O. von Lipemann (1) chemisch ee Wucherung, die 
aus einem mehrere Monate alten verdünnten Ablaufsirup einer Zucker- 
fabrik als weibe, steife, zähe, verfilzte und chitinhaltige Haut sich aus- 


geschieden hatte. In einem Falle der Bildung einer größtenteils aus. 


gluconsaurem Kalke zusammengesetzten, an der Wand eines Zucker- 
magazins entstandenen Masse vermutete W., Sraxiix (1) das gleiche Bak- 
terium als Zersetzungserreger, welcher die in ente nem Zuc kersirup 
enthaltene Glucose oxydiert hatte. Es kann aber auch ein anderes 


Bakterium’am Werke gewesen sein; denn die Fähigkeit zur Oxydation: 


der Glucose zu Gluconsäure ist vielen Arten eigen, auch solchen, welche 
nicht zu den Essigsäure-Bakterien zählen, so z. B. dem in sg Hin- 
sicht sehr ergiebigen Bact. Savastanoi (. Atherstonii ?) zufolge Auspene (1) 


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— 624 — 


und auch den Mycodermen, wie W. SEIFERT (3, 4, 6) im Verlaufe seiner 
Untersuchungen über Bildung und Zersetzung organischer Säuren durch 
diese Sproßpilze (s. Bd. IV, S. 310) festgestellt hat. 


Bei der Rotte des Kakao, welche A. SCHULTE ım Hore (1) neuer- 
sdings eingehend beschrieben hat, kommt, wie auf S. 654 des Ersten 
Bandes dargelegt worden ist, eine wichtige Rolle gewissen Hefen zu, 
über welche auch Korrren (1) und O. Lorw (2) einige Beobachtungen 
mitgeteilt haben. Dem letztgenannten Eofscher zufolge schließt sich an 
die durch jene besorgte Alkoholeärung dann die durch Bakterien 
werregte Essigsäure-Gärung an, durch welche eine beträchtliche Wärme- 
bildung zustande kommt, die nun zum Absterben der Samen führt. Bei 
der Kaffee-Fermentation, von der auf S. 605 und S. 655 des Ersten 
Bandes schon die Rede war, liegen nach O. Low (2) die Verhältnisse 
in dieser Hinsicht ganz ähnlich, also auch hier zuerst die Bildung von 
ıs Alkohol, der dann zu Essigsäure oxydiert wird, welche zufolge LoEw 
die Farbe der Bohnen verändert. Nach K. GorTER (1) soll jedoch bei 
der Kaffee-Fermentation hauptsächlich die Milchsäure-Gärung von Wichtig- 
keit sein. 


Auch im französischen Senf, der ja unter Verwendung von Essig 
»o hergestellt wird, hat man mit Essigsäure-Bakterien als Störungserr egern 
zu rechnen. In F ortführung seiner schon auf S. 653 des Ersten Bandes 
erwähnten Untersuchungen "hat A. Kossowicz (2) als Verursacher einer 
den Geruch, Geschmack und das Aussehen ungünstig verändernden 
Zersetzung des Senfes während des Lagerns eine Spaltpilz-Art erkannt, 
5 welche in Bier eine Essigsäure-Gärung hervorzurufen vermochte und nach- 
weislich aus dem zur Bereitung des Senfes verwendeten Essig her- 
stammte, also gegen Senföl in der im Senf vorhandenen Menge” nicht 
empfindlich ist. Das gleiche scheint merk würdigerweise von einer Proteus- 
Art zu gelten, welche, nebenbei bemerkt, in einer in Zersetzung geratenen, 
soUebligkeiten erregenden Probe italienischen Senfes durch BERTARELLI 
und MArcHELLI (1) vorgefunden wurde, zu deren Abhandlung man die 
Bemerkungen bei Kossowicz (1) heranziehe. 


Ob auch in der japanischen Soja-Sauce, sowohl während deren 
Bereitung als auch während deren Lagerung, die Essigsäure-Bakterien 
3sich als Schädlinge betätigen, ist noch nicht untersucht; an Alkohel als 
Gärmaterial mangelt es in ihr zwar nicht, doch wird der hohe Salz- 
gehalt (s. S.590) vielleicht hinderlich sein. Den auf S. 260 u. f. des 
Vierten Bandes gemachten Angaben betreffend die Gewinnung, Eigen- 
schaften und Flora dieser Würze seien noch die seitdem erschienenen 
40 Abhandlungen von K. Sarto (2), Suzukı, Aso und Mırarar (1), T. MitsupA 
(1) und S. Fuxrumoro (1) nachgetragen, von denen der letztgenannte 
fünf Varietäten von Weillia anomala in Moromi aufgefunden hat. 


In den Erzeugnissen der Molkerei hat man oft mit dem Auftreten 

von Essigsäure zu rechnen, die freilich nicht das Ergebnis echter 
sEssigsäure-Gärung ist, dennoch aber hier erwähnt werden soll. Weit 
verbreitet ist die "Fähigkeit zur Bildung von Essigsäure als Nebenpro- 
dukt bei den Milchsäure- Bakterien, deren große Schar (vergl. 
Bd. II, 8.85) F. Lönmnıs (1) zu Untergruppen zu sondern im Jahre 
1907 in einer kritischen Abhandlung versucht hat, welcher ein 157 
so Arbeiten aufzählendes Verzeichnis der zugehörigen Literatur angefügt 
ist. Verhältnismäßig reichliche Mengen von Essigsäure bildet aus 
Milchzucker das gemeine Bact. lactis aerogenes, das aus diesem Grunde 


(s. Bd. II, S.107) durch Basıssky geradezu als Bacterium aceticum be- 
zeichnet worden war. Die als Bestandteil der Milch erkannte Citronen- 
säure wird zufolge Boswort# und Prucaa (1) durch das Bact. lactis 
aerogenes unter Abspaltung von zwei Molekülen Essigsäure vergoren. 
Mit dem Vorkommen dieser letzteren Säure als Stoffwechselprodukt der 5 
Milchsäure-Bakterien wird man demnach insbesondere in gewissen Ge- 
tränken zu rechnen haben, welche aus Milch hergestellt werden, so z. B. 
in dem neuerdings (s. Bd. II., S. 128) durch Popwyssozk1 (1), NIKOLATEWA (1), 
W. Kuntze (2) und A. GinzBErc (1) geprüften Kefir, in dem nun ge- 
nauer durch WEIGMANN (1), DüsseLı (1), WEIGMANN, GRUBER und Huss ıo 
(1) und W. Kuxzze (1) durchforschten Mazun (s. Bd. II, S. 134), in der 
diesem letzteren ähnlichen und durch CHATTERJEE (1) untersuchten 
indischen Sauermilch Dadhi und in dem ägyptischen Leben raib 
(s. Bd. II, S. 135). Diesem letztgenannten Getränke nahe verwandt und 
gleichfalls etwas essigsäurehaltig ist der Yoghurt, der wohl mit ders 
durch Maz£ (1) und P. vav DER WIELEN (1) näher betrachteten Yaourte 
der Türken (s. Bd. II, S. 135) identisch und Gegenstand einer großen 
Anzahl von Abhandlungen geworden ist, so von GUERBET (1), von ÜOHENDY 
(1), von METSCHNIKOFF (1), von FUHRMANN (3), von LUERSSEn und Künn 
(1), von Krorz (1), von KuxtzeE (1), von SEWERIN (1), von BELONOVSKY » 
(1), von PIOoRKOWSsKI (1), von WHITE und Avery (l), von MARKRINOFF (1), 
von EFFRoNT (3) und von OEHLER (1), und in denen der Widerstreit der 
Meinungen sich zum Teil auch um die Frage dreht, ob der als Ba«eillus 
bulgaricus bezeichnete Säuerungserreger mit dem sogen. Streptobacillus 
(Streptococeus) lebenis identisch ist. Wie BERTRAND und WEISWEILLER (1), 25 
MarGaıtuan (1) und Bertranp und Ducnäcer (1) festgestellt haben, 
spaltet und verarbeitet jenes Milchsäure-Bakterium wohl die Lactose, 
Glucose, Fructose und Galactose, nicht aber auch Saccharose, Maltose, 
Sorbose, Xylose, Arabinose oder Mannit, bildet also Lactase, die jedoch 
zufolge BERTRAND und VEILLoN (1) nur in Gegenwart von Lactose aus- » 
geschieden wird. Noch nicht erkundet ist das Vorkommen von Essig- 
säure in dem Gioddu oder Mezzoradu, einer von den Hirten der 
Gebirge Sardiniens bereiteten besonderen Art von Sauermilch, in welcher 
zufolge Grıxont (1) der Sacch. sardous und der Bac. sardous in Symbiose 
und als einzige Gärerreger wirken. Essigsäure tritt auch in der myko- 
logisch durch Maz& (1) geprüften, in der Bretagne einheimischen gros 
lait und in dem zu deren Bereitung verwendeten Gärerreger, dem 
Gweden, auf. Mit Essiesäurebildung als (allerdings seltenen) Störungs- 
erscheinung hat man auch bei der Bereitung des Kumys zu rechnen: 
ob sie auf die Tätigkeit der Milchsäure-Bakterien (s. S. 624) zurückzu- 
führen oder aber als echte Essigsäuregärung und also als Ergebnis der 
Einwirkung der Essigsäure-Bakterien auf den reichlich (bis 3 Proz.) 
vorhandenen Alkohol zu deuten ist, bleibt schon aus dem einen Grunde 
zweifelhaft, weil sie erfahrungsgemäß nur in dem in verschlossenen 
Flaschen aufbewahrten Kumys auftritt. Auf letztere Tatsache weist B. 4 
Rusrssky (1) in einer Abhandlung hin, welche nicht nur die vorhandene 
Literatur über dieses Getränk kritisch zusammenstellt und Angaben 
über dessen Bereitung und Zusammensetzung macht, sondern auch ein- 
gehend über eigene Untersuchungen berichtet, nach denen von den darin 
regelmäßig vorkommenden vier Arten von Gärerrerern, nämlich der 
Kumys-Hefe, dem Kumys-Bakterium, dem Streptococeus lactis (Baet. lactıs 
acidi Leıcnm.) und dem Baect. lactis aerogenes (Bac. acidi lactiei Hurvvr), 
bloß die zwei erstgenannten für die Kumys-Gärung unerläßlich sind. 
LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. Bd. V. Au 


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Gleichfalls durch Milchsäure-Bakterien entstehen auch jene beträcht- 
lichen Mengen von Essigsäure, welche den Hauptanteil an der Säurig- 
keit des Brotes ausmachen, das mittelst Sauerteiges (s. Bd. II, S. 513) 
bereitet wird. Aus diesem letzteren selbst hat Prrers (1) auch ein als 
; bacterium © bezeichnetes echtes Essigsäure - Bakterium abgeschieden. 
Eine umfassende Untersuchung über Vorkommen und Wirken der Essig- 
säure-Bakterien auf dem Sauerteige, insbesondere während dessen Altern, 
fehlt zur Zeit noch. 


Literatur 
zum Kapitel Die Essigsäure-Gärung. 


*Abbott, A. C., (1) The Medical News, Philadelphia, Jan. 2, 1886. *Aldefeld, 
C. L. W., (1) Journal f. techn. u. ökonom. Chemie, 1832, Bd. 13. S. 283. — (2) Das 
Geheimnis der Schnell-Essigfabrikation ete., Aachen u. Leipzig 1840. *Alilaire, E., (1) 
Comptes rend. de l’Ac., 1906, Bd. 143, S. 176. *Allen und Moor, (1) The Analyst, 
1893, Bd. 18, S. 240. *Alsberg, Carl L., (1) Journal of Biologieal Chemistry, 1911, 
Bd. 9, S. 1. *Appel, Otto, und Wollenweber, W., (1) Arbeiten a. d. Kais. Biolog. 
Anstalt f. Land- und Forstwirtschaft, 1910, Bd. 8, Heft 1; Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., 
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(Manuskript- Einlauf: 
sl, Juli 1913.) 


20. Kapitel. 
Der Abbau einiger organischer Säuren durch Spaltpilze. 
Von 
Dr. W, OmELiaxskt. 


$ 137. Organische Säuren als Kohlenstoff-Quelle 
für Mikroorganismen. 


Wie bekannt, erleiden unter Einwirkung verschiedenartiger Mikro- 
organısmen die komplizierten und meistens unlöslichen organischen Stoffe, 
welche als pflanzliche oder tierische Ueberreste in den Erdboden ge- ; 


— 634 — 


langen, eine Reihe von aufeinanderfolgenden Veränderungen und werden 
hierbei zu immer einfacheren Verbindungen abgebaut. Unter günstigen 
Bedingungen führt dieser Vorgang zur vollständigen Mineralisierung des 
Ausgangsmaterials, d. h. zudessen Umwandlung in Wasser, Kohlensäure, 

5 Ammoniak, Salpetersäure, Stickstoff, Wasserstoff u. dergl. m. Je näher 
dem Anfange dieses Prozeßes, um so größer ist in der sich zersetzenden 
Substanz der Energievorrat, und um so größer ist auch deren Nährwert. 
Dementsprechend ist auch die Menge der Mikroorganismen, welche die- 
selbe angreifen können, zahlreicher und manmnigfaltiger. Je weiter der 

ı0 Prozeß fortgeschritten, je tiefer der Zerfall des Moleküles der organischen 
Substanz eingetreten ist, um so geringer ist ihr Nährwert und um so 
enger ist der Kreis der Mikroben, die auf deren Kosten heranwachsen 
können. In dieser Kette aufeinanderfolgender Umwandlungen nimmt 
der Zerfall organischer Säuren, wenigstens derjenigen, welche ein weniger 

ıskompliziertes Molekül und einen sehr geringen Kalorienwert besitzen, 
mit eine der letzten Stellen ein. Hierher gehören die Ameisensäure, 
die Essigsäure, die Buttersäure, die Oxalsäure und ähnliche Säuren, 
welche gewöhnlich bei verschiedenen Gärungsvorgängen durch die Zer- 
setzung der Proteine, Kohlenhydrate, höheren Alkohole usw. entstehen. 

»Ihr Abbau stellt eben gerade die vorletzte Stufe des Vorganges dar, 
welcher schließlich zur vollständigen Mineralisierung der organischen 
Stoffe führt. 

Der Nährwert organischer Säuren hat bereits seit langem Berück- 
sichtigung gefunden. So findet man z. B. in Dusarpın’s Abhandlung 

> „Histoire naturelle des Zoophytes“ im Jahre 1841 verzeichnet, dab die 
Entwicklung mikroskopischer Wesen in Infusen durch Zusatz ver- 
schiedener Salze, z. B. oxalsauren Ammoniaks, gefördert wird, wobei 
dieses Salz allmählich durch die Mikroben zersetzt wird und aus dem 
Infus verschwindet. 

30 Daß im Erdboden auch Agentien für die Zerstörung dieser als Nähr- 
stoffe verhältnismäßig minderwertigen Substanzen vorhanden sein müssen, 
ist schon darum unzweifelhaft, weil viele von ihnen, obwohl sie als 
gewöhnliche Zersetzungsprodukte bei mannigfachen Gärungen auftreten, 
dennoch im Erdboden sich niemals in einigermaßen größerer Menge 

ss anhäufen. 

Wenn es bei Prozessen, die mit der Bildung organischer Säuren 
verknüpft sind, an den nötigen Mengen von Basen fehlt, um diese Säuren 
zu binden, so wird die Unterlage häufig sauer, und es werden Bedin- 
gungen geschaffen, welche das Aufkommen von Schimmelpilzen begünstigen, 

insbesondere dann, wenn die Luft ungehinderten Zutritt hat. Unter dem 
Einflusse dieser kräftig oxydierenden Agentien verbrennen auch die 
einfachsten organischen Säuren bis zu Kohlensäure und Wasser. Aber 
derartige Bedingungen, d. h. ungehinderter Luftzutritt bei schwach 
saurer Reaktion, sind bei weitem nicht immer vorhanden. Ist die Reak- 

stion neutral oder schwach alkalisch, so entwickeln sich bei Luftzutritt 
aerobe Bakterien, unter denen es auch nicht wenige Vertreter mit stark 
ausgeprägt oxydierender Wirkung gibt. Oft geht die Zersetzung organi- 
scher Substanzen, wenn auch nicht bei vollkommener Abwesenheit von 
Sauerstoff, so doch jedenfalls unter sehr beschränktem Luftzutritt, sowie 
soin neutralem oder schwach alkalischem Nährboden von statten. Wir sind 
berechtigt, gerade derartige Bedingungen bei den Zersetzungen im Inneren 
eines Düngerhaufens, in schlammigem oder festem Erdboden u. derg]. als 
gereben zu erachten. In diesem Fall treten unter Einwirkung anae- 


— 695 — 


rober Bakterien gewöhnlich Gärungen auf, welche eine reichliche Zer- 
setzung organischer Säuren zur Folge haben. Es können also die Be- 
dingungen, unter denen organische Säuren in der Natur in den Kreis- 
lauf des Stoffwechsels hineingerissen werden, sehr verschieden sein, und 
dementsprechend sind auch die Mikroorganismen, welche den Zerfall 5 
organischer Säuren bewirken, sehr mannigfaltig, und zwar gehören so- 
wohl Schimmelpilze als auch Hefen- und Spaltpilze hierher. 

Besonders mannigfaltig ist die Mikroorganismen-Flora, welche sich 
auf organischen Säuren mit kompliziertem Molekül ansiedelt, das aus 
zahlreichen Untergruppen von Säuren, Alkoholen, Aminen u. dergl. m.ıo 
besteht, einen großen Energievorrat aufweist und infolgedessen für 
Mikroorganismen eine sehr ergiebige Quelle des Kohlenstoffs (nicht selten 
auch des Stickstoffs) ist. Hierher gehören die Bernsteinsäure, die Wein- 
säure, die Citronensäure, die Asparaginsäure u. a. m. wie auch deren 
Salze. Ein tiefgreifender Abbau bis zu den letzten Zerfalls-Produkten :5 
übersteigt jedoch gewöhnlich die Leistungsfähigkeit eines einzelnen 
Mikroorganismus. Diese Arbeit verteilen gewöhnlich mehrere Mikro- 
organismen-Arten unter sich, wobei die komplizierte Säure nach und 
nach in einfachere Verbindungen übergeht. So zerfällt z. B. die Aepfel- 
säure unter Bildung von Milchsäure, diese wiederum unter Bildung von 
Buttersäure und schließlich zersetzt sieh die Buttersäure, wobei Kohlen- 
säure und Wasser oder aber Kohlensäure und Methan entstehen. Ueber- 
haupt können wir von der ganzen Gruppe der Säuren sagen, dab deren 
Zersetzung durch Mikroorganismen eine in der Natur sehr verbreitete 
Erscheinung darstellt, welche im allgemeinen Stoff- und Kraft-Wechsel » 
eine wesentliche Rolle spielt. 

Ueber die Zersetzung organischer Säuren durch Hefenpilze finden 
sich eingehende Angaben an anderen Stellen dieses Handbuches, so 
zuletzt im 17. Kapitel des vorliegenden Bandes, welches also nach- 
zuschlagen ist. 30 

Auch Algen können, wie die an einer großen Anzahl (ca. 40) von 
Arten angestellten Untersuchungen von Tresovx (l) erwiesen haben, 
ihren Kohlenstoff aus organischen Säuren schöpfen. Zu diesen Versuchen 
diente eine Lösung mineralischer Stoffe mit Zusatz von 0,05—0,4 Proz. 
Kalisalzen der Ameisensäure, Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure, 35 
Aepfelsäure, Weinsäure und Citronensäure, Die Hälfte der untersuchten 
Arten entwickelte sich auf diesen Säuren, wobei die besten Ergebnisse 
mit dem Kaliumacetat in der Konzentration von 0,28 Proz. erzielt 
werden konnten. Wir wollen auch daran erinnern, dab zufolge Munk (1) 
im Körper höherer Tiere und Pflanzen organische Säuren zersetzt werden » 
und gleich dem Fett den Eiweib-Verbrauch zu schützen vermögen, Wo- 
bei diese eiweißsparende Kraft der Fettsäuren bis zu den niedrigsten 
Gliedern dieser Gruppe allmählich abnimmt, worüber man Näheres 
bei SCHEREMETJEWSKI (1), SCHOTTEN (1), WEISKE und Fuecnsis (1) und 
L. Meyer (1) findet. 15 

Der Grad der Zersetzbarkeit der organischen Säuren durch Mikroben 
steht zweifellos in unmittelbarem Zusammenhange mit ihrem Nährwerte. 
Der durch Beobachtung und chemische Analyse qualitativ und quanti- 
tativ feststellbare Abbau der Säuren ist als eine der Aeubßerungen des 
verwickelten Ernährungs-Vorganges der Mikroorganismen, ihres Bau- 
und Betriebs-Stoffwechsels zu betrachten. Die Zersetzbarkeit verschiedener 
Säuren muß also im Zusammenhange mit deren relativem Nährwerte 
behandelt werden. Da jedoch diese letztere Frage schon im 14. Kapitel 


— 66 — 


des Ersten Bandes eine allgemeine Betrachtung gefunden hat, so wollen 
wir uns nun im nächsten Paragraphen auf einige das Thema vorliegenden 
Kapitels betretfende besondere Bemerkungen beschränken. 


$ 155. Der Nährwert organischer Säuren. 


5 Versuche, den relativen Nährwert verschiedener Säuren zu bestimmen, 
sind bisher schon oft und in ziemlich beträchtlicher Menge vorgenommen 
worden. Sie besitzen jedoch, wie alle derartigen Versuche, nur bedingten 
Wert, und zwar aus folgenden Gründen. Erstens kann man kein genaues 
objektives Mab zum Vergleich des Säure-Nährwertes feststellen, da letz- 

ioterer, wie schon im 14. Kapitel des Ersten Bandes dargelegt worden 
ist, in Abhängiekeit von der Versuchsanordnung steht, sich mit der 
gewählten Konzentration, Temperatur u. dergl. m. ändert. Ein und 
dieselbe Säure kann bei einer bestimmten Konzentration wohl Nähr- 
fähigkeit besitzen, bei einer anderen Konzentration aber eiftiz sein. So 
ıs kann zufolge BoKorny (1) z. B. ein Salz der Normal-Valeriansäure bei 
einem Gehalt von 0,05 Proz. die Ernährung von Mikroben fördern, 
während es bei einer Konzentration von 0,2 Proz. bereits entwicklungs- 
hemmend wirkt, bei noch höherer Konzentration aber zum Stillstehen der 
‚ bLebenstätigkeit führt. Sogar ein so stark antiseptisch wirkendes Mittel 

20 wie die Salicylsäure kann zufolge Lorr (1) bei einem Gehalt von ca. 0,05 & 
auf ein Liter das Gedeihen von Schimmelpilzen fördern und durch diese 
zersetzt werden. Weiter müssen wir mit dem spezifischen Wahlvermögen 
der Bakterien rechnen, dank welchem die einzelnen Arten von Organismen 
unter den Säuren ihre Wahl treffen, und zwar unabhängig von dem 

» allgemeinen Nährwerte derselben und nicht selten sogar im Gegensatz 
zu diesem. Mit Beispielen eines derartigen Wahlvermögens der einzelnen 
Arten gegenüber bestimmten Säuren werden wir es in vorliegendem 
Kapitel noch oft zu tun haben. Schließlich muß in Betracht gezogen 
werden, dab eine jede gegebene Säure sich in verschiedenem Grade als 

so Kohlenstoff-Quelle bewähren kann, je nachdem ob sie die Vermehrung 
der Mikroorganismen fördern oder aber zur Unterhaltung der Lebens- 
tätiekeit schon vollkommen entwickelter Zellen dienen soll. Alle diese 
Verhältnisse machen die Feststellung einer unbedingt giltigen Stufenleiter 
der Nahrhaftiekeit verschiedener Säuren in Abhängigkeit von ihrer 
chemischen Natur unmöglich. Die Wertlosigkeit derartiger Versuche 
wird am besten durch solche Beispiele dargetan, in welchen es sich einer- 
seits um den ungefähr gleichen Nährwert ganz verschieden gebauter 
Säuren, z. B. der Fettsäure-Reihe und der aromatischen Reihe, anderer- 
seits aber um wesentliche Unterschiede des Nährwertes bei Stereoisomeren 
wein und derselben Säure handelt, die sich nur durch die räumliche 
Lagerung der Atome voneinander unterscheiden, wie z. B. bei der 
Weinsäure, 
Behalten wir die erwähnten Einschränkungen im Auge und ver- 
ziehten wir auf die Absicht, Gesetze feststellen zu wollen, welche für 
sämtliche Säuren und sämtliche Bakterien Giltigkeit haben sollen, so 
müssen wir nichtsdestoweniger zugeben, dab die organischen Säuren, 
welche Verbindungen von verhältnismäßig einfacher Zusammensetzung 
und durchaus bestimmtem Bau darstellen, das passendste Material dafür 
bilden, um gewisse Schlüsse in betreff der chemischen Arbeit der 
so Mikroben, ihrer besonderen Einwirkung auf verschiedene chemische 


SIT ee 


Gruppen, der Bedeutung verschiedener Atom-Verbindungen usw. zu ziehen, 
Schlüsse, die freilich nur bedingte Giltiekeit haben. 

Wir wollen die schon recht veralteten und bereits im 14. Kapitel 
des Ersten Bandes erwähnten Arbeiten von STUTZER (1) und NÄserıı (2) 
nicht weiter berühren und sofort die zu unserem Thema in näherer Be- 
ziehung stehenden Untersuchungen MaAassey’s (1) besprechen. In dieser 
im Jahre 1896 im Drucke erschienenen umfangreichen Arbeit hat deren 
Verfasser das Verhalten einer großen Reihe von Mikroben (52) zu Salzen 
verschiedener organischer Säuren (21) mit ganz verschiedenartigem Auf- 
bau des Moleküls geprüft. Die Versuche wurden unter aeroben Be- 1 
dingungen und in einem Nährboden angestellt, welcher auf ein Liter 
destillierten Wassers die erforderlichen Mineralsalze, 10 & Pepton und 
Salze organischer Säuren in einer Menge enthielt, welche dem Zehntel 
ihres Molekulargewichtes gleichkam. Auf Grund der Untersuchungs- 
Ergebnisse wurde die Größe des Nährwertes der einzelnen Säuren an ıs 
der Anzahl von Mikroben-Arten gemessen, welche diese Säuren als 
Kohlenstoff-Quelle zu benutzen imstande sind. Maassen kam so zu dem 
Schlusse, daß als besonders günstig für die Assimilation die Atom-Gruppe 


[> 


H—C—OH anzusehen ist, welche in der Milchsäure, Glycerinsäure, 


Aepfelsäure, Weinsäure und Schleimsäure vorkommt. Begünstigt wird » 
die Assimilation auch durch die Gruppe —CH,—C(OH)—, wie sie die 


Citronensäure enthält, oder —CH,—CH,—, wie sie in der Bernstein- 
säure gegeben ist, oder —CH—=CH—, wie sie in der Fumarsäure sich 
findet. Indem MaaAssen die Säuren nach der Anzahl von Bakterien- 
Arten anordnete, weiche imstande waren, in den Lösungen zu wachsen » 
und die Säuren zu zersetzen, konnte er folgende Reihenfolge aufstellen: 


1. Aepfelsäure 8. Schleimsäure 15. Malonsäure 

2. Citronensäure 9. Weinsäure 16. Aconitsäure 

3. Fumarsäure 10. Essigsäure 17. Tricarballylsäure 

4. Glycerinsäure 11. Propionsäure 18. 3-Oxybuttersäure 30 
5. Bernsteinsäure 12. Oxyessigsäure 19. Mandelsäure 

6. Ameisensäure 13. Chinasäure 20. «-Oxyisobuttersäure 

7. Milchsäure 14. Maleinsäure 21. Oxalsäure 


Außer der Ameisensäure erkennt MAAssen die acht ersten Säuren 
dieser Reihe als gute Nährstoffe an. Daß allen diesen Versuchen, eine 
absolute Skala des Nährwertes verschiedener organischer Säuren auf 
(rund ihrer Zusamiensetzung aufzustellen, nur bedingte Giltigkeit zu- 
kommt, ersieht man aus folgenden zwei Beispielen. Nach Maassen (1) 
und nach Lozw (1) ist die Oxalsäure für Bakterien-Entwicklung bei- 
nahe ganz untauglich, den Angaben Sauzmann’s zufolge stellt sie aber 
für Actinomyces odorifer (s. Bd. Ill, S. 212) eine bessere Kohlenstoffqnelle 
dar als z. B. die Milchsäure, deren Nährwert in bezug auf andere 
Mikroben bedeutend höher ist. Auch für die Sporenbildung bei Merulius 
lacrymans ist eine O,5-proz. Lösung von Oxalsäure ein günstigerer Nähr- 
boden als gleichstarke Lösungen einbasischer Säuren. 15 

Als Maassen andererseits die verschiedenen Bakterien-Arten nach 
der Anzahl von Säuren, welche sie zu verarbeiten imstande sind, zu- 
sammenstellte, konnte er als kräftigste Säure-Zersetzer den Daeillus 
cyanogenus, den Bac. fluorescens, den Bac, fluorescens putidus, den Bae. 


ee 


35 


) 


pyocyaneus und andere erkennen, während der Bac, anthracis, der Ba. 
ramosus, der Bae. tuberculosis, der Proteus Zenkeri und andere diese Fähig- 
keit fast gar nicht besitzen. Die bemerkenswerten Ergebnisse MAAssEN’s 
können aus Gründen, welche bereits oben erwähnt sind, nicht auf all- 
sgemeine Giltigkeit Anspruch machen und treffen nur für bestimmte, von 
ihm gewählte Versuchsbedingungen zu. 

Eine ebenso beschränkte Bedeutung kommt auch den Gesetzmäßig- 
keiten zu, welche Lorw (2) für die Abhängigkeit des Nährwertes ver- 
schiedener Säuren von deren Bau feststellen konnte, und zwar zum 

Teil auf Grund von Beobachtungen NäÄseurs, hauptsächlich aber auf 
Grund eigener Versuche, die mit Mischzuchten von Fäulnisbakterien, 
sowie mit einer Reinzucht von Bae. fluorescens liquefaciens vorgenommen 
worden waren: 

1. Die Ernährungsfähigkeit der Säuren der aliphatischen Klasse 

snimmt mit deren Steigen in den homologen Reihen ab. Die Valerian- 
säure ist ein schlechterer Nährstoft als die Essigsäure. 

2. Die Einführung einer Hydroxyl-, Keton- oder Aldehyd-Gruppe 
begünstigt den Nähreftekt. Die Milchsäure wirkt besser als die Propion- 
säure, die Schleimsäure besser als die Adipinsäure (die Essigsäure aber 

zo besser als die Glycolsäure), die Lävulinsäure besser als die Valerian- 
säure. 

3. Die Anhäufung von Methyl-Gruppen wirkt in vielen Fällen un- 

' günstig. Die Isobuttersäure wirkt weniger günstig als die normale 
Buttersäure; vergl. BoKornY (1). 

25 4. Verbindungen von ringförmiger Struktur, besonders ungesättigte 
und nicht hydroxylierte, sind ungünstig. Die Benzoesäure, die Amido- 
benzoesäure, die Salicylsäure ernähren sehr schlecht. 

Lorw hat auch noch den Versuch gemacht, verschiedene orga- 
nische Verbindungen (unter ihnen auch die Säuren) nach ihrer Nahr- 

so haftigkeit in absteigender Reihenfolge anzuordnen, wobei das Ergebnis 
ungefähr dasselbe war wie bei Maassexn; eine Ausnahme machen die 
Ameisensäure und die Fumarsäure, denen LoEw einen geringeren Nähr- 
wert beimibt. 

Das Studium des Abbaues organischer Säuren unter Einwirkung 

3; niederer Organismen bietet auch in praktischer Hinsicht ein bedeutendes 
Interesse, weil es über verschiedene technische Fragen auf dem Ge- 
biete der Weinbereitune, der Essigfabrikation usw. Aufschluß gibt. 
Wir erinnern an den schon auf S. 472 u. f. besprochenen Säureabbau 
der Trauben-, Obst- und Beerenweine während ihrer Lagerung. Es 

‚bedarf wohl kaum der Erwähnung, welche große Bedeutung für den 
Weinbauer eine gründliche Kenntnis der Zersetzungs-Bedingungen der 
in Weinen enthaltenen Säuren hat, um Weine richtig lagern zu lassen 
und die in ihnen entstehenden Gärungs-Vorgänge leiten zu können. 
Weiter sei auf die Gefahr hingewiesen, welche in der Essigfabrikation 

s durch Mycoderma vini droht, über die schon auf S. 602 eingehende An- 
gaben zu finden waren. Schließlich wollen wir noch darauf hinweisen, 
daß man das ungleiche Verhalten zu organischen Säuren in letzter 
Zeit zur differentiellen Diagnostik vieler pathogener Bakterien und 
ihnen nahestehender saprophyter Formen benutzt hat, worüber man 

so BAHR (1) und OMELIANSKI (2 u. 3) vergleiche. 

Alles oben Gesarte begründet, wie mir scheint, in genügendem 
Maße das hervorragende wissenschaftliche und praktische Interesse an 
der Erforschung des Abbaues organischer Säuren unter Einwirkung 


— 59 — 


niederer Organismen. Dennoch ist auf diesem Gebiete bisher sehr 
wenig geleistet worden und zudem stammt dieses geringe Tatsachen- 
Material größtenteils aus einer Zeit her, in welcher man noch nicht 
mit Reinzuchten arbeitete, die Apparate und Nährböden nicht sterili- 
siert und die Gärungen nach Beimpfung mit faulenden Infusen oder 3 
Exkrementen studiert wurden. Bei derartiger Versuchsanstellung war 
freilich nicht auf Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu rechnen, so dab 
diese bei verschiedenen Forschern nicht selten einander widersprachen. 
Besonders unbestimmt ist die Frage nach der Art der Mikroben, welche 
den Abbau organischer Säuren besorgen: viele Forscher haben diese ı0 
Frage gar nicht berührt, in anderen Fällen sind die Angaben so un- 
genau und zweifelhaft, daß wir sie heute durchaus nicht benutzen 
können, so z. B. die Arbeiten von Fırz und anderen. Deshalb werden 
wir im folgenden notgedrungen fast ausschließlich den chemischen Teil 
der Erscheinungen betrachten müssen. 15 

Indem wir uns auf diese Vorbemerkungen beschränken, wollen wir 
nun zur Beschreibung der Zersetzung der einzelnen Säuren übergehen, 
wobei gar nicht berührt oder bloß kurz erwähnt all diejenigen Säure- 
zersetzungen sein sollen, von welchen bereits an anderen Stellen dieses 
Handbuches die Rede war: im 14. Kapitel des Ersten Bandes der Nähr- » 
wert der organischen Säuren, im 15. Kapitel desselben Bandes die 
Spaltung der optisch-aktiven Säuren, im 3. Kapitel des Dritten Bandes 
die Vergärung der Harnsäure und der Hippursäure. 


$ 139. Die Verarbeitung der Ameisensäure. 


Die Ameisensäure, als die einfachste der organischen Säuren, gehört » 
zu denjenigen Verbindungen, denen man in der Natur sehr oft begegnet. 
In freiem Zustande ist sie (in ziemlich konzentrierter Lösung) im Körper 
der roten Ameisen (Formica rufa), in Muskeln und verschiedenen Organen 
des Menschen und der Tiere, im Safte verschiedener Früchte und der 
Brennesseln enthalten und überhaupt im Pflanzenreiche weit verbreitet, so 
worüber man Näheres bei BERGMANN (1) findet. Zugleich ist die Ameisen- 
säure ein ziemlich gewöhnliches Produkt verschiedener Gärungen; ihre 
weitere Zersetzung bildet gleichsam die letzte Stufe der abbauenden 
Tätigkeit der Mikroben. Weil die freie Ameisensäure zufolge Ducnaux (3) 
eine beträchtliche antiseptische Kraft besitzt, kann ihre Entstehung bei s 
verschiedenen Gärungen diese letzteren empfindlich hemmen und sogar 
zu vollkommenem Stillstande bringen, zu dessen Verhütung also ein 
Zusatz von neutralisierenden Substanzen (CaCO,) zu den Zuchten erforder- 
lich wird. 

Die ersten Angaben über Zersetzung ameisensaurer Salze durch « 
Bakterien verdanken wir Horrr-Seyter (1), welcher die Umwandlung 
des ameisensauren Kalkes in kohlensauren Kalk bei Beimpfung mit 
Schlamm nach der Gleichung: Ca(CHO,), + 2H,0 — CaCHO,) + 2H, 
beobachtete. 

Einen ähnlichen Abbau des ameisensauren Natrons haben Parks ıs 
und JoLuyMAN (1) wie auch Loew (2) beobachtet. Lietzterer Forscher 
schied hierbei einen besonderen Bazillus ab, den er Dae. methylicus be- 
nannte, und zwar darum, weil er die Fähigkeit zeigte, in Lösungen von 
Methylalkohol und dessen Abkömmlingen (Ameisensäure u, a.) zu wachsen; 
er gehört nach Karayama (1) wahrscheinlich zu den überall verbreiteten so 


— 640° — 


Bodenmikroben. Der Baec. methylicus tritt in kurzen Stäbchen von 1u« 
Breite und 2—2,5 u. Länge auf und entwickelt sich unter aeroben Be- 
dingungen gut bei 16—18° C auf einer Lösung von 0,5 Proz. ameisen- 
saurem Natron. MAaassex (1) schließt in seiner auf S.637 bereits gewürdig- 
sten Arbeit die Ameisensäure, obwohl sie in seiner Tabelle des Nährwertes 
die sechste Stelle einnimmt, dennoch aus der Zahl der acht nahrhaftesten 
Säuren aus und tut dies, meiner Meinung nach, ebenso ohne genügenden 
Grund wie Low (2), der die Ameisensäure gleichfalls unter die sehr 
mangelhaften Kohlenstoff-Quellen einreiht. 

10 Im Jahre 1903 hat Omenıasskı (1) aus Pferdemist das Dacterium 
formieicum abgeschieden, einen mit Eigenbewegung begabten Spaltpilz 
von 0,7—0,8 u Breite und 2—3 u Länge, welcher zur Gruppe des Dact. 
coli commune gehört und ameisensaure Salze sehr lebhaft zersezt. Um 
den Abbau hervorzurufen, genügt es nach OMELIANSKTI, eine Lösung von 

152 Proz. ameisensaurem Kalk und 0,1—0,2 Proz. Pepton in Leitungswasser 
in ein Kölbchen zu einem Drittel zu füllen und mit altem Mist zu be- 
impfen. Bei 35° © tritt dann gewöhnlich nach 1—2 Wochen Gärung 
ein, begleitet von Gas-Ausscheidung (Wasserstoff und Kohlensäure) und 
Bildung der charakteristischen Kreide-Ablagerung am Boden und an den 

»» Wandungen des Gefäßes, sowie auch eines Kreidehäutchens an der Ober- 
fläche der gärenden Flüssigkeit. Der Kreidebelag besteht aus schön 
geformten mikroskopischen Sphärolithen, welche zweierlei Schichtung 

‘ zeigen, eine radiäre und eine konzentrische. Das Bact. formicicum ge- 
hört zu den fakultativen Anaeroben und wächst bei 35° C besonders 

»5bei Luftzutritt vortreiflich auf den gewöhnlichen Bouillon-Nährböden. 
Sehr charakteristisch für diese Art ist deren aerobes Wachstum auf 
Nährböden, die ameisensaure Salze enthalten. OMELIANSKI gebrauchte 
einen Nähr-Agar folgender Zusammensetzung: Caleiumformiat 2g, Pepton 
0,5 g, Agar 15 g, Leitungswasser 100 cem. Am 2.—3. Tage nach der 

30 Beimpfune auf die schräge Oberfläche dieses Agars erscheinen kleine 
braune Kolonien, welche an Größe allmählich zunehmen und sich zugleich 
mit Kreide-Kristallen durchsetzen. Diese Verkalkung der Kolonien 
erreicht in alten Zuchten einen so hohen Grad, daß die ganze Kolonie 
sich in ein festes Kreideplättchen verwandelt, welches wie ein Schüppchen 

3 aussieht und mit der Nadel von der Agar-Öberfläche als solches abgehoben 
werden kann. Nimmt man anstatt der Kalksalze ein Alkalisalz der 
Ameisensäure, so wird bei Zersetzung dieses letzteren der Nährboden 
mit löslichen Karbonaten anger eichert‘ und nimmt eine ansteigende al- 
kalische Reaktion an. was man durch einen Zusatz von Phenolphtalein 

‚deutlich sehen kann (Rötung des Nährbodens). Der Abbau ameisensaurer 
Salze in peptonhaltigen Nährböden findet nur unter aeroben Bedingungen 
statt. Wenigstens für den Beginn der Gärung ist die Anwesenheit von 
Luft erforderlich; ohne diese setzt sie nicht ein, und das Salz bleibt 
unberührt. Hat die Gärung jedoch begonnen, dann kann sie weiterhin 

s monatelang unter Ausschluß des Luft-Sauerstoffes fortdauern, wie ein 
von OMELIANSKI angestellter Versuch erwiesen hat, bei welchem die Zer- 
setzung des ameisensauren Kalks in geschlossenem Raume bei beständiger 
Prüfung der Zusammensetzung der ausgeschiedenen Gase vorgenommen 
wurde. Der Sauerstoff war schon am vierten Gärungstage aus ; dem (sas- 

sogemische verschwunden, und zwar augenscheinlich nicht nur, weil er 
von den ausgeschiedenen Gasen mechanisch verdrängt worden war, 
sondern auch infolge gieriger Aufnahme durch die Mikroben in der Zeit 
ihrer lebhaftesten Entwicklung und Vermehrung. Den Luftstickstoff 


— 641 — 


verlor das Gasgemisch erst nach einem Monat. Die später ausgeschiedenen 
Gase bestanden nur aus Wasserstoff und Kohlensäure in dem Verhältnis 
von zwei Raumteilen des ersteren zu einem Raumteil des letzteren, wo- 
bei dieser Bestand des Gemisches sich bis zum Ende der Gärung (im 
Laufe von 7 Monaten) erhielt. Die Zersetzung fand also nach folgender 
Gleichung statt: Ca(CHO,), + H,O = CaCO, + 2H, + C0,. 

Das eben erwähnte sonderbare Verhalten des Bact. formicicum zum 
Sauerstoff kann, wie mir scheint, die Beobachtung P. Franktanv's (]) 
erklären, welcher entweder gar keine Ameisensäure oder nur Spuren 
von dieser in denjenigen Fällen fand, in denen eine von Ameisensäure- 
Bildung begleitete Gärung in Kolben stattfand. welche nur mit Watte- 
pfropfen verschlossen waren. Dank dem freien Luftzutritte vergor die 
Ameisensäure unter diesen Bedingungen. Wurde jedoch die Gärung in 
hermetisch verschlossenen Gefäßen unter Luftabschluß vorgenommen, so 
war die Menge der Ameisensäure stets eine bedeutende, augenscheinlich 
darum, weil die entstandene Säure nicht weiter zersetzt wurde. 

Man kann jedoch einen Abbau der Ameisensäure auch unter voll- 
kommen anaeroben Bedingungen einleiten, wenn man nur die Beschaffen- 
heit des Nährbodens verändert und z. B. gewöhnliche Bouillon mit einem 
Zusatz von 1 Proz. Natriumformiat nimmt. Das Bact. formicicum ist 
zweifellos als Erreger des Abbaues der Ameisensäure anzusehen. Weder 
Essigsäure, noch auch Propionsäure, Buttersäure oder Oxalsäure werden 


von ihm vergoren. Im Gegensatz zum Bac. methylicus wirkt es auch auf 


Methylalkohol nicht ein. 

Einige Bakterien-Arten zersetzen zufolge SöHnGen (1) ameisensaure 
Salze unter Bildung von Methan und Kohlensäure nach der Gleichung: 
2Ca(CHO,), = 2CaC0, +C0, +4 CH,. 

Die Gärung findet unter Ausscheidung von 136 Kal. statt, während 
bei Wasserstoffgärung nur 38 Kal. ausgeschieden werden. Als Erreger 
dieser Gärung wirken nach SÖHnGEn zwei Mikroben-Arten, von denen 
die eine ein unbewegliches sporenloses Stäbchen, die andere aber eine 
grobe Sarcine ist. Diese Bakterien rufen Methangärung auch bei essig- 
sauren und buttersauren Salzen hervor. 


$ 140. Die Zersetzung der Essigsäure, Propionsäure und Buttersäure. 


Das zweite Glied der Fettsäure-Reihe, die Essigsäure (CH,— COOH), 
stellteines der gewöhnlichsten Produkte des Abbaues organischer Substanzen 
dar und entsteht außerdem sehr oft bei der Oxydation des Aethylalkohols. 
Es ist bekannt, daß bei unbehindertem Luftzutritt viele Mikroorganismen 
die Essigsäure zu Kohlensäure und Wasser verbrennen, wovon bereits an 


mehreren Stellen dieses Handbuches die Rede war. Erinnert sei auch: 


an die auf S. 570 besprochene Oxydation durch Essigsäure-Bakterien. Das 
Plasma einiger Bakterien-Arten ist an die Ernährung mit Essigsäure beson- 
ders angepaßt und für sie bildet letztere eine günstigere Kohlenstoflf-Quelle 
als irgendeine andere Säure mit höherem Nahrhaftigekeits- Koeffizienten. 
So kann nach Berserriseor (2) sich der Bae. perlibratus auf Kosten der 
Kssigsäure, nicht aber auch der Weinsäure ernähren, obgleich der Nährwert 
dieser letzteren ein viel höherer ist. Nach Maassen gehört zu jenen 
Mikroorganismen, welche Essigsäure besonders kräftig oxydieren, auch 
das Ordium lactis. Wir erinnern noch daran, dab zufolge Trenoux (l) 


or 


I 


20 


[9 


35 


auch für einige Algen essigsaure Salze eine zuträglichere Kohlenstofl- 


LAWFAR, Handbuch der Technischen Mykologle. Bd. V 4l 


Quelle bilden als z. B. die Salze der Milchsäure und noch anderer nahr- 
hafteren Säuren. 
Die anaerobe Zersetzung der Essigsäure ist zum ersten Male durch 
HorPpE-SEYLER (1) beschrieben worden. Sie stellte sich in einem fast ganz 
smit einer 2-proz. wässerigen Lösung von essigsaurem Kalk befüllten und 
ausgiebig mit Schlamm versetzten Kolben ein. Die bei der Gärung aus- 
geschiedenen Gase bestanden aus Kohlensäure und Methan, wobei der Gehalt 
an letzterem bis auf 60— 70 Proz. anstieg. Eine ähnliche Gärung hat Maze£ (1) 
in einer Abkochung von toten Blättern beobachtet; er äußert sich dahin, 
ıdaß das Methan in diesem Falle durch Zersetzung der Produkte der 
Buttersäure-Gärung, also der Buttersäure und der Essigsäure, entstanden 
sei. Nach Beobachtungen von MazE wird diese Gärung durch eine 
besondere „Pseudosareine“ in Gemeinschaft mit zwei anderen, Sporen- 
bildenden Spaltpilz-Arten hervorgerufen. Ganz unabhängig von Maz& 
ıs hat OÖMELIANSKI (4) beim Studium des anaeroben Abbaues der Essigsäure 
dieselbe Pseudosareine angetroffen, welche sehr gern große Zooglöen 
bildet. In seinen im Jahre 1902 begonnenen Versuchen benutzte er zu 
Anfang eine Lösung von 2 Proz. essigsaurem Kalk und 0,2 Proz. Pepton 
in Leitungswasser, später aber eine solche von Mineralsalzen und ein Proz. 
»essigsaurem Kali in destilliertem Wasser. Zur Beimpfung der Stamm- 
zuchten diente alter Kuhmist, welcher den unteren Schichten eines alten 
Misthaufens entnommen worden war. Die Gärung behielt ihren ein- 
‘ heitlichen Typus im Verlaufe unbestimmt langer Zeit in einer aus- 
gedehnten Reihe von Ueberimpfungen bei. Durch diese Versuche wird 
sunter anderem die Annahme von Lozw (2) widerlegt, zu welcher dieser 
Forscher auf Grund theoretischer Betrachtungen gelangt war, dahin 
gehend, daß die anaerobe Zersetzung der Essigsäure ohne Beigabe irgend 
welcher anderen organischen Stoffe unmöglich sei, weil hierbei die 
Gruppe des Formaldehyds nicht abgespalten werden könne. Die Inku- 
so bations-Periode der Gärung, d. h. die Zeitspanne von dem Beimpfen der 
Zucht bis zum Beginn der Gärung, ist bei der Essigsäure-Zersetzung 
eewöhnlich recht bedeutend: sie dauert ungefähr einen halben Monat. 
Die Gärung wird von einer Ausscheidung von Kohlensäure und Methan 
begleitet, wobei letzteres Gas überwiegt, insbesondere in Zuchten ohne 
35 Pepton- -Gehalt. Die Zersetzung findet nach folgender Gleichung statt: 
2K0,H,0;+H, oo K,C0, +C0O,—+2CH, 
Wie bereits erwähnt, war die bei dieser Gärung überwiegende Spaltpilz- 
Art dieselbe Pseudosarcine, welche Maz& beobachtet hat. Ob sie allein 
wirkt oder aber, wie Maz& annimmt, mit anderen Arten zusammen, ist 
so zunächst schwer zu entscheiden; jedoch in Anbetracht der Beschaffenheit 
der Zuchten, von denen viele fast ausschließlich Pseudosarcinen ent- 
hielten, neigt ÖMELIANSKI eher zur ersteren Annahme. 
Man könnte erwarten, daß der relative Nährwert der Säuren in der 
Reihe der Fettsäuren in Abhängigkeit von der Größe ihres Moleküls und 
ssdem Anwachsen der in ihnen enthaltenen potentiellen Energie fort- 
schreitend zunehmen müsse, und daß also die auf die Essigsäure fol- 
genden, nämlich die Propionsäure, die Buttersäure und die Valeriansäure, 
nahrhafter seien als jene erstere. In Wirklichkeit beobachteten wir 
jedoch gerade das umgekehrte Verhalten: alle drei Säuren erweisen sich 
soin ihrem Nährwert geringer als die Essigsäure; dies gilt insbesondere 
auch von der Propionsäure. Der Grund hiervon liegt nach An. MEYER (1) 
darin, daß hier das Bewegungselement im Verhältnis zum Molekül zu 
klein ist. Wir werden später sehen, daß unter den Alkoholsäuren die 


— 643 — 


Oxypropionsäure (Milchsäure) im Gegenteil nahrhafter ist als die 
Oxyessigsäure (Glycolsäure). 

Die Zersetzung der Propionsäure, Buttersäure und Valeriansäure 
durch Bakterien bietet deshalb ein nicht geringes Interesse, weil sämt- 
liche drei Säuren, namentlich aber die Buttersäure, sehr oft in der 5 
Natur vorkommen, bei verschiedenen Gärungen entstehen. Bei der 
Buttersäure stoßen wir zum ersten Male auf die Frage nach dem Ein- 
flusse der Isomerie der Säuren auf deren Zersetzbarkeit durch Bakterien, 
eine Frage, die noch sehr wenig bearbeitet ist. Wir erinnern hier an 
die schon erwähnte (s. S. 638) Regel von Lorw, nach welcher die An- ıo 
häufung von Methylgruppen in vielen Fällen ungünstig wirkt und 
infolgedessen die Isobuttersäure, zufolge Bokorxy (1), weniger nahrhaft 
ist als die normale Buttersäure. 

Maassen (1) verglich die Zersetzbarkeit der Propionsäure mit 
derjenigen der Essigsäure, indem er ein und dieselben Bakterien-Ärten ı5 
(Bac. enteritidis GÄRTNER, Dac. pyocyaneus, Bact. coli commune) auf ihnen 
wachsen ließ, wobei sich herausstellte, daß alle diese Arten die essig- 
sauren Salze energisch zersetzten. Ein Unterschied läßt sich auch in 
dem Verhalten der Essigsäure-Bakterien (s. S. 597) zur Propionsäure 
und Buttersäure bemerken: sie zersetzen zufolge SEIFERT (1) letztere » 
nämlich gar nicht, ja im Gegenteil üben diese Säuren sogar eine merk- 
bar hemmende Wirkung auf das Wachstum aus. Eine Ausnahme macht 
das Dact. aceti, welches zwar sehr langsam, jedoch immerhin noch pro- 
pionsauren Kalk zersetzt. 

Wegen der Giftigkeit der freien Buttersäure für Bakterien muß» 
man Gärungen, welche zur Ausscheidung dieser Säure führen, stets in 
Anwesenheit neutralisierender Stoffe, z. B. Karbonate, einleiten, weil 
sonst der Gärungsvorgang sehr bald stillsteht. Jedoch können auch 
Buttersäure und Valeriansäure in sehr starker Verdünnung (0,01 bis 
0,05 Proz.) als eine (freilich sehr mangelhafte) Kohlenstoff-Quelle für so 
Mikroorganismen dienen. Eine anaerobe Zersetzung buttersaurer Salze 
hat OMELIANSKI (2) unter Einwirkung derselben Pseudosarcine, welche 
die Methan-Gärung der Essigsäure hervorruft, sich abspielen sehen. Zu 
den Gärversuchen dienten folgende Lösungen: a) 0,5 Proz. butter- 
saurer Kalk und 0,1 Proz. Pepton in Leitungswasser und b) eine 0.5- » 
proz. Lösung von buttersaurem Natron in destilliertem Wasser unter 
Zusatz der gewöhnlichen mineralischen Nährsalze. Zur Impfung diente 
das die Pseudosareine enthaltende Material aus den Zuchten für die 
Methan-Gärung der Essigsäure. Wie auch dort, ging die Gärung sehr 
langsam von statten und war von Bildung von Kohlensäure und Methan « 
begleitet. wobei in einigen Fällen fast reines Methan (98 Proz. CH,) 
ausgeschieden wurde. Die Umsetzungs-Gleichung für diese Gärung ist 
offenbar folgende: Ca(C,H,O,), + 3H,0 = CaCO, + 200, + 5CH,. 

In einer anderen Reihe von Versuchen nahm OmELıANsKI zum Impfen 
Gartenerde aus Südrußland. Auch in diesem Falle entwickelte sich ins 
den Zuchten die Pseudosareine; sie besaß jedoch etwas geringere Ab- 
messungen und zeichnete sich durch eine stärker ausgesprochene Neigung 
aus, in einzelne Zellen zu zerfallen. 

Ueber die durch Bakterien bewirkte Zersetzung höherer Glieder der 
Reihe der Fettsäuren (Palmitinsäure, Stearinsäure und auch Oelsäure) 
vergleiche man 8. 375 des Zweiten Bandes. 


41* 


— 644 — 


$ 141. Die Vergärung der Milchsäure und Glycerinsäure. 


Die Einschaltung einer Hydroxyl-Gruppe in das Molekül erhöht, 
wie bereits auf S. 638 erwähnt wurde, den Nährwert der Säure. Jedoch 
wird, abweichend von dieser Regel, zufolge Low (2) die Oxyessig esäure 

soder Glycolsäure, CH,OH — COOH, durch Bakterien weniger leicht 
zersetzt als die Essigsäure. Dagegen ist bei der Oxypropionsäure oder 
Milchsäure, C,H,0,, die Nahrhaftiekeit und die Zersetzbarkeit weit 
größer als bei der Propionsäure. Eingehender geprüft ist die Zer- 
setzung der Aethyliden- Milchsäure oder Gärungsmilchsäure, 

ıCH, on. OH -—- COOH, welche ein asymmetrisches Kohlenstoff-Atom 
enthält, in ihrer racemischen Form als Doppel- Molekül jedoch infolge der 
Neutralisation der beiden optisch einander entgegengesetzten Komponenten 
optisch unwirksam ist. Die Frage nach dem Einflusse der optischen 
Isomerie auf den Nährwert der Säuren wollen wir hier nicht weiter be- 

ss rühren, weil sie schon im 15. Kapitel des Ersten Bandes in genügendem 
Umfange behandelt worden ist. 

Einen der gewöhnlichsten Fälle von Zersetzung der Milchsäure 
stellt deren buttersaure Gärung dar, welche sowohl durch aerobe als 
auch durch anaerobe Mikroorganismen hervorgerufen werden kann. Der 

‘so Hauptvertreter der aeroben Erreger von Buttersäure-Gärung der Milch- 
säure ist der Bacillus butyricus Huverre (1). Die Buttersäure-Gärung 
der Milchsäure wird schon seit langem zur Gewinnung normaler Butter- 
säure aus milchsaurem Kalk mittelst Bakterien des faulenden Käses 
angewandt. Sie verläuft nach folgender Gleichung: 

25 DH Of 0,HLO; + 200, OH 

Der Erreger dieser Gärung ist schon durch Pasteur (3) abgeschieden 
und als „V ibri ion butyrique“ bezeichnet worden. Augenscheinlich ist er 
mit dem „Vibrion septique“ von PASTEUR, JOUBERT und CHANBERLAND (1), 
mit dem Bac. oedematis maligni von KocH und GAFrkYy und dem Ülostridium 

so butyrieum von PRAZMOWSKI identisch. Dieser Organismus war das erste 
bekannte anaerobe Lebewesen (s. Bd. I, S. 576). Bei der Gärung bildete 
sich außer der Buttersäure zuweilen auch Butylalkohol; andere Forscher, 
so Kerry und FRrAENkEL (1 u. 2), fanden aber auch Propylalkohol und 
Ameisensäure. 

35 Eine fast reine Buttersäure-Gärung ruft auch der Amylobacter 
butyricus hervor, welchen Ducraux (4) aus sterilisiertem Kartoffelsaft, 
der mit Erdstückehen geimpft worden war, abgeschieden hat, wie auch 
der Bac. holobutyricus von PERDRIX (1). Nach Beobachtungen dieses 
letzteren Forschers verläuft die Buttersäure-Gärung des milchsauren 

so Kalkes nach zwei verschiedenen Gleichungen: 

1. 13Ca(C,H,O,), —= 7Ca(C,H,0,), + 6CaCO, + 16C0, -—+ 16H, 

2.% 56 'a(C,H, ‘0, )s 30 'a(0, H- .0,), -.203C00, 400,7 EM Ö, 
wobei zu Anfang a erste Vorgang überwiegt, zu Ende aber der zweite. 
Ueber die Buttersäure- Gärung der Milehsäure unter Einwirkung des 

15 Granulobacter butyricum von BEIJERINCK (2) wie auch des Granuwlobacillus 
saccharobutyrieus VON GRASSBERGER und SCHATTENFROH (1) ist bereits auf 
S. 112 u. 122 des Zweiten Bandes das Wichtigste gesagt worden. 

Nach Frrz (3,4,5) kann milchsaurer Kalk außer Buttersäure Gärung 
auch noch foleende drei Zersetzungen eingehen: 1. Können sich Propion- 

so säure und Essigsäure und Spuren von Bernsteinsäure und Aethylalkohol 


— 645 — 


nach der Gleichung: 3C,H,0, = 2C,H,0,;, + 0,H,0, + CO, + H,O 
bilden. Nach derselben Gleichung wird milchsaurer Kalk in Anwesen- 
heit von Pepton durch ein Stäbchenbakterium zersetzt, welches durch 
E. von FREUDENREICH und O. JENSEN (1) aus Emmentaler Käse aus- 
geschieden und von ihnen als Dac. acidi propionici bezeichnet worden 
ist. 2. Können nach Fırz Essigsäure und normale Valeriansäure, oder 
3. Propionsäure und Buttersäure entstehen. Diese Gärungen sind augen- 
scheinlich weit weniger verbreitet als die Buttersäure-Gärung. 

MazE (2) beschreibt eine dem Bac. ethacetosuccinicus FRANKLAND’S 
nahestehende Spaltpilz-Art, welche die milchsauren Salze unter Bildung ıo 
von Essigsäure, Ameisensäure, Aethylalkohol und Kohlensäure zersetzt: 

128,0, 4 ,0:.058,03, 4-CH,0;, 
230:0.05— CHEN E89; 

Nur bei Luftzutritt vergoren wird Calciumlactat durch die schon auf 
S. 201 des Zweiten Bandes erwähnte, durch Dvcraux (1) abgeschiedene, ı5 
fakultativ anaerobe Art Actinobacter polymorphus, ein sehr dünnes Stäbchen 
von 2—3 u Länge, welches von einer gallertigen Hülle umgeben ist. 
Ein Teil der Milchsäure wird hierbei unter Bildung von Kohlensäure 
und Wasser bis zu Ende verbrannt. ein anderer Teil aber wird nach 
der Gleichung: C,H,0, + 20 —= (,H,0, + CO, + H,O unter Bildung » 
von Acetat verarbeitet. 

Verschiedene Vertreter aus FrIEDLÄNDER’s Gruppe der Pneumonie- 
Kokken, wie auch zufolge Hoyer (1) sehr viele Arten von Essigsäure- 
Bakterien (Bact. rancens, B. pasteurianum, B. aceti), können gleichfalls 
Caleiumlactat zu Caleiumkarbonat verbrennen. Sogar die Milchsäure- 25 
Bakterien selbst vermögen zufolge Maassex (1) bei Abwesenheit von 
Milchzucker die Milchsäure weiter zu Kohlensäure und Wasser zu zer- 
setzen. 

Nicht selten bedeckt sich die Oberfläche von Flüssigkeiten, welche 
freie Milchsäure enthalten (saure Milch, Sauerkohl usw.), mit Mikroben- 30 
Kolonien, und diese Erscheinung ist dann von einem Rückgang der 
Säurigkeit der Flüssigkeit begleitet. Aus dem die Sauerkohl-Lake be- 
deckenden Häutchen (s. Bd. II, S. 321) hat Wenmer (2) das Oidium 
lactis und zwei Arten von Mycoderma (I u. II) abgeschieden, Mikro- 
organismen, von denen ein jeder Milchsäure zersetzt. 35 

Die Einschaltung einer zweiten Hydroxyl-Gruppe in das Propion- 
säure-Molekül äußert sich in einer kleinen Abschwächung des Nähr- 
wertes der Glycerinsäure, CH,ÖH — CHOH — COOH, im Vergleich 
zur Milchsäure. Nach Fırz (4, 5, 8) können bei Zersetzung des glycerin- 
sauren Kalkes entweder wesentlich Essigsäure und daneben wenig «4 
Aethylalkohol und Bernsteinsäure, oder aber Ameisensäure neben wenig 
Essigsäure und etwas Methylalkohol entstehen. FrankLann und Frew (1 
u. 2) beschreiben die Zersetzung des Ualcium-Glycerates unter Ein- 
wirkung einer Reinzucht des fakultativ anaeroben Baeillus ethaceticus nach 
der Gleichung: 5C,H,O, = (,H,0O + 40,H,0, + H,O — 500, + 3H,.4 
Außerdem bildeten sich bei dieser Gärung in verschwindender Menge 
Ameisensäure und Bernsteinsäure. Nach Beendigung der Gärung blieb 
in der Flüssigkeit eine linksdrehende Komponente der Glycerinsäure 
(s. Bd. I, S. 436) unzersetzt zurück (das glycerinsaure Salz wirkt links- 
drehend). Der Baec, ethaceticus trägt seinen Namen daher, dab er auch 
aus anderen organischen Substanzen hauptsächlich Alkohol und Essig- 
säure bildet; er ist von FrAanKkLAanD aus Schafmist isoliert worden und 
stellt einen sporenlosen, mit Eigenbewegung begabten Bazillus von 1,5 


or 


50 


= 


bis 5 « Länge und 0,8—1 u Breite (bei Wachstum auf festen Nähr- 
böden) dar. In gärenden Flüssigkeiten bildet er lange Fäden; er ver- 
flüssigt die Gelatine. 


$ 142. Der Abbau der Bernsteinsäure, Aepfelsäure, Weinsäure 
und Schleimsäure. 


or 


Die ersten zwei Vertreter der Gruppe der zweibasischen Säuren, die 
Oxalsäure, COOH— COOH, und die Malonsäure, COOH—CH,— COOH, 
sind als Kohlenstoff-Quelle für Mikroben fast untauglich, was seine Er- 
klärung zum Teil in der ihnen eigenen geringen Verbrennungswärme 

ıo findet, welche für Oxalsäure nur 679 cal. auf 1 g beträgt, also weniger 
als ein Drittel derjenigen der Ameisensäure (2091 cal.). Es ist demnach 
nicht verwunderlich, daß sogar die sonst mit allem zufriedenen Schimmel- 
pilze (Penieillium) die Oxalsäure nur sehr schwach oxydieren, indem sie 
an der Oberfläche der Nährlösung zu einer kärglichen fr uchtbildenden 

ıs Decke sich entwickeln. Zufolge "SCHMOEGER (1) werden jedoch unter 
Mitwirkung einiger Bakterien-Arten oxalsaure Salze bis zu Kohlensäure 
oxydiert: CalC,0, +0 = (CaCO, + C0O,. Ueber die Verarbeitung der 
Oxalsäure durch den Pilz Actinomyces odorifer war bereits auf S. 637 
die Rede. 

20 Viel höher ist der Nährwert des dritten Gliedes dieser Reihe, der 
Bernsteinsäure, und zwar des einen der beiden Isomeren, nämlich 
der Aethylenbernsteinsäure, COOH—CH,—CH,—COOH. B#£- 
cHAMP (1) hat deren Zersetzung unter der Einwirkung eines Bakterien- 
Gemisches beobachtet, wodurch Propionsäure und Kohlensäure nach 

»der Gleichung: C,H,O, = C,H,0, 4 CO, gebildet wurden. GRIMBERT 
und FıcaveEr (1) haben eine andere Zersetzung der Bernsteinsäure be- 
schrieben, durch welche Essigsäure entstand, und zwar unter der Ein- 
wirkung ‘des Bacillus tartricus, eines sehr kleinen, etwa 1—2 u langen, 
mit Eigenbeweeune begabten Bazillus, der zur Gruppe des Bact. coli 

30 commune und FRIEDLÄNDER'S Pneumonie-Erregers gehört. 

Das nächste Homologe der Bernsteinsäure, die Methylbernsteinsäure 
oder Brenzweinsäure, COOH—CH-(CH,)— CH, — COOH, zersetzt sich 
nach BücHamr (1) bei Beimpfung mit einem Bakterien- Gemisch unter Bil- 
dung von Methan und Kohlensäure: 2C,H,0,+2H,0 = 5CH, +5(C0,. 

35 Nach B. Meyer (1) macht die Einschaltung zweier Methyl-Gruppen 
in das Molekül der Bernsteinsäure diese zur Ernährung von Schimmel- 
pilzen sogar untauglich. 

Die Einschaltung einer Hydroxyl-Gruppe erhöht den Nährwert der 
Bernsteinsäure beträchtlich. Und in der Tat unterliegt die Oxyaethylen- 

so bernsteinsäure oder Aepfelsäure, CO0OH—CH:-OH—CH,— COOH, 
sehr leicht der Verarbeitung durch Bakterien. Nach Maassen (1) wird 
Aepfelsäure besonders gut durch verschiedene Vibrionen-Arten zersetzt, 
welche Bernsteinsäure weniger ausgiebie und Dioxybernsteinsäure oder 
Weinsäure gar nicht zersetzen. Brcnamr (1) beschreibt eine Aepfelsäure- 

sGärung mit Bildung von Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure, Kohlen- 
säure und Wasserstoff. 

Nach Fırz (3u.4) kann äpfelsaurer Kalk folgende zwei Zersetzungen 
eingehen: 

1. Kann dessen Säure in Bernsteinsäure, Essigsäure und Kohlensäure 

so umgesetzt werden: 30,H,0, = 2C,H,0, + C,H,0, + 200, + H,O. 


Die durch ein Mikroben-Gemisch (sowie auch durch verfaulten Käse) 
bewirkte Gärung verläuft sehr lebhaft und kommt schon in einigen Tagen 
zum Abschluß. Das hierbei zu beobachtende Auftreten von Bernstein- 
säure muß zweifellos der rückbildenden Einwirkung des Wasserstoffes 
in statu nascendi zugeschrieben werden, welcher neben flüchtigen Säuren 
als Zwischenprodukt auf Kosten eines Teiles der Aepfelsäure entsteht. 
Dieselbe Erklärung kann man auch von der Bildung der Bernsteinsäure 
beim Abbau der Fumarsäure, der Asparaginsäure, des Asparagins u.a. m. 
eben. Hierher gehört z. B. auch die von MigveEr (1) beobachtete Bildung 
von Bernsteinsäure bei Zersetzung des Asparagins, also des Mona- 
mides der Monamino-Bernsteinsäure, NH, -CO—CH,— CH: NH,—COOH, 
bei Einwirkung eines der aeroben W asserbakterien („la bacterie com- 
mune“*). Eine ähnliche Zersetzung von äpfelsaurem Natron mit Ent- 
wicklung von Bernsteinsäure, Essigsäure und Kohlensäure in dem durch 
die zuvor gegebene Gleichung ausgedrückten Mengenverhältnisse hat 
EMmMmERLING (1) bei Einwirkung einer dem Bact. lactis aerogenes sehr nahe 
stehenden Spaltpilz-Art beobachtet. 

2. Kann die Aepfelsäure, als Calciumsalz geboten, sich nach der 
Gleichung: 3C,H,0, = 2C,H,0, + 0,H,0,+4C0,—+H,0 in Propion- 


säure, Essigsäure "und Kohlensäure umsetzen. Fırz leitete diese Gärung: 


derart ein, daß er Caleciummalat-Lösungen mit einem kurzen Stäbchen- 
Bakterium "beimpfte, dessen Art unbestimmt geblieben ist. Auf bernstein- 
sauren Kalk wirkte dieses Stäbchen jedoch nicht ein. 

3. Kann sich die Aepfelsäure zufolge SCHÜTZENBERGER (1) auch unter 


Bildung von Milchsäure zersetzen: C,H,O, —= (,H,0,—+C0,. PERE (1) 


beobachtete eine derartige Gärung nach Beimpfung mit Daet. coli commune. 
Im 17. Kapitel dieses Bandes finden sich Angaben über eine Reihe von 
Mikroben, welche eine ähnliche Zersetzung der Aepfelsäure unter Bildung 
von Milchsäure hervorrufen. Diese Mikroben stellen ein Agens dar, 
welches den Säuregehalt des Weines herabdrückt. 

4. Schließlich ist noch eine Buttersäure-Gärung der Aepfelsäure be- 
kannt. Vielleicht stellt diese jedoch keinen selbständigen Vorgang dar, 
sondern ist nur eine weitere Stufe der oben erwähnten Milchsäure- 
Gärung: 2C0,H,0, = 2C,H,0,+2C0, = C,H,0,+4C0,—+2H,. 

Porrevis (1) hat aus Zwiebelsaft einen Bazillus "ausgeschieden, 
welcher eine Gärung des äpfelsauren Kalkes in Anwesenheit von Pepton 
unter Bildung von Aethylalkohol, Ameisensäure und Essigsäure hervor- 
ruft. Auf weinsaure Salze wirkt dieser Bazillus nicht ein. 

Die Einschaltung einer zweiten Hydroxylgruppe in das Bernstein- 
säure-Molekül erhöht dessen Nährwert noch weiter. In der Tat gehört 
die Dioxy-Aethylenbernsteinsäure, COOH — CH-OH — CH-OH — COOH, 
also die Weinsäure, mit zu den vortrefflichsten Nährstoffen. Ohne 
deren aerobe Zersetzung durch Schimmelpilze (s. 15. Kap. d. I. Bds. und 
11. Kap. d. IV. Bds.) weiter zu berühren, wollen wir nur die verschie- 
denen Arten von Weinsäure-Abbau unter Einwirkung von Bakterien 
betrachten. 

l. Die Umsetzung in Essigsäure, Propionsäure und Kohlensäure ist 
im Jahre 1863 durch Pasreur (4) beschrieben worden. Sie verläuft 
nach der Gleichung: 3C,H,0, = 2C,H,0, + C,H,0, + 5C0, + 2H,0 


und wird durch einen dünnen, beweglichen Bazillus (von l « Breite und; 


20 u Länge) besorgt, dessen Zellen zu Beginn der Gärung gleichmäßig 


in der Klüssigkeit verteilt sind, später aber zu Boden sinken und auf 


dem aus weinsaurem Kalk bestehenden Niederschlage sich als eine grau 


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35 


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— 6485 — 


schimmernde, schleimige Haut festsetzen, aus der von Zeit zu Zeit 
Kohlensäure-Bläschen in die Höhe steigen. 

2. Fırz (4) beschreibt eine Zersetzung von Tartraten nach Beimpfung 
mit Kuhmist, wobei hauptsächlich Essigsäure mit einer geringen Bei- 
smengung von Aethylalkohol, Bernsteinsäure und Buttersäure entsteht. 

3. Bei Einwirkung von Fäulnisbakterien auf Ammoniumtartrat be- 
obachtete Könıs (1) eine Zersetzung dieses Salzes nach der Gleichung: 
3C,H,0, = C,H,0, + 2C,H,0, + 4C0O, + 2H,O unter Entwicklung von 
Bernsteinsäure, Essigsäure und Kohlensäure. Aus 2 kg Weinsäure ge- 

ıowann man auf diese Weise ca. 500 & Bernsteinsäure, welche vielleicht 
An hier durch Einwirkung des Wasserstoffes in statu nascendi (vergl. 

S. 647) entstanden ist. Eine ganz gleiche Gärung haben später Grm- 
BERT und Fıcquzr (1) bei Einw irkung einer Reinzucht des Bae. tartrieus 
(s. S. 646) beobachtet, welcher die Tartrate sowohl unter aeroben als 

ısauch anaeroben Bedingungen kräftig zersetzt. Weil die Bernsteinsäure 
ihrerseits durch denselben Bazillus unter Entwicklung von Essigsäure 
zersetzt wird, können schließlich als einzige Gärprodukte Essigsäure 
und Kohlensäure übrig bleiben. Eine solche Gärung hat SCHÜTZEN- 
BERGER (1) beobachtet: "CEO, — (,H,0, + 200, Ka R 

20 4. Caleiumtartrat vergärt mit organischen Stoffen nach der Gleichung: 
20,H,0, = (C;,H,0,; 4 5C0, + 3H, unter Bildung von Propionsäure, 
Kohlensäure und "Wasserstoff. Diese Gärung ist von Dumas, MALAGUTI 

‚ und Lesranc (1), wie auch von Könıc (1) beschrieben worden. 

5. Der Buttersäure-Gärung der Weinsäure geht vielleicht, wie auch 
25 bei der Aepfelsäure, eine Zersetzung unter Milchsäure-Entwicklung voraus: 

3C, H,O, = 2C,H,0, 4 600, 4 3H, 
20,H,0, RE ‚3.0, + 200, + 2H, 
sc, H, ‚= C,H.O, + 800, + 5H,. 

6. Es erübrigt noch zu erwähnen. dab GAUTIER | (1) eine Zersetzung 
sodes Kaliumtartrates beobachtet hat, bei welcher es zur Bildung von 
Tartronsäure, COOH—CH -OH—COOH, kommt. 

Die S chleimsäur &: 0 ‚H,(OH),: (COOH),, gehört zur Gruppe der 
sechswertigen zweibasischen Säuren: ihre empirische Formel (C,H, ,05) 
unterscheidet sich von derjenigen der Citronensäure (C,H,O-) nur durch 

sein Molekül Wasser. Ihre Nahrhaftigkeit wird durch ihre geringe 
Löslichkeit im Wasser beeinträchtigt. In betreff ihres Abbaues verfügen 
wir nur über veraltete Angaben. So hat Rıcauur (1) die Zersetzung des 
schleimsauren Kalkes nach Beimpfung mit fauligem Fleisch beobachtet, 
wobei Kohlensäure, Wasserstoff, Essiesäure und in geringer Menge auch 
so Buttersäure entstanden. Nach SCHÜTZENBERGER kann diese Gärung 
durch die Gleichung: 3C,H, „0; = 8C0, +5H, 4 30,H,0, + C,H,0, ver- 
sinnbildlicht werden. Die Buttersäure kann bloß als Nebenprodukt 
gelten. Wenn man von ihr absieht, kann die Hauptreaktion durch folgende 
Gleichung dargestellt werden: C,H,,0; = 2C0, + H, + 2C,H,0,. 

45 CıszkıEwicz (1) sah Zersetzung des schleimsauren Ammoniaks nach 
Beimpfung mit einigen Kubikzentimetern fauliger Pasteur’scher Nähr- 
lösung (weinsaures Ammoniak). Nach drei Wochen langer Züchtung bei 
30—40° © trübte sich die Flüssigkeit stark und roch nach Pyrrol und 
Indol. Gasausscheidung war nicht zu beobachten. In der vergorenen 

soFlüssiekeit fand sich außer Spuren von Pyrrol nur kohlensaures Ammoniak 
vor. Wesentlich andere Ergebnisse wurden erhalten, als schleimsaures 
Ammoniak bei gewöhnlicher "Temper atur (15—20° C) in Gärung versetzt 
wurde. Nach % Tagen war die Flüssigkeit durchaus schleimig und 


— 649 — 


fadenziehend geworden (eigenartige Gärung, die man noch am Besten 
mit der schleimigen Gärung des Zuckers vergleichen könnte). Außer 
Schleim bildete sich auch hier Ammonium-Karbonat in ansehnlicher Menge. 


$ 143. Die Zersetzung der Citronensäure, Fumarsäure und 
Maleinsäure. 5 


Ueber die Zersetzung der einfachsten dreibasischen Säure, der 
Tricarballylsäure, COOH — CH, — CH. (COOH) — CH, — COOH, ist 
uns nur der Hinweis von Maassen (1) bekannt, daß nämlich der Baeillus 
{yphi abdominalis, nicht aber auch das Bact. coli commune, diese Säure 
zersetzt, eine Tatsache, die aus dem Grunde bemerkenswert ist, weil :o 
sie wohl der einzige Fall ist, daß der Typhusbazillus sich vom Coli- 
bakterium durch ein positives Merkmal unterscheidet. 

Die zu der Tricarballylsäure in naher Verwandtschaft stehende 
Citronensäure, COOH — CH, — C(OH)- COOH — CH, — COOH, welche 
sich von ersterer nur durch eine Hydroxyl-Gruppe an Stelle eines: 
Wasserstoff-Atoms unterscheidet, gehört zu den Säuren mit verhältnis- 
mäßig hohem Nahrhaftigkeits-Koeffizienten. Es sind vielerlei Arten der 
Zersetzung ihrer Salze bekannt. Bei der Gärung ceitronensaurer Alkalien 
mit Mandelkleien-Auszug erhält man zufolge Buchner (1) Essigsäure 
und Kohlensäure. Bei der Gärung von Caleiumeitrat mit fauligem Käse: 
entstehen zufolge How (1) Kohlensäure, Wasserstoff und Essigsäure. 
Das nämliche Calciumeitrat zersetzt sich zufolge PErsonse (1) bei An- 
wesenheit von Bierhefe unter Bildung von Kohlensäure, Wasserstoff, 
Essigsäure und Buttersäure. Zuerst entstehen Essigsäure und Milch- 
säure nach der Gleichung: 40,H,0.+ 2H,0 —=3(,H,0, + 40, H,O, —+ 600,, : 
sodann aber wird die Milchsäure in Buttersäure umgewandelt. Bei der 
Gärung von Natriumeitrat mittelst fauligen Fleisches bilden sich zufolge 
Puıpsox (1) Kohlensäure und Buttersäure. Nach Fırz (3) zersetzt sich 
eitronensaurer Kalk unter Einwirkung eines von ihm aus Heu-Wasch- 
wasser rein gezüchteten (?) kleinen dünnen Bazillus unter ausgiebiger 30 
Ausscheidung von Essigsäure, welcher ein wenig Aethylalkohol und 
Bernsteinsäure beigemengt sind. Aus 100 & des Salzes erhielt Fırz auf 
diese Weise 72,9 g Calciumacetat. Nach FrankLannp und Frew (1) kann 
sich Calciumeitrat unter Bildung von Aethylalkohol, Essigsäure und 
Bernsteinsäure (d. h. der nämlichen Produkte, die auch Fırz gefunden 
hat) zersetzen, wenn es mit einer Reinzucht des Bac. ethacetosuccinicus 
beimpft wird, eines sporenlosen, unbeweglichen Bazillus von 0,5—1 u 
Breite und 1,7—2,5 u Länge Frankrann fand, daß dieser Bazillus 
die Fähigkeit, Ualeiumeitrat auf eiweißlosen Nährböden zu zersetzen, 
verliert, wenn er einmal auf festem Nährboden (Gelatineplatte) ge- 
züchtet wird. Er erlangt diese Fähigkeit jedoch wieder, sobald er zuerst 
in reine Bouillon mit Caleiumeitrat-Zusatz, dann aber in immer stärker 
verdünnte Bouillon verimpft wird. Im Jahre 1903 beschrieb Srırert (2) 
eine durch Bakterien bewirkte Zersetzung der Citronensäure (s. S. 476) 
in Johannisbeerweiiten mit Essigsäure-Bildung, welche dann einen stichigen # 
Geschmack verursacht. Der Johannisbeerwein trübt sich dabei schwach, 
scheidet einen weißen, leicht aufrührbaren Bodensatz ak und wird in 
der Farbe etwas lichter, Der Bodensatz zeigt neben vielen Hefenzellen 
reichlich Stäbchenbakterien, welche ca. 2 z lang und 1 « breit und zu 
kurzen Ketten von 2—4 Gliedern vereint und unzweifelhaft als die Ur- so 


iv 
< 


19 
or 


— 650 — 


sache der krankhaften Veränderungen des .‚Johannisbeerweines anzu- 
sprechen sind. Weitere Angaben über die Zersetzung der Citronensäure 
unter der Einwirkung der Bakterien im Weine finden sich im 17. Kapitel 
dieses Bandes. 

5 Wir hatten es bisher nur mit gesättigten Säuren zu tun, also solchen, 
deren Kohlenstof-Atome durch einfache Bindung aneinander hängen. 
Betrachten wir nun das Verhalten der Mikroben zu einigen Vertretern 
ungesättigter Säuren, und zwar zur Fumarsäure und zur Malein- 
säure, welche isomer sind und sich nur durch die räumliche Lagerung 

ıder Atome voneinander unterscheiden: die Maleinsäure besitzt eine 
plansymmetrische, die Fumarsäure eine centrische oder axialsymmetrische 


Konfiguration: 
H—C-—-COOH HH C00R 
| | 
H—C—-COOH COOH—C—H 
Maleinsäure Fumarsäure 


ıs Von diesen beiden ist die Fumarsäure ein vortrefflicher Nährstoff für 
Mikroben, während der Nährwert der Maleinsäure fast gleich Null ist. 
Ep. Buchner (1) hat nachgewiesen, dab sowohl das Penieillium glaucum 
als auch der Aspergillus niger das Ammoniumsalz der Fumarsäure leicht 
oxydieren, während sie der Maleinsäure, sowie auch zufolge B. Meyer (1) 

»o deren nächsten Abkömmling, der Citraconsäure oder Methylmalein- 

‚ säure, gegenüber sich durchaus ablehnend erweisen. Ü. BoERSCH (1) 
fand ein ähnliches Verhalten zu beiden Isomeren bei der Sareina flava, 
Loew (1) bei gewissen anderen Bakterien. Nach Beobachtungen dieses 
letzteren Forschers entwickelt sich auf 0,1 — 0,2-proz. Lösung des 

»; Natriumsalzes der Fumarsäure rasch eine reichhaltige Flora verschieden- 
artiger Bakterien, während auf maleinsaurem Natron unter denselben 
Bedingungen fast ausschließlich eine einzige Art wuchert, die dem Bae. 
fluorescens liquefaciens sehr nahe steht; auf einer ähnlichen Lösung des 
eitraconsauren Salzes entwickeln sich kleine, kurze, bewegliche Stäb- 

sochen, die keine Fluorescenz herbeiführen. Ueber die Zersetzungsprodukte 
dieser Säuren sind unsere Kenntnisse sehr spärlich. 


$ 144. Aromatische Säuren als Kohlenstoffquelle. Rückblick. 


Aromatische Verbindungen erweisen sich überhaupt als eine minder- 
wertige Nahrung für Mikroben. Diese Regel gilt auch für die Säuren 
aus der aromatischen Reihe, von denen die überwiegende Mehrzahl auf 


das Wachstum der Mikroben hemmend einwirkt, viele sogar sehr starke 


Gifte sind, welche in der Medizin und in der Technik Anwendung finden. 

Hierher gehört z. B. die Salicylsäure oder Orthooxybenzoesäure, 
C,H,-OH. COOH, welche nicht selten zur Konservierung von Weinen 
0 (s. S. 452), Fleisch (s. Bd. II, S. 414) u. dgl. m., wie auch in der medizinischen 
Praxis verwendet wird. Aber auch sie kann, wie bereits erwähnt 
(s. S. 636), bei sehr schwacher Konzentration, welche 0,05 g auf den 
Liter nicht übersteigt, zufolge Lorr (1) durch Schimmelpilze vollständig 
zersetzt werden. 

45 Zur Ernährung dieser letzteren kann auch die Mandelsäure 
oder Phenylelycolsäure, C,H, -CH(OH)-COOH, (s. Bd. I, S. 435) dienen. 
Nach Maassen (1) wird sie auch durch einige Bakterien-Arten, wie 
Baeillus eyanogenus, Bac, fluorescens und Bac. pyocyaneus, kräftig oxydiert. 


— 651 — 


Verhältnismäßig leicht wird durch niederste Lebewesen auch die 
Chinasäure oder Hexahydrotetraoxybenzoesäure, (,H.(OH), -COOH, 
zersetzt, welche aus Chinarinde gewonnen werden kann. Auf ihre 
Brauchbarkeit als Kohlenstoff- Queile für Schimmelpilze hat bereits 
Näceri (1) hingewiesen, in dessen Nährwertskala die Chinasäure un- 5 
mittelbar hinter dem Pepton steht. Samkow (1) hat den Bacillus pro- 
digiosus auf Chinasäure-Lösung mit Erfolg gezüchtet. Nach Low (3) 
und nach EMmMERLInG und ÄBDERHALDEN (1) wird bei der Gärung des 
chinasauren Kalkes durch Spaltpilze an der Luft Protokatechusäure 
gebildet: 2C,H,.(OH), -COOH + 0, —= 20,H,(OH),-COOH — 6H,0. Bein 
Gärung unter Luft-Abschluß wird der Benzolring aufgesprengt, und die 
Chinasäure zersetzt sich unter Entwicklung von Ameisensäure, Essig- 
säure und Propionsäure Nach MaaAssen (1) verarbeitet der Bacillus 
capsulatus Pfeifferi die Chinasäure kräftig. 

Wir sehen, daß jede der drei letztgenannten aromatischen Säuren 
in ihrem Molekül eine Hydroxyl-Gruppe enthält, deren Einschaltung 
überhaupt den Nährwert chemischer Verbindungen erhöht. Nach An- 
gaben von PFEFFER (1) kann jedoch auch die einfachste aromatische 
Säure, die Benzoesäure, C,H,-COOH, als Kohlenstoff-Quelle für 
Mikroben dienen. 20 

Um mit den Beispielen von Zersetzung einzelner Vertreter der 
organischen Säuren zum Schlusse zu kommen, müssen wir noch den 
Abbau irgendeiner der komplizierten Säureverbindungen von unbe- 
stimmtem Bau und nicht selten auch unbestimmter Zusammensetzung 
betrachten, welche in pflanzlichen und tierischen Organismen enthalten 3 
sind und mit deren Ueberresten in den Boden gelangen, wo sie der 
Einwirkung der Mikroben ausgesetzt sind. Nehmen wir z. B. die 
Nucleinsäure, welche in mehreren Abarten bekannt ist, die sowohl 
durch die Größe ihrer Wasserlöslichkeit als auch durch ihre Herkunft 
(Hefen-Nucleinsäure. Thymus-Nucleinsäure u. a.) sich voneinander unter- 30 
scheiden. Die Hefen-Nucleinsäure hat nach A. Kossen (1) die 
Molekular-Formel C,-H,,N,Ps0,,, zeigt in reiner Gestalt keine Eiweib- 
Reaktion, wohl aber Pentosen-Reaktion und zersetzt sich unter Bildung 
von Phosphorsäure und Nucleinbasen. Die Nucleinsäure aus der Thymus- 
drüse besitzt starke bactericide Kraft, und zwar zufolge H. Kosseu (1) 
dank ihrer Fähigkeit, Eiweiß niederzuschlagen. Ihre 0,5-proz. Lösung 
tötet Cholera-Vibrionen in 3—5 Minuten. Salze der 'T'hymus-Nuclein- 
säure können nach Iwanorr (1) als geeignete Stickstoff- und Phosphor- 
Quelle, nieht aber (s. Bd. I, S. 409) auch als Kohlenstoff-Quelle dienen. 
SCHITTENHELM und ScHrÖTErR (1) haben die Wirkung von Bact. coli, 
Staphylococcus pyogenes albus und Bakterien der Exkremente auf die 
Nährlösung von Uschrssky studiert, in welcher (s. Bd. I, S. 556) der 
Stickstoff als Natronsalz der Hefen-Nucleinsäure geboten wird. Hierbei 
traten Purinbasen auf, welche in einigen Fällen unter Bildung von 
Gasen weiter zersetzt wurden, und zwar entstanden Kohlensäure, Stick- 4 
stoff, Wasserstoff und Methan, die beiden letzteren Gase jedoch nur 
nach Beimpfung mit Exkrementen. Außerdem fanden sich Phosphor- 
säure, Aethylalkohol, Ameisensäure und Oxalsäure, Ammoniak, Hypo- 
xanthin, Xanthin, und zwar in sehr geringer Menge, vor. — 

Wir haben also den durch Bakterien bewirkten Abbau organischer » 
Säuren der verschiedensten Zusammensetzung betrachtet. Werfen wir 
einen Rückblick auf das hier angeführte Tatsachen-Material, um es von 
zwei verschiedenen Standpunkten aus zu beurteilen: 1. vom rein chemi- 


[er 


5 


vo 


schen, insoweit als es über den Charakter der abbauenden Mikroben- 
arbeit Aufschluß gibt, und 2. vom physiologischen, insoweit es die Rolle 
der organischen Säuren im Bau- und Betriebs-Stoffwechsel der Mikro- 
organismen im Zusammenhange mit dem allgemeinen Ernährungsproblem 
sautklärt. W as den ausschließlich chemischen Teil der Erscheinung an- 
betrifft, so müssen wir hier die auffällige Gleichartigkeit der Typen von 
Zersetzung organischer Säuren vermerken. Die komplizierteren Säuren 
zerfallen gewöhnlich in Alkohol und einfache organische Säuren, diese 
letzteren aber verbrennen ihrerseits bei Luft-Zutritt unter Bildung von 

ıoKohlensäure und Wasser, bei Luft-Abschluß aber unter Bildung von 
Kohlensäure und Wasserstoff oder Methan. 

Viel interessanter ist die Frage vom physiologischen Standpunkte 
aus, und zwar in dem Sinne, dab die Ursachen des Gedeihens oder Ver- 
sagens der Mikroorganismen auf verschiedenen organischen Säuren auf- 

ıs geklärt werden sollen. Die Stellung der Säuren unter anderen Stoff- 
wechsel-Produkten, ihr verhältnismäßig einfacher Bau, welcher den ganzen 
chemischen Prozeß von Anfang bis zu Ende genau zu verfolgen gestattet, 
wie auch die äußerste Schlichtheit der Lebenstätigkeit einzelliger Orga- 
nismen bieten für diese Untersuchungen sehr günstige Bedingungen für 
20 die Entscheidung vieler grundlegender Fragen der Ernährungsphysiologie 
überhaupt, da man augenscheinlich zwischen den Ernährungs-Vorgängen 
bei den Mikroben einerseits und bei den höher organisierten Pflanzen 
ı andrerseits keine Schranken errichten darf, und also die unter diesen 
einfachsten Verhältnissen gewonnenen Ergebnisse auf das weite Gebiet 
»der Pflanzenernährung überhaupt Anwendung finden können. Leider 
stammt fast sämtliches hierher gehörige Material, welches wir in vor- 
liegendem Kapitel durchgemustert haben, aus verhältnismäßig alten 
Zeiten, muß also als in hohem Grade unzuverlässig erachtet und den 
derzeitigen Forderungen einer bakteriologischen Untersuchung gemäß 
sovon Grund aus neu bearbeitet werden. Daß man von diesem lücken- 
haften und in vielen Fällen widerspruchsvollen Material ausgeht und 
daraus irgend welche positiven Schlußfolgerungen zieht, ist selbstver- 
ständlich unzulässig. Jedoch auch schon jetzt kann man mit Sicher- 
heit behaupten, daß der Nährwert organischer Säuren nicht bloß durch 
deren chemische Natur, deren Fähigkeit, gewisse chemische Ver- 
bindungen einzugehen, und deren dynamischen Zustand, d. h. die in ihnen 
aufgestapelte und durch die Verbrennungswärme zu messende potentielle 
Energie bestimmt wird, sondern auch durch andere, noch unbekannte 
Ursachen, welche erst von zukünftigen Forschern aufgedeckt werden müssen. 
‚Es ist leicht möglich, daß der Weg, welchen NÄGELI, MAAssEN und 
Lorw beschritten haben, nämlich ihr Versuch, den Nährwert verschiedener 
Verbindungen zu deren Strukturverhältnissen und zu der Anwesenheit 
verschiedener charakteristischer Gruppierungen, welche als Bausteine 
beim Aufbau des Mikrobenleibes dienen können, in Beziehung zu setzen, 
suns dazu verhelfen kann, dab wir uns der Wahrheit nähern. Eine um- 
fassende Antwort auf die verwickelten Fragen der Ernährung dürfen 
wir jedoch nicht eher erwarten, als bis wir auch von der anderen Seite 
an sie herantreten können, wo wir die chemischen Eigenheiten des 
lebenden Plasmas, welche dessen Wahlvermögen für verschiedene Nähr- 
;ostoffe bedingen, in Betracht zu ziehen haben; dieses wird aber erst 
nach weiteren wesentlichen Fortschritten der physiologischen Chemie 
möglich werden. Erst dann, wenn die Frage auf so breite Grundlage 
gestellt werden wird, daß sie den Ernährungsvorgang in seinem ganzen 


— 655 — 


Umfange erfaßt, ist die Möglichkeit einer befriedigenden Lösung des 
schon seit langem sich aufdrängenden Ernährungsproblems vorherzu- 
sehen oder werden wenigstens leitende Gesichtspunkte für weitere 
Verallgemeinerungen sich finden lassen. 


Literatur 
zum Kapitel Der Abbau einiger organischer Säuren durch Spaltpilze. 


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* 


ee 


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DEE FEWE SEN 


% 


Saeh-Register 


zusammengestellt von 


Dr. LEoroLDp MEYER, 
Bakteriologen der k. k. landw.-chem. Versuchsstation in Wien. 


(Ein * Sternchen vor der Seitenzahl bedeutet Abbildung. — Unter © bezw. K vermißte 
Stichwörter suche man unter K bezw. ©. Wörter mit ä, ö, ü suche man alphabetisch 


unter ae, oe, ue. — Die Synonyma wichtiger Organismen sind angeführt, 


so daß man 


betr. eines solchen an mehreren Stellen nachzusehen haben wird.) 


A. 


Abbrennen des Obstes, 62 
Abfallhefe, Verwertung der, 130 
Abschwitzen der Haare der Felle, 23 
Abstich des Weines, 483, 484, 485 
Abwässer, der Brauereien, 26 
— der Gerbereien, 34 
— der Stärkefabriken, 26 
Abziehen des Weines. 483 
Acetal, Bildung im Wein, 464 
Acetaldehyd, s. Aldehyd 
Acetamid, in mäuselndem Wein, 519 
Acetate, Giftigkeit der, 497 
Acetimonas, als Gattung, 550 
Acetobacter melanogenum, 556, 575, 581, 
582, 584, 585, 5857 
— plicatum, 508, 546, 558, 594 
Acetobacterium aylinum var. Lagerheimii, 
565 
Acetogen, 561 
Acetol, Bildung aus Aethylen-Glyeol, 579 
Aceton-Dauerpräparate von Hefen. 129 
— — von Essigsäure-Bakterien, 574 
Acetylmethylearbinol, in Weinessig, 615 
Achroodextrin, 146 
Acidität des Bieres, 212 
- ls Schutz der Hefe, 290 
Aconitsiture, Assimilation der, 637 
Aectinobacter polymorphus, 645 
‚Aetinomyces chromogenus, D56, D73 
— odorıfer, 637, 646 
Adenin, Assimilation des, 167, 168 
Bildung durch Hefe, 167 
— im Hefenextrakt, 127 
Adhäsionskultur, Lindner's, *171 


Adipinsäure, Nährwert der, 638 

ae Bitterwerden der, 44, 45, 59, 64, 362 
Fäule der, 362. 

— Morschwerden der, 37, 54 

— ÖOxydasen in, 497 

— Saccharose in, 423 

— Schwarzfäule der, 39, 42, 362 

— Stippenbildung in, 37, 54 
S. auch: Obst 

Aepfelmost, Einfluß von Ammonsalzen auf 
die Gärung des, 429 

Aepfelsäure, Abbau der, 56, 472, 615, 646 

— Giftigkeit der, 424, 599 

— Nährwert der, 637, 646 

— Vorkommen im Vogelbeersaft, 599 

äpfelsaure Salze, s. Aepfelsäure-Abbau 

Aepfelwein, Alkoholbildung im, 411 


 — Bouquetbildung im, 397 


— Essig aus, 615 
— Hefen im, 345, 397 
— Kahmbildung auf, 505 
— Siünreabbau im, 477 
— Schwefeln des, 407 
— Tirmbhefen des, 483 
— Ziühewerden des, 521 
aerobe Bakterien, auf dem Tabak, 10 
Aescher, 23, 24: s. auch: Kalkäscher 
Aethylacetat, im Wein, 46% 
Aethylalkohol, Bildung durch 
213, 295, 475, 512, 6d4, 
649; s, auch: Alkohol 
Aethylbutyrat, im Wein, 469 
Aethylenbernsteinsäure, Nährwert der, 646 
Aethıylen-Glyeol, Bildung des, 466 
— Oxydation des, 578 
Aethyliden-Diäthyläther, 


Bakterien, 
645, 647, 648, 


Bildung, 464 


Aethyliden-Milchsäure, Nährwert, 644 
Aethylmalat, im Wein, 469 
Aethylsuceinat, im Wein, 469 
Aetzkali, Giftigkeit des, 592 
Aetzkalk, 181; s. auch: Kalk 
Aetznatron, Giftigkeit des, 592 
Afral, 606 

Agarplatten, zur Hefen-Prüfung, 174 
Agglutination der Hefe, 315 
Akakoji, 251 

Aki, 324 


Akklimatisierung der Hefe an Gifte, 303, | 


407, 409 
— der Essigsäure-Bakterien, 610 
Akne, Hefe gegen, 128, 130 
Aktivität der Hefe, Einfluß der Flußsäure 
auf die, 302 
Alacet, 595 
Alanin, Spaltung durch Hefe, 466 
Alaun, "Einfluß auf Sehimmelpilze, 34 
—_ Konservierung der Hefe mittelst, 101 
Albumine, im Most. 426, 427 
Albumosen, im Most, 426 
— Einfluß auf die Schaumgärung, 313 
Aldehyd, als Kohlenstofiquelle, 562 
— Bildung von, 450, 464, 506 
— — durch Essigsäurebakterien, 463, 571 
— — — Hefe, 413, 484 
_— — Torulaceen, 345, 448 
— Einfluß auf das Rahnwerden, 497 
— — auf den Rotweinfarbstoft, 464 
— Entdeckung des, 540 
— Entstehung bei der Alkoholgärung, 572 
— — durch Essigsäuregärung, 540,571, 619 
— im Most, 446 
— im Rum, 337 
— Umsetzungen im Wein, 464, 473 
Mdehydanmenak: im Wein, 532 
Aldehydase, 573 
aldehydschweflige Säure, Giftigkeit, 448, 589 
— — Einfluß auf Weinoxydase, 499 
— — im Wein, 446, 448, 464 
Ale, Bac. subtilis in, 219 
Algen, Zersetzung organischer Säuren durch, 
635, 641 
algerische Moste, Säurezusatz zu, 383 
Algier-Trauben, Keimgehalt der, 346 
Algier-Weine, Krankheit der, 527 
Alkalien, Giftigkeit der, 592 
— Einfluß auf Taka- Diastase, 332 
Alkanna-Tinktur, zum Nachweisdes Hopfen- 
harzes, 170 
Alkohol, als Kohlenstoffquelle, 562 
— Ausbeute beim Amylo-Verfahren, 334 
bei der Weingärung, 423, 428, 454 
beim Takamine- Verfahren, 332 
durch Amylomyces Rouxti, 324 
Atmung, intramoleculare, 364 
chinesische Hefe, 323 
Pale-Ale-Hefe, 323 
Weißbier-Hefe, 266 
— — Einfluß der Milchsäure auf die, 
— bakterielle Sänerung des, 569 
— Bildung bei dem Glasiebeizen, 26 
— — — der Tabakgärung, 19 
— — — — Tapej-Bereitung, 326 


291 


rad Bildung bei der Weingärung, 453, 
461 


— — durch Aspergillus Oryzae, 331 
— — — Mucoreen, 19, 322, 364 
— — von Essigsäure aus, 463, 506, 568 
— — — Oxalsäure aus, 588 
— chemische Säuerung des, 542, 568 
— Einfluß auf die Diastase, 248 
— — — — Essigsäurebakterien. 508 
— Glycerinbildung, 455 
— — — — Hefe, 265, 432 
— — — — Kahmpilze, 595 
_ — — Säuren im Wein, 461 
B= Giftwirkung des, 71, 72, 593, 594 
— im Arrak, 327 
— in Früchten, 58, 364 
— zur Konservierung der Hefe, 120 
— — — des Himbeersaftes, 68 
S. auch: Aethylalkohol 
Alkohole, aliphatische, im Wein, 452 
— einwertige, Oxydation, 575 
— höhere, Bildung, 468, 506 
— mehrwertige, Oxydation, 578 
Alkohol-Gärung, Aldehyd-Bildung bei, 572 
— — Chemismus der, 579 
— — in Lohbrühe 29 
S. auch: Gärung 
Alkohol-Gehalt der Ausleseweine, 373 
— — — faulen Aepfel, 364 
— — des Rums, 357 
-- — — W eines, 423, 432 
Alkohol-Glycerin- -Verhältnis, 456 
Alkohol-Hefen, auf Weinbeeren, 348 
— — in chinesischer Hefe, 321 
— — — Koji, 246 
Alkohol- Oxydase, 574; s. auch: Oxydase 
Alpinia Galanga, zur Ragi-Bereitung, 325 
Altern der Weine, Einfluß des Lüftens, 441 
Alternaria, 5, 259 
Aluminiumsalze, Einfluß auf Taka-Dia- 
stase, 333 4 
Ambrosia der Waldbäume, 567 2 
Ame, 320 Ä 
Ameisensäure, Assimilation der, 637 | 
— Bildung aus Aepfelsäure, 647 
— — — Aminosäuren, 465 
— — — Chinasäure, 651 
— Glycerinsäure, 645 
— Milchsäure, 644, 645 
- durch Bakterien, 213, 253, 295 
— — im Wein, 458 
— — in der Brennerei-Maische, 293 
— Einfluß auf die Alkoholgärung, 452 


— — — — Hefe, 303, 316, 458, 595 
— Giftiekeit der, 452, 595, 639 

— in Arrak, 328 

— — Fruchtsäften, 596 

— — Kwal, 253 


Melassen, 283 
Mistbeizen, 25 
Most, 460 

— — Rum, 337 

— — Trauben, 459 

— — Wein, 460 

— Nährwert der, 634 
— Vorkommen der, 639 


Ameisensäure, Zersetzung der, 635, 639, 
640, 641 

— Zusatz zum Hefengut, 304 

Amide, als Nährstoff, 561, 562 

— bei der Tabakgärung, 6, 7 

— Einfluß auf Hefen, 428 

— im Most, 427 

— in Mistbeizen, 25 

Amine, als Stickstofi-Quelle, 466 

Aminosäuren, Bildung im Wein, 527 

— Fuselöl-Bildung aus, 465, 577 

— Umwandlung in Oxysäuren, 598 

— Vergärung der, 466 

Ammoniak, Bildung bei der Gärung, 466 

— — — — Tabakgärung, 6, 8, 10, 11, 12 

— — in Mistbeizen, 25 

— — — Most, 427 

— Einfluß auf die Hefe, 317 

— — — — Fuselölbildung, 467 

Ammoniakbildner bei der Tabakgärung, 12 

Ammoniumkarbonat, Einfluß auf Hefe, 317 

— zum Petunieren des Tabakes, 16 

Ammoniumphosphat, Harmlosigkeit, 592 

Ammoniumsalze, als Stickstofiquelle, 561 

— Einfluß auf die Hefe, 317 

— — — — Bernsteinsäure-Bildung, 458 


657 


| Anschärfen der Weiche, 23 


— — — — Hefenernährung, 428, 429, 479 | 


Ammoniumsulfat, Giftwirkung des, 590 

Ammonium-Verbindungen, Bildung durch 
Kahmpilze, 506 

Ammonium, weinsaures, Verhalten des Bac. 
viscosus I u. II, 216 

Amöben, als Fresser von Bakterien und 
Hefen, 606 

Amplosia, 75 

Amygdalin, Verhalten der Mannitbildner 
zu, 517 

Amylacetat, in Schnellessig, 578 

Amylalkohol, Bildung des, 465 

— im Wein, 469 

— Vergärbarkeit des, 577 
S. auch: Fuselöle 

Ampylobacter butyrieus, 644 

Amylodextrin, 146 

Amyloine, Rolle bei der Nachgärung, 237 

Amylomyces P, y, 322; s. auch: Rhizopus 

— Kousxti,322,324,334 ; 8. auch: Mucor Rousxei 

Amyloverfahren, 334 

Amylum, s. Stärke 

anaerobe Bakterien, auf Rohhäuten, 22 

— — in gärendem Tabak, 10, 11, 18 

Analyse, biologische, für 
kontrolle, 159, 172 

Ananasfrüchte, Hefen auf, 344 

Anchu, 251 


Angiüren der Wein-Maische, 352, 386 
Angh-Khak, 251 
Anguillula aceti, 568, 605; ». auch: Essig- 


älchen 
Animaleula monadina, 167 
Ankommen der Bier- Würze, 142 
Anomalus-Arten, auf Grünmalz, 164 
in Koji, 248 
S, auch: Willia, 


Sacch, anomalus 


Anpassungsvermögen der Hefen und Bak- 
I miger, 


terien an Gifte, 302 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie,. 


ı Asbest, Konservierung der Hefe 


| Asbest-Filter, 
die Betriebs- | - 


Reg tatae, 


Anstellen, der Bierwürze, 135 
— durch spontane Gärung, 263 
— des Mostes, 392, 403 


 Anstellhefe, Berechnung der Menge an, 177 


— der Brennerei, 287 

— Einfluß auf die Schaumgärung, 313 
— Gewicht eines Liters, 177 

— Kahmhefen-Nachweis in der, 315 
— Menge der, 134, 138, 175, 287 

— Züchtung für Schaumweine, 418 
Anstellmoste, 412, 415 


‘ Antiformin, 181, 182, 606 


Antigermin, 181, 183, 606 
Antiseptika, Anpassung der Hefen an. 302 
— — — Bakterien an, 302 

S. auch: Desinfektion 


Apfel, s. Aepfel 


Apfelsäure, s. Aepfelsäure 


' Aphiden, 345 


Apiculatus-Hefen, Bouquet durch, 358, 471 
— Bildung flüchtiger Säuren, 358, 510 
— Einfluß des.Lüftens auf, 443 

— — der Kohlensäure, 354 


' — Vorkommen auf Obst, 345 


—— — Hopfen, 237 

S. auch: Sacch. apiculatus 
Apparathefe, 86 
Appert’s Verfahren, 66 
Aprikosen, Pilzflora auf, 44, 362 
Arabinose, im Traubensaft, 454 
— Furfurolbildung im Wein aus, 464 
— Säurebildung aus, 512, 584 
Arabit, Oxydation des, 580 
Arabo-Ketose, aus Arabit, 580 
Arabonsäure, Bildung aus Arabinose, 584 
Araki, vergorener Palmsaft, 324 
Arginin, Assimilation durch Pilze, 167, 168 
Ariki, vergorene Stutenmilch, 324 
Arrak, Analysen von, 328, 337 
— bBereitung des, 326 
— Gärungserreger für, 327 
Arsen, im Most, 451 
Arsenik, im Aescher, 24. 
arseniksaure Salze, in der Gerberei, 22 
Arsenverbindungen auf Trauben, 451 
Arthrobacterium aceti, 549 
Arthrosporen, 549 
mit, 111, 
117, 118 
für Most, 406 
— Wein, 487 
Ascochyta rufomaculans, 44 
Asparagin, Assimilation des, 
— Vergärung des, 647 
Asparaginsäure, Assimilation der, 
Aspergilleen, auf Grünmalz, 25% 
— — Leder, 34 
—_ Tabak, 5, 9, 20 
Aspergillus albus, 164, 259 
331 


259 


167 


167 


elavatus, 
fumigatus, 9 
glaueus, D, 16 
luchuensis, 380 

331, 502, 650 
Bd. Y, 


— 658 — 


Aspergillus Oryzae, 126, 245, 250, 320, 331, 
336 


— pseudoflavus, 331 

asporogene Hefe, in der Brauerei, 170 
Astilbe japonica, 365 

Asti spumante, 429, 481 

Atmung, intramolekulare, im Obst, 58 
— — Alkohol-Bildung durch, 364 
Auffrischen der Hefe, 85 
Aufgußplatten zur Hefen-Untersuchung, 174 
Aufguß-Vorrichtungen am Bildner, 609 
Aufkräusen des Bieres, 152, 225 
Aufziehen der Bierwürze, 135 
Ausarten der Brauereihefe, 207, 267 
Ausleseweine, 372 

Ausreifen der Weine, 485 

Awamori, 319, 330 

Azetate, s. Acetate. 


B. 


Bacillus I, II, III, IV, V Konise, 11, 12 

— IV HennEBerg, 296 

— XIX Apıneızz, 30 

— A, B, C, E Dävaros, 10 

— aceticus, 590 

— acidificans longissimus LAFAR, 295, 296, 
297, 513 

— acidi lactiei Hurppe, 30. 513 

— acidi lactiei PAstEur, 30 

— acidi propionici, 645 

— aerogenes, 25, 513. Syn.: Bact. lactis 
aerogenes; 8. a. 

— albus gasoformans TATAROFF, 193 

— amaracrylus, 530, 533 

— amylovorus, 362 

— anthracis, 638 

— Beijerincki, 297, 298, 300, 301 

— Buchneri, 296, 297, 300, 301 

— bulgaricus, 625 

— butyrieus, 29, 644 

— capsulatus Pfeifferi, 651 

— corticalis, 31 

— cyanogenes Füsse, 191, 637 

— Delbrücki LEıicHMmAnn, 296 

— Delbrücki var. «, 298, 300, 301 

— dendritieus, 24 

— enteritidis, 643 

— erodiens, 26 

— erythrosporus, 191 

— ethaceticus, 645 

— ethacetosuceinicus, 645, 649 

— faseiformis, 193, 214 

— Fitzianus, 579, 586 

— flavocoriaceus, 192 

— fluorescens liquefaciens, 29, 191, 637, 650 

— fluorescens putidus, 354, 637 

— Freudenreichii, 30 

— furfuris, 26 

— gasoformans, 25, 26, 34 

— Hayducki, 296, 297, 300, 301 

— holobutyricus, 644 

— lactis acidi, 296 

— lactis albus, 24, 26 

— Leichmanni I, 297, 298, 300, 301 


| 


Bacillus Leichmanni II, III, 298, 300, 301 
— Lindneri, 194, 214 
— liodermus, 34 
—_ liquefaciens, 34 
— liqwidus, 29 
— Listeri, 297, 300, 301 
E= Maerckeri, 297, 300, 301 
E= megaterium, 25, 26, 29 
— mesenterieus vulgatus, 348, 579, 580 
— mesentericus fuscus, 29 
— methylieus, 576, 639, 640, 641 
— mezxicanus, 256 
— mycoides, 11 29, 192 
— oedemalis maligni, 644 
— perhibratus, 641 
— piluliformans. 512 


— prodigiosus, 107,651. Syn.: Bact. prodi- 

giosum; S. a. 2 
— Proteus Hauseri, 107 R 
— — vulgaris, s. Bact. vulgare : 
— — Zenkeri, 107, 638 | 


—p yocyaneus, 638, 643 

— ramosus, 638 

— roseus vini, 524 

— saprogenes Sake, 622 

— saprogenes vini 1—7, 524 

— sardous, 625 

— Savastonti (Atherstonii?), 623 

— setosus, 192 

— stolonatus, 193 

— subtilis, 2, 10, 11, 23, 25, 27, 29, 34, 
35, 192, 219, "260, 570, 581; s. auch: 
Heubazillen 

— tabaci I, III, 12 

— tabaci fermentationis, 11 

— tartrieus, 646, 648 

— tubereulosis, 638 

— turgescens, 192 

— typhi abdominalis, 192, 649 

— vini, 512 

— viridificans, 191 

— viscosus, 29, 517 

— viscosus brusxellensis, 217, 244, 245 

— viscosus I et II v. Laer, 192, 216, 217 

— viscosus III van Dam, 192, 218 

— viscosus sacchari, 517 

— viscosus vini, 520 

— vulgaris. Syn.: Bact. vulgare; s. d. 

— vulgatus. Syn.: Bac. mesentericus vul- 
gatusz s. d. 

— Wehmeri, 297 

— Wortmanni, 297, 298, 300, 301 

Backzwecke, Hefe für, 105 

Bacterium aceti A. pe Bary, 549 

— aceti BEIJERINCK, 554, 587 

— aceti var. agile BELJERISCK, 549, 560 

— aceti Brown, 542, 545, 549, 551, 575, 
678,- 579, 580, 581, 584, 585, 587, 600 

— aceti Brown var. Tanezu TAKAHASHI, 
552, 584, 617 

— aceti Hansen, 30, 211, 545, 547, 5485 
549, 551, *552, 553, 574, 575, 578, 580 
581 582, 584, 586, 587, 588, 590, 691,} 
592. 594, 596. 598. 599, 605, 619, 643 

— aceti Hausen var. Tanezu TAKAHASHI, 
552, 581, 585, 587, 588 


Bacterium aceti Hoyer, 562, 597, 645 
— aceti SEIFERT, 548 


— aceti var. albuwminosum LISDNER, 552,621 


— aceti var. friabile LinDNEr, 552, 621 

— aceticum Bacınsky, 625 

— acetigenum HENNEBERG, 546, 549, 559, 
575, 576, 580, 581, 586, 587, 588, 590, 
591, 592, 596, 598, 599, "604 

— acetosum HENNEBERG, 193, 212, 546, 549, 
555, 570, 575, 576, 577, 580, 581, 584, 
Par 587, 588, 590, 592, 596, 598, 599, 
04 

— acetosum HEnneEgere var. Tanezu I et Il 
TaKAHasHı, 556, 581, 584, 585, 617 

— acidi lactici GROTENFELT, 30 

— acıdı oxalici, 564, 568, 588 

— aerogenes, 192. Syn.: Bac. aerogenes, 
Bact. lactis aerogenes; s. d. 

— albuminosum Lisoser, 552, 621 

— arborescens, 24 

— ascendens HEnneBE: G, 508, 548, 549, 
557, 562, 570, 574, 575, 576, 584, 585, 
588, 589, 590, 591, 594, 595, 596, 599, 
600, 604, 610° 

— ascendens var. Tanezu TaxaAHasHı, 557 
581, 584, 585, 617 

— Bussei MarzuscHita, 192 

— ( Perers, 546, 557, 626 

— carabiforme Mez, 191 

— coeruleum, 192 

— coli commume, 107, 192, 347, 348, 643, 
647, 649, 651 

— coronatum, 193 

— cretaceum, 191 

— curvum, 546, 559, 575, 584, 589, 611 

— ferrugineum, 191 

— fluorescens, 191, 192 

— — fuscans, 191 

— formiecicum, 640, 641 

— friabile, 552, 621 

— fuscans, 192 

— gliserogenum, 192 

— gracile,475,476,477,511, 512, 513, 514, 528 

— Grotenfelti, 30, 192 

— Güntheri, 513 

— helicosum, 192 

— helvolum, 192 


L) 


— industrium, 198, 262, 546, 549, 556, 562, | 


570, 575, 576, 586, 587, 588, 590, 591, 
592) 506, 598, 599 

— janthinum, 192 

— Kützingianum Hansen, 211, 545, 547, 
b48, *552, 653, ER 575, 576, 577, 578, 
579, 580, "Bl. 2, "584, 585, 586, 587, 
D8B, 590, 591, 9 696, 597, 598, 599, 
10) 605. 619 

_ Kützingianum var, a, ß, y, d, n, Db4, 
578, DB, 584, 588, 622 

— Kützingianum Swırwnn, Dd4 

— lactis acidi Lwıcnmann, 80, 513 

— Jactis aerogenes, 192, 513, 624, 625 

— lactis viscosum, BO, 192 

— levans, 192 

— mannitopoeum, 476, 477, 482, 483, Dil, 
612, 514, 515, 517, 518, 519, 528 

— minutissimum, 191 


Bacterium mucosum non liquefaciens, 193 


| — orleanense, 509, 546, 558, 564, 571, 575, 


584, 604, 611 

— oxydans, 212, 546, 549, 554, 555, 570, 
575, 576, 577, 580, 581, "584, 586, 587, 
585, 590, 591, 592) 594, 596, 598, 599, 
6 

— Pasteurianum Haxsen, 30, 508, 509, 
545, 547, #548, 549, *552, 553, 555, 574, 
575, 576, 577, 578, 579, 580, 581, 582, 
584, 585, 586, 587, 588, 590, 591, 592, 
De 544, 596, 597, 598, 599, 600, 603, 
605 

— pasteurianum Hovkr, 553, 597, 645 

— — var. agile Hoyer, 549, 553 

— — var. colorium BEIJERINcK, 553 

— — var. variabile Hoyer, 553 

— pedieulatum, 311 


\ — pituitosum, 192 
— prodigiosum, 192. Syn.: Bac. prodi- 


giosus; s. d. 
— putidum, 191 
— pyocyaneum, 191 


| — rancens, 509, 520, 521, 554, 571, 572, 


574, 585, 586, 587, 589, 590, 591, 594, 
596, 597, 598, 599, 604, 615, 645 

— rancens var. agile, 555 

— — var. celiae, 555 

— — var. muciparum, 555, 571, 585, 587 

— — var. zythi, 555, 571, 585, 587 

— ranicida, 191, 192 

— reticulare, 193 

— Schützenbachi, 546, 559, 575, 584, 589, 
610, 611 

— solare, 192 


\ — tabaci fermentationis, 11 


— Tataroffi, 191 

— termo, 189, 211 

— turcosum, 191 

— typhi, 192, 649 

— vermiforme, *256 

— vernicosum, 191 

— vini acetati, 546, 557, 575, 584, 604 

— violaceum, 192 

— viscosum, 192 

— vulgare, 191. Syn.: Bac. Proteus vulgaris, 
Proteus vulgaris; s. d. 

— aylinoides, 508, 546, 557, 5: 58, 564, 575, 
584, 586, 597, 604, 610 

— xylinoides var. Tanezu, 558, 584, 585, 
587, 588, 617 

— rylinum, 854, 508, 550, 557, 558, 612, 
615, 621, 623 

- aylinum Brown, 545, 546, 547, 562, 
665, 575, 581, 584, 585, 587, 588 
- oylinum Henneneng, 564, 575, 584, 086, 

587, 590, 542, 598, 599, 604 

— eylinum Hover, 561, 587 
wylinum Sewert, 564, 581, 582 
aylinum Wennischerr, D46, 564 
Zimmermanni, 191 

Bückereihefe, Milchsäurebakterien in, 299; 
s. auch: Preßhefe 

Bakterien, auf Hüuten, 22 

- Malz, 209 
= Obstirlichten, 346 


42* 


— 660 ° — 


Bakterien, auf Obstkonserven, 66 

— in Wein, 487 

— — Würze und Bier, 189, 193, 195 

— Farbstoff bildende, 191, 192 

Bakterienblasen, 511 

Bananenfäule, 363 

Barbera, 429 

Barbet’s Hefenreinzucht-Apparat, *278, #279 

Baryumacetat, Giftigkeit des, 597 

an zum Entgipsen des Weines, 
385 

Bataten-Branntwein, 331 

Bauer’s Hefenreinzucht-Apparat, 9], *92, 94 

Baumflüsse, 565 

Beduin, 128 

Beeren-Weine, 410, 413, 429, 489 

Bendixen’s Hefenreinzucht-Apparat, 94, 277, 
*278 

Beni-Koji, 251 

Benzoesäure, .in Preißelbeeren, 73 

— als Kohlenstoffquelle, 651 

benzoesaures Natron, Giftigkeit des, 600 

Benzylsenföl, Giftigkeit des, 600 

Bergstein’s Nachweis wilder Hefe, 168 

Berieselungskühler für Most, 391 

Berliner Weißbier, Krankheiten des, 220 

— — Milchsäurebakterien in, 138, 214, 215 

— — Pediokokken in, 220, 221, 228 

— — Stellhefe für, 138 

Bernsteinsäure, Assimilation der, 637 

— Abbau der, 614, 646, 647 

— Bildung, 456, 457, 458, 459, 462, 466, 
517, 644, 645, 647, 649 

Betriebshefe, 102, 174 

Betriebsklima, 307 

Betriebskontrolle, 159, 170, 172, 307 

Bier, Acidität des, 212 

— bitteres, 200, 203, 205, 230 

—- Brotgeschmack des, 197 

— Bruchbildung im, 142 

— Buttersäure im, 219 

— chloriger Geruch des, 191, 219, 221 

— Doppelsichtigkeit des, 217, 244 

— Durchfallen des, 144, 145 

— Eiweißtrübungen im, 146, 182 

— englisches, 84, 217 

— Entfärbung des, 203, 209, 224 

— Essigsäure-Bakterien im, 211, 620 

— Essigstich des, 210, 620 

— Fadenziehen des, 215 

— Filter für, 193 

— Geschmacksfehler des, 202 

— Haltbarkeit des, 194, 203 

— Hefengehalt des, 144, 150, 152 

— Hefentrübung im, 201 

— Keimgehalt des, 194 

— Klären des, 142 

— Klärmittel für, 146 

— Kreosot-Geruch des, 181 

— Lagergärung des, 150 

— Langwerden des, 215 

— Milchsäure-Bakterien im, 192, 621 

— mit doppeltem Gesicht, 217 

— Myceoderma im, 208, 600, 602 

— Pasteurisieren des, 196 

— rotes, Öhlorgeruch, 221 


Bier, Sareina-Krankheit des, 222 

— schleieriges,. 215 

— staubiges, 208 

— Torula im, 209 

— Trübung des, 146, 182, 197, 201, 205, 
209, 219, 228, 238 

— Umschlagen des, 212 

— Vergärungsgrad des, 146 

— Verschleimung des, 215 
S. auch: Weibbier 

biere ä double face, 217, 244 

— filante, 215 

— tournee, 212 

Bieressig-Bakterien, 550, 551 

Bier-Gelatine, 178 

Bierhefe, Ausarten der, 207 

— Dematium in, 169 

— Entbittern der, 123 

— Flockenbildung der, 317 

— für Beerenwein, 410 

— in Melassen-Brennereien, 282 

— Jahres-Erzeugnis an, 122 

— Lebensdauer der, 106 

— Mischsaaten von, 206 

— Nährpräparate aus, 122 

— Untersuchung der, 167, 172 

— Waschen der, 108 
S. auch: Hefe, Reinhefe 

Bierwürze, Bakterien der, 188 

— Blasengärung der, 143 

— Dematium in, 238 

— Entfärbung der, 191 

— fadenziehende, 215, 238 

— fluorescierende, 184, 191 

— Trübung in, 189 

— Untersuchung der, 174 

— Verfärbung der, 216 

— Verschleimung der, 192, 218, 238, 552 
S. auch: Würze 

Bilder, s. Bildner 

Bildner, Begriff 540, 608 

— biologische Verhältnisse im, 606 

Bios, 128 

Birnen, Alkohol-Bildung in, 58, 364 

— Fäulnis der, 40, 361 

— Oxydasen in, 497 

— Pilzflora auf, 58, 350, 346, 364 

— Schwarzfäule der, 39, 42 

— Teigwerden der, 36, 37, 53, 54, 350, 
364, 382 

Birnenmost, 359, 364, 459 

Birnenwein, Hefen des, 345 

— Krankheiten des, 353, 365, 511 

— Siäure-Abbau im, 477 

— Schwefeln des, 407, 449 

— Zuckerrest in, 449 

Bismuthum subnitrieum, 
101, 510, 592 

Bitterfäule des Obstes 44, 45, 59, 362 

Bitterstoffe, in Obst, 59 

— — Wein, 532 

Bitterwerden des Weines, 528 

Black rot, 378, 502 | 

Blasengärung der Bierwürze, 143 ü 

Blattfallkrankheit der Reben, 376 

Blauwerden des Weines, 501, 521 


Giftigkeit des, 


En a Ad 


ap 


Blei im Most, 451 

blue mould der Orangen u. Citronen, 363 

Blutserum, Agglutination durch, 317 

Boden, Milchsäure-Bakterien in, 262 

— Sareinen in, 261, 642, 643 

— und Pilzflora des Obstes, 351 

Bodensatzhefe, s. Satzhefe 

Böcksern des Weines, 503 

Borax, Einfluß auf die Hefe, 318 

— — — — Mostgärung, 452 

Bordeaux-Brühe, 6 

Bosa, 254 

Botrytis, als Parasit, 365 

— Edelfäule durch, 371 

— Entwicklungsgeschichte der, 365 

— Rohfäule durch, 368 

Botrytis acinorum, 365 

— cinerea, 4, 5, 2 15, 38, 39, 40, 41, 48, 
49, 50, 51, 53, 54, 55, "56, "66, '67, "361, 
365, 366, 367, "368, 369, 370, 371, 372) 


373, 374, 424,'497, 498, 502,503, 522,523 | 


_ longibrachiata, 4 

— parasitica, 365 

— vulgaris, 365 

Bouquetstoffe des Weines, 468 

Braga, 254 

Brasiltabak, 9 

Brauereihefe, s. Bierhefe 

Braunwerden, des Obstes, 54, 497 

— — Weines, 495 

Brauwasser, biologische Analyse des, 184 

Brechen des Weines, 495 

Brem, 329 

Brennerei, Biologie der, 263 

_ Betriebsstörungen in der, 307 

— Kunsthefe in der, 286 

— Reinhefen-Betrieb in der, 266 

— Schaumgärung in der, 311 

Brennerei-Hefe, s. Hefe, Preßhefe 

Brennereimaischen, s. Spiritus-Maischen 

Brennereimalz, Anforderungen an, 308 

Brennobst, 413 

Brenzschleimsäure-Aldehyd, Bildung, 464 

Brenztraubensäure, Bildung, 473 

Brenzweinsäure, s. Methylbernsteinsäure 

Brettanomyces, 84 

N en des pasteurisierten Bieres, 

197; 8. auch: Kochgeschmack 

Bruch des Jungbieres, 143 

Buchenholzspäne, s. Holzspäne 

Burton Stench, 205 

Busa, 254 

Buttermilch-Essig, 616 

Buttersäure, als Kohlenstoffquelle, 643 

Bildung aus Aepfelsäure, 647 

— — Butylalkohol, 576 

— — (Üitronensäure, 649 

— — Milchsäure, 635, 644 

— — Schleimsäure, 648 

— Weinsiure, 648 

— «dureh Gerstenfäulnis, 

— — Hefen, 460 

—_ — Mycodermen, 506 

Giftigkeit der, 283, 291, 292, 597 

Buttersäure-Bakterien, Vorkommen, 
260, 487 


258 


198, 


661 


N 


Buttersäure-Gärung, der Milchsäure, 644 
Hemmung der, 293 

— — in Lohbrühen, 30 

— — — Maischen, 262 

— Most, 353 

— — — Wein, 511, 519 


ı Buttersäurestich des Weines, 519 


Butylalkohol, normaler, Bildung, 465, 644 


ı— Vergärune zu Buttersäure, 576 


S. auch: Fuselöle, Isobutylalkohol 
Butylalkohol-Gärung, Erreger der, 262. 


c. 


Cacao, s. Kakao 
Caleium, Aufnahme durch die Hefe, 303 


| — — — — Essigsäure-Bakterien, 560 


Caleiumphosphat i 


— Einfluß auf die Mostgärung, 430 
S. auch: Kalk, Kalkgehalt 

Caleiumacetat, Giftiekeit des, 597 

Caleiumbisulfit, Zusatz zu Most, 481 

Caleiumhy droxyd, Einfluß auf die Bierhefe, 
317; s. auch: Kalk 

Caleiumkarbonat, für Gerbbrühen, 33 

Calceiumlactat, Einfinß des, 216, 398 

Caleiumoxalat, in Würze, 170 

Einfluß auf die Most- 
gärung, 429 

— Zusatz zur Traubenmaische, 385 

Caleiumpropionat, Oxydation des, 597 

Caleiumsulfat, Reduktion in der Melassen- 
Maische, 283; s. auch: Gips, Gipsen 

Caleiumsulfit, Einschwefeln des Mostes mit- 
telst, 408 

Calciumtartrat, 
Most, 384 

Capnodium salicinum, 345, 359 

Caprinsäure, Bildung durch Hefe, 460 

— im Arrak, 328 

— — Most, 460 

— — Rum, 337 

— — Wein, 460 

Capronsäure-Ester, im Wein, 469 

Caprylsäure-Ester, im Wein, 469 

Caramel, Einfluß auf Hefe, 309 

Carlsberg-Gefäb, 78, 86 

Carlsberg-Kolben, s. Carlsberg-Gefäß 

Carlsberg-Unterhefe Nr. 1,81, 139, 145, 207. 
Syn.: Sacch. Carlsbergensis 

Carlsberg-Unterhefe Nr. 2, 81, 139, 
207. Syn.: Sacch, Monacensis 

— — Mischsaat, 207 


Verhalten im gegipsten 


145, 


 Carnin, in Hefenextrakt, 127 


| — noire, 


Casein, zum Schönen des Weines, 486, 499 

casse du vin, 495, 499 

499 

Celia, 555 

Cellulose, aus Glucose, D85 

— Vorkommen bei Sareina, 261 

— Zersetzung durch Botrytis, 55, 866 

— — — lIinzyme, 55, 366 
S. auch: Zellwand 

Cellulose-Reaktion, bei Bakterien, 261, 547, 
D58s, 559, 568, H64 

Cephalothecium roseum, *4Ö, 61 


Cephalothecium roseum, Obst-Fäulnis durch, 
53, 59, 64 

Cerevisine, 130 

Cerolin, 129 

Chablis-Hefe, für Meteärung, 414 

Champagne-Hefe, desgl., 414 

Champagner, s. Schaumwein 

Champagne-Weinhefen, 401 

Chew, 322 

Chilisalpeter, Einfluß auf den Tabak, 4 

Chinasäure, Assimilation der, 637 

— Vergärung der, 651 

chinesische Hefe, 251, 320, *321 

chinesischer Reisbranntwein, 319, 330 

Chinin, Zusatz zum Hefengut, 304 

Chinolin, Einfluß auf Bakterien, 304 

— zur Konservierung der Hefe, 101, 304 

Chlamydomucor Oryzae, 322 

u Aa zur Konservierung der Hefe, 
1 

Chlorgeruch, im Bier, 191, 220, 221 

Chloride, als Gifte, 560 

Chlorkalk, 181 

Chloroform, für die Weingärung, 452 

Chlorophyll, beim Rahnwerden, 497 

Chlorwasserstoffsäure, s. Salzsäure 

Cholin, Assimilation und Bildung des, 167 

Choum-Choum, 320 

Cider, s. Aepfelwein 

Cider-Bouquet, 397 

Cider-Essig, 615 

Citronen, blue mould der, 363 

— Penieillium auf, 40, 41, 363 

— Schwarzfäule der, 363 

Citronensäure, Bildung durch Pilze, 57, 58 

— Giftigkeit der, 452, 600 

Nährwert der, 363, 649 

Vorkommen der, 25, 359, 514, 649 

Zersetzung der, 56, 459, 462, 473, 474, 

475, 476, 477, 505, 506, 512, 615, 623, 

635, 649, 650 

Zusatz zu Most, 383 

— — Obstsäften, 67 

Citronensäure-Ester, im Wein, 533 

Citrus-Früchte, Pilz-Fäule der, 363 

Cladosporium, auf Gerstenspelzen, 163 

— — Stachelbeeren, 344 

— — Tabak, 4, 5 

Cladosporium elegans, 363 

— herbarum, 259, 502 

— tabaci n. sp., d 

Clasterosporium, 39 

Clostridium butyrieum, 30, 219, 644 

Coceiden, Dematium im Sekret der, 345 

Coccus anomalus, 501 

Cognac, Fuselöle im, 465 

— Schimmel-Geschmack des, 378, 502 

Coleothrie methystis, 341 

colle Saliansky, 243 

Colletothrichum caricae n. sp., 363 

— gloeosporioides, 363 

Conchylis ambiguella, 451 

condition, der englischen Biere, 83, 84 

Coniothyrium diplodiella, 46, 378 

Conneetieut-Tabak, Peroxydase im, 13 

Orenothrie Kühniana, 29 


662 


Cuba-Rum, 337, 338 

Cuvees, Dosierung der, 419 

cuve nourrice, 280 
Oylindrosporium pomi n. sp., 362 
Cytase, 312; s. auch: Cellulose. 


D. 


Dachbrand des Tabaks, 3 

Dachreife des Tabaks, 3 

Dacus oleae, Bakterien im Darme von, 347 

Dadhi, 625 

Dämpfen der Kartoffeln, 260 

— — Rohstoffe der Brennerei, 309 

— Verhalten der Bakterien beim, 260 

Dampfmaischrührer, Bohm’s, 289 

Dampfwerden des Leders, 33 

Darauflassen, 135 

Darmfäulnis, Bakterien der, 192 

Darren, Einfluß auf die Keime, 164 

Darrmalz, s. Malz 

Dattelwein, Mannit im, 516 

Dauerhefe, 129 

Dauerpräparate von Bakterien, 574 

Debaryomyces globosus, 567 

Degenerieren der Hefe, s. Ausarten 

Deli-Tabak, 12 

Dematium, als Sammel-Begrifi, 345 

— Nachweisung des, 169 

— Schleimbildung durch, 164, 238, 239, 
311, 353, 357, 521 

— Tötungs-Temperatur für, 66 

— Vorkommen des, 163, 164, 238, 239, 345, 
348, 353, 357, 410 

Dematium pullulans, 66, 164, 238, 239, 345, 
353, 521, 522, 537 

Desinfektion, Formalin zur, 23, 62, 452 

Geruchsfehler durch, 181 

in der Brauerei, 178 

von Kellereigeräten, 443, 452 

— — Lagerräumen, 62 

Desinfektionsmittel, Prüfung der, 180, 184; 
s. auch: Antiseptika 

deutsches Verfahren, 609; s. auch: Schnell- 
essig- Fabrikation 

Dextrin, Bildung des, 146, 150, 312 

— Einfluß auf die Flockenbildung, 317 

— Siäurebildung aus, 587 

— Vergärung durch Hefe, 237, 267 

— Verschleimung des, 556, 587 

Dextrose, Bildung von Milchsäure aus, 346 

Einfluß auf die Flockenbildung, 317 

in Gerbbrühen, 30, 32 

— Sake-Maischen, 248 

— Würze, 146 

S. auch: Glucose 


ı Diagnostik der Bakterien, 638 


Diastase, Einfluß der Fluoride auf die, 301 
— — des Alkohols, 248 


| — — — Kochsalzes, 332 


— Nachweisung der, 508 

— Vorkommen, 238, 246, 259, 308, 322, 332 
Dicaleinmphosphat, Zusatz zur Maische, 386 
Diekmaische, Säuregrad der, 290 
Dikaliumsulfat, im Wein, 384 


Dioxyaceton, Bildung aus Glycerin, 579 

— Darstellung des, 580 

— im Weinessig, 579 

— Vergärung des, 579 | 

Dioxyaethylenbernsteinsäure, s. Weinsäure 

Diplococeus tabacı, 13 | 

Diplodia natalensis, 363 

Diplokokken, in Maischen, 311 

Dissoeiation der Säuren, Einfluß auf die 
Agglutination der Hefe, 317 

Döllnitzer Gose, 212, 555 

Doemens’ Hefenreinzucht-Apparate, 91, 94 

Dörr-Apparate, 70 | 

Dörr-Obst, 70 

— — Flora des, 346 

Doppelessig, 617 

Doppelsichtigkeit des Bieres, 217, 244 

Dosage, 480 

Dreschflegel-Mikrob, *327 

Drosophila fenestrarum, 568 

— funebris, 375, 568 

Düngemittel, Abfallhefe als, 130 

Düngerbeize, 25 | 

Düngung der Weingärten, Einfluß auf 
Traubenflora und Wein, 351, 352, 503 

Duleit, Unangreifbarkeit des, 581 

Dunder, 336, 338, 339, 340 

Dunstobst, 66 

Durchfallen des Bieres, 144, 145. 


E. 


Ebereschen-Beeren, als Mostobst, 382 
Edelfäule der Trauben, 368, 371 
Edelfermentation des Tabaks, 9 

Effront’s Verfahren, 282, 300 
Eigenbewegung, Beeinflussung, 549, 554, 556 
— bei Essigsäure-Bakterien, 546, 549, 554 
Einbrennen der Moste, 406 

Einfachbier, Bakterien im, 82 

Einmachen des Obstes, 66, 67 

Einmieten der Kartoffeln, 260 
Einschwefeln des Mostes, 406, 443, 450 
— — Weines, beim Abstich, 484 

— — — Einfluß auf das Böcksern, 504 
Rahnwerden, 498 
Umschlagen, 527 
Zähewerden, 523 


Einzell-Kultur, 77 
eisenhaltige Nährböden, Hefen auf, 129 
Eisenphosphat, Weintrübung durch, 500 
Eiweiß-Spaltprodukte, Verwertbarkeit für 
Hefe, 428 
Eiweiß-Trübung, in Bier, 146, 151, 182, 197 
— — — Wein, 500 
Elektrizität, Einfluß auf Bakterien, 305, 598 
- den Wein, 485 
Elion’s Hefenreinzucht-Apparat, 91 
kllipsoideus-Hefen, auf Obst, 346, 348 
- Einfluß der Kohlensäure auf, 354 
in Traubenmost, 353 
S, auch: Sacch, ellipsoideus, Weinhefe 
Enndoblastoderma pulverulentum, 114 
Iöndomyces, als Gattung, 566 
— albicans, 566 


663 


Endomyces capsularis, 566 

— decipiens, 566 

— fibuliger, 566 

Hylecoeti, 567 

javanensis, 566 

Magnusii, 566, 567, 568 

mali, 566. 567 

mali n. sp., 362 

— vernalis, 566 

Endvergärungsgrad, des Bieres, 146 

— des Weines, Einfluß des Schwefels, 450 

Entbittern der Hefe, 123 

Entgipsen des Weines, 385 

Entschleimen der Moste, 406 

Enzinger-Filter, 193 

Enzyme, der Aspergilleen, 247 

— Hefe, 466, 467, 468 

— Hopfendolden, 166 

— Penieillien, 56 

Cellulose-Abbau durch, 55 

glucosidspaltende, 56 

oxydierende, 13; s. auch: Oxydase 

proteolytische, s. Peptasen 

Eosin, Giftigkeit des, 601 

Epieoccum purpurascens, 556 

Epiphyten der Früchte, 344, 346 

Eponit, gegen Mäuseln der Weine, 519 

Erdbeeren, Haltbarmachung der, 68 

— Botrytis-Fäule der, 41, 361 

— Phytophthora-Fäule der, 361 

Eremascus fertilis, 566 

Erntezeit der Mostfrüchte, Einfluß auf die 
Pilzflora, 348, 382 


Erodin, 26 


Erythrit, Säuerung des, 580 

Erythrodextrin, 146 

Erythrulose, aus Erythrit, 580, 583 

Essenz, 619 

Essig, s. Gärungsessig, Honigessig, Malz- 
essig, Schnellessig, Spritessig, Weinessig 

Essigälchen, 605, 606, 611 

Essigäther, durch Sacch. fragrans, 270 

Essigbakterien, s. Essigsäure-Bakterien 

Essiebilder, s. Bildner 

Essigbrauerei, 601 

Essigessenz, 619 

Essigfäule der Trauben, 376, 623 

Essigfliegen, 568, 582 

Essigfluß der Bäume, 565 

Essigfrüchte, 72, 

Essiggut, Begriff, 540 

Essig-Lagerung, Säure-Verlust, 570 

Essiglaus, 611 

Essigmaische, Begriff, 540 

Essiemilbe, 611 

Essigemutter, Begriff, 545, 547 

— chemische Analyse der, 563 
Wirkungsweise der, 540, 541 

Essigsüure, als Gift, 75, 353, 596, 602 

— — Kohlenstoffquelle, 561, 564, 637 

— Bildung aus Aepfelsänre, 646, 647 
Alkohol, 468, 506, 568 
Bernsteinsäüure, 646 

— (hinasüure, 651 
Citronensüure, 476, 625, 649 
Glycerinsäure, 645 


— 664 — 


Essigsäure. Bildung aus Lactose, 624 
— — — Milchsäure, 644, 645 

— — — Schleimsäure, 648 

— — — Weinsäure, 647 

— — durch Kahmpilze, 506 

— — — Milchsäure-Bakterien, 512, 624 
— — in Bier, 211, 621 

— — — Brennerei-Maische, 293 

— — — Gerbbrühen, 30 

— — — Milch, 624 

— — — Wein, 507, 526, 531, 613, 623 
— Einfluß auf Hefe, 425 

— — — Mycodermen, 602 

— Methan-Gärung der, 642 

— Nährwert der, 638, 642 

— Oxydation zu Kohlensäure, 570, 641 
— Vorkommen in Arrak, 328 

— — — Bier, 597 

— — — Braga, 254 

— — — Dadhi, 625 

— — — Früchten, 353 

— — — Ginger-beer, 256 

— — — gros lait, 625 

— — — Gwedden, 625 

— — — Kwaß, 255 

— — — Leben raib, 625 

— — — Mezzoradu, 625 

— — — Most, 460 

— — — Moto, 247 

— — — ÖObstwein, 597 

— — — Rum, 328 

— — — Soja-Sauce, 624 

— — — Trauben, 459 

— — — Wein, 525, 597 

— Zersetzung durch Bakterien, 570, 641 
— — — Mycodermen, 506 
Essigsäure-Aethylester, Bildung, 464, 506 
— — Vorkommen, 337, 340, 469 
Essigsäure-Bakterien, Arten der, 545, 550 
— — Akklimatisierung der, 610 

— — Bekämpfung im Wein, 509 

— — Üellulose-Reaktion bei, 547 

— — Dauerpräparate von, 574 

— — Eigenbewegung bei, 549 

— — Einfluß anorganischer Gifte, 589 
— — — der Elektrizität auf, 593 

— — — — Hitze, 553, 555 

— — — des Alkoholes, 508, 593 

— — — — Austrocknens, 553, 605 

— — — — Lichtes, 593 

— — — organischer Gifte, 593 

— — Entdeckung der, 539, 543 

— — Farbstofi-Bildung bei, 556 

— — Involutionsformen bei, 548 

— — Kohlenstoffquellen für, 562 

— — Lebensdauer der, 605 

— — NMikrophotographien von, 550 

— — Mineralstoff-Bedarf der, 560 

— — Öxydase der, 573 

— — Reinzüchtung der, 600, 603 

— — schleimbildende, 354, 520, 562 
— — Stickstoff-Quellen für, 561 

— — Systematik der, 550 

— — Variation bei, 550 

— — Verarbeitung der Zucker, 583 
— — Vergärung der Alkohole, 575, 578 


Essigsäure-Bakterien, Vorkommen auf Ge- 
treide und Malz, 262, 621 

— — — — Obst, 346, 353, 507 

— — — in Bier, 211, 620 

— — — — Brauerei-Hefe, 174 

— — — — Brennerei-Maische, 262 

— — — — Getreide-Staub, 621 

— — — — Wein, 508 

— — — — Würze, 193 

— — Zellgestalt der, 547 

— — Zooglöen-Bildung bei, 546 

Essigsäure-Gärung, als Enzym-Wirkung, 
543, 574 

— — — katalytischer Vorgang, 575 

— — — Lebensvorgang, 539 

— — Begriffs-Abgrenzung, 568 

— — elektrochemische Deutung der, 610 

— — Gleichung der, 569 

essigsaure Salze, s. Acetate 

Essigsiederei, 601 

Essigsprit, Begriff, 617 

Essigstich, des Beerenweines, 649 

— — Bieres, 210, 620 

— — Dunders, 338 

— — Sake, 621 

— — Weines, 437, 507, 623 

Ester höherer Alkohole im Wein, 468 

Eurotin, 332; s. auch: Taka-Diastase. 


F. 


Fadenpilze, in Bierhefe, Nachweis, 169 
— Zusammenhang mit Hefen, 344 
S. auch: Schimmelpilze 
Fadenziehen, der Bierwürze, 215, 238 
— des Bieres, 213, 244 
— — Mostes, 353 
S. auch: Schleimbildung, Zähewerden 
Färben lebender Bakterien, 601 
Fäulnis, der Früchte, s. Obstfäule 
— des Tabaks, 5, 15 
Fäulnis-Erreger, auf Obst, 40, 343 
— — in der Gerberei, 23, 28 - 
— — — Würze, 192 
Farbstoff der Früchte, 57, 372, 431 
— des Bieres, 197 
— — Mostes, 441 
-—— — Weines, 385, 464 
farbstoffbildende Bakterien, 192 
Farbstoffbildung bei Schimmelpilzen, 556 
Faro, 217, 241 
Faßdrusen, 524 
Faßlagern des Weines, 485 
Fabschimmel, 502 
Fassen des Bieres, 144; s. auch: Grünfassen 
faulty rum, 341 
Federweißer, 403 
Feigen, Fäulniserreger auf, 363 
Feigenwein, Mannit in, 516 
Felle, Verleimen der, 22 
Fermentation des Tabakes, 5 
Fernbach’s Hefenreinzucht-Apparate, 92, 
275, *276 
Ferriphosphat, im Wein, 500 
Ferritannat, im Wein, 499 


Fette, Zusatz bei der Schaumgärung, 314 

Fettsäuren, flüchtige. als Hefengift, 233 

—_ — Entstehung in Maische, 293 

— — — — Wein, 459, 526 

— — Nährwert der, 642 

Fettsäure-Ester, im Wein, 468 

Fieber, Hefe gegen, 128 

Filter, 193 

Filtrieren des Bieres, 193, 226 

— — Mostes, 406 

— — Weines, 487 

Filtrierpapier zur Haltbarmachung der 
Hefen, 110, 117 

fioritura, 17 

Fire (Pear) blight, 362 

Fische, Marinieren der, 616, 617 

Fischleim als Klärmittel, 243 

Flaschenbier, Pasteurisieren des, 196 

fiaschenkranker Wein, 487 

Flaschenreife des Weines, 487 

Flaschenreinigung, 182 

Flaschenverschlüsse, Infektion durch, 

Flaschenwein, Flora des, 487, 507 

— Pasteurisieren des, 489 

— Schimmelgeschmack des, 501 

— Stopfengeschmack des, 502 

Fleischextrakt, Nachweis von Hefenextrakt 
im, 127 

fleur de vin, 504 

Flockenbildung der Hefe, 315 

Florida-Tabak, 13 

flos, 539 

flüchtige Säuren, s. Fettsäuren 

Flughefe, 204 

Fluoraluminium, Desinfektion mit, 302 

Fluorammonium, Einfluß auf Hefe, 302 

— Giftigkeit des, 591 

— Verwendung, 181, 182, 183, 184, 302 

DE» aninduugen; in der Brennerei, 


206 


Fluorescenz der Bierwürze, 191 

— des Faro, 244 

fluorescierende Bakterien, 10, 184 

Fluoride, Desinfektion mit, 234, 302 

Einfluß auf die Diastase, 301 

— — — Essigsäure-Bakterien, 451 

Gärung, 296, 303 

— Hefe, 102, 301, 302, 451 

Mannitgärung, 518 

Myeodermen, 452 

_— Weingärung, 452 

Konservierung der Hefe mit, 

— des Mostes mit, 451 

— — Weines mit, 451 

Verwendung in der Brennerei, 282, 

Fluornatrium, als Antiseptikum, 803 

Fluorwasserstoffsäure, s. Plußsüure 

Flußsäure, Anpassung der Helen an, 
300, 308, 591 

— Desinfektion mit, 

— Einfluß auf die Hefe, 

— Giltigkeit der, DY0 

— Verwendung in der Brennerei, 282, 

Formaldehyd, als Gift, 188, 452, 595 

— Gewöhnung der Hefen an, 303 

— im Essig, 572 


102, 302 


308 


267, 


300, 591 


267, 2091, 300, 591 


300 


665 


Furunkulose, 


Formaldehyd, in Wein, 463 
— Keimtötung mittelst, 23, 62, 260, 452 
Formalin, s. Formaldehyd 
Formol, 303; s. auch: Formaldehyd 
Frada, 68 
Fresia, 429 
Frohberghefe, s. Hefe Frohberg 
Froschlaichpilz, 284 
Fruchtätherhefen, 263, 309 
Fruchtgelee, 70 
Fruchtsäfte, Gärung der, 430 
— Haltbarmachung der, 591, 596 
— Kahmpilze in, 345 
— konzentrierte, 70, 71 
— Rosahefen in, 345 
— Säuregehalt der, 354 
— Sterilisieren der, 66 
— Torulaceen in, 345 
— Zuckerzusatz zu, 71 
— Zusatz zu Tabaksaucen, 19 
S. auch: Most, Obstmost, Obstsäfte 
Fruchtsäuren, Einfluß auf die Trubflora, 425 
Fruchtsirupe, 70 
Fruchtzucker, s. 
Fructol, 596 
Fructose, als Nährstoff, 451 
“ Angreifbarkeit der, 586 
Bildung aus Mannit, 581 
— Einfluß auf Weinhefe, 453 
im Most, 423, 453 
in Wein, 454, 5l4 
Mannit-Bildung aus, 5l4 
S. auch: Lävulose 
Früchte, Alkohol-Bildung in, 58, 364 
— Aufbewahrung der, 60 
— Einmachen der, 67 
— Fäulnis der, 36, 361 
— Pilzflora auf, 343 
— Teigigwerden der, 37, 364 
S. auch: Aepfel, Birnen, Citronen, Obst, 
Oliven, Orangen, Ptlaumen, Trauben 
Fumago salicinum, 345, 
Fumarsäure, Assimilation der, 637 
— Bernsteinsäure aus, 647 
— Nährwert der, 650 
— Zersetzung der, 650 
Furfurol, in Rum, 337 
— — Wein, 464 
Furunkuline, 130 
Hefe gegen, 128, 130 
Fusarium, als Gattung, 566 
— Bildung von Bitterstoflfen durch, 59 
— — — Giftstoffen dureh, 259 
Fusarium apiogenum, 46 
— Hordei, 259 
— nicotianae n. 8p., D 
putrefaciens, 45, 46, 
— roseum, 259 
Willkommit, 362 
Fuselöle, Bildung aus Aminosäuren, 465, 577 
— Giftigkeit der, 595 


Fructose 


362 


— in Arrak, 337 
- - Cognac, 465 
- Rum, 337 
— — Wein, 465 
S. auch: Amylalkohol, Butylalkohol, 


Isoamylalkohol, Isobutylalkohol, Propyl- 
alkohol 

Fusicladium, 45, 47, 345 

Fusicladium dendriticum, 38, 39, 61 

— pirinum, 61 

— moschatum, 259 

Fusisporium moschatum, 259 

Fußböden, Desinfektion der, 181 

Futtermittel, Abfallhefe als, 130. 


 Galactose, Alkoholbildung aus, 512 


6. 


Gärbottiche, Kühler für, 391 

Gärführung, Einfluß auf die Infektion, 206 | 

Gärkeller, Pilzflora der, 155, 178 

Gärprobe, bei der W asseranalyse, 187 

Gärpulver, 428, 471 

Gärräume, Kühlung der, 390 

Gärspunde, 388 

Gärthermometer, 391 

Gärton der Weinhefen-Rassen, 401 

u alkoholische, Amide bei der, 428 

Aminosäuren bei der, 466 

Bildung von Aldehyd bei der, 463 

— — Ammoniak bei der, 466 

— Bernsteinsäure, 456 

— — flüchtigen Säuren, 459 

— Fuselölen bei der, 465 

— Glycerin, 455 

— Milchsäure, 459, 580 

Einfluß der Alkohole auf die, 452 

— Ameisensäure, 452 

Ammoniumsalze, 428, 431 

Arsen-Verbindungen, 451 

Borsäure, 452 

Buttersäure, 292 

Citronensäure, 425 

Essigsäure, 353, 425 | 

Fluoride, 301, 451 | 

(Gerbstofie, 431 | 
| 
| 


Kohlensäure, 354, 433 
Luft-Zufuhr, 440 
Mangansalze, 451 
Milchsäure, 291, 425 
Peptone. 428 
Phosphate, 414, 450 
Salieylsäure, 452 
Salzsäure, 293 
Schwefelsäure, 292 
schwefligen Säure, 443 
Stickstoff- Verbindungen, 426 
Temperatur, 434 
— — Weinsäure, 425 
des Chloroforms, 452 
— Formaldehyds, 452 
— Kupfers, 451 
— — Lichtes, 443 
— — Zuckergehaltes, 423 

S. auch: Alkohol-Gärung, Most-Gärung 
Gärung, faulige, der Oliven, 347 
geschlossene, 433 
käsige, feuchter Häute, 
— spontane, 263 
Gärungsbouquette, 358, 396, 469 
Gärungsessig, Unterscheidung von Essig- 


22 


666 


| — — — Galactonsäure, 586 


' Geißel- -Bildung bei Bakterien, 554 


| Gelatine, Gerbung der, 556 


' Gemüse, Botr ytıs auf, 365 
Gerätebakterien, 190 


' Gerbsäure, Hefe- Haltbarmachung mit, 101 
| — beim Rahnwerden des Weines, 497 


‚ — Keimgehalt der, 


' Geruchbildung durch chines. Hefe, 323 


| — — plant, *256 


essenz, 619; s. auch: Spritessig, Wein- 
essig 
Gärungsintensität, Einfluß der Temperatur 
auf die, 435 
— — des Stickstoffs auf die, 427 
Gärungsmilchsäure, s. Milchsäure 
Gärverschlüsse, 388, 454 
Gärversuche, vergleichende, 269, 396 
Gärzylinder, 89 
Galactonsäure, aus Galactose, 586 


— Assimilation der, 55 
— Oxydation zu Oxalsäure, 588 


Gallussäure, Bildung in bitterem Wein, 532 
Gartenerde, Milchsäurebakterien in, 262 
Gefrieren der Hefe, 103 

geile Hefe, 313 


Geläger, Krankbeitserreger im, 153 


— Klären des Bieres mit, 146 

— Schönen des Weines, 479, 481, 486, 499 
— Verflüssigung der, 256, 547 
en der Obstsäfte, 68, 69, 70, 71 
Gelee, s. auch: Fruchtgelee 
are 400 


Gerbbrühen, Alkohol-Gärung in, 30 
— Fäulnis-Erreger in, 28 

— Säuerung in, 30 
Gerberei, Abwässer der, 34 

— Wesen der, 21 
Gerbmaterialien, Pilzflora der, 31 


Gerbstoff, bei der Obstfäulnis, 53, 57 
— — Säure-Abbau, 477 
— Teigigwerden der Birnen, 364 
— Umschlagen des Weines, 527 
— Zähewerden des Weines, 521 
Einfluß auf Sproßpilze, 29, 431, 505 
Oxydation des, 441 
Trübung durch, 500 
Zersetzung durch Pilze, 32, 369, 505 
S. auch: Tannin 
Gerste, Fäulnis der, 258 

163, 164 


— — Heubazillen, 260 

— — Pediococeus damnosus CLAussen, 228 

Geruchsstoffe der Hefen, 469 

Geschmacksfehler, des Bieres, 202, 205, 219, 
228 

— des Weines, 389, 486, 495, 501, 502, 508 

Gesicht, doppeltes, des Bieres, 217 

Getreide, Pilzflora auf, 164, 165, 259, 621° 

— trunkenes, 259 

Getreide-Maischen, Bakterien-Flora in, 260 

Gewürz-Essig, 616 

Gifte, s. Antiseptika 

Ginger-beer, 255 


Gioddu, 625 


— 6617 — 


Gips, Einfluß auf Hefe, 109 

— zur Haltbarmachung der Häute, 22 

— — — — Hefe, 109, 115, 116, 117, 118 

Gipsen des Mostes, 383 

Glasigbeizen der Häute, 26 

Glaubersalz, 22; s. auch: Natriumsulfat 

Gloeosporium, Obst-Fäulnis durch, 44, 45, 
362, 363 

Gloeosporium album n. sp., 44, 45, 362 

— ampelinum, 344 

— ampelophagum, 318 

— fructigenum, 44, 45, 59, 362, 378 

— laeticolor, 44 

— Musarum, 363 

— nervisequium, 344 

— versicolor, 44 

Glomerella rufomaculans, 44, 378 

Glucase, 312, 313 

Gluconsäure, als Kohlenstoffquelle, 586 

— Bildung der, 475, 585, 586 

— Giftigkeit der, 600 

— in Brennerei-Maischen, 262 

Glucose, als Kohlenstoffquelle, 56, 562 

— Bildung aus Stärkecellulose, 312 

— — von Alkohol aus, 512 

— — — Cellulose aus, 585 

— — — Oxalsäure aus, 588 

— — bei der Selbstgärung, 116 

— Einfluß großer Mengen von, 586 

— Haltbarmachung der Hefe mit, 119 

— Oxydation zu Gluconsäure, 262, 585 

— Vergärbarkeit der, 453, 474 

— Vorkommen im Most, 423, 453 
S. auch: Dextrose 

glucoseschweflige Säure, 446, 448 

glucosidspaltende Enzyme, 56 

Glutamin, in Mistbeizen, 25 

Glutaminsäure, Bildung von Bernsteinsäure 
aus, 457, 466 

Glutin-Körperchen, in Satzhefe, 170 

Glycerin, als Kohlenstoffquelle, 562 

— Bestimmung des, 455 

— Bildung des, 370, 374, 436, 441, 455, 
514, 517, 579 

— im Tabak, 19 

— — Wein, 374, 441, 455 

— — Weinessig, 614, 617 

— Vergärung des, 579 

— zur Haltbarmachung der Hefe, 119 

Glycerinphosphorsänre, Einfluß auf die 
Alkohol-Gärung, 431 

Glycerinsäure, Nährwert der, 637 

— Vergärung der, 645 

glycerinsaurer Kalk, Vergürung des, 645 

Glyeocoll, Spaltung durch Hefe, 466 

Glycogen, in T'rubhefen, 482, 483, 484 

— Unangreifbarkeit des, 588 

Glycogen-Gehalt, Einfluß auf die Haltbar- 
keit der Hefe, 106, 166 

Glyeol, 8. Aethylen-Glycol 

Glycolsäure, Bildung im Wein, 526 

— Nihrwert der, 637, 644 

Glyeoside, Binfluß auf das Kalınwerden, 498 

— Spaltung der, 5, 56 

Gose, Döllnitzer, 212, 555 

Gossenbeeren, 346 


gott d’Algerie, 389 

Gradierfaß, 608 

graines vivantes, 256 

graisse, 520 

Granulobaeillus saccharobutyrieus, 644 

Granwlobacter -Arten, Verhalten gegen 
Hitze, 260 

Granulobacter butylicum, 262 

— butyrieum, 644 

Graufäule der Reben, 365 


‚ gros lait, 625 


Grotan, 591, 595 
Grünfassen des Bieres, 144, 150, 151 
Grünfäule der Trauben, 40, 368, 377 
Grünmalz, Pilzflora auf, 164, 259, 263, 309 
— Waschen des, 260 

S. auch: Gerste, Getreide, Malz 
Gsälz, 71 
Guajak-Tinktur, als Reagens, 308, 574 
Guanin, im Hefenextrakt, 127 
gueuse lambie, 243 
Guignardia Bidwellüi, 46 
Guillaume’s Reinzucht-Apparat, 280 
Gummi, in sareinatrübem Bier, 224 


ı — Mangel des Tabaks an, 2 


Gurken, saure, Milchsäure-Bakterien der, 296 
— Weichwerden der, 347 
Gwedden, 625. 


H. 


ı Haare, Abschwitzen der, 23 


Hämatoxylin, zum Färben, 601 
Hafermalz, 312, 314 
Haferschrot, 314 
Haferstroh, Beizen aus, 27 
Hagelgeschmack des Weines, 359, 503 
Handelsrum, Extraktgehalt, 337 
Hansen, biologische Wasseranalysenach, 185 
— und Kühle, Reinzucht-Apparat, 87, *88 
Hansena, Reinzucht-Apparat, 95 
Harnsäure, Vergärung der, 639 
Harze, in der Melassenbrennerei, 282, 305 
Haselnüsse, Bitterfäule der, 45 
Hauptgärbottich, Gärung im, 274 
Hauptgärung, der englischen Biere, 84 
— des Mostes, Dauer der, 425, 471 
— in Bierwürze, 134 
Hauptmaische, Säurezunahme in der, 294 
Hausenblase, zum Klüren des Bieres, 146 
— Schönen des Weines, 479, 481, 486 

Haut, tierische, Enthaaren der, 23 
Haltbarmachung der, 22 
Hautbildung, der Weinhefen, 397 

- — Würze-Bakterien, 189, 191 
Hautgeneration der Hefe, Kolonien der, 178 
Hautzellen der Brauereihefe, Bierfehler 

durch, 208 

Havanna-Tabak, 9, 10 


Hefe, Agrrglutination der, 316 


Akklimatisierung der, 302, 407 
— Anpassungsvermögen der, 802, 407 
— asporogene, in der Brauerei, 170 
— Aufbewahrung der, 99, 102, 398 
Ausarten der, 207 


— 668 — 


Hefe, Autolyse der, 107, 482 \ Hefe, Färben toter Zellen von, 173 
— Bildung von Acetal durch, 464 ' — Fäulnis der, 106 

— — Aethylenglycol, 466° ' — Floekenbildung bei, 315 
— Aethyliden- -Diäthyläther, 464 ‚ — Gärkraft der, 101, 108, 121, 445, 460 
— Aldehyd, 463, 473, 484 | 


' — Gärungsbouquette der, 396, 469 


_ E= Bernsteinsäure 456 ' — Gärungsenergie der, 395 
— — — Bouquetstoffen, 468 ' — Gärvermögen abgestorbener, 111 
u — Brenztranbensäure, 473 \ — geile, 313 
— — flüchtigen Fettsäuren, 459 — Haltbarkeit der, 107 
— Furfurol, 464 — Haltbarmachung der, 99 


— Fuselölen, 465 

— Glycerin, 455 

— Mercaptan, 503 

— Methylalkohol, 464 
— — Milchsäure, 459 
— — Oxalessigsäure, 475 
— — Palmitinsäure, 460 
— — Phenyläthylalkobol, 466 
— — Schwefelwasserstoff, 450, 503 

— Tyrosol, 466 
Bruchbildung der, 143, 396 
chinesische, 251, 321 | 
Degenerieren der, 207 
Dextrin-Vergärung durch, 267 
Einfluß von Aepfelsäure auf, 425 
— — Alkohol, 72, 110, 415, 432, 444 
— Ameisensäure, 304, 452 

— Ammoninmsalzen, 428 

—_ Arsen-Verbindungen, 451 

— Bernsteinsäure, 425 

— Borax, 318 

— Borsäure, 452 
Botrytis-Giften, 424 = 
— Buttersänre, 292 —_ 
— Caleium-Salzen, 303 — 
— Chinolin, 304 _ 
— Öhloroform, 452 — 
— Citronensäure, 425 | — 


Konzentrations-Grenzen für, 424 
Kreislauf der, 344, 348 
Lebensdauer der, 106, 398, 488 
magische, 116 

Nährpräparate aus, 122 

Oxydasen der, 463, 466 
Reduktase in, 465, 503 
Reinzüchtung der, 75, 267, 393 
rote, 8. Rosahefen 

sekundäre, 54 

Selbstgärung der, 167, 482 
Selbstverdauung der, 107, 465, 482 
Sporenbildung der, 168, 263, 398 
träge, 313 

übersommerte, 101, 309 

Variation der, 79, 207 
Verbreitung der, 347 
Verflüssigung der, 107, 482 
Vergärungsgrad der, 149, 203, 396 
Verhalten zu Aldehyd, 464 

— — Ameisensäure, 458 

— Aminosäuren, 457, 465 

— Bernsteinsäure, 462, 473 

— Citronensäure, 462, 475 

— Formaldehyd, 304 

— Milchsäure, 473 

— organ. Säuren, 424, 452, 472 
— Traubenfarbstoff, 431 

— Weinsäure, 462, 473 
verlauste, 167 

Verwertung der, 122 

Vorkommen auf Grünmalz, 164, 309 


— — Essigsäure, 460, 464, 597 — Glyeogen-Gehalt der, 106, 166; 482 


a a ea 


| 
RL 
| 
ER EEE 


— — — Essigsäure, 425, 444, 509 | 
— flüchtigen Fettsäuren, 283,291,293 | 
— Fluoriden, 300, 451 

Formaldehyd, 303, 452 


— — — Gerbstoff, 431 | — — — Hopfen, 166, 237 

— — — Gips, 109 | — — Obst, 344, 348 

— — — Gluconsäure, 262 — — — Tabak, 19 

— — — glucoseschwefliger Säure, 448 — Wöässern der, 100, 106, 108, 147 

— — — Glycerin, 119 ' — Weichwerden der, 270 

— — — Hitze, 66, 67, 113, 196 | — wilde, 75 

_ Kälte, 103 ' — — Bierkrankheiten durch, 199, 204, 237 

_— — Kohlensäure, 433  — — Lebensdauer der, 11 

— — — Kupfer, 304, 451 — — Nachweisung der, 168 

— — — Licht, 443 — — Tötungstemperatur für, 196 

— — — Luft, 267, 399, 440 | — Zerfall der, 483 

——- — — Mangansalzen, 451 ı— zugespitzte, s. Saccharomyces apieulatus 
— — Milchsäure, 291, 425, 514 — Zusammensetzung der, 131 

_ — — Salieylsäure, 304, 452 S. auch: Bierhefe, Gärung, obergärige 

— — — Salzsäure, 293, 303 Hefen, Obstweinhefen. Preßhefe, Rosa- 

= — Schwefel, 450 hefen, 'Saecharomyces, Torulaceen, Unter- 

— — Schwefelsäure, 292, 445 hefe, 'Weinhefen 

— — — schwefliger Säure, 407, 409, 445 | Hefe Aßmannshausen 5, 445 

— — — Tannin, 431 — (hablis, 414 

— — — Traubenfarbstoff, 431 — Champagne, 414 

_ — Trockenheit, 102, 108, 109, 117 Chardonnay 1, 462 


Weinsäure, 425 — Dävalos, 10 


Zucker-Arten, 423, 433, 453 Dezaley 2, 462 


— 669 — 


Hefe Frohberg, 107, 140, 149, 206 

— Geisenheim R, 425, 426 

— Johannisberg II, 417, 434 

— Logos, 149 

— Nr. 129 Lisoser, 265 

— Nr. 130 Lispner, 265 

— ÖOppenheimer Kreuz, 461 

— Piesport, 460, 461 

— Rasse I, 266 

— Rasse II, 106, 107, 114, 265, 266, 267 
268, 269, 270, 312, 335, 595 

— Rasse ZT. 269 

— — IV, 269 

EIN; 266 

— — XI, 106, 107, 265, 266, 267, 268, 
269, 270, 312, 595 

— Rüti 1, 412 

— Saaz, 149 

— Sauterne, 414 

— Scharzhofberg, 425 

— Stamm 811 Wırr, 114. Spyn.: 
Willianus 

— Steinberg 1, 67, 459 

— Tägerwilen, 412 

— Wädenswil 4, 412, 425, 445 

— Winningen, 461 
S. auch: Saccharomyces 

Hefevalbumin, 123 

Hefenanalyse, biologische, 166 

Hefenextrakt, 123 

Hefenfett, 129 

Hefengeruchsstoffe, 469 


Sacch. 


Hefengifte, Bildung durch Botrytis, 374,424 


— — — Peniecillium glaucum, 378 

Hefenglucase, 313 

Hefengummi, 143 

Hefengut, 286; s. auch: Säuerung 

Hefenkammer, 288 

Hefenklima, 142, 264 

Hefenkuchen, chinesische, 324 

Hefenmaische, 287 

Hefennährmittel, 282, 284, 305, 306 

Hefe-Nährpräparate, 122 

Hefen-Nucleinsäure, s. Nucleinsäuren 

Hefenpräparate als Heilmittel, 128 

Hefenpreßwein, 482 

re gesehe-Äpparate, 85, 91,177, 270, 
275 

Hefentanz, 167 

Hefen-Trocknungs-Apparate, 121 

Hefentrub, 394, 418, 520; s. auch: Trub 

Hefentrübung, des Bieres, 201 

— — Weines, 501 

Hefenwasser, als Nährboden, 187,229, 233,562 

Hefen-Zählkammer, 175 

Heidelbeeren, Hefen auf, 344 

Heidelbeersaft, Gärung des, 413, 429, 481 

Hemicellulose, in Essigsüure- Bakterie n, 563 

Henius’ Hefenreinzucht- Apparat, 94 

Henzedäimpfer, 260 

Heptylalkohol, Bildung im Wein, 465 

Herführen des Bieres, 135 

Heron’'s schleimbildender Kokkus, 218 

Heubazillen, Einfluß auf Hefe, 107 

— Geruebbildung durch, 260 

— Fernhalten von Bierwürze, 185 


In 


| Heubazillen, Einfluß auf Maische, 260 


S. auch: Baeillus subtilis 
Heuwurm, Bekämpfung des, 451 
Hexylalkohol, Bilduug im Wein, 465 
Himbeeren, Einmachen der, 68 
— Pilzflora auf, 346 
Himbeersaft, Sauerwerden des, 68 
Hippursäure, Vergärung der, 639 
Hirse, als Maisch-Material, 254, 330 
Hirsebier, Hefen im, 255 
Histidol, Herkunft des, 578 
Histiogaster carpio; 611 
Hitze, Einfluß auf Botrytis-Sporen, 67 


| — — — Essigsäure-Bakterien, 553, 555 


— — — Hefen, 67, 113, 114, 196, 267, 288 

— — — Penieillium glaucum, 66 

Hochfärbung alter Weißweine, 464 

holländischer Tabak, 11 

Hollunderbeeren, Hefe auf, 344 

Holzkohle, zur Haltbarmachung der Hefe, 
102, 109, 112, 114, 115, 117, 118 

Holzspäne, für den Essiebildner, 540, 541, 
608, 610, 611 

Holzstoff, zur Balefarune der Hefe, 
112, 117 

Holzzellulose, als Filtermaterial, 194 


ı Honig, für Schnupftabaksaucen, 19 


— Hefen im, 414, 567 

Honigessig, 616 

Honigtau, Pilzflora im, 345, 346, 349 

Honigwein, 414 

Hopfen, als Pilzgift, 188, 213, 215, 222, 
227, 238 

— — Zusatz zum Hefengut, 305 

— Diastase im, 166, 238 

— Einfluß auf die Kräusen, 143 

— Haltbarmachung der Hefe mit, 115 

— Pilzflora auf, 166, 238 

Hopfenextrakt, zur Hefenkonservierung, 120 

Hopfenharz, Nachweis in der Satzhefe, 170 

Hormiscium, 544 

Hühnereiweiß, Schönen des Weines mit, 486 

Hühnermistbeize, 25 

Hundemist-Beize, 25 

Hut der Trauben-Maischen, 391 

Hvidtöl, 81 

Hydrochinon, Oxydation des, 575 

— Verhalten der Katalase zu, 15 

Hydroperoxyd, s. Wasserstoffsuperoxyd 

Hydroxylgruppe, Einfluß auf den Nährwert 
der Säuren, 638, 644, 645, 646, 647, 651 

Hygienol, Giftwirkung des, 591, 592 

Hypochnus spec., 46, 61 

Hypomyces aeg 566 

Hypoxanthin, als Nährstoff, 167 

— Bildung aus Nucleinsäure, 651 

— Vorkommen im Hefenextrakt, 127, 


Idit, Unangreifbarkeit des, 583 

llex-Früchte, Hefen auf, 344 

indigosulfosaures Natron, Reduktion durch 
Essigsüure-Bakterien, 601 

Indikatoren für die Titrierung, 613 


indische Hefe, 336 

Indol, Bildung des, 25, 648 

Infektion der Früchte, 50, 53 

— — Hefe, 82 

— — Maische, 310 

— des Bieres, 77, 166, 206 

Ingwerbier, 255 

Inosit, in Wein und Weinessig, 580, 615, 615 

Insekten, als Hefen-Verbreiter, 347, 351 

— im Malz, 164 

intramolekulare Atmung, s. Atmung 

Inulin, Unangreifbarkeit des, 332, 588 

Invertase, Vorkommen, 32, 56, 454, 587 

Invertin, s. Invertase 

Involutionsformen, bei Bakterien, 590, 592 

Isinglas, zum Klären des Bieres, 146 

Isoamylalkohol, Bildung des, 465 

Isobutylalkohol, Bildung im Wein, 465 

— Vergärung des, 576 

Isobutylen-Glyeol, im Wein, 456 

Isoleucin, Fuselöl aus, 465 

Isopropylalkohol, Unangreifbarkeit des, 576 
S. auch: Fuselöle. 


3% 


Jacquemin’s Reinzucht-Apparat, 94, 270, 
*272, 284 

Jam, 71 

Jamaica-Rum, 337 

japanischer Reisbranntwein, 319, 330 

Jaurd, s. Yoghurt 

Ja-urt, s. Yoghurt 

‚Jensen’s Hefenreinzucht-Apparat, 96 

Jerez-Most, Gipsen des, 383 

Jörgensen’s Hefenreinzucht-Apparat, 96 

Jörgensen-Bergh’s Hefenreinzucht-Apparat, 
*94, 95, 99 

Joghourt, s. Yoghurt 

Johannisbeeren, Fäulnis der, 40 

— Pilzflora auf, 346, 350 

Johannisbeer-Saft, Gärung des, 431 

— — Herstellung des, 68 

— — Säuren des, 359 

Johannisbeer-Wein, Citronensäure im, 649 

— — Essigstich des, 623, 649 

Jungbier, s. Bier. 


K. 


Käppeln des Bieres, 152 

Kaf, 241 

Kaftee, Fermentation des, 624 
Kaffee-Surrogat, aus Hefe, 123 
Kahmbildung, auf Bier, 208 
— — Wein, 504 


670 


Kahmhaut, Begriff, 544 

Kahmhefen, Begriff, 544; s. a.: Kahmpilze | 
Kahmig werden, des Bieres, 208 

— — Weines, 504 

Kahmpilze, Abbau organ. Säuren, 473, 506 
— Bildung von Aldehyd durch, 463, 506 
— — — Essigsäure durch, 506 

— — — Fuselölen, 468 


Kahmpilze, Einfluß auf Hefe, 107 
— — der Essigsäure auf, 602 
— Fluoride, 452 
— Kohlensäure, 354 
— schwefligen Säure, 407, 505 
des Alkohols auf, 505, 508, 603 
— organischer Säuren auf, 505 
Flockenbildung bei, 315 
Nachweisung in Hefe, 167, 315 
Stickstoff-Quellen für, 167, 170 
Verfärbung durch, 209, 506 
— Vorkommen der, 246, 345, 353, 482, 
487, 504 
S. auch: Mycodermen, Willia-Arten 
Kakao, Gärung bei der Rotte des, 624 
Kaktusfeige, Pilztlora auf der, 256 
— Gärung des Saftes der, 303 
Kaliumacetat, Giftigkeit des, 597 
Kaliumbromid, desgl., 590 
Kaliumchlorid, desgl., 590 
Kaliumhydroxyd, desgl., 592 
Kaliumjodid, desgl., 590 
Kalinmmetasulfit, Einschwefeln, 405, 408 
Kaliumnitrat, Giftiskeit des, 592 
Kaliumphosphat, Wirkungsweise des, 317, 
385, 591 
Kaliumsuceinat, Giftigkeit des, 599 
Kaliumsulfat, im Wein, 384 
Kalk, als Reinigungsmittel, 181, 235 
— doppeltschwefligsaurer, als Pilzgift, 181 
— milchsaurer, Zähewerden, 216 
S. auch: Caleium 
Kalkäscher, Organismen im, 24 
rn der Würze, Einflußdes, 143, 
— des Wassers, Einfluß des, 560 
Kalthefen, 142, 206 
Kalzium, s. Caleium 
Kammerapparat, 609 
Kaolin, zum Schönen, 385, 499 
Karbolsäure, Reinigung der Hefe mit, 82 
— zur Haltbarmachung der Hefe, 102 
Karotten-Gärung des Tabakes, 17, 19 
Kartoffeln, als Maisch-Material, 260, 312, 314 
Kartoffelbazillen, auf Tabak, 10 
— Weichwerden der Gurken durch, 347 
S. auch: Baecillus mesentericus 
Kartoffelbrennerei, Amyloverfahren, 336 
Kartoffelmaische, Säuregrad der, 290 
Kasein, s. Casein 
Kastanien, Penicillien auf, 40 
Kastenbildner, 609 
Kasuzu, 617 
Katalase, 14 
Kautabak, 17 
Kefir, Literatur über, 625 
Kefir-Körner, 299 
Kellereigeräte, Desinfektion der, 443 
Kellergeschmack des Bieres, 18) 
Kellerschimmel, 502 
Kentucky-Tabak, 9 


' Kernhefe, 100 


Kernobst, Fäule des, 362 

— Pilze auf, 44, 345, 346, 347, 348, 362 
S. auch: Aepfel, Birnen 

Ketan, zur Arrak-Bereitung, 328 


671 


Kieselfluorwasserstoffsäure, als Pilzgift, 303, | 


452, 591 

Kieselgur, Hefe-Haltbarmachung mit, 117 

Kipptrog, am Bildner, 609 

Kirschbranntwein, 346 

Kirschen, Fäule der, 40, 44, 45, 362 

— für Kriekenlambie, 245 

Klärspäne, 146, 193 

Klebreis, als Maisch-Material, 250, 251, 328 

Kleie, als Nährmittel für Hefe, 282 

— für Leder-Beizen, 26 

Kleienbeize, Gärung in der, 26 

kleyn ketel, 241 

Knochenkohle, Haltbarmachung der Hefe 
mit, 102, 109, 112, 114, 117, 118 

Kochgeschmack, des Bieres, 197 

— — Mostes, 405 

— — Weines, 489 

Kochsalz, Einfluß auf Diastase, 532 

— Giftwirkung des, 590, 606, 611 

Kohle, zum Schönen des Weines, 486 

— zur Haltbarmachung der Hefe, 115 

Kohlenhydrate, der Würze, 146 

— des Bieres, 152 

— Säurebildung aus, 583 

Kohlensäure, als Pilzgift, 354, 433, 505 

— inı Öhampagner, 480 

Kohlrüben, Fäulnis der, 365 

Koji. Pilzflora im, 246 

— für Awamori, 330 

Kokosinski’s Hefenreinzucht-Apparat, 96 

Kolloide, im Bier, 143 

Koloniengestalt, 547 

Kompot, 71 

Korinthen, Dörren der, 70 

— Hefen auf, 344 

Korke, Biertrübung durch, 197 

— Pilze in den, 197, 502 

— Sterilisieren der, 69, 503 

— tierische Parasiten in den, 502 

Kräusenbildung des Bieres, 142 

Kräusenglutin, 142 

Krankheitshefen, 75, 83, 139, 142 

Krebs der Kernobstbäume, 362 

Kreosotgeruch, 181 

Kresole, Giftigkeit der, 600 

Kretschmer-Bier, 552 

Kriekenbier, 245 

Kriekenlambie, 245 

Krümeln der Hefe, 173 

Kühlschiff, Infektion der Würze auf dem, 
160, 189, 237 

Kühlung der Hefen-Maische, 287 

— — Weinkeller, 390 

— — Würze, 136 

Kulturhefen, 75 

— als Krankheitshefen, 139 

Kulturmilchsäurebazillus, 295, 297, 299 

Kumys, Literatur über, 625 

Kunsthefe, 282, 286 

Kupfer, Einfluß auf Bier und Würze, 95 
Trübung des Weines durch, 500 


1 


Ba a gegen die Trauben-Rohfäule, 


Kupferspäne, gegen das Böcksern, 504 

Kupfervitriol, gegen Braunfäule der Citrus- 
früchte, 364 

Kwaß, 252. 


L. 
Lackmus, Entfärbung durch Bakterien, 601 


Lactacidase, 459 . 
Lactate, Vergärung der, 644 


| Lactobacillus caucasicus, 299 
ı — conglomeratus, 239 


— Delbrücki, 298, 299 

— fermentum, 298, 299 

— fragilis, 299 

Lactocoll, zum Schönen des Weines, 486 


ı Lactose, Angreifbarkeit der, 474 


— Oxydation zu Oxalsäure, 588 


| — Säurebildung aus, 587 


— Unangreifbarkeit der, 474 
S. auch: Milchzucker 
Laestadia Bidwellii, 378, 502 
Lävulinsäure, Bildung der, 475 
— Nährwert der, 638 
Lävulose, in Gerbstoffen, 32 


| — — Würze, 146 


| levure chinoise, 


Kupfergefäße, Einfluß auf die Hefengut- 


Siinerung, B16 
Kupfersalze, Anpassung der Hefe an, 304 
— Kinftluß auf die Weinglärung, dl 


S. auch: Fructose 
Lagergärung, s. Nachgärung 
Lagerkeller, Pilzflora der, 178 
Lagerräume, Desinfektion der, 62 
Lambic, 84, 217, 241 
Langwerden, des Bieres, 215 
— — Weines, 520 
Latwerge, 71 
Laub’s Hefenreinzucht-Apparat, 277 
Lauterfassen des Bieres, 150 
Leben raib, 625 
Leder, Fehler des, 31, 33, 34 
Lederbeeren-Krankheit der Trauben, 376 
Lederhaut, Auflösen der, 21 
Lederindustrie, Verwendung von Hefe und 
Hefenextrakt in der, 123 
Leitungen, Reinigung der, 179 
Leptomin, 14 
Leuein, als Nährstofi, 167 
— Bildung durch Hefe, 167 
— Vergärung zu Amylalkohol, 465 
— Vorkommen im Hefenextrakt, 125 
Leueinsäure, Bildung aus Leuein, 465 
Leuconostoc agglutinans, 316 
— (lissiliens, 179 
— Lagerheimiüi, 564, 565, 566, 567 
- mesenterioides, 284, 311, 316, 563, 565 
quercus, D64 
320, 324 
Levurinose, 150 
Licht, Einfluß auf das Bier, 146 
— die Essigsüure-Bakterien, 593 
- — Hefe, 443 
ultraviolettes, Kintluß, 443, 093 
Limonaden, Keimgehalt der, 625 
Lindner's Hefenreinzucht-Apparat, #92, 3, 
O8, 99 


Lindwerden des Weines, 520 

Linksmilchsäure, Bildung der, 297, 346; 
s. auch: Milchsäure 

Logos-Hefe, 149 

Lohbrühe, Gärung der, 27, 29 

Lüften, der Apparat-Hefe, 98, 178 

— — Bierwürze, 82, 136, 144, 147, 237 

— — Essig-Bildner, 540, 570 

— des Bieres, 202 

— Mostes, 442, 455, 460, 499 

— Weines, 442, 523 

EHE LE durch, 98, 267, 399, 

44 

Lüftungs-Apparate, 136 

Lüftungs-Verfahren, für Preßhefe, 106, 315 

Luff’s Nachweis der Bierschädlinge, 188 

Luft, Einfluß auf die Hefe, 106 

— Keimgehalt der, 162 

Luft-Analyse, biologische, 160 

Luftfilter, 87, 162 

Luftgeschmack des Weines, 485 

Lufthefe, 106, 267, 316 

Luft-Wasser-Weiche, 258 

Lupulin, Einfluß auf Sarcinen, 227 

Lysin, als Hefen-Nährstoff, 167. 


M. 


Mäuseln des Weines, 359, 503, 518 

Magen, Milchsäure-Bakterien im, 296 

magische Hefe, 116 

Magnesiumsalze, als Nährstoff, 430, 560 

Magnesiumsulfat, Giftiekeit des, 590 

Mais, beim Amyloverfahren, 335 

— Einfluß auf die Schaumgärung, 512 

— in der Faro-Brauerei, 241 

— zur Haltbarmachung der Hefe, 116 

Maische, s. Rotwein-Maische, Spiritus- 
Maische, Trauben-Maische 

Malaga-Wein, Gipsen des, 383 

Maleinsäure, als Nährstoff, 637 

— Nährwert der, 650, 654 

— Zersetzung der, 650 

Malonsäure, als Nährstofi, 637 

— Giftwirkung der, 599 

— Unangreifbarkeit der, 474 

Maltase, 332, 587 

— Reversions-Wirkung der, 333 

Maltonwein, 255 

Maltopepton, 271 

Maltose, Einfluß auf die Flockenbildung 
der Hefe, 317 

— Entstehung der, 146, 248, 320, 332 

Säure-Bildung aus, 474, 512, 587 

Malz, Desinfektion des, 260 

Insekten in, 164 

Peptase des, 29% 

Pilzflora auf, 165, 259, 260, 263, 309 

rotes, 164, 259, 260 


672 


S. auch: Gerste, Grünmalz, Hafermalz | 
Malz-Diastase, Analyse der, 333; s. auch: | 


Diastase 
Malzessig, Analysen von, 616 
— Begriff, 601 
— Bereitung, 604 


Malzkeim-Extrakt, zur Hefenzüchtung, 306 

Malzschrot, zur Haltbarmachung der Hefe, 
101, 117 

Malzstaub, Keimgehalt des, 160 

Mandelsäure, als Nährstoff, 637 

— Zersetzung der, 650 

Mangansalze, als Reizmittel, 574 

— Einfluß auf Hefen, 451 

Manihot-Mehl, als Rohstoff, 324 

Mannit, Bildung von, 295, 355, 359, 475, 
512, 516, 522, 527 

— Milchsäure-Bildung aus, 346 

— Oxalsäure-Bildung aus, 588 

— Oxydation zu Fructose, 581 

— Vergärbarkeit überhaupt, 580 

Mannitbildner, 517, 518, 521, 525 

Mannitferment, s. Mannitbildner 

Mannitgärung, 365, 437, 510, 516 

Marinieren der Fische, 617, 618 

Marmeladen, 70 

Mars, 217, 241 

Marx’ Hefenreinzucht-Apparat, 91 

Masern, Hefe gegen, 128 

Masken-Bildung im Champagner, 418, 482 

mastfaule Traubenbeeren, 368 

mater, 539 

Maulbeer-Gestalt der Hefen-Kolonien, 178 

Mazun, 314, 625 

Mehltau der Reben, 359, 377; s. auch: 
Oidium Tuckeri 

Melanconium fuligineum, 378 

Melasse, als Rohstoff der Brennerei, 281 

— für die Arrak-Bereitung, 326 

— Harze als Zusatz zu, 305 

— Milchsäure-Bakterien aus, 296 

— Schleimbildung in, 311 

— Schwergärigkeit der, 291 

— Weinhefe zur Vergärung der, 284, 304 

— zur Rum-Bereitung, 336, 517 

Mön, 320, 322 

Mercaptan, im Wein, 503 

Merulius lacrymans, 637 

Met, Bereitung des, 413, 431 

Metacetonsäure, im Wein, 526 

Metall.Geschmack des Bieres, 182 

Metall-Trübung, in Bier, 182 

— — — Wein, 500 

Methan, Bildung von, 26, 258, 635, 641, 
642, 643, 646, 651 

Methylalkohol, Bildung von, 464, 466, 645 

— in Rum, 337 

— Unangreifbarkeit des, 576, 577 


' Methylbernsteinsäure, Abbau der, 646 
Methylenblau, Entfärbung des, 601 


Methylpentosen, in Most und Wein, 4dö4 
Mezzoradu, 625 

Micrococcus aceti A. pw Bary, 549 
acidi lactici MARPMANnN, 195 
acidovorax, 474, 476, 511, 528 
candidus, 192 

cystiopoeus, 511 

fervitosus, 193 

— flavus desidens, 34 

— flavus liquefaciens, 29 

— malolactieus, 474, 475, 598 

- prodigiosus, 25 


— 613 — 


Micrococcus saprogenes vini 1, 2, 524 
— varioceoceus, 474, 416, 528 

— versicolor, 192 

— vini, 501, 530 

— viscosus, 192, 215 

Mien, 320, 322 

Mikrosol, Beschaffenheit des, 181, 183 
- Giftigkeit des, 601, 606 

Milben, in der Essigstube, 611 

Milch, 'Milchsäure-Bakterien der, 296 

— zum Schönen des Weines, 486, 499 
Milch-Bakterien, Entwicklung in Wein. 513 
Milchsäure, als Hefen-Reizstoff, 291, 425 
— Bildung durch Hefen, 459, 514 


512, 514, 517 
— Eiweiß-Abbau durch, 290 
— Entstehung aus Aepfelsäure, 475, 647 
— — — Bernsteinsäure, 459, 462 
— — — Citronensäure, 459, 512, 649 
— — — Kohlenhydraten, 512, 517 
— — — Manmnit, 346 
— — bei der Alkohol-Gärung, 459, 580 
— Giftigkeit der, 293, 505, 598 
— Nährwert der, 637, 644 
— technische, in der Brennerei, 294, 305 
— Unangreifbarkeit der, 474, 475, 580 
— Vergärung der, 473, "598, "644, 645 
— Vorkommen, in Bierwürze, 215 
_ Maltonwein, 255 
— — — Wein, 459 
— — — Weinessig, 618 
— — — Weißbier, 138 
S. auch: Linksmilchsäure 
Milchsäure-Bakterien, aktive, 298, 
— — auf Gerbmaterialien, 30 
— — in Bier, 212, 221 
— — — Bierwürze, 192 
— — — Brauereihefe, 174 
— — — Brauwasser, 188 


310 


— — Brennerei-Maischen, 295 
— — Erde, 262 
— — — Getreide-Maischen, 260 
— — Kefirkörnern, 299, 625 
— -—- Kirschgeist-Maische, 356 
— — ÖObstwein, 413, 477 
— Preßhefe, 107, 316, 296, 
— — Sak6-Maische, 621 
— — Wein, 474, 5ll, 522 
— — Weißbier, 138, 215, 220 
— — Yoghurt, 625 
— Nachweisung der, 188, 310 
— schädliche, 296 


298 


Systematik der, 296, 298, 624 
Verhalten gegen Zuckerarten, 298 
304, 407 


— — zu Giften, 293, 308, 

— wilde, 296 

Milchsäure - Buttersüure - Gemisch, zum 
Siuern des Hefengutes, 305 

Milchsünrestich, des Bieres, 212 

— — Weines, 437, 475, 510 

milchsaurer Kalk, Vergürung des, 644 

Milchzucker, zum Sareina-Nachweis, 238; 
8. auch: Lactose 

Milzbrand, Hefe gegen, 128 


LAFAR, Handbuch der Technischen Mykologie. 


' Milzbrand, Verschleppung durch Häute, 23 


Mineralsäuren, Hefengut-Säuerung mit, 300 

— Verhalten der Hefen zu, 292, 302 

Mineralsalz-Näbrlösungen, für Essigsäure- 
Bakterien, 555, 557, 559, 560 


| a von '"Brauereihefen, 83, 139, 


| Mischungsbier, 207 


Mispeln, Teigigwerden der, 37 

Mistbeizen, 24 

Mistellen, 432 

Mittellamelle, Auflösung der, 55, 366 

Molken-Essig, 616 

Monascus, 251 

Monilia albicans, 566 

— candida, 10, 345, 598 

— cinerea, 41, 43, 52, 362 

— fructigena, 39, 41, 42, *43, 52, 
61, 362 


95, 56, 


ı — javanica, 326, 328 


— laxa, 362 

Moniliafäule des Obstes, 41, 50, 362 
Monilien, Familie der, 362, 544 
Monokaliumsulfit, zum Most-Schwefeln, 408 
Montanin, 181, 183, 452 
Moosbeeren-Wein, 363 

Moromi, 330 

Morschwerden der Aepfel, 37, 54 

Moscato d’Asti spumante, 4249, 481 
Moselhefen, 401, 460, 461 


' Most, Analysen von, 423 
' — Anwärme-Vorrichtungen für, 389 
' — Arsen und Blei im, 451 


— Borsäure im, 452 

Braunfärbung des, 441 
edelfauler Trauben, 372 
Einschwefeln des, 406, 443, <50 
Eiweißstoffe des, 426, 428 

— Entschleimen des, 406 

— Essigstich im, 376 

— fadenziehender, 353 

— Farbstoffe des, 386, 431 

— Filtrieren des, 406 


IA 


' — Gärungsstockung im, 442 


— Gerbstoffe des, 431, 441 
— Gipsen des, 383 
— Hauptgärung des, 423 


| — konzentrierter, 70 


— Kühler für, 391, 406 

— Lüften des, 390, 440, 455, 
— Nitrate im, 427, 428 

— ÖOxydase des, 496 

— Pasteurisieren des, 405, 442 


499 


| — Pentosane im, 454 


— Pilzflora des, 352, 355, 382, 449 
— rohfauler T ran ben 2 
— Siure-Gehalt des, 
— Siiure-Zusatz zu, 39 
— Salieylsüure im, 453 
— Schleimiewerden des, 855, 354, 357, 359, 
888, 622 
Stickstofl-Gehalt des, 427, 4386, 455 
— Stumm-Machen des, 432, "48, 4dl, 452 
- Zühewerden des, 388, D21 
Zentrifugieren des, 406 
Zuceker-Gehalt des, 423, 453, 460 


Bd. V, 43 


385, 452, 459 


— 614 — 


Most, Zucker-Verluste im, 357 
S. auch: Fruchtsäfte, Obstmost, Obst- 
säfte, Traubenmost 
Mostfilter, 406 
Mostfrüchte, s. Früchte, Obst 
Mostgärung, Aussaat-Mengen für die, 403 
— Bildung von Aldehyden bei der, 463 
— — Alkohol bei der, 453 
— — Bernsteinsäure, 456 
— — Bouquetstoffen, 436, 468 
— — flüchtigen Säuren, 459 
— — Glycerin, 455 
— — höheren Alkoholen, 464 
Einfluß der Gifte auf die, 443 
— — Kohlensäure auf die, 433 
— Mineralstoffe, 430 
— Mostflora, 355 
— Stickstoff-Substanzen, 426, 436 
— Temperatur, 388, 434 
des Alkohols auf die, 432 
— Einschwefelns, 406, 443 
— Lüftens, 440 
— Luftmangels, 386 
— Säuregehaltes, 382, 424 
— Zuckergehaltes, 423, 467 
geschlossene, 433 
Hauptgärung und Nachgärung, 471 
Reinhefen für die, 400 
Sulfithefen für die, 409 
Unterdrückung der, 432, 448, 451, 452 
Vormaischen für die, 392 
S. auch: Gärung, Hefe, Most, Wein- 
gärung, Weinhefen 
Most-Gelatine, für die Hefen-Züchtung, 395 
Mostobst, s. Früchte, Obst 
mosto concentrato, 71 
Moto, 247 
Mucor, als Gattung, 322 
— Cambodja, 322 
— flavidus, 19 
— javanicus, 322, 327 
— Mucedo, 19, 29, 38. 39, 43 
— piriformis, 38, 39, 43, 364 
— Praini, 322, 336 
— racemosus, 19, 38, 44 
— Rouxü, 323, 334; s. auch: Amylomyces 
Mucoreen, als Familie, 322 
— auf Leder, 34 
— — Tabak, 19 
— Bildung von Alkohol durch, 58 
— — — Fuselölen durch, 468 
— in Bierhefe, 111, 169 
— in chinesischer Hefe, 322 
— Obstfäule durch, 38, 44, 51, 53 
S. auch: Schimmelpilze 
Multilevures, 403 
Mus, s. Obstmus 
Muschel-Bildung auf Häuten, 29 
Mutterhefe, 257 
Muttersäure, 287 
Mycelicid, 606 
Mycoderma, als Gattung, 208, 543 
— aceti Hansen, 545 
— aceti Niger, 544 
— aceti PAstEur, 508, 542, 545, 579 
— cerevisiae DesmAzıEres, 208, 543 


FriTeReleeeleaeelenenele 
BRRRaleee 


Mycoderma cerevisiae var. a, ce Wırr, 545 
— decolorans, 545 
gallica, 545 
Pasteurianum Hansen, 545 
saprogenes Sake, 622 
valida, 545 
vini DesmazıEres, 504, 543, 582 
vini Näcerı, 544 
I et I[ WeEHMER, 645 
[ycoderma-Kammer Beijerinck’s, 310 
ycodermen, als Familie, 544 
als Bier-Schädlinge, 208 
— Wein-Zerstörer, 504, 603 
Einfluß der Essigsäure auf die, 602 
— — Temperatur, 209, 603 
Empfindlichkeit gegen Alkohol, 505 
— — Benzylsenföl, 600 
Entfärbung durch, 209, 506 
Lebensdauer der, 111, 504 
Luftbedürfnis der, 507 
Reinzüchtung der, 167 
Säure-Bildung durch, 209, 505, 510 
Säure-Zersetzung durch, 506 
Vorkommen auf Gerbbrühen, 31 
— Weintrauben, 345 
in Bier, 208 
— Bierhefe, 169 
— Most, 504 
— Prebhefe, 167, 315 
— Wein, 504, 507 

S. auch: Kahmpilze 
Mycolevure, 344 
Myrin, 250. 


== 


Pe lesleksjeae \yelee) 


N, 


Nachgärung des Bieres, Hefen für die, 79, 80 
— — — Dextrine bei der, 150, 152, 237 
— — — Sareinen bei der, 225 
— — — Torulaceen bei der, 84 
— — — wilde Hefen bei der, 199, 205, 237 
— — Weines, Hefen für die, 402 
— — — in der Flasche, 487 
— — — Süäure-Abbau bei der, 471 

S. auch: Vergärungsgrad 
Nachstechen des Bieres, 152 
Nährpräparate, aus Hefe, 122 
— für die Züchtung von Hefe, 282 
Nährwert organischer Säuren, 636 
Naßgeben, 155 
Nathan’s Brauverfahren, 142, 152, 180 
— Hefenreinzucht-Apparat, 95 
Natriumacetat, Giftigkeit des, 597 
Natriumbisulfit, gegen Traubenfäule, 371 
Natriumeaseinat, zum Wein-Schönen, 486 
Natriumehlorid, s. Kochsalz 
Natriumformiat, Giftigkeit des, 596 


ı Natriumhydroxyd, desgl., 594 
' Natriumoxalat, desgl., 598 


Natriumphosphat, desgl., 591 
Natriumsalicylat, als Hefen-Schutz, 101 


' Natriumsulfat, Giftigkeit des, 589 


Natronlauge zur Hefen-Untersuchung, 172 
natürliche Hefen-Reinzucht, 141, 264, 381 
Naturhefe, 101, 264 { 


— 65 — 


Nebbiolo, 429 
Nectria ditissima, 362 
Negerbier, 254 
Nep, 323 
Nikotianin, 8 
Nikotin, als Nährstoff, 6, 7, 8 
Nitrate, als Gifte, 592 
— — Stiekstofi-Quelle, 428, 561 
— im Bier, 219 
— — Most, 427 
— — Tabak, 6, 8 

— Wein, "561 
— in der Melasse, 283 
Nonylsäure-Ester, im Wein, 469 
Nueleinpräparate, eisenhaltige, 129 
Nucleinsäuren, Abbau der, 651 
— Heilkraft der, 128, 651. 


0. 


Obergärige Hefe, im Brauwesen, 81, 135,138 
en Aepfelwein, 397 
— — in der Rumgärung, 339 
S. auch: Hefe, Preßhefe, Weinhefen 
Obron, 128 
Obst, "Abbrennen des, 62 
— Braunwerden des, 54, 497 
— Dörren (les, 69 
— Einmachen des, 66 
— Ernten des, 61 
— Fäulnis des, s. Obstfäule 
— Lagern des, 62 
— Nachreifen des, 63 
— Pilzflora auf, 38, 343, 348 
— Schwitzen des, 62 
— Waschen des, 352, 382, 410 
— wurmstichiges, 61 
S. auch: Dörr-Obst, Früchte, Obstsäfte 
Obstfäule, Bedingungen für die, 48 
— Erreger der, 38, 40, 361 
— Schutz gegen die, 60 
— Wesen der, 36 
— Wirkungen der, 53 
8. auch: Edelfäule, Grünfäule, Rohfäule 
ÖObsthäuser, 63 
Obst- -Haltbarmachung, dureh Dörren, 69 
— — — Einhüllen, 64 
— — — Kochen, 65 
_ — — Pilzeitte, 72 
Obsthonig, 70° 
Obstkraut, 70 
Obstmost,. Pilzflora in, 410 
— Vergüren des, 412 
S, auch: Fruchtsäfte, Most, Obstsäfte 
Obstmus, 71 
Obstsüfte, Braunwerden der, 54 
— Eindieken der, 70 
— Gelatinieren der, 68 
— Haltbarmachung der, 
— Klüren der, 452 
— Pentosane in, 4D4 
— Pilzilora der, 66 
S. auch: Wruchtsüfte, Most, 
Öbstweine, alkoholfreie, 68 
— aus Saulem Obst, DB 


6b, 72 


Obstmost 


Obstweine, Bereitung der, 413 
— Bernsteinsäure in, 457 

— Durchgären der, 417 

— Keimgehalt der, 486 

— Milchsäurestich in, 413, 510 
— Pasteurisieren der. 489 

— Reinhefen für, 410 

— Säureabbau in, 477 

— Sorbit in, 582 

— Sulfithefen für, 413 

— Trubflora der, 483 

— Zähewerden der, 520 


S. auch: Aepfelwein, Beerenweine, 
Birnenwein, Heidelbeersaft, Johannis- 
beer-Wein 


Obstweinhefen, Anwendung der, 410 
— Prüfung der, 396 
— Weinsäure als Gift für, 425 
S. auch: Hefe, Weinhefen 
Oeligwerden des Weines, 520 
Oelsäure, Abbau durch Bakterien, 643 
Oenanthsäure-Ester, im Wein, 469 
— -— im Rum, 337 
Oenobacillus Abbae, 525 
Oenomel, 414 
Oenoxydase, 496; s. auch: Oxydase 
Oidium lactis, 29, 107, 167, 169, 259, 466, 
562, 5176, 598, 641, 645 
— Ludwigiü, 567 
— Tuckeri, 349, 359, 377, 450, 502 
Oliven, Gärung der, 347 
Oospora nicotianae, 10, 16 
Opalisieren des Bieres, 207 
Opuntia, Pilzflora auf, 256, 344 
— Spiritus- -Gewinnung aus, 303 
ÖOrangehefe, aus Mazun, 314 
Orangen, Fäulnis der, 40, 363 
Örangenwein, 363 
Orleans-Verfahren, Ausbeute beim, 572 
— — Ausführung des, 601 
— — Begriff, 540 
— — Pasteur’s Vorschlag für das, 603 
— — Reinzucht-Betrieb im, 603 
— — Unterdrückung der Mycodermen, 602 
— — Verluste beim, 573 
S. auch: Weinessig 
Örthooxybenzoesänre, s. Salieylsäure 
Oryza ylutinosa, 323, 328 
— montana, 323 


OÖxalate, in Würze, 170 
Oxalessigsäure, in Wein, 475 


Oxalsäure, als Kohlenstofiquelle, 57, 646 
Zusatz zum Most, 385 
Bildung aus Zuckerarten, 588 
im Kssiebildner, 589 
— Giftiekeit der, 598 
Nährwert der, 687 
— Verbrennungswärme der, 646 
- Vorkommen im Schnellessig, 589 
in Bierwürze, 170 
Oxyaethylenbernsteinsäure, s. Aepfelsäure 
Oxybuttersüure, Nährwert der, 687 
Oxydase, der Essigsüure-Bakterien, 574 
Hefe, 463, 466 
Obstfrüchte, 54, 497 
— (des Tabakes, 13 


— 616 — 


Oxydase, des Weines, 496 Peniecillien, auf Hopfen, 166 
— Literatur über, 573 — — Kastanien, 40 
Oxyessigsäure, s. Glycolsäure — — Malz, 259 
Oxygluconsäure, Bildung aus Glucose, 586 | — — Nüssen, 40, 51 
Oxyglutarsäure, aus Glutaminsäure, 458 — — Polenta, 378 
ÖOxyisobuttersäure, Nährwert der, 637 — Gärungs-Hemmung durch, 378 
ÖOxypropionsäure, s. Milchsäure — Glyeosid-Spaltung durch, 56 
Oxysäuren, Bildung aus Aminosäuren, 598 | — in Bierwürze, 238 
Ozon, Giftigkeit des, 592 — — Koji, 246 
— zum Oxydieren des Alkohols, 542 — — Most, 377 
Özonisieren des Weines, 485. — — Obstmost, 410 
— — Wein, 501, 533 
— Obstfäule durch, 38, 40, 363, 377 
P, — Stärke-Verzuckerung durch, 56 
S. auch: Schimmelpilze 
Paketbakterien, s. Sareinen Penicillium glaucum, 5, 29, 38, 39, 40, 51, 
Pale-Ale-Hefe, Leistung einer, 324 55, 56, 57, 66, 107, 166, 238, 246, 259, 
Palmitinsäure, in Wein, 460 363, 377, 378, 501, 502, 553, 650 
— Zersetzung durch Bakterien, 643 — digitatum, 363 
Palmwein, 324, 329 — italicum, 40, 363 
Palmwein-Essig, 616 — Iluteum, 40, 55, 56, 57 
Pana, 128 — olivaceum, 41, 363 
Papiermasse, zur Hefen-Konservierung, 117 | Pentosane, in Obstsäften, 454 
Pappe, für Bierfilter, 194 Pentosen, als Kohlenstofi-Quelle, 55 
Para-Oxyphenyl-Aethylalkohol, s. Tyrosol — im Wein, 464 
Parasiten, 39 — Unvergärbarkeit der, 454 
Pasteurisieren, der Beerensäfte, 412 Pentoside, Spaltung der, 56 
— — ÖObstmoste, 412 Peptasen, bei der Schaumgärung, 313 
— — ÖObstsäfte, 69 — bruchbildender Hefen, 145 
— — Trauben-Maischen, 405 — in Malz, 290 
— des Bieres, 196 — in Pilzen, 56 
— — Essigs, 605 S. auch: Protease 
— — Mostes, 405, 477 Pepton, als Stickstofi-Quelle, 561 
— — Tabaks, 16 — Einfluß auf den Bruch der Hefen, 145 
— — Weines, 416, 477, 488, 498 — — — die Alkohol-Gärung, 428 
Pasteurisier-Apparate, für Bier, 604 — im Most, 426 
— — — Wein, 489 permanente Farben der Gerberei, Pilzflora 
Pasteur-Kolben, 85 der, 28 
Pastorianus-Hefen, s. Saccharomnces pasto- | Peronospora viticola, 46, 349, 351, 363, 
rianus 376, 430, 502; s. auch: Plasmopara 
Pediococcus acidi lactiei, 193, 223, 260, viticola 
*261, 295 Peronospora-Weine, 376, 430, 502, 526, 529 
— acidulefaciens, 621 Peroxydase, 13 | 
— cerevisiae, 193, 221, 222, 223, 224 Perseit, Oxydation des, 583 
— damnosus, 193, 228 Perseulit, Bildung aus Perseit, 583 
— Hennebergi, 228 Perseulose, desgl., 583 
— lactis acidi, 295 petiotisierte Weine, 417 
— odoris melisimilis, 621 Petroleum, gegen Schaumgärung, 314 
— perniciosus, 193, 228 Petunieren, 15 
— sarcinaeformis, 193, 224, 225 ‚ Pfirsiche, Pilzflora auf, 40, 44 
— viscosus BRown, 224 Pflaumen, Bitterfäule der, 45, 59 
viscosus Heron, 218, 224 — Pilzflora auf, 40, 45, 59, 344 
— viscosus LINDNER, 216, 220, 223, 311 S. auch: Früchte, Obst, Zwetschken 
S. auch: Sarcina ' Pfropfen, s. Korke 
Pediokokken, auf Grünmalz, 228 ' Phenole, beim Rahnwerden des Weines, 497 
Hopfen als Gift gegen, 222 ı Phenyl-Aethylalkohol, Herkunft des, 466, 
in Bier, 222, 228 Bye) 
— Bierwürze, 188 | Phenyl-Alanin, Spaltung durch Hefe, 466 
rauereihefe, 223, 226  Phenyl-Glycolsäure, s. Mandelsäure 


— der Luft, 226 


Philothion, 504; s. auch: Reduktase 
Gerbbrühen, 29 


Phloxin, zum Färben der Bakterien, 601 


ee 


— Weißbier, 220, 228 Phosphatage, 385, 430 
Nachweisung der, 226, 229, 232 ' Phosphate, als Nährstoff, 560 

und Sareinen, Verwandtschaft, 222 ' — — Zusatz zum Most, 414, 430 
S. auch: Sarcinakrankheit, Sareinen — — — zur Melassen-Maische, 283 


Pektine, in Fruchtsäften, 55, 68, 71, 454 — — — — Trauben-Maische, 385 


— 617 — 


Phosphate, Einfluß auf die Flockenbildung | Propionsäure, als Gift, 597 


der Hefe, 317 

— zur Haltbarmachung der Hefe, 101 

Phosphorbutyralin, 25 

Phosphorsäure, aus Nucleinsäure, 651 

— Eiweiß-Abbau durch, 290 

— Giftigkeit der, 591 

— Hefen-Agglutination durch, 316 

Phyllosticta, als Frucht-Parasit, 39 

Phytophthora Cacti, 361 

— nicotianae, 

— omnivora, 361, 363 

Pia, Pilzflora der, 322 

Pichia, als Gattung, 504 

— californica, 622 

— Radaisii, 256 

Pikrinsäure, als Pilzgift, 22, 303 

Pilze, s. Fadenpilze, Schimmelpilze 

Pilzgifte, s. Antiseptika 

Pinol, 184 

Pinselstrieh-Kultur, 174 

Pirus baccata, zum Mosten, 382 

Plasmopara viticola, 46, 351, 
s. auch: Peronospora- viticola 

Platindraht, zum Antrocknen der Hefe, 110 

Platinmohr, Wirkungskraft des, 540, 542 

Plattenzuchten in der Betriebskontrolle, 174, 
188, 208, 310 

Pleospora, beim Dachbrand des Tabaks, 3 

— doliolum, 5 

Pneumonie-Kokken, 
säure, 645 

Pocken, Hefe gegen, 128 

Pohl und Bauer’s Hefenreinzucht-Apparat, 
91, +92, 94, 96 

pole-burn, 3 

Polenta, Giftigkeit der, 378 

Polychrosis botrana, Bekämpfung der, 451 

Pombe. 255 

Pombe-Hefe, s. Schizosaccharomyces Pombe 

pousse, 524, 528 

Präcipitin-Reaktion, 616 

Preißelbeeren, Benzoesäure in, 73 

Preißelbeer-Saft, Vergärung des, 

Preßhefe, Agglutination bei, 318 

— Ausbeute an, 267 

— Autolyse der, 107 

— Fremdkeime in, 167, 270, 559 

— für Beerenwein-Bereitung, 411 

— Lebensdauer der, 106 

— Milchsäure-Bakterien in, 296, 298 

— Myeodermen in, 315 

— Reinzüchtung der, 267 

— Sporenbildung bei, 264 

— vergleichende Gürversuche an, 269 

— Weichwerden der, 107, 270 

— wilde Hefen in, 167 
S, auch: Hefe 

Preßhefen-Fabrikation, 
der, 315 

— — Reinzucht-Hefen für die, 266 

— — Siuerung der Maische in der, 290 

— — Schaumgärung in der, 314 

— — Takamine-Verfahren in der, 384 

Propagator, 87, 271; s. auch: Hefen-Rein- 
zucht-Apparate 


376, 497: 


Verhalten zu Milch- 


363, 413 


Flockenbildung in 


— Bildung aus Aepfelsäure, 647 
— — — Bernsteinsäure, 646 
— — — Chinasäure, 651 
— — — Milchsäure, 644 
— — — Propylalkohol, 576 
— — Weinsäure, 528, 648 
— bei der Mannitgärung, 516 
in umgeschlagenem Wein, 526 
Nährwert der, 637, 642 
Vergärung durch Bakterien, 597, 643 
Vorkommen in Most, 460 
— — in Wein, 460, 526, 528 
Propylalkohol, Bildung aus Milchsäure, 644 
— Umwandlung in Propionsäure, 576 
— Vorkommen in Wein, 465 
S. auch: Fuselöle, Isopropylalkohol 
Protease, im Honigessig, 616 
— im Traubensaft, 428 
S. auch: Peptase 
Proteus mirabilis, 23, 29 
— vulgaris, 23, 29. Syn.: Bact. vulgare; s.d. 
— Zenkeri, "638. Syn.: Bac. Proteus Zenkeri; 
BF; 
Protokatechusäure, aus Chinasäure, 651 
Prototheca moriformis, 566 
— Zopfii, 566 
Pseudomonilia, als Gattung, 544 
— albomarginata, 544 
— cartilagınosa, 544 
— mesenterica, 544 
— rubescens, 544 


' Psendosareine, Buttersäure-Abbau durch, 643 


— Essigsäure-Abbau durch, 642 
Psylliden, auf Obst, 349 

Purinbasen, Abbau der, 651 

Pyrieit, Giftwirkung des, 591 

Pyridin, im Spritessig, 620 
Pyrogallussäure, als Reagens, 620 

— in bitterem Wein, 532 

Pyrrol, Bildung aus Schleimsäure, 648 
Pythiocystis citrophthora, 363 


' Pythium Anguillulae aceti, 606. 


0. 


Quecksilberchlorid, gegen Trauben - Roh- 
fäule, 371 


Quereit, Unvergärbarkeit des, 580 


' Quitten, Pilztlora auf, 39, 40, 


R. 


| Rack, 324 


Racodium cellare, 502, 5583 

Radium-Emanation, Einfluß auf Bakterien, 
593 

Raffinose, Bildung von Milchsäure aus, 512 

— Einfluß auf die Floekenbildung, 817 

— Siurebildung aus, 587 

— Schwergürbarkeit der, 288 

Ragi, 251, 322, *825, 328 

Rahnwerde ii des W eines, 
440, b23 


370, 390, 41, 


’ 


Räpe, 17 

rapsiger Geschmack des Weines, 441 

Rauchgeschmack des Weines, 503 

Raya clavata, zum Klären des Bieres, 146 

Rebe, pilzliche Schädlinge der, 344, 365, 
368, 376, 377: s. auch: Trauben 

Reduktase der Hefe, 465;s auch: Philothion 

nn Einfluß auf die Hefen der Trauben, 

Reiffäule der Trauben, 44 

Reinhefe, Aufbewahrung der, 398 

Gewinnung der, 77, 85, 266, 394 

der Brauerei, 80, 134, 138. 207 

— Melassen- Brennerei, 284 

— Obstwein- -Bereitung, 410 

— Preßhefen-Fabrikation, 270 

— Rohfrucht-Brennerei, 266 

— Schaumwein- -Bereitung, 417 

— Wein-Bereitung, 355, 594, 400 

Versand der, 268, 399 

zum Umgären der Weine, 415, 478 

S. auch: Bierhefe, Hefe, Hefen-Rein- 

zucht-Apparate, Obstweinhefe, Preßhefe, 

Weinhefe 

Reintönigkeit der Weine, 400 

Reinzucht, natürliche, 141, 264, 381 

Reinzucht-Apparate, S. Hefen-Reinzucht- 
Apparate 

Reis-Arrak, 324, 328 

Reis-Branntwein, chinesischer, 319 

— — japanischer, 330 

Reismalz, 320 

Reismehl, zur Hefen-Konservierung, 116 

Reiswein, chinesischer, 251 

remontage, 390 

Reolkugeln, 130 

Resorein, als Reagens auf Essig, 620 

Rhabditis drı yophila, 568 

— oxyphila, 568 

Rhamnose, Unangreifbarkeit der, 585 

Rheinwein- Hefe, 401; s. auch: Weinhefen 

Rhizopus, als Gattung, 322 

— chinensis, 322, 331 

nigricans, 38, 39, 43, 44, 50, 51, 55, 58, 

246, 259, 364, 562 

oligosporus, 322 

Oryzae, 322 

Tamari, 322 

— Tritiei, 322 

Rhodeit, Unangreifbarkeit des, 583 

Riesenkolonien, bei Bakterien, 547 

— — Hefen, 175, 270, 397 

Riesenzellen, bei Bakterien, 549 

Ringbildung in Hefenzuchten, 397 

Ripe-rot, 378 

Rippenfäule des Tabaks, 4 

Rohfäule der Trauben, 365, 368; 
Obstfäule, Trauben 

Rohhäute, Haltbarmachung der, 21 

Rohrleitungen, Reinigung der, 179—183 

Rohrzucker, als Kohlenstoff-Quelle, 56 

— in Bierwürze, 146 

— Mannit-Bildung aus, 512 

— Spaltung durch Taka-Diastase, 332 

— Vergärung des, 512, 517 
S. auch: Saecharose, Zuckerarten 


in 


— 


— 


s. auch: 


678 


a Tan Essigsäure-Bakterien 

in, 62 

Rollfässer, für Rotwein-Maischen, 387 

Roos’ sche’ Tabletten, 130 

Ropiness, 215 

Rosahefen, als Familie, 567 

— auf Grünmalz, 164 

— Obstfrüchten, 345, 318 

in Brauwasser, 188 

_ Fruchtsäften, 345 

— Gerbbrühen, 30 

— Koji, 246 

Lebensdauer der, 109 

S. auch: Torulaceen 

Rosinen, edelfaule, 372 

— Hefen-Flora auf, 344 

Rotwein, Bitterwerden des, 370, 512, 528 

— unvergorener, 69 
S. auch: Wein 

Rotwein-Farbstoff, 385, 386, 431, 441, 464, 
497 

Rotwein-Hefen, 395, 402, 412; 
Weinhefen 

Rotwein-Maische, Essig-Bakterien auf, 387 

--_ Gärtemperatur für, 388, 438 

— Hut der, 387 

— Keltern der, 472 

— Kühlen der, 389 

— Lüften der, 441 

— Pasteurisieren der, 405 ,5 

— — Phosphatage der, 385 

— Schwefelung der, 408, 448 

— Verschimmeln der, 388 

S. auch: Mosteärung, Trauben-Maische, 

Weingärung 

Rübenhrennerei, 
für die, 280° 

Rübensaft, Scheimbildung in, 311, 516 

Rum, Analyse des, 337 

— Darstellung des, 337 

Rumgärung, Organismen der, 339, 622 

Rumkrankheit, 341 

Ruou, 320, 323 

Rußtau-Pilze, 345, 359, 363. 


s. auch: 


Hefenreinzucht -Apparate 


S. 


Sabadill-Essig, 616 

Saecharin, Giftigkeit des, 600 

Saccharobacillus pastorianus, 192, 212, 213, 
214, 215, 525 

— — var. berolinensis, 193, 214, 215, 513° 

Saccharomyces, als Gattung, 544 

acetaethylicus, 545 

acidi lactiei GROTENFELT, 30 

anomalus, 110, 196, 205, 315, 545; 8 

auch: Anomalus-Arten, Willia ano 

apieulatus, 30, 70, 109, 112, 139, 235, 

236, 237, 243, 315, 345, 346, 348, 

352, 356, 357, 358, 382, 407, 44, 

567 

Aquifolüi, 344 

Awamori, 330 

Batatae, 331 

Betulae. 566 


Saccharomyces Carlsbergensis. Syn.: Carls- 
berg-Unterhefe Nr. 1; s. d. 

cerevisiae Reess, 76, 199, 200 
cerevisiae VAN LAER, 243 

van I E. Cure. Haxses, 110, 139, 
14 

coreanus, 622 


344, 397, 411 

Syn.: Sacch. ellipsoideus Hansen 

ellipsoideus II E. Cur. Hansen, 67, 114, 

196, 201, 202. Syn.: Sacch. twrbidans 

ellipsoideus Nr. 1 H. vaw Laer, 244 

ellipsoideus Nr. 2 H. vaw Laer, 244 

ellipsoideus Reess, 30, 200, 346, 352, 

397, 409, 462. Syn.: Weinhefe; s. d. 

exiguus, 204 

foetidus I, 205 

fragrans, 270 

Hansenii, 110 

Jlieis, 344 

intermedius II MüLrer-THuursau, 409 

— ‚Jörgensenmit, 114 

lactis Anamerz, 113 

lactis Ducraux, 109 

Ludwigii, 110, 449, 566, 567 

Syn.: Sacchar omycodes Ludwi igüi 

mali, 397 

Marzxianus, 110, 344 

membranaefaciens, 576; s. auch: Pichia 

mesentericus, 544 

Monacensis. 

Nr. 2; 8d. 

Mycoderma, 544 

Opuntiae, 303, 344 

Pastorianus E. Cur. Bee: 

Sacch. Pastorianus 1; s. d. 

Paslorianus Rexss, 30, 110, 200, 203, 

462 

Pastorianus I E. Cur. Hansen, 

139, 140, 202, 205, 397, 411. 

Sacch. Pastorianus 

Pastorianus III E. Cur. Hansen, 139, 

140, 196, 201, 202, 206. Syn.: Sacch. 

validus 

Pastorianus Wädenswil, 409 

pinophthorus melodus, 210 

piriformis, *256 

Radaisii, 256 

Sakt, 622 

sardous, 625 

thermantitonum, 

Tokyo, 622 

turbidans, 114. 

deus Il; s. d. 

validus. Syn.: 

,'% 

Vordermannii, 326, 328 

Willianus, Syn.: Hefe Stamm 811 Wınu 

Yedo, 622 

Zopfü, 118, 114 

S. auch: Hefe 

Saccharomycetaceen, Familie der, 566, 567 

Saccharomycodes Ludwigii, 449, 567, Syn.: 
Saccharomyces Ludwigii; 8, d. 

Saccharomycopsis capsularis, D66 


ae 


114, 
Syn.: 


114, 179 


Syn.: Sacch. ellipsoi- 


Sacch. 


Pastorianus III; 


Syn.: Carlsberg-Unterhefe | 


679 


| Saecharose, als Kohlenstoff-Quelle, 562 
' — Einfluß großer Mengen von, 424, 587 


— Mannitbildung aus, 512 
— Säurebildung aus, 512, 587 


| — Schleimbildung aus, 554 


S. auch: Rohrzucker, Zuckerarten 


| Säuerung des Hefengutes, Ersatz der, 299 


ellipsoideus I E. Chr. Hanses, 67, 244, | 


— — für Preßhefe, 291, 310, 314, 316 

— Geschichtliches über die, 286 

Höhe der, 290 

mittelst Milchsäure, 294 

— Reinzucht-Bakterien, 29, 310 

Temperatur für die, 288 

Theorien über die, 290 

Säuerungskammer, 289 

Säureabbau, durch Spaltpilze, 633 

— im Wein, 472, 614 

Säuren, anorganische, Dissociation und Gift- 
wirkung der, 317, 540 

— organische, Abbau der, 633 

— — Nährwert der, 636, 639 

Sake, Bereitung des, 245 

— Sauerwerden des, 621 

— Zusammensetzung des, 250 


| Sake-Essig, 616 


Sake-Hefen, 247, 248, 622 

alieylsäure, als Kohlenstofi-Quelle, 650 
— — Zusatz zum Hefengut, 304 
Gewöhnung der Hefe an, 303 
Giftigkeit der, 455, 600 

in der Brauerei, 181 

zum Einmachen des Obstes, 73 

— Stumm-Machen des Mostes, 452 
zur Haltbarmachung der Hefe, 101 


' Salieylsäure-Methylester, in Beerenobst, 453 
Syn.: | 


Salpeter, s. Kaliumnitrat 

Salpetergärung der Melassen, 283 

Salpetersäure, Giftigkeit der, 592; s. auch: 

Nitrate 

Salz, s. Kochsalz 

Salzen der Häute, 22 

Salzsäure, als Bakterien-Gift, 590 

— — Hefen-Gift, 293, 303 

— Hefen-Agglutination durch, 317 

— zum Säuern des Hefengutes, 300) 

Samenhefe, 100 

Sarcina alba, 24, 193, 223 

aurantiaca, 24, 193, 223 

flava, 193, 223, 520, 650 

mazxıima, 260, *261, 262 

ventrieuli, 261 

S. auch: Pediococcus 

Sareinakrankheit des Bieres, 

— Hopfen gegen die, 

— Pilzgifte gegen die, 

Uebertragung der, 223, 2383 

Weinsüure-Kur gegen, 223, 

= Wesen der, 228 

Sareinen, Ameisensünre-Abbau durch, 641 
- Milchsüure-Bildung durch, 261, 295 

Niährböden für, 187, 228, 226, 220, 232 

Variabilität der, 227, 22V, 230 

Virulenz der, 225 230 


222 


222 
2X 297 
222, 22 2 


2236 


20, 226, 
Vorkommen an der Gärkeller- Wand, 155 
auf feuchtem Malz, 164 
— Grünmalz, 228 


— 680 — 


Sareinen, Vorkommen in Bierhefe, 106, 167, 
174, 235 

— Bierwürze, 193 

— der Luft, 224, 226, 234 

— Erde, 261, 642, 643 

— Gerbbrühen, 29 

— (etreide-Maischen, 260 

— Mälzereistaub, 228 

—- Tierkot, 222, 231 

— Wasser, 187, 234 
S. auch: Pediokokken, Pseudosareine 

Satzhefe der Brauerei, 170, 182; s. auch: 
Bierhefe 

Saucen, für Tabak, 15, 124 

Sauerkohl, Pilzflora im, 296, 645 

Sauerteig, 254, 296, 557, 626 

Sauerwurm, 451 

Sauterne-Hefen, 414, 455, 454 

Sehalenfäule der Birnen, 45, 53 

Scharzhofberg-Hefe, 425 

Schaufelwein-Bereitung, 442 _ 

Schaumgärung in der Brennerei, 268, 311 

Schaumwein, Bereitung des, 479 

— blauer, 501 

— Kohlensäure-Gehalt des, 480 

— Maskenbildung in, 482 

— Reinhefen für, 417 

Scheidmost, 383, 497 

‘Scheps, 103 

Schifferer's Hefenreinzucht-Apparat, 91 

Schimmelgeschmack des Weines, 501 

Schimmelpilze, an Kellerwänden, 155 

— auf Gerste, 259 

— — Hefe, 107, 167 

— — Malz, 259 

— — Öbstfrüchten, 38, 344 

— — Tabak, 3, 9, 10 

— — Zigarren, 16 

— im Brauwasser, 188 

— — Koji, 246 

— — Most, 353, 354, 357, 441 

— — Wein, 501 

— in Hefe, 169 

— — Korken, 197, 502 


ee 
seele 


— Obstkonserven, 66 
Milchsäure-Bildung durch, 459 
Verhalten zu Giften, 371 
— — Salieylsäure, 650 
— — schwefliger Säure, 407 
— — Weinsäure, 647 
S. auch: Fadenpilze, Mucoreen, Peni- 
eillien 
Schizosaccharomyces mellacei, *339, 340 
— Pombe, 149, 255, 563 
— Vordermani, 326, *327, 340 
Schizosaccharomycetaceen, Familie der, 566 
Schläuche, Reinigung der, 179—184 
Schleimbildung, durch Dematium, 164, 238, 
239, 311 


— Einfluß der Ernährung auf die, 547, 
Hd, 565 
S. auch: Fadenziehen, Zähewerden, 


Zellwand-Verschleimung 
Schleimen des Leders, 33 
Schleimessig-Bakterien, 550, 562, 612; s. 
auch: Essigsäure-Bakterien 


Schleimfluß der Bäume, 565 
Schleimhefen, in Most, 357, 522 
— — Wein, 522 
— Tötungs-Temperatur für, 66 
Schleimsäure, Abbau der, 648 
— Nährwert der, 637, 638 
Schleimstoffe, Chemie der, 216, 522, 563 
Schlempe von Melasse, saure, 282, 338 
Schleuder-Eprouvette, 184 
Schmierseife, gegen Trauben-Rohfäule, 371 
Schnellessig, Amylacetat in, 578; s. auch: 
Gärungsessig, Spritessig 
Schnellessig-Bakterien, Arten der, 559 
— — Familie der, 550, 610 
Sehnellessig-Fabrikation, Ausbeute, 572, 573 
— — Begriff, 540 
— — Betriebsstörung in der, 612 
— — Geschichte der, 606 
— — Grundgedanke der, 609 
— — Reinzuchten für die, 610 
— — Verluste bei der, 570 
Schnupftabak. Gärung des, 17, 19 
— Saucen für, 19, 123 
Schönen, des Bieres, 142 
— — Schaumweines, 479, 481 
— — Weines, 483, 486, 499, 502, 523, 534 
SAHTLR Glasplatte zur Tropfenkultur, 
174 
Sehorfkrankheit des Obstes, 61 
Schorfpilze, Bekämpfung der, 61 
Schützenbach’s Verfahren, Begriff, 540 
— — Geschichtliches über, 608 
S. auch: Schnellessig-Fabrikation 
Schwachwerden lagernden Essigs, 570 
Sehwächeparasiten, 366 
Schwärmfähigkeit, s. Eigenbewegung 
Schwanniomyces oceidentalis, 867 
a der Reben, 344, 359, 
37 
Schwarzfäule der Aepfel, 39, 42, 362 
— — Birnen, 39, 42 
— — (itronen, 363 
— — Trauben, 46, 378 
Schwarzwerden des Weines, 449, 506, 509 
Sehwefel, Einfluß auf die Gärung, 450 
— Mehltau-Bekämpfung mittelst, 377 
Schwefeldioxyd, s. schweflige Säure 
Schwefelkohlenstoft, Zusatz zur Maische, 304 
Schwefeln, s. Einsch wefeln 
Schwefelsäure, als Bakterien-Gift, 589 
— Einfluß auf die Buttersäure-Gärung, 293 
— — — — Hefe, 292, 316, 317, 445 
— Gehalt des Weines an, 384 
— zum Säuern des Hefengutes, 305 
S. auch: Sulfate 
Schwefelverbindungen, Reduktion durch 
Spaltpilze und Sproßpilze, 503 
Schwefelwasserstofi, Bildung in Beizen, 27 
— — — Melassen-Maische, 283 
— — — Most, 385, 450 
— — — Wein, 503 
schweflige Säure, als Pilzgift, 589 
— — Anpassung der Hefen an, 407 
— — Anwendung in der Brennerei, 304 
— — Bildung durch Hefen, 444 


' — — Bindung der, 446 


schweflige Säure, Einfluß auf die Essig- | 
säure- "Bakterien, 407, 589 

_———-— — Hefen, 407, 444, 449 

_—— Milehsäure-Bakterien, 407 | 

_———-—— Most-Gärung, 443, 449 

_——— Mycodermen, 407, 505 

_—— Schimmelpilze, 407 

_— — Torulen, 448, 449 

— — zum Most-Einschwefeln, 406 

— — — ÖObst-Einmachen, 73 

— — — Unterdrücken der Gärung, 448 
S. auch: aldehydschweflige Säure, Ein- 
schwefeln 

schwefligsaurer Kalk, als Pilzgift in der 
Brauerei, 181, 182 

Schwergärigkeit der Melassen, 283, 291 

Schwerwerden des Weines, 520 

Schwitzen der Häute, 23 

— des Getreides, 164 

— — Tabaks, 2 

Sclerotinia fructigena, 41 

— Fuckeliana, 41, 367 

— Libertiana, 4, 366, 367 

— nicotianae, 4 

Sclerotium durum, 367 

— echinatum, 367 

— pustula, 367 

— uvae, 367 

—- varium, 367 

— vitis, 367 

Seignette-Salz, als Kohlenstofi-Quelle, 

Sekt, s. Schaumwein 

Selbsterwärmung, bei der Mostgärung, 439 | 

— der Häute, 22 

— des Leders, 34 

— des Tabaks, 6 | 

Selbstgärung der Hefe, 106, 126, 167, 482 | 

Selbstverdauung der Hefe, 167, 465, 482 

Sellerie-Geruch der Würze, 189, 219 

Senf, Zersetzung durch Bakterien, 624 

Senföl, Giftigkeit des. 600 

Serin, Abbau durch Hefe, 466 

Serum, 8. Blutserum 

Shao-King-Uhew, 322 

Sherry-Bouquet der Weine, 374 

Shiro-Koji, 251 

Shöchü, 330 

Siebboden, am Bildner, 609 

Siebbütte, 609 

Siebel's Hefenreinzucht-Apparat, 91 

Siflural, Giftwirkung des, 591 

Silberehlorid, gegen Traubenfäule, 371 

Sirup, 70, 562 

Sitogen, 128 

Skimmings, 338 

Sklerotien- Bildung, Bedingungen für die, 367 

slym ketel, 241 

Soda, als Pilzgift, 181, 

Soja-Gelatine, 162 

Soja-Sauce, 624 

Sorbierit, 583 

Sorbin, 581 

Sorbit, Bildung des, 295 

— Vergürung des, 582 

— Vorkommen des, D81, 582 

Sorbose, Bildung aus Sorbit, 581 


599 | 


182, 592 


681 


' Stearinsäure, 


Sorbose, Unangreifbarkeit der, 586 

Sorbose-Bakterium BERTRAND's, 565, 
578-583 

Sorghum-Branntwein, 322 

Späne, Reinigung der, 182; s. auch: Holz- 
späne 

Spalthefen, s. Schizosaecharomycetaceen 

Spaltpilze, s. Bakterien 

spanische Erde, zum Wein-Schönen, 486, 499 

speckigfaule Trauben, 40, 377 

Speierlinge, als Mostobst, 382 

Speisewürzen aus Hefe, 127 

Sphaceloma ampelinum, 359, 378 

Sphaeropsis malorum, 362 

Spilocaea Pomi, 38 

Spiritus, s. Alkohol 

Spiritus-Maischen, Bakterien in, 294, 310 

— — Bildung von Ameisensäure in, 293 
— — — Buttersäure in, 262 

— — — — Essigsäure in, 262, 293 
— Diastase-Nachweis in, 308 

— — Gift-Zusätze zu, 299 
S. auch: Brennerei, Hefengut 

Sporen der Hefen, 168, 263, 264, 398 


575, 


' — — — Lebensdauer der, 110, 111 
l|<=—-— Tötungs-Temperatur, "66, 67, 113 


Sporenkultur, 168 


 Spritessig, Begriff, 617 


— Reaktionen des, 619 

— Unterscheidung von Essigessenz, 619 

— — — Weinessig, 617 

 Spritzkreuz, am Bildner, 609 

Sproßpilze, Begrifis-Umgrenzung, 544 

— Unter-Gruppen der, 544 
S. auch: Hefe, Mycodermen, Rosahefen, 
Torulaceen 

Spundgur, 136 


| Stachelbeeren, Pilze auf, 40, 344, 346, 365 
Stärke, Bier-Trübung durch, 206 


— Hydrolyse durch Pilze, 56 

— Säurebildung aus, 587 

— zur Hefen-Haltbarmachung, 101, 116 

Stärkecellulose, in den Maischen, 312 

Stärkefabriken, Abwässer der, 26 

Stärke-Gelatine, Diastase-Nachweis mittelst, 
160, 308 

Stärkesirup, für die Essig-Bereitung, 562 


| Stärkezucker, s. Dextrose 


Stammfäule des Tabaks, 4 

Standgur, 135 

Staphylococcus pyogenes albus, 6ö1 

Abbau durch Bakterien, 643 

Steinberg-Hefe, s. Hefe Steinberg 1 

Steinobst, Pilztlora auf, 41, 43, 44, 346; 
s. auch: Aprikosen, Früchte, Kirschen, 
Obst, Ptlaumen 

Stellhefe, 134, 138: s, auch: Anstellhefe 


' Stemphylium, auf Stachelbeeren, 344 


— — Tabak, 5 

Stem-rot, 4 

Stench, 205 

Sterilisator, 86, 87 

Stichigwerden, des Bieres, 210 
Weines, 415, 507, 510 

Stillweine, 418 

Stinkhefe, 205 


Stippenbildung der Aepfel, 37, 38, 54 
stock beer, 83, 84 

Stockflecke des Leders, 34 
Stockheim-Filter, 194 

Stopfen, s. Korke 


Stopfengeschmack des Weines, 502: s. auch: 


Korke 
Stoßen des Bieres, 152 
Streptococcus lebenis, 625 
Streptokokken, in Gerbbrühen, 29 
— — Getreide-Maischen, 260 
Streptothric chromogena, 556 
Streupulver, Hefe als, 123 
Strichzuchten der Weinhefen, 397, 398 
Strontiumsalze, zum Entgipsen, 385 
Stumm-Machen des Mostes, s. Most 
Stutenmilch, vergorene, 324 
stuyk manden, 241 
Sublimat, s. Quecksilberchlorid 
Sudhaus, Pilzflora im, 178 
Südfrüchte, Pilzflora der, 40, 41, 363 
Südweinhefen, 397 
Süßweine, 432 
Süßwürze, 189, 191 
Sulfate, Giftwirkung der, 560 
— im Most, 430 
— im Wein, 384 
Sulfitgärung, 407, 413, 416, 463, 509 
Sulfithefen, 409 
Sulfitometer, 408 
Sulfitverfahren, s. Sulfitgärung 
summer cloud, 205 
Superoxyde, in der Brennerei, 304 
Symbiose, 256. 


m 


Tabak, Dachbrand des, 3 

— Dachreife des, 3, 14 

Fäulnis des, 5, 15 
Fermentation des, 5 
Katalase des, 14 

Öxydasen des, 13 
Pasteurisieren des, 16 
Petunieren des, 15 
Pilz-Flora des, 8, 10, 19 

— Schwitzenlassen des, 2 

— Stammfäule des, 4 
Tabakfermentation. 5 

— als Enzym-Wirkung, 12 

des Räpe. 17 

Erreger der, 8, 9, 10, 11, 19 
in Karotten, 19 
Nikotin-Abbau bei der, 6, 7 
Reinzuchten für die, 8 
Wärme-Entbindung bei der, 5 
Wirkung der, 6, 7, 18 
Tabakgärung, s. Tabakfermentation 
Tabaksancen, 15, 19 
Taka-Diastase, 331, 332 
Taka-Koji, 333 
Takamine-Verfahren, 331 
Tane-Koji, 246, 330 
Tane-Moromi, 330 

Tanezu, 617 


682 


Tannin, als Bitterstoff, 532 

Schönungsmittel, 406 

— gegen das Zähewerden des Weins, 523 

— — die Schwergärigkeit der Melassen, 283 
S. auch: Gerbstoff 

Tapej, 326 

Tartrate, Abbau der, s. Weinsäure 

Tartronsäure, Bildung aus Weinsäure, 526, 
528, 648 

Teigigwerden der Obstfrüchte, 36, 37, 53, 
54, 350, 364, 382 

Termobacterium aceti, 193, 211, 546, 547, 
549, 554, 555, 570, 571, 572, 575, 579, 
584, 585, 586, 588, 590, 591, 592, 594, 
595, 596, 597, 598, 600, 605 
— album, 190 

Z— erythri inum, 191 

— fuscescens, 190 

_ iridescens, 190, 219 

— lutescens, 190 

Termobakterien, als Gruppe, 189 

— Bier- Trübung durch, 219 

Thymin, Bildune und Verbrauch des, 167 

Tibi, 256 


' Tiby, 256 


Tinea cloacella, in Kork, 502 
Tintenschimmel, s. Penieillium glaucum 
Tirage, 418, 479 

Toddy, 329 

Törnell’s Verfahren zur Sporenkultur, 170. 
Tonerde, gegen Trauben-Rohfäule, 371 

— Sehönen mittelst, 283 

Torf, für die Melassen-Entkeimung, 283 
Torfmoos, zur Hefen-Haltbarmachung, 117 
Torula monilioides, 566 

— Novae Carlsbergiae, 210 

— pulcherrima, 314 

Torulaceen, als Familie, 544 
Aldehyd-Bildung durch, 345, 448 

auf Früchten, 345, 346, 348° 

— Malz, 164° 

Bierkrankheiten durch, 209 

in Brauereihefe, 169 

— Brauwasser, 188 

englischen Bieren, 84 

Faro, 244 

Gerbbrühen, 30 

Koji, 246 

Most, 354, 357, 358, 449 
Obstsäften, 66, 345 

Kahmbildung "durch, 504 

. Nachweisung der, 169 

Sehleimbildung durch, 522 


A HEBEN 


\ — Verhalten zu "Kohlensäure, 354 


— — — schwefliger Säure, 345, 448 
S. auch: En Rosahefen 


-tourne, 523, 


Trauben, ae ahrung der, 65, 110 
Besiedelungs-Zeit der, 348 
bittere, 378 
Blackrot der, 378 

Dematium auf, 345, 348, 357 
Edelfäule der, 41, 56, 57, 368, 371 
Erdschmutz an, 349, 353, 359° 
Essigfäule der, 376 
Essigsäure-Bakterien auf, 346, 353 


AN 


Trauben, Farbstoff der, 369, 378, 431, 524 | 
— Gerbstoft der, 378, 431 
— Grünfäule der, 40. 377 
— Hefen auf, 344, 316 
— Keimgehalt der, 346, 349, 350 
— Lederbeeren-Krankheit der, 46, 376 
— mastfaule, 368 
— Mehltau der, 359, 377 
— Monilia auf, 43 
— Oidium auf, 359, 377 
— Penieillium auf, 40, 377 
— Peronospora auf, 376, 508 
— Reiffäule der, 44 
— Riechstoffe der, 468 
— Rohfäule der, 41, 365 
— Rusßtau auf, 359 
— sauerfaule, 368 
— Sauerwurm in, 368 
— Schwarzbrenner auf, 344, 359 
— Schwarzfäule der, 46, 378 
— speckigfaule, 40, 377 
— Torulen auf, 348, 357 
— Weißfäule der, 46, 318 
— Wolf der, 368 

S. auch: Most, Obst, Rebe 
Traubenkämme, Keimgehalt der, 349 
— zur Essig- -Bereitune, 607 
Trauben-Maische, Angären der, 386, 496 
— — Einschwefeln der, 406 
— Essigstich der, 507 
— Gärverlauf in der, 355 
— Gipsen der, 383 
— Hut der, 387 
— Kühlung der, 389, 391 
— Lüftung der, 441 
— Phosphatage der, 385 
— Pilzflora in der, 352 
— Reinhefen für, 402 
S. auch: Rotwein-Maische 
Traubenmost, s. Most 
Traubensäfte, s. Most 
Traubensäure, Giftigkeit der, 599; s. auch: 

Weinsäure 
Traubenschimmel, 365 
Traubenwein, s. Wein 
Traubenwein-Hefen, s. Weinhefen 
Traubenzucker, s. Dextrose, Glucose 
Treber-Trockenhefe, 118 
Treiben der Gerbbrühen, 30 
Trester-Düngung, 351 
Tresterwein, 417 
Triearballylsäure, Abbau der, 649 
— Nährwert der, 637 
Trichothecium roseum, 45 
Trockenbeere, 372 
Trockengeben, 135 
Tröpfchenkultur Lindner’s, #171 
Tropfenkultur Lindner's, 174 
Trub, der Bierwürze, 143, 179 
— — Weine, Bestandteile des, 482 
— — Fuselöl-Bildung durch, 468 
— — Menge des, 440 
— — Zerfall des, 418, 483, 501, 520 
Trabhefen, 394, 477, 482 
Trubsücke, Keimgehalt der, 219, 236 
Trübungen, der Bierwürze, 189 


502 


ERRMEr 


683 


ı — des Weines, 


| Trübungen, des Bieres, 146, 182, 197, 201, 
205, 207, 209, 219, 228, 238 
483, 495, 499, 500, 501, 


505, 509, 5l4, 523, 528 


| trunkenes Getreide, 259 
| tryptische Enzyme, 56; 


s. auch: Peptase 
Tryptophan, Abbau des, 578 

Tryptophol, Herkunft des, 578 
Tuberculariales, Gruppe der, 362 


turned beer, 212 

; Tweeskinde, 217, 244 

ı Tyroglyphus carpio, 611 

; Tyrosin, Abbau des, 466, 578 


— als Nährstoff, 167, 168 


| — in Hefenextrakt, 125 


Tyrosol, Bildung des, 466, 532, 578 


' Tyrothrix tenuis, 519, 581, 582. 


U. 


| Ueberoxydation, im Bildner, 571. 612 


Uebersommern der Hefe, 101, 309 
ultraviolettes Licht, Einfluß des, 443, 593 
Ulvina aceti, 543 


' Umgärung der Weine, s. Wein 


Umschlagen, des Bieres, 212 
— — Weines, 476, 499, 523 
Unreinlichkeit der Gärung, 265 
untergärige Hefe, s. Unterhefen 
Untergärung in der Brauerei, 80, 134 
Unterhefen, Mischsaaten von, 206 
— und Öberhefen, Unterscheidung, 318 

S, auch: Bierhefe, Hefe, Weinhefe 
unterschwefligsaure Salze, in der Brennerei, 


Uraeil, als Nährstoff, 167. 


V. 


Vakuumkolben, zur Luft-Analyse, 161 
Valeraldehyd, Bildung aus Leuein, 465 
Valeriansäure, Giftigkeit der, 636 
— in umgeschlagenem Wein, 526 
— Nährwert der, 638, 642 
Valin, Abbau zu Isobutylalkohol, 465 
Vanille-Geruch, durch Dematium, 345 
Vanillin, im Essig und Melassensprit, 618 
— im Trauben-Samen, 468 
Variation, bei Bakterien, 230, 550 
— — Hefen, 79, 207 
Vaselin-Einschluß-Präparat, 172, *173 
Vergärungsgrad, der Bierhefen, 149, 203 
— — Weinhefen, 396 
— des Bieres, 146, 242 
— — des Weines, 357, 
S. auch: Nachgärung 
Verleimen der Felle, 22 
Verschleimen, s. Schleimbildung, Zellwand- 
Verschleimung 
Verschnitt-Rum, 340 
Versieden des Weines, 524 
Verzweigungen, bei Bakterien, 
Vibrion butyrique, 644 
— septique, 644 


435, 450 


540 


— 684 — 


Vinegar plant, 563 

vin filant, 520 

— huileux, 520 

— monte, 524 

— tourne, 523, 528 

Vinsanto, "432 

Vogelbeer- Saft, Vergärung des, 582 
Volemit, Vereärung des, 583 
Volemose, Bildung der, 583 
Volutella fructi, 362. 


W. 


Wände, Desinficieren der, 181 

Wärme, s. Hitze 

Wärm- Vorrichtungen für Moste, 389 

Wässern, der Bierfilter, 194 

_ Bierhefe, 100, 106, 108, 147 

Walnüsse, Pilz-Angriffe auf, 40 

Wasser, biologische Analyse des, 184 

Wasserstofl- Bildung durch Bakterien, 189, 
258, 261, 639, 644, 648 

Wasserstoffsuperoxyd, als Gift, 574 

— in der Brennerei, 304 

— Verhalten zu Milchsäurebakterien, 310 

Watte, zum Antrocknen der Hefe, 105, 
110, 111, 400 

‘Weiche, der Gerberei, 23 

— — Mälzerei, 258 

Weichwasser, der Gerberei, 34 

— — Mälzerei, 181 

Weichwerden, der Gurken, 347 

— — Hefe, 270 

— des Weines, 520 

Wein, Abstich "des, 483, 484 

— Abziehen des, 483 

— Acetal- -Bildung in, 464 

— Acetaldehyd- -Bildung in, 450, 463, 473 

— Acetamid in. 519 

— Acrolein in, 580 

— Aepfelsäure-Abbau in, 474, 514, 526 

— Aethyl-Ester in, 464, 469 

— Aldehyd-Ammoniak in, 532 

— aldehydschwetlige Säure i in, 446, 449, 464 

— algerischer, 389 

- Alkohol-Höchstgehalt des, 373, 432, 435 

—- Alter-Geschmack des, 441 

— Ameiseusäure in, 458, 460, 526 

— Amylalkohol in, 465, 469 

— Analysen von, 423 

— Aschengehalt des, 385 

— Auffrischen alten, 416 

— Ausbau des, 485, 487 

— Bakterienblasen in, 511 

— Belichtung des, 510, 593 

— Bernsteinsäure in, 456 

— Bitterwerden des, 378, 519, 528 

— Blauwerden des, 501 

— Böckser des, 503 

— Bouquet des, 358, 374, 402, 406, 449, 
465, 468, 489, 495, 506 

— Braunwerden des, 54, 386, 441, 464, 
495, 506 

— Brechen des, 495 

— Brenztraubensäure in, 473 


Wein, Buttersäure in, 511, 526 

— Buttersäurestich des, 519 

— Butylalkohol in, 465 

— (itronensäure in, 383, 476, 514, 532 
— Dikaliumsulfat-Grenze für, 384 

— Einfluß der Peronospora auf den, 8. 
Peronospora-W eine 

Einfluß des Lichtes auf den, 510, 593 
— — Mehltaues, 377, 502 

_ — Penicillium, 318 

— — Rußtaues, 359 

Einschwefeln des, 484, 498 
Elektrisieren des, 485, 510 
Endotryptase in, 482 

Entgipsen des, 385 

Entsäuerung stichigen, 510 

Essigester in, 464 

Essigstich des, 507, 526, 623 
Extrakt-Gehalt des, 514, 618 

Farbstoff des, 369, 385, 431, 441, 464, 524 
Faßlagern des, 485 

Ferriphosphat in, 500 

Ferritannat in, 499 

Fettsiure-Ester in, 468 

Filtrieren des, 487 

flaschenkranker, 487 

Flaschenreife des, 487 

Flora des, 483, 488, 507 

flüchtige Säuren in, 459, 462, 510, 526 
Formaldehyd in, 463 

Furfurol in, 464 
Fuselöle in, 452, 465, 468 
Gallussäure-Ester in, 532 

gegipster, 384 

Gerbstoff des, 369, 378, 431, 477, 505 
Geruchsfehler des, 501° 
Geschmacksfehler "des, 501 
glucoseschweflige Säure in, 446, 449 
Glycerin- -Alkohol-Factor des, 456 
Glycerin-Gehalt des, 374, 455, 614, 617 
Glycogen in, 483 

Glyeolsäure in, 526 

_- Hagelgeschmack des, 359, 503 
Hefentrübung in, 501 

Hochfärbung des weißen, 386, 464 
Isobutylenglyeol in, 456 
Kahmigwerden des, 504 

Kahmpilze in, 407, 488, 508 
Keimgehalt des, 486, 488 

Klären des, 482 

Kochgeschmack des, 489 

Kohlensäure in, 474, 480 

Langwerden des, 520 

Lindwerden des, 520 

Lüften des, 442 

Luftgeschmack des, 485 

Mäuseln des, 518 

Mannitgärung in, 353, 511, 516 
Mercaptan in, 503 

Metacetonsäure in, 526 
Metall-Trübung in, 500 

Methylalkohol in, 464 

Milchbakterien in, 486, 513 
Milchsäure- Bakterien in, 474, 511 

— Milchsäuregehalt des, 459, 463, 474, 598 


er I 


ee Ne re 


AL 


te lalaibr| 


— Milchsäurestich des, 510 


— 65 — 


Wein, Nachgärung des, 471, 487, 501 

— nieht-flüchtige Säuren in, 459, 461, 509 

— Obstgeschmack des, 358 

— Oeligwerden des, 520 

— ÖOxalessigsäure in, 473 

— ÖOzonisieren des, 485 

— Pasteurisieren des, 196, 416, 477, 488, 
498, 510, 534, 604 

— petiotisierter, 417 

— Phosphate in, 386, 430 

— Propionsäure in, 525, 526, 528 

— Rahnwerden des, 370, 495, 523 

— rapsiger Geschmack des, 441 

— Rauchgeschmack des, 503 

— Reintönigkeit des, 400 

— Säure-Abbau in, 356, 450, 472, 486 

— Säure-Gehalt des, 459, 461, 476 

— Säure-Rückgang in, s. Säure-Abbau in 

— Salieylsäure in, 453° 

— Sauregurken-Geschmack des, 358 

— Schimmelgeschmack des, 501 

— Schimmelpilze in, 407, 488, 502 

— Schleimhefen in, 522 

— Pn nuissrerden des, 238, 369, 483, 509, 
2 

— Schönen des, 483, 486, 499, 502, 534 

— Schwarzwerden des, 499, 506, 509 

— Schwefelsäure-Gehalt des, 384 

— Schwefelwasserstoff in, 503 

— schweflige Säure in, 407, 477 

— Schwerwerden des, 520 

— Sterilisieren des, 451, 488 

— Stichigwerden des, 507, 510, 519 

— Stickstofi-Gehalt des, 428, 441, 481, 527 

— Stopfengeschmack des, 502 

— Sulfat-Gehalt des, 384 

— Tartronsäure in, 526 

— Torulaceen in, 448, 449, 522 

— Trübungen in, 483, 489, 495, 499, 500, 
501, 509, 514, 523, 529 

— Trub des, 477, 482 

— Trubflora des, 483 

— Umgärung des, 415, 426, 429, 442, 461, 
478, 510, 534 

— Umschlagen des, 476, 499, 523 

— Valeriansäure in, 526 

— Verlärbung des, 441, 506 

Vergärungsgrad des, 357, 

Versieden des, 524 

von edelfaulen Trauben, 373 

Weichwerden des, 520 

Weinsäure in, 383 

Weinsüure-Abbau in, 476, 526, 528 

Weinsäure-Amylester in, 532 

Weinstein-Gehalt des, 473, 526 

Zühewerden des, 238, 369, 

Ziekendwerden des, 5ll 

Zooglöen in, 5ll 

Zuckergehalt des, 357, 

S, auch: Ausleseweine, 

wein, Schaumwein 

Weinbeeren, s. Trauben 

Weinbereitung, s. Most, Trauben-Maische 

Weinbergsboden, Düngung mit Hefe, 404 

Weindestillate, ». Cognac 

Weinessig, Analyse des, 613, 614 


396, 435, 450 


IN RLEULET-| 


378, 436, 449 
Obstweine, Rot- 


483, 509, 520 | 


| Weinkeller, 


Weinessig, Acetylmethylearbinol in, 615 
— Begrifisbestimmung, 612 


ı — Dioxyaceton in, 579 


— Inosit in, 615 

— Säuren des, 615 

— Unterscheidung von Cideressig, 616 

— — — Spritessig, 617 

Weinessig-Bakterien, 508, 550, 551; s. auch: 
Orl&ans-Verfahren 

Weinfehler, 495 

Weingärung, Alkohol-Ausbeute, 424, 453 

— Einfluß der Pilzgifte auf die, 446 

— — — Reinhefen auf die, 400, 404 

— — — Temperatur, 434 

— — des Angärens auf die, 386 

— — — Lichtes, 443 

— — — Lüftens, 440 

— Schwefelwasserstoff durch die, 450 

— Sulfithefen für die, 409 

— Unterdrückung der, 448 
S. auch: Gärung, Mostgärung, Trauben- 
Maische, Wein 

Weinhefen, als Schönungsmittel, 483, 499 


| > Anwendung der, 400, 410, 415, 417 


— Aufbewahrung der. 398 


| auf Obstfrüchten, 344, 348 


— Bildung von Aldehyd‘ durch die, 463 

— — — Bernsteinsäure, 456 

— — — Bouquetstoffen, 402, 468 

— — — flüchtigen Säuren, 358, 459 

— — — Fuselölen, 465 

— — — Glycerin, 455 

— Methylalkohol, 464, 466 

— Bruchbildung der, 396 

— Einfluß der Hitze auf die, 114, 396 

— — — Kohlensäure, 354, 433 

— — — schwefligen Säure, 407, 443 

— — — Stickstofi-Nahrung, 426, 436 

— — des Alkohols auf die, 452 

— für die Brennerei, 284, 304, 413 

— — — Met-Bereitung, 413 

— — — Schnupftabak-Bereitung, 19 

— — Maltonweine, 255 

— Gärton der, 401 

— Gewinnung der, 393 

— Glycogen in, 483 

— Invertin der, 454 

— Lebensdauer der, 110, 398 

— Morphologie der, 397 

— obergärige, 397 

— Physiologie der, 395 

— Prüfung der, 395 

— Rassen-Unterschiede unter den, 397 
untergürige, 397 

— Vereürungsgrad der, 396 

— Verhalten zu Säuren, 424 

Zuckerarten, 453 


| — Versand der, 399 
' — Vorteile der, 404 


— Wettbewerb der, 353, 555, 357 
Züchtung der, 898 
S, auch: Ellipsoideus-Hefen, Hefe, Most- 
gürung, Obstweinhefen, Reinhefe, Rot- 
weinhefen 

Weinkahm, 504 

Desinfektion des, 452 


— 


Weinkörper, 507 

Weinkrankheiten, 495 

Weinoxydase, 499: s. auch: Oenoxydase 

Weinsäure, als Gift, 425, 599 

— Abbau durch Hefen, 358, 459, 462, 473 

— — — Mycodermen, 506 

— — — Schimmelpilze, 56, 647 

— — — Spaltpilze, 476, 526, 615, 647 

— Nährwert der, 637, 641 

— zum Ansäuern des Mostes, 383 

Weinsäure-Amylester, im Wein, 533 

Weinsäure-Kur der Brauerei-Betriebshefe, 
75, 82, 102, 223, 226 

Weinsäure-Methode für die Hefen-Analyse, 
169, 178 

weinsaurer Kalk, im Wein, Unterscheidung 
von Weinstein, 500 

— — Zersetzung durch Bakterien, 647, 648 

weinsaure Salze, s. Weinsäure 

Weinstein, Menge im Trub, 473 

— Trübung des Weines durch, 500 

— Unterscheidung von Caleiumtartrat, 500 

— Verhalten beim Gipsen des Weines, 384 

— Zersetzung durch Bakterien, 476, 526, 
648 

Weintrauben, s. Trauben 

Weintrester, zur Essigbereitung, 607 

‚Weißbier, Essigstich des, 621 

— Langwerden des, 220, 239 

— Rotfärbung des, 221 

— Schleimbildung in, 220, 221, 228 

— Stellhefe für, 121, 136, 138 

— Umschlagen des, 214 

— Würze-Säuerung für, 215, 621 
S. auch: Berliner Weißbier 

Weißfäule der Trauben, 46, 318 

Weißweine, s. Wein 

Werderol, 596 

Wichmann’s Hefenreinzucht-Apparat, *95, 
99 

— Verfahren zur Wasser-Analyse, 185 

Wiener Verfahren der Prebhefen-Erzeugung, 
267, 315 

Wijsman’s Stärke-Gelatine-Platte, 160, 308 

Willia, als Gattung, 545 

— anomala, 110, 344, 506, 562, 576, 578, 
622, 624. Syn.: Sacch. anomalus; s. d. 

— Wichmanm, 545 

Willia-Arten, als Kahm-Bildner, 504 

— — Fuselöl-Bildung durch, 466, 468 

— — Widerstand gegen Hitze, 114 

— — — — schweflige Säure, 505 
S. auch: Anomalus-Arten, Sacch. ano- 
malus 

Will’s Gärprobe für Brauwasser, 187 

— Hefe Stamm 811, 114. 
Willianus 


— Prüfungs-Verfahren für Antiseptika, 180 | 


Wilson’s Hefenreinzucht-Apparat, 96 

Wismntsalze, in der Brennerei, 305 

— gegen den Essigstich des Weines, 510, 592 

— — die Mannitgärung, 518 

— zur Hefen-Haltbarmachung, 101 

Witterung, Einfluß auf die Pilzflora der 
Obstfrüchte, 350, 352, 375 

Wolf der Trauben, 368 


686 


Syn.: Sacch. | 


| Würze, Alkalischwerden der, 191 
— ammoniakalische, 223 
— Ankommen der, 142 
— Bakterien-Flora der, 188 
— Hautbildung auf, 191 
— Lüftung der, 136 
— ÖOxalat-Krystalle in, 170 
— Rauchfleisch-Geruch der, 190 
— Schleimigwerden der, 189, 238 
— Sellerie-Geruch der, 190 
— Stärke-Gehalt der, 206 
— Trübung der, 193, 206 
— Untersuchung der, 174 
— Vergärungsgrad der, 146, 150, 203 
— wilde Hefen in, 235 

S. auch: Bierwürze 
Würzegelatine, 170, 239 
Wundparasiten, 39. 


X, 


Xanthinbasen in Hefenpräparaten, 127 
Xylit, Unangreifbarkeit des, 580 
Xylonsäure, Bildung der, 584 

Xylose, Vergärung der, 512, 584. 


Y. 
Yaoert, s. Yoghurt 
Yarak, 324, 329 
Yeast-bite, 205 
Yoghurt, 625. 

2. 


Zähewerden, des Bieres, 215, 244 

— — Mostes, 353, 388, 521 

— — Weines, 238, 369, 483, 509, 520 

Zählkammer, 175, *176 [ 

Zellen, Nachweis abgestorbener, 173 

Zellgestalt bei Bakterien, Wandelbarkeit 
der, 547, 557, 558, 560 

Zellulose als Filterstoft, 194, 487; s. auch: 
Vellulose 

Zellwand-Auflösung durch Enzyme, 50, 55 

\ Zellwand-Durchdringung durch Pilze, 49, 55 

Zellwand- Verschleimung, bei Schimmel- 
pilzen, 238, 369 

Sproßpilzen, 179, 313, 522 

— — — Spaltpilzen, 179, 192, 215, 261, 
311, 511, 520, 546, 554, 562, 565 
S. auch: Schleimbildung, Zähewerden 

Zerstörungsvermögen des Wassers, 186 

Zeug des Brauers, 135 

Zickendwerden des Weines, 511 

Ziehbier, 220 

Zieräpfel, zum Mosten, 382 

Zigarren, Schimmeln der, 16 

Zikes’ Prüfungs-Verfahren für Gifte, 184° 

Zinn-Trübung, in Bier, 146 

— — — Wein, 500 

ı Zitronensäure, s. Citronensäure 

' Zomerbier, 214 


— 687 — 


Zooglöenbildung, 546; s. auch: Zellwand- | Zwetschken, Pilze auf, 44; s. auch: Pflaumen 
Verschleimung Zwickelprobe, 172 

Zuckerarten, Bildung von Säuren aus, 474, Zwiebeln, Fäulnis der, 365 
475, 517, 583, 588 Zygosaccharomyces lactis, 567 

— Verhalten der Bakterien zu den, 5856  — Priorianus, 414 

Zucker-Caramel, Einfluß auf Hefe, 309 Zygosaccharomyceten, im Honig, 414, 567 

Zuckerfabriken, s. Rohrzuckerfabriken Zymase, 111, 129 

Zuckerrohr-Hefen, 411 Zymin, 130 

Zuckerrüben-Melasse, Rum aus, 340 ‚ Zythum, 555. 


Berichtigungen. 


Zum Ersten Band. 


anstatt Protomyces lies Protomyces 
gelang tin „ gelangt in 
*Schwickerath, Karl, (1) D. 
R.P.113164 v. 8.4. 1899; 
Chem. Centralbl., 1900, 
Bd. II, S. 653. 


Seite 200 Zeile 10 
easa. =. 2 E 
„ 301 „ 6 v. oben ist einzuschalten: 


= a | anstatt Propylglycol lies Propylenglycol 
EB... 88 * Umstanden „ Umständen 
en 28 a Antagonismns „ Antagonismus 
up „AG = Vünften „ Fünften 
Meran, .. AU x 7. bezw. 18. „ 1. bezw. 17. 
= ,* Älv. unten  ,„ Brauer-Journal, 1902, „ Brauer-Journal, 1901, 
Ber 12 v..unten : „ 1902, Bd. 25, „ 1903, Bd. 25, 
603 „ 26 > Kolarot „ Colarot 
Rn 2 | # Kolatin „ Colatin 
Zum Zweiten Band. 
Seite 1 Zeile 23 anstatt subkutauer lies subkutaner 


BEN -... l ei Bac. aceticus „ Bact: aceticum 

or : 5 (GAS HING „ GascHinG 

BURN, 808 F (vergl. S. 316) „ (vergl. S. 348) 

ae 1.40 4 21. Kapitel „ 20. Kapitel 

a N : 3Ca0 + 2aq „ Ca0 + 2aq 

nem... . 6. v. unten .. Archiv „ Archief 

> u | F E. StTrASBURGER „ J. STRASBURGER 
Be, Tv mn 5; Westfalens, 1906, S.54. „  Westfalens, 1906, medi- 


„BA. 8 vV. unten 


Zu 8. 12 Zeile 3: 


Seite 204 Zeile 53 
n. 08.‘ ‚58 
a. 28.10 
s 487 47 
n 41 „ 22 


E *Strasburger, E., (1) 


Zum Dritten Band. 


zin. Abteilung (B), 
S. 54. 
*Strasburger, Julius, (1) 


Nach K. Naumann (Berliner Dissert., 1910) muß der von Saıpa 
aufgeführte Endococeus richtig Epicoccum heißen 


anstatt GASPERINT, 
. m 
= ozydiert 
u Lupwiıc (1) 
Eindococeus 


lies 
” 


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(Hasperınt(l), 
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oxydiert 
Lupwiıc (2) 
Epicoccum 


688 


Zum Vierten Band. 


Seite 29 Zeile 29 anstatt NASTUKOFF (1) lies Nastükorr (1) 
3 


2, U: Pal er ÄDERHOLD „ ÄDERHOLD (1) 

Far ELEE | R NASTUKOFF „ NASTÜKOFF (1) 

a I Venen > Nastukoff „ Nastükoff 

nn 89: 0, 20V. oben 2 *Seynes, J., de, „ *Seynes, J. de, 
SER: OB e beid em „ bei dem 

TS 17. Kapitel „ 16. Kapitel 

„ 101 „37 anstatt COOH—CH,—CH. NH,— lies COOH— CH. NH,—CH,— 


a anstatt 17. Kapitel lies 16. Kapitel 
9 ELN unten > 1900, Heft 3. „ 1900, Bd. 3, 8. 204; 
1901, Bd. 4, S. 215. 
BE na. untens 1899 1900, und „ „dür 1899 u. 1900; 
en 7 a | A Cephalosthea „  Cephalotheca 
el 5 im Fruchtkörperinneren „ ins Fruchtkörperinnere 
„193, 988 & Penicillopsis „ FPenieilliopsis 
ad, a \ 17. Kapitel „ 16. Kapitel 
ME >, 5 Sie wird „ Er wird 
„ 406 „ 23 v. oben 5; ne 1883, Bd. 177, 5 OR = 1878, Bd. 125, 
105. 
SAT, lv: oben 5 1892, Bd. 8, S. 175 189% Bd. 8, S. 140. 
Se adEn: eh = ver Sandachufthcher „ verw 'andtschaftlicher 
PN 351. 5028 werontene«, Cephalosthea „ Cephalotheca 
5255362... 80 v-unten Endomyces, 461 „ Endomyces, 145, 461 
2 5497... 20: unten  , Penicillopsis „ Peniceilliopsis 
Zum Fünften Band. 
Seite 3 Zeile 15 anstatt glykosidspaltenden lies glycosidspaltenden 

S 5 | 5 Glykoside „ Glyeoside 
® Bir 2 Jahre 1901. „ Jahre 1891. 
AR 2 3 5 Bac. dentriticus „ Dae. dendritieus 
en 5 Stockflecken „ Stockflecke 
OT ER I = Wallnüssen „ Walnüssen 
a N “ Gleosporium „  Gloeosporium 
EZ NZ 2 und ebenso, wie „ und, ebenso wie 
SET ei Brauerei „ Brennerei 
Fe Dee | Br -KOOLMANN „ -KooLman 
an, IV unten.“, Koolmann „ Koolman 
>. 1834, „un. Gr m. Joben 5 *Heinzelmann, G., „ *Heinzelmann, R,... 

S. 306. Ss. 307. 
. la8ı ei AL8 ei Prodkt „ Produkt 
a Er 4 ÜHRZACZSZ „ ÜCHRzaszcz 
ELIA RL NE ONTENIS „ Chrezaczsz „ Chrzaszez 
> Bade. Al mrd2 > den Pediococeus „ Spaltpilze 
DON 1 2 = (s. S. 157) ». (8. 8.481) 
u NDmD 5, 100 A 005. us, 
ol 13 v. unten „ Tokio, 1894, Bd. 19, „ Tokio, 1904, Bd. 19, 
n' 208 Fußnote > ss 67 69 von „88 67—69 von 
„ 285 Zeile 5 v. unten „ Spiridusindustrie „ Spiritusindustrie 
as30D N 2 L (s. S. 283) „ (s. 8. 282) 
salat „a 46 x Erhebungan „ Erhebungen 
lo ü Saıto’s (1) „ Sarto’s (3) 
„344, -. „46 ” Üharentes „ Uharente 
a 4 R. Kaiser (1) „ R. Kayser (1) 
4.980, A 1 5 R. Kaiser (1) „ R. Kayser (1) 
iu. . ANnDoYNnAuD (1) „ AupoynauD (]) 
uw e nnd md 
Ed Are 5 anszeichnen. „ auszeichnen. 
a r Behandlung „ handlung 
oA 15°, . 500 & „ 1500 eg 
NR: R Traubensäften. „  Beerensäften. 
Aaya ” Freisa „ Fresia 
PERASUEER ZEIOeoben x Audoynaud, M. A., „ Audoynanud, A., 


Abkürzungen 


der Zeitschriftentitel in den Literatur-Nachweisen. 


Ann. de chim. et de phys. — Annales de 
chimie et de physique. 


Ann. de mierogr.— Annales de mierographie. | 


Ann. Pasteur — Annales de I’Institut 
Pasteur (Paris). 

Arb. Kais. Ges.-Amt — Arbeiten aus dem 
Kaiserlichen Gesundheitsamte in Berlin. 

Arch. d. Anat. und Phys. = Archiv der 
Anatomie und Physiologie. Physiolog. 
Abt. (Du Bois-Reymond). 

Arch. f. Hyg. —= Archiv für Hygiene. 

Beitr. z. Biol. d. Pflanz. — Beiträge zur 
Biologie der Pflanzen (Cohn). 

Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. — Berichte der 
Deutschen Botanischen Gesellschaft. 


Ber. d. Deutsch. Chem. Ges. —= Berichte | 
der Deutschen Chemischen Gesellschaft. | 


Biedermanns Centralbl. — Centralblatt für 
Agrikulturchemie (Biedermann). 
Bot. Ztg. — Botanische Zeitung. 


Centralbl. f. Bakt. = Centralblatt für | 
Bakteriologie. 

Chem.-Ztg. — Chemiker-Zeitung (Cöthen). 

Comptes rend. de l’Ac. — ÜComptes rendus 


de l’Acad&mie des sciences (Paris). 
Comptes rendus de Carlsberg — Comptes 
rendus des travaux du laboratoire de Carls- 
berg, Kopenhagen. 
Dinglers Journ. — Dinglers polytechnisches 
Journal. 
Hyg. Rundsch. = Hygienische Rundschan. 
Jahrb. wiss. Bot. —= Jahrbücher für wissen- 
schaftliche Botanik (Pringsheim). 


J. federated Inst. Brewing — Journal of | 


the Federated Institutes of Brewing. 

J. f. Landwirtschaft — Journal für Land- 
wirtschaft. 

J. f. prakt. Chem. — Journal für praktische 
Chemie. 


BA: 


Kochs Jahresb. — Kochs Jahresbericht über 
die Fortschritte in der Lehre von den 
Gärungsorganismen. 

Landw. Jahrbücher — Landwirtschaftliche 
Jahrbücher (Berlin). 

Landw. Jahrb. d. Schweiz —= Landwirt- 
schaftliches Jahrbuch der Schweiz. 

Landw. Versuchsstationen = Die landwirt- 
schaftlichen Versuchsstationen (Nobbe). 

Liebigs Ann. — Annalen der Chemie und 
Pharmaeie (Liebig). 

Milchztg. — Milchzeitung. 

Mitt. Kais. Ges.-Amt = Mitteilungen aus 
dem Kaiserlichen Gesundheitsamte. 

Monatsh. f. Chem. Monatshefte für 
Chemie (Wien). 

Pflügers Archiv = Pflügers Archiv für die 
gesamte Physiologie. 

Poggendorfis Ann. = Annalen der Physik 
und Chemie (Poggendorff). 

Virchows Archiv — Archiv für pathologische 
Anatomie (Virchow). 

W.f. Brauerei—= Wochenschrift für Brauerei. 

2. f. Biologie —= Zeitschrift f. Biologie. 

Z. f. d. ges. Brauwesen — Zeitschrift für 
das gesamte Brauwesen (München). 

2. f. Hyg. — Zeitschrift für Hygiene und 
Infektionskrankheiten. 

Z. f. Nahrungsmittel-Unters. etc. — Zeit- 
schrift für Nahrungsmittel-Untersuchung 
und Hygiene (Wien). 

Z. f. Pflanzenkrankheiten — 
für Pflanzenkrankheiten. 

Z. f. physiolog. Chemie — Zeitschrift für 
physiologische Chemie. 
Z. f. Spiritusindustrie — 

Spiritusindustrie. 

wiss. Mikroskopie — Zeitschrift für 

wissenschaftliche Mikroskopie. 


Zeitschrift 


Zeitschrift für 


G. Pätz’sche Buchdr. Lippert & Co. G.m.b. H., Naumburg a.d.S. 


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